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Der Freimaurerbund hat unter allen Gesellschaften der Welt die mächtigste Ausdehnung gewonnen und das Meiste zur Beförderung religiöser und politischer Duldsamkeit und zur Abschaffung barbarischer Einrichtungen und Gebräuche beigetragen. Deshalb ist er auch von allen Machthabern, Sekten und Individuen, welche ihre Anmaßungen, Mißbräuche und Interessen durch ihn bedroht sahen, stets auf die gehässigste Weise angegriffen worden.
An die Spitze der Verfolgungen, welche den Freimaurerbund trafen, stellen wir, wie billig, jene, welche von dem »heiligen Vater der Christenheit« ausgingen. – Schon zwanzig Jahre nach der Stiftung des Freimaurerbundes, als bereits in Rom durch Engländer eine Loge gegründet, doch schon wieder eingegangen war, im Jahre 1738, erließ Papst Clemens XII. die Bulle »in emitenti,« durch welche er die Freimaurer exkommunicierte, ihnen keine andere Absolution, als durch den jeweiligen Papst gestattete und die Geistlichen, als »Inquisitoren der ketzerischen Verderbtheit« anwies, gegen die Übertreter des Bannfluches »vorzugehen und zu inquirieren, und sie als der Ketzerei gar sehr verdächtig mit angemessenen Strafen zu belegen und in Schranken zu halten, – nötigenfalls auch mit Anrufung der Hülfe des weltlichen Armes.« Begründet wurde diese Exkommunikation 1. durch den Umstand, daß die Freimaurer jeder Religion und Sekte angehören und sich »mit einer gewissen zur Schau getragenen Rechtschaffenheit begnügen« (d. h. sie wurden verdammt, weil sie tolerant und rechtschaffen sind!!!), 2. dadurch, daß sie im Geheimen arbeiten und sich durch einen Eid unter Androhung der schwersten Strafen zur Wahrung der Geheimnisse verpflichten, 3. daß sie die schwersten Schäden nicht blos der Ruhe des weltlichen Staates, sondern auch dem geistlichen Wohle der Seele zufügen, 4. daß sie im Widerspruche mit den bürgerlichen und kanonischen Gesetzen stehen. Diese Behauptungen jedoch zu beweisen, unterließ der Papst vollständig!
Die Bulle Clemens XII. wurde zwar vom Kardinal-Staatssekretär Firrao im Kirchenstaate bekannt gemacht, den Freimaurern Güterkonfiskation, Todesstrafe, Niederreißen ihrer Versammlungshäuser angedroht und den Kandidaten des Bundes bei Geld- oder Galeerenstrafe die Anzeige zur Pflicht gemacht; in den übrigen Ländern aber wurde die Bulle wenig beachtet; ja der Bund nahm seit dem Beitritte Friedrichs des Großen (1738), der ihm sein ganzes Leben lang treu blieb, einen so kräftigen Aufschwung, daß Papst Benedikt XIV., von welchem erzählt wird, daß er selbst Freimaurer gewesen, sich genötigt glaubte, die Maßregel Clemens XII. durch die Bulle »Providas« von 1751 zu bestätigen. Der Erfolg war jedoch derselbe, obschon auch die altersschwache Sorbonne (theologische Fakultät) in Paris 1748 gegen den verhaßten Bund ihren Fluch geschleudert hatte. Der Bund bestand nicht nur fort, sondern wuchs sogar, obschon ihn der Felsen Petri zu zermalmen drohte, und der letztere schwieg daher, bis er nach Wiederherstellung des Jesuitenordens im Jahre 1814 die rechte Zeit gekommen glaubte, durch ein Edikt des Kardinal-Staatssekretärs Consalvi unter Pius VII. die Freimauererbrüderschaft auf's Neue zu verdammen, worauf einem freimaurerischen Kaufmanne, der noch zu rechter Zeit geflohen war, die Güter eingezogen und auf offenem Markte verkauft wurden. Schon 1821 wiederholte dies Pius VII., indem er die Freimaurer auf die willkürlichste Weise mit der politischen Gesellschaft der Carbonari, und 1826 Leo XII., indem er sie durch die Bulle »Quo graviora mala« auf komische Weise mit den – Bibelgesellschaften zusammenwarf. Auch der letzte Papst, Pius IX., hat nicht weniger als fünfmal den Freimaurerbund »verdammt, verboten und geächtet,« und der heutige, Leo XIII. folgte seinem Beispiele, ohne den Bund aus anderen Quellen, als aus Verleumdungen seiner Feinde zu kennen.
Die übrigen italienischen Regierungen alten Stils ahmten dem Beispiele der Päpste nach. Schon im Jahre 1737 erließ Gaston, der letzte Großherzog Toscana's vom Hause Medici, das einst die Wissenschaften so großartig beförderte, ein Verbot gegen die Freimaurer, das aber keinen Bestand hatte, da sein Nachfolger, Franz von Lothringen, selbst Bundesbruder war. So fanden auch in Sardinien, Venedig und Neapel wiederholte Verbote statt, doch ohne auf die Dauer beobachtet zu werden, da z. B. in Neapel die Königin Karoline, Schwester der unglücklichen Marie Antoinette, die Freimaurer beschützte.
Ernster waren die Schritte gegen den Bund auf der pyrenäischen Halbinsel. In Portugal hatten es 1743 der Goldarbeiter Johann Coustos aus Bern in der Schweiz und der Juwelier Mouton aus Paris gewagt, eine Loge in Lissabon zu gründen, wurden jedoch verraten, in die Kerker der Inquisition geworfen, fürchterlich gefoltert, dann aber der Erste, als Protestant, auf die Galeere verurteilt, und der Zweite, als Katholik, – entlassen. Ähnliche Kerkerleiden erduldeten später noch mehrere Maurer; Andere wurden verbannt; namentlich wütete der blutige Dom Miguel 1823–1834 gegen sie, und der Kardinal Souza, Erzbischof von Lissabon, hetzte den Pöbel gegen die Maurer, deren Mehrere ermordet wurden. Trotzdem lebten die Logen immer wieder auf und bestehen heutzutage in großer Anzahl. In Spanien ließ auf die erste päpstliche Bulle hin König Philipp V. 1740 mehrere Freimaurer in Madrid in die Kerker der Inquisition werfen und zu der Galeere verurteilen. Als sich aber der Bund trotzdem ausbreitete, stachelte Fanatismus und Ehrgeiz, bei Anlaß der zweiten Bulle, den Franziskanermönch und Inquisitionsbeamten Josef Torrubia, gegen die Brüder einen Schlag herbeizuführen. Unter Verleugnung seines wirklichen Charakters und Berufes ließ er sich in der angenommenen Gestalt eines Weltpriesters 1751 in den Bund aufnehmen, nachdem ihn der päpstliche Pönitentiarius des Eides der Verschwiegenheit entbunden hatte. Nachdem er erfahren, was im Bunde vorging, klagte er denselben bei der Inquisition an: der ärgerlichsten und gottlosesten Gepränge, Lehren und Handlungen, der Sodomiterei, Zauberei und Ketzerei, des Atheismus und Aufruhrs, und verlangte die Ächtung der Mitglieder, die Einziehung ihrer Güter und, zu guter Letzt, ihre Verbrennung (!) in einem »erbaulichen Autodafé, zu größerer Verherrlichung des Glaubens und Stärkung der Gläubigen.« Die Maurerei wurde zwar sofort durch Ferdinand VI. unterdrückt, die erhobenen Anklagen jedoch, wie es scheint, so wenig begründet gefunden, daß man es für geraten fand, das Holz des »erbaulichen Autodafé« für andere Zwecke zu sparen. Erst einige Jahre später, 1757, wurde ein Franzose, Tournon, welcher von der spanischen Regierung berufen worden war, die Fabrikation kupferner Schnallen in Madrid zu lehren, auf die Anklage eines seiner Lehrlinge als Ketzer, Zauberer und Maurer verhaftet, indem man in den Verzierungen seines maurerischen Diploms Zauberfiguren zu erblicken glaubte. Obschon Tournon nur in Frankreich maurerischen Versammlungen beigewohnt und nicht einmal gewußt hatte, ob es in Spanien auch Maurer gebe, dagegen so unklug gewesen war, seinen Angestellten die Aufnahme anzuraten, hob die Inquisition eine strenge Untersuchung gegen ihn an, machte es ihm u. a. zum schweren Vorwurfe, daß die Maurer blos an einen Gott, statt an die Dreieinigkeit, glauben, und verurteilte ihn dann, aus besonderer Milde, zu einjähriger Haft und nachheriger Verbannung aus Spanien; während seiner Haft aber mußte er die Exerzitien des Ignatius von Loyola durchmachen, täglich den Rosenkranz beten, den Katechismus auswendig fiel sein Kopf auf der Guillotine und besiegelte die »Wirklichkeit der Gleichheit«, und die meisten Mitglieder der beiden eifrigen Logen: Contrat Social und Neuf soeurs mußten durch das gleiche Ende erkennen lernen, daß die »wirkliche« Gleichheit ein furchtbareres »Phantom« war, als jene, welche sie in der Bruderkette gesucht hatten. Nur drei Logen in Paris bestanden während des Blutregimentes behutsam und heimlich fort, und erst der Sturz der Schreckensmänner rief den Bruder Roëtiers aus dem Kerker, in welchem er blos deshalb geschmachtet hatte, weil er Freimaurer war, und gestattete ihm, den großen Orient und dessen Tochterwerkstätten wieder in's Leben zu rufen.
Daß in Rußland Kaiser Alexander I. 1821 und 1822 aus Furcht vor ähnlichen Erscheinungen, wie sie gleichzeitig die griechische Hetärie und die italienischen Carbonari darboten, mit sämtlichen geheimen Gesellschaften auch die allen politischen Umtrieben fern gebliebenen Freimaurerlogen auflösen ließ, kann nicht in Erstaunen setzen.
Auffallender ist schon, daß sogar das freie Amerika eine Verfolgung der Freimaurer aufzuweisen hat. Der Bund hat dort in Folge der Orts- und Zeitverhältnisse eine ganz andere Gestalt angenommen als in Europa. Es kommt nämlich den nordamerikanischen Freimaurern, Ausnahmen abgerechnet, mehr auf Glanz und Pomp, als auf ernstes, würdiges Streben, mehr auf die Schale, als auf den Kern der Maurerei an. Daher konnte auch nur dort eine Geschichte in Szene gesetzt werden wie die folgende. Es verbreitete sich im Jahre 1826 das Gerücht, daß ein Handwerksmaurer, William Morgan, um sich eine Einnahme zu verschaffen, mit dem Plane umgehe, ein Werk über die Geheimnisse der Freimaurerei, mit Illustrationen versehen, herauszugeben. Da bildete sich eine Verschwörung Solcher, die dem Namen, nicht dem Herzen nach Freimaurer waren, um ihn an der Ausführung seines Vorhabens zu hindern. Sie bemächtigten sich seiner, entführten ihn und sperrten ihn im Fort Niagara, am berühmten Wasserfalle dieses Namens, auf der Grenze Canada 's gegen die Vereinigten Staaten ein, dessen Kommandant auch dem Namen nach Freimaurer war. Ein Gerichtshof im Staate New-York verurteilte zwei der Entführer zu Gefängnisstrafen. Bezüglich Morgans aber behaupteten einige, die Freimaurer hätten ihn in den Niagara gestürzt, andere, sie hätten ihn sonst ermordet, – kurz, er verschwand, ohne daß die darüber geführte amtliche Untersuchung etwas sicheres an den Tag brachte. Später aber versicherten glaubwürdige reisende Amerikaner, sie hätten Morgan in der asiatischen Türkei, und zwar in Smyrna, gesehen, wo er Sprachunterricht erteilt habe. Völlig aufgeklärt ist die Sache nie worden; sollte aber Morgan wirklich ermordet worden sein, so war diese That nicht nur verdammenswert, sondern auch vollkommen überflüssig; denn die sog. maurerischen Geheimnisse sind in Amerika oft und wiederholt gedruckt worden und in den Buchhandlungen zu haben. Die amerikanischen Maurer aber büßten schwer genug für das einzig in seiner Art dastehende Verfahren einiger unwürdiger Bundesmitglieder. Denn der Vorfall mit Morgan weckte die schon früher, besonders auf Seite der orthodoxen Sekten und der übereifrigen Demokraten, welche im Maurerbunde Freigeisterei und Aristokratie witterten, vorhandenen Antipathien gegen den Bund, und der von den erwähnten Klassen aufgehetzte Pöbel stürmte die Logen und verfolgte die Brüder volle acht Jahre lang (bis 1834), während welcher Zeit sogar eine politische Partei der » Antimaurer« im Lande sich Geltung zu verschaffen wußte. Dieser Wahnsinn verrauchte jedoch wieder, und die Maurerei nahm in Amerika stärker zu, als vorher, so daß in den Vereinigten Staaten allein etwa 10 000 Logen existieren, mehr als die Hälfte derjenigen auf der ganzen Erde.