Zum freundschaftlichen Andenken von Johann Heinrich Jung
Der Weltweisheit und Arzneygelahrtheit Doctor, Churpfalzischer Hofrath, und der Staatswirtschafts ordentlicher Professor in Marburg.
Aus "Sammlung einiger Predigten" zum Andenken an den Tod des Dionysus Eickel, ref. Prediger zu Elberfeld, erschienen Elberfeld 1788
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Wie denn von der Welt her nicht gehöret ist, noch mit Ohren gehöret, hat auch kein Auge gesehen, ohne Dich Gott! Was denen geschieht, die auf Dich Harren.
Jesaja 64
Zween Engel auf der Reiße zu Eickels Sterbebette.
Elim: Du eilst mit schnellem Flug zur Erde nieder,
Wie Pupur glänzt dein silbernes Gefieder,
Im Stral vom ewgen Morgenroth.
Wo eilst Du hin?
Salem: Zu Eickels Tod.
Elim: Zu Eickels Tod? – zu ihm – dem Menschenfreund?
Der Tausende unaufgeblühter Kinder:
Ins Paradies verpflanzte – der dem Sünder
Den Weg zum Himmel wies – ists der gemeint?
Salem: Der ists! – ich hab Befehl den Todeskampf zu mildern,
Vor seinm Geist die Ehren Kron zu schildern,
die seiner harrt.
Elim: Ich geh mit dir.
Salem: Jehova wills – komm Bruder folge mir!
Seitdem Johannes starb, seitdem Lebbäus litte,
War nie so ernst der Seraphinen Bitte,
Des Christen Tod und Uebergang zu sehn.
Er sprach: – es soll geschehn!
Sie werden dort auf Silberwolken sitzen
Um Eickels Bett, in ihren Händen blitzen
Die goldnen Harfen – wann der Todes Engel zückt,
Den scharfen Pfeil ins Herze drückt,
Dann rauscht ihr Lobgesang.
Elim: Mein Bruder! Sage mir:
Du kanntest ihn, wem unsrer Fürsten war er gleich?
Salem: Nicht einem ganz, – Sein Herz war weich
So wie Lebbäus Herz; – Sein Geit entbrannte schier
Wie Petrus, wenn der Spötter Rotte lachte.
Doch was ihn fast Johanni ähnlich machte,
Das war die sanfte Huld, die seinem Auge entfloß
Und Stromweis – Liebe – in die Seelen goß.
Die Wahrheit in Parabeln einzukleiden,
Durch Gleichnisse den Unsinn zu bestreiten
Das hatt er wohl vom Herren selbst gelernt.
Die Gründlichkeit von allem Schwulst entfernt,
Die flöst ihm Paulus ein. – Doch seine Sorgen
Für Menschen Glück; die unbegrenzte Mühe
In seinem Dienst; das Ringen spät und frühe
Nach Licht und Kraft, von jedem Morgen
Bis in die Nacht, vermag kein Engel auszudrücken.
Elim: Wie glänzest Du!
Salem: Auch dein Gesicht ist Sonne,
Doch sage mir, wen füllet nicht mit Wonne,
Ein solches Bild? – welch himmlisches Entzücken,
Den Willkomm bald vor Gottes Thron zu sehn!
Elim: Komm Salem! – komm wir wollen stehen
An seinem Bett, die fromme Seele zu entbinden!
Elim, Salem, Eickel.
Elim: Sieh! Wie er ruhig kämpft! – komm! Weh ihm Külung zu!
Salem: Ich thu´s; – der Zukunft Furcht entferne du,
Entferne weit von ihm das Schuldbuch seiner Sünden!
Der Herr hats weggetilgt.
Elim: Ich thaue Morgenduft
Dem Kläger ins Gesicht; die Himmelsluft
Verträgt er nicht – er flieht!
Eickel: O welcher Friede
Durchströmt mein Herz!
Salem: Ein Echo von dem Liede
Des Chors, das aus der Höh hernieder tönt.
Elim: Er kommt! –
Salem: Wer kommt?
Elim: Ich wittre Todenluft! –
Der Todes-Engel kommt – er steigt aus seiner Gruft.
Ach Herr erbarme Dich! – Sie wie der Kranke stöhnt!
Salem: Hilf, Bruder! Hilf! – damit er nicht erliege!
Elim: Ich habe Arzney von Golgatha zum Siege.
Salem: Die würkt!!
Elim: Ich ström sie ihm ins Herz.
Sie lindert Krankheit – Tod – und jeden Schmerz.
Hör! – die Posaune tönt! –
Salem: Der Engel schwingt die Rechte,
Und zückt den Pfeil – gefüllt in Wetter Nächte –
Er zischt – und trift – !
Der Todes-Engel Mit einer Donnerstimme:
Du Menschkind sey Staub!!! –
Elim: Sieh wie er ringt! –
Wie ihm durch Mark und Bein der Todes Schauer dringt!
Er stirbt!! –
Salem: Wie dunkel ist es um uns her!
Ihr Seraphinen! – lasst die goldnen Harfen klingen!
Laßt ihren Silberton zum Ohr des Toden dringen!
Weckt ihn zum Leben auf!
Elim: Sieh hoch und hehr!
Weht Lebenskraft vom Thron Jehova´s nieder,
Des Toden Geist ermannt sich wieder.
Sieh wie der neue Mensch zum Engel sich verklärt!!
Eickel: Wo bin ich jetzt? – was hört mein Ohr? – was fährt
So süß – und schauervoll – durch alle meine Glieder?
Doch – Glieder hab ich nicht – ich glänze – höre Lieder!
Gott – welche Majestät! – welch Wolthun! – welche Ruh!
Ich schwebe aufwärts – leicht – dem Thron der Liebe zu!
Wer seyd ihr Stralen-Männer!
Salem: Deine Brüder! –
Sey froh! – und seelig! – denn du lebest wieder –
Lebst ewig! – Komm! – wir führn im Jubel dich
Zu Gottesstadt – Komm! – und umarme mich!
Elim: Auch mich – du Gottesmann! Du hast mit Fleiß gesäet,
Jetzt erndest du – wer so lebt der empfähet
Den Sieges Kranz.
Eickel: Herr Jesus! – welche Freude! –
So ists denn wahr – was ich geglaubet habe! –
Und was ich ahndete jenseits des Grabe?
O lasst mich Brüder! Lasst noch einmal heute
Mich auf der Kanzel stehn! Jetzt könnt ich reden.
Salem: Das geht nicht an! – Der Glaub erringt die Kron,
Das Schauen nicht; denn dieses ist schon Lohn
Für den der glaubt.
Eickel: Die für mich flehten,
Mein Weib! – die Freunde all – ach tröstet sie!
Elim: Das thut er Herr – denn die verlässt Er nie.
Sie hielten in der Prüfungaus wie du.
Vom goldenen Altar strömet hohe Ruh
Tief in ihr Herz.
Eickel: Mein liebes Elberfeld!
Du Acker Gottes! Sey gesegnet! – blühe! –
Sey fruchtbar! – Herr! Bekröne doch die Mühe
Der Brücer dort! – der Brüder in der ganzen Welt!
Salem: Schwing dich hinauf! Hinauf! – zum Vaterland! –
Ihr Seraphinen all! – die Harfen nehmt zur Hand!
Und tönt den Siegsgesang den Sonnenweg hinan!
Wir führn ihn im Triumph, durch diese Sternenbahn
Gerades Wegs zum Thron.
Elim: Wie festlich ist es heute! – !
Eickel: Ich schweige, staun – bät an – Gott! – ich vergeh für Freude!
Chor: Lob, Preis und Dank, die Herrscher auf dem Throne!
Vor deiner Majestät erbebt die ganze Welt.
Lob, Preis und Dank, dem ungeschafnen Sohne!
Der immer noch den Sieg behält.
Sie rotten sich, die Feinde seiner Krone,
Und drohen seinem Reich den vollen Untergang.
Sie treten auf, und nähern sich mit Hohne
Dem Ewigen, mit Muth und Drang.
Er siehet sie, noch lächeln seine Blicke
Auch der Empörung Huld, dem Aufruhr Gnade zu.
Noch hält sein Arm der Blitze Grimm zurücke,
Gebeut der Flammen Rache, Ruh.
Noch sendet er der Friedenboten viele,
Er sendet Eickels hin, und unterrichtet sie.
Sie retten dann noch manchen im Gewühle
Des Unsinns, und verzagen nie.
Dann aber wird sein Zorn zur Rache reifen,
Wenn solcher Männer Müh vergebens würkt und schaft.
Mit leisem Tritt wird lechzend sie ergreifen
Des Rächers Grimm in seiner Kraft.
Wie seelig ist der Knecht der ausgerungen
In diesem schweren Kampf, und nun gesieget hat!
Heil ihm! Ihm sey dies hohe Lied gesungen,
Zum Einzug in die Königsstadt.
Triumph! Er siegt, der Herr, durch seine Knechte.
Erzittert Welten all! In unserm Jubelton.
Triumph! Sinkt hin! Ihr aller Himmel Mächte!
Und bätet an vor seinem Thron!
Salem: Dort ist der Herr! – !
Eickel: Allmächtiger! – Erbarmen! –
Das ahndet keiner – was – und wie Du bist!
Wie furchtbar Liebe, Huld und Ernst gepaaret ist.
Du unaussprechlicher! – hab Mitleid mit mir Armen! –
Der Herr: Komm her mein Knecht! – komm ich bin dein Erlöser!
Du warst mir treu – und meine Gnad ist größer
Als deine Schuld. – Genieß der Seeligkeiten Fülle!
Der Chor: Gelobet sey der Herr! – und es gescheh sein Wille!
Hallelujah! – !