Unbekannte Autoren
Tausend und eine Nacht. Band XXI
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Geschichte der beiden Schwestern, die ihre jüngste Schwester beneideten.

In alten Zeiten und längstentschwundenen Tagen lebte ein König in Persien, Namens Chusrau Schah, der wegen seiner Gerechtigkeit und Billigkeit berühmt war. Sein Vater, der alt und betagt gestorben war, hatte ihn als einzigen Reichserben hinterlassen, und unter seiner Regierung tranken der Tiger und das Zicklein aus demselben Wasser, sein Schatz war stets gefüllt, und zahllos waren seine Truppen und Garden.

Es war aber des Königs Brauch, in Verkleidung und nur von einem getreuen Wesir begleitet die Straßen zur Nachtzeit zu durchstreifen, wodurch er mit seltsamen Dingen und sonderbaren Begebnissen bekannt wurde, deren Erzählung einen ermüden könnte.

Als er sich nun auf den Thron seiner Ahnen gesetzt hatte und die festgesetzte Trauerzeit verstrichen war, ließ er seinen erlauchten Namen Chusrau Schah auf alle Münzen des Königreiches prägen und in die öffentliche Gebetsformel aufnehmen. Nachdem er sich so in seiner Herrschaft befestigt hatte, ging er eines Abends wie zuvor von seinem Großwesir begleitet aus, beide in Kaufmannstracht gekleidet, und durchwanderte mit ihm die Straßen und Plätze, die Märkte und Gassen, um besser zu sehen, was sich an Gutem und Schlimmem zutrug. Der Zufall wollte es, daß sie, als die Nacht hereinbrach, durch ein Viertel schritten, das von Leuten aus den ärmeren Klassen bewohnt war. Wie sie nun ihres Weges schritten, hörte der Schah mit einem Male in einem Hause laute Frauenstimmen. Er trat deshalb näher und lugte durch den Thürspalt, worauf er drei hübsche Mädchen erblickte, welche zur Nacht gespeist hatten und nun auf einem Diwan saßen und miteinander plauderten. Er legte infolgedessen sein Ohr dicht an die Ritze und lauschte gespannt auf ihr Gespräch, wobei er vernahm, daß jede ihren liebsten Wunsch nannte. Die Älteste erklärte: »Ich wünschte, ich wäre mit dem Hofbäcker des Schahs vermählt, denn dann hätte ich stets das weißeste und feinste Brot in der Stadt zu essen, und eure Herzen wären mit Eifersucht, Neid und Bosheit über mein Glück erfüllt.« Die zweite sagte: »Ich möchte lieber den Hofkoch des Schahs heiraten und von den Leckerbissen essen, die seiner Hoheit vorgesetzt werden, mit denen sich das königliche Brot, das gewöhnlich im ganzen Palast ist, an Geschmack und Duft nicht vergleichen läßt.« Die dritte und jüngste der drei Schwestern und bei weitem die schönste und anmutigste, ein Mädchen von reizendem Wesen, voll Verstand und Witz, erklärte jedoch, als die Reihe an sie kam: »O Schwestern, mein Ehrgeiz ist nicht so gewöhnlich als der eurige. Mir liegt nichts an feinem Brot, noch verlange ich wie ein Schlemmer nach leckeren Gerichten. Mein Sinn steht nach etwas Edlerem und Höherem; ich wünsche nichts geringeres als mit dem König vermählt zu werden und die Mutter eines schönen und ebenso stolzen als tapfern Prinzen zu werden. Sein Haar soll auf der einen Seite golden und auf der andern silbern sein; wenn er weint, soll er Perlen anstatt Thränen vergießen, und wenn er lacht, sollen seine Lippen frisch wie neuerblühte Rosen schimmern.«

Der Schah erstaunte über die Maßen, als er die Wünsche der drei Schwestern vernahm, insbesondere der jüngsten, und er beschloß sie ihnen allen zu erfüllen. Er sagte deshalb zu seinem Großwesir: »Merke dir dieses Haus gut und bring' morgen früh diese drei Mädchen, die wir hier plaudern hörten, vor mich.« Der Wesir versetzte: »O Asyl des Weltalls, ich höre und gehorche.« Hierauf kehrten beide zum Palast zurück und legten sich schlafen.

Am nächsten Morgen begab sich der Wesir zu den Schwestern und brachte sie vor den König, der sie begrüßte und zu ihnen, nachdem er ihnen Mut gemacht hatte, in freundlichem Tone sprach: »Ihr guten Mädchen, was spracht ihr in der verflossenen Nacht in fröhlichem Geplauder und im Scherz zu einander? Gebt acht und erzählt es dem Schah aufs genauste, denn alles muß uns kund werden. Etwas vernahmen wir zwar, doch jetzt verlangt der König, daß ihr euer Gespräch seinen königlichen Ohren berichtet.«

Bei diesen Worten des Schahs wagten die drei Schwestern, verwirrt und beschämt, nicht Antwort zu geben, sondern standen schweigend und niedergesenkten Hauptes vor ihm da; und trotz allem Fragen und Aufmuntern vermochten sie sich kein Herz zu fassen. Indessen war die Jüngste sowohl an Wuchs und Gesicht von ausnehmender Anmut, so daß sich der Schah über und über in sie verliebte und zu ihnen sprach, indem er ihnen Zutrauen einzuflößen suchte: »Ihr Prinzessinnen der Schönen, fürchtet euch nicht und seid unverzagt; laßt euch auch nicht durch Scham und Scheu hindern dem Schah eure drei Wünsche mitzuteilen, denn er möchte sie euch gern erfüllen.« Da warfen sich ihm die drei Schwestern zu Füßen und baten ihn für ihre kühnen und freien Worte um Verzeihung, worauf sie ihm ihr ganzes Gespräch berichteten und eine jede ihm den Wunsch, den sie geäußert hatte, wiederholte; und noch an demselben Tage verheiratete der Schah Chusrau die älteste Schwester seinem Hofbäcker, die zweite seinem Hofkoch und befahl alles für seine eigene Heirat mit der jüngsten Schwester in Bereitschaft zu setzen.

Nachdem die Vorkehrungen für die Hochzeit des Königs in der großartigsten Weise getroffen waren, wurde seine Vermählung mit königlichem Pomp und Prunk gefeiert, und die Braut erhielt die Titel »Licht des Harems« und »Herrin von Iran«. Ebenso wurden die andern beiden Mädchen, die eine mit dem Bäcker, die andre mit dem Koch des Königs, vermählt und ihre Hochzeit gemäß ihrem bürgerlichen Stand mit wenig Pracht und Gepränge gefeiert. Es wäre nun weiter nichts als recht und billig gewesen, daß diese beiden nach Erfüllung ihrer Wünsche ihr Leben in Glück und Zufriedenheit verbracht hätten, jedoch verhängte es das Schicksal in andrer Weise; denn sobald sie die hohe Stellung, zu der ihre jüngste Schwester erhöht war, und die Pracht ihres Hochzeitsfestes sahen, wurden ihre Herzen mit Neid und Eifersucht und bitterm Haß erfüllt, und sie beschlossen ihrem Haß und ihrer Bosheit die Zügel schießen zu lassen und sie ins Verderben zu stürzen. In dieser Weise wurden sie viele Monate lang Tag und Nacht von Haß verzehrt und brannten vor Kummer und Zorn, wenn sie etwas von der höhern Vornehmheit ihrer Schwester gewahrten. Eines Morgens, als sich beide Schwestern im Bad trafen und eine günstige Gelegenheit fanden, sagte die ältere zur jüngeren: »Es ist ein schweres Los, daß unsere jüngste Schwester, die nicht hübscher als wir ist, zu königlicher Würde und Majestät erhoben sein soll; der Gedanke daran ist kaum zu ertragen.« Die andere versetzte: »O meine Schwester, ich bin ebenfalls hierüber bekümmert und unglücklich, und ich weiß nicht, welchen Vorzug der Schah an ihr gefunden haben kann, daß er sie zu seiner Gattin erwählte. Sie paßt mit ihrem Affengesicht schlecht zu jener hohen Stellung, und außer ihrer Jugend wüßte ich nichts, was sie seiner Hoheit so sehr empfehlen konnte, daß er sie über ihresgleichen erhöhte. Nach meiner Meinung bist du mehr als sie für das königliche Lager geeignet, und ich zürne dem König dafür, daß er diese Dirne zu seiner Königin gemacht hat.« Die älteste Schwester erwiderte hierauf: »Ich verwundre mich ebenfalls über die Maßen, und ich schwöre, daß deine Jugend und Schönheit, dein wohlgebildeter Wuchs, dein liebliches Antlitz und deine trefflichen Gaben, die über jeden Vergleich erhaben sind, sehr wohl ausreichten den König zu gewinnen und ihn hätten veranlassen können, dich zu heiraten und zu seiner gekrönten Königin und Gebieterin zu machen, anstatt diese elende Buhldirne in seine Arme zu nehmen. Indem er dich verschmähte, zeigte er, daß er keinen Sinn für das, was recht und billig ist, hat; und nur in dieser Hinsicht betrübt mich die Sache über die Maßen.«

Hierauf berieten sich beide Schwestern miteinander, wie sie ihre jüngste Schwester in den Augen des Schahs erniedrigen und ihren Sturz und gänzlichen Untergang herbeiführen könnten. Sie dachten Tag und Nacht über die Sache nach und sprachen, wenn sie einander trafen, des Langen und Breiten darüber und schmiedeten endlose Pläne, ihrer Schwester, der Königin, ein Leid anzuthun und wenn möglich ihren Tod zuwege zu bringen, doch vermochten sie sich zu keinem Plan zu entscheiden. Während sie aber von diesem Haß und solcher Tücke gegen sie erfüllt waren und aufs emsigste ihren Neid und Haß und ihre Bosheit zu stillen suchten, behandelte sie hingegen ihre Schwestern wie vor ihrer Hochzeit mit der größten Liebe und Zärtlichkeit und dachte an nichts weiter als, wie sie sie aus ihrem niedern Stand erheben könnte.

Als nun einige Monate nach der Hochzeit verstrichen waren, ward die schöne Königin schwanger, und die Nachricht hiervon erfüllte den Schah mit hoher Freude, so daß er sofort allem Stadtvolk und seinen gesamten Unterthanen befahl dieses seltene und wichtige Ereignis festlich mit Gelagen, Tanz und allerlei Lustbarkeiten zu feiern. Sobald diese Nachricht zu den Ohren der beiden neidischen Schwestern kam, sahen sie sich gezwungen wider ihren Willen der Königin ihre Glückwünsche darzubringen, und nach einem langen Besuch, als beide wieder im Begriff standen, um ihre Entlassung zu bitten, sprachen sie zu ihr: »Gelobt sei Gott, der Erhabene, o Schwester, der uns diesen Freudentag hat sehen lassen! Wir bitten dich um die Huld, daß, wenn die Zeit deiner Niederkunft naht, wir dir als Hebammen zur Seite stehen und um dich sind und dich vierzig Tage lang pflegen.« Die Königin versetzte in ihrer Freude: »O meine Schwestern, das wäre mir sehr lieb; denn in einer Zeit so großer Not weiß ich niemand, auf den ich mich so wie auf euch verlassen könnte. Während der Zeit meiner Heimsuchung wird mir euere Gegenwart höchst willkommen und angenehm sein; doch kann ich nur thun, was der Schah befiehlt, und kann nichts gegen seine Erlaubnis unternehmen. Meine Ansicht ist die: Macht diese Sache euern Gatten kund, die stets Zutritt zum König haben, und laßt sie sich persönlich für euer Beiwohnen als Hebammen verwenden. Ich zweifle nicht, daß euch der Schah erlauben wird, mir zur Seite zu stehen, zumal wenn er unsre nahe Verwandtschaft erwägt.«

Hierauf kehrten die beiden Schwestern voll unheilvollen Gedanken und Bosheit heim und trugen ihren Gatten ihre Wünsche vor, welche die Sache wiederum vor Chusrau Schah brachten und in aller Demut ihre Bitte vortrugen, ohne zu ahnen, was vor ihnen verborgen im geheimen Ratschluß verhängt war. Der König versetzte: »Wenn ich mir die Sache überlegt habe, will ich euch die entsprechenden Befehle erteilen.« Nach diesen Worten besuchte er die Königin und sprach zu ihr: »O meine Herrin, wenn es dir beliebt, so deucht es mir angebracht deine Schwestern kommen zu lassen, daß sie dir anstatt einer Fremden bei der Entbindung beistehen; wenn du derselben Meinung wie ich bist, so laß es mich unverzüglich wissen, und ergreife Maßnahmen ihre Einwilligung und Zusage zu erhalten, ehe die Zeit naht. Sie werden dich liebevoller als eine gedingte Amme pflegen, und du wirst dich sicherer in ihren Händen fühlen.« Die Königin erwiderte: »O mein Herr und Schah, ich bin ebenfalls der Ansicht, daß es besser für mich ist in jener Stunde meine Schwestern als völlig Fremde zur Seite zu haben.« Der König ließ ihnen dies ansagen, und von jenem Tage an wohnten sie im Palast, um alles für die zu erwartende Niederkunft zurechtzumachen; und in dieser Weise fanden sie Mittel und Wege ihren ränkesüchtigen Plan, den sie während der langen Zeit mit so geringem Erfolg geschmiedet hatten, auszuführen.

Als sich die Monate der Königin erfüllt hatten, ward sie von einem wunderbar schönen Knäblein entbunden, wodurch sich das Feuer des Neides und Hasses mit verdoppelter Glut in den Herzen der Schwestern entfachte. Sie berieten sich von neuem und ihre grausamen Herzen gegen alles Mitleid und alle natürliche Liebe versteinernd, wickelten sie das neugeborene Kind in ein Stück von einer Decke und legten es in einen Korb, worauf sie diesen in einen Kanal setzten, der dicht am Zimmer der Königin vorüberfloß. Dann legten sie einen toten jungen Hund an die Stelle des Prinzen und zeigten ihn den andern Hebammen und Ammen, indem sie behaupteten, die Königin habe diese Mißgeburt zur Welt gebracht.

Als diese widerwärtige Kunde dem König zu Ohren kam, ward er schwer betrübt und von wildem Grimm erfaßt, daß er sein Schwert zog und die Königin ermordet hätte, wenn nicht der Großwesir, der gerade zugegen war, seinen Zorn beschwichtigt und ihn von diesem ungerechten und grausamen Vorhaben abgebracht hätte, indem er zu ihm sprach: »O Schatten Gottes auf Erden, dieses Unglück ward von Gott, dem Erhabenen, verhängt, dessen Willen sich niemand widersetzen kann. Die Königin hat keine Schuld wider dich begangen, denn was sie gebar, brachte sie ohne ihre Wahl zur Welt, und sie hat hierzu nichts gethan.« Mit solchen Worten und andern weisen Ratschlägen brachte er seinen Herrn von der Ausführung seines Vorhabens ab und errettete die schuldlose Königin vor einem plötzlichen und grausamen Tod.

Inzwischen ward der Korb, in dem der neugeborne Prinz lag, von der Strömung in einen Bach getragen, der durch die königlichen Gärten floß; und als der Aufseher der Lustgärten gerade am Ufer entlang schritt, fiel sein Blick nach dem Ratschluß des Schicksals auf den vorüberschwimmenden Korb, so daß er einen Gärtner rief ihn anzuhalten und ihm denselben zu bringen, damit er sähe, was sich darin befände. Der Gärtner lief das Bachufer entlang, holte den Korb mit einem langen Stock ans Land und zeigte ihm den Aufseher, der ihn öffnete und nun zu seinem höchsten Erstaunen ein neugebornes Knäblein von wunderbarer Schönheit, in ein Stück von einer Decke gewickelt, in ihm erblickte. Es traf sich aber, daß der Gartenaufseher, der einer der Emire war und beim König in hohem Ansehen stand, keine Kinder hatte; und er hatte unablässig zu Gott gebetet und ihm Gelübde gelobt, um einen Sohn von ihm zu erhalten, der sein Gedächtnis fortpflanzen und seinen Namen erhalten könnte. Entzückt über diesen Anblick, nahm er daher den Korb mit dem Knäblein nach Hause und übergab ihn seiner Frau mit den Worten: »Schau', Gott hat uns diesen Knaben gesandt, den ich soeben auf dem Wasser schwimmen sah. Mach' dich sofort auf und hole eine Amme, ihn zu stillen und nähren; und erzieh' ihn mit aller Sorgfalt und Zärtlichkeit wie deinen eigenen Sohn.« Die Frau des Intendanten nahm das Kind hocherfreut unter ihre Obhut und zog es mit aller Liebe auf, als hätte ihr eigener Schoß es geboren; der Intendant aber sprach zu keinem von dem Knaben und forschte auch nicht nach, wem das Kind gehörte, damit es nicht von jemand beansprucht und ihm fortgenommen würde. Er war überzeugt, daß der Knabe aus den Gemächern der Königin im Palast kam, doch hielt er es nicht für angebracht, der Sache näher auf den Grund zu gehen, vielmehr hüteten er und seine Frau das Geheimnis aufs sorgfältigste.

Nach einem Jahr gebar die Königin einen zweiten Knaben, mit dem ihre Schwestern, diese Teufelinnen, in ihrem Haß ebenso wie mit dem ersten verfuhren, indem sie ihn in ein Tuch wickelten und in einen Korb legten, den sie in den Strom warfen, worauf sie ausgaben, daß die Königin eine Katze geboren hätte. Dieser Knabe aber gelangte wiederum durch Gottes, des Erhabenen, Barmherzigkeit in die Hände desselben Gartenaufsehers, der ihn wieder seiner Frau brachte und ihn ihrer Obhut anvertraute, mit der strikten Anweisung den zweiten Findling mit der gleichen Fürsorge wie den ersten zu pflegen.

Der Schah ergrimmte bei der Unheilsnachricht und sprang wiederum auf, die Königin zu ermorden; doch wie zuvor hinderte ihn der Großwesir daran und beschwichtigte seinen Zorn mit vernünftigen Worten, so daß er noch einmal das Leben der unglücklichen Mutter rettete. Nach Verlauf eines Jahres kam die Königin wiederum nieder und brachte diesmal eine Tochter zur Welt, mit der die beiden Schwestern wie mit den Knaben verfuhren, indem sie das unschuldige Kindlein in einen Korb legten und ihn in den Strom setzten; der Intendant fand sie jedoch ebenfalls und brachte sie seiner Frau, ihr befehlend sie mit den beiden andern Aussetzlingen zu erziehen. Die beiden neidischen Schwestern aber berichteten diesmal, rasend vor Bosheit, die Königin hätte eine Moschusratte geboren, worauf der König Chusrau seinen Zorn und Unwillen nicht länger zu bezwingen vermochte. In rasender Wut schrie er den Großwesir an: »Was soll der Schah noch länger dieses Weib, das nichts als Geschmeiß und Mißgeburten zur Welt bringt, in seinem Ehebett dulden? Der König darf sie nicht länger am Leben lassen, sonst erfüllt sie den ganzen Palast mit Mißgeburten; es geziemt uns diese Stätte von solcher unreinen und verfluchten Kreatur zu säubern.« Mit diesen Worten befahl der Schah sie hinzurichten, während die Wesire und Staatswürdenträger, die vor ihm standen, ihm zu Füßen fielen und um Vergebung und Gnade für die Königin flehten. Ebenso sprach der Großwesir mit gekreuzten Händen: »O König der Könige, dein Sklave möchte dir vorstellig werden, daß es nicht gemäß dem Rechtsbrauch und den Landesgesetzen ist, einer Frau schuldlos das Leben zu nehmen. Sie kann sich nicht dem Schicksal widersetzen und solche unnatürliche Geburten, wie sie sie dreimal gethan hat, verhindern. Solche Unfälle sind andern Frauen oftmals zugestoßen und verlangen eher Mitleid als Strafe. Wenn der König unzufrieden mit ihr ist, so höre er auf mit ihr zu leben, und der Verlust seiner Huld wird sie hart genug strafen; und vermag der Schah ihren Anblick nicht zu ertragen, dann lasse er sie in einen abgesonderten Raum einsperren und ihre Schuld durch Almosen und Mildthätigkeit sühnen, bis Israfil, der Engel des Todes, ihre Seele von ihrem Leib trennt.«

Als Chusrau Schah diese Worte des Rates von seinem betagten Ratgeber vernahm, erkannte er, daß es unrecht wäre die Königin hinzurichten, da sie nichts gegen das Schicksal und Verhängnis vermochte; und so sprach er zu seinem Wesir: »Das Leben ist ihr durch deine Fürsprache geschenkt, o weiser und kluger Mann; jedoch will der König ein Los über sie verhängen, welches vielleicht kaum weniger schwer als der Tod zu ertragen ist. Mach' sofort neben der Kathedralmoschee einen hölzernen Käfig mit eisernen Stäben zurecht und sperre die Königin wie ein wildes Tier in ihm ein. Jeder Muselmann, der zum Gebet geht, soll ihr, bevor er seinen Fuß in das Heiligtum setzt, ins Gesicht speien, und, wer diesen Befehl unterläßt, soll in gleicher Weise bestraft werden. Stelle Wachen und Aufseher an, Gehorsam zu erzwingen, und laß mich hören, ob sich jemand widersetzt.« Der Wesir wagte es nicht zu widersprechen, sondern führte den Befehl des Schahs aus, wiewohl diese Strafe vielmehr für die beiden neidischen Schwestern als für die Königin gepaßt hätte.

Der Käfig ward in aller Eile fertiggestellt, und als die vierzig Tage nach der Entbindung verstrichen waren, ward die Königin in ihn eingesperrt, und gemäß dem Befehl des Königs spieen ihr alle, bevor sie die Moschee betraten, ins Angesicht. Die unglückliche Frau trug, wohl wissend diese Schande nicht verdient zu haben, alle ihre Leiden mit Geduld und Standhaftigkeit, und nicht wenige hielten sie für unschuldig und ihre Folterqualen, die der Schah über sie verhängt hatte, für unverdient, so daß sie Mitleid für sie empfanden und für sie beteten und Gelübde für ihre Befreiung darbrachten.

Inzwischen erzogen der Gartenintendant und seine Frau die beiden Prinzen und die Prinzessin mit aller Liebe und Zärtlichkeit, und ihre Liebe wuchs zu ihren adoptierten Kindern mit jedem Jahr, das sie älter wurden. Sie gaben dem ältesten Prinzen den Namen Bahman und seinem Bruder den Namen Parwîs; das Mädchen aber nannten sie, da es von seltener Schönheit und ausnehmender Anmut und Holdseligkeit war, Perīsâde.Feenkind, Παρύσατις. Als die Prinzen soweit herangewachsen waren, daß sie Unterricht empfangen konnten, stellte der Gartenintendant Lehrer und Erzieher für sie an, die sie im Lesen und Schreiben und allen Künsten und Wissenschaften unterrichteten; ebenso ward die Prinzessin, die einen gleichen Lerneifer bewies, von denselben Lehrmeistern in den Wissenschaften unterrichtet und vermochte bald mit derselben Geläufigkeit und Leichtigkeit wie ihre Brüder zu lesen und schreiben. Hierauf wurden sie den gelehrtesten Philosophen und Ulemā unterstellt, die sie die Auslegung des Korans und die Aussprüche des Propheten, die Geometrie, Poesie und Geschichte und selbst die dunkeln Wissenschaften und mystischen Lehren der Erleuchteten lehrten; und ihre Lehrer staunten über die schnellen und weitgehenden Fortschritte, die alle drei machten, und die versprachen, daß sie die gelehrtesten Weisen übertreffen würden. Außerdem wurden alle drei in der Reitkunst und dem Weidwerk, im Pfeilschießen und Lanzenschleudern, im Speerwerfen und Handhaben des Schwertes nebst andern ritterlichen und kriegerischen Künsten unterwiesen. Überdies ward die Prinzessin Perīsâde noch im Gesang und dem Spiel auf Musikinstrumenten unterrichtet, und sie ward hierin die unvergleichlichste Perle ihrer Zeit. Der Intendant freute sich über die Maßen seine adoptierten Kinder in allen Wissenszweigen solche Fortschritte machen zu sehen, und da sein Haus klein und für die wachsende Familie nicht ausreichend war, kaufte er in einer geringen Entfernung von der Stadt ein Stück Land, hinreichend groß genug für Felder, Wiesen und Gebüsch. Hier begann er ein Haus von großer Pracht zu bauen und beschäftigte sich Tag und Nacht mit der Beaufsichtigung der Baumeister, Maurer und andern Werkleute. Er ließ die Mauern außen und innen mit den feinsten Skulpturen und den schönsten Malereien schmücken und staffierte jeden Raum mit der kostbarsten Einrichtung aus. Gegenüber von dem Haus ließ er einen Garten anlegen und mit duftigen Blumen, würzigen Sträuchern und Bäumen mit paradiesischschönen Früchten bepflanzen; und außerdem war noch ein großer, rings von hohen Mauern umgebener Park vorhanden, in welchen er allerlei Wild und Vögel zur Belustigung für die beiden Prinzen und ihre Schwester setzte. Als das Haus fertiggestellt und zum Bewohnen eingerichtet war, bat der Intendant, der dem Schah viele Generationen lang treulich gedient hatte, seinen Herrn um Erlaubnis, der Stadt Lebewohl zu sagen und sich auf seinen neuen Landsitz zurückzuziehen. Der König, der stets mit dem Auge der Huld auf ihn geschaut hatte, gewährte ihm von Herzen seine Bitte und, um ihm zu beweisen, wie sehr er seinen alten Diener und die ihm geleisteten Dienste schätzte, fragte er ihn, ob er ihm noch sonst einen Wunsch erfüllen könnte. Der Intendant versetzte: »O mein Herr, dein Sklave verlangt nichts, als den Rest seiner Tage unter dem Schatten und Schutz des Schahs zu verleben, mit Leib und Seele seinem Dienst dem Sohn ergeben wie zuvor dem Vater.« Da entließ ihn der Schah mit Worten des Dankes und Trostes, worauf er die Stadt verließ und die beiden Prinzen und ihre Schwester zu ihrer neuerbauten Wohnung nahm. Einige Jahre zuvor war seine Frau zur Barmherzigkeit Gottes abgeschieden, und nur fünf oder sechs Monate hatte er in seinem neuen Heim zugebracht, als er plötzlich krank ward und unter die Zahl derer, die Barmherzigkeit gefunden, aufgenommen wurde. Jedoch hatte er jede Gelegenheit außer acht gelassen seinen drei Findlingen die merkwürdige Geschichte ihrer Geburt zu erzählen, und wie er sie als Ausgesetzte in sein Haus genommen und aufgezogen und als seine eigenen Kinder gehegt und gepflegt hatte. Vor seinem Tode fand er jedoch noch Zeit ihnen ans Herz zu legen, nie aufzuhören in Liebe, Zärtlichkeit und gegenseitiger Achtung und Ehre zusammen zu leben.

Der Tod ihres Beschirmers betrübte sie aufs tiefste, da sie ihn alle für ihren wirklichen Vater hielten. Sie beweinten und bestatteten ihn, wie es sich schickte, worauf die beiden Prinzen mit ihrer Schwester in Frieden und Fülle zusammen lebten. Eines Tages ritten jedoch die Prinzen, die voll Kühnheit und Tapferkeit waren, auf die Jagd aus und ließen die Prinzessin Perīsâde allein zu Hause, als ein altes Weib von den Moslems, eine fromme Einsiedlerin, an die Thür trat und um Erlaubnis bat einzutreten und ihre Gebete zu verrichten, da die Gebetsstunde genaht war und sie nur für ihre Waschung Zeit hatte. Perīsâde erteilte Befehl sie hereinzuführen, worauf sie die Alte mit dem Salâm begrüßte und freundlich willkommen hieß. Als die heilige Frau ihre Gebete beendigt hatte, führten die Sklavinnen der Prinzessin sie auf Geheiß ihrer Herrin durch das ganze Haus und die Besitzung und zeigten ihr die Räume mit ihrer Einrichtung und Ausstattung und zuletzt den Garten und den Wildpark. Die Alte fand an allem, was sie zu sehen bekam, großen Gefallen und sprach bei sich: »Der Mann, der dieses Haus erbaute und diesen Blumen- und Obstgarten anlegte, war ein vollkommener Künstler und von wunderbarer Geschicktheit.« Schließlich geleiteten die Sklavinnen die Alte wieder zur Prinzessin zurück, die im Belvedere saß und ihre Rückkehr erwartete. Als sie die Alte sah, sprach sie zu ihr: »Komm, meine gute Mutter, setz' dich an meine Seite und erfreue mich durch die Gesellschaft einer frommen Gottesdienerin, die ich so glücklich gewesen bin unerwartet aufzunehmen; laß mich deinen huldreichen Worten lauschen und dabei keinen geringen Vorteil für diese Welt und die nächste gewinnen. Du hast den rechten und geraden Pfad zum Wandeln erwählt, sowie das, wonach alle Menschen streben und sich sehnen.«

Die heilige Frau wollte sich der Prinzessin zu Füßen setzen, sie stand jedoch höflich auf und zog sie, sie bei der Hand fassend, an ihre Seite nieder. Hierauf sagte die Alte: »O meine Herrin, meine Augen sahen nie ein so wohlgebildetes Mädchen wie dich; in der That, ich bin unwürdig bei dir zu sitzen, wiewohl ich es thun will, da du es mir befiehlst.« Wie sie nun miteinander plauderten, trugen die Sklavinnen einen Tisch vor ihnen auf, auf dem Schüsseln mit Brot und Kuchen, voll frischen und getrockneten Früchten und verschiedenen Leckerbissen und Süßigkeiten standen. Die Prinzessin nahm einen der Kuchen und reichte ihn der frommen Frau mit den Worten: »O meine Mutter, erquicke dich hieran und iß von den Früchten, was dir behagt. Es ist lange her, daß du von Hause fortgingst und ich glaube, du hast unterwegs nichts gegessen.« Die Heilige erwiderte: »O edelgeborene Herrin, ich bin nicht gewöhnt solche Leckereien wie diese zu essen, doch kann ich auch nicht gut deine Speise abweisen, da Gott, der Erhabene, mir durch eine so freigebige und hochherzige Hand, wie die deinige, Essen und Unterhalt zu gewähren geruhte.«

Nachdem beide ein wenig gegessen und ihre Herzen gelabt hatten, befragte die Prinzessin die Fromme über ihre Gottesanbetung und ihr asketisches Leben, worauf sie ihr die gehörige Auskunft erteilte und ihr nach ihrem Wissen Erklärungen gab. Alsdann sagte die Prinzessin: »Bitte, sag' mir, was du von dieser Wohnung hältst, von der Art ihres Baues, ihrer Einrichtung und ihrem Zubehör. Ist alles vollkommen und angemessen, oder fehlt noch etwas an dem Haus und dem Garten?« Die Alte versetzte: »Da du geruhst, mich nach meiner Meinung zu fragen, so gestehe ich dir, daß sowohl das Haus als die Gartenanlagen vollkommen sind, und auch das Zubehör ist nach dem besten Geschmack und in der schönsten Anordnung. Jedoch fehlen nach meinem Dafürhalten noch drei Dinge, die, wenn du sie besäßest, diesen Platz zum vollkommensten machen würden.« Da beschwor die Prinzessin Perīsâde die Alte und sprach: »O meine Tante, ich beschwöre dich, sag' mir, welche drei Gegenstände noch fehlen, damit ich weder Mühe noch Arbeit unterlasse, sie zu erhalten.« Hierauf bestürmte sie die Alte so lange mit Bitten, bis sie gezwungen war es ihr zu sagen, und also sprach: »O edle Herrin, das erste ist der sprechende Vogel, genannt Bulbul-i-hasâr-dāstân, die Nachtigall der tausend Geschichten. Er ist sehr selten und schwer zu finden, doch, wenn er seine melodischen Weisen ertönen läßt, fliegen tausende von Vögeln von allen Seiten zu ihm und fallen in seine Weisen ein. Das zweite ist der singende Baum, dessen weiche und glatte Blätter melodisch erklingen, wenn sie vom Wind bewegt werden und aneinanderschlagen, so daß sie das Ohr wie süßstimmiger Sänger Laute treffen und aller Hörer Herzen bezaubern. Das dritte Ding ist das goldene Wasser von durchschimmernder Reinheit; nimmt man von ihm auch nur einen einzigen Tropfen und läßt ihn in ein im Garten aufgestelltes Becken fallen, so füllt er sofort das Becken bis zum Rande an und springt in Strahlen wie ein Springbrunnen empor. Es hört nimmer auf zu springen, und alles Wasser fällt wieder in das Becken zurück, ohne daß ein einziger Tropfen verloren ginge.« Die Prinzessin versetzte: »Ich zweifle nicht, daß du den Ort genau kennst, wo diese wunderbaren Sachen gefunden werden; ich bitte dich daher, gieb mir den Ort und die Mittel an, wie ich sie erhalten kann.« Die Heilige erwiderte der Prinzessin: »Diese drei Merkwürdigkeiten findet man auf den Grenzen Indiens und der benachbarten Länder, zwanzig Tagereisen auf dem Weg, der von dieser Wohnung gen Osten führt. Wer nach ihnen auszieht, der erkundige sich bei dem ersten Mann, den er nach der zwanzigsten Station antrifft, nach dem Ort, wo der sprechende Vogel, der singende Baum und die goldene Quelle zu finden ist, und er wird es dem Suchenden angeben.« Als die Fromme ihre Worte beendet hatte, nahm sie unter vielen Segnungen, Gebeten und Wünschen für ihr Wohlergehen von der Herrin Perīsâde Abschied und machte sich auf den Heimweg. Die Prinzessin hörte jedoch nicht auf über ihre Worte nachzudenken und sich in Gedanken stets mit der Geschichte der heiligen Frau zu beschäftigen, die ihr achtlos alles, was sie nicht wußte, erzählt und ihr einen Anhalt zum Auffinden der drei Gegenstände gegeben hatte, ohne zu denken, daß sich ihre Wirtin nicht nur aus Neugierde nach ihnen erkundigt, sondern sich alles Ernstes vorgenommen hatte, die Merkwürdigkeiten zu suchen. Perīsâde behielt diese Sachen jedoch tief auf den Tafeln ihres Gedächtnisses eingegraben, mit dem festen Entschluß ihren Anweisungen zu folgen und unter allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln die drei Wunderdinge in ihren Besitz zu bekommen. Je länger sie aber nachdachte, desto schwieriger kam ihr das Unternehmen vor, und ihre Furcht, nichts auszurichten, erhöhte nur noch ihre Unruhe.

Während sie so niedergeschlagen und von Ängsten gequält dasaß, kehrten ihre Brüder von der Jagd zurück und verwunderten sich, sie mit trauriger Miene und bekümmert dasitzen zu sehen und machten sich Gedanken darüber, was sie wohl bedrücken könnte, bis der Prinz Bahman zu ihr sprach: »O meine Schwester, weshalb bist du heute so bekümmert? Gott, der Erhabene, verhüte es, daß du krank bist, oder daß dich irgend etwas betroffen hat, was dir Mißfallen erregt oder dich so trübsinnig gemacht hat. Sag' uns, ich bitte dich, was es ist, damit wir deinen Kummer teilen und uns beeifern dir zu helfen.« Die Prinzessin entgegnete kein Wort, sondern erhob nur nach langem Schweigen ihr Haupt und warf einen Blick auf ihre Brüder, worauf sie wieder ihre Augen niederschlug und kurz erklärte, daß ihr nichts fehlte. Da sagte der Prinz Bahman: »Ich weiß sehr wohl, daß dich etwas beschwert, was du uns nicht mitteilen magst. Ich schwöre dir hoch und teuer, daß ich hinfort nicht mehr von deiner Seite weiche, bis du uns erzählt hast, was dich bedrückt. Bist du etwa unsrer Liebe überdrüssig, und möchtest du das geschwisterliche Band lösen, das uns seit unsrer Kindheit umschlungen hat?« Als sie ihre Brüder so betrübt und verstört sah, fühlte sie sich gezwungen zu reden und sagte: »O meine Lieben, wiewohl es euch bekümmern mag, wenn ich es euch sage, weshalb ich so betrübt und traurig bin, so muß ich euch beiden doch jetzt die Sache erklären. Dieses Haus, das uns unser teurer seliger Vater erbaut hat, ist in jeder Hinsicht vollkommen und ermangelt keiner Bequemlichkeit. Heute erfuhr ich jedoch durch Zufall, daß es noch drei Dinge giebt, die unsere Stätte, wenn sie innerhalb der Mauern unsres Hauses und Besitzes untergebracht würden, unvergleichlich machen würden, daß ihr in der ganzen Welt nichts gleiches an die Seite gestellt werden könnte. Diese drei Dinge sind der sprechende Vogel, der singende Baum und das goldene Wasser. Seit ich hiervon hörte, ist mein Herz von heißestem Verlangen erfüllt, diese drei Sachen auf jede Weise in meinen Besitz zu bringen. Es geziemt sich nun, daß ihr mir mit allen euern Kräften zur Seite steht und überlegt, wer mir helfen will, diese Merkwürdigkeiten zu gewinnen.« Prinz Bahman versetzte: »Mein und meines Bruders Leben stehen dir zur Verfügung deine Absicht auszuführen; könntest du mir nur einen Anhalt geben, wo jene Wunderdinge zu finden sind, so würde ich schon morgen in der ersten Frühe aufbrechen.« Als Prinz Parwîs vernahm, daß sein Bruder bereit war die Fahrt anzutreten, rief er: »O mein Bruder, du bist der älteste von uns; bleib' daher zu Hause, während ich auf die Suche nach diesen drei Dingen ausziehe und sie unsrer Schwester bringe. Es schickt sich in der That mehr für mich eine Aufgabe, die mich Jahre lang in Anspruch nehmen mag, zu unternehmen.« Prinz Bahman erwiderte: »Ich setze volles Vertrauen in deine Stärke und Kühnheit, und was ich zu thun vermag, vermagst du gleichfalls. Jedoch ist es mein fester Entschluß zu diesem Abenteuer allein und ohne Beistand auszuziehen, weshalb du daheim bleiben und unsere Schwester und unser Haus schützen mußt.«

Am nächsten Tage ließ sich der Prinz Bahman von der Prinzessin den Weg angeben, den er einzuschlagen hatte, nebst den Zeichen, an denen er den Ort erkennen konnte. Dann legte er Wehr und Waffen an und verabschiedete sich von den beiden, worauf er sich aufsetzte und im Begriff war mit größter Beherztheit von dannen zu reiten, als die Augen der Prinzessin Perīsâde in Thränen schwammen und sie mit versagender Stimme zu ihm sagte: »O mein teurer Bruder, diese schwere Trennung bricht mir das Herz; ich bin tief bekümmert, dich von uns scheiden zu sehen. Dieses Voneinanderscheiden und deine Abwesenheit in fernem Land verursachen mir viel herberes Weh und Leid als der Kummer, der mich im Verlangen nach den Seltenheiten verzehrte, nur derentwillen du uns jetzt verlässest. Wenn wir nur von Tag zu Tag eine Nachricht von dir bekämen, dann würde ich mich etwas getröstet und beruhigt fühlen; doch jetzt kann ich das nicht, und der Kummer ist nutzlos.« Prinz Bahman erwiderte ihr: »O meine Schwester, ich bin fest entschlossen dieses Abenteuer zu unternehmen; bekümmere dich jedoch nicht und beunruhige dich nicht, denn, so Gott will, kehre ich erfolgreich und im Triumph heim. Solltest du jedoch nach meiner Abreise irgend einmal für mein Wohlergehen besorgt werden, so nimm dieses Andenken, an dem du erkennen sollst, ob es mir gut oder übel ergeht.« Alsdann zog er aus seinem Gurt ein kleines Jagdmesser, ähnlich einem Schnitzmesser, und gab es der Prinzessin Perīsâde mit den Worten: »Nimm dieses Messer und behalt' es stets bei dir. Solltest du dich je um mein Schicksal sorgen, so zieh' es aus seiner Scheide; ist der Stahl blank und rein wie jetzt, so wisse, daß ich am Leben und wohl und gesund bin. Findest du jedoch auf der Klinge Blutflecken, so wisse, daß ich tot bin, und nichts anderes verbleibt dir dann als für mich wie für einen Toten zu beten.«

Mit diesen tröstenden Worten machte sich der Prinz auf den Weg und schlug den geraden Weg nach Indien ein, ohne sich nach rechts oder links zu wenden, sondern stets das eine Ziel im Auge behaltend. So verstrichen zwanzig Tage seit seiner Ausfahrt aus dem Land Iran, bis er am zwanzigsten Tage das Ende seiner Reise erreichte. Hier gewahrte er plötzlich einen Scheich von furchterregendem Aussehen, der unter einem Baum dicht neben seiner Strohhütte saß, in der er sich vor dem Frühlingsregen, der Sonnenhitze, den herbstlichen Ausdünstungen und dem Winterfrost schützte. Er war so hochbetagt, daß sein Haar und Bart weiß wie Schnee waren, und seine Oberlippe war so lang und dick, daß sie seinen Mund bedeckte und verbarg, während sein Bart bis auf den Boden hing und die Nägel an seinen Händen und Füßen wegen ihrer Länge den Krallen eines wilden Tieres glichen. Auf seinem Haupt trug er einen Hut aus geflochtenen Palmenblättern mit breiter Krempe gleich dem eines Malabarischen Fischers, und seine gesamte übrige Kleidung bestand aus einem Mattenstreifen, den er um seine Hüften gegürtet hatte. Dieser Scheich war ein Derwisch, der sich vor vielen Jahren von der Welt und allen irdischen Freuden zurückgezogen hatte und ein heiliges Leben in Armut, Keuschheit und Weltentsagung führte, wobei sein Aussehen so wie oben beschrieben geworden war.

Der Prinz Bahman hatte bereits an jenem Tage seit dem Morgengrauen scharf ausgespäht und nach allen Seiten um sich geschaut, jemand zu erblicken, der ihm Auskunft geben könnte, wo die von ihm gesuchten Merkwürdigkeiten zu finden wären. Da nun dieser Scheich das erste menschliche Wesen war, das er bei jener Station, der zwanzigsten und letzten seiner Fahrt, gewahrte, ritt er auf ihn zu, überzeugt, daß es der Derwisch sein müßte, von dem die heilige Frau gesprochen hatte. Hierauf stieg er von seinem Pferd ab und sprach zu ihm, nachdem er sich tief vor ihm verneigt hatte: »O mein Vater, Gott, der Erhabene, verlängere deine Jahre und gewähre dir alle deine Wünsche!« Der Derwisch antwortete ihm auf diese Worte in so undeutlichen Tönen, daß der Prinz kein einziges seiner Worte unterscheiden konnte; da er aber sah, daß sein Schnauzbart seinen Mund so sehr verschloß und bedeckte, daß er ganz undeutlich sprach und nur zu brummen vermochte, band er sein Pferd an einen Baum und zog eine Schere hervor, worauf er sprach: »O heiliger Mann, deine Lippen sind ganz und gar hinter deinem Haar verborgen; laß mich, ich bitte dich, dir die Borsten, die dein Gesicht überwuchern und so lang und dick sind, daß du fürchterlich anzuschauen bist, abschneiden; du gleichst wirklich mehr einem Bär als einem menschlichen Wesen.«

Der Derwisch gab seine Einwilligung mit einem Kopfnicken, und als der Prinz ihm sein Haar abgeschnitten und zurechtgestutzt hatte, sah sein Gesicht wieder so jung und frisch aus, wie das eines Mannes in der Blüte seiner Jahre. Hierauf sagte Bahman zu ihm: »Schade, daß ich keinen Spiegel besitze, dir dein Antlitz zu zeigen; du würdest sehen, wie jung du aussiehst, und wie dein Gesicht viel menschlicher als zuvor erscheint.« Diese schmeichelnden Worte gefielen dem Derwisch, der lächelnd versetzte: »Ich danke dir vielmals für deinen freundlichen Dienst; wenn ich ihn dir irgendwie vergelten kann, so bitte ich dich, laß es mich wissen, und ich will mir Mühe geben, dich mit Herz und Seele in allen Dingen zufriedenzustellen.« Der Prinz erwiderte nun: »O heiliger Mann, ich bin aus fernem Land auf beschwerlicher Fahrt hierhergekommen, um drei Dinge zu suchen: einen sprechenden Vogel, einen singenden Baum und eine goldene Quelle; und ich weiß ganz bestimmt, daß alle drei nicht weit von hier zu finden sind; jedoch weiß ich nicht den genauen Ort, und wenn du genaue Kunde von ihnen besitzest und mich darüber unterrichten würdest, so werde ich dir nie deine Güte vergessen und das zufriedenstellende Bewußtsein haben, daß diese lange und mühsame Fahrt nicht völlig umsonst gewesen ist.«

Als der Derwisch diese Worte vom Prinzen vernahm, wechselte er die Farbe, und sein Gesicht ward bleich und bekümmert; dann schlug er seinen Blick zu Boden nieder und saß in tiefstem Schweigen da, so daß Bahman zu ihm sprach: »O heiliger Vater, verstandest du nicht die Worte, die ich an dich richtete? Wenn du nichts von der Sache weißt, so bitte, sag' es mir sofort, damit ich weiterziehen kann, bis ich jemand finde, der mir darüber Auskunft zu geben vermag.« Nach einer langen Pause versetzte der Derwisch: »O Fremdling, es ist wahr, ich weiß sehr wohl, wo sich die von dir gesuchte Stätte befindet.« Da sagte der Prinz: »Sag' mir, o Fakir, warum verbirgst du es mir, und weshalb magst du es mich nicht wissen lassen?« Der Derwisch erwiderte: »Es ist ein schwerer Weg und voll von Schrecken und Gefahren. Außer dir sind sehr viele hierher gekommen und haben mich nach dem Weg gefragt; ich weigerte mich es ihnen zu sagen, doch achteten sie nicht auf meine Warnungen und bedrängten mich so lange, bis sie mich zwangen ihnen das Geheimnis, das ich gern in meiner Brust vergraben hätte, zu entdecken. Wisse, mein Sohn, daß alle jene Tapfern in ihrem Stolz umkamen und kein einziger von ihnen wohl und gesund zu mir zurückkehrte. Wenn dir nun dein Leben lieb ist, so folge meinem Rat und ziehe nicht weiter, sondern kehre ohne Säumen zurück und begieb dich wieder zu deinem Haus und Heim und deinen Angehörigen.« Der Prinz Bahman entgegnen ihm jedoch fest entschlossen: »Du hast mir in gütiger und freundlicher Weise deinen besten Rat erteilt, und ich danke dir verbindlichst, nachdem ich alles, was du zu sagen hattest, angehört habe. Ich kehre mich jedoch keinen Deut oder Titel an die Gefahren, die mir drohen, noch sollen mich deine Warnungen, so unheilvoll sie auch klingen, von meinem Vorhaben abschrecken; überdies habe ich, falls mich Räuber oder Feinde überfallen sollten, ein Schwert bei mir und kann und will mich selber beschützen, denn ich bin sicher, daß mir keiner an Kraft und Mut gewachsen ist.« Der Fakir erwiderte hierauf: »Die Wesen, die dir den Pfad verlegen und dich am Weiterschreiten zu jenem Ort hindern werden, sind für Menschen unsichtbar und werden dir in keiner Weise erscheinen; wie wolltest du dich daher wider sie verteidigen?« Er versetzte: »Mag es auch so sein, so fürchte ich mich doch nicht, und ich bitte dich nur, mir den Weg dorthin zu weisen.«

Als der Derwisch nun sah, daß sich der Prinz fest zu diesem Unternehmen entschlossen hatte und sich in keiner Weise von der Ausführung seines Vorhabens abbringen lassen wollte, steckte er seine Hand in einen dicht an seiner Seite liegenden Beutel und holte einen Ball heraus, den er ihm mit den Worten überreichte: »Ach, mein Sohn, da du meinen Worten nicht folgen willst, so muß ich dich deiner Halsstarrigkeit überlassen. Nimm diesen Ball, steig' auf dein Pferd und werf' ihn vor dir hin; so lange er vor dir einherrollt, reite ihm nach, und wenn er am Fuß eines Berges anhält, so steig' von deinem Pferd, wirf ihm die Zügel über den Nacken und laß es allein, denn es wird dort bis zu deiner Rückkunft stehen bleiben. Mach' dich hierauf kühn an den Aufstieg, wobei du zu beiden Seiten des Pfades, zur Rechten und Linken, eine Menge großer schwarzer Felsblöcke zerstreut liegen sehen wirst. Hier wird dir plötzlich ein lautes Durcheinander von vielen fürchterlichen Stimmen an die Ohren tönen, um dich mit Zorn und Grausen zu erfüllen und am weiteren Aufsteigen zu hindern. Gieb jedoch acht, daß du nicht erschrickst, und hüte dich, und abermals sage ich, hüte dich, auch nur einmal dein Haupt umzuwenden und rückwärts zu schauen. Wenn du den Mut verlierst oder auch nur einen Blick hinter dich wirfst, dann wirst du auf der Stelle in einen schwarzen Stein verwandelt; denn wisse, o Prinz, alle die Steine, die du auf deinem Wege verstreut sehen wirst, waren einst tapfere Jünglinge wie du, die mit der Absicht auszogen die drei Dinge gleich dir zu suchen, und verloren, erschreckt von jenen Stimmen, ihre menschliche Gestalt und wurden in schwarze Steine verwandelt. Solltest du jedoch den Gipfel des Berges wohlbehalten erreichen, so wirst du auf seiner Spitze einen Käfig finden, in dem der sprechende Vogel eingesperrt sitzt, bereit auf alle deine Fragen Antwort zu erteilen. Frag' ihn, wo du den singenden Baum und das goldene Wasser finden kannst, und er wird dir auf alles Auskunft geben. Wenn du alle drei Dinge unversehrt in deinen Besitz gebracht hast, dann wirst du frei von jeglicher ferneren Gefahr sein. Da du deine Fahrt jedoch noch nicht angetreten hast, so höre auf meinen Rat; ich bitte dich, laß von diesem Vorhaben ab und kehre in Frieden heim, so lange es noch in deiner Macht liegt.«

Der Prinz antwortete dem Derwisch: »Ehe ich nicht mein Vorhaben ausgeführt habe, o heiliger Mann, kehre ich nie und nimmermehr zurück; lebe daher wohl!« Mit diesen Worten schwang er sich auf sein Pferd und warf den Ball vor sich hin, worauf derselbe mit Windeseile vor ihm herrollte, während er ihm, seinen Blick auf ihn heftend, mit derselben Schnelligkeit folgte, damit er ihm nicht aus den Augen schwände. Als der Ball den Berg erreichte, von dem der Derwisch zu ihm gesprochen hatte, hielt er im Laufen inne, worauf der Prinz abstieg und die Zügel seinem Pferd über den Nacken warf. Dann verließ er es und begab sich zu Fuß an den Abhang, auf dem, so weit er sehen konnte, der Pfad bis zum Fuß des Berges und hinauf bis zum Gipfel mit lauter schwarzen Felsblöcken bestreut war; doch verspürte sein Herz nicht die geringste Furcht. Kaum hatte er jedoch vier oder fünf Schritte getan, als sich ein scheußlicher Lärm und ein grausiges Durcheinander von Stimmen erhob, wie es ihm der Derwisch vorausgesagt hatte. Indessen schritt der Prinz Bahman mit erhobener Stirn und furchtlosem Fuß weiter, ohne ein lebendes Wesen zu gewahren und nur rings um sich die lauten Rufe vernehmend. Die einen fragten: »Wer ist jener närrische Mensch und woher kam er? Haltet ihn an! Laßt ihn nicht vorüber!« Andere riefen: »Fallt über ihn her! Packt diesen Hanswurst und schlagt ihn tot!« Dann wurde das Geschrei immer lauter und lauter, bis es zum Donnergebrüll wuchs, und viele Stimmen kreischten: »Dieb! Totschläger! Mörder!« Andere Stimmen wiederum murmelten in leisem hänselndem Ton: »Laßt ihn sein, er ist ein hübscher Bursche! Laßt ihn doch vorüber, denn er allein soll den Käfig mit dem sprechenden Vogel gewinnen.« Der Prinz fürchtete nichts, sondern schritt hitzig mit gewohnter Beherztheit und Energie weiter; als sich ihm die Stimmen aber immer mehr näherten und auf allen Seiten immer zahlreicher wurden, geriet er in Verwirrung; seine Beine begannen zu zittern, er wankte und schließlich vergaß er, von Furcht gepackt, völlig die Warnung des Scheichs und blickte zurück, worauf er alsbald in einen Stein gleich den Rittern und Abenteurern, die vor ihm in Scharen ausgezogen waren, verwandelt ward.

Inzwischen trug die Prinzessin Perīsâde fortwährend das Jagdmesser, das ihr ihr Bruder gegeben hatte, in ihrem Mädchengurt in seiner Scheide. Seit seinem Aufbruch zu diesem gefährlichen Abenteuer hatte sie es stets dort getragen und hin und wieder die Klinge aus der Scheide gezogen, um an ihrem Schein zu sehen, wie es ihrem Bruder erginge. So oft sie nach der Scheide schaute, fand sie dieselbe blank und rein; an dem Abend aber, als er zu Stein verwandelt ward, sagte der Prinz Parwîs zu Perīsâde zufällig: »O meine Schwester, bitte, gieb mir das Jagdmesser, damit ich sehe, wie es unserm Bruder ergeht.« Da zog sie es aus ihrem Gürtel und reichte es ihm; und sobald er es aus der Scheide zog, siehe, da sah er Blutstropfen von ihm niederträufeln. Als er dies gewahrte, warf er das Messer nieder und brach in lautes Wehklagen aus, während die Prinzessin in böser Ahnung des Geschehenen einen bitterlichen Thränenstrom vergoß und unter Seufzen und Stöhnen rief: »Ach, mein Bruder, du hast dein Leben für mich hingegeben, Weh über mich! Warum sprach ich auch zu dir über den sprechenden Vogel, den singenden Baum und das goldene Wasser! Warum fragte ich nur die Heilige, wie ihr unser Heim gefiele, daß ich als Antwort von diesen Dingen vernehmen mußte! Ach, daß sie nie unsere Schwelle betreten und unsere Thüren verfinstert hätte! Undankbare Heuchlerin, lohnst du mir so für die Güte und Ehre, die ich dir erwies? Ach, und warum fragte ich nur, wie ich diese Dinge gewinnen könnte? Wenn ich sie jetzt auch in Besitz bekäme, was frommten sie mir, wo mein Bruder Bahman nicht mehr ist? Was sollte ich wohl mit ihnen anfangen?« So ließ sich Perīsâde ganz von ihrem Kummer hinreißen, ihr trauriges Los bejammernd, während Prinz Parwîs in gleicher Weise seinen Bruder in bitterlichstem Weh beklagte.

Schließlich aber wendete er sich trotz seines Kummers zu seiner Schwester Perīsâde, da er sah, daß sie noch immer vor Verlangen nach den drei Wunderdingen brannte, und sagte zu ihr: »O meine Schwester, es geziemt mir sofort aufzubrechen und auszukundschaften, ob unser Bruder Bahman durch das Verhängnis des Schicksals seinen Tod fand, oder ob ihn ein Feind erschlug, in welchem Falle ich ihn an seinem Mörder rächen muß.« Perīsâde beschwor ihn unter Weinen und Jammern sie nicht zu verlassen und sprach: »O meines Herzens Freude, um Gott, folge nicht den Fußstapfen unsers teuern dahingeschiedenen Bruders und verlaß mich nicht, um eine so gefahrvolle Reise anzutreten. Mir liegt nichts an diesen Dingen, wo ich zu fürchten habe, dich bei diesem Unternehmen ebenfalls zu verlieren.« Der Prinz Parwîs wollte jedoch in keiner Weise ihren Klagen Gehör schenken und verabschiedete sich am nächsten Tage von ihr. Bevor er jedoch aufbrach, sprach sie zu ihm: »Das Jagdmesser, das mir Bahman zurückließ, gab uns von dem Unfall Kunde, der ihm widerfuhr. Sag' mir aber, wie soll ich erfahren, wie es dir ergeht?« Da zog er eine Perlenschnur von hundert Perlen hervor und sagte: »So lange du alle diese Perlen voneinander getrennt und lose auf der Schnur gleiten siehst, weißt du, daß ich gesund und wohlbehalten bin. Findest du sie jedoch aneinanderklebend und an der Schnur haftend, dann wisse, daß ich tot bin.«

Die Prinzessin nahm die Perlenschnur und hängte sie sich um ihren Nacken, entschlossen, sie Stunde für Stunde zu betrachten, um zu sehen, wie es ihrem zweiten Bruder erginge. Hierauf machte sich der Prinz Parwîs auf den Weg und gelangte bei der zwanzigsten Station zu derselben Stelle, wo Bahman den Derwisch angetroffen hatte. Er fand ihn in demselben Zustand und fragte ihn, nachdem er ihn mit dem Salâm begrüßt hatte: »Kannst du mir wohl sagen, wo ich den sprechenden Vogel, den singenden Baum und das goldene Wasser finde, und wodurch ich sie gewinnen kann? Wenn du es mir sagen kannst, so bitte gieb mir hierüber Auskunft.« Der Derwisch versuchte den Prinzen Parwîs von seinem Vorhaben abzubringen, indem er ihm alle Gefahren auf dem Wege schilderte und zu ihm sagte: »Nicht viele Tage zuvor kam einer, der dir an Jahren und Aussehen glich, hierher und fragte mich nach derselben Sache, die du suchst. Ich warnte ihn vor den Gefahren jener Stätte und wollte ihn von seinem Starrsinn abbringen, doch achtete er nicht auf meine Warnungen und wies meine Ratschläge ab. Er zog von mir mit allen Unterweisungen, wie er jene gesuchten Gegenstände finden könnte, fort, doch da er bisher nicht zurückkehrte, ist er zweifellos gleich den vielen andern, die vor ihm zu jenem gefährlichen Abenteuer auszogen, umgekommen.« Der Prinz Parwîs versetzte: »O heiliger Vater, ich kenne den Mann, von dem du sprichst, denn es war mein Bruder; ich erfuhr auch von seinem Tod, ohne das geringste von der Ursache seines Todes zu wissen.« Der Derwisch erwiderte: »O mein Herr, ich vermag dir über diese Sache Auskunft zu erteilen; er ward in einen schwarzen Stein, gleich den andern, von denen ich soeben zu dir sprach, verwandelt. Wenn du nicht auf meine Worte hören und meinen Rat nicht befolgen willst, so wirst du sicherlich auf dieselbe Weise, wie dein Bruder, umkommen; ich ermahne dich daher feierlich von diesem Vorhaben abzustehen.« Der Prinz Parwîs ward bei diesen Worten nachdenklich, doch versetzte er alsbald: »O Derwisch, ich danke dir wieder und wieder und bin dir sehr für deine Sorge um mein Wohlergehen verbunden. Du hast mir den gütigsten und freundlichsten Rat erteilt, ohne daß ich solcher, einem Fremdling erwiesenen Huld würdig wäre. Ich bitte dich daher, gieb mir genaue Auskunft über den Weg, wie du es auch meinem Bruder gegenüber thatest.« Da sagte der Derwisch: »Wenn du meinen Warnungen nicht Gehör schenken und nicht nach meinem Wunsche handeln willst, so kümmert es mich weder viel noch wenig. Triff deine Wahl; nach dem Verhängnis des Schicksals habe ich dich in deinem Vorhaben wider meinen Willen zu unterstützen, und wiewohl ich dich wegen meines hohen Alters und meiner Gebrechlichkeit nicht an den Ort geleiten kann, so will ich dir doch nicht einen Führer versagen.«

Hierauf bestieg der Prinz sein Pferd, und der Derwisch nahm einen von den vielen Bällen aus seinem Sack und legte ihn in die Hände des Jünglings, wobei er ihm dieselben Anweisungen wie seinem Bruder Bahman gab. Nach vielen Ratschlägen und Ermahnungen endete er mit den Worten: »O mein Herr, gieb acht, daß du dich nicht durch die dräuenden Stimmen und Laute von unsichtbaren Wesen, die an deine Ohren tönen werden, verwirren und erschrecken lässest. Klimm nur furchtlos zum Gipfel des Berges empor, wo du den Käfig mit dem sprechenden Vogel, den singenden Baum und das goldene Wasser finden wirst.« Alsdann sagte ihm der Fakir mit Worten voll guter Wünsche Lebewohl, worauf der Prinz aufbrach und den Ball vor sich warf, indem er dabei sein Roß anspornte, um mit dem Ball, während er vor ihm her rollte, gleichen Schritt zu halten. Als er am Fuß des Berges anlangte und sah, daß der Ball zu rollen aufgehört hatte und still dalag, stieg er ab und wartete eine Weile, ehe er den Aufstieg begann, indem er sich dabei noch einmal alle Anweisungen, die ihm der Derwisch gegeben hatte, ins Gedächtnis zurückrief. Alsdann machte er sich beherzt und entschlossen zu Fuß auf den Weg und begann den Aufstieg. Kaum war er jedoch einige Schritte emporgeklommen, als er eine Stimme neben sich vernahm, die ihn mit frecher Sprache bedrohte und rief: »Unseliger Bursche, steh' still, damit ich dich für diese deine Frechheit verprügle.« Als er diese frechen Worte des unsichtbaren Sprechers vernahm, fühlte er sein Blut kochen, so daß er seinen Zorn nicht bemeistern konnte und in seiner Erregung ganz die warnenden Worte des Fakirs vergaß. Sein Schwert ergreifend und es aus der Scheide reißend, wendete er sich um, um den frechen Gesellen, der ihn in solcher Weise beschimpfte, niederzuhauen. Er gewahrte jedoch niemand, und in demselben Augenblick, als er sich umwendete, ward er samt seinem Roß in schwarzen Stein verwandelt.

Inzwischen unterließ die Prinzessin Perīsâde es nicht zu allen Tag- und Nachtstunden die Perlenschnur, die ihr der Prinz Parwîs zurückgelassen hatte, um Auskunft zu befragen; sie zählte die Perlen zur Nacht, wenn sie schlafen ging, sie schlief mit ihnen um den Nacken in den Stunden der Finsternis, und beim Erwachen am Morgengrauen war es ihr erstes Werk sie zu befragen und ihren Zustand zu prüfen. Zu derselben Stunde aber als ihr Bruder Parwîs zu Stein verwandelt ward, fand sie, daß die Perlen so fest aneinanderklebten, daß sie keine einzige für sich bewegen konnte, woraus sie ersah, daß ihr Bruder Parwîs ebenfalls für immer für sie verloren war. Sie ward durch diesen unversehenen Schlag zu Tode betrübt und klagte bei sich: »O weh mir! Wie bitter wird mir das Leben ohne die Liebe meiner Brüder sein, die mir ihre Jugend zum Opfer brachten! Es ist nur angemessen, daß ich ihr Schicksal mit ihnen teile, was auch mein Los sein mag; was sollte ich sonst wohl am Tag der Auferstehung und des jüngsten Gerichts sagen?«

Und so legte sie am folgenden Morgen ohne weitern Aufschub und Verzug Manneskleidung an und teilte ihren Sklavinnen und Sklaven mit, daß sie für eine Reihe von Tagen in einem Geschäft abwesend sein würde, während welcher Zeit sie das Haus und ihr Hab und Gut hüten sollten. Dann bestieg sie ihr Roß und ritt allein und ohne Begleitung aus. Da sie aber in der Reitkunst ausgebildet war und oft ihre Brüder auf die Jagd begleitet hatte, vermochte sie besser als andere Frauen die Mühsale und Beschwerden der Reise zu ertragen. Am zwanzigsten Tage langte sie wohlbehalten neben der Einsiedlerhütte an, und als sie daselbst den Scheich erblickte, setzte sie sich neben ihn und sprach zu ihm, nachdem sie ihn mit dem Salâm begrüßt und bewillkommnet hatte: »O heiliger Vater, laß mich hier eine Weile rasten und mich an dieser glückverheißenden Stätte ausruhen. Hernach geruhe, bitte, mir den Weg zu jener unfern von hier gelegenen Stätte anzugeben, wo sich der sprechende Vogel, der singende Baum und das goldene Wasser befinden. Wenn du es mir sagen willst, so werde ich dies für die größte Huld erachten.« Der Derwisch versetzte: »Deine Stimme offenbart mir, daß du ein Mädchen bist, wiewohl du Männertracht angelegt hast. Ich kenne sehr wohl die Stätte, von der du sprichst, und wo sich die wunderbaren von dir erwähnten Gegenstände befinden. Sag' mir jedoch, weshalb fragst du danach?« Die Prinzessin erwiderte: »Ich habe viel von diesen Wunderdingen vernommen und möchte sie gern in meinen Besitz bekommen und nach Hause bringen, um sie zum schönsten Schmuck meines Heims zu machen.« Der Fakir entgegnete: »O meine Tochter, fürwahr, diese Dinge sind außerordentlich seltsam und bewunderungswürdig; sie passen ausgezeichnet für solche Schönen wie du, doch hast du keine Ahnung von den mannigfachen und grausigen Gefahren, die sie umgeben. Viel besser wäre es für dich diesen eitlen Gedanken von dir zu werfen und auf dem Weg, auf dem du kamst, heimzukehren.« Die Prinzessin versetzte jedoch: »O heiliger Vater und weitberühmter Einsiedler, ich komme aus fernem Land, zu dem ich nimmermehr zurückkehre, es sei denn, daß ich meinen Wunsch erreichte. Ich bitte dich daher, gieb mir die Art dieser Gefahren an und sag' mir, worin sie bestehen, damit mein Herz zu urteilen vermag, ob ich die Stärke und den Mut besitze, ihnen entgegenzutreten, oder nicht.« Hierauf beschrieb der Scheich der Prinzessin alle die Fährnisse des Weges, wie er sie zuvor den Prinzen Bahman und Parwîs geschildert hatte, und schloß mit den Worten: »Die Gefahren werden sich sofort zeigen, wenn du am Fuß des Berges emporzuklimmen beginnst, und enden nicht eher als bis du den Gipfel erreicht hast, auf dem sich der sprechende Vogel in seinem Käfig befindet. Wenn du glücklich genug bist, ihn zu ergreifen, so wird er dir angeben, wo der singende Baum und das goldene Wasser zu finden ist. Während der ganzen Zeit, da du den Abhang emporklimmst, wirst du Stimmen und wilde und dräuende Schreie von unsichtbaren Wesen vernehmen und wirst schwarze Felsen und Blöcke über deinen Pfad gestreut sehen, welches zu Stein verwandelte Menschen sind, die in verwegenstem Mut das gleiche Unternehmen wagten, aber, von plötzlichem Grausen erfaßt, versucht wurden sich umzuwenden und rückwärts zu schauen, worauf sie in Steine verwandelt wurden. Nun präge dir fest ein, wie es ihnen erging. Zuerst hörten sie die schrecklichen Stimmen und Verwünschungen mit fester Seele an; bald darauf aber begannen ihre Herzen zu bangen oder auch schäumten sie vor Wut die schurkischen Worte zu vernehmen, die an sie gerichtet wurden, so daß sie sich umwendeten und hinter sich blickten, worauf sie samt ihren Pferden zu schwarzen Felsen verwandelt wurden.«

Als der Derwisch ihr alles erzählt hatte, versetzte die Prinzessin Perīsâde: »Nach allem, was du mir sagst, scheint es mir klar, daß diese Stimmen mit ihrem entsetzlichen Geschrei nichts als zu drohen und erschrecken vermögen; außerdem aber giebt es nichts, das jemand am Erklimmen des Berges hindern könnte, und man hat auch nicht zu besorgen von irgend jemand angegriffen zu werden; alles, was man zu thun hat, ist einzig nicht hinter sich zu schauen.« Nach kurzer Pause fügte sie dann noch hinzu: »O Fakir, wiewohl ich nur ein Weib bin, so habe ich doch Mut und Stärke genug dieses Abenteuer zu bestehen. Ich werde mich nicht um die Stimmen kümmern und mich nicht von ihnen erzürnen lassen; und außerdem habe ich mir eine List ersonnen, durch die ich sicherlich Erfolg habe.« Da fragte der Derwisch: »Und was willst du thun?« Sie antwortete: »Ich will mir die Ohren mit Baumwolle verstopfen, damit ich nicht durch jene fürchterlichen Laute verwirrt und verstört werde.« Der Fakir verwunderte sich höchlichst hierüber und rief: »O meine Herrin, ich glaube du bist dazu auserlesen, die Dinge, die du suchst, in Besitz zu bekommen. Bisher ist noch niemand auf diesen Gedanken gekommen und deshalb mögen alle samt und sonders ohne Erfolg kläglich zu Grunde gegangen sein. Nimm dich indessen gut in acht und laufe nicht andere Gefahr als das Unternehmen mit sich bringt.« Sie versetzte: »Ich habe zur Furcht keine Ursache, wo mir allein diese einzige Gefahr droht. Mein Herz bezeugt es mir, daß ich sicherlich den Lohn gewinne, um dessentwillen ich solche Mühsal und Beschwerde auf mich genommen habe. Jetzt aber sag' mir, was ich zu thun und wohin ich meinen Weg zu nehmen habe, um meinen Wunsch zu gewinnen.« Nun versuchte es der Derwisch noch einmal sie zur Heimkehr zu bewegen, während Perīsâde sich weigerte auf seine Worte zu hören und so fest entschlossen wie zuvor verblieb. Infolgedessen rief er, als er sah, daß sie von ihrem Vorhaben nicht abzubringen war: »Zieh' hin, o meine Tochter, in Gottes, des Erhabenen, Frieden und mit seinem Segen! Er schütze deine Jugend und Schönheit vor aller Gefahr!« Dann zog er aus seinen Beutel einen Ball und gab ihr denselben mit den Worten: »Wenn du im Sattel sitzest, so wirf diesen Ball vor dich und folge ihm, wohin er dich führt; wenn er an dem Bergabhang anhält, so steig' ab und klimm den Abhang hinauf. Was hernach geschehen wird, habe ich dir schon gesagt.«

Nachdem sich die Prinzessin vom Fakir verabschiedet hatte, bestieg sie ihr Roß und warf den Ball, wie es ihr geheißen war, vor sich nieder. Er rollte sofort vor ihr in der Richtung zum Berg her, und sie spornte ihr Pferd an mit ihm gleichen Schritt zu halten, bis sie den Berg erreichte, wo der Ball plötzlich anhielt. Da stieg sie ab und verstopfte sich beide Ohren sorgfältig mit Baumwolle, worauf sie den Abhang mit furchtlosem Herzen und unverzagter Seele zu erklimmen begann. Sobald sie aber einige Schritte bergauf gethan hatte, erhob sich rings um sie ein schrecklicher Lärm von Stimmen, ohne daß sie einen Laut vernahm, da sie ihre Ohren fest mit der Baumwolle verstopft hatte. Die scheußlichen Schreie wuchsen zu fürchterlichem Toben, doch hörte sie immer noch nichts von ihnen, und schließlich schwollen sie zu einem Sturm von Rufen, Kreischlauten, Seufzern und Gestöhn an, vermischt mit gemeinen Schimpfworten, wie sie schamlose Frauenzimmer im Zank miteinander gebrauchen. Dann und wann klang ihr ein Widerhall der Laute in die Ohren, doch achtete sie nicht auf sie und sprach nur lachend bei sich: »Was schert mich ihr Spott und Hohn und ihre ekelhaften Schmähworte? Mögen sie nur kreischen, bellen und blaffen soviel sie wollen; es soll mich am allerwenigsten von meinem Vorhaben abbringen.« Je näher sie ihrem Ziel kam, desto gefahrvoller ward der Weg, und die Luft ward von solchem Höllenspektakel und so scheußlichen Tönen erfüllt, daß selbst Rostem gebebt und AsfandijârsZwei Helden aus Firdûsîs-Schâhnâmeh. kühnes Herz gezittert haben würde. Die Prinzessin eilte jedoch so schnell als möglich und mit unverzagtem Herzen vorwärts, bis sie sich dem Gipfel des Berges näherte, auf dem sie den Käfig erblickte, in dem der sprechende Vogel mit melodischer Stimme sang. Sobald er aber die Prinzessin näherkommen sah, brach er trotz seiner kleinen Gestalt mit Donnerstimme los und schrie: »Kehre um, du Narr! Scher' dich fort und wage dich nicht näher.« Perīsâde kehrte sich jedoch nicht im geringsten an sein Geschrei, sondern erklomm beherzt den Gipfel, worauf sie über den ebenen Boden zum Käfig lief und ihn ergreifend rief: »Nun habe ich dich endlich, und du sollst mir nicht entkommen.« Hierauf zog sie die Baumwolle aus ihren Ohren, und nun vernahm sie den sprechenden Vogel in sanften Tönen reden: »O tapfere und edle Herrin, sei guten Mutes, denn kein Schaden oder Leid soll dir geschehen, gleich den andern, die mich zu fangen suchten. Wiewohl ich im Käfig sitze, so habe ich doch manche geheime Kenntnis von den Vorgängen in der Menschenwelt und bin zufrieden dein Sklave zu werden. Überdies bin ich mit allem, was dich angeht, vertrauter als du selber, und eines Tages will ich dir einen Dienst erweisen, der mir deine Dankbarkeit eintragen wird. Was befiehlst du mir nun? Sprich, damit ich dir deinen Wunsch erfüllen kann.«

Die Prinzessin Perīsâde war über diese Worte erfreut, doch mitten in ihrer Freude bekümmerte sie sich bei dem Gedanken, daß sie ihre Brüder, die sie so sehr geliebt, verloren hatte; sie sprach daher zum sprechenden Vogel: »Ich verlange viele Dinge, doch sag' mir zuerst, ob sich das goldene Wasser, von dem ich so viel vernahm, nahe diesem Ort befindet, und, wenn dem so ist, zeig' mir, wo es zu finden ist.« Der Vogel wies ihr den Weg, worauf sie ein silbernes Fläschchen nahm, das sie mitgebracht hatte, und es bis zum Rand mit dem Wasser aus der Zauberquelle füllte. Dann sagte sie zum Vogel: »Der dritte und letzte Gegenstand, um dessentwillen ich hierher kam, ist der singende Baum; gieb mir an, wo er zu finden ist.« Der Vogel versetzte: »O Herrin der Schönen, hinter dir in dem nahen Busch wächst der Baum.« Da schritt sie geradeswegs auf den Busch zu und fand dort den gesuchten Baum, der mit den süßesten Stimmen sang. Da er aber sehr groß war, kehrte sie zu ihrem Sklaven dem Vogel zurück und sprach zu ihm: »Ich fand zwar den Baum, doch ist er hoch und dick; wie soll ich ihn herausziehen?« Der Vogel versetzte: »Brich nur ein Zweiglein vom Baum ab und pflanze es in deinen Garten; es wird sofort Wurzel schlagen und in kürzester Frist so groß und schön gewachsen sein wie der Baum in jenem Busch.« Da brach die Prinzessin einen Zweig ab und war über die Maßen fröhlich, als sie die drei Dinge, von denen die heilige Frau zu ihr gesprochen, gewonnen hatte. Sie kehrte wieder zum Vogel zurück und sprach zu ihm: »Ich habe nun meinen Wunsch erreicht, doch fehlt mir noch ein Ding zu meinem vollen Glück. Meine Brüder, die sich zu dem gleichen Zweck hierher auf den Weg machten, liegen hier in der Nähe zu schwarzen Steinen verwandelt. Ich möchte sie gern wieder ins Leben rufen, damit sie mit mir in aller Zufriedenheit und Freude über den Erfolg heimkehren. Gieb mir an, wie mein Wunsch erfüllt werden kann.« Der sprechende Vogel versetzte: »O Prinzessin, bekümmere dich nicht hierüber, die Sache ist leicht. Sprenge nur etwas goldenes Wasser aus der Flasche auf die Steine, die rings umher liegen, und durch die Kraft desselben soll jeder wieder lebendig werden, deine Brüder ebensowohl wie die andern.« Da beruhigte sich das Herz der Prinzessin Perīsâde und, die drei Beutestücke mit sich nehmend, stieg sie vom Berg hinunter und träufelte einige Tropfen aus der silbernen Flasche auf jeden schwarzen Stein, worauf alle, Menschen sowohl wie Pferde, wieder lebendig wurden. Unter ihnen befanden sich auch ihre Brüder, die sie sofort erkannte; indem sie ihnen um den Hals fiel, umarmte sie dieselben und fragte sie in überraschtem Ton: »O meine Brüder, was thut ihr hier?« Sie antworteten: »Wir lagen in tiefem Schlaf.« Da sagte sie: »Das ist in der That sonderbar, daß ihr euch fern von mir des Schlummers erfreut und den Zweck verpasset, um dessentwillen ihr mich verließet; ihr wolltet doch den sprechenden Vogel, den singenden Baum und das goldene Wasser gewinnen. Saht ihr nicht diese ganze Stätte mit schwarzen Felsen bestreut? Blickt euch jetzt um und sagt, ob noch etwas von ihnen übriggeblieben ist. Jene Männer und Pferde, die jetzt rings um uns stehen, waren alle schwarze Steine wie ihr; durch Gottes, des Erhabenen, Güte sind alle jedoch wieder zum Leben erweckt und erwarten das Zeichen zum Aufbruch. Und wenn ihr jetzt zu erfahren wünscht, durch welches merkwürdige Wunder ihr eure menschliche Gestalt wiedergewonnen habt, so wisset, daß dies durch ein Wasser, das in diesem Fläschchen enthalten ist, bewirkt ward, indem ich es mit der Erlaubnis des Herrn der Lebendigen auf die Felsen sprengte. Als ich diesen Käfig mit dem sprechenden Vogel und ebenso den singenden Baum, von dem ihr ein Reis in meiner Hand seht, und das goldene Wasser in meinen Besitz bekommen hatte, wollte ich diese Dinge nicht eher mit nach Hause nehmen, als bis ich euch beide wieder in meiner Gesellschaft hatte. Ich fragte daher den Vogel, wodurch ihr wieder zum Leben gelangen könntet, und er befahl mir einige Tropfen von dem goldenen Wasser auf die Felsen zu träufeln. Als ich dies gethan hatte, kehrtet ihr beide gleich allen andern wieder ins Leben zurück und nahmt eure frühere Gestalt an.«

Als die Prinzen Bahman und Parwîs ihre Worte vernommen hatten, dankten sie ihrer Schwester Perīsâde und rühmten sie; ebenso überhäuften sie alle andern, die sie gerettet hatte, mit Danksagungen und Segnungen und sprachen einmütig: »O unsere Herrin, wir sind nunmehr deine Sklaven; wenn wir dir auch unser ganzes Leben lang dienten, so könnten wir dir doch nicht unsere Dankesschuld für diesen uns geleisteten Dienst abtragen.« Perīsâde erwiderte ihnen: »Meine Absicht und mein Ziel war meine Brüder wieder ins Leben zu bringen, wodurch ihr gleichfalls gewonnen habt; ich rechne mir eure Erkenntlichkeit zu einer neuen Freude an. Jetzt aber besteige ein jeder sein Pferd und reite in Gottes Frieden auf demselben Wege, auf dem er herkam, heim.«

In solcher Weise entließ sie die Prinzessin und machte sich selber zum Aufbruch bereit; als sie aber ihr Roß besteigen wollte, bat der Prinz Bahman sie um Erlaubnis den Käfig in der Hand zu halten und ihr voran zu reiten. Sie versetzte jedoch: »Nicht so, mein Bruder; der Vogel ist jetzt mein Sklave, den ich selber tragen will. Wenn du willst, nimm dieses Reis und halte den Käfig nur so lange, als bis ich mich in den Sattel gesetzt habe.« Alsdann bestieg sie ihr Pferd und setzte den Käfig vor sich auf den Sattelknopf, worauf sie ihrem Bruder Parwîs das silberne Fläschchen mit dem goldenen Wasser anvertraute und ihn bat, es sorgfältig zu hüten, was er ohne Widerrede that. Als alle mit Einschluß der Ritter und Knappen, die Perīsâde wieder durch Besprengen mit dem Wasser ins Leben gebracht hatte, zum Aufbruch bereit waren, wendete sie sich zu ihnen und fragte sie: »Warum säumen wir aufzubrechen und weshalb bietet sich niemand zum Führer an?« Als alle zauderten, befahl sie: »Dann ziehe derjenige unter uns, den Adel und hoher Rang zu dieser Auszeichnung berechtigen, uns voran und zeige uns den Weg.« Da aber versetzten alle einmütig: »O Prinzessin der Schönen, unter uns ist niemand solcher Ehre würdig, und keiner darf vor dir reiten.« Als sie nun sah, daß niemand vor den andern den Vorrang in Anspruch nahm, entschuldigte sie sich und sagte: »O meine Herren, es kommt mir zwar nicht zu voranzuziehen, da ihr es mir jedoch befehlt, muß ich gehorchen.« Alsdann sprengte sie an die Spitze des Zuges, und hinter ihr kamen ihre Brüder, denen sich die andern anschlossen. Alle wünschten den heiligen Mann zu sehen und ihm für seine Güte und seinen freundlichen Rat zu danken, doch fanden sie ihn, als sie die Stätte, an der er wohnte, erreichten, tot, und sie wußten nicht, ob ihn das Alter hingerafft hatte, oder ob er aus Stolz darüber gestorben war, daß die Prinzessin Perīsâde die drei Dinge, als deren Hüter und Wächter er vom Schicksal bestimmt war, gefunden und davongetragen hatte.

So ritt denn die Schar weiter, und als ein jeder zu der Straße gelangte, die nach seiner Heimat führte, verabschiedete er sich von der Herrin Perīsâde und zog seines Weges, bis alle gegangen waren und die Prinzessin allein mit ihren Brüdern übrigblieb. Schließlich erreichten sie das Ende ihrer Reise wohl und gesund, und nachdem sie ihre Wohnung betreten hatten, hängte Perīsâde den Käfig in den Garten dicht bei dem Belvedere auf. Sobald aber der sprechende Vogel zu singen begann, kamen Scharen von Ringeltauben, Bulbuls, Nachtigallen, Lerchen, Papageien und andern Sängern von nah und fern herbeigeflattert und setzten sich rings um ihn. Ebenso pflanzte sich das Reis, das sie von dem singenden Baum mitgebracht hatte, in ein schönes Gartenbeet dicht bei dem Belvedere, und sofort schlug es Wurzeln und trieb Zweige und Knospen und wuchs, bis es ein ebenso hoher Baum geworden war, wie der, von dem sie das Reis gepflückt hatte, während das Laub in bezaubernden Weisen ertönte und mit der Musik des väterlichen Baumes wetteiferte. Außerdem ließ sie sich ein Becken aus reinstem weißen Marmor schnitzen und stellte es mitten im Lustgarten auf, worauf sie das goldene Wasser hineingoß; und alsbald erfüllte es das Becken und stieg wie der Strahl eines Springbrunnens einige zwanzig Fuß in die Höhe; dann sanken die Wassergarben und Strahlen wieder zurück, von wannen sie kamen, ohne daß ein einziger Tropfen verloren gegangen wäre; und so arbeitete das Wasser ununterbrochen und stets in gleicher Weise.

Nur wenige Tage verstrichen, bis sich die Kunde von diesen Wunderdingen verbreitet hatte, und täglich strömte das Volk aus der Stadt, sich an dem Anblick derselben zu ergötzen, und die Thore standen stets offen, und alle, die da kamen, hatten Zutritt zu dem Haus und Garten und Erlaubnis nach Belieben umherzuspazieren und diese Merkwürdigkeiten, die sie mit Bewunderung und Entzücken erfüllten, in Augenschein zu nehmen.

Nachdem sich die Prinzen von den Beschwerden der Reise erholt hatten, begannen sie wieder wie zuvor auf die Jagd zu gehen. Da traf es sich eines Tages, daß sie einige Meilen weit von ihrer Wohnung fortritten und mit Jagen beschäftigt waren, als nach dem Ratschluß des Schicksals der Schah von Iran zu demselben Ort in der gleichen Absicht kam. Als die Prinzen eine Schar Ritter und Jäger herankommen sahen, wollten sie nach Hause reiten, um solcher Begegnung auszuweichen. Sie verließen deshalb den Jagdgrund und wendeten sich heimwärts, doch gerieten sie gerade, wie es das Schicksal und Verhängnis wollte, auf denselben Weg, auf dem der König Chusrau Schah kam, und der Pfad war so eng, daß sie den Reitern nicht durch Umwenden und Einschlagen einer andern Straße ausweichen konnten. Sie zogen deshalb notgedrungen die Zügel an und stiegen ab, worauf sie dem Schah den Salâm boten und ihm huldigten, um dann gesenkten Hauptes vor ihm zu stehen. Als der Schah das feine Geschirr ihrer Pferde und die prächtige Kleidung der Prinzen sah, glaubte er, die beiden Jünglinge befänden sich im Gefolge seiner Wesire und Staatsminister, und verlangte ihre Gesichter zu sehen, weshalb er ihnen befahl, ihr Haupt zu erheben und aufrecht vor ihm zu stehen. In bescheidener Haltung und mit niedergeschlagenen Augen gehorchten sie seinem Geheiß, und der Schah war erfreut ihr hübsches Antlitz, ihre anmutigen Gestalten, ihre edle Miene und höfliche Haltung zu schauen. Nachdem er sie bewundernd und staunend längere Zeit betrachtet hatte, fragte er sie, wer sie wären, wie sie hießen und wo sie wohnten. Der Prinz Bahman antwortete ihm: »O Asyl des Weltalls, wir sind die Söhne eines Mannes, dessen Leben den Diensten des Schahs gewidmet war, des Intendanten der königlichen Gärten und Parke. Gegen das Ende seiner Tage erbaute er sich außerhalb der Stadt ein Heim, damit wir dort wohnten, bis wir herangewachsen und tauglich geworden wären deiner Hoheit zu dienen und deine Befehle auszurichten.« Hierauf fragte sie der Schah: »Wie kommt es, daß ihr auf die Jagd geht? Dies ist doch ein besonderes Vergnügen der Könige und nicht für seine gewöhnlichen Unterthanen und Diener bestimmt.« Der Prinz Bahman erwiderte: »O Asyl des Weltalls, wir sind noch jung an Jahren und wissen nichts von höfischem Brauch, da wir daheim aufwuchsen. Da wir jedoch gern in dem Heer des Schahs dienen wollen, so möchten wir gern unsern Körper an Mühsale und Anstrengungen gewöhnen.« Der Schah beehrte ihre Antwort mit seiner königlichen Billigung und hob von neuem an: »Der Schah möchte gern sehen, wie ihr mit edlem Wild umzugehen wißt; wählt euch daher ein Wild und erlegt es in seiner Gegenwart.«

Da bestiegen die beiden Prinzen wieder ihre Rosse und schlossen sich dem König an; und als sie das tiefste Waldesdickicht erreicht hatten, jagte der Prinz Bahman einen Tiger auf, während Parwîs einem Bären nachsetzte; und beide bedienten sich ihrer Speere mit solcher Geschicklichkeit und Trefflichkeit, daß jeder seine Beute fällte und sie dem Schah zu Füßen legte. Alsdann drangen sie zum zweitenmal ins Dickicht ein, und nun erlegte Bahman einen Bären und Parwîs einen Tiger, worauf sie mit ihrer Beute wie zuvor thaten. Als sie dann zum drittenmal fortreiten wollten, verbot es ihnen der König mit den Worten: »Was, wollt ihr den königlichen Jagdgrund ganz von Wild entblößen? Dies ist genug und übergenug; der Schah wünschte nur eure Tapferkeit auf die Probe zu stellen und ist völlig zufriedengestellt, nachdem er sie mit seinen eigenen Augen gesehen hat. Kommt nun mit uns und steht vor uns, während wir beim Mahl sitzen.« Auf diese Worte versetzte der Prinz Bahman: »Wir sind der hohen Ehre und Würde nicht wert, mit der du deine ergebenen Sklaven auszeichnest. Wir bitten deine Hoheit ehrerbietigst und demütigst uns für den heutigen Tag zu entschuldigen; wenn uns das Asyl des Weltalls jedoch einen andern Tag bestimmen will, so werden deine Sklaven hocherfreut deinen erhabenen Befehlen Folge leisten.«

Erstaunt über ihre Weigerung, fragte sie Chusrau Schah nach dem Grund hiervon, worauf Prinz Bahman erwiderte: »Mag ich dein Opfer sein, o König der Könige, wir haben eine einzige Schwester daheim; und wir alle drei sind durch die Bande innigster Liebe umschlungen, so daß wir Brüder nirgends hingehen, ohne sie um Rat zu fragen, wie sie ebenfalls nichts ohne unsern Rat thut.« Der König war erfreut solche geschwisterliche Liebe und Einmütigkeit zu sehen und versetzte: »Beim Haupt des Schahs, der Schah erteilt euch heute Erlaubnis zu gehen. Fragt eure Schwester um Rat und trefft den Schatten Gottes morgen wieder auf diesem Jagdgrund und vermeldet ihm, was sie sagt, und ob sie einwilligt euch zu dem Schah ziehen zu lassen, damit ihr ihm beim Mahle aufwartet.«

Da verabschiedeten sich die beiden Prinzen vom Schah und erflehten ihm Segen, worauf sie heimritten; jedoch vergaßen sie es gänzlich, ihrer Schwester mitzuteilen, wie sie mit dem König zusammengekommen waren, und vergaßen von allem, was zwischen ihnen vorgefallen war.

Am nächsten Tag zogen sie wieder auf Jagd aus, und als sie von der Jagd heimkehrten, fragte sie der Schah: »Habt ihr euch mit eurer Schwester beraten, ob ihr dem König dienen dürft, und was sagt sie dazu? Habt ihr Erlaubnis von ihr erhalten?« Bei diesen Worten wurden die Prinzen ganz von Furcht entgeistert; die Farbe ihres Gesichtes wechselte, und einer starrte dem andern in die Augen, bis Bahman versetzte: »Gnade, o Asyl des Weltalls, für dieses unser Vergehen! Wir vergaßen beide den Befehl und dachten nicht daran, hierüber mit unserer Schwester zu sprechen.« Der König versetzte: »Hat nichts zu sagen; fragt sie heute und bringt mir morgen Bescheid.« Es traf sich jedoch, daß sie den Auftrag des Königs wieder vergaßen, doch war der König nicht über ihr kurzes Gedächtnis erzürnt; vielmehr zog er drei kleine goldene Kugeln aus seiner Tasche und band sie in ein seidenes Tuch, worauf er sie Bahman überreichte und zu ihm sprach: »Steck' diese Kugeln in deine Leibbinde, du wirst dann nicht vergessen deine Schwester zu fragen. Und wenn dir die Sache wirklich wiederum aus dem Gedächtnis entschwinden sollte, so wird dich beim Zubettgehen, wenn du die Binde ablegst, das Niederfallen der Kugeln an dein Versprechen erinnern.« Trotz dieser Einschärfung des Schattens Gottes vergaßen die Prinzen zum drittenmal den Befehl des Königs und das Versprechen, das sie ihm gemacht hatten. Als jedoch die Nacht hereinbrach und der Prinz Bahman sich in sein Schlafgemach begab, um sich zur Ruhe zu legen, löste er seine Binde, worauf die goldenen Kugeln zu Boden fielen. Da schoß ihm sofort der Auftrag des Schahs wieder durch den Kopf, und so eilte er mit seinem Bruder Parwîs zum Gemach ihrer Schwester Perīsâde, die gerade im Begriff war sich schlafen zu legen. Unter vielen Entschuldigungen über diese Störung zu so später Stunde berichteten sie ihr alles, was sich zugetragen hatte, worauf sie über ihre Gedankenlosigkeit zu jammern anhob, die sie drei Tage hintereinander den Befehl des Königs hatte vergessen lassen, und sagte: »Das Glück war euch hold, o meine Brüder und machte unvermutet das Asyl des Weltalls mit euch bekannt, ein Zufall, der schon oft zu großem Glück geführt hat. Es betrübt mich schwer, daß ihr in eurer brüderlichen Liebe allzugroße Rücksicht auf mich nahmt und dem König nicht dientet, als er es euch befahl, überdies habt ihr viel größere Ursache zum Bedauern und zur Reue als ich, da ihr es unterließt eine hinreichende Entschuldigung vorzubringen, denn die eurige muß ungebildet und unverschämt geklungen haben. Es ist ein sehr gefährliches Ding, die Wünsche der Könige zu vereiteln. In seiner äußersten Herablassung befiehlt euch der Schah, ihm zu dienen, und ihr handelt in Auflehnung gegen seinen erhabenen Befehl einfältig und betrübt mich schwer. Indessen will ich meinen Sklaven, den sprechenden Vogel, um Rat fragen und sehen, was er sagt; denn nie, wenn ich mich in einer schweren und wichtigen Sache zu entscheiden habe, unterlasse ich es, seinen Rat einzuholen.« Hierauf stellte Perīsâde den Käfig an ihre Seite und fragte ihn, nachdem sie ihrem Sklaven alles, was ihre Brüder ihr mitgeteilt hatten, vorgetragen hatte, um seinen Rat, was sie thun sollten. Der sprechende Vogel antwortete: »Es geziemt den Prinzen, dem Schah in allem, was er von ihnen verlangt, zu entsprechen; überdies sollen sie ein Fest anrichten und ihn demütigst bitten dies Haus durch seinen Besuch zu beehren, um ihm hierdurch ihre Ergebenheit zu bezeugen.« Die Prinzessin versetzte: »O Vogel, meine Brüder sind mir sehr teuer und möchte ich sie, wenn es angeht, nicht einen Augenblick lang aus meinen Augen lassen; Gott soll hüten, daß diese Kühnheit von ihrer Seite unserer Liebe ein Leid zufügt.« Der sprechende Vogel entgegnete: »Ich habe dir zum besten geraten und dir den richtigsten Rat erteilt. Befürchte nichts, wenn du ihn befolgst, denn nichts als Gutes soll hieraus entstehen.« Die Prinzessin erwiderte: »Wenn nun aber der Schatten Gottes uns durch Betreten der Schwelle unseres Hauses beehrt, muß ich mich ihm da nicht mit entschleiertem Gesicht zeigen?« Der sprechende Vogel versetzte: »Gewiß; dies wird dir nichts schaden, vielmehr wird es dir zum Nutzen gereichen.«

So ritten denn die beiden Prinzen Bahman und Parwîs am nächsten Tage in der Frühe wie gewöhnlich zu den Jagdgründen und trafen dort mit Chusrau Schah zusammen, der sie fragte: »Was für eine Antwort bringt ihr mir von eurer Schwester?« Da trat der ältere Bruder vor und sprach: »O Schatten Gottes, wir sind deine Sklaven, und was du uns auch zu heißen geruhen magst, das sind wir bereit zu erfüllen. Diese deine geringsten Sklaven haben die Sache ihrer Schwester vorgetragen und haben ihre Erlaubnis erhalten; ja, sie schalt und tadelte sie obendrein, daß sie sich nicht beeilten die Befehle des Asyls des Weltalls in demselben Augenblick, als sie erteilt wurden, auszuführen. Sie ist deshalb schwer erzürnt auf uns und ersucht uns um ihretwillen für dieses unser Vergehen den Schâhinschâh um Vergebung zu bitten.« Der König versetzte: »Ihr habt kein Verbrechen begangen, das des Königs Mißfallen erregt hätte; vielmehr entzückt es den Schatten Gottes außerordentlich, eure Liebe zu eurer Schwester zu sehen.«

Als die Prinzen diese gütigen und herablassenden Worte vom Schah vernahmen, schwiegen sie und ließen beschämt ihr Haupt zu Boden hängen, während der König, der an jenem Tage nicht wie gewöhnlich nach der Jagd, wenn er die Brüder sich zurückhalten sah, aufgeregt war, sie zu sich heranrief und ihre Herzen mit huldvollen Worten aufrichtete. Als er dann des Vergnügens überdrüssig war, lenkte er das Haupt seines Rosses zurück zum Palast und geruhte den Prinzen zu befehlen an seiner Seite zu reiten. Alle die Wesire, Ratgeber und Höflinge schäumten vor Neid und Eifersucht, zwei Unbekannte mit solchen Zeichen ganz besonderer Huld behandelt zu sehen; und als die beiden Prinzen an der Spitze des Gefolges den Bazar entlang ritten, richteten sich aller Augen auf die Jünglinge, und einer fragte den andern: »Wer sind die beiden, die neben dem Schah reiten? Sind sie aus dieser Stadt oder kommen sie aus fremden Land?« Und das Volk rühmte und segnete sie und sprach: »Gott sende dem König der Könige zwei ebenso hübsche und tapfere Prinzen wie diese beiden, die an seiner Seite reiten! Wenn unsere unglückliche Königin, die im Gefängnis schmachtet, Söhne geboren hätte, sie wären mit Gottes Huld nun in demselben Alter als diese jungen Herren.«

Als der Reiterzug den Palast erreicht hatte, stieg der König von seinem Pferd ab und führte die beiden Prinzen in sein Privatgemach, einen prächtigen, herrlich eingerichteten Raum, in dem ein Tisch mit köstlichen Speisen und erlesenen Leckerbissen aufgetragen war; und nachdem sich der König gesetzt hatte, forderte er sie auf ein gleiches zu thun. Da verneigten sich beide Prinzen tief und setzten sich, worauf sie in wohlerzogenem Schweigen und respektvoller Haltung aßen. Alsdann richtete der Schah, um die Unterhaltung zu beleben und ihre Klugheit und Einsicht zu prüfen über alle möglichen Sachen Fragen an sie; da sie aber wohlerzogen und in jeder Kunst und Wissenschaft ausgebildet waren, antworteten sie ihm richtig und ohne den geringsten Zwang, so daß der Schah, von Staunen erfaßt ward und bitterlich bedauerte, daß ihm Gott, der Erhabene, nicht so schöne, kluge und gebildete Söhne wie diese beiden beschert hatte. Und aus Vergnügen ihnen zuzuhören, säumte er bei Tisch länger als gewöhnlich. Als er dann vom Mahle aufstand und sich mit ihnen in sein Privatzimmer zurückzog, saß er noch lange plaudernd mit ihnen da, bis er schließlich in seiner Verwunderung rief: »Nie bis auf den heutigen Tag ruhten meine Blicke auf so wohlerzogenen, hübschen und fähigen Jünglingen als diesen hier, und ich glaube, es wäre schwer irgendwo in der Welt ihresgleichen zu finden.« Zum Schluß sagte er: »Es wird spät, darum laßt uns jetzt unsere Herzen mit Musik erfreuen.« Und alsbald begann die königliche Sänger- und Musikkapelle zu singen und spielen, während Tänzerinnen und Knaben ihre Kunst entfalteten und Schauspieler und Komödianten ihre Späße trieben. Die Prinzen belustigten sich aufs höchste an diesem Schauspiel, und die letzten Nachmittagsstunden verstrichen in königlicher Ausgelassenheit und Freude. Als aber die Sonne untergegangen war und der Abend hereinbrach, baten die Prinzen den Schah unter vielen Danksagungen für die hohen Ehren, die ihnen zu teil geworden waren, um ihre Entlassung, worauf der König vor ihrem Fortgang zu ihnen sagte: »Kommt morgen wieder wie zuvor zu unserm Jagdgrund und laßt uns dann zum Palast heimkehren. Beim Bart des Schahs, der Schah möchte euch gern stets bei sich haben, daß ihr ihn mit eurer Gesellschaft und Unterhaltung erfreut.« Da warf sich der Prinz Bahman vor der Majestät nieder und sprach: »Es ist unser höchster Wunsch, o Schatten Gottes auf Erden, daß du morgen, wenn du von der Jagd kommst und an unserm Hause vorüberreitest, huldreich einzutreten und eine Weile in ihm zu rasten geruhst, hierdurch uns und unserer Schwester die höchsten Ehren erweisend. Wiewohl die Stätte der erhabenen Gegenwart des Schâhinschâhs nicht würdig ist, so geruhen doch mächtige Könige bisweilen, die Hütten ihrer Sklaven zu besuchen.« Der König, der immer mehr von ihrer Anmut und gefälligen Rede bezaubert ward, gewährte ihnen eine höchst huldreiche Antwort, indem er sprach: »Die Behausung von Jünglingen eures Standes und Ranges ist sicherlich eurer würdig und schön, und gern willigt der Schah ein morgen euer und eurer Schwester Gast zu sein, von der er, wiewohl er sie bisher noch nicht gesehen hat, überzeugt ist, sie vollkommen in allen Vorzügen des Körpers und Geistes zu finden. Erwartet daher wie gewöhnlich den Schah morgen früh an dem üblichen Platz.« Hierauf baten die Prinzen um Erlaubnis zur Heimkehr und sagten, als sie zu Hause anlangten, zu ihrer Schwester: »O Perīsâde, der Schah hat erklärt, morgen zu unserm Hause zu kommen und sich nach der Jagd bei uns ausruhen zu wollen.« Sie versetzte: »Wenn dem so ist, so müssen wir dafür sorgen, daß alles zu einem königlichen Bankett zurechtgemacht wird, damit wir nicht beschämt werden, wenn der Schatten Gottes uns zu überschatten geruht. Ich muß in dieser Angelegenheit meinen Sklaven, den sprechenden Vogel, um Rat fragen, damit ich für den Schah die passenden und für seinen königlichen Gaumen zusagenden Gerichte bereite.«

Beide Prinzen billigten ihren Plan und gingen dann zur Ruhe, während Perīsâde den Käfig holen und ihn vor sich setzen ließ, worauf sie zum Vogel sprach: »O Vogel, der Schah hat beschlossen und zugesagt morgen unser Haus zu beehren, weshalb wir für unsern Herrn das schönste Mahl zurechtmachen müssen; ich bitte dich daher mir zu sagen, welche Gerichte die Köche für ihn kochen sollen.« Der sprechende Vogel versetzte: »O meine Herrin, du hast die geschicktesten Köche und Zuckerbäcker. Befiehl ihnen die erlesensten Leckerbissen zu bereiten, vor allem sieh jedoch selber zu, daß sie vor den Schah ein Gericht frische grüne, mit Perlen gefüllte Gurken setzen.« Da sagte die Prinzessin in höchster Verwunderung: »Nie vernahm ich bis zu dieser Stunde von einer solchen Delikatesse. Wie? Gurken mit Perlen gefüllt? Was wird denn der König, der Brot zu essen und nicht Steine anzusehen kommt, zu einem solchen Gericht sagen? Ferner besitze ich gar nicht Perlen genug, die auch nur für eine einzige Gurke ausreichten.« Der sprechende Vogel erwiderte: »Das ist ein leichtes Ding; fürchte nichts und verfahre nur nach meinem Rat. Ich suche nur dein Wohl und würde dir nichts zu deinem Schaden raten. Was die Perlen anlangt, so wirst du sie auf folgende Weise erhalten: Begieb dich morgen früh in den Lustgarten und laß ein Loch bei dem ersten Baum in dem Pfad zu deiner Rechten graben, wo du soviel Perlen, als du brauchst, finden wirst.«

Infolgedessen befahl Perīsâde am nächsten Morgen nach Anbruch der Dämmerung einem Gärtnerburschen ihr zu folgen und begab sich zu dem Platz in dem Lustgarten, den ihr der sprechende Vogel angegeben hatte. Hier grub der Bursche ein tiefes und großes Loch, bis sein Spaten plötzlich gegen einen harten Gegenstand stieß, worauf er die Erde mit seinen Händen entfernte und einen goldenen Kasten von fast einem Fuß ins Geviert aufdeckte. Da zeigte er ihn der Prinzessin, welche zu ihm sagte: »Ich holte dich gerade seinetwegen her. Gieb acht und sieh zu, daß er keinen Schaden leidet; grab' ihn aus und bring' ihn mir mit aller Vorsicht.« Als der Bursche ihren Befehl ausgerichtet hatte, öffnete sie ihn auf der Stelle und fand ihn mit Perlen, frisch aus der See, angefüllt, alle rund wie Ringe und von derselben Größe, die vorzüglich für den vom sprechenden Vogel angegebenen Zweck geeignet waren. Perīsâde freute sich über die Maßen bei diesem Anblick und kehrte mit dem Kasten heim.

Als die beiden Prinzen, die ihre Schwester frühzeitig mit dem Gärtnerburschen hatten fortgehen sehen und verwundert waren, weshalb sie so früh ganz gegen ihre Gewohnheit zum Park gegangen war, sie aus dem Fenster beim Heimkehren erblickten, legten sie sofort ihre Ausgehsachen an und gingen ihr entgegen. Als sie dann sahen, daß sie einen ungewöhnlichen Gegenstand unter ihrem Arm trug und beim Näherkommen gewahrten, daß es ein goldener Kasten war, von dem sie nichts wußten, sagten sie zu ihr: »O unsere Schwester, wir sahen dich in der Morgenfrühe mit leeren Händen, begleitet von einem Gärtnerburschen, in den Lustgarten gehen und nun bringst du diesen goldenen Kasten; sag' uns, wo und wie du ihn gefunden hast; vielleicht liegt irgend ein Schatz hier nahe im Garten verborgen.« Perīsâde erwiderte: »Ihr habt recht, meine Brüder; ich nahm diesen Burschen mit und ließ ihn unter einem Baum graben, wo wir auf diesen Kasten voll Perlen stießen, deren Anblick, wie ich hoffe, eure Herzen erfreuen wird.« Alsdann öffnete sie den Kasten, worauf ihre Brüder angesichts der Perlen ins höchste Erstaunen gerieten und sich mächtig freuten. Hierauf sagte die Prinzessin: »Kommt nun mit mir, denn was ich in der Hand trage, ist schwer.« Der Prinz Bahman versetzte: »Was hast du vor? Ich bitte, sag' es uns unverzüglich, denn nie zuvor hast du uns etwas verborgen.« Sie erwiderte: »O meine Brüder, ich habe nichts vor euch zu verbergen; glaubt nichts Schlimmes von mir, ich will euch nun die ganze Geschichte erzählen.« Hierauf erzählte sie ihnen, welchen Rat ihr der sprechende Vogel gegeben hatte, und sie verwunderten sich, die Sache hin und her überlegend, mächtig, warum ihr Sklave ihr befohlen hatte, ein Gericht frischer, mit Perlen gefüllter Gurken dem Schah vorzusetzen, ohne daß sie einen Grund hierfür finden konnten. Perīsâde aber sagte: »Der Vogel ist klug und verständig, und sein Rat ist gewiß zu unserm Besten; in jedem Falle aber ist er nicht grund- oder zwecklos, und es geziemt uns deshalb nach seinem Befehl zu thun.« Hierauf begab sich die Prinzessin in ihr Gemach und ließ den Oberkoch vor sich kommen, zu dem sie sprach: »Heute wird der Schah, der Schatten Gottes auf Erden, sich herablassen hier das Mittagsmahl zu speisen. Achte daher, daß die Speisen vom ausgesuchtesten Geschmack und wohlgeeignet sind, dem Asyl des Weltalls vorgesetzt zu werden. Unter allen Gerichten befindet sich jedoch eines, das du allein zubereiten mußt, und an das kein anderer Hand anlegen darf. Es soll nämlich aus den frischesten mit Perlen gefüllten Gurken bestehen.«

Der Koch vernahm staunend den Befehl der Prinzessin und sprach bei sich: »Wer hörte je von solchem Gericht und ließ sich solchen Befehl träumen!« Perīsâde, die ohne die Wissenschaft des Gedankenlesens seine Verblüffung in seinen Zügen las, sagte: »Ich ersehe aus deinen Mienen, daß du mich für übergeschnappt hältst, dir solch einen Befehl zu erteilen. Ich weiß wohl, daß noch niemand ein derartiges Gericht aß, doch was geht das dich an? Thu' nur, was dir geheißen ist. Du siehst diesen Kasten bis an den Rand voll Perlen. Nimm von ihnen zum Gericht soviel du willst und laß den Rest im Kasten.« Der Koch, der in seinem Staunen und seiner Verblüfftheit nichts zu antworten vermochte, suchte sich soviel Perlen aus, als er bedurfte, worauf er fortging, das Kochen und die Zubereitung der Gerichte zu überwachen, während die Prinzessin inzwischen durch das ganze Haus und Besitztum ging und den Sklaven zu ihrer Ausschmückung Befehl erteilte, indem sie besonders ihr Augenmerk auf die Teppiche, Diwane, Lampen und allen andern Hausrat richtete.

Am nächsten Tag ritten gegen Morgengrauen die Prinzen Bahman und Parwîs in reicher Kleidung zu dem verabredeten Platz aus, wo sie zuerst den Schah getroffen hatten, der ebenso pünktlich seinem Versprechen nachgekommen war und mit ihnen an der Jagd teilzunehmen geruhte. Als dann die Sonne hochgestiegen war und ihre Strahlen heiß brannten, gab der König die Jagd auf und kehrte mit den Prinzen zu ihrer Wohnung heim; und als sie sich ihr näherten, sprengte der Jüngere voraus und teilte der Prinzessin mit, daß das Asyl des Weltalls in bester Vorbedeutung nahte. Infolgedessen beeilte sie sich ihn zu empfangen und stellte sich, seine Ankunft erwartend, am innern Eingang auf. Nachdem dann der König ans Thor geritten war und, von seinem Pferd absteigend, über die Schwelle der Hausthür schritt, fiel sie ihm zu Füßen und huldigte ihm, während ihre beiden Brüder sprachen: »O Asyl des Weltalls, dies ist unsere Schwester, von der wir dir sprachen.« Der Schah hob sie mit freundlicher Huld und Herablassung bei der Hand auf, und als er ihr Antlitz erblickte, verwunderte er sich höchlichst über ihre Anmut und Holdseligkeit. Er dachte bei sich: »Wie ähnlich ist sie an Gesicht und Wuchs ihren Brüdern, und ich glaube, unter allen meinen Unterthanen in Stadt oder Land giebt's niemand, der sich mit ihnen in Schönheit und edelm Betragen vergleichen könnte. Ebenso übertrifft dieses Landhaus an Glanz und Pracht alles, was ich bisher sah.«

Hierauf führte die Prinzessin den Schah durch das Haus und zeigte ihm seine ganze Pracht, während er sich über alles, was er sah, mächtig freute; und als er alles, was sich im Hause befand, betrachtet hatte, sagte er zur Prinzessin: »Deine Wohnung ist bei weitem prächtiger als irgend ein Palast des Schahs, der jetzt durch den Lustgarten spazieren möchte, da er nicht zweifelt, daß er ebenso entzückend wie das Haus ist.« Da stieß die Prinzessin weit die Thür auf, von wo aus der Garten überschaut werden konnte. Und sogleich gewahrte der Schah vor allen andern Dingen den Springbrunnen, der unaufhörlich in Garben und Strahlen von krystallklarem, goldiggefärbtem Wasser aufstieg. Als er dieses Wunder erschaute, rief er: »Das ist fürwahr ein herrlicher Springbrunnen! Woher kommt dieses beständige Wasser, und wie ward er angelegt? Der Schah möchte ihn gern aus der Nähe betrachten.« Die Prinzessin versetzte: »O König der Könige und Herr der Lande, es beliebe dir nach deinem Belieben zu thun.« Hierauf schritten sie zum Springbrunnen, und der Schah stand da und betrachtete ihn mit Entzücken, als er mit einem Male ein Konzert zuckersüßer Stimmen von harmonischem sinnbethörendem Klang vernahm. Da wendete er sich um und blickte rings um sich, um die Sänger zu entdecken, doch gewahrte er niemand, und wiewohl er in die Nähe und Ferne spähte, blieb doch alles umsonst; er vernahm wohl die Stimmen, doch vermochte er keinen Sänger zu finden. Schließlich rief er völlig verwirrt: »Woher kommen diese so wundersüßen Töne? Steigen sie aus der Erde Tiefen oder schweben sie von hoch droben aus der Luft? Sie erfüllen das Herz mit Entzücken, doch überraschen sie die Sinne dadurch, daß kein Sänger zu entdecken ist.« Lächelnd versetzte die Prinzessin: »O Herr der Herren, hier sind keine Sänger; die Weisen, welche an die Ohren des Schahs tönen, kommen von jenem Baum. Geruhe, ich bitte dich, weiter zu schreiten und ihn dir genau anzusehen.« Da schritt der Schah, in immer tieferes Entzücken von der Musik versetzt, auf den Baum zu und schaute bald nach dem goldenen Wasser und bald nach dem singenden Baum, bis er ganz in Staunen und Verwunderung aufgegangen war und bei sich sprach: »O Gott, ist dies alles Natur oder Zauberei, denn fürwahr der Ort ist der Geheimnisse voll!« Schließlich wendete er sich zur Prinzessin und sprach zu ihr: »O meine Herrin, ich bitte dich, woher kamt ihr zu diesem wunderbaren Baum, der mitten im Garten steht? Brachte ihn jemand aus weitentlegenem Land als seltene Gabe? Und unter welchem Namen ist er bekannt?« Perīsâde erwiderte: »O König der Könige, dieses Wunder heißt der singende Baum und wächst nicht in unserm Land. Es würde jedoch lange Zeit in Anspruch nehmen, dir zu erzählen, woher und wie ich ihn bekam, und es genüge dir vorläufig zu hören, daß der singende Baum mit der goldenen Quelle und dem sprechenden Vogel von mir zu derselben Zeit gefunden wurden. Jetzt aber geruhe deine Sklavin zu begleiten und dir diese dritte Merkwürdigkeit anzusehen, und wenn sich der Schah ausgeruht und von der Anstrengung und Beschwerde der Jagd erholt hat, dann soll dem Asyl der Welt die Geschichte dieser drei Wunderdinge auf das ausführlichste erzählt werden.« Der König entgegnete: »Alle Müdigkeit des Schahs ist bei dem Anblick dieser Wunder gewichen, doch laßt uns jetzt auch noch den sprechenden Vogel anschauen.«

Nachdem die Prinzessin dem König auch den Vogel gezeigt hatte, kehrten sie wieder zum Garten zurück, wo der Schah nicht müde ward mit höchstem Erstaunen den Springbrunnen zu betrachten, bis er rief: »Wie kommt das? Das Auge des Schahs gewahrt keinen Quell und keinen Kanal, woher all dies Wasser kommt; auch giebt es kein Becken groß genug all das Wasser zu fassen.« Perīsâde versetzte: »Du sprichst die Wahrheit, o König der Könige. Dieser Wasserstrahl hat keine Quelle und steigt allein aus einem kleinen Marmorbecken auf, das ich durch ein einziges Fläschchen goldenes Wasser anfüllte. Durch Gottes, des Erhabenen, Allmacht nahm es zu und schwoll an, bis es in dieser gewaltigen Wassergarbe aufstieg, welche der Schah sieht. Außerdem spielt es Tag und Nacht und, wunderbar zu sagen, das Wasser, das von jener Höhe wieder ins Becken zurückfällt, nimmt nicht ab an Menge, und nichts von ihm spritzt vorüber und geht verloren.«

Hierauf befahl der König, von Staunen und Verwunderung erfüllt, zum sprechenden Vogel zurückzugehen, worauf die Prinzessin ihn zum Belvedere geleitete. Als er von hier aus tausende von Vögeln allerlei Art gewahrte, die in den Bäumen sangen und die Luft mit ihren Hymnen und Lobgesängen des Schöpfers erfüllten, fragte er seine Führerin: »O meine Herrin, woher kommen diese zahllosen Sänger, die dort auf jenem Baum wimmeln und den Himmel von ihren melodischen Weisen wiederhallen machen, und weshalb bevorzugen sie allein jenen Baum?« Perīsâde erwiderte: »O König der Könige, sie kamen alle, angezogen von dem sprechenden Vogel, hergeflogen, um seinen Gesang zu begleiten; und weil sein Käfig gerade am Fenster dieses Belvederes hängt, bevorzugen sie den ihm am nächsten befindlichen Baum. Man kann ihn hier süßere Töne als alle andern Vögel singen hören, ja bei weitem musikalischere Weisen selbst als die Nachtigall.«

Wie nun der Schah sich dem Käfig näherte und dem Gesang des Vogels lauschte, rief die Prinzessin ihrem Gefangenen die Worte zu: »O mein Vogel und Sklave, bemerkst du nicht die Anwesenheit des Asyls des Weltalls, daß du ihm nicht aufwartest und huldigst?« Als der sprechende Vogel diese Worte vernahm, hielt er sofort in seinem Gesang inne, worauf sogleich alle andern Vögel ebenfalls im tiefsten Schweigen dasaßen; denn sie waren ihrem Herrn treuergeben, und keiner von ihnen wagte einen Laut von sich zu geben, wenn er schwieg. Alsdann sprach der Vogel mit menschlicher Stimme die Worte: »O großer König, mag dir Gott, der Erhabene, in seiner Macht und Majestät Gesundheit und Glück gewähren!« Der Schah erwiderte ihm den Gruß, worauf der Sklave der Prinzessin Perīsâde unablässig auf sein Haupt Segen herabflehte.

Inzwischen waren die Tische in der prächtigsten Weise aufgetragen, und die erlesensten Gerichte wurden nun der Gesellschaft vorgesetzt, die nach Rang und Stand Platz nahm, wobei der Schah dicht neben dem sprechenden Vogel und dem Fenster, an dem sein Käfig aufgehängt war, Platz nahm. Alsdann wurde ihm das Gericht grüne Gurken vorgesetzt, und er streckte die Hand aus um zuzulangen, doch zog er sie wieder verwundert zurück, als er sah, daß die Gurken, die auf der Schüssel nebeneinandergereiht dalagen, mit Perlen gefüllt waren, die an beiden Enden hervorschienen. Er fragte die Prinzessin und ihre Brüder: »Was ist das für ein Gericht? Es kann unmöglich als Speise gemeint sein. Weshalb ist es dem Schah vorgesetzt? Erklärt mir, ich befehle es euch, was diese Sache zu bedeuten hat.« Sie schwiegen, da sie nicht wußten, was für eine Antwort sie ihm geben sollten, als mit einem Male der sprechende Vogel anstatt ihrer anhob und sprach: »O König der Zeit und des Jahrhunderts, erachtest du es für sonderbar ein Gericht Gurken, die mit Perlen gefüllt sind, zu sehen? Um wie viel seltsamer ist es, daß du nicht erstauntest, als du vernahmst, die Königin, deine Gemahlin, hätte wider Gottes Weltordnung solche Tiere als einen Hund, eine Katze und Moschusratte zur Welt gebracht? Dies hätte dir vielmehr Grund zur Verwunderung geben sollen, denn wer hätte je gehört, daß Frauen so etwas geboren hätten.« Da erwiderte der Schah: »Alles was du sagst ist wahr, und ich weiß, daß solche Dinge nicht nach Gottes, des Erhabenen, Gesetz sind; ich glaubte jedoch den Worten der Ammen, die in der Stunde der Entbindung bei der Königin waren, da es keine Fremden waren, sondern ihre eigenen Schwestern, von denselben Eltern wie sie geboren. Wie sollte ich da nicht ihren Worten Glauben schenken?« Der sprechende Vogel versetzte: »O König der Könige, fürwahr, der wahre Sachverhalt ist mir nicht verborgen. Wiewohl es die leiblichen Schwestern der Königin waren, so wurden sie, als sie die königliche Huld und Liebe zu ihrer jüngsten Schwester sahen, aus Neid und Eifersucht von Zorn, Haß und Bosheit verzehrt. Sie planten deshalb Böses wider sie, und schließlich gelang es ihnen, deine Gedanken von ihr abzuwenden und ihre Tugenden vor deinen Augen zu verbergen. Nun ist dir ihre Tücke und Falschheit offen kundgethan, und wenn du noch weitern Beweis begehrst, so laß sie kommen und stell' sie zur Rede. Sie werden es nicht vor dir verbergen können und werden gezwungen sein zu bekennen und deine Gnade zu erflehen.« Hierauf fuhr der sprechende Vogel fort: »Diese zwei königlichen Brüder, so wacker und schön, und diese holdselige Prinzessin, ihre Schwester, sind deine eigenen rechtmäßigen Kinder, geboren von der Königin, deiner Gemahlin. Die Hebammen, deine Schwägerinnen, schafften sie in der Schwärze ihres Herzens und Antlitzes sogleich nach ihrer Geburt beiseite; und jedesmal, wenn dir ein Kind geboren ward, wickelten sie es in ein Stück von einer Decke und legten es in einen Korb, den sie in den am Palast vorbeifließenden Strom setzten, damit das Kind eines dunkeln Todes stürbe. Es traf sich jedoch, daß der Intendant der königlichen Gärten alle die Körbe bemerkte, als sie an seinen Ländereien vorüberzogen, und die Kinder, die er in ihnen fand, in seine Obhut nahm. Er ließ sie mit aller Sorgfalt stillen und erziehen und, als sie heranreiften, in allen Künsten und Wissenschaften unterrichten. So lange er lebte, befaßte er sich mit ihnen und erzog sie in Liebe und Zärtlichkeit, als wären es seine eigenen Kinder. Und nun, o Chusrau Schah, erwache aus dem Schlaf deiner Unwissenheit und Gedankenlosigkeit und wisse, daß diese beiden Prinzen Bahman und Parwîs und ihre Schwester die Prinzessin Perīsâde deine eigenen Kinder und rechtmäßigen Erben sind.«

Als der König diese Worte vernahm und ihre Wahrheit einsah und die Missethat seiner teuflischen Schwägerinnen erkannt hatte, sprach er: »O Vogel, ich bin von deiner Wahrhaftigkeit überzeugt, denn als ich diese Jünglinge zum erstenmal in den Jagdgründen erblickte, ward mein Herz von Liebe zu ihnen hingezogen, als wären es meine eigenen Söhne gewesen. Beide Prinzen und ihre Schwester zogen meine Liebe an wie der Magnet das Eisen anzieht, und die Stimme des Blutes ruft mir zu und zwingt mich das Band zu bekennen und einzugestehen, daß es meine eigenen Kinder sind, geboren von dem Mutterschoß meiner Königin, deren grausames Los ich über sie verhängte.« Alsdann wendete er sich zu den Prinzen und ihrer Schwester und sprach mit Thränen in den Augen und mit gebrochener Stimme: »Ihr seid meine Kinder, und von nun an sehet in mir euern Vater.« Da stürzten sie sich in lautem Jubel auf ihn und umarmten ihn, ihm um den Hals fallend. Hierauf setzten sich alle zu Tisch, und als sie ihr Mahl beendet hatten, sagte Chusrau Schah zu ihnen: »O meine Kinder, ich muß euch jetzt verlassen, doch, so Gott will, komme ich morgen wieder und bringe die Königin, eure Mutter, mit.« Mit diesen Worten nahm er zärtlichen Abschied von ihnen und ritt zu seinem Palast, wo er, sobald er sich auf seinen Thron gesetzt hatte, den Großwesir zu sich entbieten ließ und ihm befahl: »Schicke sofort zu den Schwestern meiner Königin, den elenden Weibsbildern, und laß sie in die schwersten Fesseln legen, denn ihre Missethaten sind endlich ans Licht gekommen, und sie verdienen den Tod der Mörderinnen zu erleiden. Laß den Schwertmeister sofort sein Schwert schärfen, denn die Erde lechzt nach ihrem Blut. Geh' selber hin, daß sie unverzüglich enthauptet werden, und erwarte keinen weitern Befehl, sondern vollstrecke sogleich mein Geheiß.«

Der Großwesir machte sich sofort auf den Weg und so wurden in seiner Gegenwart die neidischen Schwestern enthauptet und erlitten für ihre Bosheit und Missethat die gerechte Strafe. Hierauf schritt Chusrau Schah mit seinem Gefolge zu Fuß zur Hauptmoschee, neben welcher die Königin für so lange Jahre in bitterm Kummer und Weh eingesperrt saß, und führte sie eigenhändig aus ihrem Käfig heraus und umarmte sie zärtlich. Als er ihren elenden Zustand, ihr gramverzehrtes Gesicht und ihre erbärmliche Kleidung sah, weinte er und rief: »Gott, der Erhabene, verzeihe mir diese meine ungerechte und sündvolle Handlung gegen dich! Ich habe deine Schwestern, die voll Tücke und Haß meinen Zorn und Grimm wider dich, die Unschuldige und Sündlose, erregten, hinrichten lassen, und sie haben nun den gerechten Lohn für ihre Missethaten empfangen.« Alsdann tröstete der König seine Gemahlin mit liebreichen und zärtlichen Worten und erzählte ihr alles, insbesondere aber, was er vom sprechenden Vogel vernommen hatte, worauf er mit den Worten schloß: »Komm nun mit mir zum Palast, wo du deine beiden Söhne und deine Tochter, herangewachsen zu den schönsten Geschöpfen, sehen sollst. Begleite mich, umarme sie und zieh' sie an deinen Busen, denn es sind unsere Kinder, das Licht unserer Augen. Zuerst begieb dich jedoch ins Bad und lege deine königlichen Gewänder und Juwelen an.« Inzwischen verbreitete sich die Kunde in der Stadt, wie der König endlich wieder der Königin seine Huld zugewendet und sie mit eigenen Händen aus ihrem Gefängnis erlöst und für das Unrecht, das er ihr angethan, um Verzeihung gebeten hätte; wie sich erwiesen hätte, daß die Prinzen und die Prinzessin ihre eigenen Kinder wären, und wie der König Chusrau Schah ihre Schwestern, die gegen sie Ränke geschmiedet hatten, bestraft hätte; und so herrschte Freude und Fröhlichkeit in der Stadt und dem ganzen Königreich, und alles Volk segnete des Königs Gemahlin und fluchte ihren Schwestern, den Teufelinnen.

Am nächsten Tage, als sich die Königin im Warmbad gebadet und ihren königlichen Schmuck und Anzug angelegt hatte, machte sie sich mit dem König auf, ihre Kinder zu begrüßen, und der König führte ihr die Prinzen Bahman und Parwîs und die Prinzessin Perīsâde entgegen und sprach: »Schau, hier sind deine Kinder, die Frucht deines Mutterschoßes und dein Herzblut, deine eigenen Söhne und deine Tochter. Umarme sie mit aller mütterlichen Liebe und breite deine Huld und Zärtlichkeit über sie aus, wie ich es that. Als du sie gebarst, nahmen deine verruchten Schwestern sie dir fort und warfen sie in jenen Strom, worauf sie angaben, du hättest zuerst einen Hund, dann eine Katze und zuletzt eine Moschusratte geboren. Ich bin untröstlich darüber, daß ich ihren Verleumdungen Glauben schenkte, und die einzige Sühne, die ich thun kann, ist die, daß ich diese drei Kinder, die du gebarst, und die uns Gott, der Erhabene, wieder geschenkt und würdig gemacht hat, unsere Kinder zu heißen, in deine Arme lege.«

Hierauf fielen die Prinzen und die Prinzessin ihrer Mutter um den Hals und umarmten sie zärtlich unter Strömen von Freudenthränen. Dann setzten sich der Schah und die Königin mit ihren Kindern zu Tisch, und als sie ihr Mahl beendet hatten, begab sich Chusrau Schah mit seiner Gemahlin in den Garten, um ihr den singenden Baum und das goldene Wasser zu zeigen, von denen die Königin mit Verwunderung und Entzücken erfüllt ward. Hierauf schritten sie zum Belvedere, und besuchten den sprechenden Vogel, von dem der König beim Mahl mit den Worten des höchsten Lobes zu ihr gesprochen hatte, und die Königin geriet in Entzücken über seine süße Stimme und seinen melodischen Gesang.

Nachdem sie alle diese Dinge besichtigt hatten, stieg der König zu Pferd, zur Rechten vom Prinzen Bahman, zur Linken von Parwîs begleitet, während die Königin die Prinzessin Perīsâde zu sich in ihre Sänfte nahm, und so zogen sie zum Palast. Als der königliche Zug die Stadtmauern passierte und mit königlichem Pomp und Gepränge in die Stadt zog, strömte das Volk, das die frohe Kunde vernommen hatte, in Menge herzu, ihren Einzug zu sehen, und brach in Jubelrufe aus; und wie sich die Unterthanen zuvor gegrämt hatten, die Königin eingesperrt zu sehen, so frohlockten sie nun vor Freude über ihre Befreiung. Vornehmlich aber verwunderten sie sich über den sprechenden Vogel, denn die Prinzessin trug ihn mit sich im Käfig, und unterwegs kamen tausende von süßstimmigen Sängern aus allen Himmelsrichtungen herbeigeflogen und umflatterten ihn, ihn als Geleit in seinem Käfig begleitend und die Luft mit wunderbarer Musik erfüllend, während wiederum Scharen von andern Vögeln auf den Bäumen und Dächern saßen und zwitscherten und trillerten, um ihren Herrn in seinem Käfig zu begrüßen.

Als sie beim Palast angelangt waren, setzten sich der Schah, seine Königin und seine Kinder zu einem prächtigen Bankett, und die Stadt ward illuminiert, und überall verkündeten Reigen und Lustbarkeiten die Freude der Unterthanen. Lange Tage währten diese Gelage und Lustbarkeiten in der Hauptstadt und dem Königreich, wo jedermann vergnügt und glücklich war und Schmausereien und Feste in seinem Hause veranstaltete. Als aber die Feste zu Ende waren, machte der König Chusrau Schah seinen ältern Sohn Bahman zum Erben seines Thrones und Königsreiches und übertrug seinen Händen sämtliche Staatsgeschäfte, und der Prinz verwaltete sie mit solcher Klugheit und so großem Erfolg, daß die Größe und der Ruhm des Reiches sich verdoppelten. Seinen jüngern Sohn, den Prinzen Parwîs, betraute der Schah mit dem Heer, sowohl der Reiterei als den Fußtruppen, während er die Prinzessin Perīsâde mit einem mächtigen König, der ein großes Reich beherrschte, vermählte.

So vergaß die Königin-Mutter schließlich in vollkommener Freude und Fröhlichkeit das Leid ihrer Gefangenschaft, und das Schicksal gewährte ihnen hinfort die angenehmsten Tage, und sie führten das schönste Leben, bis sie schließlich der Zerstörer der Freuden, der Trenner der Vereinigungen, der Verwüster der Paläste, der Bevölkerer der Gräber und Schnitter des Auferstehungstages heimsuchte, und es ward, als wären sie nimmer gewesen.

Preis dem Herrn, der nimmer stirbt und keinen Schatten von Veränderung kennt!

 


 

Ende des einundzwanzigsten Bandes.

 


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