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II

Eine alte Reisekalesche hielt vor dem Tor. Sie bot ein erbarmungswürdiges Bild. Verschlissen und jämmerlich verbeult der Wagenkasten, Strohsäcke statt der Polster, an der Wagendeichsel ein einziges, abgetriebenes Pferd, das die Beine spreizte und in den Flanken ohnmächtig zitterte. Einen mitleidigen Blick warf der Hausherr auf das Tier, einen mißbilligenden auf den Kutscher, der störrisch den Hut rückte und den Mund zu einer knurrenden Anrede öffnete. Aber der Hausherr beachtete ihn schon nicht mehr. Er war an den Wagen herangetreten und blickte in das Innere.

»Ich wünsche einen guten Morgen,« sagte er. »Kann ich Ihnen mit irgendeiner Sache dienen?«

Vier Menschen saßen zwischen Schachteln und Reisetaschen eingezwängt im Wagen. Auf dem Vordersitz eine schmale, blasse Frau mit fiebrig blickenden Augen. Neben ihr, aufrecht und frisch, ein achtjähriges Mädchen, braunäugig und das Köpfchen von braunen Locken umhüllt. Auf den Rücksitzen zwei Knaben, vierzehnjährig und zwölfjährig. Der jüngere schlief mit offenem Munde. Der ältere blickte ernst und nachdenklich vor sich hin.

Der Hausherr wiederholte seine Frage. Da brach die verhärmte Frau in Tränen aus und konnte vor Schluchzen das Wort nicht finden. Das kleine Mädchen wippte in großer Verlegenheit mit den weißbestrumpften Beinchen. Der schlafende Knabe erwachte und verwunderte sich. Er sah von einem zum anderen, um sich zu überzeugen, ob er lachen oder weinen sollte. Da sagte der ältere und nahm bescheiden das Hütchen vom Kopf: »Wir kommen von Bonn, mein Herr, und wollten nach Neuwied. Aber die Wege sind von Truppen versperrt, und das Pferd kann auch nicht weiter.«

»Steigen Sie zunächst einmal aus,« bat der Hausherr freundlich und reichte der weinenden Frau die Hand. »Wenn Sie sich erholt haben, werden wir schon Rat schaffen. Sie sind ja ganz von Kräften.«

»Der Fuhrmann,« stammelte die Frau, »der Fuhrmann will nicht mehr. Und ich hab' ihn doch für die ganze Fahrt im voraus bezahlt.«

Der Fuhrmann wies mürrisch auf seine armselige Mähre. »Dä geit mech in de Bröch'. Dat wor nit usgemaach'.«

»Steigen Sie zunächst einmal aus,« wiederholte der Hausherr. »Sie können so nicht bleiben.«

Willenlos gehorchte die Frau. Ihre Augen glitten mit fieberigem Glanz über ihre Kinder, als müßte sie sich vergewissern, daß sie noch alle beisammen wären. Dann griff ihre Hand nach dem kleinen Mädchen und half ihm heraus. Die Knaben kletterten hinterdrein.

»Joseph,« rief der Hausherr durch das Tor.

»Hier, Här.«

»Greif mal zu. Du trägst mit dem Fuhrmann die Sachen ins Haus. Dann zeigst du dem Burschen mal, wie ein Gaul abgerieben, zugedeckt und gefüttert wird.«

»Domet es Matteis am letzte Kapitel, Här.« Die Frau tat einen verzweifelten Schluchzer. Ihre Knie wankten. Da zog der Hausherr ihren Arm durch den seinen und führte sie durch das Tor in den alten Garten. Die Kinder folgten, dicht aneinandergedrängt. »Johannes,« wisperte das kleine Mädchen, »schau dich mal um.«

Im Speisezimmer stand schon der Suppennapf auf dem runden Eichentisch. Nun saß die Frau im hölzernen Lehnstuhl und blickte starr vor sich hin. Der Hausherr ging an den Schrank, der in die dicken Mauern hineingehauen war, und holte Teller und Löffel. Die Augen des Mädchens und des jüngeren Knaben schweiften blitzschnell durch das Gemach, über den mächtigen Ziegelkamin zu den Fensternischen mit den steingefügten Sitzen, und trafen sich.

»Wie im Geschichtenbuch,« flüsterte hastig die Kleine, stieß den Bruder mit dem Ellbogen und machte ihm runde Augen.

Der nickte heftig und stieß sie wieder.

Der ältere sah die Geschwister mit ruhig verweisendem Blick an.

»Setzt euch, Kinder,« sagte der Hausherr, »ihr werdet von der Reise Appetit mitgebracht haben. Da schmeckt sogar eine Mehlsuppe.« Und er stellte einen Kranz von Tellern auf den Tisch und legte vor.

Die Kinder rückten die Stühle heran, und die jüngeren griffen heißhungrig zu. Da sprach der ältere Knabe ruhig das Tischgebet, machte das Kreuzzeichen und aß still und ernst.

»Sie dürfen sich nicht ausschließen,« mahnte der Hausherr die Frau. »Es ist nur einfache Kost, aber sie kräftigt.« Der Frau bebten die Lippen. Wieder glitten ihre Augen von einem Kind zum anderen. Dann führte sie mechanisch den Löffel zum Mund und leerte gehorsam den Teller.

In der Tür erschien der Joseph und winkte seinen Herrn zu sich heraus.

»Die Sibbesache wäre verstaut, Här. Awwer der Fuhrmann hät sich met Päd on Wage dodörch gedonn.«

»Was? Heimlich davongefahren ist der Halunke? Ja, Joseph, auf die Straße können wir mit den armen Menschen nicht.«

»Christenpflicht, Här. Awwer Schmalhans wärd Köchemeister.«

»Wir haben den Gemüsegarten. Geh jetzt zunächst hinauf und mach das große Schlafzimmer fertig für die drei Kinder. Und das Turmzimmer für die Frau. Da die Betten nicht reichen, mußt du das Kanapee hinzunehmen und die Decken aus der Geschirrkammer. Morgen sehen wir weiter.«

Er ging ins Zimmer zurück. Die Frau blickte ihm verängstigt entgegen.

»Beruhigen Sie sich,« sagte er freundlich. »Oder paßt Ihnen die einfache Unterkunft nicht –«

»O Herr,« stieß die Frau hervor, »o Herr, Sie wollen scherzen. Keine Tür hat sich uns geöffnet. Nur die Ihre. Wenn ich nicht so danken kann, wie ich müßte –«

»Sie müssen gar nicht danken. Sie müssen einfach vorlieb nehmen.«

»Mein Herr, wenn wir uns eine Stunde ausgeruht haben – wenn wir das noch dürfen, und das Pferd hat sich wieder erholt – wir werden Ihnen das nie vergessen.« Der Hausherr trat neben sie und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Nun seien Sie einmal mutig. Ich kenne Ihr Schicksal nicht, aber Sie haben gesunde Kinder. Und für die Kinder lohnt es sich zu leben, und wenn der Himmel schwarz voll Wolken steckt. Sie nicken. Also sind wir der gleichen Meinung, und da verschlägt es auch nicht viel, daß Ihr Fuhrmann vorgezogen hat, nach Hause zu fahren.«

Mit einem wimmernden Laut brach die Frau in sich zusammen.

»Liebe Frau,« sagte der Hausherr leise und beugte sich zu ihr nieder, »Ihre Kinder blicken auf Sie.«

Der Frau bebten die Schultern vor verhaltenem Weinen. Sie nahm alle Willenskraft zusammen und hob langsam den Kopf. Der graubärtige Mann ließ keinen Blick von ihr. Und sie griff plötzlich mit beiden Händen nach seiner Hand.

»Herr – die Kinder – – meine drei Kinder – –«

»Die Kinder fallen um vor Müdigkeit. Mein Knecht wird sie jetzt ins Schlafzimmer bringen. Und Sie selber werden sich auch hinlegen und frische Kräfte sammeln.«

»Ich kann nicht schlafen. Herrgott, wie soll ich wohl schlafen können.«

Da kam Joseph zurück und meldete, daß das Zimmer für die Kinder instand gesetzt sei. Dabei blies er den Schnauzbart in die Höhe und zwinkerte den Kindern vergnügt zu.

»Schön, Joseph. Da kannst du ihnen sofort den Weg zeigen.«

Die Kinder, müde und verlegen, gingen zur Mutter und reichten ihr die Hand. »Bis nachher,« sagten sie. Und gingen zu dem graubärtigen Mann und gaben auch ihm die Hand. Ohne Widerstreben folgten sie dem vorausschreitenden Joseph durch den alten, gewölbten Steingang und die Stiegen hinauf.

» Entrez,« ersuchte der Joseph und öffnete die Tür.

Verwundert blickten sich die Kinder in dem großen, niederen Raum um, dem durch sechs Fenster von Osten, Süden und Westen Licht und Luft zufloß. Einladend standen die Betten.

»Dat Mamsellche op et Kanapee. Dodrop schläft et sich bon

» Parlez-vous français?« fragte die Kleine und stellte sich vor ihm auf.

» Oui, Mamsell, ech woren en Dotzend Johr zu Strasbourg

Da lachte sie ihn aus den braunen Augen schelmisch an, gab ihm die Hand und knickste.

» Merci, monsieur. Vous êtes un chevalier.«

»Dat soll wal sin,« schmunzelte der Joseph, hob sie vom Boden auf und bettete sie in die Kissen.

Sie hielt seine rauhe Hand fest und blinzelte ihn schlafmüde an. »Wie heißt du?«

»Ech heißen Juseph, Mamsellche.«

»Ich heiß' Sibylle. Gut Nacht, Joseph ...«

»Goot Naach, Billa ...«

Als er sich nach den Brüdern umwandte, hatten sie sich schon in ihre Decken gewickelt und schliefen. »Arm' Kinder moß mer leev han,« meinte er und legte behutsam die Schlagläden gegen die Fenster. Im Dunkeln horchte er auf die friedlichen Atemzüge und schlich auf den Fußspitzen hinaus. »Wat werd der Hein för Auge maache!« Und er freute sich in sich hinein und rieb sich die Hände. –

Im Speisezimmer hatte der Hausherr ruhig gewartet, ob die Frau sich erheben würde. Als sie ohne Willenszeichen sitzen blieb und nur sich mühte, die Hände stillzuhalten, zog auch er sich einen Holzsessel heran und setzte sich neben sie. Einen prüfenden Blick sandte er über sie hin. Und ein großes Mitleid kam über ihn.

»Wenn Sie lieber mit mir reden wollen, als sich schlafen zu legen –«

»Wie sollt' ich schlafen können,« murmelte sie. »Ich zerbrech' mir den Kopf, was werden soll, wie wir weiter kommen – tausend Sachen, und ich hab' keinen festen Gedanken.«

»Sie sind geflüchtet?«

»Wir kommen aus Bonn. Der Kurfürst ist zuerst geflohen und alles, was zum Adel oder zur Kirche gehörte, mit ihm. Ich meine, die Männer. Die Frauen sollten bleiben oder auf der anderen Rheinseite zu Verwandten und Freunden.«

»So, so. Das nenn' ich eine einfache Teilung der Sorgen und Lasten.«

»Der Aufbruch des Kurfürsten kam so unerwartet. Da konnte man nichts bedenken.«

»Und Ihr Gatte gehörte zum Gefolge?«

»Mein Mann ist der Kirchenmaler Tiebes. Der Kurfürst ist sein Patron. Wo der Kurfürst ist, sind die Aufträge. Da mußte er mit, um doch in dieser erbärmlichen Zeit seine Familie nicht verhungern zu lassen. Wir haben Abschied voneinander genommen, als sähen wir uns nicht wieder.«

»Nicht gleich so verzweifelt, Frau Tiebes.«

»Oh,« sagte die Frau stumpf, »nicht verzweifelt! Und der Fuhrmann ist fort.«

»Sie wären mit der alten Kutsche doch nicht bis Neuwied gekommen. Wenn es Sie aber sehr drängt, bei Ihren Verwandten zu sein, so werde ich mich nach einer besseren Fahrgelegenheit umsehen.«

»Es sind keine Verwandte, es ist nur eine Schulfreundin. Aber der Wagen – der Wagen war bezahlt.«

Der Hausherr verstand. »Es geht Ihnen augenblicklich nicht gut, Frau Tiebes?«

»Wem soll es gut gehen in so wirren Zeiten? Und erst einem Kirchenmaler! Wo keiner weiß, ob nicht die Franzosen kommen und die Kirchen schließen oder Magazine und Pferdeställe daraus machen. Nur für die Stadt Münster ließ der Kurfürst noch ein Altarbild malen. Und nun ist er dorthin, und mein Mann mit ihm. Was an Geld vorrätig war, haben wir geteilt. Und jetzt ist der Fuhrmann fort.«

Immer wieder kehrten ihre Gedanken dahin zurück. Diesen Schlag verwand ihre Armut am schwersten.

»Es wird sich schon etwas finden,« beruhigte der Hausherr. Und um ihre Gedanken abzulenken, fragte er nach dem Aussehen und dem Verhalten der Stadt, und ob die Franzosen schon angelangt seien.

»Gestern kamen sie von Köln. Der österreichische General, dem die Kölner aus Furcht vor den anrückenden Franzosen nur widerwillig gehorchten, hatte sofort die Stadt geräumt und war aufs andere Ufer übergegangen. Die ganze Bürgerschaft Bonns stand schon seit Morgengrauen auf dem alten Stadtwall und hielt Ausschau. Bürgermeister und Stadträte aber blieben auf dem Rathaus versammelt. Sie wollten dem Feind nicht wie Sklaven und Schmeichler entgegengehen.«

»Brav,« murmelte der Hausherr in seinen Bart.

»Zuerst langte ein Trupp Dragoner an, gutgekleidete Leute, die sich anständig verhielten und nichts anderes wünschten, als ihr Papiergeld loszuwerden. Wer sich weigerte, das wertlose Papier anzunehmen, sollte auf der Stelle verhaftet werden. Dann aber kamen die schrecklichen Sansculotten, wie eine Fastnachtstruppe. Tausende von beschmutzten Menschen, junge und alte, in Schoßröcken und Kamisols, in Bauernkitteln und Frauenmänteln, in zerlumpten Hosen ohne Leibwäsche, in zerschlissenen Schuhen und Pantoffeln oder auch ganz barfuß. Einige trugen Gewehre, andere Pistolen, die meisten Säbel, Piken oder Bajonette. Den Bürgern wurde anbefohlen, Kleider und Schuhe auf den Marktplatz zu bringen. Und auf offenem Markt zogen sich die Soldaten aus, sprangen schamlos herum und probierten Kleider und Schuhe an. Dann verlangten sie Brot und Wurst und Bier und bedrohten die Leute. Eine ganze Brigade sollte noch folgen und in Bonn und der Umgegend einquartiert werden. Auf wie lange wußte keiner zu sagen, vielleicht für immer, denn Bonn war ja jetzt in französischer Gewalt. Da hab' ich aus Furcht vor den schmutzigen Menschen und um der Kinder willen die Stadt verlassen. Wir waren die letzten, die in die Ponte konnten. Und drüben fanden wir den Fuhrmann. Er hatte wohl schon andere Leute betrogen.«

Sie weinte vor sich hin. Ganz stumpf und müde weinte sie.

Der Hausherr erhob sich und ging zum Schrank. Dort füllte er ein Glas mit rotem Wein und brachte es der Ermatteten. »Trinken Sie. Es ist eigenes Gewächs und wird Ihnen guttun. Sie dürfen sich nun ganz sicher fühlen.«

Die Frau trank. Mit geschlossenen Augen trank sie das Glas aus wie eine Verdurstende.

»Ich danke Ihnen. Sie sind so gut zu uns.«

»Im Unglück sind wir alle Brüder. Und wir sind tief im Unglück.«

Mit gefurchter Stirn ging er zum Fenster und blickte lange in den herbstlichen Morgen hinaus. Die Meisen zirpten im Gezweig, und die Buchfinken lärmten. Aus dem Gemüsegarten kam der Joseph mit einer Tracht Mohrrüben und Kartoffeln. Wie vergnügt der Bursche dreinschaut, dachte der Graubärtige, ich sollte mich schämen.

Und er ging zum Tisch zurück und setzte sich der Frau gegenüber.

»Sie haben hübsche Kinder, Frau Tiebes.«

Da lächelte die Frau zum erstenmal ein wenig. Ein Mutterlächeln ...

»Sie sind auch nicht schlecht von Charakter, Herr. Der älteste, der Barthel, hat mir noch nie einen Kummer gemacht. Er ist brav, fleißig und gottesfürchtig. Der Johannes ist lebhafter, wohl ein wenig zu lebhaft. Das, was man sprunghaft nennt. Er lernt spielend und muß immer etwas Neues haben. Die kleine Sibylle aber ist ein wild phantastisch Ding und weit über ihre Jahre hinaus. Ein herzlieb Kind, aber von aller Welt verwöhnt. Da hab' ich denn zuweilen im stillen meine Sorge.«

»Sind Muttersorgen nicht auch Mutterglück?«

»Es ist wahr. Man möchte nur immer für die Kinder sorgen und sorgen. Wenn sie es auch nicht verstehen.«

»Eines Tages verstehen sie es. Wenn sie selber Kinder haben. Dann danken sie es uns. Und Ihre Kinder scheinen gut erzogen. Das ist eine große Mitgift.«

»Die jüngeren plappern sogar Französisch,« sagte die Frau, und der Stolz auf die Kinder rötete ein wenig ihre Wangen. »Sie waren in den Freistunden nicht aus dem Atelier ihres Vaters herauszuschlagen, und da lernten sie es von den Hofkavalieren und hohen geistlichen Herren, von denen immer einige zugegen waren und ihren Spaß mit den Kindern hatten.«

»Wenn diese Herren,« sagte der Hausherr gelassen, »nur Französisch sprachen, wie sollten sie deutsch empfinden. Nun, für Ihre Kinder mag es gut gewesen sein. Der Erziehung muß alles dienen.«

»Es sind echte, rheinische Kinder, Herr,« stammelte die Frau, als müßte sie sich entschuldigen.

Er nickte ihr freundlich zu. »Ich habe Kinder sehr lieb. Und der Heinrich wird sich nicht minder freuen.«

»Der – Heinrich?« fragte sie.

»Ich habe den Sohn einer verstorbenen Freundin aus Straßburg hergebracht. Er lebt nur mit mir und dem Joseph. Da werden dem einsamen Jungen die Spielkameraden gut tun.«

»Meinen Sie denn,« fragte die Frau stockend, »meinen Sie denn – daß wir – länger bleiben?«

»Sie dürfen es ruhig. Ich habe nicht viel mehr Anspruch auf die Burg als Sie.«

»Ich – verstehe Sie nicht.«

»Die Burg ist Klostergut. Man hat mir erlaubt, sie zu beziehen und das Anwesen instand zu halten. Ich hatte gute und einflußreiche Freunde. So bin ich denn eigentlich selber nur Gast in diesen Mauern. Lassen Sie sich, ohne viel zu fragen, die gleiche Gastfreundschaft gefallen.«

»O Gott, Herr, ich weiß vor Dankbarkeit nicht ein noch aus. Wir dürfen einige Tage bleiben, ohne Ihnen zur Last zu fallen, ohne uns zu sehr schämen zu müssen? Sie müssen mir verzeihen, aber ich habe – in meinem ganzen Leben – noch nicht gebettelt.«

»Ich meine,« sagte der graubärtige Mann ernst, »für seine Kinder könnte man sogar stehlen.«

Da schrie die Frau auf. Aus der Herzensnot herauf, die einen Lichtstrahl fühlt.

»Herr, Herr, Sie verstehen mich, Sie sehen ins Herz, Sie sind selber wie eine Mutter.«

Und der graubärtige Mann dachte, während er ihr lächelnd die Hand überließ, an die vergangene Nacht auf der Turmplatte und den Knaben, den er bei sich gehabt hatte. »Du bist wie ein Vater,« hatte der Knabe gesagt. Und diese fremde Frau fügte hinzu: »Sie sind wie eine Mutter.« Vater- und Muttergefühle in eins zu haben, den Ernst und die Güte und die Sorge für das körperliche und geistige Wohl, die Sorge, die nichts als Liebe ist. Vater sein und Mutter sein in eins. Es war schwer. Aber es war auch wert, ein Leben dafür zu leben. Um die Zukunft.

»Sind Sie nun ganz beruhigt, Frau Tiebes?« fragte er, während er ihr zunickte. »Haben Sie nun Vertrauen zu mir gefaßt? Da sehen Sie wieder einmal, was Kinder alles, zuwege bringen.«

Ganz still nickte die Frau ihm zu. Aber in ihren rotgeweinten Augen lag ein Schimmer von Glück, der ihr verhärmtes Gesicht seltsam verschönte. War es die Luft des Burghauses, die rein und lautlos aus Garten und Weinland durch die Fenster schwebte, war es die Nähe des breitschulterigen, wunderlich milden Mannes, die ihr verängstigt Gemüt in einen Frieden lullte, wie sie ihn seit ihren Mädchenjahren so warm und so weich nicht mehr gespürt? Auf einmal fühlte sie, wie eine wohltuende Müdigkeit durch ihre Schultern rann und ihre fliegenden Hände beruhigte, wie eine wohltuende Müdigkeit das Gehirn vom Denken befreite und den Schlag ihres Herzens gleichmäßig machte und verlangsamte.

»Darf ich jetzt wissen,« fragte sie leise, »wie ich meinen Wohltäter zu nennen habe?«

»Nein, ich bin nicht Ihr Wohltäter. Wenn wir unglücklichen Menschen helfen können, so ist das wie ein Ausgleich alter Schulden.«

»Wie aber darf ich Sie nennen?«

Der Hausherr blickte in den Garten hinaus. Seine breite Brust sog den frischen Duft ein und sein Ohr das Vogelgezwitscher.

»Ich habe meinen Namen fast vergessen. Was liegt daran? Der Knabe nennt mich Oheim und der Knecht Herr. Die Leute im Dorf aber sagen: der Eremit von Breitbach. So zurückgezogen lebe ich. Oder sie sagen auch kurz: der Alte.«

»Sie sind noch nicht alt,« meinte die Frau und sah ihn an.

»Ich bin fünfzig Jahre. Damit beginnt man eigentlich erst aus dem vollen zu leben, wenn sich die Spreu vom Weizen gesondert hat. Aber der Name hat sich nun einmal an mich gehängt und besteht. Ich werde also wohl für Lebenszeit der Eremit von Breitbach und der Alte bleiben.«

Noch immer sah die Frau ihn fragend an, aber das Gefühl des Friedens wurde stärker in ihr.

»Ich verstehe Sie. Man kann auch ohne einen Namen – ein edler Mensch sein.«

Behutsam klopfte es an die Tür. Der Hausherr erhob sich schnell.

»Sie müssen mich ein paar Minuten entschuldigen,« sagte er mit einem heiteren Lächeln. »Auf die Gefahr hin, daß ich Sie sehr ernüchtere: ich muß in die Küche. Der Joseph kommt nicht allein zurecht.«

»Ich werde sofort –«

»Hand anlegen? Nein, das werden Sie nicht. Sie werden sich heute nur als Gast fühlen. Das sähe ja aus, als ob ich mir die Leute einfinge, nur damit sie mir meine Wirtschaft in Ordnung brächten. Meine und Josephs Anschauung von rheinischer Gastfreundschaft würde schwer darunter leiden.«

Sie machte keine Anstalten mehr, aufzustehen. In diesem alten Burghaus hätte sie alles mit sich geschehen lassen – wie als Kind im Elternhaus. Und das Heimatgefühl schlich in ihre Seele und legte sich schmeichelnd und kühlend auf ihre Augenlider ...

Als der Hausherr nach kurzer Zeit zurückkehrte, fand er seinen Gast eingeschlafen. Der Kopf lag gegen die Holzlehne des Sessels, als läge er in einem weichen Kissen. Tief und geborgen hatte sich die schmale Gestalt in das harte Möbelstück eingeschmiegt, daß die Füße den Boden nicht berührten. Und das Gesicht trug einen kindlichen Zug.

Ich möchte, dachte der graubärtige Mann, ihre Kinder heranholen und vor dieses Bild stellen. Damit sie wissen lernten, wie schutzbedürftig eine Mutter ist, wenn sie ihr Bestes den Kindern gegeben hat. Schutzbedürftig wie einst das Kind, dem nun die Aufgaben für die Mutter erwachsen.

Ob auch sie einst so rührend hilflos gelegen hatte in den Schreckenstagen von Straßburg? Sie? Sie – –?

Ob sie geahnt hatte mit dem feinsten Mutterton der Seele, daß er kommen würde? Oder ob sie den Schlummer abgewehrt hatte mit der Heftigkeit ihrer Muttertränen? Anna Maria, ich schwöre dir, du darfst schlafen. –

Er ging zur Tür zurück und rief gedämpft »Joseph« in den Gang. Der erschien sofort.

»Komm,« sagte der Herr kurz, »wir wollen sie hinaufbringen.«

»Die schläft wie dut,« flüsterte der Gärtner mitleidig, als sie den Holzsessel aufhoben und vorsichtig zum Turmzimmer aufstiegen. »Die wiegt esu vill als wie en Flaumfedderchen, dat en de Himmel flege well.«

Sie stellten den Sessel im Zimmerchen nieder. An der Wand stand das weiße Bett. Durch die Fenster ging der Blick weit hinein ins Rheintal, über den Strom und die Dörfer und Städtchen, die Bergketten entlang in den blauen Äther.

»Mach deine Finger zart,« gebot der Herr, »und nimm ihre Füße.«

Er selbst schob leise seine Hände unter ihre Arme.

Wie ein Flaumfederchen, dachte auch er, und war, bevor sie sich als Mutter opferte, ein schönes, strahlendes Menschenkind. Das erkennt man heute noch. Und nun schläft sie wie eine Tote. So trugen sie sie aufs Bett, streiften ihr die Schuhe ab und deckten sie vorsorglich zu. –

Vom Rheinbreitbacher Kirchturm läutete man die Mittagglocke. Jetzt setzte in der Ferne eine zweite ein, eine dritte. Das ganze Rheintal schwamm in Glockengeläut. Aber es war ein hastiger Ton darin. Die Angst vor dem Feinde.

»Dat baiert wie bei'n Begrävnis,« meinte kopfschüttelnd der Joseph, warf noch einen mitleidigen Blick auf die schlafende Frau und verließ hinter seinem Herrn das Turmzimmer.

»Kein Wort zu den Kindern, Joseph, daß die Mutter so matt ist!«

»Selbsverständlich nit, Här. Kinderherze verdrage kein Leid.«

»Ich werde jetzt mal zum Hein hineingehen. Er muß doch wissen, daß Besuch da ist, und auf dem Posten sein.«

Im ersten Stockwerk lag das Zimmer des Hausherrn neben dem Zimmer des Knaben. Als drittes schloß sich ein Arbeitszimmer an. Schwere Balkenlagen bildeten die Decken. An die bleigefaßten Scheibenfenster klopften die Rosenzweige und die Ranken des wilden Weins. In einer tiefen Fensternische im Zimmer des Hausherrn stand ein Hausaltar mit frischen Blumen, wie sie der Herbst bot: weißen Astern und purpurnen Georginen.

Der Hausherr ging durch sein Zimmer. Sein Blick traf die schlichte Holzfigur der Mater Dolorosa mit den sieben Schwertern im Herzen. Er trat näher und strich mit zarter Hand darüber hin. Dann öffnete er die Tür zum Zimmer Heins.

Der Knabe lag, die Arme um den Kopf geschlungen, und holte in festem Kinderschlummer die verlorenen Stunden der Nacht nach. Er erwachte auch nicht, als ihm die Männerhand das goldblonde Haar aus Stirn und Gesicht strich.

»Hein – heda, Siebenschläfer, wach auf – deine ersten Pflichten stehen vor der Tür.«

Der Knabe schlug verwundert die Augen auf und lag, die Arme um den Kopf geschlungen, wie bisher.

»Was – steht vor der Tür, Oheim?«

»Deine ersten Pflichten, Hein. Was das ist, meinst du? Es ist Besuch gekommen, großer und kleiner Besuch. Dem kleinen Besuch aber hast du die Ehren des Hauses zu erweisen, so will es alte, gute Sitte. Wenn du dich nicht beeilst, wird es die umgekehrte Welt, und der Besuch kommt an dein Bett, um dich zu bedienen. Das wäre!«

»Ja, das wäre!« rief der Knabe und sprang mit beiden Beinen aus dem Bett. »Besuch, sagst du? Kinder? Sind es Jungens oder Mädchen, Oheim?«

»Sieh sie dir selber an. Sie sind oben auf der großen Schlafstube. Und frag, ob du ihnen behilflich sein kannst, mit Wasserholen, Kleiderbürsten oder anderen ritterlichen Diensten. Und nachher, wenn ihr fertig seid, kommt zu Tisch. Aber mit einem rechtschaffenen Hunger, wie ihn unsere Küche allein verträgt.« Er lachte und fuhr dem Jungen durch sein leuchtendes Haar.

Der stand schon, weiß wie Schnee, im Wasserbottich und schüttelte sich vor Vergnügen unter dem triefenden Schwamm. Dann packte er das rauhhaarige Handtuch mit beiden Fäusten und begann den weißen Körper zu reiben, bis er flammendrot erschien. Und hinein ging's in die Leibwäsche und in die Kleider, und die Bürsten bearbeiteten das Gelock, und der Kamm strählte es auseinander. Die blauen Augen leuchteten ihm vor Erwartungsfreude.

»So ist's recht, Hein. Nicht Nägel und Zähne vergessen. Wer auf untadelhafte Reinheit des Körpers hält, darf auf dem Wams schon ein paar Flicken haben. Gesunde Seele in reinem Leib. Fertig?«

»Fertig, Oheim.«

»Wahrhaftig, heute wärst du mir ohne Gutmorgenkuß davongelaufen.«

»Wahrhaftig nein, Oheim.«

»So, mein Junge. Und nun ruft dich die erste Pflicht. Lauf ihr entgegen.«

Wie der Wind flog der Knabe die Treppen hinauf. Immer zwei Stufen nahm er auf einmal. Aber vor der Tür der großen Schlafstube blieb er mit Herzklopfen stehen, wie angewurzelt. Ob die da drinnen nicht größer und klüger waren? Und so schön angezogen, wie er es früher in Straßburg gewesen war? Er blickte auf sein vergilbtes Lodenwams. Dann faßte er sich Mut. Sauberer als ich, dachte er, können die sich auch nicht waschen. Ich weiß, was der Oheim gesagt hat. Und er klopfte fröhlich an die Tür.

Ein paar Töne wurden vernehmbar. Er nahm sie als Aufforderung, einzutreten, und trat ein. Keine Handbreit vermochte er zu sehen. Da huschte er eilfertig die Wände entlang und schlug die Fensterläden zurück. Ein Strom von Licht ergoß sich in das Zimmer, als hätte es vor den Fenstersimsen auf der Lauer gelegen.

Als Hein sich umwandte, stand er vor einem Kanapee und gewahrte ein braunhaariges Mädchen, das sich auf beide Hände stützte und ihn aus braunen Augen verwundert ansah.

»Was machst du da?« fragte das Mädchen.

»Ich habe die Schlagläden geöffnet, damit du beim Anziehen sehen kannst.«

»Was tust du überhaupt hier?« fragte das Mädchen weiter.

»Ich wohne doch hier auf der Burg,« sagte der Knabe, und nun war es an ihm, sich zu verwundern.

Seine Antwort schien Eindruck gemacht zu haben. »Ach, der junge Herr ...« Dann aber warf sich das Mädchen herum und kicherte in die Kissen.

Der Knabe trat heran. »Was lachst du nur? Ich heiße Hein. Da ist doch nichts zu lachen?«

»Ich lach' auch nicht, weil du Hein heißt. Das wär' doch dumm.«

»Weshalb lachst du denn?«

»Weil in meinen Geschichtenbüchern immer ein Prinz kommt, und einmal küßt er Dornröschen wach und einmal küßt er Schneewittchen wach. Und dann wird sie Frau Prinzessin und später Frau Königin.«

»Seh' ich denn aus wie ein Prinz?« fragte der Knabe, und seine Augen lachten.

Sie richtete sich von neuem auf den Händen auf und betrachtete sein goldblondes Haar und sein feines Gesicht. Dann streifte ihr lustiges Kinderauge sein unscheinbar Wams.

»Nur wie ein verwunschener,« entschied sie. »Da werde ich dich wohl erlösen müssen.«

»Das wird sich ja finden,« sagte er mit gekränkter Knabenwürde. Aber alsbald fiel ihm sein Amt wieder ein, sein ritterliches Amt, und errötend reichte er ihr die Hand. »Ich habe dich noch nicht begrüßt. Guten Morgen.«

»Guten Morgen,« wiederholte sie. »Ich heiße Sibylle.«

»Möchtest du jetzt aufstehen, Sibylle? Nachher sollen wir zum Mittagessen kommen. Ich helf' dir, damit es schneller geht.«

»Ich tät's gern, aber die Brüder werden mich ausspotten.«

Hastig wandte sich Hein nach den Betten um. Da lagen Barthel und Johannes und schliefen, ohne sich zu regen. Auf den Fußspitzen ging er näher und betrachtete sie. »Wie groß der eine ist. Der muß schon stark sein. Und der andere ist ein schöner Junge.«

Wie ein Eidechschen war die kleine Sibylle aus den Decken geschlüpft und hatte das Kleid abgeworfen. Im weißen Röckchen und Leibchen stand sie über die Waschschale gebeugt und wusch ihr Gesicht, daß die Tropfen durch das Zimmer spritzten. So sah Hein sie und glaubte nie Schöneres gesehen zu haben. In seinem ganzen Leben kam ihm dies Bild nicht mehr aus dem Gedächtnis.

Ernsthaft wie eine Erwachsene kämmte sie sich. Dann schlüpfte sie wieder in ihr Kleidchen hinein.

»Jetzt kannst du mir helfen, es zuzuhaken. Wie geschickt du bist. Der Barthel ist zu steif und der Johannes zu windig dazu. Junge, du bist wirklich ein feiner Junge.«

»Magst du mich leiden, Sibylle?«

»Sehr.«

Und laut und fröhlich antwortete er: »Ich dich auch sehr.«

»Pst! ...« machte sie. »Bist still, Jung'? Ach, nun sind die anderen wach geworden!«

»Was will der fremde Jung' in unserem Zimmer?« tönte des Johannes Stimme aus den Kissen herüber.

»Das ist doch der junge Herr von der Burg!« rief die kleine Sibylle zurück. »Du weißt auch gar nix.«

»Habt ihr auch Pferde im Stall?«

»Wir haben einen Esel,« sagte Hein etwas kleinlaut.

»Einen Esel? Den kannst du man selber reiten.«

»Aber einen Garten haben wir und einen Gemüsegarten und einen Weinberg,« verteidigte Hein den Besitz, »und dann ist der Oheim da und der Joseph. Die können mehr als hundert Pferde.«

»Was sollen die denn groß können? Gold machen und hexen kann heute kein Mensch mehr. Sind Trauben im Weinberg?«

Da grollte eine Stimme aus dem anderen Bett, und flugs zog sich der Johannes die Decke über die Ohren.

»Wenn du dich hier nicht anständig aufführst, verbims' ich dich.«

Was der große Junge für eine tiefe Stimme hatte. Hein trat auf ihn zu und reichte ihm die Hand. »Guten Morgen.«

»Guten Morgen,« sagte der andere. »Vielen Dank, daß du uns geweckt hast. Ist die, Mutter schon auf?«

»Das weiß ich nicht,« erwiderte Hein. »Aber ihr möchtet zum Essen kommen.«

»Hurra!« schrie der Johannes, und das Nebenbett war leer. Ernst und gesittet folgte der Barthel.

Und der Hein lief und schleppte einen Eimer frischen Wassers heran und lief wieder und holte Schuh- und Kleiderbürste. Doch der große Barthel wollte nicht zugeben, daß er ihm und dem Bruder helfe. Da kniete er vor dem kleinen Mädchen nieder und bürstete ihm die Schuhe, daß der Staub in der Sonne tanzte und die Kleine niesen mußte.

»Zur Gesundheit,« sagte Hein und blickte zu ihr auf.

Sie strählte mit den Fingern sein goldblondes Haar. »Danke schön,« antwortete sie vergnügt und strählte weiter. Dem Hein aber schienen die Schuhe noch nicht blank genug, und er putzte sie zum zweitenmal.

Nun waren sie alle marschbereit, und der Hein setzte sich an die Spitze seiner Gastfreunde. Aber der große Junge trat vor und reichte ihm noch einmal die Hand. »Ich heiße Barthel und mein Bruder Johannes und meine Schwester Sibylle. Wir drei danken dir auch recht schön, daß du uns geholfen hast.«

Der Hein errötete tief. »Ich hab's gern getan,« sagte er leise. Aber der Dank des Großen hatte ihn doch stolz gemacht, und er hielt den Barthel bei der Hand, als sie die Treppe hinabstiegen. Wie ein Freundeskreis betraten sie das Speisezimmer.

Der Eremit von Breitbach lächelte ihnen entgegen. Dann sprach er kurz das Tischgebet. Und der Joseph reichte die gefüllten Teller herum. Verblüfft sahen die fremden Kinder auf die großen Gemüseportionen.

»Guten Appetit,« wünschte der Hausherr freundlich, und die Kinder sprachen es in der Runde.

»'ne gode Mage,« sagte der Joseph und hieb wacker ein, »'ne gode Mage is mr leever als en schläch' Gewessen.«

Das war des Josephs alltägliches Tischgebet, das Gott und die Menschen heiter stimmte.

*

 


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