Friedrich Hebbel
Ein Trauerspiel in Sicilien
Friedrich Hebbel

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Zweite Szene.

Angiolina (tritt auf).

O Gott, wenn allen so zumute ist,
Die aus dem Hause ihrer Eltern fliehn,
So haben sie die Strafe in der Sünde.
Mir ist, als hätt' ich nicht ein Vaterhaus,
Mir ist, als hätte ich die Welt verlassen,
Und wäre jetzt, wo Gott nicht mit mir ist.
Tat ich denn etwas gegen sein Gebot?
O, ganz gewiß! Denn diese Furcht und Angst,
Wie könnt' ich sie auf einem Weg empfinden,
Den er mit seinem Finger mir gezeigt!
Die arme Magd, die uns seit Ostern dient,
Hat nicht, wie ich, gebebt, als sie bei Nacht
Allein durch jenen dicken Wald sich wagte!
Sie sagt ja selbst, sie hat erst dran gedacht,
Daß es auf Erden böse Menschen gibt,
Als sie ihr Herz trieb, Gott dafür zu danken,
Daß er sie keinen davon treffen ließ.
Ich glaub's! Ich glaub's! Sie tat es, um den Priester
An ihres Vaters Sterbebett zu rufen,
Und nicht, wie ich, um ihn davon zu gehn!
Wie könnte das auch gut sein, was auf ewig
Das Kind vom Vater trennt! Und das geschieht!
Die Flucht vergibt er nicht! O nein! o nein!
Er hat's ja noch nicht lange mir verziehn,
Daß ich kein Knabe bin; erst, seit er weiß,
Daß er für seine Tochter einen Sohn
Erhandeln kann, wie er ihm wohlgefällt.
Was bin ich ihm, nun ich ihn hierin täuschte!
Ich war von je ein unglücksel'ges Kind
Und hab' mein armes Leben nie geliebt,
Wenn ich den Tod auch fürchtete, wie alle.
        (Sie sieht sich um.)
Ich kam zu früh, wie's scheint, Sebastian
Ist noch nicht da. Ich will noch einmal tun,
Was ich als Kind tat, will die Augen schließen
Und wieder öffnen, und der Gegenstand,
Den ich zuerst erblicke, ob er schwarz,
Ob bunt ist, soll auf meine Zukunft gehn.
        (Sie tut's.)
Soldaten! Betende! Was die bedeuten,
Steht nicht im Traumbuch. Nun, es gilt mir gleich!
Die Nacht wird immer dunkler. Gott sei Dank!
Wenn man nicht sieht, wird man auch nicht gesehn!

(Sie tritt beiseite.)


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