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Von der Namendeutung

Unter den Namen der Heimat wollen wir in diesem Büchlein die Flurnamen und Siedlungsnamen verstehen. Zu den Flurnamen werden nicht nur die Namen des Acker- und Wiesenlandes, die Flurnamen im engeren Sinne, sondern auch die Namen der Berge und Wälder, der Gewässer und der Steige und Wege gerechnet; unter den Siedlungsnamen versteht man die Namen der menschlichen Siedlungen, der Dörfer, Städte und Burgen

Nicht von allen Namen unserer Heimat wird die Rede sein. Nur an einigen Namen, die uns am vertrautesten sind, soll das Um und Auf der Namenforschung gezeigt werden. mit der Namendeutung allein, der »Etymologie«, wie die Sprachwissenschaft sagt, wollen wir uns nicht beschäftigen, sondern auch die Geschichte der Namen betrachten. Die neuere Forschung hält sogar die geschichtliche Betrachtung der Namen für wertvoller als das Ausbrüten der Namen. Die Namendeutung ist ja eine Wissenschaft, die nicht in allen Fällen ihr Ziel erreichen kann. Die meisten Namendeuter sind aber der falschen Meinung, dass sie alles erklären müssen, und sie geben sich nicht früher zufrieden, bevor sie nicht die Namen einer Landschaft Namen für Namen erklärt haben. In der Arbeit unseres Landsmannes Matthäus Klimesch »Die Ortsnamen des südlichen und südwestlichen Böhmen«, in der ein großer Teil der Ortsnamen unserer Heimat gedeutet wird, steht viel Schönes, viel Zweifelhaftes und viel Falsches nebeneinander. Die Namendeutung einer Landschaft bleibt eben immer ein Stückwerk. Die Wissenschaft muss auch den Mut haben zu sagen, alles kann nicht ausgedeutet werden. Wohl kann viel mit Sicherheit gedeutet werden, aber in den meisten Fällen hat die Wissenschaft wie so oft bloß die Grenzen abzustecken, innerhalb deren sich unser Nichtwissen bewegt; es kommt auch dabei viel Wertvolles heraus, da können wir die urkundlichen Nennungen in den Jahrhunderten zusammentragen, die Mundartformen festhalten und auf andere Landschaften ausblicken, wie dort die Menschen mit den Namen umgingen oder oft die möglichen Deutungen erörtern.

Die Namendeutung ist eine der schwierigsten Wissenschaften, da sie das Grenzgebiet einer ganzen Reihe anderer Wissenschaften ist. einmal setzt sie geschichtliche und volkskundliche Kenntnisse voraus; wenn wir einen Namen deuten wollen, müssen wir und sin der Siedlungsgeschichte der Landschaft gut auskennen und Bescheid wissen, wie die Menschen vor Zeiten gelebt und gehandelt haben, kurzum, wir müssen uns in der Zeit zurechtfinden können, in der unsere Fluren und Siedlungen zu ihren Namen kamen. Von der ältesten erreichbaren Gestalt müssen wir den Namen in unseren Quellen bis in unsere Zeit herauf verfolgen; dabei dürfen wir nie vergessen, dass das, was uns von unserer deutschen Vergangenheit überliefert ist, ein großer Trümmerhaufen ist. da können die Namen auch Geschichtsquellen sein, wenn uns die Stimme, die aus der vergangenen Zeit herüber hallt, nicht unverständlich bleibt. Auch den Leuten in der Heimat müssen wir gut auf den Mund sehen, wie sie den Namen überliefert haben; die Mundart bewahrt oft einen Namen viel reiner und treuer als die Schriftsprache, und eine Mundartform kann in vielen Fällen eine bloß wahrscheinliche Deutung stützen. Aber das Volk deutet sich auch die Namen zurecht, und da müssen wir die Art kennen, wie das Volk mit den Namen umgeht. Auch durch die Brille der Amtsmenschen in den Verwaltungsstuben muss der Namendeuter sehen können, denn die Leute haben die Namen oft festgesetzt und sie uns überliefert, wobei sie nicht gerade ängstlich mit den Namen umgingen. Die Namen sind auch beständig im Flusse, und erst unsere Zeit hat amtlich der »Namenwillkür« ein Ziel gesetzt, ohne dass sich übrigens das Volk auch heuten noch an die amtlichen Namen hielte.

Vor allem aber muss der Namendeuter die Sprache der früheren Jahrhunderte kennen und das geheimnisvolle Leben und Wegen der Sprache verstehen. Im Laufe der Jahrhunderte hat nicht nur der Lautwandel am Körper der Sprache große Veränderungen verursacht, sondern auch der Bedeutungswandel an der Seele der Sprache. Und die Sprachgesetze, die vor tausend Jahren schon wirkten, wirken noch heute fort in der Mundart, die durch keine Schranken in ihrer Lebenskraft gehemmt ist. Ebenso muss der Forscher damit vertraut sein, wie die Menschen in den verschiedenen Jahrhunderten die Namengebung geübt haben. Endlich muss der Namendeuter die Heimat kennen und das Auge überall offen halten; denn in den meisten Fällen ist ja der Name aus der Landschaft herausgewachsen, und die zufällige Namengebung, die uns so viele Rätsel aufgibt, ist ja die Ausnahme.

Und welche Schwierigkeiten tauchen immer noch bei uns in den Grenzlanden auf, da wo Jahrhunderte lang Deutsche und Slawen miteinander und nebeneinander lebten und die einen wie die andern sich Flur- und Siedlungsnamen bald ausborgten, bald hergaben; wo ein Volk dem andern in alten und neuen Zeiten mit seiner Sprache auch seine Namen aufzudrängen suchte. Als in allen andern Ländern die Volkssprache das Lateinische aus den Urkunden verdrängte, da begann für unsere deutsche Sprache im Lande Böhmen die Leidensgeschichte, die von den Hussitenkriegen durch die lange Zeit der tschechischen Adelswirtschaft bis ins 17. Jahrhundert dauerte. Da war die tschechische Sprache alleinige Amtssprache und jedes deutsche Wort aus dem amtlichen Verkehr verbannt. Daher finden wir unsere Namen in diesen Zeiten meist im tschechischen Gewande, und mancherlei Irrwege haben unsere Flur- und Siedlungsnamen da zurückgelegt. Ohne Hass und Absicht muss der Forscher seinen Weg gehen und nur die Sache im Auge haben.

Das sind so die Schwierigkeiten, mit denen der ernste Forscher zu tun hat und die viele vor der mühevollen Arbeit abschrecken. Und trotzdem ist die Namenforschung vor Zeiten wie heute für viele Liebhaber, die sich über die Schwierigkeiten leichten Herzens hinwegsetzen, ein Tummelplatz wie keine andere Wissenschaft. Die folgenden Blätter sollen uns ein Stück Heimatland lieber und teurer machen, zugleich aber auch die Arbeitsweise der ernsten Namendeutung zeigen. Eine schöne Einführung in die Namenforschung bieten: Remigius Vollmann „Flurnamensammlung in Bayern« und Ferdinand Mentz „Deutsche Ortsnamenkunde«. So soll der eine an der Sache selbst seine Freude haben, dem andern können die Wege zu den Namen seiner engeren Heimat gewiesen werden.

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Volkstümliche Namendeutung

Das Volk, dem sich alles mit Leben erfüllt, belegt auf seine Art unverständliche Namen und kennt in seiner Fabulierlust keine Grenzen. Vor Zeiten sind auch Chronikenschreiber und andere Leute ebenso wie das Volk mit den Namen umgegangen.

Der gelehrte Forscher schlägt bei der Namendeutung vielerlei Wege ein, die ihn alle zu demselben Ziele bringen. Das Volk befasst sich nun auch naiv unbewusst mit der Namendeutung, nur schlägt es den umgekehrten Weg ein wie der gelehrte Forscher, aus dem Namen allein heraus will es alles erfahren. Da werden die Wörter, die sich das Volk nicht erklären kann, unter Anlehnung an bekannte, ähnlich klingende Wörter umgedeutet; die Wissenschaft nennt diesen Vorgang »Volksetymologie«, volkstümliche Umdeutung. So wird aus dem Worte »Gautag« vom Volke ein »Gauditag« gemacht, da es ja auf den Feuerwehr-Gautagen immer eine große »Gaudi« gibt; oder es wird das fremde Wort »rheumatisch« zu »reißmatisch« umgedeutet. Recht häufig wurden alte Taufnamen volkstümlich umgedeutet, so wurde aus dem Namen Severin über Sivrin ein Ziehfreund oder aus einem Servatius ein Zierfass, solche umgedeutete Taufnamen leben heute noch als Familiennamen.

Ebenso erging es auch vielen Flur- und Siedlungsnamen. Die italienische Stadt »Milano« sprachen die Deutschen des Mittelalters »Meilan« aus, und da sie sich hinter dem Worte nichts vorstellen konnten, deuteten sie es bald als »Mailand« um das ähnlich klang (lautliche Umdeutung) und ach einen Sinn gab, denn für die Deutschen war ja das sonnige Italien das Land, wo ewig der Mai herrschte (begriffliche Umdeutung). So machte auch das Volk aus dem Worte Untersberg, das nicht mehr versanden wurde, einen Wundersberg. Diese volkstümlichen Umdeutungen sind bei Namen auf Schritt und Tritt wirksam und überwuchern die ganze Sprache. Der Sprachforscher findet sich in dem Irrgarten der »Volksetymologien« leicht zurecht, während der Laie unbewusst dem Einfluss der »Volksetymologie« unterliegt. Aber es ist eine der grundlegenden Regeln der Namenforschung, »dass Örtlichkeiten, die nach rein äußeren, zufälligen Merkmalen benannt sind, in der Regel aus einer älteren Namensschicht umgedeutet worden sind, und dass der Namenforscher sich nicht ohne Weiteres an den Sinn des naiven Sprachempfindens halten darf.«

Noch einen andern Weg schlägt das Volk bei der Namendeutung ein. Schlecht und recht legt es in den Namen einen Sinn hinein und erdichtet sich noch ein Geschichtlein hinzu, damit die Deutung auch glaubhaft sei; mit der erdichteten Ursache gibt sich das Volk zufrieden, ohne sich weiter um die eigentlichen Ursachen zu kümmern. Die Wissenschaft nennt dieses Vorgehen »ätiologische«, das heißt ursachsuchende Sagenbildung, die auch sonst im Volke recht beliebt ist. So hat nach der Meinung des Volkes der Kreuzschnabel seinen krummen Schnabel, weil er dem Herrgott am Kreuze aus Mitleid die Nägel herausziehen wollte und sich dabei den Schnabel verbog, oder es muss die Espe zittern, weil sie allein das Holz für den Kreuzesstamm hergab, während alle andern Bäume sich geweigert hatten.

Unzählig sind derlei Deutungen bei unseren Ortsnamen. Da gibt es einen Ort Fürstenhut, der soll seinen Namen auf folgende Art erhalten haben: Einmal suchte der Fürst in seinem Wagen die »Schön Eben« auf, da trug ihm plötzlich ein Windstoß seinen Hut weit davon. Die Holzhauerleute, die der Fürst einige Jahre vorher auf der »Schön Eben« angesiedelt hatte, liefen auf der Stelle dem hohen Hute nach, fingen ihn ein und trugen ihn bedächtig dem Fürsten zurück. Der aber schenkte den seidenen Hut zum Andenken den Holzhauern, die ihn hoch in Ehren hielten, bis ihnen die Mäuse darüber kamen und den Hut auffraßen. Die »Schön Eben« aber hieß von der Zeit an Fürstenhut.

Eine andere solche Geschichte. Über die »Wuida« beim Orte Elendbachl führte ein Steg. Einmal trieb en Weib eine Kuh über diesen Steg, da treppte mitten auf dem Stege die Kuh daneben und purzelte ins Wasser und reckte alle vier Füße in die Höhe. Da schlug das Weib auf dem Stege die Hände zusammen und jammerte: »Ist das ein Elend, ist das ein Elend!« Von der Rede soll dem Orte, der im Volke »‘s Elend« heißt, der Name geblieben sein.

In den meisten Fällen sind »Volksetymologie« und »ätiologische Sagenbildung« miteinander verquickt. Der Sipplhof bei Wallern hat seinen Namen von einem Manne, der Sippl hieß; das Wort ist eine Kurzform des Namens Sigibot, Sibot oder nach andern aus dem Namen Sulpitz über Sülpl entstanden. Das Volk aber dachte an »Süppl«, Süpplein und weiß zu berichten, dass dort die Salzsäumer, die auf dem Goldenen Steige hin und her zogen, immer ein warmes Süpplein bekamen. Oder: der Name des Ortes Pleschen kommt von dem tschechischen Worte »pleš«, kahle Fläche; das Volk aber deutete das Wort als »bleschen«, von einem Schlage erschallen, und fabelt also: Einmal trieb ein Mann eine Kuh durch den Ort, und als die Kuh im Orte stehen blieb und sich nicht vom Flecke rührte, da schlug sie der Mann mit der Hand, dass es von dem einen Ende des Ortes zum andern »blescht« hat.

Wer ist nun das Volk, das da also dichtet und deutet. Wohl kommt dem einen oder andern, wenn von einer Sache die Rede ist, ein Einfall, und die Deutung wird dann Überlieferung. Aber mehr deuten die Leute, die in ein Buch hineingerochen haben, so die Namen um. Die meisten Umdeutungen und Ortssagen rühren von den alten Schulmeistern her; das waren recht einfältige Leute, die »bei den Soldaten« Lesen und Schreiben gelernt hatten und die dann in den Bauernstuben und auf der Hutweide dem Jungvolk ihr Wissen vermittelten. Der Beruf brachte es mit sich, dass sie über allerlei Dinge nachsinnierten und sich ihre eigenen Ansichten bildeten. So ist ein verstecktes Zweiglein des großen Baumes der Volksdichtung entstanden, und die Geschichtlein sind von Geschlecht zu Geschlecht überliefert worden.

Ebenso wie das Volk sind aber auch die Amtsmenschen in alten und neuen Zeiten mit den Namen umgegangen; diesen Leuten war meist das Fühlen und Denken des Volkes fremd, und sie legten daher ihr eigenes Fühlen und Denken in den Namen des Volkes hinein. So sind die »Kanzleietymologien«, die häufigsten von den sogenannten »fiskalischen Sprachirrtümern« entstanden. Da hieß ein Dorf, das in den ersten Jahren des 14. Jahrhunderts angelegt wurde, »Vreidental«, gesprochen wurde »Freintal«; der Name bedeutet: das eingefriedete Dorf. Unsere Bauern sagen heute noch »Freithof«, während die Schriftsprache das alte Wort zu Friedhof umgedeutet hat. Das Wort »Freintal« wurde bald volkstümlich umgedeutet; zu Ende des 14. Jahrhunderts heißt es einmal »Frantal alias Freudental«. In jüngerer Zeit wurde der Name als »Frauental« gedeutet, wie der Ort auch heute amtlich heißt. Aber bis ins 18. Jahrhundert herauf begegnet uns oft und oft die alte Bezeichnung »Freinthal«. Das mundartliche Wort »Frantol« mit dem Tone auf dem Grundworte gibt das alte Wort »Freintal« schön wieder, ähnlich sprechen wir auch die meist weniger betonten Wörter: mein, den, sein in der Mundart als »man, dan, san« aus, wobei das »n« bloß in der genäselten Aussprache des Selbstlautes erhalten ist.

Oder es hieß ein Ort »Eibenberg«, gesprochen haben die Leute zu allen Zeiten »Eimberg«. Die älteste urkundliche Nennung aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts ist tschechisch, die Tschechen haben den Namen richtig »Tisová« übersetzt, denn die Eibe heißt tschechisch »tis«. Das Volk sagt nun hie und da auch »Reimberg«, ähnlich wie der Ast in der Mundart meist »Nast« heißt, da der Auslaut des Artikels mit dem Anlaut des Hauptwortes verschmolz. Nach diesem Worte nun bildeten die Amtsmenschen die »Kanzleietymologie« Neuberg, wie der Ort heute amtlich heißt.

Ein anderer Ort heißt urkundlich im 16. Jahrhundert »Cimruk«; das kann man deuten als einen Bergrücken, wo Zinnerze gefunden wurden oder als Ziehenruck, Ziehe ist der ältere Name für Föhre. Die Schreiber aber haben das Wort missverstanden und als Ziegenruck gedeutet, wie der Ort heute heißt. Das Volk aber sagt weiter »Zimruck«; wäre die Ableitung der Amtsmenschen richtig, so müsste ja das Volk »Goaßruck« sagen. Das hat aber die Tschechen nicht gehindert, den Ort heute »Kozí Hřbet« zu taufen.

In Akten des 17. Jahrhunderts heißt ein Weideplatz an der »Warmen Moldau« die »Bürger Heyden«, dahin trieben die Stadtbürger von Winterberg über den Sommer ihr Vieh. In der Nähe hatten auch die Gansauer und Rabitzer Bauern ihre Weideplätze. Als dann in der späteren Zeit hier Waldsiedlungen entstanden, da hießen diese Gansauerhaid und Rabitzerhaid, die alte »Bürger Heyden« aber wurde in ein Birkenhaid umgedeutet.

Von solchen Umdeutungen sind nur wenige Namen verschont geblieben. Meist kommen bei den absichtlichen Namentschechisierungen solche »Kanzleietymologien« heraus, wie uns der Name Kolmberg zeigen soll. Das Dorf hieß einmal »Kahlenberg«, da die Gegend ehedem mit Wald bedeckt war und gerodet wurde. Die Bauern sprachen den Namen »Kolmberg« aus, was die Tschechen im 14. Jahrhundert richtig als »Plessiwecz« wiedergaben. Später verstanden die Tschechen das deutsche Wort nicht mehr, dachten an Kolben, tschechisch »řemdih«, und schrieben im 15. Jahrhundert »Rzemdihowicze«. Ähnlich sind auch wir mit den tschechischen Namen umgegangen, die vielen Siedlungen des Namens »Lhota« wurden im Deutschen als »Mehlhüttl« volkstümlich umgedeutet.

Für den Namenforscher ist es eine alte Weisheit, die er sich immer vor Augen halten muss, dass die älteren Fluren und Siedlungen »nie nach zufälligen Einrichtungen oder Ereignissen, sondern nach markanten, dauernden Merkmalen bezeichnet wurden, und erst später, nachdem die Verständlichkeit der Namen abhanden gekommen, zufällige äußere Kennzeichen ihnen angedeutet worden sind.«

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Vom Namen Böhmerwald

Vor Zeiten war der Böhmerwald ein Teil der »Hercynia silva«. Darunter verstanden die alten griechischen und römischen Schriftsteller meist die Waldgebiete Mitteldeutschlands, zu denen auch ganz Böhmen gehörte. Böhmen war ja damals von einem unermesslichen Walde umschlossen. Auf alten Karten ist Böhmen immer umgeben von einem breiten Kranze von Wäldern und Bergen gezeichnet. Als man später die einzelnen Teile des Herzynischen Waldes unterschied, da erhielt die südwestliche Umwallung Böhmens wiederum den Namen »Wald«, den sie im Namen als Grundwort durch alle Jahrhunderte trägt; geändert hat sich nur im Laufe der Zeiten das Bestimmungswort. Zum ersten Male nennen die alten Schriftsteller in griechischer Sprache unseren Böhmerwald und dem Namen »Gabreta hyle«. Der Name wird heute fast allgemein für keltisch gehalten und bedeutet »Geißwald, Steinbockwald«. Er stammt von dem Volke der Kelten, die vor den Germanen in Deutschland waren; ein Keltenstamm, die Bojer, saß bis um die Zeit der Geburt Christi in Böhmen und gab dem Lande auch seinen Namen, »Bojerheim«, wie wir heute sagen.

Nach den Kelten saßen die germanischen Markomannen fast ein halbes Jahrtausend in Böhmen. »Baiaheima« hieß jetzt das Land in germanischer Lautform, und die lateinischen Schriftsteller schrieben »Boiohaemum« das ist »Heimat der Bojer«. Nach dem Lande wurden die Markomannen bald auch »Baiohaimai« genannt. Um die Wende des fünften und sechsten Jahrhunderts nach Christi Geburt wanderten sie aus und besetzten das Land zwischen Lech und Enns, behielten aber ihren Namen aus der alten Heimat; sie heißen jetzt »Baiwari«, verlateinert »Bajuvarii«, Bayern sagen wir heute. Der alte Name blieb dem Lande Böhmen haften, das bald slawisch wurde; in althochdeutscher Zeit heißt er »Behaima«, in der Neuzeit wird er dann zusammengezogen in Böhmen; bis ins 18. Jahrhundert wird in Erdbeschreibungen und Staatsschriften noch »Böheim« geschrieben. Die lateinische Form des Namens ist »Bohemia«.

Der Name Böhmen trat nun als Bestimmungswort zum Grundworte Wald. »Silva Bohemica«, »nemus Boemiae«, »Bohemorum Silve«, »saltus Bohemicus« heißt im Mittelalter der breite Grenzwald gegen die »Ostdeutschen«, wie man in Böhmen sagte; dieser Wald galt ursprünglich in seiner ganzen Breite als Grenze, später heißt es bei Grenzbestimmungen ganz unbestimmt »bis zur Mitte des Waldes«, und erst gegen Ende des Mittelalters wurden die Grenzlinien festgesetzt. Wald und Grenze bedeutete in früheren Zeiten oft dasselbe.

Mit dem Eindringen der deutschen Sprache in die Urkunden erscheint dann immer häufiger der deutsche Name Böhmerwald. So schreibt schon die »Kaiserchronik« aus dem 12. Jahrhundert: »der Beheime walt«. Eine ähnliche Zusammensetzung ist ja auch Böhmerland. Meist wird der Name Böhmerwald für die Wälder von den österreichischen Grenzen bis zum Egerlande gebraucht, gelegentlich aber auch noch für die ganze Umwallung Böhmens, so heißt es etwa in Sebastian Münsters »Cosmographey« vom Jahre 1592: »Der Behemerwald umgibt und beschleußt das Behemerlandt gleich alß ein natürliche Ringkmawr und ligt dz Landt schier mitten in dem Teutschlandt, dann die Teutsche Sprach geht gerings darum.«

Die Deutschen des frühen Mittelalters nannten den Grenzwald häufig »Nortica silva«, »Nordwald«; besonders in Bayern du in der Ostmark gebrauchte man recht häufig diesen Namen. Von Böhmen aus nannten unsere Vorfahren den Wald oft und oft auch »Passauerwald« oder »Bayrischen Wald«, »silva Bavarica«. Auch Wald schlechthin heißt der Böhmerwald häufig in älteren Zeiten, so schreibt der Chronist Andreas von Regensburg einmal, dass die »Keczer über walt komen sein«, und der tschechische Chronist Dalimil nennt den Böhmerwald »Hwozd«. Etliche bayerische Orte werden heute noch »vor dem Wald« zubenannt.

Als sich unsere Vorfahren an der Scheide von Mittelalter und Neuzeit mit den alten Schriftstellern beschäftigten und in Begeisterung für die alten Griechen und Römer aufgingen, da holten sie auch die alten Bezeichnungen aus den griechischen und römischen Schriftstellern hervor, und in den Erdbeschreibungen der beginnenden Neuzeit heißt unsere Heimat bald »Hercynia silva«, bald »Gabreta«, bald »Lunae silva, Mondwald« und die Gelehrten haben sich auch die Mühe genommen, die Namen genau über das ganze Gebiet zu verteilen. Derlei Beschreibungen stehen etwa in den „Miscellanea Historica Regni Bohemiae« des größten böhmischen Jesuiten Bohuslaus Balbin, der in seinem Werke eine Sammlung bot über alles, was das Land Böhmen jemals an Merkwürdigkeiten besaß.

Noch zu Beginn der Neuzeit hatte der Böhmerwald in Deutschland die sprichwörtliche Bedeutung großer Unsicherheit. So steht etwa in den lustigen »Dunkelmännerbriefen« aus dem Jahre 1517 zu lesen: Da sagt einer, Pfefferkorn sei der Kirche Gottes von großem Nutzen, denn er hätte Gott zwölf Seelen zugebracht. Worauf Doktor Murner fragt: »Wo brachte er Gott jene Seelen zu? Nicht wahr, im Böhmerwald, wo er wahrscheinlich in Gemeinschaft mit anderen Räubern die Leute ermordet hat, deren Seelen zu Gott gekommen sind.« Der Wald durfte nämlich nicht umgeschlagen werden, da er als die beste Schutzmauer des Landes galt, und die Grundherren im Böhmerwald mussten sich oft verpflichten, »den Wald nicht zum Schaden des Landes zu roden«. Noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts heißt es in einem Gutachten: »Wenn der in denen alten Geschichten so berühmte Böhmerwald für dominical gelassen würde, so sei nichts anderes zu hoffen, als dass die Obrigkeiten den Wald völlig abtreiben, zu Feldern machen lassen und verzinsen; der Wald, der von vielen saeculis her dem Land zur Vormauer gedient, dürfe keinem privaten eigentümlich gehören.«

Und nun zum Schluss, wie lebt der Name unserer Heimat im Volke? Die landläufige Ausdrucksweise heißt das Gebiet zwischen den Grenzen Österreichs und der Neumarker Senke Böhmerwald. Die Tschechen nennen dieses Gebiet »Šumava«, das meist von einem Worte abgeleitet wird, das »aus der Ferne rauschen« bedeutet, »šuma« heißt dann auch Wald. Deutsch wird der Name oft mit »Waldgebirge« wiedergegeben. Auch das Gebiet von der Neumarker Senke bis zum Egerland wird wie im Mittelalter oft noch Böhmerwald genannt, häufig auch »Nördlicher Böhmerwald«, auf bayerischer Seite »Oberpfälzer Wald«. Die Tschechen nennen dieses Gebiet im Gegensatz zur »Šumava« »Český les«, »Böhmischer Wald«. In Deutschland nenne man den Wald auf böhmischer und bayerischer Seite mit dem alten geschichtlichen Namen Böhmerwald; hie und da spricht man auch in jüngerer Zeit vom Bayerwald und meint den bayerischen Anteil des Böhmerwaldes. Doch wird meist der Name Bayerwald für den Landstrich zwischen dem Pfahl und der Donau gebraucht.

Der Böhmerwäldler gebraucht den Namen des Böhmerwaldes selten, auch in unserer Mundart ist das Wort nicht recht heimisch; er kennt nur Bezeichnungen seiner engsten Heimat, das »Unterland« etwa und oberhalb Wallern das »Oberland«, eine »Waldgegend«, eine »Krummauer Seiten« und dergleichen; kommen doch unsere Leute selten über die nächste Stadt, dir für sie schlechthin »d‘ Stod« ist, hinaus und hinter einem Wallfahrtsort oder Viehmarkt hört für sie die Welt auf. Der Name Böhmerwald, der für das Volk ein gelehrter Papiername ist, ist mehr unter den Gebildeten gang und gäbe. Bei den Egerländern hört man im Volke recht oft den Ausdruck »Beimawold«; es ist ja eine alte Geschichte, die im Kleinen ebenso gilt wie im Großen, dass die Nachbarn einer Landschaft den Namen geben, wo die eigenen Leute den Namen nicht brauchen. Der angrenzende Bayer hat in seiner Rede ein Wort für seine Heimat, die er schlechthin den »Woid«, den Wald nennt; sich selber nennt er »Waitla« Wäldler. Besonders häufig ist der Name wiederum da, wo das Wäldlervolk an die Donaubayern angrenzt. Und in diesem Worte lebt noch die alte Bedeutung des Wortes Wald: ausgedehntes, stark bewaldetes Gebiet; was wir heute Wald nennen, hieß vor Zeiten Holz. Heute noch mach der Böhmerwald wie vor Jahrhunderten seinem Namen Ehre, denn noch immer bedeckt die Hälfte des Bodens der Wald.

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Der Name der Moldau

Der Name des Moldauflusses ist einer der ältesten unserer Heimat und hat eine recht merkwürdige Geschichte. Wir wollen zunächst den Namen von der Zeit an begleiten, da er zum ersten Male in den Blättern der Geschichte auftaucht.

Die Jahrbücher von Fulda aus dem neunten Jahrhundert berichten, dass im Jahre 872 der Heerbann der Franken bis in die Mitte des Landes Böhmen vordrang und hier die Tschechen schlug, von denen viele in der Moldau ertranken. Wenn auch die Mönche den Namen des Flusses Moldau – sie schreiben »Fuldaha«, »Fuldaha (Valdaha)« – mit dem der Fulda zusammenbrachten, so blickt doch die alte Namensform klar durch. Dann nennen uns erst wieder um die Wende des 11. und 12. Jahrhunderts zwei deutsche Quellen den Namen als »Vulta« und »Wultha«.

Auf dem Boden der Heimat begegnen wir unserem Namen in der tschechischen Form zuerst bei dem Geschichtsschreiber Cosmas im 12. Jahrhunderte, der in seinem »Chronicon Bohemorum« in bunter Abwechslung schreibt: »Wlitave, Wistave, Wultave, Wltava« oder ähnliche Formen. Die häufigsten Schreibungen sind »Wlitave« und »Wltava«. Das Wort wurden mit silbischem »l« gesprochen, das die Lautgruppen »li, il, ul« oder bloß »l« wiedergeben. Die alte tschechische Form ist also »Vltava«, wie ja der Fluss bis heute von den Tschechen genannt wird. Ähnlich wie Cosmas schreiben auch die übrigen Quellen der Zeit.

Die Deutschen übernahmen den Namen aus der tschechischen Sprache, gaben in der Schrift das silbische »l« durch »ul« wieder und sprachen auch so. Wir geben ja auch sonst gerne die silbischen Mitlaute der Slawen durch einen Selbstlaut und einen Mitlaut wieder. Das muss schon früh geschehen sein, wie die obigen deutschen Nennungen zeigen. Deutsche und lateinische Quellen des 13. und 14. Jahrhunderts aus dem südlichen Böhmen und den bayerischen und österreichischen Grenzgebieten nenne den Fluss: »Wlthaa, Wultha, Wlta, Wulte, Wulta, Wuldau«. Wie das tschechische Wort sich im Laufe der Jahrhunderte gleich blieb, so blieb es auch seine alte deutsche Form, die im bairischen Sprachgebiete Böhmens, im Böhmerwald, bis heute lebt als »Wuida« in der Gegend von Winterberg und als »Wulda« um Wallern und Oberplan. Wenn der Fluss in der Krummauer Gegend »d‘ Wuln« heißt, so ist diese Form aus einer Verbindung »bei der Wulden, Wuln« entstanden.

Die deutsche und die tschechische Form sind also schon im Mittelalter fest, auf der einen Seite »Vltava«, auf der anderen »Wulta, Wulda«, wenn auch gelegentlich noch andere Formen begegnen, wie etwa beim Minnesänger Tannhäuser um die Mitte des 13. Jahrhunderts: »Brage bi der Wuoltach«.

Im Laufe der folgenden Jahrhunderte ist dann noch eine dritte Form entstanden. Nach mittelalterlichem Brauche wurde das deutsche Wort verlateinert und umgeändert; schon im 13. Jahrhundert taucht die neue Form in lateinischen Urkunden auf und wird von da an in den Urkunden und im gelehrten Schrifttum immer häufiger: »Multavia, Multava, Moldava« und ähnliche Formen mehr. Die verlateinerte Form drang als »Multe« auch ins deutsche Schrifttum. Der Übergang des anlautenden »v, w«, in »m« mag eine Entähnelung, »Dissimilation«, des anlautenden und inlautenden »v« sein; häufig wird ja von zwei gleichen Mitlauten in einem Worte der eine geändert. Das neue Wort bleibt aber zunächst immer auf das Schrifttum beschränkt.

In der Neuzeit herrscht dann ein arges Durcheinander von Formen wie: »Multaw, Molta, Multau, Muldau, Woldau, Molda, Multavia, Vultavia, Moldava« und noch mehr dergleichen. In den Erdbeschreibungen und auf den alten Karten werden häufig die verschiedenen Bezeichnungen nebeneinander gestellt, so heißt es etwa auf Erigingers Karte von Böhmen aus dem Jahre 1568: »Multavia fl., Molda Germ., Vltavia Bohemis« oder bei Sebastian Münster: »Die Molta nennen die Behemen Vltava.« Heimatliche Quellen heißen im Anschluss an die mundartliche Form den Fluss wie in alten Zeiten »Wulda, Wuldau«. Als Ortsname lebt diese Form im Namen Unterwuldau, den ältere Urkunden häufig auch als »Wultag, Bultog« verderbt wiedergeben. Der Ort Obermoldau heißt nur noch im Volke »Wuida«; im Jahr 1359 heißt der Ort »Na Stare Wultauie« damals hieß also der Oberlauf des Flusses die »Alte Moldau«, während wir ihn heute die »Warme Moldau« nennen. Die »Grasige Moldau«, die von der »Königswarte« herfließt, heißt zu Anfang des 16. Jahrhunderts einmal »řeka Řasnice«, die Tschechen gaben also das Wort mit »řasa«, Seegras, wieder.

In der neueren Zeit ist dann das gelehrte Schreibwort Moldau durchgedrungen und hat schnell das alte Wort verdrängt. Um es kurz zusammenzufassen: Wir gehen von dem tschechischen Worte »Vltava« aus, das die Deutschen als »Wulda« wiedergaben. Das Wort Moldau ist eine gelehrte Bildung des späteren Mittelalters.

Und nun noch einen Blick in Zeiten, von denen uns kein Buchstabe berichtet. Wer hat dem Flusse zuerst seinen Namen gegeben, und wie wird der Name gedeutet? Klar ist das Grundwort: es ist das germanische »ahva«, fließendes Wasser, verwandt mit dem lateinischen Wort »aqua« und lebt heute noch in den Wörtern Ache und Ohe. Die Slawen haben ein gleichbedeutendes Wort »ava«, geben aber das germanische Wort auch durch »ava« wieder. Wenn die Deutschen des Mittelalters die slawische Endung durch »au« ersetzen, so ist das auch eine Art »Volksetymologie«. Und nun das Bestimmungswort. Der alte Kaspar Zeuß nahm in seinem Buche »Die Deutschen und die Nachbarstämme« (1837) eine »ältere deutsche Wuldaha« an, die »unter den slawischen Benennungen Moldava, Wltawa (Moldau) verborgen liegen« soll. Und Karl Müllenhoff, einer der besten Kenner des deutschen Altertums, der die Ansicht vertritt, »dass die Slawen bei ihrem Vorrücken überall noch hie und da zerstreut Germanen vorfanden«, schloss sich ihm an darin, dass die Slawen »aus einer deutschen Walthahva eine slawischen Wlatava« machten. Nun ist aber diese slawische Form »Wlatava«, die durch Umstellung der Lautgruppe »al« nach einem bekannten slawischen Lautgesetz entstanden sein könnte (so machten die Slawen aus dem Namen Karls des Großen ihr Wort für König »král« oder aus Marmor »mramor«), nirgends in unseren Quellen bezeugt; auch kann die tatsächliche slawische Form »Vltava« nie auf ein älteres »Wltava« zurückgehen. Die Ableitung von »Waldache«, Waldwasser ist also unrichtig. Ebenso ist die Ableitung J. B. Nagls von »Moltaha, das erdführende Gewässer« falsch, weil die Form mit »m« ja recht jung ist.

Wenn die Slawen wirklich aus dem Munde der Germanen, die ja hunderte Jahre in Böhmen saßen, unser Wort übernommen haben, dann kann das germanische Wort nur »Wildaha« gelautet haben, das im Slawischen »Wlitaha« und schließlich »Vltava« wurde. Der deutsche Name »Wulda« ginge dann mittelbar über das tschechische Wort »Vltava« auf das germanische »Wildaha«, Wildwasser zurück. Ähnliche Wege haben ja auch andere Wörter zurückgelegt.

Möglich ist diese Ableitung, klipp und klar beweisen kann man sie nicht. Wahrscheinlich aber wird sie dadurch, dass auch andere Namen in Böhmen sich heute als Überbleibsel aus der Zeit der germanischen Markomannen erweisen.

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Der Name Wottawa

Der Fluss Wottawa, der ein großes Stück des oberen Böhmerwaldes und das vorgelagerte Hügelland durchfließt, ehe er bei Klingenberg in die Moldau mündet, wird nur in seinem Mittel- und Unterlaufe, also zumeist im tschechischen Gebiete, so genannt. Von Unterreichenstein etwa aufwärts nennt das Volk ihn »d‘ Ou«, die Ohe. Vom Einflusse des Kieslingbaches dann weiter aufwärts wird das Wasser Widra genannt. Die Widra entsteht aus der Vereinigung von einigen kleineren und größeren Bächen beim Orte Mader. Als der eigentliche Quellbach der Wottawa gilt der Lusenbach. Einer dieser Quellbäche der Wottawa ist der Maderbach; dieser Bach heißt in einer Glashüttenurkunde des Jahres 1523 »řeka Modrava«. Der Name kommt vom deutschen Worde Moder, das auch sonst eine häufige Bezeichnung für Bäche ist. Hier wurden durch große Winde die Wälder oft umgeworfen, und die abgestorbenen Bäume erzeugten Haufen von Moder. Das Volk sagt heute »Moda« und ebenso schreibt Johann Christoph Müller in seiner »Mappa regni Bohemiae« die im Jahre 1720 erschien. Wenn der Bach und der Ort heute amtlich Mader heißt, so ist das eine falsche »Analogie«, die mit zu den häufigsten »fiskalischen Sprachirrtümern« gehört. Da in den meisten Fällen einem »o« in der Mundart ein »a« in der Schriftsprache entspricht, so schlossen die Amtsmenschen »nach einem falschen Vorbild«, dass es in allen Fällen so sein müsse, sie hielten also das »o« für ein verderbtes »a«.

Der Name Widra, des Oberlaufes der Wottawa, ist slawisch und heißt deutsch Otter, Fischotter; auf das früher häufige Vorkommen des Fischotters weisen ja auch in anderen Landschaften die häufigen Otterbäche hin. Da die Gegend des Oberlaufs der Wottawa nie slawisch war, hat wohl der Flluss hier vor Zeiten Otterbach, Otter geheißen und später wurde den Deutschen die fremde Übersetzung aufgedrängt. Der Name »Ou« geht auf das Wort Ache zurück, das im Bairischen meist Ohe lautet; mit diesem Worte bezeichnet das Volk oft schlechthin viele Flüsse, die ganz andere Namen tragen. In der Gegend wird das Wort so ausgesprochen wie die Wörter mit mhd. langem ô, also etwa »roud«, rot oder »grouß«, groß.

Und nun zum Namen Wottawa selbst. Zum ersten Male genannt wird der Fluss als der böhmische Herzog Brzetislaus durch eine Urkunde Die Urkunde ist eine Fälschung des 13. Jahrhunderts, aber ohne Zweifel hat der Herzog dem Kloster hier einige Dörfer geschenkt, in der gefälschten Urkunde wird nur das geschenkte Gebiet vergrößert. vom Jahre 1045 »aus Liebe und im Gedenken an den seligen Gunther« am Mittellaufe des Flusses einen »Umlauf« mit etlichen Dörfern dem Benediktinerstifte Brzewnow bei Prag schenkte. »Otava« heißt der Fluss in dieser Urkunde, und in der Form wird der Fluss um die Zeit und noch später öfter genannt. Gegen Ende des Mittelalters und in der Neuzeit begegnet uns dann häufiger die Form »Wottawa«, daneben auch »Wattawa«, was wir leicht als falsche »Analogie« erkennen. Tschechisch heißt der Fluss heute »Otava«.

Was bedeutet nun der Name? Der Mittellauf des Flusses ist das böhmische Goldland des Mittelalters. An den Ufern unseres Flusses wurde Jahrhunderte lang Gold gewaschen und nach Perlen gesucht. Die altböhmischen Schriftsteller halten die Wottawa für den reichsten unter allen Flüssen Böhmens; nach Balbin schreit einer von der Gegend: »Wann ich diese Landschaft durch ein ansehentliches Frauenzimmer vorstellete, legte ich ihr einen reichen Schmuck an von Perlen und Edelgesteinen, welche dieser Creiß hervorbringet.« An den Ufern des Flusses lagen schon in alten Zeiten Siedlungen neben Siedlungen hart aneinander. Hier finden wir auch frühzeitig die ersten Spuren von Deutschen. Um die Mitte des 11. Jahrhunderts lebte der Einsiedler Gunther in diesen Gegenden, legte von Bayern herein durch den »Nordwald« einen Steig an uns starb im Jahre 1045 in der Nähe des heutigen Ortes Gutwasser, »in ulteriore heremo, que Preznih vocatur«, wie die Niederalteicher Mönche berichten. Der Böhmenherzog ließ seine Leiche in Brzewnow bestatten; noch heute erzählt das Volk, dass Gunthers Leiche von selber auf den Wellen des Kieslingbaches in die Wottawa und dann auf der Moldau nach Prag geschwommen sei. In dieser Gegend hatte das bayerische Prämonstratenserstift Windberg im 12. Jahrhundert schon Besitzungen, die bayerischen Grafen von Bogen geboten um diese Zeit über das Land um Schüttenhofen, und auch der Einfluss des bayerischen Benediktinerstiftes St. Mauritius zu Niederalteich reichte bis in dies Gegenden; noch weist der Name der Kirche in Maurenzen auf Niederalteich hin; nach Niederalteich wiederum war der Patron vom Benediktinerstifte Reichenau am Bodensee gekommen. Lange, ehe in die übrigen Teile unserer Heimat Deutsche zogen, saßen unsere Vorfahren schon hier an den Ufern der Wottawa, und der reiche Bergsegen hatte die Deutschen sicher schon in diesen Zeiten tiefer in die Wälder gelockt.

Diese Deutschen gaben vielleicht dem Flusse den Namen »Ottaraha«, Otterfluss, Otter, und die Slawen übernahmen frühzeitig den Namen von den Deutschen, deuteten die Otter als Ottach um und bildeten danach dann das slawische Wort »Otava«. Dem Oberlaufe des Flusses blieb der Name Otter haften, bis ihn die Tschechen in späterer Zeit als »Vydra« übersetzten. Am Mittellaufe kam der Name den Deutschen abhanden, da sie lieber statt des Namens Otterach, Otter einfach Ohe, Wasser, sagten wie noch heute. Die spätere Form Wottawa ist leicht zu erklären, da der »w«- Vorschlag bei Wörtern mit »o« im Anlaut eine Eigentümlichkeit der slawischen Sprachen ist, die in den tschechischen Dialekten heute noch wirksam ist.

Wenn hie und da der Name der Wottawa mit dem tschechischen Worte »Otava«, Grummet, Herbstheu zusammengebracht wird, so ist das eine »Volksetymologie«, schon in Norbert Heermanns Rosenbergischer Chronik heißt es einmal: »Der Wasserfluss nammenß Grumet, behmisch Ottawu.«

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Die Mode in den Siedlungsnamen

Auch die Namengebung hat ihre Mode, die sich von Zeit zu Zeit ändert. Daneben spielt natürlich zu allen Zeiten auch die natürliche Namengebung eine wichtige Rolle. Am wirksamsten ist die Mode in Zeiten von starker Rodetätigkeit. Da zur Bildung von Siedlungsnamen in allen Zeiten gerne als Bestimmungswörter Taufnamen verwendet werden, so lassen die Siedlungsnamen schön auch die Moder in der Taufnamengebung erkennen. Einen schönen Einblick in die Taufnamengebung im Laufe der Jahrhunderte bietet: Godfried Frieß „Die Personen- oder Taufnamen des Erzherzogtums Österreich unter der Enns.«

Stark war die Rodetätigkeit zur Zeit der Waldrodung im 18. Jahrhundert, die noch ins 17. Jahrhundert hinunterreicht, aber auch ins 19. Jahrhundert heraufgeht. In diesen Zeiten wollten die Grundherrn ihre Wälder besser ausnützen, daher wurden in die Grenzwälder tiefe Breschen geschlagen, und aus »purem Walde«, wie man sagte, entstanden Hunderte von Walddörfern, Glashüttensiedlungen und Holzhauerdörfern. Zunächst von den amtlichen Namen der Zeit: die Grundwörter klingen recht fein und modern und passen schlecht in die Urwälder hinein. Und zu den Bestimmungswörtern haben die Herrschaftsbeamten aus Ehrfurcht vor ihren Brotgebern die Namen der Fürsten und Grafen oder deren Ehegattinnen ausgesucht; auch die Namen der reichen Glasfabrikanten oder höherer Herrschaftsbeamten kamen in die Siedlungsnamen. Da gibt es ein Chinitz-Tettau, Grafenhütte, Josefstal, Fürstenhut, Eleonorenhain, Adolfstal, Ernstberg Friedrichsau, Christiansberg, Theresienhütte, Adlerhütte, Kobohütte, Mayerbach. Meist können wir noch sehen, wie die Namen entstanden. So wurde im Jahre 1807 der Antrag gestellt zur Errichtung einer Glashütte »in der Christianberger Revier auf dem Orte beim Zusammenfluss des Flanitz- und Bucherbaches« und dann im Jahre 1809 dem Orte »zum Andenken seines Gründers des itzigen Direktors der Herrschaft Krummau, Herrn Ernest Mayer der Name Ernstburnn beigelegt.« Doch fehlte den Herrschaftsbeamten manchmal auch der Humor nicht, wie die Namen Elendbachl, Schneedorf, Guthausen, Branntweinhütten, Fleißheim, Grasfurt, Blumenau, Haberdorf zeigen. Ehe diese amtlichen Namen aus den Herrschaftskanzleien in die neuen Siedlungen hinauskamen, hatten die Leute die Dörfer schon längst eingebaut und selber der Siedlung einen Namen gegeben. Dieser Name blieb nun im Volke lebendig, und um den amtlichen Namen kümmerte man sich nicht viel; die Volksnamen sind recht einfach, meist wird das Grundwort Häuser oder Hütte verwendet. So heißt Eleonorenhain einfach »d‘ Hüttn«, und die Leute sind die »Hüttnleut«; auf der Krummauer Seite sagt man »d‘ neu Hüttn«, weil dort Ernstbrunn »d‘ Hüttn« heißt. Neulangendorf heißt »d‘ Bojahäusl«, Ernstberg einfach »d‘ Häuser«, Franzenstal »da Biertopf« nach einem alten Flurnamen, schon im 16. Jahrhundert heißt es einmal »Pivný hrnec«, Röhrenberg »Vierhäuser«, Birkenhaid »Betlhäuser«, Pumperle »Pumpahäuser«, Helmbach »Michlhüttn«. Ebenso war es im angrenzenden Passauischen, wo in der »Neuen Welt und im »Halbwald« die fremdklingenden Bischofsnamen noch weniger ins Volk drangen.

Das Dasein aber verdankt unsere deutsche Heimat den Zeiten des 13. und 14. Jahrhunderts. Da wurden die großen Bauerndörfer, Hof an Hof, Dorf an Dorf aus »grüner Wurzel« planmäßig von den Klöstern und den Adeligen angelegt, die von den böhmischen Königen weite Landstriche in den inneren Grenzwäldern erhalten hatten. Mit Hilfe von deutschen Bauern, die aus dem bayerischen Mutterlande hereingerufen wurden, wurde der innere Wald gerodet und besiedelt. Die Grundwörter dieser Dörfer sind gebildet nach der Tätigkeit des Niederschlagens der Bäume, des Ausgrabens der Wurzeln, des Niederbrennens der Wälder oder auch nach rechtlichen Begriffen; da begegnen wir die Namen Schlag, Reut, Brand, Schwend, Heide, dann Stift, Hof, Dorf, Berg. Über hundert Orte mit dem Grundwort Schlag können wir in unserer Heimat zählen. Und als Bestimmungswörter finden wir die Taufnamen der Bauern, die das Dorf gerodet hatten oder die bei der Arbeit Anführer waren. Da wurde nach einem Christl ein Dorf Christlschlag genannt, nach einem Albrecht Albrechtschlag oder nach einem Bernhard, der in der Kurzform Berl hieß, Perletschlag. Um die Zeit hatten die Bauern meist bloß Taufnamen und noch keine Familiennamen. Recht häufig sind unter den Namen noch solche, die aus der germanischen Zeit her beim Volke üblich waren, etwa Konrad, Gerbrecht, Hartmann, Eckart, Hermann, Friedrich. Hie und da wurden auch die Namen der Herren oder Äbte den Siedlungen gegeben, und da gab es wie in der neueren Zeit eine Doppelnamigkeit; so heißt etwa ein Goldenkroner Dorf einmal im 14. Jahrhundert »Goltpach alias Ditrichstift«. Wenn uns auch die meisten Namen in tschechischer Form überliefert sind, so leuchten doch die deutschen Namen klar durch die fremde Form. Auch Namen aus der alten Heimat wurden gerne in die neue Heimat übertragen. Natürlich gehen alle Namen dieser Zeit aus dem Wortschatze und dem Sprachgebrauche des späteren Mittelalters hervor. Deutlicher als Urkunden zeigen uns die Siedlungsnamen dieser Zeit, dass eine großartige Rodetätigkeit damals in unserer Heimat geherrscht hat.

Zu Hunderten werden uns seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts deutsche Siedlungsnamen in den Urkunden unserer Heimat genannt, vor diesen Zeiten begegnen uns kaum in den Urkunden unserer Heimat deutsche Flur- oder Siedlungsnamen. Soweit einzelne fruchtbare Gegenden, Flusstäler oder Waldränder im Böhmerwald besiedelt waren, tragen die Siedlungen slawische Namen. Als neben diesen slawischen Siedlungen dann deutsche Dörfer entstanden, da wurden diese von den slawischen Siedlungen unterschieden; so liegt etwa heute noch in der Gegend von Oberplan neben einem Deutsch-Haidl ein Böhmisch-Haidl.

Die Burgen der Herren aber trugen in der slawischen Zeit schon deutsche Namen, und das war wiederum so recht eine Mode der Zeit. Die Ritter gefielen sich um die Zeit im deutschen Wesen wohl, denn im Lande Böhmen wehte in den Zeiten der letzten Przemysliden ein deutscher Wind. Beim tschechischen Adel war es um die Scheide des 12. und 13. Jahrhunderts Mode, ihren Burgen, die sie meist um die Zeit erbaut hatten, deutsche Namen zu geben, die in Altdeutschland als Burgnamen gang und gäbe waren. Deutsches Wesen galt nämlich in diesen Jahren im slawischen Adeligen als zur feinen Ritterbildung gehörig. Die tschechischen Adeligen ahmten in diesen Dingen nur ihre königlichen Herren nach; die letzten Przemysliden gelten ja mehr als Deutsche, dann als Tschechen. In ganz Böhmen finden wir Burgnamen, wie sie in Bayern und Franken etwa daheim sind. So kamen auch in unserer Heimat die meisten Burgen zu ihren urdeutschen Namen: Winterberg, Landstein, Lauseck, Freuenberg, Maidstein, Rosenberg, Wittingshausen, Helfenburg, Klingenburg, Krummau.

Auch diese Jahrhunderte in grauer Vorzeit hatten ihre Mode in der Namengebung, als die Kirche rodete oder als die Germanen Besitz vom Boden nahmen. Und diese Namen wachsen wiederum aus ihren Zeiten heraus. Damals war aber unsere Heimat dichter Urwald.

Nur ein Wort über die sogenannten »ing«- Namen. In germanischer Zeit war es Mode, die Siedlung eines Mannes mit dem Namen Ruodili etwa »zu den Leuten des Ruodilo«, oder kurz »Ruedling« zu nennen, heute heißt der Ort Redling. Nach der Verbreitung dieser Namen schließt man in Altdeutschland gerne auf die Verteilung der Germanen in älteren Zeiten. Davon ist nun bei uns keine Rede. Wenn auch hie und da solche Namen bei uns vorkommen, so sind das sogenannte »unechte ing-Namen«. Repesching zum Beispiel ist sicher ein tschechischer Name und heißt in der älteren Zeit immer »Repešín«. Da man in der Mundart für die Endung »ing« über »in oft »in« sagt, -- Jährling wird zu »Jahrlin« – so schlossen die Amtsmenschen nach falscher »Analogie«, dass dem »in« des Namens in der Schriftsprache ein »ing« entsprechen müsste, und so entstand die Namensfort Repesching und viele andere Namen dieser Art.

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Krummau

Die Burg Krummau, »diese graue Witwe der verblichenen Rosenberger«, ist eine Gründung der Witigonen, die um die Mitte des 13. Jahrhunderts im Besitze weiter Strecken des südlichen Böhmens erscheinen. Die Krummauer Witigonen starben schon im Jahre 1302 aus und wurden von den Witigonen auf Rosenberg beerbt, die von da an meist in Krummau regierten, ihren Namen »Rosenberger« aber beibehielten.

Der Name der Burg Krummau taucht zum ersten Male im Jahre 1253 auf, da nennt sich Witigo, wohl der Erbauer der Burg, zuerst mit dem Beinamen »de Chrumbenowe«. Der Name ist ein deutscher Flurname und bezeichnete ehedem die Gegend; ähnliche Flurnamen sind ja recht häufig. Das Wort krumm lautet in der älteren Sprache »krump«, wie noch heute die Bauern sagen; in der Schriftsprache ist später durch Angleichung der beiden Mitlaute unser Wort krumm entstanden. Schön hat Adalbert Stifter in seinem »Witiko« die »Krummer Au« geschildert: »Die Moldau macht einen Ring, dann macht sie außerhalb desselben einen zweiten verkehrten und dann noch einen größeren, der wieder verkehrt ist, und an ihm stehen gerade Felsen empor.« Das Volk erklärt den Namen also: Als die Burg erbaut war und die Leute hin und her rieten, was für einen Namen sie ihr geben sollten, da schrie eine Katze in der Nähe: »krummau, krummau«. Da gaben die Leute der Burg den Namen Krummau. Der Name der Burg ging auf den Burgflecken, die »Latron« vom Lauteinischen »a latere« castri über, der schon um das Jahr 1274 »an der Seite der Burg« bestand, und dann auch auf die eigentliche Stadt am rechten Moldauufer, die erst zu Anfang des 14. Jahrhunderts entstand.

In einer Urkunde aus dem Jahre 1258, also fünf Jahre nach der ersten Nennung, begegnen wir der tschechischen Namensform »Crumlow«, die im 14. Jahrhundert hie und da auftaucht und erst in den tschechischen Urkunden des 15. Jahrhunderts allgemeiner wird. Tschechisch heißt der Ort heute noch »Krumlov«. Dieser Name ist lautgetreu aus dem Deutschen übernommen worden, nur haben ihn die Slawen ihrer Aussprache angepasst. Für sie war es etwas schwierig, in dem Worte »Chrumbenowe« zwei Nasenlaute hintereinander zu sprechen, sie haben den Namen bequemer ausgesprochen, und da hat sich ganz von selbst eine Entähnlichung, »Dissimilation«, der beiden Nasenlaute eingestellt; statt der zwei Nasenlaute sprachen sich ein Nasenlaut und der verwandte flüssige Laut viel leichter aus; so entstand die Form »Krumplow, Krumlov«. Dieselben Sprachgesetze wirken auch in unserer Sprache, wenn die Bauern etwa statt Ökonomie »Ökolomie« sagen. nach dem tschechischen Worte wurde dann auch die lateinische Bezeichnung »Crumlovia« gebildet.

Die beiden Namen, der deutsche und der tschechische, sind all die Jahrhunderte im Großen und Ganzen gleich geblieben, wenn auch die Schreibungen bis in die neuere Zeit herauf häufig noch auseinander gehen. Schon zu Anfang des 15. Jahrhunderts ist die Form Krummau, die einzig richtige Schreibung, geläufig zum ersten Mal erscheint diese Schreibung zu Ende des 13. Jahrhunderts; häufig ist auch die Form Krommau, die auf die offene Aussprache des »u« zurückzuführen ist. Von der Mitte des 15. Jahrhunderts an erscheinen dann oft die Namensformen »Český Krumlov«, »Krumlov nad Vltavou«, »Böhmisch Krummau«, »Krummau an der Moldau«; man wollte so unser Krummau unterscheiden von dem mährischen Kromau und dem niederösterreichischen Krummau. Das Volk sagt »Grumau«, da ja in der Mundart jedes »k« vor flüssigen Lauten und Nasenlauten zu »g« wird; diese Form ist aber im Schrifttum selten, so wird etwa der Mann, der zu Anfang des 15. Jahrhunderts als Baumeister am Passauer Dome arbeitete, »Hans Grumpenawr« öfter geschrieben.

Die Ableitung des Namens Krummau von der Verbindung »Krumme Au« gilt als unbestritten. Sogar dem gelehrten Italiener Aeneas Sylvius war die Ableitung klar, und er übersetzte daher in einem Briefe an den Kardinal Carvajal den Namen als »Curva Insula«, das heißt krumme Insel, Au. Die Tschechen haben an dem Namen viel herumgedeutelt und allerlei an den Haaren herbeigezogen. Doch geben ruhigere tschechische Gelehrte zu, dass der Name Krummau deutsch sei und die Witigonen aus der Mode der Zeit heraus ihrer Burg einen deutschen Namen gaben. Vgl. J. V. Šimak gelegentlich der Besprechung des Klimeschs Arbeit über unsere Ortsnamen in der „Čechischen Revue« im dritten Jahrgange.

So wie Krummau haben fast alle Städte unserer Heimat seit alten Zeiten deutsche Namen: Neuern, Schüttenhofen, Bergreichenstein, Winterberg, Wallern, Hohenfurth, Rosenberg. Prachatitz bloß hat einen tschechischen Namen, dessen Ableitung dunkel ist, wie ja auch die Anfänge der Siedlung in Dunkel gehüllt sind. Die Namen Kaplitz und Gratzen gehen auf tschechische Bezeichnungen zurück, hinter dem einen steckt das tschechische Wort »kaple« Kapelle, das ja weder Deutsch noch Tschechisch ist, und der andere Name geht auf das tschechische Wort »hrad«, Berg zurück.

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Winterberg

Der Burgname Winterberg taucht in unseren Quellen zum ersten Male im Jahre 1263 in der Form »Wintherberc« auf. Als Herr der Burg erscheint in diesem Jahre Burkhard von Janowitz, der schon im Jahre 1257 in südböhmischen Urkunden auftritt und gewiss damals schon Winterberg als königliches Lehen hatte oder um die Zeit die Burg gründete. Erst im 13. Jahrhundert tritt die Landschaft um Winterberg aus dem Dunkel der Wälder und Sümpfe in die Helle der Geschichte. Unter den Janowitzern, die etwa hundert Jahre lang die Landschaft um die Burg Winterberg als königliche Lehensträger in ihrer Hand hatten, wurde die Gegend um Winterberg und das Gebiet der »Schläge« von Deutschen gerodet und besiedelt. Die Täler der »Warmen« und der »Grasigen Moldau« blieben noch lange Zeit unbesiedelt.

Die Burg Winterberg verdankt ihren Namen der Mode der böhmischen Ritterzeit. So trägt ja auch der erste Janowitzer auf Winterberg einen urdeutschen Taufnamen. Der Name Winterberg ist der erste deutsche Name weit und breit in dieser Gegend. Einen deutschen Namen trägt dann noch die »Königswarte« am Landestore gegen das Passauische und die Burg Gans in den »Schlägen«. Ursprünglich hieß der Berg an den Windungen der Flanitz Gans, wohl ein bildlicher Flurname, und dieser Berg kam mit dem Walde bis Winterberg hin im Jahre 1341 als Lehen an die Janowitzer; »montem vulgariter dictum vf der Gans, situm in magna silva, pertenentem ad castra Winterberch«, nennt ihn die Urkunde. Das sind die ersten drei deutschen Namen im mittleren Walde.

Der Name Winterberg erweist sich bei näherer Betrachtung als eine »Volksetymologie«. Auf eine solche deutet schon der Umstand hin, dass von dem Namen mehrere Deutungen versucht wurden. In der älteren Zeit erscheint nämlich neben Winterberg oft auch Windberg; die tschechische Bezeichnung »Vimperk« ist die genaue lautliche Wiedergabe des deutschen Wortes Windberg, wie es vom Volke ausgesprochen wurde; »nd« und darauffolgendes »b« wurden zu »mp« angeglichen, »assimiliert«, wie noch in unseren heutigen Mundarten etwa Grundbuch zu »Grumpuach« oder Windbruch zu »Wimpru« wird. Im ersten Bestandteile unseres Wortes steckt das alte deutsch Wort »win«, das so viel wie Weide oder Weideplatz bedeutet. Eine Nebenform dieses Wortes ist »wun«, die noch heute in der Formel »Wunn und Weide« lebt, unser Wort Wonne, »Augenweide«, ist nur eine Form, die in Mitteldeutschland daheim ist, die Mitteldeutschen sprechen ja »u«, »ü«, recht offen aus, und die Schriftsprache hat diese Formen übernommen. Das Wort »win« war in älterer Zeit einer der häufigsten Flurnamen, Tausende Flurnamen Altdeutschlands gehen auf dieses Wort zurück, später aber kam es unserer Sprache abhanden. Im Sprachgebrauche unserer Vorfahren spielten ja die Weiden eine große Rolle. Zunächst wurde das fruchtbare Flachland entlang den Flussläufen besiedelt, das bergige dahinter war noch lange Ödland, das allmählich in Weideland umgewandelt und erst viel später besiedelt wurde. Der Name dieses Weidelandes »win«, oder in den vielen Zusammensetzungen, in unserem Falle »winberg«, war den späteren Geschlechtern schon unklar, und das Volk deutete sich das unklare Wort schlecht und recht um, indem es das Wort (lautlich und begrifflich) mit anderen Wörtern vermengte, was eben das Wesen der »Volksetymologie« ist. Am häufigsten deutete man den »winberg« um in einen Windberg, wobei man das Wort »win« mit »Wind« vermengte (lautliche Umdeutung); das Wort Windberg war dem Volke schon viel verständlicher, da die hochgelegenen Weideplätze oft recht windig waren (begriffliche Umdeutung). Oder man dachte an »Winter«, denn auch dieses Wort klang ähnlich wie »win«, und auch der Sinn kam der Lage entgegen wie bei der Anlehnung an Wind. Von unserem Worte gingen beide Umdeutungen in den Sprachgebrauch über, die eine in die deutsche, die andere in die tschechische Sprache. Es muss auch nicht das Volk diese Umdeutungen geschaffen haben, dem Volke kann das alte Wort »win« länger geläufig gewesen sein, es können auch die Amtsmenschen diese Deutungen am Gewissen haben.

Und noch ein Umstand ist bei der Betrachtung unseres Namens von Bedeutung, da bei uns die Dinge durchaus nicht so einfach liegen wie in Altdeutschland: die Umdeutung des alten »winberg« in Windberg oder Winterberg muss nicht erst in unserer Heimat erfolgt sein, sonder ist viel wahrscheinlicher schon in Altdeutschland erfolgt, und die Herren von Janowitz übernahmen nach der Sitte und Mode der Zeit einen in Altdeutschland häufigen Burgnamen für ihre Burg schon in einer umgedeuteten Form. Vielleicht passte ihnen der umgedeutete Name für die windige, winterliche Berg- und Waldgegend gut, vielleicht war ihnen auch das nahegelegene bayerische Windberg Muster dazu. In Deutschland gibt es übrigens vom alten Worte »winberg« noch eine ganze Reihe anderer Umdeutungen, die Anlehnungen an Wind und Winter sind nicht einmal die häufigsten.

Die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts dann massenhaft in unsere Heimat ziehenden Deutschen fanden den ihnen vertraut klingenden Namen vor und änderten ihn nach ihrem Sprachempfingen wohl noch manchmal. Das Volk nennt den Ort – der Burgname ging wiederum auf die Siedlung unter der Burg über – »Winawerg«, was eine bequeme Aussprache des amtlichen Namens ist; meist heißt Winterberg im Volke einfach »d‘ Stod«.

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Die Königswarte und Kuschwarda

Der Ort Kuschwarda hat seinen Namen von dem nahe der bayerischen Grenze gelegenen alten Lugturme auf dem Schlösselberge in der Nähe des Ortes, der schon lange eine Ruine ist und vom Volk »‘s Gschößl« genannt wird.

Dieser Turm, dessen Fenster nach Süden und Osten schauten, war hier an einem wichtigen Landestore, der weiten Senke zwischen dem Dreisessel und dem Lusen, zur Sicherung der Grenze und zum Schutze des Landes erbaut worden, als um die Wende des 13. und 14. Jahrhunderts mit der Besiedlung des Hinterlandes begonnen wurde. Damals war die Winterberger Gegend von der Burg Winterberg bis an die Landesgrenze als königliches Lehen im Besitze der Herren von Janowitz. Der Wartturm an der Landesgrenze, der den deutschen Namen »Königswarte« bekam, hatte teils feindliche Einfälle abzuwehren, teils als Standort zu dienen, von dem aus feindliche Bewegungen beobachtet werden konnten; von diesem Lugturme aus konnten bis auf die Berge um Winterberg hin sichtbare Feuer- und Rauchzeichen gegeben werden. Als in den Zeiten König Wenzels IV. die Winterberger, die das Straßenrecht der Prachatitzer nie viel beachtet hatten, das Recht erhielten, auf ihrem Zweige des Goldenen Steiges, der an unserer »Königswarte« vorbeiführte, Saumgeschäfte zu treiben, da gewann die Warte eine weitere Bedeutung in dem Schutze dieses viel angefeindeten Winterberger Salzweges. Hauptaufgabe aber blieb der Schutz des Hinterlandes. Schon die Janowitzer waren hier mit den Leuten des Bischofs von Passau fortwährend im Streite, und ihre Nachfolger lebten »immer und immer in Unnachbarkeit« mit den Passauern.

Unter den Herren Mallowetz von Chejnow als Besitzer der Winterberger Herrschaft wurden ausgedehnte Meiereien mit vielen Wirtschaftsgebäuden und Marställen im Umkreise der Burg errichtet. Der letzte Mallowetz auf Winterberg baute hier den großen Fischteich, der aber bald wiederum aufgelassen wurde. schon im Jahre 1547 wird die »Königswarte« als »öd Schloss« bezeichnet. Die Rosenberger, die um die Zeit die Winterberger Herrschaft erwarben, widmeten der Waldgegend wenig Aufmerksamkeit. Nur das Vieh ließen sie überließen sie über den Sommer da weiden, und hie und da schickten sie einen Jäger her; so wird uns berichtet, dass im 16. Jahrhundert einmal ein Jäger »im Hafer« unter der »Königswarte« einen Bären erlegte. Streitigkeiten aber gab es zu allen Zeiten in diesem Winkel der Herrschaft, bald waren es Grenzirrungen, bald waren es Jagdstreitigkeiten; die Grenze gegen das »Bistum« war noch zu Ende des 17. Jahrhunderts hier nicht genau geregelt. So hatte Ulrich Tengler »hinter dem Fischteiche auf der Wolfau den Böhmen zur Schmach« einen Galgen aufgerichtet.

In diesen hintersten Grenzwäldern hatten die Bären am längsten ihre Schlupfwinkel, weshalb die fürstlichen Dienstleute diesen Waldwinkel das »Bärenloch« hießen; Loch ist in Flurnamen meist die Umdeutung des alten Wortes »loh«, Wald, namentlich lichtes Gehölz und Buschwerk. Als die Eggenberger die Herrschaft Winterberg übernahmen, wurde bald ein Jäger in diese Gegend gesetzte und ein herrschaftliches Wirtshaus, das »Kuchwarthaus« hier erbaut. Aus dem alten Goldenen Steige machte man allmählich eine Straße, die spätere Hauptstraße von Prag nach Passau.

Hier, »aufm Kuschwarde«, wie die Gegend nach der alten »Königswarte« oft in den Akten heißt, wurde mit der großen Waldrodung der Anfang gemacht. Im Jahre 1672 bewilligte die Obrigkeit, »beym Kuschwarte und sonsten, woh es gute Gelegenheit haben wird, neue Waldhäuser zu erbauen«, und einige Jahre später, 1688, wurden dann unter dem Winterberger Hauptmanne Karl Gube, »am sogenannten Bären-Lochwasser ohneweit des öden Schlössels Kunschwarda« sechs Bauern angesiedelt. Das war der Anfang der großen Rodezeit. In einem Winterberger Akte vom Jahr 1690 heißt die Siedlung »Neüe Häußer« und schließlich Kuschwarda. In der Pfarrbeschreibung vom Jahre 1713 wurden in »Kusswarta na pomezy Passowskych« 26 Seelen gezählt, bald aber vergrößerte sich der Ort, und im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden öfter noch Bauern und »verpflichtete Holzhauer« hier angesiedelt.

Der Lugturm wird urkundlich zum ersten Male im Jahre 1359 als »Kungenslen«, Königslehen, genannt, da Karl IV. dem Peter von Janowitz die Burgen Winterberg, Gans und unsere Warte mitsamt drei Städtchen und etlichen 40 Dörfern zu Lehen gab. In späteren Jahrzehnten erscheint »Kungenstein« und Kunigswarte«. Das Grundwort wechselte öfter, bis schließlich »Warte« als Grundwort fest wird, das in der alten Ausdrucksweise einen Platz oder ein Gebäude bedeutet, von dem aus man Wache, Umschau hält. Ähnlich kamen bei den Goldenkroner Dörfern die Grundwörter Stift und Schlag lange nebeneinander vor, bis schließlich das eine oder das andere fest wurde. Als älteste Form unseres Wortes haben wir »Kunigeswarte« anzunehmen. Das Bestimmungswort ist das mhd. Wort »kunic, kuniges«, das noch vor Eintritt des Umlautes für die Zusammensetztung gewählt wurde; denn dann hieß das Wort »künec«, König ist die mitteldeutsche Lautform, ähnlich wie dem »wunne« ein Wonne entspricht. Zusammensetzungen mit dem Worte König sind in Böhmen recht häufig, etwa Königwart, in der Mundart der Gegend »Kinswort«, tschechisch »Kynžvart«, Königsberg, in der Mundart »Kinsperch« oder Königseck, tschechisch »Kumžak«. Auf die Form »Kunigeswarte« nun gehen alle späteren Nennungen und auch der heutige Name Kuschwarda zurück; der heutige Name ist keine Verhunzung des alten Namens, sondern, wie wir sehen werden, die regelrecht entwickelte Namensform. Aus »Kunigeswarte« wurde »Kunigswarte«, das »g« schwand bald, da drei und mehr Mitlaute sich selten nacheinander behaupten, wie ja auch das Volk aus Pfingsten »Pfinstn« macht. Gesprochen aber wurde damals »Kunšwarte«. Lautgetreue Wiedergabe des „sch«-Lautes ist š. Der alte Mitlaut »s«, nicht aber der aus »t« verschobene, wurde von den Deutschen des Mittelalters als stark »š«-ähnlich und dazu noch etwas stimmhaft gesprochen; man sprach nicht »wise«, Wiese, sondern »wiše«, nicht »rose«, sondern »roše«. Die Slawen haben diese Aussprache in ihren Lehnwörtern aus dem Deutschen mit »ž« wiedergegeben und bis heute schön bewahrt: »ruže«, Rose, oder in den Ortsnamen »Rožmital«, Rosental, »Rožmberk«, Rosenberg, »Žumberk«, Sonnberg.

Auch unser Wort haben die tschechischen Herrschaftsbeamten, die es aus dem Munde der Deutschen übernahmen, bis heute uns in der alten Aussprache schön bewahrt, wobei das Grundwort sich an die tschechische Aussprache anpasste: »Kunšwarta«; »warta« ist übrigens im Tschechischen auch ein Lehnwort aus dem Deutschen, gleichbedeutend mit »stráž«. Und nun kommt das Merkwürdige bei unserem Namen: die Deutschen der Gegend hatten das alte deutsche Wort ganz vergessen, die Gegend war ja lange Zeit nach dem Verfalle der Burg unbesiedelt, und als dann der Ort gegründet wurde, da übernahmen die deutschen Bauern und ihre Nachbarn das alte deutsche Wort so, wie es die Tschechen überliefert hatten; unter den Wirtschaftsbeamten im 17. Jahrhundert waren ja meistens Slawen. Und die Deutschen gingen mit dem Worte so um, wie sie mit jedem tschechischen Fremdworte und jedem Fremdworte überhaupt umgingen. In unserer Mundart geht ein »k« immer in »kh« über, also Kirche wird »Khiacha« oder König »Khini«, aus mhd. »künec«, nie aber geht ein »k« in Fremdwörtern zumeist als »g« übernommen, so heißt Kavalier »Gawalia« oder Kaplitz »Gawlitz«. Und so machten auch die Deutschen aus der vertschechten oder besser gesagt, von den Tschechen überlieferten Form »Guschwarta« oder nach den vielen Fremdwörtern mit »i«-Ausgang, »Guschwarti«. Das »n« schwand bald, und die zurückgebliebene Näselung des vorhergehenden Selbstlautes wurde aufgegeben; doch begegnen in den Akten durch das ganze 18. Jahrhundert noch Namensformen wie »Kunschwarde«, Das »a« des Grundwortes wurde im Deutschen wie sonst bei Fremdwörtern durch das helle »a«, das sonst für den sogenannten »sekundären Umlaut« eintritt, ersetzt, so wird etwa Wäglein zu »Wagei«; in den anderen Fällen geht ja das »a« in unseren Mundarten in einen »o«-Laut über. Und so wird das Wort auch noch heute im Volke gesprochen: »Guschwati«. Die geschriebene Form blieb die alte, da ja die Beamen weiter ein Schriftstück vom andern abschrieben. Wenn wir aber bayerische Quellen des 17. und 18. Jahrhunderts ansehen, die sich nicht an amtliche Schriftstücke hielten, sondern auf die Aussprache der Bauern angewiesen waren, so finden wir hier oft die Form »Guschwarti«. Und zusammenfassend: die älteste Form des Namens Kuschwarda ist das alte Wort »Kunigeswarte«, neuhochdeutsch »Königswarte«, bei den Deutschen ist das Wort ausgestorben, die Tschechen aber haben die alte mundartliche Aussprache treu übernommen und erhalten. Die Deutschen des 17. Jahrhunderts übernahmen das alte deutsche Wort aus dem Tschechischen als Fremdwort und behandelten es als solches; daher das tschechische Gepräge auf den ersten Blick. Das tschechische Wort für Kuschwarda »Kunšwart«, oder mit dem »y« für langes fremdes, das heißt außertschechisches »u« »Kynšwart«, bewahrt die alte deutsche Form »Königsware« schön bis heute; wie die Fliege sich im Bernstein Jahrtausende unversehrt erhält, so erhalten sich auch altdeutsche Lautformen, wie sie vor Jahrhunderten gang und gäbe waren, in slawischen Namen oder Namensübersetzungen. Den Tschechen ist diese Ableitung geläufig. Die Männer aber, die in den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit der »vaterländischen« Geschichte begannen, die Wälder durchstreiften und die Burgen durchstöberten, waren recht romantisch angehaucht, die missverstanden unseren Namen gründlich und verhunzten ihn als »Kunzwarte«, und ihnen folgen blindlings die neueren deutschen Namendeuter, die das Wort von einem Namen Kunz ableiten; Kunz ist die Kurzform des deutschen Namens Konrad, älter Kuonrad und heißt im Tschechischen »Kuneš«. Der Burgruine ist der Name »Kunzwarte« aus der Zeit der Burgenschwärmerei geblieben und wohl durch die Schule und die Reisehandbücher allgemeiner geworden. Der Ort selbst behielt doch den alten Namen, wenn auch nicht in seiner ursprünglichen Gestalt. Es wäre recht und billig, auch für die Burgruine den alten Namen, an dem ein Stück Geschichte haftet, wiederum zu Ehren zu bringen.

Und zum Schluss, wie denkt das Volk über die Entstehung des Namens? Da haben die neunmalweisen alten Schulmeister eine plumpe Sage erfunden, wir wissen schon, zu welcher Gattung sie gehört: Zwischen Kuschwarda und Unterzassau hatte der Ritter Kunz einmal einen Teich gebaut, dessen Dämme aber bei einem großen Unwetter durchbrachen, so dass der Wasserschaden groß war bis nach Prag hinein. Da bekam der Ritter Kunz große Angst, ließ seinem Rosse die Hufeisen verkehrt aufschlagen und ritt in Nacht und Nebel davon. Aber sein Hund, der Warda hieß, lief ihm nach und bellte ohne Aufhören und hätte den Ritter bald verraten. Da schrie der Ritter Kunz ein ums andere Mal: »Kusch, Warda!« Wovon der Flecken Kuschwarda seinen Namen haben soll.

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Die Namen der böhmisch-bayerischen Grenzberge

Wie das Gestein unserer Grenzberge sind auch die Namen der Berge vor Alter verwittert. Die meisten Namen der Grenzberge reichen in ferne Zeiten zurück, wurden mündlich überliefert und nur selten in Urkunden aufgezeichnet; manche Berge haben im Laufe der Jahrhunderte auch die Namen gewechselt, andere Berge wiederum tragen Namen recht junger Herkunft. Bei den Bergnamen geht die Sprache ihre eigenen dunklen Wege, und da muss die geschichtliche Betrachtung der Namen die Deutung oft ersetzen. Von diesen Gesichtspunkten aus wollen wir die Namen der böhmisch-bayerischen Grenzberge Osser, Arber, Rachel, Lusen, Dreisessel und Plöckenstein betrachten.

Den Bergnamen Osser kennen wir seit dem 13. Jahrhundert, da heißt er schon »Ozzer«, und der Name hat sich kaum mehr geändert. Philipp Apian schreibt in seinen »Landtafeln« aus dem 16. Jahrhundert etliche Male auch »Obser«, vielleicht eine Anlehnung an den im oberen Wald nicht so seltenen Familiennamen Obser, sonst heißt der Berg immer »Ossa« oder »Osser«, in den Prager Grenzakten des 16. Jahrhunderts steht oft auch »Aser«, eine falsche »Analogie«. Mit den urkundlichen Schreibungen stimmt auch die mundartliche Aussprache »Ossa« überein. Von den mancherlei Erklärungen ist keine einleuchtend; möglich, dass der Name uralt ist und in vorgermanische Zeiten zurückreicht, »denn die Mehrzahl alter Namen – und zwar die ausgeprägten Wortformen, nicht etwa bloß die Wurzeln – kehrt in allen früher oder jetzt von Indogermanen bewohnten Ländern wieder«, Vgl. Cramer, Aufgaben der heutigen Ortsnamenforschung im 17. Jahrgang der Neuen Jahrbücher für das Klassische Altertum, Geschichte und Deutsche Literatur. wir denken da an den Ossa in Griechenland. Die Tschechen heißen den Berg »Osí« oder »Osa«, und seine beiden Spitzen nennen sie schön die »Brüste der Muttergottes«. Im 16. Jahrhundert heißt der Berg »Ostry pahorek«, »Ostry vrch«, scharfer, spitziger Berg, wohl die Umdeutung des Wortes nach einem ähnlich klingenden tschechischen Worte. Apian berichtet von Spuren ehemaliger Burgen auf dem Gipfel, was auch durch andere Nachrichten bezeugt wird. Hans Watzlik hat den Berg in seinem Buche »Im Ring des Ossers« verherrlicht und den Namen also gedeutet: »Der Asenklang grollt noch heute nach tausendjähriger Verwitterung des Wortes aus dem Namen Osser.«

Der Name des Berges Arber, des höchsten unserer Waldberge, reicht in deutschen Urkunden in frühe Zeit zurück. Seit dem 11. Jahrhundert kennen wir ihn unter dem Namen »Hadweich«, »Hadait«, »Adweick« heißt er etwas später oder »Adwich«, was alles dieselben Formen sind, ebenso wie die folgenden aus der Scheide von Mittelalter und Neuzeit »Etwha« bei Apian, »Ötwöch« oder bei Johannes Aventin, »Hädweg«, der berichtet, »der höchst Berg oberhalb Passauw, auff dem ein großer See, darumb die Behemen und Bayern noch kriegen, wer sterker kempfft, wirfft den andern in See.« Müller schreibt in seiner »Mappa« »Aidwaich«, in der neueren Zeit erscheint dann öfter »Arber«, auch »Erba«, aber immer noch daneben bis ins 19. Jahrhundert herauf die Form »Aidweich«. Die alte Form ist natürlich die richtige, aus der durch Angleichung der Mitlaute (Adweich, Adwa, Awa) das mundartliche Wort »Awa« entstanden ist. Das Wort Arber ist eine gelehrte Neubildung; da dem tonlosen »a« der Mundart meist ein »er« in der Schriftsprache entspricht, bildete man falsch die Form Arber. Wenn Apian den Arber »Herbae mons, das heißt Kräuterber« nennt wegen seines Reichtums an seltenen und fremdartigen Pflanzen, so ist das weiter nichts als eine gelehrte Deutelei, wozu ihn der Name »Erba«, eine Form mit Umlaut, verleitet hat. Nicht unmöglich wäre die Erklärung, die Schmeller in seinem »Bayerischen Wörterbuch« andeutet, nämlich die Ableitung vom alten Frauennamen Hartwig, ahd. »Haduwig«; der Entwicklung zu »Awa« stünde nichts im Wege; auch an den alten Namen Hartwig könnte gedacht werden, der in Siedlungsnamen lebt und auch in Urkunden der Gegend vorkommt. Auf keinen Fall kann bei der Erklärung von der Form Arber ausgegangen werden. Die Tschechen nennen den Berg in neuerer Zeit »Javor«, Ahornberg, da dieses Wort der mundartlichen Aussprache »Awa« ähnlich klang. Der Kuriosität wegen sei vermerkt, dass sie das alten Wort für slawisch halten und hie und da als »Hadovrch«, Schlangenberg deuten.

Die Wälder um den Rachel kamen um die Mitte des 14. Jahrhunderts in den Besitz des Stiftes Frauenau, doch werden sie ganz allgemein genannt: »Der wilde wald vm vnser Frauen Avve drey meil nach der leng von der Roernach vnz gen Peebrach und zvvo meil von der Flaenitz nach der brait ein gen Beheim.« Seit dem 16. Jahrhundert dann bis in unsere Zeit erscheint der Rachel häufig in Urkunden als »Rachl«, »Rachel« und »Rächl«. Die mundartliche Form ist auf böhmischer Seite »Rachl« mit hellem »a« und im angrenzenden Bayern »Rai«; die Form ist wohl in neuerer Zeit entstanden aus der Zusammenziehung »Rachl« zu »Ral« und dann durch die »i«-Aussprache des »l« zu »Rai«. Unsere heutige Form Rachel ist die reine Mundartform, schriftdeutsch müsste es »Rächel« heißen, da dem hellen »a« der Mundart ein »ä« in der Schriftsprache entspricht. Schreiber haben auch oft die Form »Rächel« gebildet, hier allerdings mit Recht gegenüber der Form »Lüsen«, von der gleich die Rede sein wird. Vielleicht hilft zur Deutung: Schmeller verzeichnet ein Wort »Rachel«, das so viel wie Riss im Acker bedeutet; in vielen Gegenden nennt man »Racheln« die häufig vorkommenden Wasserrisse. Apian berichtet, »die beiden Rachel seien eigentlich ein Berg, den nur Einschnitte teilten.« Der tschechische Name »Rokle«, »Roklan« heißt auf Deutsch Schlucht. Im oberen Wald ist der Rachel der Berg der Sage schlechthin, im See da »raigiern« die »verschafften Geister«.

Den Namen des Berges Lusen kennen wir ebenfalls erst aus Urkunden des 16. Jahrhunderts. In der Grenzbeschreibung des Fürstentums Passau vom Jahre 1593 heißt er »Lusenberg, und immer erscheint von da an dieselbe Namensform. Hie und da, so auch bei Apina, lesen wir »Lüsen«, was eine falsche »Analogie« ist. Da es für mundartlich »buckn« ohne Umlaut in der Schriftsprache »bücken« heißt, so schlossen die Amtsmenschen, dass auch der mundartlichen Form »Lusn«, di noch heute so im Volke lebt, in älterer Zeit ein »Lüsen« entsprechen müsste. Der Berg bildete in älterer Zeit die Grenze zwischen Böhmen, dem Hochstift Passau und dem Herzogtum Bayern. In einer alten Grenzbegehung aus dem Jahre 1636 in den Prager Grenzakten heißt es: »Bernstainischer, gränitzgang gegen Behm undt Passaw über die Berg Rächel, Platenhausen undt Lusen, auff welchem letzteren Berg der Pfarrer zu grawenaw (Grafenau) auff einem auffgerichten Stainwerck Meß gelesen undt aldort ein schüeßet (Schießerei) gehalten, darwieder Behm nicht morirt (sich gerührt), also mann bayerseits diese orth (Grenze) für richtig haltet.« Häufig wird der Name »Lus«, tschechisch »louže«, das Sumpf, Morast bedeutet. Tschechisch heißt der Berg »Luzen«, »Lužen«. Nach der Sage soll der Teufel in dem Berge die Schätze der ganzen Welt versteckt haben und nun auf den darüber aufgetürmten Steinblöcken von Zeit zu Zeit sitzen und ins Land »lusen«, horchen.

Der Höhenzug des Dreisessel, Dreiecksmark, Plöckenstein wird in Enikels Weltchronik aus dem 13. Jahrhundert unter dem Namen »unctornperg« als Grenze bezeichnet. Das Wort, das in unseren Mundarten als Bezeichnung für eine Nachmittagsmahlzeit lebt, »Untan«, heißt oft so viel wie Mittag, also wurde der Höhenzug vor Zeiten etwa als »Mittagsberg« bezeichnet; auf dasselbe Wort geht auch der Untersberg zurück. In der bereits erwähnten Grenzbeschreibung des Fürstentums Passau aus dem 16. Jahrhundert heißt der heutige Dreisesselberg »Höchartberg, alda entspringt ein wasserl, haist die Merchensait, oberhalb des Wasers das Thall herab ist am Höchartsberg Passauisch, enthalb Köhnigisch«. Ebenso heißt der Berg am Anfang des 18. Jahrhunderts in einer Beschreibung der Aschenwälder, die zur Stögerhütte bei Wallern gehörten; hier erscheinen auch schon die Namen der Gipfel: »Hienhartesberg, worauf der hohe Stein ist«, und dann noch »Hienhartsberg, auf welchem der hohe Stein unweith der 3 Sesseln ist.« »Heanhoat« heißt in der Mundart der Hühnerhabicht, von mhd. »hüener« Hühner; wie mhd. »grüen« zu »grean« wird »hüener« zu Hean.« Der Berg hieß also um die Zeit so viel wie Habichtsberg. Die junge Ortschaft Frauenberg am Abhange des Dreisessels wir im Volke noch allgemein »Heanhoat« genannt. Allmählich aber wurde der Name der einen Bergspitze für den ganzen Berg verwendet; so heißt es in einer Krummauer Urkunde aus derselben Zeit schon »bey den dreyen Sesseln«. Müller nennt 1720 den Berg »Dreysessel« und »Hohenstein«. Der alte Name starb also aus, und im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde der Name Dreisessel allgemein. Das Volk sagt gewöhnlich »d‘ Sessl«; der tschechische Name ist die Übersetzung des deutschen Namens. Das »Jakobifest«, das alljährlich am Tage des Hirtenheiligen Jakob gefeiert wird, soll ein alter »Hiatnkiata« sein, der die Hirten aus Böhmen, Bayern und Österreich hier versammelte.

Im Mittelalter war der Dreisesselfelsen die Grenzmark dreier Länder. So berichtet auch nach der Sage Adalbert Stifter: »In der uralten Heidenzeit saßen auf dem Berge, zwei Stunden vom Plöckenstein entfernt, drei Könige und bestimmten die Grenzen der drei Lande: Böheim, Bayern und Österreich, es waren drei Sessel in den Felsen gehauen, und jeder saß in seinem eigenen Lande.« Noch Schaller schreibt in seiner »Topographie des Königreichs Böhmen«: »Hier trifft man drey steinerne Sitze an, deren jeder mit einem Wappen gezeichnet ist und die Grenzscheidung zwischen Böhmen, Oberösterreich und dem Passauer Bisthum anzeiget.« Als dann im Jahre 1765 Österreich einen Teil der Herrschaft Passau abtrat, wurde die Dreiecksmark in der Nähe des Plöckensteins die neue Grenzmark.

Den Namen Plöckenstein kennen wir seit dem 14. Jahrhundert in der Form »Plechenstein«; häufig heißt er dann in böhmischen, bayrischen und österreichischen Quellen der folgenden Zeiten »Pleckenstein«, Müller schreibt schon »Plöckenstein«; oft heißt er auch bis in unsere Zeit herauf »Plöckelstein«. Die Form Plöckenstein hat sich allgemein eingebürgert, wenn auch hie und da in neuerer Zeit Blöckenstein geschrieben wird, wobei die Schreiber an das Wort Block, Blöcke dachten. Über ältere Nachrichten, die recht unsicher sind, steht einiges bei Schiffmann „Das Land ob der Enns.« Die Deutung des Namens ist klar. Das Bestimmungswort ist »blecken«, schimmern, blicken lassen, das wir etwa in der Wendung »die Zähne blecken« haben, also der Fels, der das nackte Gestein »bleckt«, zum Vorschein kommen lässt. Ähnliche Bezeichnungen sind ja recht häufig, so erscheint im 11. Jahrhundert einmal ein »blechener Stain«, den man gewöhnlich für den Weißenstein bei Regen hält. Das Volk sagt meist »ban See« oder »Blecknstoa«, und eine neuere tschechische Bezeichnung lautet »Plechý«. Eine schöne alte Beschreibung des Berges, die im »Bairischen Stammenbuch« von Hundius (1598) steht, lautet in deutscher Übersetzung: »Ein berühmter Berg wegen seines wunderbaren Sees auf dem Gipfel und wegen anderer ungewöhnlicher Naturerscheinungen auch bei fremden Völkern bekannt; denn wie man aus Erfahrung weiß, entsteht sofort in Sturm, wenn der See in Bewegung gerät oder wenn man etwa einen Stein oder ein Stück Holz in ihn hineinwirft. Dieser Berg scheidet im Westen das Gebiet des Stiftes Schlägel von Böhmen und Bayern. Seinen Gipfel ersteigt kaum jemand anderer als Jäger oder solche Leute, die von Neugier angelockt werden. Der Platz ist nämlich überalle unwegsam, abgelegen und wüst.«

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Der Berg Kubani

Weit über die Grenzen unserer Heimat hinaus ist der Berg Kubani bekannt. In einem hufeisenförmigen Kessel dieses Berges liegt der Urwald, der über Auftrag des Fürsten Johann Adolf zu Schwarzenberg für ewige Zeiten in seinem Zustande erhalten bleiben soll. Der alte Name des Urwaldstückes ist »Luckenwald«; Lucke ist ein bekannter Name für Einsenkungen zwischen Bergen.

Der Berg erscheint in den älteren Urkunden unter dem tschechischen Namen »Boubin«. Im Jhre 1531 wird der »ganze Berg und Wald Boubin« als Besitz des Herrn Peter Mallowetz von Chejnow auf Winterberg genannt. Um dieselbe Zeit wird die Tafelhütte, eine alte Glashütte am nordwestlichen Abhange des Berges, als Hütte unterm Kubani, »Hut pod Baubinem« bezeichnet. Die Slawen, die ja bis ins 13. Jahrhundert um Winterberg und Sablat im Ringe des Berges saßen und heute noch im Nordosten nahe an den Berg herankommen, haben dem Berge diesen Namen gegeben. Im tschechischen Gebiete liegt bei Strakonitz ein Ort »Boubin« und bei Winterberg ein Ort »Boubska«. In alten Urkunden heißt der Nachbar des Kubani, der Berg Schreiner, »Bobik«, was ein Verkleinerungswort von »Boubin« sein soll. Wie die Deutschen den Berg genannt haben, wissen wir nicht. Ein Vorberg des Kubani, der Basum, trägt noch heute seinen slawischen Namen. Ob der Berg Schreiner seinen Namen vom nahen Dorfe Schreinetschlag hat oder umgekehrt, wissen wir nicht; das Dorf heißt schon im 14. Jahrhundert »Schrinerstift«.

Ein deutscher Name für den Berg kommt uns erst im 17. Jahrhundert unter, als es in den Wäldern lebendig wurde und man mit der Waldrodung anfing. Auf einer Wasserkarte der Herrschaft Winterberg aus den letzten Jahren des 17. Jahrhunderts steht zu lesen »Berg Guba« und »Berg Schreiner«, und um diese Zeit werden die Steige aus den Schägen ins Moldautal über den Sattel zwischen dem Schreiner und dem Kubani, die »durch lautter Wälder« führten, »Kubo Steig« und »Kubo Weg« genannt. Eine Beschreibung des Goldenen Steiges von Winterberg nach Passau aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts lautet über unsere Gegend: »Von Ernstdorff (Ernstberg) übern waldt Gubo hinauff nach Dorff ober Moldau.« Ebenda heißt es auch »Kuboberg«. Noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts heißt der Berg »Goubaberg«. Merkwürdigerweise nennt Müller den Berg nicht.

Der Berg wurde wohl von den Beamten der Herrschaft Winterberg, die um die Zeit in den Wäldern viel zu tun hatten, zu Ehren ihres Vorgestzten Johann Karl Gube so genannt. Der Mann war seit den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts bis zum Jahre 1710 Eggenbergischer Hauptmann in Winterberg und ist dann im Jahre 1719 zu Prachatitz im Ruhestande gestorben. Unter der Leitung Gubes begann die große Waldrodung auf der Winterberger Herrschaft, wir begegnen dem Manne schon bei der Anlage von Kuschwarda. Der Name des Mannes selbst geht auf die Kurzform »Kuba« des tschechischen Namens »Jakub«, Jakob zurück. Im Deutschen ist die gewöhnliche Abkürzung von Jakob wohl »Jogl«, doch kommt in manchen Gegenden unter tschechischem Einflusse auch »Guwa« vor mit der Wiedergabe des fremden »k« als »g«.

Die Art, nach Herrschaftsbeamten Berge, Wälder oder Steige zu benennen, ist ja gang und gäbe, gerade in den Kubaniwäldern tragen einzelne Fluren Namen von Forstbeamten aus jüngster Zeit. Ebenso scheint auch der Schöninger, der Gipfel des Plansker Waldes, der in der Goldenkroner Stiftungsurkunde vom Jahre 1263 und etliche Male später »mons Naklethi« genannt wird, von einem gewissen »Hans Schoniger« seinen Namen zu haben, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts als verordneter Holzmeister mit den Geschworenen das zum Kohlen bestimmte Holz in den Wäldern um Krummau zu besichtigen und zu schätzen hatte. Vgl. Vatentin Schmidt „Zur Geschichte des Krummauer Bergbaues«.

Nach den »Guboberge« wurde dann auch die Glashütte Kubohütte am Abhange des Berges benannt, die um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts entstand. Ihr Gründer war der Winterberger Bürger Johann Padescheyder. Alte Leute nennen den Ort heute noch »Bodscheidahüttn«, die jüngeren Geschlechter sagen mit einer Entähnlichung »Bogscheidahüttn«.

Der Name Kuboberg war im 18. Jahrhundert allgemein, nirgends begegnet eine andere Form. Aber der Name musste sich noch eine Änderung gefallen lassen. Das Volk sagt heut in der Mundart allgemein »Guwáni«. Es ist das eine Ummodelung des älteren Namens nach der Art von Fremdwörtern, die erst im Anfang des 19. Jahrhunderts durchgeführt worden sein kann. Schaller schreibt noch in seiner »Topographie« einmal von einem »hohen Berge Baubin, wo man einen dreyeckigen Stein antrifft, auf dessen Fläche die ganze umliegende Gegend durch eine geschickte Hand aufgezeichnet ist«, ein anderes Mal von einem »Kubein«, womit er die mundartliche Aussprache der Zeit »Guwan« wiedergab. Der ältere Name lebt noch in der Bezeichnung für den Sattel zwischen dem Schreiner und dem Kubani, den »Gúwan« oder Kubern, wie meist geschrieben wird, und in dem Namen »Guwohüttn«. Die Schriftsprache kennt nur noch die Namen Kubani und tschechisch »Boubin«.

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Bergreichenstein

Da wo die Wottawa aus den Bergen und Wäldern ins böhmische Hügelland heraustritt, liegt im alten Goldlande der »Reichenstein«. Im Tale der Wottawa gewann man schon in den ältesten Zeiten Gold und Edelstein durch ein einfaches Waschverfahren aus den Gewässern, später ging man dann auch zum Bergbau über. Schon im 11. Jahrhundert sollen Bergleute flussaufwärts in die Wälder gedrungen sein und die Anfänge des Goldbergbaues um den »Reichensten« gehen wohl in die Zeiten König Przemysl Ottokars II. zurück.

Die ältesten sicheren Nachrichten stammen erst aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Wir hören, es habe damals da über 300 Goldmühlen gegeben, und König Johann von Lützelburg hätte auf dem Kriegszuge des Jahres 1312 gegen die Landshuter Herzoge 600 Bergknappen vom »Reichenstein« mitnehmen können, ohne dass man den Abgang an Arbeitskräften etwa empfand. Zum Dank für diese Unterstützung bekamen im Jahre 1345 die Reichensteiner die ersten Vergünstigungen. Um diese Zeit hatte also der Goldbergbau schon eine hohe Blüte erreicht.

Die Niederlassung wird in den älteren Quellen immer »Reichenstein« oder »Reichstein«, »Raystein« genannt. Der Name ist aus einer Verbindung etwa »zum reichen Stein« entstanden. Stein bedeutet so viel wie Fels, Berg, und reich heißt »an etwas Fülle haben«; in der älteren Sprache werden besonders häufig Bergwerke, auch Gänge und Adern reich genannt. Ähnlich wird später in der Gegend eine »Zech und Fundtgrube beym reichen Schatz« genannt. In den Urkunden des 14. und 15. Jahrhunderts ist immer nur von einem »Reichenstein« die Rede, es werden wohl beide Siedlungen, die am Berg und die im Tale der Wottawa, eine Gemeinde gebildet haben. Vielleicht war die Siedlung am Berge die ältere, da hier die kleine Kirche St. Nikolaus in alte Zeiten zurückreicht und zu Ende des 14. Jahrhunderts auch eine Pfarrkirche erscheint. Die Glanzzeit für die Gegend aber kam, als Karl IV. König von Böhmen wurde. Wie im übrigen Lande hob er auch hier den Bergbau zur höchsten Blüte. Um Handel und Wandel zu heben, ließ er über »die Gefilde« nach Bayern eine Straße anlegen, und zum Schutze des Landes und des Bergbaues erbaute er oberhalb Reichensteins in den Jahren 1356 bis 61 eine Burg. Der Burg gab der König seinen Namen »Karlsberg«, wie er auch seine übrigen Burgen nach seinem Namen benannte: Karlstein, Karlskrone und Karlshaus. Dass diese Burgen deutsche Namen tragen, darf uns nicht wundern, schreibt doch ein Chronist der Zeit: »Zu Proge und durch alles Behemlant übet man aller meist dütsche sproche, davor nüt anders denne behemisch was.«Auch der Erbauer der Burg wird uns genannt, Veit der Seidene soll er geheißen haben.

Reicher Besitz weit in die Grenzwälder hinein mit vielen Dörfern gehörte zur Burg Karlsberg, aber die Herrschaft war von der Vollendung der Burg an fast immer in den Händen von Pfandgläubigen der Könige. Im Jahre 1584 kaufte die Stadt Bergreichenstein, die selbst seit alter Zeit einige Dörfer hatte, von Kaiser Rudolf II. die Herrschaft Karlsberg und bald darauf, im Jahre 1617 kam sie auch in den Besitz der Burg Karlsberg.

Die Tschechen gaben das Wort Karlsberg in ihrer Sprache so wieder, wie es die Deutschen aussprachen. Diese aber sprachen »Karlschperg«. Wir sprechen heute die Mitlautverbindung »sp« in der Schriftsprache wie in der Mundart am Wortanfange als »šp«, also »schpät«, »schbod«, spät; im Inlaute sprechen wir in der Schriftsprache nur »sp«, in der Mundart in vielen Fällen, besonders bei Namen »šp«, etwa »Regensschpurg, Hengerschperg, Howlschperger«. In allen diesen Fällen hat das Volk, dem ja das geschriebene Wort nicht immer vor Augen schwebt, die Silben falsch getrennt, »Gegen-spurg« statt »Regens-burg«, so dass jetzt das »sp« an einem Silbenlaute zu stehen kam und nun wie im Wortanlaute »šp« gesprochen werden konnte. So wurde auch unser Wort Karlsberg »Karlschperg, Korlschperg« gesprochen. Natürlich konnten sich auf die Dauer so viele Mitlaute nebeneinander nicht halten, und es wurde bald der eine, bald der andere ausgelassen, bis man schließlich »Koschperg« sprach. So schreiben auch die Urkunden des 15. und 16. Jahrhunderts Formen wie »Korsberg, Kosberg, Koschberg, Karšperg, Kašperg, Kasberg«. Nach der mundartlichen Aussprache also entstand die tschechische Bezeichnung für die Burg »Kašperk«, die durchaus keine Verhunzung des deutschen Wortes ist, wie man oft lesen kann.

Als dann die Burg an die Stadt Bergreichenstein kam, übertrugen die Tschechen in ihrer Sprache diesen Namen auf die Stadt und fügten noch das tschechische Wort »hory«, Bergwerk, hinzu: »Kašperské hory«, zu Deutsch etwas »Karlsberger Bergwerke«; so heißt die Stadt heute noch tschechisch. Wenn man hie und da auch »Kašperské hory« liest, so ist das eine »Volksetymologie«, eine Anlehnung an den Namen Kaspar. Meist heißt der Ort auch in den tschechischen Urkunden weiter »Berg«- oder »Pergreichenstein«.

Im Jahre 1584 wurde die Stadt zur »Königlichen freien Bergstadt« erhoben, zu einer Zeit, wo die Blüte des Bergbaues längst dahin war. Der Dreißigjährige Krieg hat dann dem Bergbau den Rest gegeben. Zum Unterschied von der Siedlung im Tale, die auch mit dem Titel einer »Königlichen freien Bergstadt« ausgezeichnet wurde, wird unsere Stadt bald Berg-Reichenstein genannt. Schon in früheren Zeiten heißt es oft in den Urkunden einfach »im Perg«, wie auch das Volk heut die Stadt bloß »Berg« nennt. Im 16. Jahrhundert heißt die Stadt recht häufig, besonders auf Karten, »Oberberg«; »Ober-Reichenstein« wird ja viel später noch geschrieben. In Akten des 17. und 18. Jahrhunderts heißt es dann langatmig: »Königliche freye Stadt Gold Bergreichenstein«. Die Scheidung in Bergreichenstein und Unterreichenstein ist seit dem Ende des 16. Jahrhunderts geläufig.

Die Burg ist nie zu größerer Bedeutung gelangt, und seit der Zeit, wo die Adelsherrschaft in Böhmen gebrochen wurde, verfiel sie. Östlich von der Burg erhebt sich das »Ödschlössel«, das in früheren Zeiten bei den Bayern »Schilchenstein« geheißen haben soll. Nach dem Topographen Schaller soll »von diesen Schlössern das ganze Gebirg, welches sich von Fichtelberg bis an die passauer und bayerischen Gränzen erstreckt, den Namen Karlsperg ererbt« haben, was wohl nicht so ernst zu nehmen ist.

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Der Name der Gefilde

Die Gegend zwischen dem Schwarzberg und dem Antigel, die seit alter Zeit den Namen »Gefilde« führt, ist eine weite Hochfläche, zum Teil freies Land, zum Teil bewaldet. Die Gefilde sind erst in neuerer Zeit, als die Glashüttenleute und Holzhauer in den Wald zogen, besiedelt worden; in der älteren Zeit gab es da nur eine oder zwei Siedlungen, und die nächsten Siedlungen lagen stundenweit weg. Vor Zeiten gehörten wohl die Gefilde zum Königlichen Waldhwozd.

Der Name der Gefilde, der ursprünglich die Gegend bezeichnete, blieb an den zwei ältesten Orten haften, an Innergefild und Außergefild. Das Wort Gefild, ein Sammelname zu Feld wie etwa Gehölz zu Holz bedeutet in der älteren Sprache ein flaches Land im Unterschied von Berg und Tal, auch von Waldlandschaft. Bei Apian uns noch in späteren Zeiten heißt unsere Landschaft gegen den Rachel hin die »weiten Felder«. Der Schwarzberg erscheint schon im 16. Jahrhundert in Urkunden unter dem Namen »Černými horami«, die Schwarzen Berge, und ebenso der Antigel als »Les Otygl«. Der Antigel, eine der höchsten uns steilsten Kuppen des Böhmerwaldes, hat wohl seinen Namen von dem mundartlichen Worte »ontiglat«, wuchtig, klotzig, wie etwa andere Berge unserer Heimat »Enzian« oder »Grobian« heißen.

Zu Anfang des 14. Jahrhunderts – um die Zeit sehen wir zum ersten Mal klar in die Vergangenheit der Gegend – gehörten die Gefilde zum Meier Andreas in Pisek, dem sie König Johann verliehen hatte. Nach dem Tode dieses Andreas gab der König im Jahre 1345 den Söhnen des Mannes Thomas und Johannes den Wald, vom Volke Gefilde genannt, gelegen hinter Reichenstein, »nemus, quod vulgariter Geuilde vocatur, situm retro Reichenstein«. Wahrscheinlich gab es hier um diese Zeit an den Quellbächen der Moldau, Wolinka und Wottawa ausgedehnte Goldwäschereinen, denn sonst hätte ja der entlegene Besitz für die Piseker kaum eine Bedeutung gehabt; im Jahre 1779 schreibt Johann Mayer in seine »Bemerkungen über natürliche Gegenstände der Gegend um Schüttenhofen«, dass man hier überall an den häufigen kleinen Flüssen, die von dem fast beständigen Schnee erhalten werden, alles voll alter Seifenwerke, verfallener Pingen, eingestürzter Schächte sähe, die aber alle meist schon mit Bäumen bewachsen seien. Die Leute haben aber kaum in Dörfern hier gelebt, sondern sich bald da, bald dort aufgehalten. Dass diese Goldwäscher Deutsche waren, darauf deutet der deutsche Name der Gegend hin.

Die Entstehung einer Siedlung hier hängt mit der Erbauung der Burg Karlsberg und der Anlage des Steiges von Passau über Freyung nach Bergreichenstein und dann weiter nach Schüttenhofen zusammen. Der Weg von Bayern wurde von einem Heinz, geheißen Bayer, ausgemessen, der zum Lohne von Karl IV. im Jahre 1356 ein Stück Land bekam, auf dem der Bayerhof entstand; in den folgenden Jahren wurde der Steig fertig gestellt. Schon im Jahre 1366 erhielt die Stadt Bergreichenstein einen Freibrief für die Straße über Gefild nach Bayern. Um diese Zeit scheint das Dorf Innergefild entstanden zu sein, wenigstens wird bald darauf, im Jahre 1406 »Gefyldt« schon als Dorf genannt; hier wurde der Wegzoll bis zu den Hussitenkriegen eingehoben. In Innergefild mündete auch ein Seitenweg unseres Steiges, der von Passau nach Grafenau und über den Lusen führte. Der Ort Außergefild, der näher der Grenze und tiefer im Walde liegt, wurde erst in der Blütezeit des Steiges zu Anfang des 16. Jahrhunderts von Säumern angelegt »auf einem aus herrschafftlichen Waldt an goldenen Steeg gegen Passau zu ausgerotten orth«, wie man im 18. Jahrhundert schrieb. In Bayern nannte man die Säumer aus Böhmen in manchen Gegenden »Gfilder Samer« oder schlechthin »Gfilger«.

Die Gefilde haben noch etliche Male den Herrn gewechselt. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gehörten sie den Johannitern von Strakonitz, die das Land mit ihrem Besitze um Großzdikau vereinigten. Bei diesem Orte blieb dann der größere Teil der Gefilde und bildete später mit das Gut Großzdikau, von dem es in einer alten Beschreibung heißt, dass es »zwischen denen größten böhmischen Gränitz Waldungen gegen das Passauische situiret« sei. Später kam dieses Gut in den Besitz der Herren Mallowetz von Chejnow, die es bis in die neuere Zeit behielten.

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts verglichen sich die Bergreichensteiner mit den Strakonitzer Johannitern wegen der nördlichen Grenze des Gefilder Waldes. Der kleinere Teil der Gefilde um das Dorf Innergefild herum gehörte von da an dauernd zur Stadt Bergreichenstein. So gehörten schon seit dem Ende des 14. Jahrhunderts die Gefilde zwei Herren.

Beide Orte werden in der älteren Zeit Gefild genannt Gesprochen haben die Deutschen etwa »Gfild«, was die Tschechen lautgetreu mit den Namen »Kvilda« wiedergaben, der auch in ältere Zeiten zurückreicht. Später heißt das eine gewöhnlich das »Bergreichensteiner«, das andere das »Mallowetzische Gefild«. Die Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege, in der ja auch unsere Rechtschreibung in den Akten ganz aus den Fugen gerät, hat die beiden Namen recht verderbt und unbeholfen wiedergegeben, aber immer blickt das mundartliche Wort noch schön durch. Innergefild nennt die Prager Steuerrolle des Jahres 1654, die tschechisch abgefasst ist »Wes Kfillken« und Außergefild »Kwilda pod Czernymj Horamj«. Im nächsten Kataster von 1713 heißt der Ort »Wülde oder Gfühl«, der andere »Gefühlg under den Schartzen Wäldern«. Die Außergefilder werden meist »Leute untern Schwartzwalt« genannt. Die neuere Unterscheidung, die von Herrschaftsbeamten herstammt, erscheint um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts. Müller nennt das eine »Inner Gefild«, das andere »äusser Gefild«, und diese Unterscheidung wurde im amtlichen Gebrauche bald fest. Das Volk nennt beide Orte gleich und hilft sich mit »drin« und »draußt« oder »eini« und »aussa«. Früher scheint man das mundartliche Wort, nach den Schreibungen zu schließen, so ausgesprochen zu haben, wie es in den südlichen Nachbardörfern heut noch ausgesprochen wird »Kflg« mit silbischem »l«-Laut. Da aber mit der Besiedlung der nördlichen Nachbarschaft ganz leise auch die Wellen der oberpfälzischen Mundarten herüber schlugen (zwischen Außergefild und Phillipshütte liegen am »Totenbachl« die letzten Totenbretter), so änderte sich die Aussprache zu »Gfelg«, und es wird heute »Kfeig« gesprochen. Wie man für viel »fei« oder für Bild »Beid« sagt, so sagt man auch für Gefild »Kfeig«. Die Verbindung »il« ist mit der Verbindung »el« zusammengefallen, für Geld sagt man »Geid«. Welhalb die Außergefilder weit und breit mit ihrer Sprache verspottet werden: »In Kfeïg homans feï Seïwageïd.« Gelegentlich geben auch ältere Akten diese Aussprache schon wieder, so heißt es in einem bayrischen Schriftstück »die erste böhmische Mauth, das Gefäld genannt« oder in einem Prager Akte einmal »Gewölt«. In Außergefild hört auch auf böhmischer Seite das wichtigste Merkmal des Donaubairischen, der Wandel des »l« zu »i« auf.

Etwas merkwürdig an unserem Worte ist auf den ersten Blick der Übergang des »d« am Wortende in »g«, also Gefild zu Gefilg. Dieser Übergang ist schon alt, schon im 16. Jahrhundert gibt es Formen wie »Gewülck« oder »Gefühlg«. Zu erklären ist diese Erscheinung als eine Anpasung, »Assimilation« des »d« am Wortende an das stärkere »g« am Anlaute des Wortes. Die sich angleichenden Mitlaute stehen in diesem Falle nicht unmittelbar nebeneinander, daher nennt die Sprachwissenschaft eine solche Erscheinung »Fernassimilation«.

Das Volk erklärt heut die Entstehung der beiden Namen also: In Innergefild haben die alten Goldwäscher das Gold in die Säcke eingefüllt, und in Außergefild haben sie das Gold aus den Säcken wiederum ausgefüllt. Also wiederum eine »ätiologische« Ortssage, die den Namen Innergefild »volksetymologisch« »einfüllen« und Außergefild »ausfüllen« deutet. Alt ist die Schulmeistergeschichte jedenfalls nicht.

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Der Königliche Waldhwozd

Von den Gefilden bis in das Angeltal hinauf lag entlang der Grenze der »Königliche Waldhwozd«, das Gebiet der Künischen Freibauern. Gegen das Innere des Landes waren die Wälder frühzeitig gerodet und besiedelt worden, den Waldhwozd aber hatte der böhmische König immer noch als menschenleeres Wald- und Ödland in seinem Besitz, als der größte Teil des übrigen Böhmerwaldes schon von Deutschen gerodet und besiedelt war. Die Besiedlung des Waldhwozd selbst ist in ein Dunkel gehüllt. Als die Lützelburger im 14. Jahrhundert die Burg Karlsberg bauten und die Goldschätze um den »Reichenstein« hoben, da siedelt sie wahrscheinlich auch deutsche Bauern auf Einschichthöfen im Waldhwozd an, damit sie die Grenzen bewachen und im Kriegsfalle die Wälder verhauen, oder wie man im 18. Jahrhundert sagte, »umb die Granitz des Landes befästiger, viel weniger schütter zu machen.« Es scheint auch, dass das Gebiet des Waldhwozd vormals viel größer war und dass mehrere von den kleineren Gütern rings herum – das Volk nennt die Gutsbesitzer da die »Haberfürsten« – im Laufe der Zeit abgebröckelt sind. Die Künischen Freibauern waren seit alten Zeiten mit Freiheiten und Gerechtigkeiten reich ausgestattet und unterstanden lange Zeit unmittelbar der königlichen Kammer. Vom Ende des Mittelalters an aber wurde der Waldhwozd öfter an verschiedene Adelige verpfändet. So verpfändete König Sigismund, der oft in Geldnöten war, im Jahre 1429 dem Bohuslaus von Riesenfeld die Wälder des sogenannten Hwozd mitsamt den Zöllen von Neuern und Hammern; das ist die erste Verpfändung, von der wir Kenntnis haben. Was wir sonst von den Künischen Freibauern wissen, ist ein Rattenschwanz von Verpfändungen und Kämpfen der Bauern mit den Pfandinhabern um ihre Freiheiten und später sogar um Grund und Boden. Die Pfandinhaber sahen das Urwaldgebiet von den letzten, der Grenze zu gelegenen künischen Einödhöfen bis an die Grenze bald als ihr Eigentum an und schufen sich da etliche Güter und Herrschaften. Schließlich kamen die Künischen Freibauern aus der unmittelbaren Untertänigkeit der königlichen Kammer wider ihren Willen in die Schutzuntertänigkeit zweier solcher Herrschaften, nämlich der Herrschaft Bistritz und des Gutes Stubenbach, hatten aber immer noch eine bedeutende Selbstverwaltung, die der Oberrichter in Seewiesen und die Richter der einzelnen Gerichte ausübten. Erst um das Jahr 1848 verloren die Künischen Freibauern ihre alten Rechte und ihre Sonderstellung.

Das Volk nennt das Gebiet des ehemaligen Waldhwozd heut noch da »Kinisch«, und die Bauern nennen sich, soweit sie an ihre Vergangenheit zurückdenken, »Kinische«. Der Name kommt vom mhd. Worte »künec«, König, das in unseren Mundarten als »Kini« lebt. Künisch ist die Zusammenziehung des älteren Wortes »künigisch«. Da die königliche Kammer, der die Freibauern unterstanden, bis weit in die Neuzeit herauf tschechisch amtierte, so hören wir in den älteren Urkunden meist nur von einem »Královský Hvozd«. Als dann im Lande Böhmen nach der Schlacht am Weißen Berge wiederum ein deutscher Wind wehte, blieb im amtlichen Verkehr das Wort »Hvozd«, und da es nicht überall verstanden wurde, setzte man das Wort Wald vor, sodass die Wortwiederholung, »Tautologie«, »Wald-Hwozd« entstand; denn »hvozd« bedeutet in der tschechischen Sprache nichts anderes als dichter Wald. Gelgegentlich begegnet dann auch die Bezeichnung »das Gebiet des Königlichen Waldes oder die Königsdörfer«. Die Bewohner des Waldes hießen gewöhnlich Künische Freibauern, tschechisch auch »královí lidé«. Müller verzeichnet auf seiner Karte die einzelnen Gerichte und trägt »hin und wieder verstreute Bauernhöfe« ein, Dörfer gab es ja da nicht; über das ganze Gebiet schreibt er »Königliche Freybauern vulgo Waldhwozd«. In der älteren Zeit, soweit wir Kenntnis haben, gab es acht, später neuen Gerichte. Die Namen einiger Gerichte wechseln bis um die Mitte des 17. Jahrhunderts, bei den meisten gab der Name des Mannes, der gerade Richter war, dem Gerichte den Namen. Nach dem Urbare, das im Jahre 1630 für den Pfandinhaber Don Huerta, kaiserlichen General und Herrn auf Welhartitz, angelegt wurde, saßen in allen acht Gerichten 143 Freibauern.

Und nun zu den Namen. Das Gebiet des Waldhwozd ist reich an alten deutschen Flurnamen, hier ist im Namenschatze der slawische Einschlag recht gering. Die Neusiedlungen, die dann im 18. Jahrhundert im Waldzwozd entstanden, tragen noch heute die alten Flurnamen.

Das Gericht St. Katharina hat seinen Namen von der Kirche zur hl. Katharina und lautet immer gleich; das Volk sagt »Kodrina«.

Das Hammerer Gericht wurde nach den Eisenhämmern, die ehedem da bestanden, benannt; um die Wende von Mittelalter und Neuzeit betrieb man im Hochtale von Eisenstein Eisenbergbau und lieferte Eisenerz an die im Angeltale erbauten »Hämmer«. Im Jahre 1614 heißt das Gericht einmal »Vejdovská«, wohl nach einem Freibauern des Namens Veit; ein »Veidlhof« lieg heut noch in diesem Gebiete. Im Volke heißt es »d‘ Hama«.

Das Gericht Eisenstraß zwischen Hammern und Eisenstein trägt seinen Namen nach der alten Eisenstraße, es heißt auch im Volk so. Einmal, im Jahre 1614 wird das Gericht »Hojsová« genannt, wohl nach einem Richter Hois. Der Name ist die Kurzform von Matthäus, Mathais; wie Matthias zu Hias wird Mathais zu Hais, Haißl gekürzt, mundartlich wird daraus denn »Hois«; amtlich heißt heute der Ort Eisenstraß »Hojsová Stráž« in der tschechischen Sprache.

Das Obergericht Seewiesen heißt so nach einem alten Flurnamen, die »Wiesen am See«; See bezeichnet in der älteren Sprache jedes stehende Gewässer, besonders eine Sumpflandschaft. Vielleicht geht das Bestimmungswort auf das Wort »Sahr« zurück, die ältere Bezeichnung für die Riedgräser und Seggen, also die »Seggenwiesen«, das Wort könnte später volkstümlich umgedeutet worden sein zu Seewiesen. Im Jahre 1614 heißt das Gericht »Zejbiská«, womit schön die mundartliche Aussprache wiedergegeben ist; in der Gegend wird das mhd. lange ê wie im Oberpfälzischen »ei« gesprochen, also Schnee »Schnei«, See, »Seï«; die Mitlaute sprachen die Tschechen stimmhaft aus und gaben sie auch so wieder. Die amtliche tschechische Bezeichnung lautet heute »Zejbiš«; das Volk sagt etwa »af da Seiwies«. Aus dem Worte sehen wir, dass schon in älterer Zeit oberpfälzische Erscheinungen in dieser Gegend daheim waren, dass also die Grenzzone zwischen dem Donaubairischen und dem Oberpfälzischen, in der der Waldhwozd liegt, schon damals so bestand.

Der Name des Gerichtes Haidl kommt vom Worte Heide, das unbebautes Land, waldlose, wildgrünende Ebene bezeichnet und in unserer Heimat ein sehr häufiger Flurname ist. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts heißt das Gericht »Zůři« und »rychta Zhuřská«. Der Name kommt vom tschechischen Worte »hůrka«, kleiner Berg, Hügel oder »zhůři«, Anhöhe und ist wohl die Übersetzung des Flurnamens »Höhal«, kleine Anhöhe, wie noch ein Ort heute da heißt. Der tschechische Name lebt noch weite in den Siedlungen Hurka und Hurkenthal in diesem Gebiete. Das Volk sagt »Hoidl«, der amtliche tschechische Name lautet »Zhůři«.

Das Kocheter Gericht heißt einmal »Fajcovská«, dahinter steckt wohl der Name Veits, der ja in der Gegend recht häufig ist. Im Jahre 1630 wird es »Kocheter oder Titzer Gericht« genannt; der eine Name geht vielleicht auf Dietz, die Kurzform von Dietrich zurück. Der Name Kochet selbst kommt als Flurname in der Rodungszeit sehr häufig vor, er ist die Mundartform des Namens »Gehaget«, Hag heißt so viel wie Gebüsch, Dornengesträuch, dann werden auch die Einfriedungen so bezeichnet und schließlich auch der eingefriedete Platz. Mit den Verallgemeinerungssilben heißt das Wort »Gehaget«, das über »Khaget, Kaget« zu Kochet wurde. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts heißt das Gericht einmal »Rychta Kochanovská«.

Im Jahre 1614 wird das Stadler Gericht »u Šimonovy stodoly« zu den Städeln Simons genannt, etwas später »Rychta Stodůlecká« und dann allgemein Stadeln, wie auch das Volk sagt. Das Wort kann Scheune heißen, auch Herberge, könnte aber auch ein bergmännischer Ausdruck sein und eine in Felsen gehauene Höhle im Gegensatz zu dem in die Tiefe dringenden Schacht bedeuten. Im Stadler Gericht sind wir ja schon wieder im alten Goldlande. Dieses Gericht war das größte und reichste am tiefsten in die Grenzwälder hinein; es wurde daher auch zu verschiedenen Zeiten geteilt. Schon im Jahre 1614 heißt es »Rychta Stodůlecká a Hohensteigenská«. Im 18. Jahrhundert wurde dann ein anderer Teil des Stadler Gerichtes dauernd abgetrennt, und dieses neue Gericht, das neunte, »Neugericht«, »Neustadln« oder »Stadler Anteil« genannt. Beim Stadler Gericht kommen auch sonst Zusammenfassungen der Bauern zu Gruppen vor, da die Siedlungen hier recht zerstreut lagen. So heißt es um Urbar Huertas: Die von der Weit«; nach der mundartlichen Aussprache »Weid« kann der Name nur auf das Wort weit oder auf Weide, Baum, zurückgehen. Dann werden noch die Bauern von »Hohenstegen« und »Babilon« genannt, der Name Babilin geht wohl auf die Bergleute zurück; in früheren Zeiten wird einmal in der Gegend eine Zeche erwähnt »aufn Babilon genanndt«.

Das Stachauer Gericht erscheint immer unter demselben Namen, der auf Stacho zurückgeht, was die Kurzform von Eustach oder Starcholt sein kann. Die Kurzform kommt im angrenzenden Bayern als Familienname häufig vor, auch Dörfer heißten da Stachesried oder Stachersdorf. In alten Akten kommt der Name in allen acht Gerichten häufig vor. In unserem Gerichte selbst steht im Urbar des Jahres 1630 an erster Stelle gleich ein Freibauer »Veit Stacher«, also wiederum rührt der Name des Gerichtes von einem Personennamen her. Das Gebiet des ehemaligen Gerichtes Stachau – das Volk sagt »Stachan« – ist heute fast ganz tschechisch. Die alten Freibauernverzeichnisse weisen auch hier zumeist deutsch Namen und nur den einen oder anderen tschechischen Namen auf.

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Am Goldenen Steig

Fast auf jedem Blatte kam uns der Name des Goldenen Steiges unter, und so sollen wir uns zum Schlusse noch mit diesem Namen beschäftigen. Drei Steige führten in alten Zeiten über den Böhmerwald durch die weite Senke zwischen dem Dreisessel und dem Lusen, die später Goldene Steige genannt werden. Auf Saumrossen wurde da über die Bergrücken von den Säumern Salz nach Böhmen gebracht und nach dem alten Grundsatze »Khern umb Saltz« Getreide nach Bayern zurückgesäumt. Viele Flur- und Siedlungsnamen unserer Heimat rühren von diesen alten Steigen her.

Der älteste der drei Wege führte von der alten Bischofsstadt Passau nach Prachatitz, dem »salis emporium« Böhmens. Zum ersten Male erfahren wir um das Jahr 1010 von diesem steige, als Kaiser Heinrich II. den Niedernburger Nonnen die Böhmenmaut, »Boemiense theloneum«, schenkte. Von der Zeit an wird der Steig öfter genannt als Prachatitzer Weg »Prachatici via«, alter Warensteig von Passau »semita mercium de Patavia, ut ab antiquo fuit«, Straße zwischen Prachatitz und Passau, »strata inter Prachadicz et Passoviam«, Weg von Passau ins Königreich Böhmen, »via Bohemica«, »via Boemorum«, »rechte Strße von Passau nach Prachatitz«, alles Nennungen aus der Zeit vom 12. bis zum 15. Jahrhundert. Erst gegen das Ende des Mittelalters zu wird dieser Weg immer häufiger »via aurea«, »Goldene Steig«, »Säumerstraße oder Goldener Steig«, »zlaté stezce« genannt. Das Wort Steig, das sich nun allgemein einbürgerte, bezeichnet einen einfachen Fußweg; die Steige waren ja schmale Fußpfade oder Prügelwege, »Ochsenklavier« heißen die Bauern heute scherzhaft derlei Pfade. Nach der allgemeinen Meinung rührt der Beiname »Golden« davon her, dass die Einkünfte des Steiges für die Niedernburger Nonnen und dann später für die Passauer Bischöfe auf der einen und für die Wyschehrader Domherrn und die Bürger der Grenzstadt Prachatitz, die noch heute das »böhmische Nürnberg« zubenannt wird, auf der andern Seite eine reiche Goldquelle waren. Das Wort wird ja oft bildlich im Sinne »reichen Ertrag bringend« gebraucht. So heißt eine fruchtbare Gegend »Goldene Au«, oder es wurde die Stiftung König Przemysl Ottokars II. Heiligenkron schon im ersten halben Jahrhundert ihres Bestandes wegen ihres Reichtums vom Volke »Goldenkron« umgetauft, und dieser Name verdrängte bald den alten Namen, schon im Jahre 1315 heißt das Kloster in einer Urkunde »Guldein Chron«. So ein bildlicher Name ist auch unser »Goldener Steig«.

Der Prachatitzer Steig verlor in der Neuzeit seine Bedeutung und wurde von den beiden anderen Steigen überflügelt, die von Passau nach Winterberg und Bergreichenstein führten. Der eine heißt in früheren Zeiten meist »Salzweg«, »Winterberger Saumbersteig«, der andere »Weg nach Bayern«, »Steig über das Gefild« oder meist »Straße das Gefild genannt«. Am meisten Leben herrschte in der Neuzeit auf dem Bergreichensteiner Wege, da die Bergreichensteiner mit den Passauern besonders gut standen. Vom 16. Jahrhundert an heißen dann auch diese beiden Wege »Goldene Steige«, und das Wort nimmt allmählich die Bedeutung Weg nach Bayern, Auslandsweg schlechthin an. Müller zeichnet zwar alle drei Steige in seiner Karte ein, nennt aber nur noch den Bergreichensteiner »der gulden Steig«. In der Glashüttenzeit werden diese Steige oft auch »Glaserstraß« genannt, »weilen nemlich die gläsernen producta auf Passau zur weiteren Beförderung nacher Wienn auf der Ax gebracht wurden«. Das Volk nennt die verfallenen Steige heute »guida Steig« oder »oid Samaweg«.

Etliche Namen erinnern noch an die Blütezeit dieser Steige. Da liegt ein Röhrenbach und ein Böhmisch-Röhren am Prachatitzer Wege, ein Röhrenberg am Winterberger und ein Hohenröhren am Bergreichensteiner Wege. Diese Namen stammen wohl von de Wasserbehältern mit Röhrenleitungen her, die die Säumer da und dort für ihre Tiere an den Saumwegen angelegt hatten; so heißt es einmal von einem solchen Wasserbehälter am Winterberger Wege in der Nähe von Schlichtenberg: »Bayrische-Rinne, die ein Granter ist, wo die passirende Säumer ihre Ross zu tränken pflegten.« Ursprünglich waren diese Namen Flurnamen und gingen dann, als in der Zeit der Waldrodung da Ortschaften entstanden, auf diese über. »Böhmisch-Röhren, das um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts entstand, heißt im Volke heute »d‘ Rean«, die Röhre; im Steuerkataster von 1713 wird der Ort »Heüßler beyr Böhmischen Rühn« und um die Zeit oft »Böhmische Rien« genannt. Vielleicht liegt das Wort Rinne zugrunde, das später zu Röhre umgedeutet wurde. Müller schreibt schon »Häusler bey der böhm:röhren«; oft beißt der Ort noch »Röhrnhäuser«. Wahrscheinlicher aber ist, dass die älteren Schreibungen die geschlossene Aussprache wiedergaben; die Unterländer (Böhmisch-Röhren gehörte um die Zeit noch nach Krummau) sprachen nämlich die Selbstlaute vor der Verbindung »rn« fast wie »i« aus, etwa »gen« gern, »Hena« Hörner, »Ren« Röhre. Tschechisch hieß der Ort »České Trouby«, da aber »trouby« auch Trottel heißt, wie ja auch das deutsche Wort »Röhren« als Schimpfname gebraucht wird, haben in jüngster Zeit die Tschechen den Ort zu České Žleby« umgetauft.

Röhrenberg, das um dieselbe Zeit entstand, heißt in älteren Akten meist »Röhrnhäusl« in der Pfarrbeschreibung vom Jahre 1713 wird es »Wodni truby Czesky w lesych« genannt. Die Gegend, do heute der Ort Hohenröhren liegt, heißt einmal in älterer Zeit »an der großen Röhren«.

Andere Namen aus der Säumerzeit sind am Prachatitzer Wege Salzweg, Salzgattern, Böheimzwiesel, Schefweg, am Winterberger Salzweg schon im Jahre 1359 »Solna Czista«, und am Bergreichensteiner Wege Mauth. Die Säumerglocke bei Wallern hat wohl wie die Säumerglocke in einigen Städten unserer Heimat aus der Zeit der Schwärmerei für die Vergangenheit den Namen, wenn auch schon im 13. Jahrhundert einmal um Wallern am alten Goldenen Steige eine Brücke im Walde »pons in silva« genannt wird.

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