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Geschichtliches und Geographisches zu den Berichten der Entdecker

Bald nach Antritt seiner Regierung faßte Georg III. von England den Entschluß, Schiffe auf Entdeckung unbekannter Länder auszusenden, um dadurch die Ausbreitung des englischen Handels zu befördern. Wir, die wir im Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität leben, können uns kaum vorstellen, welche Schwierigkeiten sich der Ausführung solches Planes damals entgegenstellten. Ein Segelschiff ist einzig und allein auf den Wind als die Quelle eigener Fortbewegung angewiesen. Widrige Winde werfen es aus seinem Kurs, halten es im Hafen fest oder fern von ihm, lassen es zum Spielball gefährlicher Strömungen und der Brandung werden. Monate-, ja, jahrelang war der Seefahrer oft von aller Kultur wie abgeschnitten: die unsichern politischen Verhältnisse und Völkerrechtsanschauungen mußten ihn so in jedem Schiff anderer Nationen einen zu fürchtenden Feind sehen lassen; Kaperschiffen aller seefahrenden Völker waren die Meere erwünschte Jagdgebiete. Zur Unkenntnis der Erdkunde, die sie ja durch ihre Fahrten erst erhellen sollten, gesellten sich für die kühnen Seefahrer die Schwierigkeiten der Verpflegung: der Skorbut, jene bei ausschließlichem Genuß von gepökeltem Fleisch und Konserven und dem Mangel frischer Pflanzennahrung auftretende Blutkrankheit, raffte sie zu Hunderten dahin. Auf Cooks (sp. kuhks) zweiter Reise um die Welt (1772), auf der die beiden berühmten deutschen Naturforscher und Philosophen Johann Reinhold und Georg Forster (Vater und Sohn) seine Begleiter waren, nahm man deshalb – das mag hier der Kuriosität halber erwähnt sein – sechzig große Faß Sauerkraut und die kurz vorher in England erfundenen, aus frischem Rindfleisch, Knochen und Abfall verfertigten »Bouillonkuchen«, wir würden heut sagen: Bouillonwürfel, mit gutem Erfolge mit.

Der erste der Entdecker, deren Berichte hier nach dem Werke von John Hawkesworth (spr. hohksuöß) mitgeteilt sind, Kapitän Samuel Wallis (spr. uohls), trat seine Weltumseglung am 22. Juli 1766 von Plymouth (spr. plimmes) aus auf dem »Dolphin« (d. h. »Delphin«) an, einem »Kriegsschiff sechsten Ranges«, das 24 Kanonen führte, und dessen Bemannung aus 3 Offizieren, 37 Unteroffizieren und 150 Mann bestand. Ihn begleitete anfänglich Kapitän Philipp Carteret (spr. kahtert) auf der Schaluppe »Swallow« (spr. suollo, d. h. »Schwalbe«), der aber von der Magalhaensstraße (spr. machaljahngs) an ein besonderes Ziel verfolgte. Nachdem Wallis zunächst Patagonien einen Besuch abgestattet hatte, wandte er sich mit nordwestlichem Kurs der Südsee zu und entdeckte neben einigen kleineren Inseln der Paumótugruppe am 18. Juni 1767 Tahiti oder Otaheite, das er »Königs Georg III.-Insel« nannte. Die Entdeckung schildert unser Bericht, dem wir nur noch hinzufügen wollen, daß die Insel bereits im Jahre 1605 von dem spanischen Seefahrer Pedro Fernandez de Quiros gesehen worden war. Auf seiner weiteren Fahrt fand Wallis noch einige kleine Inseln südlich der Samoa- und in der Gilbert- und Marshall-(spr. mahschell-)Gruppe auf. Seine Reise endete auf den Marianeninseln, von wo aus er über Batavia und das Kap der Guten Hoffnung am 13. August 1768 England wieder wohlbehalten erreichte.

Unser zweiter Bericht erzählt von einem Besuche des Kapitäns Cook auf Tahiti. Der Anstoß zu dieser Reise ging von der »Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften« zu London aus, die im Februar 1768 dem Könige den Wunsch aussprechen ließ, zur Beobachtung des für das Jahr 1769 zu erwartenden »Venusdurchgangs«, d. h. des Vorüberziehens des kleinen Planeten Venus vor der Sonnenscheibe, eine Expedition in die Südsee zu entsenden, um aus einer günstig gelegenen Insel dort das wichtige astronomische Ereignis beobachten zu können. Der König willfahrte dem Wunsche der gelehrten Gesellschaft, und die Admiralität stellte die Bark »Endeavour« (spr. endíwe, d. h. »Streben«) zur Verfügung, ein Schiff von dreihundertundsiebzig Tonnen, das ursprünglich für den Kohlenhandel bestimmt und ein ausgezeichneter Segler war. Das Kommando darüber wurde dem damaligen Leutnant in der Königlichen Marine James (spr. djehms) Cook übertragen. Dieser nachmals berühmteste aller englischen Entdecker war damals schon vierzig Jahre alt.

Als Sohn eines Landarbeiters am 27. Oktober 1728 in dem Dörfchen Marton (Grafschaft York, Nordengland) geboren, hatte Cook nur den einfachsten Schulunterricht genossen und war dann mit l3 Jahren zu einem Hutmacher und Kramer in die Lehre gekommen. Dieser selbstgewählte Beruf gefiel ihm aber nicht: schon nach einem Jahre entlief er seinem Lehrherrn und wurde Schiffsjunge auf einem Kohlenschiffe. Als solcher machte er Reisen nach Petersburg und Norwegen mit und wußte sich dabei das Geld für den Unterricht in der höheren Nautik (Schiffahrtskunde) zu ersparen und zum Untersteuermann aufzurücken. Den im Jahre 1755 zwischen England und Frankreich ausbrechenden Krieg um die nordamerikanischen Kolonien machte er als Vollmatrose auf einem Kriegsschiffe mit und kehrte erst 1759 wieder nach England zurück. Durch Fürsprache seines bisherigen Kapitäns erhielt er nunmehr die Stellung eines »Master« (spr. mahste, d. h. Lotsen) auf der »Mercury« (spr. mökjuri, d. h. »Quecksilber«). Jetzt hatte er, zitiere ich Hennigs Darstellung, Gelegenheit, seine glänzenden Fähigkeiten, seine große Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit in der Aufnahme von Seekarten zu beweisen, die seine späteren Entdeckungen zugleich zu einem wertvollen Erwerb der geographischen Wissenschaften machen sollten. Die Zuverlässigkeit seiner Aufnahmen im St. Lawrence- (spr. lorenz-) Strom und -Golf, die den Flottenangriff auf die Stadt Quebec (spr. kwibek) vorbereiten halfen, ist um so bemerkenswerter, als die Arbeit angesichts des Feindes, teilweise bei Nacht, ausgeführt werden mußte, und rechtfertigte das Vertrauen, das sich in seiner Versetzung an Bord des Admiralschiffes aussprach. Hier trieb er – im strengen Winter der nordamerikanischen Küste – die für seinen Beruf so notwendigen mathematischen und astronomischen Studien. Nach der Eroberung von Neufundland (1762) kehrte er für ein paar Monate in die Heimat zurück und vermählte sich hier mit Elisabeth Battes, einer Kaufmannstochter. Er wurde bald wieder nach Neufundland zurückberufen, und im vierjährigen Vermessungsdienste hier erweiterte und festigte er seine nautischen und astronomischen Kenntnisse. Seine Arbeiten trugen ihm die Beförderung zum Leutnant und die Berufung zur Führung der wissenschaftlichen Expedition zur Beobachtung des Venusdurchganges ein.

Auf der mit 10 Kanonen und 12 Drehbassen für die Fahrt ausgerüsteten »Endeavour« befanden sich außer der 84 Mann starken Besatzung der Astronom Green (spr. grihn), der gemeinsam mit Cook die Beobachtung machen sollte, der junge Gelehrte Josef Banks, ein wohlhabender Mann, der aus Liebe zu den Naturwissenschaften die gefahrvolle Reise mitmachte und als seinen Assistenten den schwedischen Botaniker Dr. Solander, einen Schüler Linnés, bei sich hatte. Diesen beiden Forschern verdankt, nebenbei bemerkt, die Naturwissenschaft die Kenntnis einer großen Anzahl von Pflanzen und Tieren, die auf den von Cook entdeckten Inseln gefunden wurden. Dem hier mitgeteilten Hawkesworthschen Berichte liegen so neben Cooks eigenen Aufzeichnungen auch die Tagebücher von Banks zugrunde.

Am 26. August 1768 lichtete die »Endeavour« in Plymouth die Anker und steuerte über Madera und Rio de Janeiro (spr. riu de janehru) zunächst nach Feuerland, wo interessante Beobachtungen an den Eingebornen, der Tier- und Pflanzenwelt gemacht wurden. Über Kap Horn ging es dann nach dem im Jahr zuvor entdeckten Tahiti, um hier den Venusdurchgang zu beobachten. Das Leben auf Tahiti schildert nach dem Bericht von Cook und Banks unser »Südsee-Idyll«; Cook hatte Befehl, nach Erledigung des astronomischen Auftrags weitere Entdeckungen in der Südsee anzustellen. So wandte er sich denn nach genauer Vermessung und Ausschiffung Tahitis und Auffindung der übrigen Gesellschaftsinseln südwestlich, um das Südmeer nach dem schon im Altertum vermuteten großen »Südkontinent« abzusuchen. Am 13. August 1769 entdeckte er eine der Inseln der Tubuai-Gruppe und richtete seinen Kurs dann auf Neuseeland. Durch Umsegeln, wobei er im Januar 1770 die nach ihm benannte Cookstraße entdeckte, stellte er fest, daß Neuseeland aus zwei Inseln besteht. Er richtete hierauf seinen Kurs westlich nach der Ostküste Australiens und landete am 28. April in der von ihm nach den zahlreichen hier gefundenen Gewächsen benannten »Botany-Bai« (spr. boteni, d. h. Botanik). Der Küste entlang nach Norden ziehend, am großen Barrierriff beinahe scheiternd, fand er am 21. August die Torresstraße wieder auf, jene Durchfahrt zwischen Australien und Neuguinea, die von dem kühnen Steuermann des schon erwähnten Spaniers de Quiros, Luis Vaez de Torres, im Jahre 1605 den Namen empfangen hatte, der wissenschaftlichen Welt und den Seefahrern des 18. Jahrhunderts aber nicht mehr bekannt war. Von Neuguinea aus segelte die »Endeavour« nach Batavia und über das Kap der Guten Hoffnung nach England zurück, wo er am 12. Juli 1771 vor Dover Anker warf. »Unser Tauwerk und die Segel«, schrieb Cook schon Mitte Juni in sein Tagebuch, »waren jetzt so schlecht, daß täglich das eine oder das andere in Stücke ging.«

Die außerordentlichen Erfolge Kapitän Cooks brachten es mit sich, daß er bald von neuem mit einer Weltumseglung beauftragt wurde. Die Aufgabe, die man ihm nunmehr stellte, galt der Erforschung des sagenhaften, sich angeblich bis zum 30. Grad südlicher Breite erstreckenden »Südkontinents«. Trotzdem Cook auf der ersten Reise, bis zum 40. Grad südlicher Breite vorstoßend, nirgends ein Festland gefunden hatte, glaubte man in den Kreisen der Geographen doch nach wie vor (s. a. u.), es müsse wie im Norden der Erdhalbkugel auch in ihrem Süden ein großes Festland vorhanden sein –, »zur Erhaltung des notwendigen Gleichgewichts,« wie Georg Forster in seiner Würdigung der Verdienste Cooks launig spottet, »um, ich weiß nicht welch ein Überschlagen unsres Planeten zu verhüten«. Cooks Instruktion lautet demnach, die Sommermonate der südlichen Halbkugel (d. h. also unsre Wintermonate) zu Entdeckungen in der Richtung auf den Südpol anzuwenden, die stürmischen, trüben Wintermonate aber zu genauerer Erforschung der kürzlich entdeckten Südseegebiete zu benutzen. Fände er keinen Südkontinent, so sollte er, so nahe dem Südpol als nur möglich, ostwärts fahren, bis er die Erdkugel umsegelt hätte.

Wieder wählte Cook wie bei seiner ersten Reise aus Gründen der Zweckmäßigkeit gut segelnde und geringen Tiefgang habende, dabei verhältnismäßig sehr geräumige Kohlenschiffe für die Fahrt. Das größere, 462 Tonnen haltende und mit 16 Kanonen bestückte Schiff, die »Resolution« (spr. resolljuhschn, d. h. »Entschluß«) führte er selber. Er hatte 112 Mann Besatzung, und an Bord befanden sich die schon erwähnten beiden deutschen Naturforscher Reinhold und Georg Forster, der Astronom Wales (spr. uéhls) und der Landschaftsmaler Hodges (spr. hodjs). Am Kap der Guten Hoffnung kam noch der schwedische Naturforscher Andreas Sparrmann dazu. Das kleinere Begleitschiff, die »Adventure« (spr. edwentsche, d. h. »Abenteuer«), stand unter dem Befehl des Kapitäns Fourneaux (spr. furnoh).

Am 13. Juli 1772 verließen die beiden Schiffe Plymouth und segelten über das Kap der Guten Hoffnung hinaus in die südlichen Polargegenden. Hier trennte ein Sturm die Schiffe, die sich der Verabredung gemäß erst in Neuseeland wieder vereinigten. Die folgenden Südsommer immer wieder mit neuen Vorstößen ins Südliche Eismeer zubringend, entdeckte Cook nach der Rückkehr in die Südsee am 23. September 1773 die Cook- oder Hervey-Inseln (spr. hérweh); am 1. Oktober fand er die von dem Holländer Abel Tasmann 1643 entdeckten Tonga-Inseln, am 11. März 1774 die Osterinsel und am 8. April die Marquesasgruppe (spr. markesas) wieder auf. Im Juli und August des Jahres stieß er auf die von de Quiros und kurz vorher von dem Franzosen Bougainville (spr. bugängwil) schon gesehenen Neuen Hebriden, und am 4. September entdeckte er Neukaledonien. Die Rückkehr führte über Feuerland und das Kap der Guten Hoffnung, und am 30. Juli 1775 ließ die »Resolution« auf der Reede von Spithead (spr. spítthed) die Anker fallen. Die »Adventure«, die die Verbindung mit dem Hauptschiff bei der zweiten Ankunft auf Neuseeland endgültig verloren hatte, war schon ein Jahr früher heimgekehrt.

Das Ergebnis dieser zweiten Reise, die zugleich die erste Weltumseglung von Westen nach Osten darstellt, hat Cook beim Verlassen des Polargebiets in seinem Tagebuch folgendermaßen zusammengefaßt: »Ich habe jetzt die Umseglung des Südlichen Meeres in hoher Breite ausgeführt (er war bis über den 70. Breitengrad hinausgedrungen) und es so durchquert, daß keinerlei Raum mehr für das Vorhandensein eines Festlands bleibt – abgesehen von der Nähe des Pols außerhalb des Schiffahrtsbereiches. Indem ich das Tropenmeer (Südsee) zweimal besuchte, habe ich nicht nur die Lage einiger früherer Entdeckungen festgelegt, sondern auch manche neue gemacht und, wie ich glaube, in diesem Gebiet wenig mehr zu tun übriggelassen. So schmeichle ich mir denn, daß der Zweck der Reise in jeder Hinsicht vollständig erfüllt, die Südhalbkugel genügend erforscht und der Suche nach einem südlichen Kontinent, der so lange die Aufmerksamkeit der Seemächte auf sich gezogen und eine Lieblingstheorie der Geographen aller Zeiten gebildet hat, endgültig ein Ziel gesetzt ist« Es darf hier nicht verschwiegen werden, daß die geographische Forschung späterer Tage das Problem des Südkontinents doch in anderm Sinne als Cook zu lösen und auf der Kugelkappe um den Südpol ein Festland größer als Europa festzustellen vermochte..

Diese zweite Entdeckungsfahrt gab Cooks Namen europäische Berühmtheit. Der König ernannte ihn zum Postkapitän und verlieh ihm dazu eine mit einem Ehrensolde verbundene Stelle. Die Königliche Gesellschaft der Wissenschaften wählte ihn zu ihrem Mitgliede und schmückte ihn mit der goldenen Medaille. Aber mehr als alles andere zeigen uns den Weltruhm Cooks zwei Schriftstücke, die freilich erst nach seinem unerwarteten und damals auch in Europa noch unbekannten Tode veröffentlicht wurden. Zwischen England, Amerika und Frankreich war 1775 der Krieg um die Unabhängigkeit der ehemals englischen Kolonien Nordamerikas entbrannt: am 4. Juli 1776 hatten die dreizehn vereinigten Staaten unter Leitung Washingtons (spr. uoschingtn) und Franklins (spr. fränklin) ihre Unabhängigkeit erklärt. Cook, der, wie wir gleich erfahren werden, 1776 seine dritte Entdeckungsreise angetreten hatte, war dem Kriegsbrauche nach also als Feind Frankreichs und Amerikas zu betrachten. Deshalb erließ der französische Marineminister, als Cooks Rückkehr nach Europa zu erwarten stand, auf Anregung des großen Staatsmannes Turgot (spr. türgo) im März 1779 folgenden Befehl an alle französischen Schiffskommandanten: »Da Kapitän Cook, der an Bord der ›Resolution‹ im Juli 1776 Plymouth verließ, um an den Küsten, auf den Inseln und in den Meeren von Japan und Kalifornien Entdeckungen zu machen, im Begriff ist, nach Europa zurückzukehren und solche Entdeckungen von allgemeinem Nutzen für alle Nationen sind, so ist es des Königs Wille, daß Kapitän Cook wie der Befehlshaber einer neutralen und verbündeten Macht behandelt werden soll, und daß alle Kapitäne, die diesem berühmten Seefahrer begegnen, ihm die diesbezüglichen Befehle des Königs vorzeigen.« Gleichzeitig sandte Benjamin Franklin, damals Gesandter der Vereinigten Staaten zu Paris, ein ähnlich lautendes Schreiben an alle Schiffskommandanten der amerikanischen Flotte, mit der Aufforderung, »den so berühmten Seefahrer und Entdecker mit aller möglichen Höflichkeit und Güte zu behandeln und ihm als gemeinsamem Freunde der Menschheit allen Beistand zu leisten, dessen er etwa benötige«.

Das Ziel der dritten Entdeckungsreise Cooks war die Auffindung eines für den Handel so wichtigen kürzeren Weges nach Japan, China und Indien: die Aufsuchung einer nördlichen Durchfahrt aus dem Atlantischen in den Stillen Ozean. Man wußte es Cook nahezulegen, sich mit diesem Plane, auf dessen Ausführung eine Prämie von 20 000 Pfund Sterling gesetzt war, eingehend zu befassen, und er war nicht der Mann danach, vor den großen, unleugbaren Gefahren dieses Planes – er sollte sich auch dem Nordpol soweit als möglich nähern – zurückzuschrecken Es sei hier gleich erwähnt, daß Cook 1778 vom Beringmeer aus nur bis an das Nordkap von Asien gelangte. Die »nordöstliche Durchfahrt« um Asien herum ist später dem berühmten schwedischen Polarforscher Adolf Nordenskjöld spr. nurdenschöld) auf der »Vega« (1879) gelungen. Die »nordwestliche Durchfahrt« um Amerika herum glückte erst 1906/07 dem kühnen Norweger Roald Amundsen auf der »Gjöa«.. So ging er denn noch vor Ablauf eines Jahres, nämlich am 12. Juli 1776, von neuem mit der »Resolution«, die für die neue Bestimmung besonders sorgfältig ausgerüstet war, unter Segel. Als Begleitschiff wurde ihm diesmal die »Discovery« (spr. diskaweri, d. h. »Entdeckung«) unter dem Befehl des Kapitäns Clerke (spr. klák) mitgegeben, die nach ähnlichen Prinzipien gebaut und ausgerüstet war.

An Bord hatte die »Resolution« einen interessanten Gast. Kapitän Fourneaux hatte nämlich bei seiner Heimfahrt einen jungen Eingeborenen von Ulietea (Gesellschaftsinseln) namens Omai an Bord genommen und nach England gebracht. Der junge, liebenswürdige Südsee-Insulaner hatte in der Londoner Gesellschaft begeisterte Aufnahme gefunden, war überreich mit allen erdenklichen Dingen beschenkt worden und sollte nun zu seinen braunen Landsleuten zurückkehren, um ihnen »die erhabensten Begriffe von der Macht und Großmut der britischen Nation beizubringen«. Omai vergoß zwar bittere Tränen beim Abschied von seinen englischen Freunden, verriet aber doch ebenso unzweifelhaft seine helle Freude, wieder nach Ulietea zurückkehren zu dürfen. Man hatte den Schiffen ferner als nützliches Geschenk für die Südsee-Insulaner verschiedene Haustiere wie Kühe, Schafe, Ziegen, Hühner, Enten, Getreide- und Gartenpflanzensamen mitgegeben, wie denn Cook schon auf seiner vorherigen Reise mehrfach die Eingeborenen durch solche Gaben zur Viehzucht und zum Getreidebau (allerdings mit geringem Glück) zu veranlassen versucht hatte. Hohe Menschlichkeit und tiefes Verständnis für die Eigenarten fremder Völker ist ja überhaupt einer der schönsten Züge im Charakterbilde dieses bedeutendsten aller englischen Entdecker, ein Charakterzug, der hell aufleuchtet auch aus der hier mitgeteilten Schilderung des Kapitäns James King von der Ermordung Cooks.

Über das Kap der Guten Hoffnung und die kurz zuvor von dem französischen Seefahrer Kerguelen (spr. kergeläng) entdeckten gleichnamigen Inseln ging die Reise nach Tasmanien und Neuseeland; ein paar Inseln im Cook-Archipel (griech. = Inselmeer) und am 24. Dezember 1777 die nördlich des Äquators gelegenen Weihnachtsinseln wurden bei weiteren Fahrten aufgefunden. Dazu kam als wichtigste Entdeckung am 18. Januar 1778 die der Sandwich- (spr. ßänduitsch) oder Hawáii-Inseln. Cook wählte diese Gruppe als Stützpunkt für die nunmehr beginnende Suche nach der nördlichen Durchfahrt. Etwa unter dem 45. Breitengrad traf er zuerst auf die nordwestamerikanische Küste und gelangte dann unter heftigen Stürmen und mancherlei Gefahren nach Alaska und zu den Alëuten. Durch das Beringmeer nordwärts vorstoßend und schon am Eingang der Beringstraße zwang ihn eine unüberwindliche, nach dem Süden treibende Eismauer zur Umkehr. Um die erzwungene Muße nicht ungenutzt zu lassen, kehrte er nach Hawaii zurück, und hier fand er am 14. Februar 1779 den gewaltsamen Tod, wie unser Bericht schildert.

Die Eingeborenen hatten in Cook anfänglich eine Gottheit, den wiederkehrenden Geist eines verstorbenen großen Häuptlings, gesehen, wofür ja auch seine weiße »Leichen«farbe Auch die farbigen Rassen erbleichen nach dem Tode. zu sprechen schien. Mancherlei Vorfälle trugen dazu bei, diesen göttlichen Nimbus zu zerstören: die Häuptlinge, die ihren Einfluß sinken fühlten, schürten eine Gegenbewegung. Mißverständnisse, auf der Unkenntnis der Sitten und der religiösen Anschauungen der Eingeborenen beruhend, ließen die Flamme der Empörung immer heller auflodern, und so kam es zu dem beklagenswerten Ende des großen Entdeckers. Ein Obelisk bezeichnet heute die Stelle, wo er den Tod fand.

Nach seinem Tode versuchte Kapitän Clerke, der das Kommando auf der »Resolution« übernommen hatte, noch einmal einen Vorstoß zur Entdeckung der nördlichen Durchfahrt. Er war vom Glück wenig begünstigt und starb auf der Rückfahrt nach Kamtschatka. Kapitän King, der ursprünglich als Navigationsoffizier und ausgezeichneter Astronom an Bord der »Resolution« gewesen war, und Kapitän Gore führten dann die Schiffe über China und das Kap der Guten Hoffnung in die Heimat zurück, wo sie erst am 22. August 1780, nach einer Abwesenheit von mehr als vier Jahren also, eintrafen.

Mußte nun auch damit der Versuch der Auffindung eines neuen Handelsweges nach Ostasien und Indien als gescheitert betrachtet werden, so hatte die letzte Entdeckungsreise Cooks doch andrerseits die Aufmerksamkeit der englischen Kaufleute auf die nordwestamerikanische Küste als auf ein besonders aussichtsreiches Pelzhandelsgebiet hingelenkt. Von den Versuchen, sich diesen bedeutenden, freilich, wie sich herausstellte, von den Russen schon vorher besetzten Markt zu erschließen, erzählt der hier mitgeteilte Bericht des Kapitäns Meares (spr. mihrs) von seiner Unglücksfahrt dorthin.

In eine andre Zeit und ein andres Erdgebiet versetzt uns die Schilderung, die der famose kurbrandenburgische Major Otto Friedrich v. d. Groeben von seiner Reise nach der Küste Westafrikas im Jahre 1682 hinterlassen hat. Im Auftrage Friedrich Wilhelms des Großen Kurfürsten sollte er dort eine Kolonie gründen, d. h. eine Festung erbauen, und wie er diesen Auftrag ausführte, was er an den Küsten Guineas erlebte, das hat er in seiner »Guineischen Reisebeschreibung« mit köstlichem Humor und guter Beobachtungsgabe aufgezeichnet.

Friedrich Wilhelm von Brandenburg hatte seine Jugendjahre fern von der Heimat, am Hofe Friedrich Heinrichs von Oranien, seines Verwandten, des großen Kriegsmannes und Statthalters der Niederlande, verlebt. Die Eindrücke, die er hier in Holland von dem Reichtum und der Macht empfing, den Seehandel und der Besitz blühender Kolonien einem Volke zu verleihen vermögen, sind auf ihn sein ganzes Leben hindurch wirksam geblieben. »Seefahrt und Handlung sind die vornehmsten Säulen eines Staats«, wurde schon früh sein volkswirtschaftlicher Leitsatz. Als Friedrich Wilhelm 1640 zur Regierung kam, fegte über Deutschland noch der Dreißigjährige Krieg dahin. Kämpfe gegen die Polen, mit den Schweden und Franzosen ließen den Kurfürsten erst rund 40 Jahre später zur Ausführung seiner Kolonialpläne kommen. Der holländische Reeder Benjamin Raule war es, der, in brandenburgische Dienste getreten, Friedrich Wilhelm vorschlug, Handelsfahrten nach Afrika zu unternehmen. Im Herbst 1680 stachen das »Wappen von Brandenburg«, eine Fregatte von 22 Kanonen, und der »Morian«, eine solche von 18 Kanonen, in See nach Westafrika. Die größere Fregatte wurde trotz des Friedens von den Holländern an der Guineaküste genommen, dem »Morian« aber gelang es unter Führung des Kapitäns Philipp Pietersen Blonck an der Goldküste, in der Nähe des Dreispitzenkaps, mit drei unabhängigen Negerhäuptlingen am 16. Mai 1681 einen vorläufigen Handelsvertrag abzuschließen und einen zur Anlage einer Festung geeigneten Ort zu erwerben. Die Negerhäuptlinge erhielten, nebenbei bemerkt, dafür: »2 Stück indischen Stoffs, 1 Rapier, 1 Hut, 2 zinnerne Schüsseln, 2 Faden (= 4 m) türkischen Stoff, 1 Kleidchen« und endlich die brandenburgische Flagge, »womit sie erweisen könnten, daß sie S. Kurfürstliche Durchlaucht für ihren Herrn angenommen haben«. Um diesen Vertrag nutzbar zu machen, wurde auf Raules Betreiben im März 1682 die »Afrikanische Kompagnie« begründet, gewissermaßen eine »Gesellschaft mit beschränkter Leistung«, deren Grundkapital ganze 50 000 Taler betrug, und im Juli eine militärische Expedition unter Führung des Majors v. d. Groeben nach Westafrika entsandt.

Der Kurfürst hätte keine glücklichere Wahl treffen können: Groeben war ein an Kriegserfahrungen reicher, für seine Zeit hochgebildeter Offizier, dazu ein weitgereister Mann, der sich schon manchen Wind um die Nase hatte wehen lassen. Noch nicht 17 Jahre alt, unternahm er in Gemeinschaft mit einem polnischen Obersten eine achtjährige Reise, die durch Italien zunächst nach Malta führte. Von hier aus ließ er sich als Freiwilliger auf einem gegen die Türken kreuzenden Kaperschiff anwerben. Aus dem Beuteerlös – er war übrigens gleich im ersten Treffen verwundet worden – bestritt er die Kosten einer Reise durch Palästina. Auf der Rückkehr nach Deutschland ward sein Schiff von den Türken genommen; er entkam mit knapper Not, gelangte nach Tripolis und schloß sich einer Karawane nach Ägypten an. Auch die Rückreise von Ägypten aus war reich an Gefahren und Kriegsabenteuern: wiederum wurde Groeben bei einem Kampfe mit Seeräubern verwundet. Wir finden ihn hernach für kurze Zeit in spanischen Diensten, und mit den Spaniern durchzog er ganz Italien. Auf Anweisung seiner Eltern besuchte er dann zu weiterer Ausbildung Frankreich, England und Holland. Den endlich in die Heimat Zurückgekehrten zog der Große Kurfürst an seinen Hof, und dem erst Fünfundzwanzigjährigen vertraute er die Leitung der Expedition nach Guinea an.

Schildern wir noch in Kürze schließlich den Fortgang der brandenburgischen Kolonisation. Zum Fort »Groß-Friedrichsburg« gesellten sich 1684 das benachbarte Fort »Dorothea« und etwas später die Forts »Taccarary« und »Sophie Luise«, alle in derselben Gegend gelegen. Die fortgesetzten Feindseligkeiten der Holländer taten dem brandenburgischen Unternehmen aber bald viel Abbruch. Sie kaperten die Schiffe und überfielen, allerdings erfolglos, 1687 die Forts. Die »Afrikanische Handelskompagnie« hielt sich noch ohne rechte Lebenskraft bis zum Regierungsantritt Friedrich Wilhelms I., der das ganze Unternehmen für 6000 Dukaten an die Holländer verkaufte. – Als im Jahre 1884 die deutsche Korvette »Sophie« in der Gegend des einstigen Forts »Groß-Friedrichsburg« landete, zeigten die Eingeborenen den Offizieren die Trümmerstätte. Aus dem Schutte grub man die alten Brandenburgischen Geschützrohre hervor. Sie werden heute in der Ruhmeshalle des Berliner Zeughauses aufbewahrt, die letzte Erinnerung an die erste deutsche Kolonie in Afrika.

Dr. Adolf Heilborn.

 


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