Gerhart Hauptmann
Florian Geyer
Gerhart Hauptmann

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Fünfter Akt

Ein Saal im Schlosse zu Rimpar. Es ist Nacht, durch die hohen Bogenfenster schwacher Feuerschein. Rechts Tür zu einem zweiten Saal. Rechts ganz vorn Pforte von der Wendelstiege. An der Linkswand zwei verschlossene Eingänge. Vor Frau Grumbach, einer jungen, blassen Frau, steht Marei, ein Reiterknecht nicht fern davon.

Frau Grumbach, heftig. Potz, so gib mir den Brief!

Marei. Du hast mir die Kette ins Maul geschlagen.

Frau Grumbach. Den Brief! Willst nit?

Marei. Ich weiß nit, wer du bist.

Frau Grumbach. Des Junkers Wilhelm von Grumbach eheliche Hausfraue bin ich, dessen Schwester der Florian Geyer zur Ehe hat.

Marei. So bring mich zu ihr.

Frau Grumbach. Mein Geschweyte lieget zu Bett und ist krank, sie kann dich nit sprechen. Gib mir den Brief.

Marei. Ich hab keinen Brief.

Frau Grumbach. Du hast keinen Brief? Itzt, Peter, hat sie auf einmal keinen! So wird man dich mit der Rute pfeffern.

Peter, gutmütig zu Marei. Ei, Dirne, was tuest du? Komm doch zu Sinnen. Sei klug und gib ihr den Brief.

Marei. Ich hab keinen Brief.

Frau Grumbach. Hilf, liebe heilige Anna, die Bübin lügt sich um Leib und Seele, trüget sich an den lichten Galgen. Hat sie nit vorhin gesaget, daß sie vom Florian Geyer kam mit Posten für meine Schwägerin?

Marei. Mundbotschaft hat er mir geben, sust aber nichts.

Frau Grumbach, in Angst und Wut. Ei, du durchteufelter, eingeteufelter, überteufelter Fratz, so will ich dich lassen dermaßen strecken, daß dir deine Mundbotschaft zu Maul und Nase soll ausgehen, bis du Blut speiest; und sollst deines Trotzes gedenken. Gib her den Brief.

Marei. Du hast mir die Kett in den Mund geschlagen. Ich blut.

Frau Grumbach sucht ihr den Brief mit Gewalt abzunehmen. Halt sie fest, Peter! Bauernmetze. Es nimmt ein Ende mit eurer verfluchten, schwarzen, höllischen Brüderschaft.

Peter. Dirne – gib gutwillig, was du hast. Des Florian Geyer Gemahl ist nit meh im Haus. Weiß niemand, wohin sie sich und das Kind geflüchtet. Uf Nürnberg oder sonstwo. Du findest sie nit. Wo du der Frauen den Brief lassest, so wird sie kein Kost noch Mühe scheuen . . .

Frau Grumbach. Das will ich nit tun, so Gott mir helfe. – Ich wollte viel lieber einen Wolf säugen, dann für die Geyerschen Botschaften besorgen. Ketzerische, verräterische Brut, Ächter und Landfriedbrecher, uf daß es ein jeder wisse: ich hab nichts gemein mit ihnen. Pack dich, geh vor dich! Sie führet Gift in den Augen als eine Otter. Hebe dich, Viper!

Peter mit Marei ab. Frau Grumbach allein, tritt hastig ans Fenster und lauscht. Fernes Schießen. Sie seufzt tief. Ursel, die alte Beschließerin, kommt.

Frau Grumbach. Ist jemand hie?

Ursel. Ich, gnädige Frau.

Frau Grumbach. Die Fenster klirren! – Schießen!

Ursel. Geht schlafen, gnädigste Frau; es hat schon fast nachgelassen.

Frau Grumbach. Weiß Gott, wie es noch enden wird, Ursel.

Ursel. Gut wird es enden. Sie schießen Freud, sagt der Koch. Schwören, es seien bündische Stück und nit bäurische Stück. Legt Euch getrost nieder, gnädige Frau.

Frau Grumbach. Nichts dann Not und Angst dieser Zeit.

Ursel. Gnädige Frau! Der Koch in der Küchen hat teure Eide geschworen und gesagt: die bäurische Ufruhr sei itzunder gänzlich darniedergelegt; der Bauernjörg, sagt der Koch, itzunder in ganzer deutscher Nation ihrer Herr worden. Leget Euch endlich zur Ruh. Wo Ihr itzt störrisch seid und bleibet uf Eurem harten Kopf . . . wahrlich, Ihr haltet's nit aus, Ihr traget das Fieber davon.

Frau Grumbach. Ursel, ich kann nit schlafen. Ist mir die Bettstatt schlimmer dann ein heiß Rost.

Ursel. Ich weiß ein tröstlich Gebet; wird Euch sicherlich Ruh bringen.

Frau Grumbach. Hab wüste, schreckliche Träume gehabt.

Ursel. So will ich ein Kreuz über Euch an die Wand machen, soll Euch kein böser Traum fürder anstoßen.

Frau Grumbach. Ursel, ich hab mein'n Junker gesehn im Traum, an den Schandpfahl gebunden, gemartert mit glühenden Zangen und zuallerletzt . . . Ursel, mich schauert's, mich grauset's, wenn ich dran denke.

Ursel. So denket nit dran. Das ist der Böse, der peinigt die arme Seele im Schlaf.

Frau Grumbach. Ich weiß, ich weiß wohl, Ursel, es ist nichts dann höllischer Trug und teuflisch Blendwerk, aber mir ward hart Grausens. Der Henker riß ihm das Herz aus der Brust und schlug's ihm ums Maul.

Ursel. Ei, wie ich sag, wie ich sag, opfert ein Licht in der Kapellen . . .

Frau Grumbach. Und es hat noch gezuckt und geschlagen, – mit Zittern und Zähneklappern – meines Junkers Herz.

Ursel, um Frau Grumbach bemüht, die erschöpft auf einen Stuhl gesunken ist. Ei, wie ich sag. Stellet ein geweiht Licht neben Euch an die Bettstatt, so kommen die Engel und jagen den Teufel fort. Gesprächig. War einmal ein Ströter, der opferte ein einiges Licht und einen Pfennig bei Maria Lichtmeß. Endlich kam's, daß er mußte durch das hänfene Fenster gucken. Hing er also am Galgen. Da kam der Teufel daher mit Gestank, langete mit seinen Krallen nach ihm und schlug mit dem Schwanze vor großem Grimm, wollte die arme Seele zur Hölle führen. Dawider stunden die Engel und wollten's nit dulden. Da sagte Gott zu dem Ströter: ich kann nichts tun; du mußt mit dem Teufel kämpfen. Potz Angst, wie wurde dem Ströter so übel zu Sinn! Aber die Englein wußten ihm Rat. Das Licht, so er einstmals geopfert, gaben sie ihm in die eine Hand und den Pfennig mit dem Kreuz darauf in die andere Hand. Und weil das der Teufel sah – was blieb ihm über? Er fluchete weidlich und lief davon. Kommt, kommt, seid geruhig, ich führ Euch zu Bett.

Frau Grumbach, von Ursel geführt. Bleib bei mir, Ursel! Ursel, bleib bei mir!

Sartorius erscheint, sorgfältig gekleidet, von der Wendelstiege her. Bona dies, gnädigste Frau. Gott geb Euch Glück und Gesundheit! Wie geht's Euer Gnaden, gnädige Frau?

Frau Grumbach, kalt. Was suchet Ihr hie?

Sartorius. Gnädige Frau! Kennet mich Euer Gnaden nit meh? Ich war uf und an, in die Turmstuben zu steigen. Es ist eine klare Nacht und gut in den Gestirnen forschen.

Frau Grumbach. So wollt ich lieber, Ihr stieget den Turm hinunter bis in den tiefsten Keller hinab, statt daß Ihr ihn hinaufsteiget in Euer höllisches Laborar. Wo kommet Ihr her? Wer hat Euch eingelassen hie in die Burg?

Sartorius, blaß. Helfe mir Gott, gnädige Frau, ich versteh Euer Gnaden nit. Bin ich nit Seiner Gestrengen, Eures Herrn Gemahls, bestallter Diener? Hab ich ihm nit gedienet, mich Tag und Nacht nit gesparet, gewachet, gereiset um seinetwillen?

Frau Grumbach. Betrogen habt Ihr ihn! In Schmach und Verderben verführet mit Eurem bübischen, widerchristlichen Rat.

Sartorius. Herren sind Meister, sie tun, was sie wollen.

Frau Grumbach. Herren sind Meister, sagst du mir itzt? So bist du zehnmal ein Meister aller schwarzen höllischen Kunst. Hast du ihn nit betöret mit falschen englischen Weissagungen: das Stift Würzburg werd bald vergehen und einen weltlichen Herrn bekommen?

Sartorius. Gnädigste Frau, da hadert mit Gott. Wir haben dabeigestanden, Seiner Gestrengen und ich, als der Knabe vor dem Krystallen saß und Zwiesprach hielt mit den Engeln. So ist es von seinen Lippen gekommen. Ich hab nichts hinzugefüget.

Frau Grumbach. Potz Larifari! Was redet Ihr da? Wollt Ihr mir Schellen anhenken wie meinem Junker? Meinet, weil Ihr Magister seid? In den sieben Todsünden seid Ihr Magister, aber nit in den sieben freien Künsten. Wie kommt Ihr herein, was suchet Ihr hie?

Sartorius. Gnädige Frau, Ihr tuet mir wahrlich hart Unrecht. Hab mich in Gottes Namen eins andren Empfanges versehen. Da bücket man sich, da hocket man über Schriften die Nächte durch, windet, drehet, drücket, ziehet sich uf allerlei Weise wie Hans Wurst und hat nichts dann Wermut und Gallen davon.

Frau Grumbach, hohnlachend. Ihr ziehet und drücket Euch? – Müßiggehen, sich aufputzen, trinken, Venusspiel treiben, tanzen, Vogel stellen, das ist Eure Arbeit gewest, sust eitel Unrat und Trug. Mich lasset doch unverworren mit Eurer Alchemie. Ich hab von dem Gold nichts gesehen, das Ihr wollt können machen. Ist nichts dann Blendwerk und eitel Trug! Was wollt Ihr hie? Habt Urlaub, geht!

Sartorius, ängstlich, fast weinend. So habt doch ein Einsehen, gnädige Frau. Wo soll ich itzt hin? Ich hab mich mit aller Marter hereingerett't. Allenthalben rennen und laufen flüchtige Bauern, und bündische Reuter hinterdrein, schlagen und stechen in sie, würgen, was ihnen vor Händen kommt.

Frau Grumbach. Da sehet Ihr zu! Was gehet mich das an?

Sartorius. So habet doch Mitleid, gnädigste Frau!

Frau Grumbach ruft entschlossen durchs Fenster. Peter! He, Peter! Komm herauf!

Sartorius. Was tut Ihr, um aller Heiligen willen? Ihr seid eine Christin, habet Mitleid!

Wilhelm von Grumbach erscheint plötzlich, gefolgt von Schäferhans. Der ist des Teufels, der mit dir Mitleid hat. In die Eisen mit ihm!

Sartorius, von Schäferhans gepackt, flehend und bettelnd in kindischer Angst. Ach, Euer Ehrenfest! Ach, Euer Edlen! Gestrenger Junker, tuet doch das nit. Ich hab es ehrlich und treu gemeinet.

Schäferhans. Kotz, haltet doch stille, plärret nit so! Ihr werdet noch Zeit und Weile genung haben. – Ei freilich, freilich, ich weiß den Weg. Hab schon manchem Hundsfott dahin verholfen. Potz Zinkes, du Tölpel, itzt halt dein Maul! Er schlägt ihm auf den Mund. Sartorius wird still und glotzt in stummer Angst.

Frau Grumbach hat Grumbach nur flüchtig begrüßt; jetzt schreit sie dem Sartorius nach, der von Schäferhans abgeführt wird. Itzt krümmet er sich wie ein Sackpfeifer, schreit Zeter und Mordio! Du Hudler, du Halunk, du Alber, du Tölpel! Das ganze Haus hast du tyrannisieret. Dir Erzschelm gebühret der Scheiterhaufen!

Sartorius und Schäferhans ab.

Wilhelm von Grumbach. Jetzt gib dich zufrieden, ich bin nit allein.

Frau Grumbach. Hast du mir wohl jemalen Glauben geschenkt? Ich habe den Wicht nit so bald verschmecket, als ich schon wußte, wes Kind er was. Hie kam er rein, als wär nichts nit geschehn, hat gemeinet, er wollt gar vor dem Garn abziehn. Ist ihm übel gelungen; hab's ihm versalzen.

Wilhelm von Grumbach, heftiger. Jetzt gib dich zufrieden, ich bin nit allein! Der Thomas von Hartheim ist mit mir kommen.

Frau Grumbach. Wo kommt ihr her?

Wilhelm von Grumbach. Führen ein Schwader markgräfischer Reuter. Sind verordnet, zum Truchsessen zu stoßen.

Frau Grumbach. Wo steht der Truchseß?

Wilhelm von Grumbach. Es muß nit fern sein; uf Würzburg zu ist der Himmel rot. Überall flüchtige Bauern; laufen, als griffe ihnen der Teufel nach dem Buckel. Ob zwanzig haben die Knechte erwürget und niedergestochen. Zween hab ich den Garaus gemacht, dreien der Thomas von Hartheim durch die Köpfe gehauen. Laß uftragen, Anna. Wir wollen nur risch lützel zu Morgen essen und weiterreiten.

Ursel, die abseit gestanden, tritt heran und küßt Grumbach die Hand. Ach gnädigster Junker, o gnädigster Junker! Viel seliger Zeit, gnädigster Junker. Wie hat sich die liebe gnädige Frau nach Euch gebangt!

Wilhelm von Grumbach. Laß gut sein, Ursel.

Frau Grumbach. Geh, schick dich, Ursel, laß den Herrn ein Bad richten. Mehrere vereinzelte Glockenschläge vom Dorf herauf. Ei, was ist das? Ursel ab.

Wilhelm von Grumbach, den Helm abnehmend. Blau! Anna, nichts Schlimmes. Hab den Knechten das Dorf eingeben zur Plünderung. Haben sich viele unserer armen Leut wiederum heimgetan, verzagter als die Hasen. Halten sich versteckt und verkrochen, müssen aber dannoch herfür.

Frau Grumbach. Bist du vertragen, Wilhelm, mit dem Schwäbischen Bund?

Wilhelm von Grumbach. Ich verhoffe zu Gott! Aber schweig itzt davon.

Frau Grumbach, händeringend. Hättest du doch . . . oh, hättest du doch mein Warnung und Bitten dazumalen nit so gar veracht und in Wind geschlagen!

Wilhelm von Grumbach. So schweig itzt davon! Der Hund ging mir vor dem Licht, ich kunnte nit klar sehen.

Frau Grumbach. Hab ich dich nit vor dem Geyer gewarnet, dem Ketzer und Kirchenschänder, der alleweil mit denen von Aufseß Freundschaft gehalten, diesen Ächtern, Landfriedbrechern und böhmischen Ketzern?

Wilhelm von Grumbach. Laß das itzt.

Frau Grumbach. Sollt es wohl möglich sein, daß Christus seine heilige Kirche so viel hundert Jahr sollt haben lassen in der Irre gehen? Hartheim kommt. Gottwillkommen, Ritter!

Hartheim. Viel seliger Zeit, gnädige Frau!

Frau Grumbach. Nehmet Platz, Ritter!

Hartheim. Noch nit, gnädigste Frau. Es ist nur, daß die Gäule ein wenig zu Kräften kommen. Es muß bald weitergewerket sein. Itzt heißt's gute Werke tun, wie es der Luther versteht, nämlich mit dem Schwert.

Wilhelm von Grumbach. Erbarmet Euch der armen Leut, hat der Luther gesagt. Steche, schlage, würge hie wer da kann, hat der Luther geschrieben. Ich will nit dahinten bleiben.

Frau Grumbach. Recht so, Ritter, es sei mit Gewalt gered't und das Maul gestopfet allen teuflischen, höllischen Rottengeistern! Ich hab zu meinem Eheherrn gesprochen von Anbeginn, wie teidingt doch Seiner Liebden, der Markgraf, so ernstlich mit dem schwarzen Gesindel, den rotzigen, bübischen, bäurischen Mordhaufen. Er hätte wohl mögen beizeiten mit Feuer und Faustkolben darein arbeiten, ihnen Ruhe gebieten und, wo sie nit wollten hören, ihnen die Eselsohren aufknäufeln lassen mit Büchsensteinen.

Schäferhans erscheint von der Wendelstiege. Mit Verlaub, fester Junker, es ist eine Partei Reuter herein in den Schloßhof. Wollen bündisch sein, haben rote Kreuz uf die Ärmel genäht.

Wilhelm von Grumbach, in steigender Aufgeregtheit. Nehmt ihnen die Gäule ab. Potz Küren Marter! Macht flugs, und führet die Herren herauf. Schäferhans ab.

Hartheim, freudig überrascht. Sassa! Bündische Reuter! Er schreit zum Fenster hinab. Sassa, Kameraden! Hie Ansbach!

Gegenruf. Schwäbischer Bund!

Hartheim. Gebet mir ein klein Urlaub, gnädige Frau, ich will den Herren den Willkomm bieten. Ab.

Frau Grumbach. Wer ist in den Hof eingeritten?

Wilhelm von Grumbach. Bündische Streifreiter. Itzt, Anna, laß uftragen, daß sich die Tafel biegt. Es muß ein Gelage geben.

Frau Grumbach. In Gottes Namen, was stehest du hier? Geh vor dich und heiß sie willkommen.

Lorenz von Hutten, schnell herein. Damit ihr es wißt, wir sind dem Florian Geyer uf den Fersen gewest. Wir suchen den Florian Geyer.

Wilhelm von Grumbach. Bei mir? Was hab ich doch mit dem Geyer zu schaffen, einem Ächter und Landfriedbrecher!

Lorenz von Hutten. Ist deine Schwester im Haus?

Frau Grumbach. Längst auf und davon über den blauen Berg; Gott weiß, wohin. Wir wissen es nit.

Lorenz von Hutten. Damit du dich weißt zu halten, Wilhelm, der bäurische Handel ist aus und hin. Es ist eine Schlacht beschehen bei Königshofen, und noch nit eine Stund ist vorübergangen, da hat der Truchseß lassen Freud schießen zum andern Mal. Jetzt bist du bündisch mit Haut und Haaren oder bist gar ein verlorener Mann.

Wilhelm von Grumbach. Sammer potz Körper! Was soll das heißen?

Lorenz von Hutten. Schwager, ich bin vom Klepper herunter und die Stiegen herauf, so flugs mich die Beine wollten tragen. Du bist in Gefahr, Schwager, das will ich dir nit verhalten. Sie haben dich ausgetragen im bündischen Lager, als stäkest du auch fast tief in dem Bundschuh.

Wilhelm von Grumbach. Lug ist's, gelogen und zehnmal gelogen! Ich bin markgräfisch gewest und ein markgräfischer Diener.

Lorenz von Hutten. Hast aber damalen in der Kapitelstuben ungeschickte und spitze Worte gered't wider den Bischof, als wolltest du mit dem Ernst an ihn und ihm das Fell über die Ohren ziehen. Das ist dir unvergessen, Wilhelm.

Wilhelm von Grumbach, gezwungen lachend. Potz! Habt ihr ein Haberkorn funden in mein'm Harn und meinet deshalb, ich hab ein Pferd verschluckt? Was geht mich der bäurische Handel an? Ist wohl schwerlich einer im ganzen Heiligen Reich, dem der Bauern brüderliche Lieb von Anbeginn so gar ist zuwider gewest als mir. Ich hab mit meinen natürlichen und leiblichen Geschwistern nit gerne geteilt, geschweige, daß ich's mit Fremden und diesen rotzigen Bauern tat.

Lorenz von Hutten. So hätt'st du nit sollen in der Kapitelstuben, als sie mit den Brotmessern in die Porten stachen, ein Gleiches tun und nit dazu sprechen: Du stächest dem Bischof Konrad von Würzburg mitten ins Herz.

Wilhelm von Grumbach. So soll mich doch uf der Stelle der Donner erschmeißen . . . Wo das beschehn ist, so will ich nit selig werden. Und wer mir das einmal saget, bei Gottes Stuhl, der soll es nit zweimal sagen. Er sterb und erstick an seiner teuflischen, bübischen Lüg!

Lorenz von Hutten. So laß es gut sein, sie kommen herauf. Aber wenn dir dein Leben lieb ist, verberget den Florian Geyer nit.

Wilhelm von Grumbach. Durchsuchet die Burg von der Turmstuben bis in die Keller hinunter, von der Kemenaten bis zur Zisternen, und wenn Ihr ihn findet, so lasset mich in vier Teile schneiden, und mag sie der Henker ufstecken uf allen vier Ecken meiner Burg und meinen Kopf über den Schweinstall nageln zu einem Gedächtnis. Ich weiß von dem Florian Geyer nit meh dann Ihr.

Schertlin und Hartheim treten gleichzeitig von der Stiege herein im lebhaftesten Gespräch miteinander.

Schertlin, laut. So braucht ihr um deswillen kein Bein meh über ein'n Klepper zu henken. Der Krieg hat ein Loch, er gehet zu Ende.

Lorenz von Hutten, vorstellend. Dies ist der ehrenfeste Herr Sebastian Schertlin, jüngst zu Pavia vom Vice-Re aus Napolis vor dem Schloß eigenhändig zum Ritter geschlagen.

Schertlin. Ohne Ruhm zu melden, gnädige Frau.

Frau Grumbach. Willkommen, Ritter. Ihr habt Euren Rittersporn mannlich geführet. Wir haben Eurer Zukunft hie fast sehnlich erwartet.

Schertlin. Habt Ihr auch viel gelitten von den bäurischen Teufeln?

Wilhelm von Grumbach. Unwiederbringlichen Schaden und Nachteil. Viele Dörfer zerstöret, zween fester Häuser in Grund verbrunnen.

Frau Grumbach. Nehmet doch Platz, Euer Ehrenfest, verziehet ein wenig. Ich will gehen und Euch das Bad lassen richten.

Wilhelm von Grumbach. Tuet doch meinem Hause die Ehre an, Ritter.

Schertlin. Dank, fester Junker. Ich will's wohl annehmen und den Harnasch ein wenig lockern. Haben tapfer gewerket, ohne Ruhm zu melden.

Schäferhans tritt ein, meldet. Mit Verlaub, fester Junker!

Wilhelm von Grumbach. Was gibt's?

Schäferhans. Was sollen wir mit den Bauern tun, die wir eingebracht haben?

Wilhelm von Grumbach. Wieviel sind ihrer?

Schäferhans. Ob zwanzig hab ich gezählet.

Schertlin. Ihr Herren, laßt es uns halten wie Herr Georg Truchseß. Wann wir geruhet, gessen und trunken haben, alsdann die Gefangenen herauf lassen führen und zu Gericht sitzen. Daß dich's blau Feuer. – Wo hab ich dich schon gesehen, Kerl?

Schäferhans. Zu Pavia, Ritter!

Schertlin. Hast bei Pavia mitgefochten? Brav, Kamerad, wie kommst du hierher, Kamerad?

Schäferhans. Ich stund bei den Rothenburgern in Sold. Wollten sie mich mit dem Geschütz gen Würzburg verschicken. Sollt allda bäurisch werden: – das wollt ich nit. Hab meine Nahrung und Brot bishero bei Fürsten und Herren gesucht und gehabt, so will ich auch fürder bei heiligen Reichsständen, Fürsten und Herren sterben und genesen.

Schertlin. Ist gut landsknechtisch gesprochen; bist ein mannfester Kerl! Schäferhans ab.

Kunz von der Mühlen und Wolf von Kastell treten ebenfalls von der Stiege her ein. Sie disputieren heftig, aber für sich, spähen umher, blicken forschend auf Grumbach und achten zunächst der anderen nicht.

Wilhelm von Grumbach, forciert. Glück zu, liebe Gesellen! Zu Kastell. Willkommen, Euer Gnaden. Tuet meinem Hause die Ehre an. Tretet näher.

Wolf von Kastell. Mit Verlaub, Junker von Grumbach, nehmet es uns nit vor übel. Wir haben vor alle Tore und Porten Wachen gestellt. Ihr habt ohne Zweifel gut Wissens, wen wir suchen.

Wilhelm von Grumbach. Obgleich ich nit weiß, ihr Herren, welchem Ächter und Schelm ihr uf den Fersen seid, auch in keinem Weg denken kann, was ihr in meinem Haus hoffen könnet zu finden, so mögt ihr doch eures Gefallens darin verfahren, und wo ihr Belieben tragt, kein Mauseloch unbesehen lassen in all meiner Burg, Sälen, Kellern und Ställen: so helfe mir Gott! Aber itzt saget mir zuvörderst, ihr Herren, wie seid ihr doch aus der Besatzung kommen?

Lorenz von Hutten. Blau, Schwager! Das ist ein fast trefflich Reiterstücklein gewesen von Heinz Truchsessen Marschalk, unternommen mit dreihundert Pferden; sind von Königshofen her zu uns geritten, funfzig Knechte vor lassen rücken bis an den lichten Zaun. Haben wir sie uf Unsrer Frauen Berg von den Zinnen herab erkennet, eine Stiegen hinuntergelassen und den Lienhart Eifelstätter mit dreien andern hineingenommen. Haben sie uns herrlichen Bericht getan und eine so überaus selige Vertröstung gemachet, daß alle im Schloß schier taumelig sind worden vor großer Freud und schreiende durch die Kammern geloffen. Denn es was allbereits Lachen verboten gewest in der Besatzung, mangelte allbereits Brot, Zumus und Trunk. Was nit meh fern, daß wir hätten unsre eignen Brunnen wiederum müssen saufen. Was dazu Mangels an Pulver und Blei. Hatten uns auch die Bäurischen schon ein fast groß Stück unsrer Mauer niedergelegt mit dem Rothenburger Geschütz, das bös anklopfete. Wacht und Scart hatte viele unsrer Herren und Domherren uf den Tod matt und müde gemachet, hätten einen zweeten Sturm wahrlich nit können aushalten. So aber was Hilf in der Not kommen. Mußte der Türmer uf'm mittleren Turm alsbald den Bauern das Liedlein blasen:

    Hat dich der Schimpf gereuen,
    so zeug du wieder heim.

Der vordere Türmer jubelnde und schreiende uf die Schütt geführet, daß er den Würzburgern ufspielete unten in der Stadt. Das hat er mit Freud getan und ihnen den armen Judas gar hell und schmetternd mit seiner Trummeten zu hören geben. Wir aber, der Kunz von der Mühlen, der Wolf von Kastell und ich, wir kunnten uns nit meh halten. Wir wollten daran und die Letze mit helfen werken und schlagen. So sind wir dann mit den Bündischen aus der Burg gestiegen, und ist uns auch richtig zuteil worden, was wir begehret. Den härtesten Strauß im freien Felde mitgefochten zu guter Letzt. Ist im ganzen bäurischen Krieg kein so hartes Treffen gewest als um Ingolstadt.

Frau Grumbach. Hab das Schießen gehöret, ihr Herren!

Schertlin ist inmitten der Erzählung von Grumbach hinausgeführt worden.

Wolf von Kastell, wütend. Und ich sag und behaupt, die Schanze ist dannoch mitnichten gewonnen, solang wir den Geyer nit niedergeworfen.

Frau Grumbach ab.

Lorenz von Hutten, bevor er aus einer großen Weinkanne trinkt, die eine Magd auf den Tisch gestellt hat. Es gibt ihrer genung, die uf der Meinung verharren, der Geyer sei überhaupt nit bei dem Treffen gewest.

Kunz von der Mühlen. Mit meinen Augen hab ich den Geyer sehen fechten uf der Mauer. Zwier hab ich nach ihm gehauen und ihn getroffen zwischen Handschuh und Armzeug. Junker, ich kenne den Geyer allzuwohl, hab auch seine helle Stimme gehöret, da wir zuallererst den Sturm wider das Schlößlein zu Ingolstadt antraten und noch weit im Felde liefen.

Wolf von Kastell. Der Geyer ist dabeigewest, oder nennet mich selbst einen schwarzen Bauern. Kein anderer als er ist es gewest, der das Häuflein geführet und ins Ingolstädter Schlößlein geworfen; hätten uns schwerlich so hart Widerstand getan, uns den Graben voll Toter gelassen. Wo aber der Geyer sich aus dem Handel schleifet, so haben wir den Bundschuh zum andernmal, bevor ein Jahr ins Land gehet.

Wilhelm von Grumbach erscheint in der geöffneten Saaltür, aus der Licht strömt. Ihr Herren, Speis und Trank stehet schon uf'm Tisch. So sei't gebeten und tut meiner Küchen die Ehre an. Der Allmächtige sei mein Zeuge, daß ich lieber uf'm Gaul saß und mich brauchete im Dienste Rechtens und wahrer evangelischer Freiheit. Dieweil ihr aber die Viktorie gewunnen habt ohne mich, die Bauern mit blutigen Köpfen heimgeschickt, ist meine Meinung, daß wir eine kleine Freud und Gelage anstellen und nach so langer Not und Fahr es uns ein wenig wohl sein lassen bei Wein und Schmaus.

Die Ritter folgen schweigend Grumbach in den Speisesaal. Man hört nun das Geräusch der im Nebenzimmer Tafelnden. Einige Schüsse in der Ferne und am Ende das Getrappel von vielen Menschen, welche die Wendeltreppe heraufkommen. Hierauf wird Schäferhans sichtbar, der in die Treppe zurückschreit, während er an einem Strick den ersten gefangenen Bauern heraufzieht.

Schäferhans. Verdammte Hautzen, herauf, der Galgen ist oben, der Dalinger steht dabei. Steh still, Horck!

Etwa fünfzehn zerlumpte, zitternde, auf den Tod verängstete Bauern und eine Bäuerin, darunter fünf oder sechs mit einem weißen Stab in der Hand, werden von zwei Reisigen hereingetrieben. Einem jeden sind die Hände zusammengebunden, und ein jeder ist genötigt, mit diesen gebundenen Händen seine Hosen zu halten, die sonst herabfallen würden.

Schäferhans, zu demjenigen Bauern, den er an einer Schlinge um den Hals führt. Jetzt sollt ihr granten lernen, aber die Füße uf ein glühendes Rost gesetzet.

Erster Bauer, blödsinnig vor Angst. Batienzia, Fintzi, Domine.

Schäferhans. Gelobet wohl der heiligen Jungfrau ein Licht so lang wie der Münster zu Straßburg.

Erster Bauer. Du bist ein Christ, Herr. Hier ist das Stäblein, der Truchseß hat mich begnadigt.

Schäferhans. Potz Zucker, was gehet mich das an? Du bist verloren wie eines Juden Seel. Er schlägt ihm den weißen Stab aus der Hand.

Erster Reisiger. Der ist des Teufels, der einen Bauern leben läßt. Ich hab ihrer ob zwanzig kaltgemacht.

Zweiter Reisiger. Ist ein verzagt schlecht Volk, lassen sich verschlingen als die Kaninchen.

Erster Reisiger. Haben sie von den Bäumen geschossen, daß sie herab sind fallen wie die Storch ab den Nestern.

Zweiter Reisiger. Hatte ein Häuflein verfolgt bis gen Giebelstadt mit mein'm Rennfähnlein. Ist Lachen verboten gewest. Krochen sie unters Gesträuch, etliche in die Hecken innen uf'm Schloßgraben. Konnten wir mit den Gäulen nit ankommen. Haben wir ihnen zugeschrien, welcher unter ihnen die andern zu Tod könnte stechen, dem wollten wir Leib und Leben versichern.

Schäferhans. Potz! Daß dich der Donner erschmeiß.

Zweiter Reisiger. Erhub sich ein Kerl und unterstund sich der Sache. Stach also uf seine bäuerischen Brüder ein, als wären es Kälber und Ferkel gewest. Tat ihrer fünfe kurz ab. Der sechste aber, der wollt nit daran, stellete sich meisterlich, und kamen die beiden in ein Ringen, herum Lottel, hinum Trottel; was spaßhaft zu schauen. Und als sie ganz wohl ineinander gemengelt und verstricket, traten sie fehl von ungefähr, rolleten die Böschung hinab in den Graben und versoffen beede.

Wolf von Kastell, angetrunken, unruhig, kommt aus dem Saal. Oha! – Brüder Hundsfötter, kommt ihr, kriecht ihr zu Kreuze? Ein jeder unter euch Buben weiß, daß er itzt sterben muß. Aber wo ihr nit voll herausgehet mit der lauteren Wahrheit, so wird man euch dermaßen strecken und peinlich verhören . . . Red du da, wo hast du den Florian Geyer zuletzt gesehen?

Schäferhans. Der Geyer ist ein Höfling, ein Suppierer, ein Scheißling.

Wolf von Kastell. Hundert Gulden sind uf des Geyers Kopf gesetzt. Hundertfünfzig, wer ihn dem Truchsessen lebendig bringt.

Schäferhans. Potz, so wollt ich, daß ich schon mein Maß Wein und kalt Fleisch im Bauche hätt. Ich will Hunde nehmen und uf ihn Jagd machen, und wo ich ihn finde, will ich mein Messer in sein Herz stoßen und seins Bluts mit hohen Freuden trinken.

Wolf von Kastell. Wo hast du den Geyer zuletzt gesehen?

Erster Bauer. Als wir mit ganzem hellem Haufen von Würzburg waren ufgebrochen, in Meinung, den Brüdern gen Königshofen zuzuziehen, zogen wir hinaus und bei Heidingsfeld die Stiegen hinauf. Als wir hinauf waren, kam einer uf'n Gaul überzwerg dahergerennet. Ist der Geyer gewest.

Lorenz von Hutten, angetrunken in der Saaltür. Wulf, ich trink uf den Schwäbischen Bund, so wie er itzt ist, und solang er nit wider den gemeinen Adel zu Felde zieht.

Wolf von Kastell. Ich tu dir Bescheid. Aber itzt tu ein Ding und tritt her, der Bruder Schmalzbettler wird dich berichten, ob der Geyer im Treffen gewest ist oder nit.

Lorenz von Hutten. Red du, Landschelm!

Erster Bauer. So helfe mir Gott, ich weiß nit meh. Bald darnach fielen des Truchsessen Reiter in uns. Entstund Feindsgeschrei: »Flieht, liebe fromme bäurische Brüder«, und fing sich das große Fliehen an.

Wilhelm von Grumbach. Ihr Herren, laufet ihr von der Krippen? Es ist neuer Wein kommen, und das Spanferkel steht uf'm Tisch. Mit dem Humpen hereintretend, singt er. »O du armer Judas, was hast du getan.« Roh herauslachend. Potz Lung, wie seht ihr doch aus, liebe evangelische Brüder! – Oha! Wollen euch die Hosen nit oben bleiben?

Schäferhans. Ich hab ihnen die Nestel aus den Hosen gemacht, fester Junker, so können sie nit davonlaufen. Die Ritter lachen wüst.

Schertlin, betrunken, tritt auch herein und herzu. Keinnutziges Lauszeug, ist nichts zu erarnen an euch für ein'n Reutersmann. Da ihr niedergelegt seid, aus der Gnade Gottes, und eurer an sechzigtausend zu Tode geschlagen mit Gottes Hilf, muß einer zufrieden sein, fähret so arm heim, als er ausfuhr.

Wolf von Kastell. Habt ihr nit kurze böhmische Schwerter zur Hand, zum Hände abhauen?

Die Bauern fallen zitternd und wimmernd auf die Knie.

Schertlin. Ihr wisset, was der Luther gesagt und geschrieben: Wer Mitleid mit diesen schwarzen bäurischen Teufeln hat, mit dem hat Gott kein Mitleid!

Alle Bauern, durcheinander. Erbarmet euch unserer, ihr Herren, wir sind begnadete Leut.

Schäferhans. Aufschneider, Bettdrücker, Lügner, Bärenhäuter! Ihr lügt.

Wolf von Kastell, die Reitknute in der Hand. Itzt rundheraus. Redet, ihr Hautzen. Wieviel Türen soll der Edelmann haben, he? Antwort: Soviel er will.

Die Bauern. Soviel er will. Lachende Ritter.

Wolf von Kastell. Wieviel feste Häuser darf der Edelmann haben?

Die Bauern. Soviel ihm beliebt.

Wolf von Kastell, auf die Bauern einknallend. He! Hallo! Hussa ho! Stoß euch die rote Ruhr!

Lorenz von Hutten, auch mit der Peitsche auf sie einhauend. Schwarze Hunde!

Schertlin, wie Hutten. Erznarren, Kujone.

Wilhelm von Grumbach, wie Hutten. Hundsfötter, Buben, ins Loch mit ihnen! Sie haben in Gemeinschaft mit den Reisigen die Bauern hinausgeprügelt. Erschöpfung, wüstes, trunkenes Gelächter und Stärkung durch einen Trunk.

Schertlin. Wohlan, fromme Gesellen! So lasset uns nach der Arbeit ein wenig Deutsch-Herren spielen.

Kunz von der Mühlen spricht im Abgehen.
    Kleider aus und Kleider an,
    essen, trinken, schlafen gahn,
    das ist die Arbeit, so die Deutsch-Herren han.

Schertlin. Ihr Herren, wo machen wir hernacher den Mummplatz?

Wolf von Kastell. Wollt ihr würfeln?

Schertlin. Was eine seltsame Frag? Sollen Kriegsleut ein Gelag haben und keine Würfel dabeisein?

Alle ab in den Speisesaal, wo sie alsbald zu singen beginnen.

    Wir haben keine Sorgen
    wohl um das Röm'sche Reich,
    es sterb heut oder morgen,
    das gilt uns alles gleich.

Marei schleicht ängstlich und vorsichtig herein. Sie stutzt, als sie die Zurufe im Nebenzimmer vernimmt. Sie will zurück, von wo sie gekommen, stutzt aber wieder und horcht. Schwaches Eisengeräusch eines langsam die Wendeltreppe aufsteigenden Gewappneten wird hörbar. Marei, seltsam unsicher geworden, weiß nicht, ob sie bleiben oder flüchten soll, und schließlich weicht sie zurück, ins fernste Dunkel. Nun sieht man einen schwarzen Ritter die letzten Stufen der Treppe mühselig heraufwanken. Er hält sich an einen Türpfosten. Das Visier ist geschlossen. Mit letzter Anstrengung versucht er den Helm loszuschnallen.

Marei, leise. Kapitän!

Geyer stutzt.

Marei, lauter. Kapitän!

Geyer öffnet mühsam das Visier.

Marei. Kapitän! Schon ist sie bei ihm und bemüht, ihm den Helm abzunehmen.

Geyer lallt. Schnall mir den Helm ab.

Marei. Kapitän, du mußt fort, du kannst hie nit bleiben.

Geyer. Still!

Marei schlägt sich die Hand vor den Mund. Geyer will sprechen, vermag es nicht. Marei stützt ihn und forscht ängstlich. Geyer deutet auf etwas. Marei ratlos. Endlich versteht sie. Auf dem Tisch steht eine Weinkanne, dorthin leitet sie den Kraftlosen. Er kann nicht weiter. Blitzschnell bringt sie den Weinkrug. Er greift lechzend darnach, umklammert ihn und trinkt gierig. Sie unterstützt den Krug wie einem Kinde. Geyer ist auf ein Knie gesunken, setzt ab, wimmert und trinkt wieder, dann gleitet er auf die Erde. Mit dem Rücken gegen einen Stuhl, sitzt er, legt den Kopf hintenüber, öffnet den Mund und holt tief Atem.

Marei ist ratlos, erschrickt, als er die Augen schließt, kniet neben ihn und hastet ihm zu. Kapitän, du mußt fort, Tod und Verderben ist hie!

Geyer öffnet die Augen. Wo bin ich?

Marei. Zu Rimpar bist du, und bündische Reiter sind hie.

Geyer. Ich – bin – wohl – schon – tot?

Marei. Kapitän, du mußt fort, so wahr ich lebe, Kapitän; sonst ist es zu spat.

Geyer lächelt und sieht sie groß und tief an. Ich bin zufrieden hie.

Lorenz von Hutten kommt hereingeschrien und gepoltert. Ein schön Spiel, ein verfluchtes Spiel. Wie nennt ihr das Spiel, ihr Herrn? Ist das das Maislen? Ei, so mag der Teufel das Maislen spielen, ich hab einen ganzen Hirsebrei ins Gesicht bekommen. Er säubert sich am Fenster. Höllengelächter im Nebenzimmer. Ohne Geyer zu bemerken, geht er wieder ab.

Geyer, bei Besinnung. Bündische sind hie? Er erhebt sich mühsam.

Marei. Ich weiß, wo die Pferde sind, Kapitän. Die Knechte sind trunken, besorgen nichts Übles!

Geyer. War das nit der Lorenz von Hutten?

Marei. Ich weiß nit!

Wilhelm von Grumbach, angetrunken, tritt auf. Kotz, Dirne, was tust du hie?

Geyer. Wilhelm!

Wilhelm von Grumbach, aufs tiefste erschrocken. Was? Wer? Wer bist du, was willst du?

Geyer. Kennst mich nit?

Wilhelm von Grumbach. Wer bist du? Was willst du? Ich kenne dich nit!

Geyer. Hast kurze Gedanken, so du mich nit kennst.

Wilhelm von Grumbach. Kotz, kurze Gedanken, lange Gedanken, was geht das mich an? Soll ich mich lebendig lassen vierteilen und meinen Leichnam vom Schinder zu Asche verbrennen? Da siehe du zu, ich kenne dich nit!

Geyer. Es ist um ein Stündlein Schlafs zu tun.

Wilhelm von Grumbach. Ich kenne dich nit. Was willst du bei mir? Weiß bloß von einem, der sich vermessen hat, daß er wollt aufspielen, daß Fürsten und Pfaffen sollten das Tanzen lernen. Aber er kunnt nit recht spielen, und so schlug man ihm die Lauten am Kopf entzwei. Itzt haben die Fürsten und Pfaffen das Spiel angehoben . . .

Geyer. Ich weiß, ich weiß, es gibt Blut und Geld.

Wilhelm von Grumbach. Was willst du hie, was kommst du zu mir? Soll ich dein entgelten? Willst mir den Bluthund, den Truchseß, vollends uf'n Hals hetzen? Man hat mich ausgetragen genung, als stäke ich auch in dem Handel. Hab aber nie nit darin gesteckt. Bin nie kein Schwarzer gewest.

Geyer. Wilhelm, es ist um ein Stündlein Schlafes zu tun! Alsdann will ich auf und dir nie wieder unter die Augen treten. Aber itzt bin ich kraftlos, ein Kind kann mich fällen.

Wilhelm von Grumbach. Ich kann dich nit hausen und hofen, es geht mir ans Leben.

Geyer. Wenn ich dann fort soll, willst du mir nit nach deutschem Brauch eine andere Herberge weisen?

Wilhelm von Grumbach. Ich weiß keine andere, ich kenne dich nit. Wer hat dich den Handel anfahen heißen? Itzt ist dir der Tod näher dann das Leben.

Geyer. Ein Mönch in einem Kloster überwähret viele Kriegsleut! Gehab dich wohl! – Bist du nit evangelisch gewest?

Wilhelm von Grumbach. Lutherisch bin ich gewest, nit aber Karlstattisch oder gar Münzerisch. So halt ich auch itzt fest an Gottes Wort, wie der Luther festhält daran.

Geyer. Brocken und Grümpen wird er davonbringen.

Wilhelm von Grumbach. Wo willst du hin?

Geyer. O liebe Deutsche! Dank bei den Deutschen ist nit zu erjagen. Leb wohl!

Wilhelm von Grumbach. Kannst du mir Übles nachreden, habe ich es je mit den Bäurischen gehalten?

Geyer. Weiß Gott, was ich kann und was ich nit kann. Vier Tag hab ich nit geruht. Gewerkt hab ich wider die Bündischen, bis alle Glieder mir abstarben. Wir haben die Schanz gehalten, im Schlößlein zu Ingolstadt, bis uns das Pulver ausging; alsdann haben wir uns gewehrt mit Händen und Zähnen. Was überblieb, ist in ein'n Keller krochen und den verrammelt. Haben sie Pulver in die Mordgruben geschüttet und das angezündet. Wilhelm, wenn mich der Henker itzt an der Bank streckt, so kann ich für mein Urgicht nit einstehn.

Wilhelm von Grumbach, mit plötzlichem Entschluß. Komm! geh dort hinein! Kann ich Hunde und Katzen leiden, so kann ich dich auch eine Nacht leiden; aber mit dem frühesten drehe dich aus.

Geyer zögert, ehe er durch die ihm geöffnete Tür links geht.

Wilhelm von Grumbach. Potz, willst du nit?

Geyer, bedeutsam. Ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn allein du, Herr . . . Ab mit Marei und Grumbach.

Frau Grumbach, hastig herein. Wilhelm!

Wilhelm von Grumbach kommt wieder. Rufst du mir?

Frau Grumbach. Was tust du dadrin?

Wilhelm von Grumbach. Nichts!

Frau Grumbach. Die Mägde haben einen im schwarzen Harnisch sehen den Wendelstein hinaufgehen.

Wilhelm von Grumbach. Nu und? Sind nit Geharnischte meh dann zuviel im Schloß?

Frau Grumbach. Hast du nichts nit bemerkt?

Wilhelm von Grumbach, heftig. Ei, nein!

Frau Grumbach, erschreckt und voll Ahnung. Wilhelm!

Wilhelm von Grumbach. Was willst du von mir?

Frau Grumbach. Du hast den Ritter gesehen?

Wilhelm von Grumbach. In's Teufels Namen, so hab ich den Ritter gesehn! Itzt halt dein Maul und laß mich zufrieden!

Frau Grumbach. Du weißt, wer der Ritter ist.

Wilhelm von Grumbach. Ich weiß es nit, ich kenn ihn nit.

Frau Grumbach, fast weinend. Um Gottes und aller Heiligen willen, verbirg ihn nit.

Wilhelm von Grumbach. Soll ich die Blutschuld uf mich laden?

Frau Grumbach. Sein Blut soll über mich gehn, Wilhelm! Denk an dein Weib und Kind. Du bist dem Bischof im Weg . . .

Wilhelm von Grumbach, da die Ritter im Begriff sind einzutreten, stößt seine Frau zurück. Hölle und Teufel!

Schertlin, ohne Harnisch, erscheint, den dreijährigen Buben Grumbachs im Arm, in der Saaltür rechts. Je Jene, je Jene! Juch! Hallo! Ihn auf dem Arm hereintragend.

    Willst du dich ernähren,
    du junger Edelmann,
    folg du meiner Lehren,
    sitz uf, trab zum Bann!
    Wenn der Bauer zu Holze fährt,
    so greif ihn freislich an,
    derwisch ihn bei dem Kragen,
    erfreu das Herze din,
    nimm ihm, was er habe,
    spann aus die Pferdlein sin,
    sei frisch und dazu unverzagt!
    Wenn er nummen Pfennig hat,
    so reiß ihm d' Gurgel ab!

Als ich an seiner Kammer vorüberging, gnädige Frau, schlug er mörderlich Lärm, schrie nach der Mutter. Bin ich hinein in die Stuben, und war alles gut. Kunnt aber nit wieder heraus, mußt ihn dann mit mir nehmen. Ei, potz! – Was Augen macht doch das Junkerlein! Potz Zähholz, schau dich um. Hab auch so ein'n Sohn, als du einer bist. Hat mir im Mutterleib drei seidne Wämser gewunnen. Sie haben mit mir gewett't: es werd eine Tochter.

Frau Grumbach empfängt den Hemdenmatz und entfernt sich schnell mit ihm.

Kunz von der Mühlen ist gekommen mit Hartheim, Kastell und Hutten. Ihr Herren, die Würfel sind hie.

Schertlin. Ohne Ruhm zu melden. Ihr werdet guttun, Junker, wo Ihr Euch mit den Würfeln nit an mich getrauet. Vor noch nit zwo Tagen hab ich dem Truchsessen im Läger fünfzig Floren abgenommen.

Wolf von Kastell. Aber dreißig davon hab ich den nächsten Tag für mich eingeheimset.

Schertlin. Potz Zucker! Ich war ohne Lust am Spiel, fast hungrig und ungeduldig, sust hättet Ihr mir wohl nit einen Weißpfennig mögen abnehmen. Zu Hutten. Ritter! ich trink Eure Gesundheit. Er trinkt.

Wolf von Kastell. Er ist fast müde und voll, wird Euch schwerlich Bescheid tun. Und Ihr, Junker von Hartheim, Euch ist der Wein auch bös in Kopf krochen, als mir scheinet.

Hartheim. Zwanzig Florin, wo Ihr nit eh unter den Tisch fallt als ich.

Schertlin. Ausfechten, ausfechten!

Wolf von Kastell. Ich tu Euch Bescheid, als viel Ihr wollt.

Schertlin. Ausfechten, ausfechten!

Schertlin, Hartheim, Kastell, von der Mühlen und Grumbach zurück in den Speisesaal. Hutten ist, den Kopf auf den Tisch gelegt, eingeschlafen.

Frau Grumbach herein und zu Hutten. Lorenz! Lorenz!

Lorenz von Hutten grunzt.

Frau Grumbach. Lorenz! Lorenz! Der Florian Geyer ist hie!

Lorenz von Hutten fährt auf. Wer? Wo? Der Florian Geyer?

Frau Grumbach. Ja, Lorenz!

Lorenz von Hutten. Itzt auf einmal?

Frau Grumbach. Er ist auf der Flucht, Lorenz, und eben herein.

Lorenz von Hutten. Wo? Ich werf ihn nieder, ich werf ihn allein nieder.

Frau Grumbach. Leid dich, um Gottes willen, still, still!

Wilhelm von Grumbach kommt.

Lorenz von Hutten. Wilhelm, wo ist er?

Wilhelm von Grumbach. Wer?

Lorenz von Hutten. Der Geyer!

Wilhelm von Grumbach. Ei, fragst du mich wieder?

Lorenz von Hutten. Wilhelm, red, oder ich schlag Lärm! Nieder mit dem Geyer! Er hat französischen Sold gehabt und hat den Herzog und Henker von Württemberg wollen zu einem Kaiser machen. Er hat meinem Todfeind gedient, er muß sterben!

Hartheim kommt. Was gibt's, ihr Herren?

Lorenz von Hutten. Der Florian Geyer ist im Haus.

Hartheim. Der Geyer? Waffen! Er stürzt ab.

Schertlin kommt. Der Geyer ist hie?

Wilhelm von Grumbach. Ihr Herrn, nehmt Vernunft an; bedenkt, wer er ist; mäßigt euch! Ich kann ihn nit hausen und hofen, ich kann ihn nit schützen und will es auch nit; so sorget, daß er euch nit entschlüpft.

Schertlin. Die Pforten besetzen! Waffen! Knechte! Er stürzt ab. Große Verwirrung.

Hartheim, wiedergekehrt. Wo ist mein Helm?

Schertlin, nur zum Teil geharnischt, wüst, halb nüchtern, wieder herein. Die Knechte! Die Knechte!

Hartheim. Die Knechte sind toll- und vollgesoffen, liegen auf dem Rücken und schnarchen.

Schertlin. Schlaget Lärm!

Frau Grumbach. Nit Lärm schlagen, Ritter!

Lorenz von Hutten, zum Teil gewappnet, kehrt wieder. Wo ist itzt der Geyer? Ich bin gefaßt.

Schäferhans erscheint an der Treppentür.

Schertlin, zu Schäferhans. Betrunkene Kanaillen, wollt ihr aufwachen?

Wilhelm von Grumbach hat sich davongeschlichen.

Lorenz von Hutten. Wilhelm! Wo bist du?

Schertlin. Wo ist der Junker?

Kunz von der Mühlen. Wo ist der Geyer?

Frau Grumbach gebietet durch eine Bewegung Stille, geht zu der Tür, hinter der Geyer verschwunden ist, und deutet mit der Hand darauf, dann verschwindet sie. Die halbtrunkenen Ritter fassen ihre Schwerter fest und nähern sich vorsichtig der Tür. Stille. Spannung. Da öffnet sich die Tür; Geflüster der Ritter. Marei tritt heraus und wieder zurück. Im nächsten Moment kommt sie ganz heraus; in der Mitte des Raumes wird sie gepackt und erstochen.

Marei, sterbend. Kapitän! Rettio! Mordio! Mörder!

Schertlin. Itzt nit gezögert, faßt eure Wehren fest!

Lorenz von Hutten schleicht ganz nahe der Tür und will gerade seine Hand auf die Klinke legen, als die Tür von innen gewaltsam aufgetreten wird. Mit dem Stumpf der schwarzen Fahne in der Linken und dem entblößten Schwert in der Rechten steht Geyer in dem Türrahmen. Alle prallen zurück. Stolz, kalt und gefährlich ist sein Blick, als er mit eisiger Ruhe fragt.

Geyer. Wen suchet ihr?

Die Ritter schweigen.

Geyer. Wen suchet ihr?

Schertlin. Den Florian Geyer von Giebelstatt.

Geyer, vorschreitend. Der bin ich, wer seid ihr?

Schertlin. Kennst du mich nit?

Geyer. Nein!

Schertlin. Kennst du den Sebastian Schertlin nit, von Pavia her?

Geyer. Sollt ich jeden Raufbold und Finanzer kennen, der in des Frundsbergers Trosse läuft?

Lorenz von Hutten. Kennst du mich auch nit?

Geyer. Du bist ein Pfaffenknecht.

Lorenz von Hutten. Lorenz von Hutten ist mein Name.

Geyer. So schäme dich für den Teufel, wenn du eine ehrliche deutsche Ader im Leibe hast.

Lorenz von Hutten. Potz Marter! Rühmest du dich, des Ulrich von Hutten Freund zu sein und dienest dem Herzog und Henker von Württemberg, seinem schlimmsten Feind?

Geyer. Nichts ohne Ursach! als der Sickingen sterbend gesagt hat.

Hartheim. Kurzum, was redet Ihr viel daher? Gebt Euch in Gnad und Ungnad.

Geyer lacht in unsäglicher Geringschätzung.

Hartheim. Gebt Euch in Gnad und Ungnad! Gebt Euch gutwillig, Ritter, sust –

Geyer. He! Du! mit deinem spanischen Pfauentritt, bleib mir vom Leib! Hältst du mich nit für Manns genug, mich wider Gewalt zu setzen, daß du mir den Tod dräuest gleich einer feisten Gans?

Wolf von Kastell. Du kannst nit wider Gottes Strafe fechten.

Schertlin. Gebt Euch in Gnad und Ungnad! Ihr seid dieser bäurischen Ufruhr Haupt- und Anführer gewest. Die armen Leute verführet zu Schmach, Not und Verderben.

Geyer lacht.

Wolf von Kastell. Ihr habt Euch wider Recht, Ordnung, Gerechtigkeit und das göttliche Wort gesetzet.

Geyer, den Rücken durch die Wand gedeckt, lacht abermals.

Schertlin. Zum letzten Male, Ritter: ergebt Euch in Gnad und Ungnad! Tut das Schwert weg!

Geyer, in Kampfstellung, furchtbar. Her!!!

Lorenz von Hutten. Dran!

Schertlin. Halt!

Die Ritter beraten leise, indessen hat Schäferhans, im Hintergrund stehend, seine Armbrust aufgebracht und mehrmals auf Geyer angelegt.

Geyer, in sich versunken, schreit plötzlich laut und übermenschlich. Judas! Judas! – –

Lorenz von Hutten. Schreiest du itzt wie ein Brüllochs!? Du bist der Judas! Kein andrer als du. Bist du nit am gemeinen Adel zum Judas geworden? Deine Mutter weinet die Augen aus, dein Vater fähret mit Gram in die Grube . . .

Geyer, wie abwesend. Ich bin der Letzte meines Schilds und Helms.

Wolf von Kastell. Was sagt er da? Verhüt es Gott, es sind ehrliche Ritter und Reuter deines Namens genung überblieben.

Schertlin. Im Namen des Truchsessen von Waldburg, Gubernator von Württemberg . . .

Lorenz von Hutten. Im Namen des Obersten Feldhauptmannes . . .

Geyer. Ich nehm ihn für einen Metzger, Schinder, Kuppler und Schelm und euch für Schindhunde, Marksäuger, Neidhunde und nasse Buben . . .

Ritter. Schlagt tot! Schlagt tot!

Geyer. Her! Her!

Lorenz von Hutten. Bauer, gib Frieden!

Geyer. Ziska und die Freiheit! Her!

Schäferhans drückt auf Geyer ab.

Geyer sinkt tödlich getroffen, starr, gerade, mit einem haßerfüllten Blick vornüber und ist nicht mehr.

Lorenz von Hutten, wie die übrigen Ritter verblüfft und erschrocken. Kotz! was war das?

Schertlin. Bei meinem Eid, ihr Herren . . .

Wolf von Kastell. Nit zu nahe, Junker.

Schäferhans fällt über den Toten her wie über ein erlegtes Wild.

Hartheim. Ist er tot?

Schäferhans. Wird wohl. Hab nie keinen beßren Schuß getan.

Schertlin. Du Bluthund hast ihn gefällt.

Schäferhans, Geyern den Brustharnisch losschnallend. Sollt ich nit? Hat nit der Truchseß hundert Floren gesetzt uf seinen Kopf?

Kunz von der Mühlen, zum Fenster hinausschreiend. Der Florian Geyer ist tot! Stoßt in die Trummeten! Der Florian Geyer ist tot!

Wolf von Kastell. Die Gäule heraus! Auf! und lasset uns die fröhliche Botschaft ins Läger bringen.

Lorenz von Hutten. Laß mir das Schwert, Bruder Veit, so soll dir dein Geld werden. Ich will für dich werben beim Truchsessen. Er nimmt das Schwert.

Schertlin. So wahr mir Gott helfe, eine herrliche Wehr!

Wolf von Kastell, auch das Schwert beschauend. Es ist ein Spruch in der Knauf geritzt.

Lorenz von Hutten liest ab. Nulla crux, nulla corona.

Kunz von der Mühlen, am Fenster, ruft. Sassa! der Florian Geyer ist tot!

Fanfare unten im Hof.

 


 


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