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Keine erfahrungswissenschaftliche Erkenntnis und kein rein logischer Grund spricht dagegen und viele Einsichten beider Art sprechen dafür, daß alle vorstehenden Ergebnisse der denkenden Untersuchung nicht nur für jeden einzelnen Menschen, auch für sämtliche anderen Lebewesen unserer Erfahrungswelt, also für Tier- und Pflanzenindividuen, ja irgendwie auch für die anorganischen Einzeldinge Geltung haben: wenngleich man diesen natürliche Eigenschaften und Fähigkeiten, die im Menschen generell höher entwickelt sind, selbstverständlich nur in weit geringerem und allergeringstem Grade zuschreiben darf. Schon die logische Unhaltbarkeit irgendwelcher dualistischen oder pluralistischen, nicht einheitlichen Welterklärung, aber auch gar manches bedeutsame Ergebnis der neueren Naturforschung spricht gegen eine wesentliche, qualitative Abgrenzung zwischen Mensch und Tier, oder zwischen Tier und Pflanze, oder auch nur zwischen der organischen und der anorganischen Welt. Wir betrachten und bezeichnen daher im Folgenden auch die Tier- und Pflanzenindividuen wie auch die anorganischen Einzeldinge als tierische, pflanzliche, anorganische »Subjekt-Objekte« der illusorischen menschlichen Erfahrungswelt. Während bei den menschlichen Subjekt-Objekten sich das Subjektive und das Objektive bereits in ungefährem »Gleichgewicht« befinden, herrscht bei den tierischen das Objektive noch bei weitem vor, bei den pflanzlichen Subjekt-Objekten in noch viel höherem Maße als bei den tierischen, und bei den anorganischen so sehr, daß man da höchstens in der Tendenz der Stoffe zur Individualisierung, wie sie in den Kristallindividuen, ihrem Wachstum und ihrer Selbstbehauptung gegenüber unmittelbar benachbarten oder mit ihnen verwachsenen Individuen gleicher Art deutlich hervortritt, Spuren einer »subjektiven Betätigung« im Persönlichkeitssinne wahrnimmt, während im übrigen nur die rein mechanischen Reaktionen gegen die Nebendinge als subjektive Kraftäußerung aufgefaßt werden können. Freilich aber darf man dabei nicht vergessen, daß sich auch die meisten scheinbar amorphen (d. h. formlosen, nicht kristallisierten) Körper als Aggregate mikroskopischer Kriställchen erwiesen haben, die sich nur gegenseitig in der vollen Ausbildung verhinderten, ferner, daß man neuerdings auch flüssige Kristalle entdeckte, endlich, daß – wie bereits erwähnt wurde – die moderne Naturwissenschaft sich gezwungen sah, jedes »Atom« als ein bewegtes »Elektronen-System« anzunehmen, und daß somit ein Teil der Bewegungen dieses Systems als solche »subjektiven« Charakters aufgefaßt und überhaupt jedes anorganische Einzelding demnach als ein Aggregat von Atom-Subjektobjekten betrachtet werden könnte. Die Tierindividuen haben statt der hochentwickelten bewußten Subjektivität der Menschenindividuen noch eine solche von sehr niedrigem Bewußtseinsgrad, die sich aber immerhin als bewußte Subjektivität wenigstens bei den höheren Tiergattungen bereits nachweisen läßt; im übrigen äußert sich das Subjektive da noch in unbewußten Instinkten, die den Interessen des Ichs dienen. Noch ganz unbewußt und instinktiv ist, wenigstens für menschliche Beobachtung, die Subjektivität der pflanzlichen Subjekt-Objekte, sie gibt sich nur in gewissen zweckdienlichen Reaktionen auf äußere Reize kund, so beispielsweise in den Fangbewegungen fleischfressender Pflanzen, in den »Schlafbewegungen« der Blüten oder Laubblätter vieler Pflanzenarten, in den auffälligen Wendungen der Pflanzen dem Lichte zu, in den merkwürdigen rotierenden Wachstumsbewegungen der Schlingpflanzen und Rankengewächse, in den komplizierten Bewegungen, mit denen die Mimose schon auf geringste äußere Reize antwortet, und anderem mehr.
Daß es berechtigt ist, die Instinkthandlungen der Tiere und Pflanzen qualitativ von den bewußt subjektiven Tätigkeiten der höheren Tiere und der Menschen scharf abzugrenzen – wer könnte das kurzweg behaupten? Es ist möglich, ja es ist immer noch wahrscheinlicher als das Gegenteil, daß der »Instinkt« der Tiere und der Pflanzen nur ein geringerer Grad derselben Fähigkeit ist, deren höchste uns bekannte Steigerung wir eben bewußte Eigentätigkeit nennen. Und in solchem Sinne kommt wohl selbst den anorganischen Einheiten ein Minimum von »Bewußtsein« zu. Wie man sich diese Gradunterschiede der Subjektivität und des »Bewußtseins« bei den verschiedenen Gattungen von Subjekt-Objekten gar nicht groß genug vorstellen kann, so muß auch das natürliche Vorstellungsbild der Umwelt, die generelle Welt der äußeren Erfahrung, für Subjekt-Objekte verschiedener Gattung in unausdenkbarem Maße verschieden sein. Die »Welt« eines Hundes ist ohne Frage eine ganz andere als die eines Menschen, und die »Welt« einer Mücke unterscheidet sich wieder durchaus von der eines Hundes. Was aber mag erst jenes »minimale Bewußtsein« eines Kristalls oder eines Atoms sich als »Welt« vorstellen? Man könnte versucht sein, in dieser unzweifelhaften Verschiedenheit der »Erfahrungswelt« je nach der Gattungszugehörigkeit des betreffenden Subjekt-Objekts, welche Verschiedenheit übrigens auch noch durch die naturgemäß verschiedene Vorstellung der einzelnen Subjekt-Objekte gleicher Gattung gesteigert wird, einen neuen Beweis für den illusorischen Charakter jeder solchen Erfahrungswelt, auch der unseren, zu erblicken; allein dieser Beweis wäre kein vollständiger, denn es bleiben da trotz allem gewisse Gemeinsamkeiten, auf die sich die »Weltgläubigen« mit einiger Verteidigungsaussicht zurückziehen könnten.
Die etwa vorhandenen mehr oder weniger menschenähnlichen oder auch mit noch höheren natürlichen Fähigkeiten begabten Lebewesen auf anderen Weltkörpern braucht eine denkende Untersuchung wie die unsere überhaupt nicht mit in Betracht zu ziehen. Da die Naturwissenschaft die biologische Möglichkeit solcher Wesen nicht bestreiten kann, und die Wahrscheinlichkeit eher gegen als für die Annahme spricht, daß einzig unsere Erde den Vorzug organischen Lebens und intelligenter Bewohner haben sollte, mag es Marsmenschen und Jupitermondkälber geben: aber wenn es sie gäbe, gehörten sie doch nicht zu unserer menschlichen Erfahrungswelt, deren logische Erklärung einzig und allein unsere Aufgabe ist. Es wird sich zeigen, daß auch diese Erklärung unserer Erfahrungswelt auf ihrem Weg ins Kosmische mündet, und daß sie auch allen Phantasiefreudigen reichliche Anregung zu geben vermag.
Mit den Ergebnissen dieser mehr ins einzelne gehenden Voruntersuchungen über unsere Erfahrungswelt sei nun zu dem Hauptproblem ihrer logischen Gesamterklärung zurückgekehrt. Wir fanden, daß unsere menschliche Erfahrungswelt aus einer Vielheit generell und individuell verschiedener Subjekt-Objekte besteht, daß jedes dieser Subjekt-Objekte eine Einheit (mindestens eine Vorstellungseinheit) darstellt, und daß jede dieser Einheiten wieder eine Vielheit von Einheiten in sich zusammenfaßt, die wieder als Subjekt-Objekte erscheinen: welche Zusammensetzung beziehungsweise natürliche Teilbarkeit die Naturwissenschaft noch über die Grenzen experimenteller Feststellbarkeit hinaus annehmen muß. Wir überzeugten uns ferner, daß alle diese Subjekt-Objekte als solche illusorisch, wesenlos, unwirklich sind, auch wir selbst als Einzelmenschen unserer Erfahrung, unser körperliches Erfahrungsich wie auch unser inneres Erfahrungsich, weil beide weder der Forderung der Wesensselbständigkeit noch auch der Forderung der Wesensdauer genügen. Wir sahen, daß alle Subjekt-Objekte, auch die Einzelmenschen unserer Erfahrungswelt in Wahrheit nur Wechselwirkungsprodukte von Unbekannten sind, die nicht unserer Erfahrungswelt angehören, aber als »Wesenskerne« aller Erfahrungssubjekte und aller Erfahrungsobjekte angenommen werden müssen: und wir mußten uns überzeugen, daß sich der Wirkungsanteil eines solchen »Wesenskerns« an dem zugehörigen Wechselwirkungsprodukt (das heißt: an der Beschaffenheit des Subjekts oder an der Beschaffenheit des Körpers, dessen »Wesenskern« er ist) auf keine Weise abgrenzen läßt. Wir fanden dann in dem »bewußten Ich-Sein« jedes einzelnen menschlichen Subjekt-Objekts etwas, das als unmittelbar, durch Identität gewußt außerhalb unserer illusorischen menschlichen Erfahrungswelt liegt und wegen seiner anscheinenden Identitätsdauer gegenüber der kontinuierlichen Veränderlichkeit unserer ganzen äußeren und inneren Erfahrungswelt mindestens für »realer« gelten muß als diese; auch stellten wir fest, daß die angenommenen »Wesenskerne« der beiden illusorischen menschlichen Erfahrungsiche in diesem »bewußten Ich-Sein« des einzelnen menschlichen Subjekt-Objekts irgendwie enthalten sein müssen. Endlich gelangten wir zu der Überzeugung der quaIitativen Gleichartigkeit der nichtmenschlichen illusorischen Einzelwesen und Einzeldinge mit den menschlichen Subjekt-Objekten und ihrer nur gradmäßigen Verschiedenheit von diesen, da auch bei ihnen die Subjektivität, in einer primitiven oder primitivsten Form, vorhanden ist: sodaß etwas dem »bewußten Ich-Sein«, das mit dem menschlichen Subjekt-Objekt in so unmittelbarem Zusammenhang steht, irgendwie Analoges auch bei ihnen angenommen werden muß, das auch bei ihnen jene unbekannten »Wesenskerne« (als die Autoren der »Wechselwirkungen«) enthält. – Wir fassen aber, getreu der ursprünglichen Aufgabe, zunächst wieder nur die illusorische menschliche Erfahrungswelt selbst als solche ins Auge. Nun fordert jede festgestellte Illusion logisch ein Reales, das in der Illusion befangen ist: und dieses Reale scheint auch bereits gefunden, sei es daß man das »bewußte Ich-Sein« tatsächlich selbst für real nehmen oder wenigstens die in ihm enthaltenen »Wesenskerne« des illusorischen äußeren und des illusorischen inneren Erfahrungsichs als Realitäten gelten lassen wollte. In beiden Fällen lägen unserer illusorischen Erfahrungswelt zahllose voneinander gesonderte (in der Illusion befangene) Reale zugrunde, und diese zahllosen Realen müßten sämtlich untereinander verschieden sein: denn die Verschiedenheit der »bewußten Ich-Wesen« wurde im Vorigen bereits festgestellt, und wenn es sich um die »Wesenskerne« handeln würde, müßten auch diese schon deshalb untereinander verschieden sein, weil ihre Wechselwirkungsprodukte – die illusorischen Subjekt-Objekte – untereinander verschieden sind. Nun sind aber schon zwei Reale nebeneinander logisch unmöglich (welche Unmöglichkeit bereits in unserer früheren Ausführung über die Atom-Frage deutlich zutage trat). Selbst wenn diese zwei Realen durchaus gleich wären, würden sie sich doch infolge des Mitbesitzes der Realität (infolge ihres Nebeneinanderseins) gegenseitig bedingen und beschränken und damit ihr Wesen gegenseitig bestimmen, während doch nur völlig selbsteigenes Wesen real sein kann, nur ein Wesen, das seine sämtlichen Eigenschaften behält, auch wenn beliebige andere Dinge oder alle anderen Dinge aufhören zu existieren. Dächte man aber das eine von den zwei Realen weg, so verlöre das andere sofort die Wesenseigenschaft, nicht das einzige Reale zu sein, sondern die Realität mit einem anderen Realen zu teilen. Bei zwei verschiedenen Realen liegt die logische Unmöglichkeit natürlich noch klarer zutage, verlöre doch da jedes von den beiden beim Wegdenken des andern alle seine »Verschiedenheit« von ihm, das heißt: alle seine besonderen Wesensqualitäten. Es kann daher nur ein Reales geben, und dieses eine Reale muß in der Illusion befangen sein. Die »bewußten Ich-Wesen« sind demnach nicht real, sondern illusorisch (wenn sie auch nicht in demselben Grade illusorisch sein können als die illusorischen Subjekt-Objekte der menschlichen Erfahrungswelt und auf irgendwelche Weise der Realität näher stehen müssen); sie können daher auch nicht unveränderlich sein, vielmehr muß ihre scheinbare Unveränderlichkeit sich nur daraus ergeben, daß sie sich gegenüber der menschlichen Erfahrungswelt in gleicher Zeit bei weitem weniger, also für die Lebenszeit eines Menschen nur ganz unmerklich verändern (wie das bereits im Vorigen als möglich betont wurde). Ferner sind auch die untereinander verschiedenen »realen Wesenskerne« der Erfahrungssubjekte und Erfahrungsobjekte nach dem eben Erkannten unmöglich, vielmehr kann das reale Wesen, das den verschiedenen Wechselwirkungsprodukten (also den Subjekt-Objekten beziehungsweise ihren Subjekten und Objekten) zugrunde liegt, nur das eine und einzige Reale – also für alle dasselbe – sein. Es muß aber sofort betont werden, daß diesem »einen und einzigen« Sein nicht etwa »Einheit« im Sinne jener Einheit zugeschrieben werden darf, die wir (zugleich mit dem Charakter der »Vielheit«, der Zusammengesetztheit aus vielen Einheiten) den illusorischen Subjekt-Objekten zuerkennen müssen, und die identisch ist mit der Zusammenfassung einer Vielheit von Subjekt-Objekten zu einer Einheitsvorstellung im Bewußtsein beziehungsweise Selbstbewußtsein eines Subjekt-Objekts, die also selbst (wie auch die »Vielheit«) keine reale, sondern eine illusorische »Eigenschaft« ist. Wenn das reale Sein als das »eine und einzige« bezeichnet wird, bedeutet das vielmehr lediglich, daß es nichts Reales neben ihm gibt.
Was läßt sich nun von dem Realen sagen, außer dem einen, daß es in der Weltillusion – genauer: in der Illusion unserer menschlichen Erfahrungswelt und in der Illusion der Existenz der »bewußten Ichwesen«) Gemeint ist die Mehrzahl des »bewußten Ich-Sein«. – befangen ist? Schon aus allem vorher Festgestellten ergibt sich mit Notwendigkeit, daß dem Realen selbst – das heißt: dem, was in der Illusion befangen ist – keine bestimmte Eigenschaft irgendwelcher Art zugesprochen werden darf. Der Begriff »Bestimmtheit« ist ja lediglich aus den Relationen (Wechselwirkungen, wechselseitigen Bedingtheiten) unserer Erfahrungswelt abstrahiert und bedeutet nichts anderes als die wechselseitige Bestimmtheit und Bedingtheit nebeneinander illusorisch existierender Subjekt-Objekte, welche Bestimmtheit natürlich für das Reale, eben weil es real ist, nicht in Betracht kommen kann. Es ist demnach absolut unbestimmtes Sein. Und da dieser negative Ausdruck für das Reale (der das Wesen des realen Seins nur vom Standpunkt der illusorischen Welt als nicht zu ihr gehörig, als nicht illusorisch bezeichnet) der eminent positiven Bedeutung des realen Seins nicht gerecht wird, setzt man dafür besser die gleichbedeutende, aber würdigere und die vom Wortlaut nahegelegte falsche Vorstellung eines verschwommenen Etwas ausschließende Bezeichnung: » Sein vollkommen freier Selbstbestimmung«. Da aber außer dem »Sein vollkommen freier Selbstbestimmung« nichts Reales existiert, kann es auch nicht von anderer Seite in die Illusion (der Weltexistenz) verseht, zum »Träumen der Welt« veranlaßt sein, vielmehr muß es sich selbst in die Illusion versetzen oder (menschlich-zeitlich betrachtet) »versetzt haben«. Im Besitz dieser neuen Einsicht versteht man jetzt auch durchaus, warum sich der Anteil einer der ursprünglich angenommenen »realen Wesenskerne« an den Wechselwirkungsprodukten (d.h. an den Erfahrungs-Subjektobjekten) nicht abgrenzen ließ, denn da statt aller der vermeintlichen vielen »Realen«, welche (nach unserer ursprünglichen Auffassung und Annahme) die menschliche Erfahrungswelt gestalten sollten, in Wahrheit nur das eine und einzige Reale die Welt »träumt«, ist da eine Abgrenzung »verschiedener Urheber« sachgemäß unmöglich. Eine genauere Überlegung belehrt uns nun aber, daß die letztgewonnene Vorstellung, als täusche das reale Sein sich die Welt wie eine Folge von (scheinbar) objektiven Traumbildern vor, noch keineswegs die entsprechende ist (soweit da Vorstellungen überhaupt »entsprechend« sein können). Denn wenn auch die Subjekt-Objekte der menschlichen Erfahrungswelt unwirkliche Illusionen, selbstsuggerierte »Träume« des realen Seins sind, so haben sie (oder richtiger: hat das reale Sein als sie) doch erfahrungsgemäß auch selbst die Illusion ihrer eigenen Wirklichkeit und der Wirklichkeit ihrer Neben-Subjektobjekte; ja noch mehr: jene der Realität irgendwie mehr angenäherten »bewußten Ichwesen«, die den »Welttraum« gleichfalls »selbst« träumen (richtiger: als welche das reale Sein gleichfalls den Welttraum träumt), träumen ihn offenbar weniger intensiv, sind dabei gewissermaßen »wacher« (richtiger: das reale Sein ist als sie gewissermaßen weniger traumbefangen): und in einunddemselben (scheinbar) »objektiven« Traumbild könnten diese »Träume verschiedenen Illusionsgrades« nicht vereint sein. Vielmehr muß der »autosuggestive« Illusionszustand des realen Seins darin bestehen, daß es als jedes, der illusorischen Subjekt-Objekte real zu existieren wähnt, und zwar als Subjekt-Objekte von verschiedenstem Entwicklungsgrad, aber gleichem Illusionsgrad und als Subjekt-Objekte von verschiedenem Illusionsgrad (wie einerseits die anorganischen, pflanzlichen, tierischen, menschlichen illusorischen Subjekt-Objekte, anderseits die »bewußten Ichwesen«, die nicht derselben Illusions-, das heißt: Erfahrungssphäre angehören, uns zeigen); es »träumt« sich also verwandelt in alle diese illusorischen Subjekt-Objekte und träumt als sie die »Welten« verschiedenster Entwicklungs- und Illusionsgrade.
Wir gehen nun einen Schritt weiter und fragen, wiederum zunächst von unserer menschlichen Erfahrungswelt ausgehend: auf welche Weise, nach welchem elementaren Prinzip erfolgt diese autosuggestiv-illusorische Verwandlung des realen Seins in die (illusorischen) Subjekt-Objekte der menschlichen Erfahrungswelt? Läßt sich in dieser unserer menschlichen Erfahrungswelt, die ja allein uns hierüber Aufschluß geben könnte, die Wirksamkeit einer allgemeinsten Tendenz oder mehrerer allgemeinster Tendenzen erkennen, die das Bild dieser Welt hervorbringt oder hervorbringen und daher als das gesuchte Prinzip des »Welttraums«, als jene freie autosuggestive »Kraftäußerung« des realen Seins gelten kann beziehungsweise gelten können, welche unsere Erfahrungswelt als Illusion schafft?
Die allgemeinste Beschaffenheit dieser unserer Erfahrungswelt muß hierauf Antwort geben. Beim Feststellen der allgemeinsten Eigenschaft oder der allgemeinsten Eigenschaften unserer Erfahrungswelt ist aber äußerste Vorsicht geboten; denn die Einstellung einer anderen Eigenschaft oder anderer Eigenschaften als der allgemeinsten in die logische Entwicklung müßte die Irrtümlichkeit aller weiteren logischen Feststellungen nach sich ziehen und hat sie auch bei der großen Mehrzahl der Philosophen nach sich gezogen. Vor allem wird man sich – wie bereits angedeutet wurde – davor hüten müssen, den Subjekt-Objekten, aus denen ja unsere Erfahrungswelt besteht, eine Eigenschaft als die allgemeinste zuzuschreiben, die allein der subjektiven oder allein der objektiven Erfahrungswelt angehört; in Betracht kommt nur die allgemeinste Eigenschaft, oder kommen, wenn es sich um mehrere gleich allgemeine handeln sollte, nur die allgemeinsten Eigenschaften, welche die subjektive und die objektive Welt gemeinsam haben. Man findet nun nach reiflicher Überlegung nur zwei Eigenschaften, die allen Erfahrungssubjekten wie auch allen Erfahrungsobjekten gemeinsam sind, nämlich die Eigenschaften der Einheitlichkeit und der Vielheitlichkeit: denn jedes Erfahrungsobjekt ist zugleich eine Einheit (mindestens als Vorstellungseinheit) und eine Vielheit (mindestens von Empfindungsinhalten), und ebenso ist jedes Erfahrungssubjekt zugleich eine Einheit (als jeweiliges, wandelbares Ich) und eine Vielheit (von subjektiven Tätigkeiten). Demnach ist unsere Erfahrungswelt das gemeinsame Werk zweier Tendenzen des realen Seins: einer dieses Sein vervielheitlichenden (differenzierenden, besondernden, bindenden, Unterschiede, Bewegungen und Veränderungen hervorrufenden) Tendenz, welche Empfindungen (im objektiven Sinne der Empfindungsinhalte wie auch im subjektiven Sinne des Empfindens) ermöglicht, und einer dieses Sein vereinheitlichenden (identifizierenden, verallgemeinernden, befreienden, gemeinsame Eigenschaften, Ruhe und Unveränderlichkeit anstrebenden) Tendenz, welche Einheitsvorstellungen (im objektiven Sinne der vorgestellten Einheiten wie auch im subjektiven Sinne des vereinheitlichenden Vorstellens) ermöglicht. Daß jedes Subjekt-Objekt unserer Erfahrungswelt zugleich eine Einheit und eine Vielheit ist (also, um die Bezeichnung eines neueren Philosophen zu gebrauchen, eine »Wesenseinheit von Gegensätzen«), bedeutet ganz wie die Tatsache, daß es eine Wesenseinheit von Subjekt und Objekt ist, keinen logischen Widerspruch, sondern nur eine Bestätigung seiner bloß illusorischen Existenz beziehungsweise der logischen Richtigkeit unserer Feststellungen; nur wenn dergleichen von etwas Realem behauptet würde, ergäbe sich daraus die logische Unmöglichkeit des Behaupteten (und zwar nach dem Identitätsprinzip).
Dem Wesen des realen Seins entsprechend, für dessen Tendenzen keine Schranken des Raumes oder der Zeit existieren können (weil ja alles Räumliche oder Zeitliche für das reale Sein gar nicht vorhanden ist), müssen nun aber beide Tendenzen (für die Anschauung eines illusorischen Subjekt-Objekts) sich im Räume wie auch in der Zeit unendlich auswirken. Bestünde und wirkte die vervielheitlichende Alltendenz allein, so wäre die »Welt« ein wirres, völlig unvorstellbares » Chaos« ohne irgendwelche Zusammenfassung zu Einheiten, zu irgendeiner Ordnung; wirkte aber die vereinheitlichende Alltendenz allein, so wäre die »Welt« eine starre, die Unendlichkeit des Raumes erfüllende, absolut homogene, unveränderlich ruhende Einheit des Seins. Illusorische Existenzen, wie wir es sind, die eine Vorstellung von der Welt haben, wären in jeder von diesen beiden Welten logisch unmöglich. Nur durch das beständige Zusammenwirken beider Alltendenzen läßt sich das tatsächliche Weltbild unserer Erfahrung erklären, das überall und immer eine bewegte und wandelbare Vielheit von Einheiten zeigt, die selbst wieder aus einer Vielheit von Einheiten bestehen und zu einheitlichen Systemen geordnet sind: welche Systeme entweder einander »in immer weiteren Kreisen« einschließen oder in einheitlicher Gesetzmäßigkeit ineinander übergreifen oder auch einander »im Gleichgewicht halten«. (Man denke an die Elektronen-Systeme, an den Bau der Kristall-Individuen, an den Aufbau der Organismen aus Zelleinheiten, die zugleich doch wieder Vielheiten sind, an Individuen und Genera, an Sonnen- und Weltensysteme, an Staatswesen und Kulturgemeinschaften jeder Art.) Auch jede Höherentwicklung in unserer Erfahrungswelt (generelle Höherentwicklung der Lebewesen, individuelle Höherentwicklung des einzelnen Menschen usw.) schafft mit jedem Schritt vorwärts eine neue Einheit höheren Grades, aber ebenhiermit auch eine höhergradige Differenzierung (Vervielheitlichung) des Seins, und gleichzeitig auch durch die Veränderungen, die sich daraus nach innen (Teil-Einheiten der neuen Einheit) wie auch nach außen (übrige Subjekt-Objekte) ergeben, zahllose andere neue Einheiten und Differenzierungen (Vielheiten). Insbesondere bedeutet auch die Höherentwicklung eines (rastlos sich verändernden) menschlichen Ichs der inneren Erfahrung (genauer: die Reihe der verschiedenen Erfahrungsiche, die einander als Inhalt des Selbstbewußtseins ablösen) nicht bloß das Entstehen jeweils einer Einheit und Seinsdifferenzierung höheren Ranges, sondern auch, infolge der allseitigen Wechselwirkungen unter den Subjekt-Objekten, das Entstehen zahlloser anderer neuer Einheiten und Differenzierungen entsprechend höheren Ranges.
Da die beiden Alltendenzen der Vervielheitlichung (Differenzierung) und der Vereinheitlichung (Identifizierung) im Raume und in der Zeit schrankenlos ins Unendliche sich auswirken müssen, so muß ihnen auch bezüglich des einzelnen Subjekt-Objekts schrankenlose, unbegrenzte, zeitlich und räumlich unendliche Wirksamkeit zukommen. Dem scheint nun aber das Weltbild unserer gewöhnlichen äußeren Erfahrung zunächst zu widersprechen. Die anorganischen subjektiv-objektiven Einheiten werden nach kürzerer oder längerer (scheinbarer) Dauer selbst für die lässige Alltagsbeobachtung zerstört, durch mechanische Zertrümmerung oder chemische Umwandlung, und auch die höheren, organischen Einheiten, die pflanzlichen, tierischen und menschlichen Subjekt-Objekte, fallen früher oder später dem Tode anheim, der auch alle ihre organischen Teil-Einheiten als solche für unsere gewöhnliche Erfahrung ohne ersichtliche weitere Höherentwicklung mitvernichtet. Die anorganischen Einheiten (Subjekt-Objekte), in welche der Tod auch die höchstentwickelten organischen Einheiten zerlegt, bilden dann allerdings mit anderen anorganischen Einheiten neue anorganische Einheiten oder dienen auf dem Wege der Assimilation als Nährstoffe dem Aufbau neuer niederster organischer Einheiten, sodaß auch hier neue Vereinheitlichungen und neue Differenzierungen des Seins entstehen; allein die Weiter-Entwicklung der hochrangigen Vereinheitlichungen beziehungsweise Differenzierungen zu solchen noch höheren Ranges beziehungsweise Umfangs, also das Ins-Unendliche-Weiterwirken der vereinheitlichenden Alltendenz in Bezug auf sie, in der Linie ihrer individuellen Höherentwicklung scheint da jäh abzubrechen. Man dürfte auch nicht etwa die Weiter-Vereinheitlichung (Weiter-Identifizierung) und die ebenhiermit erfolgende Weiter-Differenzierung des realen Seins als des »Wesenskerns« des betreffenden menschlichen Subjekt-Objekts darin erblicken, daß mit der im Tode erfolgenden totalen Vernichtung der Illusion des realen Seins, (auch) als jenes menschliche Subjekt-Objekt zu existieren, sogleich das reale Sein selbst dessen »nächste (und letzte) Entwicklungsstufe« werde (was doch »gewiß eine glänzende Höherentwicklung« bedeute!). Da nämlich das reale Sein selbst, wie bereits gezeigt und nachdrücklich betont wurde, nicht als » Einheit« gedacht werden darf (sondern nur als » einziges Reales«), würde die »Auflösung des menschlichen Subjekt-Objekts in das reale Sein« oder seine »Verwandlung ins reale Sein« (– selbst wenn es logisch berechtigt wäre, das Verschwinden einer Illusion des realen Seins für eine Verwandlung dieser Illusion ins reale Sein zu nehmen, was natürlich auch nicht der Fall ist – ) keine Weiter-Vereinheitlichung des realen Seins in der Linie des betreffenden Subjekt-Objekts bedeuten, und ebensowenig wäre sie (wie ja ohne weiteres klar ist) eine Weiter-Differenzierung des realen Seins (vielmehr eine Rückkehr ins völlig Nicht-Differenzierte). Außer dem Widerspruch gegen die allseitige und unendliche Wirksamkeit der beiden Alltendenzen spricht aber noch etwas anderes dafür, daß die Reihe der (immer umfassenderen) Vereinheitlichungen und (immer höher stehenden, immer »realeren«) Differenzierungen des realen Seins in der Entwicklungslinie des einzelnen Subjekt-Objekts unserer Erfahrungswelt mit dessen Zerstörung beziehungsweise Tod in Wahrheit nicht abbricht, sondern kontinuierlich weiterläuft: und das ist wieder jenes rätselhafte, den natürlichen Bedingungen unserer menschlichen Erfahrungswelt nicht unterworfene und dennoch als überschauendes Subjekt unmittelbar erlebte » bewußte Ich-Sein«. Denn seine Existenz beweist, daß es mindestens noch eine illusorische Welt höheren Grades (das heißt: geringerer Illusion) von weniger der Veränderlichkeit unterworfenen Subjekt-Objekten übermenschlicher Natur gibt, die mit jenen von den Menschen unmittelbar erlebten »bewußten Ich-Wesen« an die menschliche Erfahrungswelt angeschlossen, ja mit ihr aufs innigste verknüpft und in sie eingesenkt erscheint. Wir sind daher durchaus berechtigt, ja logisch genötigt, die individuelle Weiter-Vereinheitlichung und Weiter-Differenzierung des realen Seins in der Entwicklungslinie jedes menschlichen Subjekt-Objekts über dessen Tod hinaus anzunehmen. (Aus dem ersteren der beiden Gründe, die hierfür sprechen, scheint (!) auch eine individuelle Weiter-Vereinheitlichung und Weiter-Differenzierung des realen Seins in den Entwicklungslinien der einzelnen Tiere und Pflanzen über ihren physischen Zerfall hinaus denkbar. Für den besonderen Zweck dieser Schrift ist es aber nicht nötig, auch für dieses Gebiet die logischen Notwendigkeiten genauer zu untersuchen.)