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Jean. Pierre.
Jean. Par di, est il possible? Quelle brutalité!
Pierre. Monsieur, wenn wir uns nicht retiriren, so geht es uns an den Hals; Jeronimus sucht uns überall und Euer Vater, hör' ich, ist nicht minder aufgebracht als er.
Jean Ist das nicht ein Elend, Pierre, in einem Lande zu wohnen, wo die Leute so wenig Einsicht haben! Ich hatte gedacht, Monsieur mon Papa und mein Schwiegerpapa sollten vor Freude über meinen Anblick in Ohnmacht fallen.
Pierre. Ich meiner Seel' ebenso.
Jean. Fremde wissen das besser zu schätzen als meine eigenen Eltern.
Pierre. Ja, es geht, Monsieur, wie es im Sprüchwort heißt: der Poet gilt nichts im Vaterlande.
Jean. Ich will von meinen artigen Manieren nichts weiter sagen, es genügt, daß eine der liebenswürdigsten Damen dans la France hiehergekommen ist lediglich um meinetwillen.
Pierre. Ja, und was das Merkwürdigste ist, Monsieur, just von Paris. Denn wäre es noch eine hottentottische, kosakische, calekutische, husarische, malabarische Dame gewesen, oder eine aus Thye, BogöeZwei kleine jütische Städtchen; in Thye war der Historiker Gram, Holbergs gelehrter Nebenbuhler, geboren. A.d.Ü., Island oder Grönland, so hätte man denken können, die Dame hätte in dem Lande, wo sie herkommt, noch nicht viel galante Leute gesehen, darum fände sie so viel Geschmack an Euch. Aber, Monsieur, sie kommt direct von 131 Paris, wo alle Welt die feinsten Manieren hat, wo gemeine Weiber im Friesrock Journale lesen, Menuet tanzen und perfect französisch sprechen. Und das sind ja doch die drei Dinge, die einen vollkommenen Menschen ausmachen. Angenommen selbst, Monsieur hätte keine artigen Manieren, so muß Ihm doch alle Welt die Meriten zugestehen, in wenigen Monaten funfzehnhundert Thaler in der galantesten Stadt von Europa verzehrt zu haben, und das ist schon allein ein Grund, weshalb alle redlichen Menschen Monsieur ästimiren müssen.
Jean. O vis, par di si fait.
Pierre. Denn schon diese Depensen geben zu erkennen, daß Monsieur in Paris als ein vornehmer Mann gelebt hat.
Jean. Si fait.
Pierre. Nicht wie ein Knicker.
Jean. Vous avez raison.
Pierre. Nicht wie ein Schlingel.
Jean. Si fait.
Pierre. Nicht wie ein Schwein.
Jean. Cela s'entend.
Pierre. Nicht wie ein Küchenjunge.
Jean. Non, par di, non.
Pierre. Nicht wie ein fauler Esel.
Jean. Non, si fait, non.
Pierre. Nicht wie ein ordinärer Hund.
Jean. Peste! Halt' einmal auf mit diesen Titeln, ich verstehe schon so, was Du meinst.
Pierre. Ich wollte nur dies sagen, Monsieur, daß jeder redliche Mann, der blos dies Eine hört, wie viel Geld Ihr in wenigen Monaten in Paris verbraucht habt, sogleich folgendes Raisonnement anstellen wird: an dem Monsieur muß doch was sein, für so viel Geld muß er doch was gelernt haben, und darum wird er sich nicht weigern, Monsieur seine Tochter zu geben.
Jean. Und doch siehst Du, wie wenig meine Eltern es zu schätzen wissen.
Pierre. Wie können solche Dummköpfe, als hier im Lande sind, Monsieur zu schätzen wissen? Weit entfernt, Seine 132 Qualitäten zu würdigen, legen sie Ihm alle Nichtsnutzigkeiten bei, die es nur giebt.
Jean. Was sagen sie denn von mir?
Pierre. Ich schäme mich, davon zu sprechen, es wäre mir neulich beinahe schlecht gegangen Seinetwegen.
Jean. Ah, dites hardiessement! Du weißt ja, daß wir Pariser uns so etwas nicht zu Herzen nehmen.
Pierre. Einige nennen Monsieur Hans Bäsemängs, weil er umhergeht und allen Frauenzimmern die Hände küßt.
Jean. Par di, quels sots! Das ist just eine von den artigsten Qualitäten, die ein Galanthomme besitzen kann.
Pierre. Einige sind gröber und nennen Monsieur Hans Narr, Hans Affe, Hans Gaukler, Hans Topfgucker, Hans Marktschreier, Hans Drehdenhintern, Hans Stelzengänger, Haus Capriolenschneider, Hans . . . .
Jean. Nun nun, genug, genug, ich mag nichts mehr davon hören.
Pierre. Hans Petit-Maître, Hans Tänzer, Hans Sprachverderber, Hans . . . .
Jean. Halt' auf, sag' ich, Maraud!
Pierre. Hans Spieler, Hans Pflastertreter, Hans Harlekin . . . .
Jean. Wenn Du nicht aufhörst, schlag' ich Dir den Schädel ein, je t'ecraserai ton tête!
Pierre. Monsieur hat mich ja selbst drum gebeten. Aber da kommt Arv wieder.
Arv. Jean. Pierre. Nachher ein Spieler hinter der Scene.
Arv. Ich möchte jetzt meiner Seel' nicht an Hans Franzens Stelle sein und wenn mir Einer zwei Mark gäbe. Jeronimus hat darauf geschworen, er will nicht zu Bette gehen, bevor er ihn nicht ins Spinnhaus gebracht hat oder was man so nennt in Prison. Es war aber auch unverschämt, so mit einem alten 133 Manne umzugehen, der seine bürgerlichen Steuern und Abgaben so manches Jahr richtig bezahlt hat. Nehmt nur mal an, Ihr guten Leute, wie er ihn behandelt hat. Als zum Exempel: ich ziehe meine Jacke aus und kehr' sie um (kehrt die Jacke um) – seh' ich nun nicht aus wie ein Narr? Ha ha ha ha ha ha, genau so sah Jeronimus aus. Ich möchte so nicht auf die Straße unter die Leute gehen und wenn mir Einer zwei Schillinge gäbe; die Bettelvögte könnten denken, ich wäre verrückt, und schleppten mich in den Narrenthurm. (Er dreht seine Jacke wieder ordentlich.) Die Madame sitzt zu Hause und weint, als hätte sie Prügel gekriegt. Aber das ist ihr schon recht; denn wenn der Herr ihm kein Geld schicken wollte, wie er da in Westindien oder Frankreich war, wie das nun heißt, da verkaufte sie Rock und Schürze, blos um es ihm zuzuwenden.
Jean Arv, wie steht's zu Hause?
Arv (sich im Kopfe kratzend). Ganz gut, Monsör.
Jean. Na, da Du Dich so im Kopfe kratzest, so kann das nicht weit her sein; sag' mir nur, wie es steht.
Arv. Ganz gut, Monsör, ich danke für gütige Nachfrage, aber . . . . lebt wohl, Monsör, ich muß gehen.
Jean Was willst Du sagen mit diesem Aber? Rasch, sprich, wie steht es? Du kriegst sonst ma foi Prügel.
Arv. Es steht Alles wohl, meiner Seel'. Aber Einiges steht auch verflucht übel.
Jean. Sprich nur dreist, Arv, ich schenke Dir auch einen Livre.
Arv. Nein, Monsör, Leber ess' ich nicht, die geb' ich jedesmal dem Hunde, so oft ich sie kriege. Aber will Monsör mir vielleicht was zu einer Kanne Bier schenken?
Jean. Sieh her, da sind zwei Mark, das war dasselbe, was ich vorhin meinte.
Arv. Gramarci, Monsör.
Jean (zu Pierre). Was für ein dummes Vieh der Kerl doch ist, der wußte nicht einmal, was ein Livre de France ist.
Arv. Na da will ich Monsören nur warnen, daß Er sich bei Zeiten auf die Socken macht; Jeronimus hat schon nach den Nachtwächtern und Bettelvögten geschickt, um Ihn in Arrest 134 schmeißen zu lassen. Unser Herr hat ebenfalls seine Hand von Ihm gezogen und schwört darauf, daß Er ins Loch gesperrt werden soll, ein ganzes Jahr.
Pierre. Soll ich auch eingesperrt werden?
Arv. Nein, das hat keine Noth, Peter, Du sollst blos unterm Schandpfahl durchgehauen werden, und nachher kannst Du laufen, wohin Du willst.
Jean. Aber was ist da draußen für ein Lärm?
Ein Spieler (draußen). Ich will den Kerl lehren, sich aus dem Staube machen, ohne zu bezahlen!
Jean. Peste, was ist da zu machen?! Da kommt mir Einer auf den Hals, an den ich neulich hundert Thaler verspielt habe; sowie er den Rücken wandte, lief ich fort, denn ich konnte ihn nicht bezahlen.
Der Spieler (draußen). Entweder muß er sich mit mir schlagen, oder er muß mir mein Geld geben.
Pierre. Ach Herr, ich muß einen Augenblick fort, mir thut was noth; ich komme gleich wieder . . . .
Jean. Willst Du bleiben, Maraud? Ist das jetzt Zeit fortzulaufen, da Du siehst, daß ich angefallen werde?
Pierre. Ach mein Bauch, mein Bauch! Ich habe zu rasch auf den Kohl getrunken, das war mein Unglück.
(Läuft in einen Winkel und verkriecht sich.)
Der Spieler (draußen). Ich will ihn lehren, was das heißt, mit anständigen Leuten zu spielen!
Jean. Ach lieber Arv, kannst Du mir nicht helfen, mich zu verstecken? Ich will Dich belohnen als ein honnête homme.
Arv. Ich habe hier einen Sack bei der Hand, wenn Monsör sich dahineinstecken lassen will?
Jean. Es ist alles gleichviel, Arv, wenn ich mich nur verstecken kann.
(Arv steckt ihn in den Sack und setzt sich darauf, wie auf ein Packet.) 135
Der Spieler. Arv. Jean. Pierre im Versteck.
Der Spieler. Ich will meiner Seel' heut Abend nicht zu Bette gehen, bis ich ihn gepackt habe! Es ist mir weniger um das Geld, als um das böse Exempel, das Andere sich daran nehmen können, aus dem Spiel zu laufen, ohne zu bezahlen!
(Jean in dem Sack fängt an zu zittern.)
Arv (schlägt ihn und sagt). Lieg' still oder Dich holt die Schwerenoth.
Der Spieler. Mit wem sprichst Du, Kamerad?
Arv. Ich spreche mit meinem Sack.
Der Spieler. Mit Deinem Sack? Was hast Du denn in Deinem Sack?
Arv. (wird ängstlich und stammelt). Ich habe meiner Seel' nichts drin als Butter.
Der Spieler. Butter in dem Sack, auf dem Du sitzest? Das ist nicht möglich.
Arv. Nein, es ist wahr, es sind Lichter.
Der Spieler. Lichter? Das ist ja noch toller.
Arv. Nein, es ist wahr, ich versprach mich, es sind feine Spitzen.
Der Spieler. Das muß ja ein verwünschter Haufen Spitzen sein; das hängt nicht richtig zusammen, das sind gewiß gestohlene Sachen.
Arv. Nein, es ist wahr, es sind Erbsen.
Der Spieler. Du bist ein Dieb, ganz gewiß, ich merk' es schon. Fort, laß mich sehen, was Du da hast?
Arv. Es ist gewiß nicht Hans Franzen, Monsör. ich will Euch einen Eid darauf leisten; wie sollte Hans Franzen dazu kommen, in einem Sack zu stecken?
Der Spieler. Ha ha, nun sollt Ihr noch sehen, nun komme ich doch noch zu meinem Gelde . . . . Sieh da, Monsieur Franzen, seid Ihr hier? Das ist mir ja recht angenehm. Hier habt Ihr nun die Wahl zwischen zwei Dingen: entweder Ihr bezahlt mir sofort mein Geld, oder Ihr schlagt Euch. 136
Jean. Monsieur! je n'ai point d'argent.
Der Spieler. Monsieur, Französisch verstehe ich nicht, wir wollen uns auf Dänisch schlagen. Rasch: zieh! oder Geld!
Jean. Ich will Ihm eine Verschreibung geben, Monsieur.
Der Spieler. Keine Redensarten: Geld her oder sich schlagen!
Arv. Schuft, wer länger hier bleibt! (Läuft fort.)
Jean. Ach Monsieur, habt doch Geduld mit mir, Ihr sollt ja das Geld gewiß noch kriegen.
Der Spieler. Ich verlange nichts, als daß Ihr zieht!
Jean Monsieur, hier habt Ihr meine Uhr.
Der Spieler. Die ist gut, die nehm' ich für vierzig Thaler; nun gebt noch Rock, Weste und Hut her, so will ich mich als bezahlt ansehen.
Jean. Ihr werdet doch, hoff' ich, nicht haben wollen, daß ich nackt gehen soll?
Der Spieler (zieht seinen Degen). Allons! Rock, Weste und Hut her, oder sich schlagen! (Jean zieht Rock und Weste aus und giebt dem Spieler mit dem Hut auch zugleich die Perücke.) Monsieur! votre très humble serviteur! Quittire dankend. (Ab.)
Pierre (kommt aus dem Versteck). Ach Monsieur, nun seid Ihr ja so nackt, als ob Ihr aus Mutterleibe kämt? Was für ein Unglück doch das Spiel anrichtet!
Jean. Ei nun, bitte sehr, mit Hosen, Schuhen und Strümpfen kommt man doch, so viel ich weiß, nicht zur Welt. Aber Du Poltron, wollt' ich Dir thun, wie Dir gebührt, so müßt' ich Dir den Kopf spalten; ist das nicht unverantwortlich, so Deinen Herrn zu verlassen?
Pierre. Es ist wahr, ich wollte selbst, daß ich hätte können da bleiben und so tapfer fechten wie Monsieur. Allein ich riskire jedesmal eine Ohnmacht, sowie ich einen bloßen Degen sehe.
Jean. Allons, retirons nous à la Madame la Fleche, die wird uns wol in Protection nehmen; Du weißt ja, wo sie wohnt?
Pierre. Ich? Woher sollt' ich das wissen?
Jean. Ach, was sind das doch für grobe und unpolirte Leute, unter denen wir wohnen! Ach Paris, Paris! Wären 137 wir nur erst wieder in Paris, Pierre! Mais voilà, Madame la Fleche's valet de chambre, Monsieur d'Espang!
Espen. Jean. Pierre.
Espen. Ich suche Monsieur Jean de France, aber er ist nirgends zu finden; ich habe nach ihm gefragt in seines Vaters Haus, ich habe nach ihm gefragt bei . . . . . Aber da ist er ja sammt seinem Bedienten. Monsieur, Madame La Fleche läßt ihren gehorsamen Respect vermelden und hat mir diesen Brief übergeben, bevor sie abreiste.
Jean Ist Madame La Fleche abgereist?
Espen. Ja, vor einer halben Stunde.
Jean. Warum reistet Ihr denn nicht mit?
Espen. Weil sie mich nicht mehr vonnöthen hatte.
Jean. Ist sie denn allein gereist?
Espen. Ja richtig, solche Damen allein reisen! Sie hatte nicht weniger als vier Lakaien mit sich, ich war blos so einstweilen der Sprache halber angenommen worden. Hier ist ein Brief, den sie mir für Monsieur übergab.
Jean (liest den Brief). Pierre!
Pierre. Monsieur!
Jean Wir sind oben drauf, hoch in den Lüften.
Pierre. Sollen wir denn gehängt werden?
Jean Wie Madame La Fleche schreibt, hat sie von meinem Verdruß gehört und mag deshalb nicht länger hier bleiben. Aber ich soll sie in Hamburg bei Monsieur Gobere treffen, sie will mich mit sich nach Paris nehmen und mich in die glänzendste Lage versetzen. Wir müssen reisen, wie wir gehen und stehen; allons! dépêchons! Ich bin fertig, bestelle nur immer den Wagen; denn ich will nur einen Abschiedsbrief an meinen Papa schreiben. Adieu mon cher Monsieur d'Espang! Je vous rends mille graces pour votre civilité (Jean und Pierre ab.) 138
Espen. Marthe.
Espen. Marthe, komm her, der Narr ist fort!
Marthe. Ging das nicht herrlich? Mußt Du nicht einräumen, Espen, daß ich eine habile Person bin?
Espen. Ja, kleines Mamsellchen, wenn Glück bei Verstand ist, lassen sich große Dinge mit geringer Kunst ausführen. Eure Intrigue war meiner Treu' keine Hexerei, Eure Absicht war nur, Hans Franzen noch französischer und närrischer zu machen, als er schon war. Die wahre Ursache zu Antonius' Glück seid eigentlich nicht Ihr, sondern eine Prügelei. Es geschieht wol öfters, daß Einer etwas weislich überlegt, ein Anderer dagegen fängt seine Sache ganz unbesonnen und thöricht an: aber wenn Glück und Unglück dazwischen kommen, so kann es so ausfallen, daß der Erstere für einen Dummkopf gehalten wird und der Andere für einen weisen Mann. Denn die Welt urtheilt nicht nach der Absicht, sondern allein nach dem Erfolg.
Marthe. Das bleibt sich gleich, da geht es mir wie manchen großen Generalen: wenn die eine Schlacht gewinnen, so werden sie auch dargestellt als große und einsichtsvolle Männer: und doch, wenn man alle Umstände näher prüft, so verdanken sie ihren Sieg und ihre Ehre nicht selten reinen Zufälligkeiten, an die sie selbst nicht im Mindesten gedacht haben. Die Welt wird nun einmal vom Glück regiert und das Glück ist eine Schlumpe.
Espen. Marthe, Du sprichst wie ein Engel, Du bist so gelehrt, daß Du Bücher schreiben könntest; ließe man Dich studiren, Du würdest noch die zweite Brigitte TottEin berühmter dänischer Blaustrumpf, besonders bekannt durch eine Uebersetzung des Seneca (oder, wie Marthe sagt, »Senecus«), die 1658 in prachtvoller Ausstattung zu Soröe erschien. A.d.Ü..
Marthe. Ja, ja, ich lese mitunter im Senecus.
Espen. Ja, das merk' ich schon seit einiger Zeit.
Marthe. Wie so denn?
Espen. Ja weil unsere Grütze, die wir zu Abend kriegen, entweder nicht gar oder angebrannt ist. Ich schätze gelehrte Frauenzimmer sehr, aber zur Frau oder zur Haushälterin mag ich sie nicht haben.
Marthe. Ei Possen! Aber da kommen die beiden Alten. 139
Jeronimus. Franz. Marthe. Espen. Ein Knabe.
Jeronimus. Nein, die Sache laß' ich nicht stecken, Nachbar! Ihr thut nicht recht, einen solchen verlorenen Sohn noch zu vertheidigen.
Franz. Ich vertheidige meinen Sohn nicht mehr, ich will ihn nie wieder vor Augen sehen, ich spreche nur für mich selbst; denn wenn Ihr ihn beschimpft, beschimpft Ihr die ganze Familie. Weg da, Junge, was hast Du hier zu thun?
Der Knabe. Da war Einer, der gab mir einen Brief auf der Straße, ihn dem Herrn zu bestellen. (Ab.)
Franz (liest). »Madame La Fleche, eine vornehme französische Dame, hat mich zu gut für dieses Land gefunden und mich deshalb mit sich nach Frankreich genommen. Ich habe mich im Auslande an Artigkeit und Galanterie gewöhnt und kann es daher unmöglich bei solch gemeinem und grobem Volke aushalten, wie meine Familie ist. Ich komme nicht wieder; wollt Ihr mir schreiben, so könnt Ihr den Brief adressiren: à la Madame la Fleche, Dame très célèbre et très renommée dans la France. Der Brief muß französisch geschrieben sein, denn in wenigen Monaten habe ich mir vorgesetzt, kein Wort dänisch mehr zu verstehen. Die Aufschrift auf dem Briefe aber muß so lauten: A Monsieur Monsr. Jean de France, gentil-homme et grand favorit de la Madame la Fleche, Courtisane très renommée, dans la Cour de France. Briefe ohne diese Aufschrift schicke ich unerbrochen zurück. Je suis le Votre: Jean de France, gentil-homme Parisien. Copenh. d. 18. Majus...«
Jeronimus. Wollt Ihr ihn noch für Euern Sohn anerkennen? Hab' ich nun nicht die Freiheit, meine Tochter zu geben wem ich will?
Franz. Ja gewiß.
Jeronimus. Ich habe sie mit Jesper Lorenzens Sohn versprochen.
Franz. Das ist ein wackerer junger Mensch; ich gratulire. 140
Jeronimus. Lasse der Nachbar sich überreden, zur Hochzeit zu kommen und guter Dinge zu sein.
Franz. Ganz gewiß; meinen Sohn hab' ich mir schon aus dem Sinn geschlagen.
Jeronimus. Daran thut Ihr Recht.
Franz. Was mich am meisten ärgert, das ist auseinanderzukommen mit solchem guten wackern Manne, wie Ihr, dem ich mich durch Verwandtschaft zu verbinden hoffte.
Jeronimus. Ei Nachbar, Eure Tochter Lisbeth ist ja erwachsen?
Franz. Ja das ist sie.
Jeronimus. Mein Sohn Jochen ebenfalls, kann das nicht eine neue Verwandtschaft geben?
Franz. Ja, wenn Ihr meint, so kann das schon gehen.
Jeronimus. Da habt Ihr meine Hand darauf, daß er ihr Mann werden soll; er hat sie meiner Seel' schon auf dem Korne, das hab' ich schon gemerkt.
Nun, Nachbar, für ein ander Mal Scheint mir's doch mehr zu passen, Man giebt den Söhnen rasch ein Weib, Als sie erst reisen lassen. Es zeigt sich ja die Lehre klar Seht andre Nationen an: Daß sie verlernen dänisch Wort, Und kommt man ohne Reisen denn Was nützt es, große Sprünge bis |