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Bläser mit Kränzen auf dem Haupt eröffnen das Spiel mit Fanfaren.
Ein Herold tritt aus dem Vorhang, bekränzt.
Willkommen den Willkommnen! Herzlich biet' ich ihn zuvor
so allen denen, die das liebe große Vaterland,
als jenen andren, die das größere, die Welt, uns sendete.
Fanfaren sind erklungen, nicht Triumph bedeutet ihr Geschmetter uns.
Es gelte einzig als ein Ruf und Gruß des Lebens euch,
anfeuernd euch im Innern jede reine Kraft und jeden Mut zum Sein. –
Ein Werk ist uns gelungen, und, wir leugnen's nicht,
ein deutsches Werk. Allein, wo immer auch ein echtes Werk
vollendet ward, es schenkte sich der ganzen Menschheit hin.
Ich höre raunen: »Allzuoft am Ende auch das böse Werk!«
Mag sein: hier ist ein gutes. Das zu wissen, bin ich stolz,
froh, es zu sagen, dreimal glücklich, daß ihr's hört.
Und nun ich dies gesagt, ist meiner Sendung bester Teil vollbracht.
Es wird ein Vorhang auseinandergehn, und was ihr dann
zuerst erblickt, befremd' es eure Seelen nicht.
Es kann nicht anders sein, als daß die hohe Frau,
die ihr auf goldnem Sessel dunkel thronen seht,
die Königin, der Trauerschleier nicht entraten mag.
Sie hat sich trotzdem nicht vom Leben abgekehrt.
Der Vorhang öffnet sich. Man sieht die angekündigte Frauengestalt. Sie trägt, ohne verschleiert zu sein, dunkle Schleier. Neben ihr wird, hoch aufgerichtet, der getreue Eckhart sichtbar, auf sein langes Schwert gestützt. Helm und Knauf sind mit roten Rosen bekränzt. Zwei Chöre sind längs der Wand zur Rechten und Linken der Frauengestalt aufgestellt: Chor der Jünglinge, Chor der Mädchen.
Nein, sie gehört ihm voll mit ihrem großen Herzen an.
Und wallen heut noch dunkle Schleier um sie her,
verschleiert ist die hohe Göttin darum nicht.
Chor der Jünglinge.
O Mutter, liebe Frau,
es steht am hohen Himmel
ein leiser roter Hauch.
Mutter, siehst du ihn auch?
Der Wolken grau Gewimmel
enthüllt das ew'ge Blau.
Du, Mutter, schweigst: o sage,
uns ist, als ob vom Tage
ein morgendliches Beben
der Welt sich wolle geben.
O sag uns, ob wir rechte sehn
oder noch im Irrtum stehn!
Chor der Jungfrauen.
O Mutter, liebes Mütterlein,
ist nicht zu dir gedrungen
ein wunderzarter Maienschein
aus Schmerzensdämmerungen?
Uns hat geweckt ein Glockenhall
und etwas auch wie Maienschall,
Schalmeienschall, allüberall.
Ob Träume uns betörten?
Ist's wirklich, was wir hörten?
Eckhart.
Ihr seht, noch steh' ich hier mit meinem Schwert
bei ihr, der Mutter, deren wir nicht wert.
Drängt nicht in sie, die einsam thront und schweigt,
indes ein Morgen zwielicht-seltsam steigt.
Gar wüst war diese Nacht, die düster schwindet
und der sich zögernd nur ein Tag verbindet.
Doch ihr seid jung, und eure Kehlen springen
wie Brünnlein auf, die Winters Eis bezwingen.
Des bin ich froh. Singt fort! Mir tut sie gut,
die schlichte, hymnisch-reine Seelenflut.
Ein Jüngling.
Getreuer Eckhart, wir erkennen dich,
und überglücklich sind wir, dich zu sehn.
Wo warst du in der Zeit der Ängste, sprich,
anstatt, wie jetzt, der Mutter beizustehn?
In Ehrfurcht sag' ich's, nicht um dich zu rügen.
Du aber, Treuer, hast dich selbst gerügt:
man sieht, wie Schmerz und Gram in deinen Zügen
und bittre Reue tief sich eingepflügt.
Unwert der Mutter nennst du dich und uns,
zeig uns die Straße denn hochwürd'gen Tuns.
Eckhart.
Du frische Stimme, keck und morgenfrei,
was kann ich dir, was euch zur Antwort geben?!
Mein Sohn, du fragst, wo ich gewesen sei:
wo die Verbannten, die Vergeßnen leben.
Geschwätz, Geplärr, Getu' hat mich verbannt,
verschüttet haben Berge mich von Sand.
O dieser Sand, mit faulem Staub gemischet,
wie hat er widerlich den Raum durchzischet,
wie jedes großen Wandrers Tritt verwischet!
O dieser Sturm, wo gift'ge Luft und Mist
der Wirbel wüstester geworden ist!
Der Menschheit Adel ward in ihm zerrissen,
zerfetzt und fortgefegt das Weltgewissen.
Und dieser Sturm, er streute Abgrundssaat.
Ein Totengräber war er sondergleichen.
Die Mutter lebt, doch trägt sie noch sein Zeichen,
das Zeichen manchen Tritts, der auf sie trat
im wilden Durcheinander dieser Wirrung
von Menschenhaß und Menschenflucht und Irrung.
Doch nun ist Stille. Wieder stellt sich dar,
was ewig ist, was unvernichtbar war.
Das Große schweigt und ist. Wer es will hören,
darf, schweigend selbst, des Schweigens Kraft nicht stören.
Eine Jungfrau.
Auch wir, getreuer Eckhart, sind beglückt,
hier wieder dich zu sehn und so geschmückt.
Ein Helm mit roten Rosen obendrauf
und rote Rosen um des Schwertes Knauf.
Wie schön! Wie glückbedeutend-hoffnungsvoll!
Man bebt, man weiß nicht, was man sagen soll.
Behelmte Weisheit mit der Rose Zier,
ein unbewegtes Schwert, bekränzt mit ihr,
am Knauf gebunden durch der Güte Kraft:
beherrschte Macht, beherrschte Leidenschaft
bedeutet das. Es heißt ja allgemein:
nur wer sich selbst beherrscht, darf Herrscher sein.
Und mehr ist, sagt man, der sich selbst besiegt,
als der, vor dem die Welt in Ketten liegt.
O alter Eckhart, welcher Glanz erstrahlt
aus deines Stahlblicks gütig-warmer Bläue,
von Purpurrosenschattenhauch bemalt.
Wie kommt's, daß ich vor Ehrfurcht dich nicht scheue?
Wie süß umweht dich, Ew'ger, Purpurduft
und füllt beseligend die Morgenluft.
Eckhart.
Kind, deine Worte sind dein junges Recht.
Heil dir, daß dir der Jugend Rose lacht!
Allein, nun sei dir eine dargebracht,
die dich mit ihres Hauches Purpurgluten
erinnre an ein anderes Geschlecht:
damit du lebest, mußte es verbluten.
Des zur Erinnrung nimm sie an die Brust!
Das gleiche bleibe dir, mein Sohn, bewußt.
Er hat vor die Füße des Mädchens und dann vor die Füße des Jünglings je eine Rose geworfen. Beide knien nieder, küssen die Rose, heben sie auf, stecken sie an die Brust.
Chor der Jünglinge.
O Mutter, liebe Frau,
es steht am hohen Himmel
ein leiser roter Hauch.
Mutter, siehst du ihn auch?
Der Wolken grau Gewimmel
enthüllt das ew'ge Blau.
Chor der Mädchen.
O Mutter, liebes Mütterlein,
ist nicht zu dir gedrungen
ein wunderzarter Maienschein
aus Schmerzensdämmerungen?
Uns hat geweckt ein Glockenhall
und etwas auch wie Maienschall,
Schalmeienschall, allüberall.
Ob Träume uns betörten?
Ist's wirklich, was wir hörten?
Der Schlag eines Hammers auf einem Amboß erklingt, der Gesang reißt ab, und die bisherigen Erscheinungen verblassen. Man erblickt einen Amboß, dahinter einen gewaltigen Schmied, der den Schlag geführt hat.
Der Schmied.
Das ist's: der Stoß, der Schlag, die Kraft,
die Tat ist's, welche Werke schafft.
Und sei's auch nur ein Nagelschmied,
das Hammerlied, das beste Lied.
Was soll die ganze Litanei?
Wenig Wolle, viel Geschrei.
Ein Wort, das Tat nicht übertönt,
hat Wort und Tat zugleich verhöhnt.
Ihr meint, ich tue große Werke;
groß ist hier klein, und klein ist groß.
Ich schmiede einen Nagel bloß,
Beschränkung ist des Meisters Stärke.
Das gleiche tu' ich jeden Tag
mit immer gleichem Hammerschlag.
Doch dieser eine Nagel hier
hat mehr als andre zu bedeuten.
Daß ich ihn schmiede, bringet mir
viel Ehre ein bei Land und Leuten.
Bald wird er feierlich verhämmert,
noch eh der Tag heraufgedämmert.
Eh dies geschehn, ist's nicht vollbracht,
sind übereilig die Fanfaren.
Erst fertig sei der Bau gemacht,
dann mögt ihr festlich euch gebaren.
Ein Huhn selbst nicht zu gackern pfleget,
bevor es noch ein Ei geleget.
Es stürzen durcheinander eine große Anzahl Handwerker herein, die mit ungeheuerem Lärm Säge, Hobel, Hammer, kurz, alle ihre Werkzeuge gebrauchen.
Der Herold.
Was geht hier vor? Ich stehe wie betäubt und töricht hier.
Wo liegt der Fehler? Kamet ihr zu früh herein? Rief mir
ein böser Dämon wohl ein falsches Stichwort zu, so daß
ich vor dem festgesetzten Augenblick erschien?
Wie gräßlich, ohrbetäubend, schmetternd-wild ist dieser Lärm,
das Fest entweihend, das so feierlich schon eingesetzt.
Ein Durcheinander gibt's, ein Chaos; ordn' es, wer da kann.
Ein Mann in der Maske Peter Vischers ist behäbig langsam nach vorn gekommen.
Peter Vischer zum Herold.
Ein Chaos nennst du das, Ausruferlein?
Dergleichen Chaos möcht' ich loben.
Aus solchem Chaos hat sich rein
die Welt, die Kunst, dies Haus erhoben.
Ist's gegen Welt und Kunst auch klein,
es muß durch das vollendet sein,
was dir Unwissendem ein Wirrwarr scheinet.
Ein solcher Wirrwarr ist so tief geeinet
wie höchstens noch der Liebe Lust und Pein.
Aus solchem Wirrwarr, solchem Bacchanale
entrang sich einst des deutschen Domes Schweigen,
der Gottheit Körper, ganz und gar ihr eigen,
der Haus und Hülle ist dem heil'gen Grale.
Und was sich noch entringt, es wird sich zeigen
dem Chaos, wie du's nennst, und seinem Wüten,
wenn dieses Hauses Türen sich erschließen
und alle seine Wirkensquellen fließen,
ernährend ungezählte Lebensblüten.
Du sollst von allen diesen Wundern wissen,
und zum Bewundern bist du hingerissen.
Denn ungeheuer ist die Zahl von Dingen,
die, groß und klein, dem Chaos hier entspringen.
Schmied, ist dein Nagel fertig?
Er empfängt ihn.
Meinetwegen
braucht man ihn nicht mit Flittergold umlegen.
Mir ist er heilig, soll er heilig bleiben.
Wo aber ist die Hand, ihn einzutreiben
würdig genug? dies letzte Heft und Haft
an diesem edlen Werk der deutschen Kraft?
Alle Handwerker drängen sich um Peter Vischer her. Erste, zweite, dritte Stimme aus der Menge der Handwerker.
Erste Stimme.
Es ist ein Fremder vor der Türe.
Zweite Stimme.
Ein greiser Mann mit langem Bart.
Dritte Stimme.
Sein Mantel zerzaust und langbehaart.
Erste Stimme.
Willst du, daß ich ihn vor dich führe?
Zweite Stimme.
Er ist behangen mit Schilf und Gras.
Dritte Stimme.
Bis zu den Schultern triefend naß.
Erste Stimme.
Er schreitet an einem langen Stabe
und bringt euch, scheint's, eine seltsame Gabe.
Zweite Stimme.
Es ist ein Kindlein, ein winziger Knabe.
Dritte Stimme.
Da ist er, ein seltsamer Wandersmann.
Der beschriebene Pilger, sehr groß und stark, tritt ein. Auf seinem Nacken reitet das Kindlein. Er tritt, gerade nach vorn schreitend, an Peter Vischer heran. Der Handwerkerlärm schweigt.
Der Pilger.
Meister, ich bringe dir eine Gabe
von Nürnberg, von Sankt Sebaldus' Grabe,
das du selber gebildet und gegossen
mit deinen Söhnen und Arbeitsgenossen.
Von deinen Schnecken, bewegt im Kreise,
tönt's: eine Spieluhr, mystisch leise,
ein Lied vom Weltbau und allerlei Reichen
unterm Rade der Sonne und seinen Speichen.
Im Silbersarg, dem Reliquienschrein,
vermut' ich Sankt Sebaldi Gebein.
Dies Knäblein aber fand ich hoch oben
auf deines Werkes Spitze erhoben.
Ich wußte um eure Verlegenheit
und dachte, mit Nägeln weiß es Bescheid.
Und also bracht' ich es zu dir her.
Doch glaube mir, Peter, das Kind war schwer!
Manchmal dacht' ich, es wolle mich ganz erdrücken,
dann aber empfand ich ein solches Entzücken,
euch darzubringen die kleine Hand,
würdig, den letzten Nagel zu klopfen,
den letzten des Werkes in eure Wand.
Die Handwerker brechen in heiteres Gelächter aus.
Peter Vischer.
Lacht nicht! Den Mann sowie das Kind
schickt uns eine glückliche Stunde.
Laßt euch erklären, wer sie sind.
Alle.
Ja, guter Meister, gib uns Kunde.
Peter Vischer.
Da seht den Mann, er ist stark und groß.
Das Kindlein will euch gar winzig scheinen,
dem Riesen eine Handvoll bloß.
Euch dünkt, die Kraft sei bei dem einen,
bei dem Kindlein die Schwäche allein.
Das möchte mehr als fraglich sein.
Nimm von des Riesen Schultern den Kleinen,
so tappt er umher wie taub und blind,
er ist verloren ohne das Kind.
Er verfehlt jeden Tritt, er verfehlt jeden Weg,
glaubt grade zu schreiten und schreitet schräg.
Ihm winket kein Ziel, ihn leitet kein Schrei.
Doch wenn ihm das Kindlein die Schulter berühret,
er hört, er sieht, er ist sicher geführet! –
Und auch mit dem Kindlein ist es vorbei,
wenn der Riese, der treue, es nicht mehr trägt,
dann zappelt es nur und kreischt und quäkt.
Doch Eile tut not, die Stunde schlägt
der Werkvollendung und Werkesweihe.
Trotzdem: noch einmal diese Zweie.
Es gibt die Kräfte von tausend Riesen
dem Manne das Kind, unter dem er sich bückt,
trotzdem fast von dem Knäblein erdrückt.
Wie soll man sie nennen, diese beiden,
die verscheiden, wenn sie sich scheiden?
Soll man sagen: Gedanke und Tat?
was wirklich manches für sich hat.
Nur sind dies eben zwei Abstraktionen.
Die Tat ist kein Mann, der Gedanke kein Kind.
Weiteres Grübeln dürfte nicht lohnen,
weil wir eben zu eilig sind.
Eins ist gewiß: dieses Neugeborne
mußte sein vor dem ersten Stein.
Es ist himmlisches Fleisch und Bein,
ist der schöpferisch Erkorne,
auch unsres mächtigen Werkes Erweckerlein.
Heute freilich scheint es nichtig,
und es ist doch heut und immer wichtig.
Du kleiner Knirps, nun schlage zu!
Ich halte den Nagel, tu drei Schläge!
Dann mögen ruhen Hobel und Säge,
und die liebe Seele hat einmal Ruh'.
Das Kind tut die drei Schläge, das letzte Handwerksgeräusch schweigt. Im nächsten Augenblick sind mit Peter Vischer, dem Riesen, dem Kinde auch die Handwerker verschwunden. Wieder sitzt die schleiergeschmückte Frau auf dem Goldthron, der getreue Eckhart steht links neben ihr, an ihrer Rechten die Stadtgöttin. Eine geschmückte, bebänderte Handwerkerprozession erscheint, an der Spitze Blechmusik. Ihr voran, von geschmückten Werkmeistern, wird ein Modell des Deutschen Museums getragen. Das Modell auf einer Trage wird vor die thronende Frau gestellt.
Der Herold.
Nun kommt die Sache, wie ich sehe, wiederum ins Gleis.
Ich bin erlöst. Beinahe war ich überflüssig hier.
Dies ungebärdige Handwerkervolk kennt Rücksicht nicht,
und was sonst vorging, nicht das mindeste begriff ich mehr.
Jetzt aber geht es richtig weiter, wie's im Buche steht.
Die hohe Frau, die thronende, verkörpert Deutschland hier.
Die andre aber ist Stadtgöttin dieser wundervollen Stadt,
die Mauerkrone zeigt es an auf ihrem edlen Haupt.
Des Werkes Abbild, welches nun vor beiden Frauen steht,
stellt jenen mächt'gen Bau dar, der, vollendet, uns umgibt.
Die Zeit ist da, Baumeister, tu nun, was geschehen muß.
Der Baumeister, im Kostüm der Dürerzeit, tritt vor die Frau.
Der Baumeister.
Erlauchte! Dieses hohe Friedenswerk der deutschen Kraft
nehmt hin! O möchten alle deutschen Werke so entstehn:
geboren aus der Einigkeit und in dem gleichen Geist
gewachsen und vollendet. Dieser Adel kommt ihm zu.
Euch übergeb' ich es, Erlauchte. Dir zuerst,
von deren Mauerkranz umzirkt sein Fundament
verwurzelt steht. Und du bewahrst es jener anderen Frau,
die mehr als du ist und doch wieder eins mit dir.
Nichts andres, als was ihr geschaffen, fällt an euch zurück.
Ja, durch die Seelen, durch die Hände eurer Kinder schuft ihr es,
dies Haus und jenen ungeheuren Schatz, den es enthält.
Der Schatz ist weltumfassend, beinah selbst die Welt.
Vergleichbar darum ist dies wundervolle Haus dem Menschenhirn,
das tausendfältiger Erscheinung Sinnbild eint.
Und so lebendig soll es sein und bleiben. Seine Zellen sind
gedankenträchtig, Leben zeugend, machtvoll, übermächtig fast
und übermenschlich. – Er wendet sich gegen die Zuhörer.
O verzeiht, da ich kein bloßer Bildstock bin,
vielmehr ein Herz besitze, eine Seele und Gefühl
für Größe, Großes, unverdient Gewaltiges,
das unerkannte Mächte durch den Menschengeist gewirkt . . .
verzeiht demnach, wenn ich zu euch erschüttert mich hinwenden muß.
Hier liegt der große Wurf des Menschengeistes offen dar.
Gewaltigstes entstieg ihm. Mit des Seherauges Strahl
schloß er der Lithosphäre Schätze auf, durchdrang
den Luftraum und alsdann den Himmelsraum. Der Seherblick
ward zeugend, weil er fast schon denkend ist.
Und denkend weckte er das große Werk der Denkerhand.
Da ward sie schaffend, diese heil'ge Hand, ward Schöpferin,
sie schuf: und was sie schuf; dies Haus enthüllt es euch.
Dem Fische gleich durchschwimmt der Mensch den Meeresgrund,
sein Haus bewegt sich sicher über Ozeane hin,
das Werk der Denkhand trägt ihn pfeilschnell durch die Luft.
Er spricht durch stumme Schrift mit Seelen, Tausende von Meilen weit
im Raum entfernt. Es schleppt der Blitz ihm ungeheure Lasten Tag und Nacht
durch alle Länderstrecken rastlos, gleichsam spielend, fort.
Nicht Bergeshöhe und nicht Bergestiefe ist ihm Hindernis.
Ich sage wenig und nur das, was jeder weiß,
von dem, was Übermenschliches der Geist errang
im steten Wechselwirken mit der heil'gen Hand.
Was tat die Seele, um es beiden gleichzutun?
Ist sie schon würdig alles dessen, oder ist sie's nicht?
Der Mensch war einstmals stolz auf das, was ihm gelang.
Heut aber schmeichelt's kaum noch seiner Eitelkeit.
Was er mit Ehrfurcht, tiefsten Staunens, dankbar nur
genießen sollte, nimmt er stumpf und ohne Regung hin.
Ich kann nicht anders, tief erschüttert sprech' ich's aus.
Noch ist der Mensch nicht würdig dessen, was ihm Hand und Geist –
was er sich selbst geschenkt: denn weder stehen Hand und Geist
im Adelsstand, noch ist das übermenschliche Geschenk,
das uns die Einigkeit des Denkens und der Arbeitshände aufgebaut,
erkannt, gewürdigt und mit Ehrfurcht so erfaßt,
daß sich die Pflicht gebären kann, die es uns auferlegt.
Hier denke weiter, wer durch Denken sich zu fördern hofft.
Genug. Baumeister bin ich, und nicht hört mein Geist
zu bauen auf, nachdem mein neues Werk vollendet ist . . .
Eckhart. Das sei dir nicht verwehrt, Baumeister, doch nun sei's genug, wie du gesagt. Des guten Willens Ungeschick schafft allzuoft Verwirrung oder Ärgernis.
Chor der Jünglinge und Mädchen
Die Herzen hoch, die Hände rein und stark,
so wollen wir von neuem uns erheben.
In unseren Gliedern glüht das alte Mark:
wo Leben ist, da ist es neues Leben!
Es schäume auf, es wachse, blühe, werde
das neue Leben auf der alten Erde.
Eckhart
Das Werk ist da, das Werk ist gut. Wir feiern heut ein Fest.
Ein jeder Tag hat seine Sorge, später, morgen, mehr davon.
Für die Erlauchten nehm' ich das Gegebne in Empfang.
Mit Rat und Tat es zu beschützen, ich gelob' es gern.
Chorgesang.