Wilhelm Hauff
Phantasien und Skizzen
Wilhelm Hauff

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Aus dem Nachlasse.

Von H. Hofmann (vgl. die Einleitung zur vorliegenden Ausg.) zum ersten Male mitgeteilt.

I.

Das Fischerstechen.

Der Sohn des reichen und berühmten Freiherrn von Gleichen ist auf einer Reise in eine Flußstadt (etwa Ulm–Regensburg usw.) gekommen, sieht und liebt dort die Tochter des Ober-Aeltesten der Schiffer-Gilde. Er hat ihr seine Liebe gestanden, zugleich aber auch die geringe Hoffnung, die er habe, von seinem Vater die Einwilligung zu einer so ungleichen Verbindung zu erlangen. Seine Leidenschaft, die größer ist als die Rücksicht auf den Vater, bewegt ihn, um wenigstens auf einige Zeit in des Mädchens Nähe zu leben, seinen Stand zu verläugnen und Dienste bei dem Schiffermeister zu nehmen.

Zu diesem Zweck hat er seinen Bedienten (die komische Figur des Stücks) in seine Kleider gesteckt und läßt ihn unter seinem Namen in der Stadt leben, seinen Vater glauben zu machen, er selbst halte sich als Freiherr von Gleichen dort auf.

Der Schiffermeister hat seinem ältesten Gesellen die Tochter zugedacht, und dieser ist der eifersüchtige Liebhaber. Doch ist er, geblendet von dem schimmernden Auftreten des Bedienten, den er für den wirklichen Freiherrn hält, auf diesen und nicht auf den wahren Liebhaber eifersüchtig. Dieses Verhältnis der Beiden gibt Anlaß zu komischen Szenen. Alljährlich feiert die Stadt ein großes Fest, das Fischer- oder Schifferstechen (bekanntlich werden an manchen Orten noch jetzt solche Feste gehalten). Der Altgeselle soll an diesem Tage Sieger bleiben, dadurch Meister werden und die Tochter zur Frau bekommen. Diß ist der Plan des alten Meisters.

Der junge Gleichen sieht, daß ihn und die Geliebte nichts von diesem verderblichen Plan retten kann. Nur ein Ausweg ist möglich, nemlich den Alt-Gesellen, der als der beste Schiffer bekannt ist, nicht zum Sieger werden zu lassen. Gleichen, im Führen der Lanze wohl erfahren, spricht in einem muthigen, kriegerischen Liede sein Vertrauen aus, den Gegner zu besiegen und die Braut zu gewinnen. Er will sogar seinen Stand ganz verlassen, immer als Schiffer leben und um die Geliebte werben.

Der eifersüchtige Alt-Geselle hat indessen dem alten Gleichen gemeldet, daß sein Sohn in einem Verhältnis mit der Tochter des Schiffermeisters sei. Der alte Gleichen kommt, um seinen Sohn zurückzurufen. Er wird von dem Bedienten, der sich vor ihm nur im Livrée-Rock zeigt, überzeugt, daß sein Sohn schon nach Hause abgereist sey. Unterwegs bekommt er die Nachricht, daß er belogen worden, daß sein Sohn noch in der Stadt sey, und trifft gerade in dem entscheidenden Moment ein, wo sein Sohn im Schifferstechen siegt. Er glaubt der Kleidung nach unter der Menge seinen Sohn zu sehen und trifft den – Bedienten. Durch ihren Wortwechsel der im Vor-Grund vorfällt, wird die Aufmerksamkeit der Zuschauer von dem Hintergrund abgelenkt, wo das Schifferstechen stattfindet.

Der junge Sieger wird im Triumpf vorgefühlt. Der Meister, im Zorn, daß der Altgeselle überwunden worden, sagt die Tochter dem Sieger zu, die Glücklichen umarmen sich, und in demselben Augenblick erkennt der alte Gleichen seinen Sohn.

Im Drang des Augenblickes, hingerissen von dem Schmerz des Mädchens, von der Verzweiflung des Jünglings, gesteht der alte Schiffer-Meister, daß sie nicht seine Tochter sey, ein Geheimniß, mit welchem der Zuschauer schon während des ersten Actes durch eine Unterredung des Alten mit seinem Freunde, dem Bürgermeister der Stadt vertraut gemacht wurde. Eine Edelfrau (deren Gatte in der Schlacht geblieben, war) schiffte sich sehr krank mit dem unmündigen Kinde in seinem Schiffe ein, um in Oesterreich Verwandte um Hilfe anzuflehen. Sie wurde auf dem Schiffe so krank, daß man sie ans Land bringen mußte. Dort, dem Tode nah, übergab sie dem Schiffer, zu welchem sie Vertrauen gefaßt, ihre Tochter und die Familien-Papiere, die ihre Geburt belegten, und bath ihn, das Kind zu den Verwandten zu bringen. Die Verwandten aber waren so hartherzig daß sie das Kind nicht aufnehmen wollen. Da nahm er es selbst zu sich und zog es auf.

Der Meister zeigt einen Ring vor, welchen ihm die Mutter des Kindes als ein Vermächtniß des Vaters, das er sterbend vom Schlachtfeld geschickt, gegeben. Der alte Gleichen betrachtet den Ring, staunt und gesteht, daß er denselben Ring einem Jugendfreund gegeben habe, und fragt nach dem Namen der Edelfrau. Der alte Fischer nennt ihn, es (ist) der Name seines Freundes. Gleichen ist überzeugt, und das Andenken an diesen Freund, die Bitten des Sohnes, die Liebenswürdigkeit des Mädchens bestimmen ihn, sie als Tochter aufzunehmen. Großes Jubel- und Gratulationsfinale.

Als komisches und lebendiges Zwischen-Spiel kann die Liebe des Bedienten zu einer Nichte des alten Fischers benüzt werden. Sie lieben sich, aber er darf seinen wahren Stand nicht verraten und sie hat, trotz der Liebe, ungemeine Ehrfurcht vor ihm, als einem Ritter, was ihm höchst unbequem ist.


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