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Mottetti

1

Was ich euch hiermit beschere,
Kleinigkeiten sind's zum Lachen,
Scherze für die Etagère
Und poet'sche Nippessachen.

Hier und da ist nun ein Sprüchlein
Freilich etwas ernst geraten;
Doch dies mag dem kleinen Büchlein
Eben nicht besonders schaden.

2

Wer den Ernst allein für Weizen
und den Scherz für Unkraut hält,
Findet dieses Büchleins Acker,
Fürcht' ich, herzlich schlecht bestellt.

3

In Belagrungszustand will ich
Euer junges Haus erklären,
Und mit frischen Dichterrosen
Bombardierend es verheeren.

Rosen sind die schönsten Blumen,
Die die Erde mag besitzen;
Doch verzeihen müßt ihr freundlich,
Wenn einmal die Dornen ritzen.

4

Mit dem meisten Schmerz empfunden
Werden nicht die tiefsten Wunden.
Ihr vermerkt es arg und bitter,
Ist im Aug' ein Stäubchen Erde;
Unterm Nagel nur ein Splitter
Macht die grimmigste Beschwerde.

5

Ungereimtes gibt's im Leben
Nun einmal gar mancherlei;
Mühe hab' ich mir gegeben,
Wie auch dies zu reimen sei.

*

Der Poeta macht seine Reverenz

Fein aufgeputzt, im allerneusten Fracke,
Mit frischen Glaçés, unterm Arm die Claque,
In seidnen Strümpfen und mit leisen Tritten
Komm' ich zu euch, Vermählte nun, geschritten!
Zu sanftem Wohllaut zwing' ich meine Sprache
Und flüstre leis; wohl weiß ich, was ich wage.
Brautleute sind ein ganz besonder Völkchen.
Da glänzt der Himmel blau mit goldnen Wölkchen,
Und nicht genug, er hat auch dies noch eigen:
Dazwischen hängt es voll von lust'gen Geigen.
Da ist nun sehr die Frage, ob mein Sang
Auch stimmen wird zum Himmelsgeigenklang.

Doch ja, es sei! Ich kann euch schon beschenken,
Wollt ihr zuvor nur eines mir bedenken.
Seht, bis dorthin, wo rein der Himmel blauet,
Wo ihr sogar jetzt goldne Geigen schauet,
Ist gar zu weit. Ihr könnt mir nicht verneinen,
Daß große Dinge da viel kleiner scheinen.
Nicht alles sind dort lust'ge Violinen,
Gar mancher Brummbaß hängt dort zwischen ihnen;
Und just für solch ein garstig Instrument
Wär's gut, wenn sich ein sanftes Liedlein fänd'.

*

Definitionsghasel

Daß mich jeder recht verstehe,
Eh' im Text ich weitergehe,
Und daß jeder des Gedankens
Grundbegriffe deutlich sehe,
Daß auch keiner mir das Wort dann
Hinterher im Mund verdrehe,
Muß ich, als ein echter Deutscher,
Definieren erst die Ehe.
Süße Blüte reift im Herbste
Oft zu schnöder, herber Schlehe;
Auf die frohe Lust des Bechers
Folgt gar oft ein leidig Wehe,
Und nach lust'gem Tanze brennt euch
Morgens oft die wunde Zehe;
Also folgt auf heiße Liebe
Leider oft die kalte Ehe.

*

Verwahrung

Über die Kunst des Lebens hat Knigge geschrieben und andre,
            Freilich bezweifle ich sehr, ob ihr daraus etwas lernt;
Aber die Kunst der Ehe, das könnt ihr mir sicherlich glauben,
            Lehrt euch nicht Regel, nicht Buch, lehrt nur das eigene Herz.

*

Sonderbare Frucht

Wer die zarte Myrtenblüte,
            An dem schwanken Zweige schaut,
Wie sie sanft zum Kranz sich schmieget
            Um das Haupt der sanften Braut,
Sollte er es möglich glauben,
            Daß die reift zu harter Frucht,
Als Pantoffel, ungeniesbar,
            Bitter, herb und schwer an Wucht?

*

Die Adamsrippe

Um den Adam zu erschaffen,
Griff der Herr ein' handvoll Erde;
Doch ein Mannesripplein nahm er,
Daß die Eva fertig werde.

Daß die Frauen feineren Stoffes,
Läßt sich hierdurch klar beweisen,
Und daß man sie eleganter
Sollte Extrait d'Adam heißen.

*

Weinsberg

Mit den Männern auf den Rücken
Keuchte Weinsbergs Frauenchor,
Schwer belastet zum Erdrücken,
Aus dem Tor der Stadt hervor.

Edel war die Tat; gepriesen
Hat sie manches Liederspiel;
Doch verlangen auch für diesen
Dienst die Weiber gar zu viel.

Für so kurze Last und Plage
Fordern sie tagtäglich nun,
Daß man sie auf Händen trage,
Ohne jemals auszuruhn.

*

Das häusliche Gewitter

1

Donnernd zürnt der Mann und blitzend,
Nimmt's mit Worten nicht genau;
Und in stiller Ecke sitzend
Tränenregen bringt die Frau.
So ist das Gewitter fertig,
Aber häßlich, widerwärtig.

2

Wenn ein derbes Ungewitter
Über Berg' und Täler fegt,
Sproßt und grünt und blüht es allwärts,
Lebenslustig angeregt.
Doch ein häuslich Ungewitter
Macht die Luft nur dick und schwer,
Von Belebung, von Erquickung
Merkt man wahrlich nichts nachher.

3

Aber lieber tausendmal
Arger Guß und Blitzesstrahl,
Als ein Regen ohne Ende,
Nasser Boden, kalte Hände!
Besser noch ein derber Zank,
Wortes Wechsel frisch und frank,
Als ein wochenlanges Quälen,
Hetzen, Spötteln, Brummen, Schmälen.

4

Manches willig sich versagen,
Fremde Schwäche billig tragen,
Reicher Trost in schwerer Stunde,
Gleicher Mut für schlimme Kunde,
Fromm Vertrauen allerwegen
Und der Liebe voller Segen,
Dies sind eure Blitzableiter,
Und die Wetter ziehen weiter.

*

Der neue Roman

Lieber Freund! Nur hübsch geduldig!
Heute ist ein schlimmer Tag.
Eugen Sue allein ist schuldig;
Gott weiß, wie das enden mag!

Sieh, dein Frauchen dort im Sessel
Hält ein Buch in schöner Hand;
Leib und Seel' in dieser Fessel
Zauberkreis wie fest gebannt!

Und sie schlürft in heißen Zügen,
Starr der Blick, der Atem schwer!
Und sie trinkt sich kein Genügen,
Denn der Kelch wird nimmer leer.

»Lieber Engel, guten Morgen! –
Liebes Herzchen, gute Nacht! – «
Stille! Mach' dir keine Sorgen;
Schmeichelwort ist ohne Macht.

Heute kannst du gehen, kommen,
Zärtlich oder brummig sein;
Spiel' den Wilden, spiel' den Frommen,
Kaum hörst du ein Ja! ein Nein!

Fasten wird heut streng betrieben,
Küch' und Keller liegen brach;
Sankt Eugenius steht geschrieben,
Und das ist ein Feiertag.

Ein romantisch heißer Samum
Macht zur Wüste dir dein Haus;
Mancher schon verschmachtend kam um
In der Glut. – O Freund, geh' aus!

Meinst du wohl, du könntest lösen
Dornenrösleins Zaubertraum,
Oder des Schneewittchens bösen
Tiefen Schlaf? Ich glaub' es kaum.

Laß es gehn! Es wird schon enden,
Wie schon viel sein Ende fand;
Freilich von den fünfzehn Bänden
Liest sie erst den zweiten Band.

*

Häusliche Musik

David war ein fein gewandter,
Liebenswürd'ger Harfenist;
Aus dem Grunde recht verstand er,
Wie ein Zorn zu sänft'gen ist.

Wenn er seinen Liebespsalter
Anzustimmen nur begann,
Wurde Saul, der Speerehalter,
Gleich ein ganz traitabler Mann.

Aber glaubt ihr nicht, sein grimmer
Zorn wär' doppelt wild erwacht,
Wenn das Liedlein immer, immer
Hätt' geklungen Tag und Nacht?

Schöne Frauen! Ihr mögt haben
Glockenstimm' und Rosenmund;
Doch bedenkt bei all' den Gaben:
Allzu viel ist ungesund!

*

Der Pantoffel

1

In alten Heldentagen, im Anbeginn der Zeiten
Sah man die Recken selbst sich die Waffen zubereiten,
Sie schnitzten selbst die Bogen und härteten die Speere;
So heut noch unsre Frauen, sie schaffen sich die leichte Wehre.

2
Sie

Männlein, mach' es dir bequem!
Hier sind die Pantoffeln zwei.

Er

Wenn ich dieses Wort vernehm',
Ist Bequemlichkeit vorbei.

3

Christentum, Humanität
Überall geschrieben steht;
Doch wenn man's beschaut bei Licht,
Viel geändert hat sich nicht.
Freilich Sohlen, derb und schwer,
Tragt, ihr Frauen, jetzt nicht mehr;
Statt des Holzschuhs, ungeschickt,
Sind's Pantoffeln, reich gestickt.
Aber trotz der Blumenzier
Unverblümt noch herrschet ihr;
Trotz des Stoffs, so seidenreich,
Blieb Pantoffeldruck sich gleich.
Christentum, Humanität!
Was da all geschrieben steht,
Beim Pantoffelregiment
Hat es gar zu bald ein End'.

4
Amor, der Pantoffelschnitzer

Einst sah ich einen Knaben
Am Stamm der Myrte sitzen,
Und mit gelenken Händen
An einem Holze schnitzen.

Es lagen ihm zur Seite
Die Pfeile und der Bogen.
Ich sprach: »Du bist als Jäger
Gar jung schon ausgezogen.«

Er sprach: »Die Jagd ist lustig;
An Wild gibt's hier gar vieles,
Und meine Pfeile treffen
Genau ins Herz des Zieles.«

Ich sprach: »Du schnitzest wohl dir
Ein Schifflein da aus Rinde,
Ein Spielwerk fein und passend
So froh gemutem Kinde?«

Er sprach: »Ganz recht, ein Schifflein!
Ein Segler flott und flüchtig!
Und wer im Sturm dabei ist,
Wird seekrank, und das tüchtig.«

Ich sprach: »So wird's ein Becher,
Der dich am Quell soll laben,
Wenn mittags heiße Gluten
Dein Haupt getroffen haben?«

Er sprach: »Ganz recht, ein Becher!
Doch wird in schwülen Tagen
Der bittre Trank dem Trinker
Als Labung schlecht behagen.

Was Schifflein und was Becher!
Du bist auf falscher Fährte.
Geh! Laß mich, daß vollendet
Bald der Pantoffel werde!«

*

Die Frau schmollt

1

Wenn über grüne Felder
Ein Wolkenschatten fliegt,
So ist der lust'ge Sommer
Noch lange nicht besiegt.

Und wenn ein schönes Auge
Recht trüb und schmollend blickt,
Geduld! Ein kleines Weilchen!
Wie's wieder schelmisch nickt!

2

Augen, die recht bitter grollen,
Sind gar bald die freundlich hellsten;
Lippen, die recht finster schmollen,
Sind zu Küssen oft die schnellsten.

3

Höre, Freundchen, sage nimmer
Deiner Frau, wie es verschönt,
Wenn ein Weib in Tränenschimmer
Lächelnd wieder sich versöhnt.

Vorsicht! Sonst ist dir beschieden,
Daß den lieben langen Tag
Kleinen Krieg und kurzen Frieden
Sie zu Hause spielen mag.

*

Die Nerven

Herr Haustyrann, nimm dich in acht!
Es wird mir um dich bange.
Gestrenger Herren stolze Macht
Regiert nie allzu lange.

Dich kann dein Weib, wie Spreu der Wind,
Von deinem Throne werfen.
Du weißt noch nicht, was Nerven sind,
Was schwache Frauennerven.

Da kommt der Medicus herbei,
Und sagt, Madam sei kränklich;
Wie nötig eine Badkur sei,
Die Sache sei bedenklich.

Bis sie die tausend Brünnlein all
Durchplätschert und durchschwommen,
Bis dahin ist zu schnödem Fall
Dein Hochmut längst gekommen.

Bis die Gewässer all von ihr
Durchnippt sind und durchkostet,
Ist auch dein eisern Szepter dir
Zerbrochen und verrostet.

*

Die Frau weint

Ihr Frauen sagt, ihr wäret ohne Waffen
Und ohne Schutz und ohne jede Wehr,
Zum Dienen und Gehorsam nur geschaffen.
O sprecht nicht so! Verstellt euch nicht so sehr!

Ein freundlich Lächeln kann schon vieles wenden,
Ein schmeichelnd Bitten schließt sich mächtig an,
Und eine Träne kann den Kampf beenden;
Aus dem Gebieter wird ein Untertan.

*

Der Ball

1

Es dreht die Welt sich,
Es dreht das Glück sich,
Es dreht das Geld sich,
Es dreht der Blick sich,
Es dreht sich Rad und Stern,
Es dreht sich Gunst der Herrn.
Wer will's den Frauen
Deshalb verdenken,
Wenn sie im Tanze
Sich drehn und schwenken?

2

Guter Mann! In stillen Ecken
Reib' dein Auge, daß es wacht,
Oder laß dich morgen wecken;
Eben schlägt's erst Mitternacht.

Sonder Rast, hinauf, hinunter
Dort das Weiblein fliegt und walzt,
Wie ein Fischlein frisch und munter,
Das in kühler Welle schnalzt.

Ja, so geht's! Bald laut, bald leise
Hast du oftmals schon geklagt:
»Wankelmut ist Frauenweise,
Und wir Männer sind geplagt.«

Sieh, wie töricht deine Klagen!
Deine Frau ist fest und klug;
Wo ihr Lied und Takt behagen,
Ist sie konsequent genug.

3
Sie

Flüchtige Reihen geschmückter Genossen,
Alle von blendendem Lichte umflossen,
Seliges, fröhliches Heben und Schweben;
Leben ist Tanzen und Tanzen ist Leben.
Mich hält ein Märchen voll Zauber und Wonnen
Rauschend in herrlichen Liedern umsponnen.
Einst will ich lächelnd den Enkeln es sagen:
So war ich jung in vergangenen Tagen!

Er

Bauschende, rauschende Prachtgewänder,
Goldene Blumen und flatternde Bänder,
Kohlschwarze Röcke, polierte Schuhe,
Überall Drängen und nirgends Ruhe,
Dann eine Luft wie im Lande der Mohren,
Pauken und Blasen zum Sprengen der Ohren,
Menschengedünste, glutheißes Schnaufen,
Patschouliqualm, um davon zu laufen;
Dann Komplimente, plattleere und fade,
Aber zur Stärkung ein Glas Limonade;
Ferner getretene Hühneraugen,
Um den Geist in die Luft zu hauchen,
Endlich der Brodel in rasendem Tanzen
Umgerührt zum abscheulichen Ganzen!
Ist man solch himmlischen Freuden und Wonnen
Wirklich gesund und lebendig entronnen,
Kann man den Enkeln erzählen und sagen:
So war ein Ballfest in unsern Tagen!

*

Das neue Kleid

Deine Frau verlangt ein neues
Schönes Kleid und allerlei;
Denn sie sagt, ihr Herz erfreu' es.
Wenn du kannst, so schaff's herbei!

Was sie fordert, ist gebührlich,
Es ist Sprache der Natur,
Und sie folgt nur ganz natürlich
Ihrer guten Mutter Spur.

Eva war ein Kind der Erde.
Als bewährter Satz steht fest,
Daß sich Neigung, Sinn, Gebärde,
Alles treu vererben läßt.

Jedes Jahr seit tausend Jahren
Steht die Erde neu geschmückt,
Und wie auch die Zeiten waren,
Niemals ist ihr Putz mißglückt.

Wie die Erde, so die Frauen!
Und die Deine will ja nur,
Was sie stets bekam zu schauen
An dem Mütterchen Natur.

*

Der Hausfreund

An der Grenze Schutz und Zoll!
Einfuhr frei von allen Seiten!
Wer da Recht behalten soll,
Hüt' ich wohl mich zu entscheiden.

Ob da Wolle, Eisen, Twist,
Speck und Fleisch und Tuch und Soda
Frei ins Land zu führen ist,
Davon weiß ich nicht ein Jota.

Eine Ware nehm' ich aus.
Wollt ihr nicht den Schaden spüren,
Achtet wohl, wen ihr ins Haus
Wollt als Freund des Hauses führen.

*

Kleiner Hausrat

1

Glaube mir, so schwer ist's nicht,
Einen Gatten zu beglücken;
Sieh, ein freundlich Angesicht,
Es genügt, ihn zu entzücken,
Und ein einfach Leibgericht
Kann ihn ganz und gar berücken.

2

Schmutz'ge Schüsseln, sie verleiden
Auch den allerfeinsten Bissen,
Zierlich gib, und gib bescheiden,
Und dein Gast wird nichts vermissen!

3

Es ist das Haus der Spiegel deiner Seele,
Drum sorge stets, daß nie die Ordnung fehle.
Wo allerwärts auf Stuhl und Tisch
Von Kleidern, Schuhen, Strümpfen ein Gemisch,
Da ist auch nichts an seinem rechten Ort,
Nicht Mann, nicht Frau, nicht Tat, nicht Wort;
So unbehaglich ist's, als wär'
Im Leibe selbst die Seele quer.

4

Willst du wissen, wie es steht
Mit des Hauses Sinn und Denken,
Darfst du nicht ins Prunkgemach
Forschend deine Schritte lenken.
In die Küche schau hinein,
In die Winkel und die Ecken!
Dort wird oft verborgen sein,
Was man gerne möcht' verstecken.

5

Beneidet mir die Männer nicht,
Daß sie die Welt regieren,
Dieweil sie sich bei der Geschicht'
Gemeinlich sehr blamieren.
Und schaut ihr noch genauer zu,
So sind es Marionetten,
Von Frauenhand in aller Ruh
Gelenkt an Rosenketten.

6

Der Mann soll sagen dir die Wahrheit frei;
Nur sorg' er, daß es mild und schonend sei.
Auch du sprich offen, wie du denkst, und wahr;
Doch sei dein Wort voll Anmut immerdar!

7

Hüte dich mit tausend Sorgen
Vor dem ersten, kleinsten Zwist!
Fünkchen heute, Flamme morgen,
Bis nicht mehr zu löschen ist!

8

Mit gift'gem Weib ist lebenslang gequält,
Wer sich sein Weib der Mitgift wegen wählt;
Denn Gift bleibt Gift, von welcher Art es sei,
Und solche Hochzeit ist Giftmischerei.

9

Über andre soll gebieten
Nur, wer sich gebieten kann.
Wer sich selbst beherrscht, erkennt nur
Fremdes Recht zu herrschen an.
Wer sich selbst gehorcht, der weiß nur
Wie oft schwer Gehorsam ist,
Und wie man die eignen Schwächen
Bei dem andern gern vergißt.

*

Doppelgebet

Behüt' uns all' der Herr in Gnaden
An Leib und Seel' vor jedem Schaden!
Das Essen mög' er den Frauen sparen,
Wenn ihre Männer die Köche waren;
Den Männern aber nun gar das Lesen,
Wenn die Frauen sind eines Buchs genesen!

*

Die angebrannte Suppe

Ihr Frauen, eins bedenket mir!
Wir Männer sind so übel nicht,
Und kennen unsre Christenpflicht:
Wir tragen viel und dulden still,
Wenn uns der Himmel prüfen will;
Wir beugen unser stolzes Haupt
Gleichwie der Baum, den Sturm entlaubt.
Trifft uns ein eisernes Geschick,
Wir blicken drein mit festem Blick;
Wir sind, ja, Frauen, glaubt es nur,
Die Musterwesen der Natur.
Doch bei der kleinsten Kleinigkeit,
Wenn sie uns fehlt zu rechter Zeit,
Bei der geringsten Lumperei
Ist unser Gleichmut gleich vorbei,
Da wird der Unmut heftig laut,
Da fahren gleich wir aus der Haut.
Habt ihr die Suppe angebrannt,
Ein Unglück ist's fürs ganze Land.
Ihr Frauen, das bedenket mir!

*

Der Brummbär

Den plumpen Bären soll man schießen,
Soll ihn in tiefe Gruben schließen.
Doch wenn der Mann den Brummbär macht,
Dann, Frauen, denkt der schlauen Jagd,
Als einst Münchhausen ritterlich
Den Pfahl mit Honigseim bestrich!
So könnt auch ihr mit Honigworten,
Mit Redezucker und mit Schmeicheltorten
Den Griesgram sicherlich zum Schweigen bringen;
Und sollte dennoch nicht der Fang gelingen,
Dann mag das Gegenteil empfohlen sein,
Dann schließt einmal das Honigtöpfchen ein!
Er kommt gewiß und fleht und bittet,
Und tut gezähmt, manierlich und gesittet;
Denn ohne Naschwerk, ohne Leckerei
Besteht kein Bär, von welcher Art er sei.

*

Die Doppelseele des Mannes

Es hat gar mancher Mann der Seelen zwei,
Sie wechselnd regelmäßig mit den Kleidern;
Im Staatsrock lebt er liebreich mit der heitern,
Im Schlafrock aber steckt die Krittelei.

Ja, wüßte man nur, wie's zu machen sei,
So hielten sich die Frauen mit den Schneidern,
Und führten mit den Menschenschicksalsleitern
Die wunderbarste Ändrung schnell herbei.

Dann würde in den Schlafrock gut und fest
Die heitre Seelenhälfte eingeschlagen;
Im Staatsrock hab' der finstre Geist sein Nest.

Der Vorteil, liebe Frauen, wär' kein kleiner:
Im Schlafrock lebt man sechs von sieben Tagen,
Und für die Krittelseele blieb nur einer.

*

Sonderbare Teilung

Eines scheint mir ungenau,
Schwer der Grund zu kennen:
Warum mag der Mann die Frau
Ehehälfte nennen?
Da er von sich selber nicht
Als der andern Hälfte spricht,
Wär' zu achten wohl erlaubt,
Wo er die zu finden glaubt.

*

Die rechte Führung

Wenn es abends auf den Gassen
Regnet, daß sie Sümpfen gleichen,
Mußt du's weislich unterlassen,
Deiner Frau den Arm zu reichen.

Gehst du selbst auf trocknen Steinen,
Tritt die Frau in alle Pfützen;
Suchst du dann für sie die reinen,
Wirst du dich und sie bespritzen.

Darum merk' es dir, mein Bester!
Immer helfen will nichts taugen,
Und wir stehen oftmals fester,
Wenn wir keinen Stab gebrauchen.

*

Die Zigarre

1

Den stolzen Göttern gleichen will der Mann,
Anbetend soll das Weib ihn still verehren;
Sie blicke ihn in frommem Glauben an,
Und alles andre, das sind Ketzerlehren.

Das Weib, es lacht die hohe Gottheit aus,
Und wirft mit Schäkern um das Weihrauchbecken;
Da steht der Gott verlassen in dem Haus,
Und statt Gebeten hört er spöttisch Necken.

Verlaß'ner Gott, wie dich die Langweil' quält!
Du singst dir selbst ein preisendes Hosianna;
Und daß dem Gott der Wirbelduft nicht fehlt,
Greifst du dich selbst beräuchernd zur Havanna.

2

Alle Arten von Geschäften
Treibt man jetzt mit Dampfeskräften:
Schiffe, Mühlen, Heizung, Bleichen,
Webstuhl, Presse und dergleichen.

Wenig fehlt nur, daß die Ehen
Auch noch dampfgetrieben sind,
Seit wir an den Männern sehen,
Daß sie Dampfmaschinen sind.

3

Liebe Frau, nur mild und leise!
Zürne nicht in schroffer Weise!
Ist der Rauch dir arg verhaßt,
Nur die Sache zart erfaßt!

Sieh, allmächtig sind die Frauen
Im Zerstören, im Erbauen;
Was ein Weib nicht fertig bringt,
Selber keinem Gott gelingt.

Die ein Herz zu Flammen fachen,
Oder frostig starrend machen,
Haben Mittel doch zur Hand
Gegen der Zigarre Brand.

Wolle nur die Weihrauchspenden
Süßer Schmeichelei verschwenden!
Treib ein wenig Götzendienst,
Und gib acht nur: du gewinnst!

Dinge gibt es hier auf Erden,
Die sich nie vertragen werden;
So Zigarre oder Kuß,
Eins dem andern weichen muß.

4

Weil die Frauen Engel sind,
Muß der Mann sich auch bestreben,
Daß sie hier auf Erden schon
wie im Wolkenhimmel leben.

*

Das Wirtshaus

1

Sei des Hauses schmucke Wirtin,
Richte wirtlich alles ein!
Deinem Gatten wird sein Haus dann
Auch das liebste Wirtshaus sein.

2

Gott der Herr ließ Reben wachsen,
Daß man kelt're süßen Wein;
Und der Wein, den man gekeltert,
Der muß doch getrunken sein.

Unterm kalten Sternenhimmel
Kann dies nimmermehr geschehn,
Folglich will es Gottes Ordnung,
Daß wir in das Wirtshaus gehn.

3

Wenn das Trinken gilt für Beten
Und die Schenke als Kapelle,
Sitzt der Männerchor im Himmel
Einstens vorn an bester Stelle.

Doch da schwerlich so gezählt wird
In dem schönen Jenseitslande,
Schmuggeln uns die Frauenengel
Ein vielleicht als Konterbande.

4

Horatius, Anakreon,
Uralte Dichter, priesen schon
            Die Liebe und den Wein.
Und Liebesrausch und Weinesglut
Sind nimmer echt und nimmer gut,
            Verglühen sie allein.

Die Liebe ist ein Wunderbaum,
Die Last der Blüten trägt er kaum
            Und all den goldnen Schein;
Doch steht er gar in heißem Land
Und muß von treu besorgter Hand
            Gar oft begossen sein.

Auf jedem Wirtshausschilde sitzt
Der Liebesgott, sein Pfeil, er blitzt
            Aus jeder Flasche Wein.
Drum zürnt uns nicht und seid nicht wild,
Es lockt ja doch nur euer Bild
            Den Blick ins Glas hinein.

*

Eifersucht

1

Von allen gift'gen Schlangen,
Die du im Herzen trägst
Und die du wahnbefangen
Mit Sorgfalt hegst und pflegst,
Kannst du mir keine sagen,
So wachsend riesenstark,
Die so mit gier'gem Nagen
Sich einfrißt bis ins Mark,
Die so dem Baum des Lebens
Die Wurzeln knickt und bricht,
Daß Lenzluft ihn vergebens
Begrüßt und Sonnenlicht.

2

Wären alle Eifersüchtler
Wirklich Mohren von Venedig,
Klüger wär' es, wenn die Mädchen
Würden Nonnen, blieben ledig.

Doch sie können's kecklich wagen,
Zur Tragödie fehlt's an Helden;
Nur zum bürgerlichen Lustspiel
Werden sich Akteure melden.

Unsre Zeit blasiert phlegmatisch,
Leidet Mangel sehr an Feuer;
So ein Haushalt kostet viel jetzt,
Und das Holz ist gar zu teuer.

3

Auch mit tausend Argusaugen
Und im hellsten Lampenlicht,
Was wir nicht zu sehen brauchen,
Laßt ihr doch uns sehen nicht.

Darum scheint es, daß das Beste
Und das rätlich Klügste sei,
Wenn man schließt die Augen feste,
Nicht nur eins, nein, alle zwei!

*

Der Fluch des Hauses

Wehe dem Unglückshaus, von dessen verödeter Schwelle
            Zögernden Schrittes der Geist freundlicher Liebe entflieht.
Oftmals blickt er zurück, und es füllt sich mit Tränen das Auge,
            Weil, ach! zur Umkehr nicht ladet ein bittender Wink.
Noch in der Ferne einmal. Umsonst! Er bleibt ein Verstoß'ner.
            Trauernd verhüllt er das Haupt, wandelt die Straße und weint.
Aber da innen am Herd, am verlassenen, sitzet die Zwietracht;
            Schweigend mit lauerndem Blick stützt sie das Kinn auf die Hand,
Und die Flamme verlischt auf dem Herd im verderblichen Atem;
            Blickt sie ihn an, so verstummt plötzlich des Vogels Gesang;
Dort an dem Fenster entfallen der Rose die welkenden Blätter,
            Und von Gemach zu Gemach weht es mit fröstelndem Hauch.

*

Mahnung

Dem Spiegel gleicht der Ruf der Frau,
Ein Hauch schon macht ihn trüb' und grau;
Dem Farbenschmuck des Falters gleicht er,
Berühr' ihn unsanft, schnell verbleicht er.

Ein treues Weib soll nicht allein
In ihrem Wandel sittsam sein,
Es achte wohl die Seelenreine,
Daß sie der Welt auch sittsam scheine.

*

Der Zauberkreis

Aus der Rose quillt es leise
Rings in wunderbarem Duft,
Von der Kerze ziehn im Kreise
Reine Strahlen durch die Luft.

Edlen Frauen ist's gegeben,
Daß es um ihr stilles Sein
Mag wie Rosenatem schweben
Und wie goldner Kerzenschein.

Schönes, was sich dorthin wendet,
Wird zu Schönrem noch verklärt.
Höchstes Lob sei dem gespendet,
Was sich dort als echt bewährt.

Rohes wird da sanft gebändigt,
Schwere Last wird süß und leicht,
Was sich streitet, wird verständigt,
Das Gemeine aber weicht.

*

An der Wiege

Himmelsliebe lacht aus frommen
Kindesaugen euch ins Herz;
Aber Tage werden kommen,
Wo sich Liebe lohnt mit Schmerz. –

An dem Ufer angekettet
In dem Hafen liegt das Boot;
Sicher ruht es hier gebettet,
Wo nicht Sturm, nicht Klippe droht.

Leis geschaukelt von den Wellen
Schläft der Schiffer in dem Raum,
Und er träumt wohl einen hellen,
Wunderbarlich schönen Traum.

Er erwacht; löst rasch die Bande,
Zieht die Segel rüstig auf,
Grüßt noch einmal nach dem Strande;
Seewärts, pfeilschnell geht der Lauf.

An dem Ufer helles Johlen!
Manch ein hoch geschwungen Tuch!
Doch auch Tränen still verstohlen,
Und manch frommer Segensspruch.

Ob nun Glück das Fahrzeug lenken,
Fromm Gebet es schützen mag?
Freunde mögen's hoffend denken;
Lehren wird es einst der Tag. –

In der Stube wohlgeborgen
Steht ein Bettlein blüten weiß.
Still der Abend, still der Morgen,
Und der Mittag nicht zu heiß.

Und die Wiege hebt und senket
Sich, wie auf der Flut der Kahn;
Muttersorge sanft sie lenket,
Hält zu rasches Schwanken an.

Sieh, den blondgelockten Knaben,
Wie er schläft im engen Raum!
Ob ihm wohl gesendet haben
Engel einen goldnen Traum?

Segnend auf die Stirne legt ihm
Noch der Vater seine Hand,
Und die Hand der Mutter hegt ihn,
Wo das Herz sie schlagend fand.

Doch auch er wird einst erwachen,
Fliehn des Hauses sichern Schutz,
Um in selbstgefügtem Nachen
Keck dem Sturm zu bieten Trutz.

Und die Wächter seiner Tage
Stehn am Ufer dann allein;
Segensspruch und stille Klage
Wird des Herzens Tröstung sein.

Ob dann Glück die Fahrt ihm lenken,
Fromm Gebet ihn schützen mag?
Beide mögen's hoffend denken;
Zeigen wird es einst der Tag. –

Himmelsliebe lacht aus frommen
Kindesaugen euch ins Herz;
Aber Tage werden kommen,
Wo sich Liebe lohnt mit Schmerz.

*

Hauskalender

Neujahrswünsche
Sie

Prost Neujahr!
Was ich wünsche, werde wahr!
Rauh und ernst, wie unser Ziel,
Ist auch streng oft unser Wort.
Zarter Frauensinn kann viel
Mildern hier und helfen dort.

Er

Prost Neujahr!
Was ich wünsche, werde wahr!
Ob's ein Schaltjahr sei, ob nicht,
Ist mir gänzlich einerlei,
Wenn es freundlich nur verspricht,
Daß es uns kein Scheltjahr sei.

*

Zwölf Monatsverse
für Herz und Haus

Januar

Guter Anfang, der ist schwer,
Gutes Ende oft noch mehr.
Besser ist in Schweiß beginnen,
Als in Tränen halten innen.

Februar

Fastnachtdienstag, Aschermittwoch!
Scherz und Ernst liegt dicht beisammen,
Wie sie auch gar eng verschlungen
Aus dem Menschenherzen stammen.

März

Märzviolen, Frühlingsboten?
Schelmen trau nicht ungemessen!
Leichtes Wort ist leicht gesprochen,
Doch noch leichter ist's vergessen.

April

Sprich nicht zu bald: So soll es sein!
Es trifft dich Täuschung allerwegen.
Dich lockt ein heller Sonnenschein
Gar oft hinaus in Sturm und Regen.

Mai

Pankratius, Servatius,
Zwei strenge Herrn Pastoren,
Sind schuld, daß manches grüne Kraut
Ganz blutjung ist erfroren.
Drum wenn du Kinder ziehen willst
An Leib und Seel' gesunde,
Magst du bald streng, bald milde sein,
Doch sei's zur rechten Stunde!

Juni

Der Juni bringt dem Jahr den längsten Tag;
Ob's auch dein schönster sei, ist noch die Frag'.
Kannst du dir sagen bei Beginn der Nacht:
Ein gutes Werk, ich hab' es heut' vollbracht!
Dann ist der Tag ein schöner; doch fürwahr,
Dazu ist lang genug der kürzeste im Jahr.

Juli

In den Julitagen wünschen
Wir des Winters Schnee und Eis,
Und im Frost des Winters hätten
Wir die Sonne gerne heiß.
Glücklich ist, wer sich bescheidet;
Doch so treiben wir die Dinge:
Fremdes Gut wird hochgeachtet,
Eignes Gute nur geringe.

August

Jenem Baum, in dessen Schatten
Du so ruhig schlummern kannst,
Den hat wohl dein Ältervater
Einst in frommem Sinn gepflanzt.
Sorge, daß dir's auch begegne,
Wenn dein Name längst entschwand,
Daß ein später Enkel segne
Dankbar deine Vaterhand.

September

Hat der Frost verschont die Saat,
Hagelschlag sie nicht vernichtet,
Kann sie noch ein Wetterstrahl
Zünden, wenn sie aufgeschichtet.
Arbeit tut es nicht allein,
Gottes Aug' muß wachsam sein.

Oktober

Die Trauben blühn und reifen sonder Eile,
Es klärt der Most sich langsam mit der Zeit.
Gut Ding will eben seine gute Weile;
Ein Narr ist, wer darüber tobt und schreit.

November

Trüber Himmel, rauhe Tage
Kommen sicher jedes Jahr;
Schwere Sorgen, harte Plage
Jedes Leben bringt sie dar.
Doch bedenkt, die heitern Stunden
Hätten nie euch so beglückt,
Hättet ihr nicht überwunden,
Was in trüben euch bedrückt.

Dezember

Er ist der letzte von zwölf Brüdern,
Des Jahres Pforte schließt er zu.
Was du gewonnen hast an Gütern
Und was verloren, zähle du!
Doch wäge strenger und besonnen,
Und schließ genaue Rechnung ab,
Was du an Weisheit hast gewonnen,
Und was an Torheit sich ergab.

*

Sieben Sprüche für die Woche

Montag

Ein heller Montag, er verspricht
Dir einen freundlich schönen Tag;
Beginn' die Woche streng in Pflicht,
Daß sie zufrieden enden mag.

Dienstag

Verlange von dir selber viel,
Und sprich zu dir: Ich will, ich soll!
Dem andern aber hilf ans Ziel,
Und sei im Fordern nachsichtsvoll.

Mittwoch

Des Menschen Wort ist nur ein Hauch
Und flüchtig wie im Feld der Wind;
Doch kommt der Wind aus Norden auch,
Und Blumen welken so geschwind.

Donnerstag

Es fragt die Liebe nicht: Warum
Die Last so schwer, der Weg so weit?
Beredte Liebe bittet stumm,
Und ist mit Schweigen dienstbereit.

Freitag

Vertrau, was du an Schmerzen hast,
Dem andern, daß auf Trost er denkt;
Doch besser tut, wer still gefaßt
Es lächelnd in die Brust versenkt.

Sonnabend

Als Aschenbrödel schafft allein
Von sieben Schwestern dieser Tag.
Es soll ein Freund des Hauses sein,
Wer sich im Dienste quälen mag.

Sonntag

Du blickst zurück. Blick' auch empor!
Gott macht dein Auge klar und frei.
Wenn sich dein Pfad in Nacht verlor,
Weiß er, wo Ziel und Hoffnung sei.

*

Morgensegen

Alte Sorgen,
Neuer Morgen
Wollen nicht zusammenpassen;
Ruhig müßt ihr schlafen lassen,
Was euch plagte,
Als die Sonne gestern tagte.

*

Tischspruch

Wir beten um unser täglich Brot
Und was noch sonst dem Hause Not.
Das mag nun ganz bescheiden klingen,
Und war' so schwer nicht einzubringen.
Doch fragt man einen bei solchem Gebet,
Was er unter täglichem Brot versteht,
So erfährt man zum größten Erstaunen:
Er meint damit Trüffeln und Kapaunen,
Pasteten, Champagner und wilde Enten,
Und wenig Arbeit und fette Renten.

*

Abendsegen

Den Frieden gibt das Herz allein,
Sonst sucht ihr ihn vergebens;
Das Haus nur kann die Heimat sein,
Die Heimat eures Lebens.

Und wurde die euch fremd und fern,
So blickt zum Himmel beide,
Und betet, daß ein lichter Stern
Euch wieder heimwärts leite.

*

Hausmärchen

Die Zauberflöte

Es lebte einst ein Ehepaar,
Das schon gar manches liebe Jahr
In derbem Zank und herbem Streiten
Geschmeckt des Lebens Süßigkeiten.
Ihr war verhaßt, was ihm gefiel:
Was wenig ihm, war ihr zu viel;
Was ihm ein Schmerz, war ihr ein Spaß;
Sie nannte trocken, was er naß,
Und was sie mager, hieß er fett;
Saß er am Tisch, ging sie zu Bett;
Wollt' er nach rechts, zog sie nach links,
Und also täglich, stündlich ging's.

Doch wie es Winters kann geschehen
Daß plötzlich milde Lüfte wehen,
Daß durch die graue Nebelschicht
Des Himmels freundlich Angesicht,
Und sei's auch nur für kurze Frist,
Der Erde zugewendet ist,
So war mitunter auch beschieden
Den beiden Zänkern lichter Frieden
Und kurze Rast, wo arbeitsmatt
Die Zunge Ruhe nötig hat.
Als nun einmal die zwei Genossen
Solch müden Waffenstillstand schlossen,
Da kam man schließlich überein,
Es möchte wohl das Beste sein,
Des stillen Abends kleinen Rest
Zu feiern als ein Friedensfest.
Sie wollten, um recht auszuschnaufen,
Zusammen ins Theater laufen,
Wo Schweigen sich von selbst geböte.
Man gab des Mozart's Zauberflöte.
Sie saßen nun in Fried' und Ruh',
Und hörten dem Geigen und Pfeifen zu,
Und sahn die Affen und den Mohr,
Sarastro mit dem Priesterchor,
Die schwarze Königin der Nacht,
Die Löwen und die Feuerwacht,
Den Vogelfänger und die Schlang',
Und all die Pracht mit Kling und Klang;
Doch was den Zwei'n zumeist gefiel,
Das war Taminos Flötenspiel.
Der Vorhang fällt. Das Stück ist aus,
Und beide gehen dann nach Haus.

Der Mann jedoch im Stillen denkt:
»Die Flöte nähm' ich auch geschenkt;
Fing dann die Frau mir an zu rasen,
Wie wollt' ich sie zur Ruhe blasen!«
Die Frau in ihrem Herzen spricht:
»Ach, solche Flöte gibt es nicht!
Nach meiner Pfeife müßte dann
Mir tanzen der geliebte Mann!«
Und als sie nun mit solchen frommen
Gedanken an ihr Haus gekommen,
Erhob sich plötzlich dicht dabei
Ein jämmerliches Kampfgeschrei:
Gebell, Gepuste, Knurren, Reißen,
Getob' und Pfeifen, Kratzen, Beißen;
Es war ein Hund, der sich voll Wut
Mit einer Katze balgt' aufs Blut.
Kein Wunder, wenn ein solches Spiel
Den beiden Leuten sehr gefiel;
Sie schauten auch in aller Ruh'
Dem allerliebsten Schauspiel zu,
Und merkten nicht, wie zu der Stelle
Herschreitet fröhlich ein Geselle;
Wahrhaftig! einer der drei Knaben,
Die kurz vorher gesungen haben.
Die Flöte mit dem goldnen Band,
Er trägt sie wirklich in der Hand.
Doch kaum hat nun der junge Fant
Des Lärmens Ursach' hier erkannt,
Bringt er die Flöte flugs zum Mund.
Beim ersten Ton schon wird der Hund
Geschmeidig und besänftigt ganz,
Er wedelt freundlich mit dem Schwanz,
Er leckt der Feindin gar die Tatze,
Und still behaglich schnurrt die Katze,
Läßt allen Zorn und alle Tücken,
Reibt schmeichelnd sich am Hund den Rücken.
Zuletzt bei sanftem Flötenton
Ziehn beide fromm vereint davon.
Nun aber reicht dem Menschenpaar
Der Knabe seine Flöte dar,
Und spricht: »Was diese Flöte kann,
Ihr seht es eben selbst mit an,
Die Streitenden versöhnt sie schnell,
Den Zorn vertreibt sie auf der Stell',
Den Ärger macht sie mild und still,
Verschließt den Mund, der zanken will.
Da nun der Prinz sie nicht mehr braucht,
So meint er, daß für euch sie taugt;
Als ein Geschenk er sie euch spendet,
Daß Ihr zu Nutz sie euch verwendet.
Hier, nehmt das seltne Wunderding!«
Der Knabe sprach's und grüßt' und ging.

Ihr glaubt nun, daß fortan von heute
Wie Lämmlein lebten unsre Leute.
Ach, Gott bewahr! Nichts half es sie;
Zum Flötenblasen kam es nie.
War anfangs auch die Freude groß,
Geht doch der Tanz von neuem los.
Es sagt der Mann: »Nun, das ist klar,
Weshalb der Prinz freigebig war.
Er wird kein solcher Esel sein,
Daß er zum zweiten mal hinein
In Flamm' und Fluten wagt den Leib.
Und gar warum? – Pah! Für ein Weib!«
Worauf sie rasch erwidert nun:
»Und wenn er's täte, mag er's tun!
Sie läßt allein ihn sicher laufen,
Zum Brennen sei's, sei's zum Ersaufen.«
Nun bricht er los, der grimme Kampf,
Im Redesturm ein Schlachtgestampf,
Vom Pfeil des Spottes ein wechselnd Blitzen,
Und Keulenschlag von derben Witzen.
Da fallen Worte hageldicht,
Die Zunge haut, pariert und sticht;
Doch plötzlich hält er ein und schreit:
»Jetzt ist zum Flötenspiel die Zeit!« –
»Wie?« ruft sie. »Ha! was fällt dir ein?
Wenn einer bläst, muß ich es sein!«
Sie reißt in Wut aus seiner Hand
Die Flöte, wirft sie an die Wand;
Doch wie der Blitz im Ungewitter
Fährt er herbei, und hat in Splitter
Zertreten rasch das Instrument,
Und alles Blasen hat ein End'.

Seht! Löwen, Bestien, Ungeheuer
Und Wellenbrandung, gierig Feuer,
Das alles war zur Ruh' gebracht,
Verträglich, sanft und zahm gemacht;
Doch Weiberzorn und Gattengrimm
War für die Flöte viel zu schlimm.

*

Treu im Leben, treu im Tod

Das Hüttlein steht verlassen,
Das Stübchen ist still und leer,
Im Garten, wo sie saßen,
Da sitzen sie nimmermehr.

Es waren so alt die beiden,
Ihr Haupt so weiß wie Schnee,
Sie waren zu allen Zeiten
Getreu in Lust und Weh.

Sie saßen noch gestern im Grünen
Und hielten sich Hand in Hand,
Da trat der Tod zu ihnen,
Ein Bote aus goldnem Land.

Nicht lieblos hat er zerschnitten
Das alte treue Band,
Er kam so leicht geschritten:
Sie hielten sich Hand in Hand.

Zwei stille Gräber, sie liegen
Beisammen dicht am Chor;
Zwei Rosenbüsche, sie stiegen
In jüngster Nacht hervor.

Ein roter und auch ein weißer,
Voll Blüten alle zwei;
Durchflochten waren die Reiser,
Als ob es nur einer sei.

Und auf den Zweigen sangen
Zwei Vöglein so hell und rein,
Und flogen dann lichtumfangen
Weit weit in den Himmel hinein.

*


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