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Moritz Wasserstoff litt an einer hoffnungslosen Liebe. Der ganze Mensch war hoffnungslos. Man konnte ja Mitleid haben mit ihm, aber in das Mitleid mischte sich doch auch, dieses abschwächend und verdünnend, ein gewisser Ärger. Wenn einem Menschen so gar nicht zu helfen ist – das ist doch ekelhaft! Schließlich ist er auch selber schuld, oder eigentlich doch nicht, oder recht eigentlich und ganz genau 95 erwogen am Ende doch. Ist das nicht ärgerlich, wenn man sich so den Kopf zerbrechen muß über einen Menschen, der einem wirklich leid tut und dem nun durchaus und durchaus nicht zu helfen ist?
Wasserstoff war ein junger Mann von fünfundzwanzig Jahren und studierte Medizin an der Wiener Universität. Eine völlig hoffnungslose Geschichte. Er stand erst im zweiten Jahrgang, und die Aussicht, daß er sich bis zu seinem Diplom durchringen werde, war eine äußerst geringe. Und wenn auch! Wenn er schon sein Diplom hatte, wer sollte sich ihn zum Arzte wählen? Ein Mensch von schwächlicher, kleiner, verkümmerter Gestalt, schäbig gekleidet; denn er war bettelarm; mit einem nervösen Zucken im Gesicht, mit schadhaften Zähnen und namentlich mit seinem unglaublich festsitzenden, unausrottbaren polnisch-jüdischen Deutsch – einem solchen Menschen geht man lieber aus dem Wege, als daß man ihn eigens aufsucht und holt, zumal ja sonst wahrhaftig kein Mangel herrscht an tüchtigen Ärzten ohne derartige erschwerende Umstände.
Meister Billroth, der geniale Chirurg, hat sich einmal in einer Broschüre mit Bitterkeit über den massenhaften Zuzug der armen Studenten aus Galizien an die Wiener Universität ausgesprochen. In den heimischen Chassidenschulen verbildet und verkümmert, durch spätere opferreiche und qualvolle autodidaktische Bemühung notdürftig vorbereitet, in früher Jugend schon gebrochen, körperlich und geistig gleich untauglich und dabei meist entsetzlich arm, nehmen sie die Last des Studiums auf sich, das ja doch meistens ein ganz aussichtsloses ist.
Wenn dann das Unvermeidliche eintritt, sie scheitern, inzwischen meist auch für ein ehrliches Handwerk und auch für andere Berufe verdorben sind, dann ist eben nichts anderes erreicht, als eine neuerliche Vermehrung des traurigsten, des wissenschaftlichen Proletariates. Der große Gelehrte hat ob seines Buches mancherlei Anfechtung erfahren, war es doch 96 noch zur Zeit der liberalen Hochflut, daß er es veröffentlichte. Es wurde ihm bös verargt, und groß war das Geschrei, das sich erhob. Ja, er mußte etwas Wasser in den Wein seines Zornes gießen und öffentlich erklären, daß er es so und nicht so gemeint habe, aber – genau erwogen – ganz unrecht hat er doch nicht gehabt.
Moritz Wasserstoff gehörte zu jenen Unglücklichen, die der Bildungstrieb und die verheißungsvolle Ahnung einer andern, besseren und lichteren Welt aus der trüben Heimat getrieben hatte. Ein edles, aber verfehltes und törichtes Streben. Wer bei einem modernen Marathonlauf mittun will, der muß dazu zweierlei mitbringen: die Tauglichkeit von Haus aus und die entsprechende Vorbereitung. Ohne diese zwei unerläßlichen Vorbedingungen ist die Beteiligung Wahnsinn – er wird sicherlich am Wege liegen bleiben oder günstigsten Falles sich lange vor dem Ziele als geschlagen bekennen müssen.
Wasserstoff war schon seit mehr als vier Jahren an der Universität inskribiert, aber über den zweiten Jahrgang war er doch noch nicht hinausgekommen. Einmal war es ihm mit den Kollegiengeldern nicht zusammengegangen, dann wieder hatte er kein rechtes Glück gehabt mit den Vorprüfungen aus der Mineralogie, Botanik und Zoologie, dann war es wieder was andres, kurz, es ging dabei ein Semester ums andere in die Brüche. Aber er hoffte noch immer weiter, freilich nicht ganz so zuversichtlich, wie früher, und über die rosigen Zukunftsbilder begannen sich so nach und nach und schon langsam den Glanz trübende Schleier zu breiten.
Seine Wohnung hatte er nun schon seit zwei Jahren im Pappenheimer Hof in der Brigittenau. Der Pappenheimer Hof ist ein stattliches Zinshaus mit vier Stockwerken, gut gehalten und Treppen und Gänge von blitzblanker Sauberkeit, ein Verdienst der riegelsamen Hausmeisterin, Frau Kathi Bruckner, die da das Zepter führte. Nicht daß sie selbst die Treppen aufgerieben und alle groben Arbeiten selbst 97 verrichtet hätte, obschon sie tüchtig mit zugriff, wo es not tat, aber sie hielt darauf und schaute dazu. Sie hatte eine Bedienerin aufgenommen für die schwere Arbeit – sie konnte es tun, da die Sperrgelder in dem großen Hause recht reichlich flossen – und da genügte es, wenn nur ihre Autorität über dem Ganzen schwebte. Und diese Autorität wußte sie auch zur Geltung zu bringen. Wenn die Kohlenmänner Kohlen oder die Mägde zum Mittag- oder Abendessen Bier zutrugen und es sich dabei ereignete, daß schwarze Kohlenstückchen auf die Treppen fielen oder etwas von dem braunen Biere auf das blank gescheuerte Gestein herausträufelte, da gab es immer ein Strafgericht, daß nur so das ganze Haus widerhallte. Dem Donnerwetter folgte immer feierliche Stille. Die Mädchen schlüpften scheu in die Wohnungen, und die muskelgewaltigen Kohlenmänner schlichen sich in ihrem Schuldbewußtsein still davon und drückten sich, so gut es ging, um eine neuerliche Attacke herum. Denn mit Frau Bruckner war, wenn sie zorngerötet und noch immer auf die »Bagage« scheltend herumwetterte oder sonst gerade schlecht aufgelegt war, nicht gut Kirschen essen.
Und wenn sie dann mit blitzenden Augen und roten Wangen – ich glaube, kein Mensch auf der weiten Welt vermag leidenschaftliche Monologe so gut herauszubringen, wie eine in ihren heiligsten Gefühlen beleidigte Hausmeisterin – ihre Wohnung betrat, da richteten sich aus einer dunklen Ecke zwei schwarze Augen auf sie in stiller, glühender Bewunderung, in brennendem Verlangen, die Augen Moritz Wasserstoffs.
Er war ihr Zimmerherr. In dem stattlichen, lichten Hause bewohnte er eine kleine, dunkle Kammer, die sie »zu verlassen« hatte, wie man in Wien sagt, seitdem vor einigen Jahren ihr Mann gestorben war. Die gutherzige Hausfrau hatte ihr den Posten belassen auch nach dem Tode des Mannes, der bei seiner Tagesbeschäftigung als Bankdiener doch nicht viel auf das Haus schauen konnte, und weil Frau 98 Bruckner auch allein hinreichende Gewähr für die pflichtgemäße Obsorge bot. Sogar das wurde ihr auf ihre Bitte gestattet, daß sie die Kammer »verlassen« durfte. Und da fügte es sich, daß Moritz Wasserstoff ihr Zimmerherr wurde.
Sie vertrugen sich ganz gut miteinander. »Ich weiß nicht, was die Leut' immer zu reden haben,« pflegte sie zu ihren benachbarten Berufsgenossinnen anläßlich so manchen willig herbeigeführten »Standerls« zum Tratschen zu sagen, »mein Jud is a ganz a rarer Herr; da gibt's keine Klag.« Es gab wirklich keine.
Es wird ein ewig ungelöstes Rätsel und ein ungelüftetes Geheimnis bleiben, wie Wasserstoff es zusammenbrachte, immer am Ersten seine Miete zu bezahlen, aber er brachte es zusammen, und wie er im übrigen hungerte und darbte, das konnte niemand so recht genau erfahren, auch Frau Bruckner nicht. Essen muß der Mensch nicht, kalkulierte er bei sich, aber, wenn man bei der Frau Bruckner wohnt – die Miete muß man pünktlich bezahlen, und wenn man das Geld mit den Händen aus der Erde graben müßte.
Ein Mensch, der so kalkuliert, ist verliebt. Wasserstoff war es, rasend, gierig, leidenschaftlich. Eine nicht bezahlte Miete hätte die Gefahr der Trennung heraufbeschwören können, und Wasserstoff hätte lieber den Tod erduldet, als die Trennung. Von seinen Gefühlen hatte Frau Bruckner nicht die leiseste Ahnung. Er hütete sich wohl. Denn außer dem kolossalen Hohngelächter – mein Gott, verhöhnt hatte man ihn ja schon genug im Leben! – war noch etwas anderes, viel Schrecklicheres zu gewärtigen – wieder die Trennung.
So unbegreiflich war Wasserstoffs Leidenschaft durchaus nicht. Frau Bruckner war groß und üppig von Gestalt; sie überragte ihren Zimmerherrn gut um Haupteslänge. Gutmütig, wie sie im Grunde trotz ihres vielen und lauten Scheltens war, lachte sie gern, wobei ihre prachtvollen Zähne vorteilhaft zur Geltung kamen. Dann spielten in ihren Augen auch fröhliche Glanzlichter, und nicht nur die Augen lachten 99 mit, sondern das ganze Gesicht, ja, die ganze große, ungeschnürte Gestalt. Besondere Sorgfalt wandte die etwa dreißigjährige Frau nur ihrem gelben, goldglänzenden Haar zu, das immer nett und nicht ohne Kunstfertigkeit so angeordnet war, daß es für das gesunde und ansprechende Milch- und Blutgesicht eine hübsche Bekrönung und Umrahmung bot. Feine goldige Nackenlöckchen kosten den edel gezeichneten Hals, der weiß und rund war, wie der eines Kindes. Sonst hielt sie, an Werktagen wenigstens, nicht viel auf Toilette. Eine dünne rote Bluse schmiegte sich um ihre imposante Büste, und der blaugraue Rock, der sogar einen Ansatz zur Schleppe aufwies, lieh ihrer Gestalt, wenn sie ausschritt, etwas Königliches. Die Arme trug sie im Hause stets bloß, um sich leichter zu tun bei ihren vielen Hantierungen. Es waren mächtige Arme von nicht unedler Plastik.
Stundenlang konnte Wasserstoff auf dem Lugaus in seiner dunklen Kammer, selbst unbemerkt von ihr, lauern, um sie zu beobachten und ihren Bewegungen mit brennenden Blicken zu folgen. Er lebte wie im Fieber. Diese Thusnelda-Figur hatte es ihm angetan. Was in ihm brannte, das war die Gier, die Sehnsucht der unterdrückten, getretenen Rasse, das war das Tschandala-Element, das nach Befreiung, nach Erlösung lechzt durch die Vereinigung, Verschmelzung mit der freien, starken, gesunden Rasse.
Eines Tages wurde Wasserstoff von seinem Beobachterposten aus Zeuge einer Szene, die sein lebhaftes Interesse in Anspruch nahm. Die Türe seiner Kammer war halboffen, so daß er jedes Wort hören konnte, und der Vorhang an der Türe – es war nämlich eine Glastüre, die das bißchen Licht in den Raum einließ, der sonst keine Fenster hatte – war ja immer mit besonderer Achtsamkeit so gerichtet, daß der Beobachter, ohne sich selbst preiszugeben, alles überblicken konnte.
Frau Bruckner hatte tags zuvor in ihrer Wohnung gründlich herumgestöbert und sich nun von der Straße einen 100 jüdischen Hausierer hereingewinkt, der durch laute, eintönige Rufe seine besondere Geneigtheit kundgegeben hatte, irgendwelche Geschäfte abzuschließen, seien sie welcher Art immer. Frau Bruckner hatte fürchterliche Musterung gehalten. Da waren noch einige Dinge, die ihr nur im Wege standen oder ihr sogar noch Motten ins Haus züchteten – die letzten Reste des Nachlasses von ihrem Seligen; sein eiserner Waschtisch, sein Rasierzeug, ein Winterrock, ein Paar Stiefel und sonst noch einige geringfügige Effekten, als vornehmstes Stück darunter ein alter Zylinderhut.
Der Mann der Geschäfte trat innerlich erfreut ein. Die Zeiten sind schlecht; die Gelegenheiten werden immer seltener – um so erfreulicher, wenn sich eine darbietet. Er hielt es aber für angemessen, seine Freude nicht erkennen zu lassen. Es war angezeigter, von vornherein den Kummer zu markieren über das jedenfalls schlechte Geschäft, das er hier machen werde.
Die Sachen seien gar nichts wert, meinte er nach einer kurzen, geringschätzigen Prüfung, die nur die Bestimmung hatte, die Erwartungen der Verkäuferin möglichst tief herabzustimmen, aber weil die Frau eine gar so schöne und liebe Dame sei, wolle er etwaige Verhandlungen nicht ganz von sich weisen. Frau Bruckner gestand zu, daß es keine besonderen Kostbarkeiten seien, die sie darbiete, aber etwas sei der Kram ja doch wert und sie wolle ihn einmal aus der Wohnung draußen haben.
Es gab kein scharfes Feilschen, als es zur Preisbestimmung kam. Unter einer Flut von Schwüren, Beteuerungen und herzbewegenden Klagen versicherte der Hausierer, daß er für den ganzen Krempel unmöglich, ganz und gar unmöglich mehr als acht Gulden geben könne. Man schuftet und schindet sich wie ein Hund, und wenn man abends todmüde nach Hause komme, habe man nicht einmal das trockne Brot verdient – das Leben sei überhaupt kein Leben.
Frau Bruckner hörte teilnahmsvoll zu. Ihr gingen die 101 herzzerreißenden Klagen nahe, und obschon sie sich fest vorgenommen hatte, auf ihrer Hut zu sein, gab sie doch einer inneren Regung nach und sagte, daß sie gerne einen Gulden nachlassen und sich mit sieben begnügen wolle, da es ihm nun doch einmal gar so schlecht ginge. Sie tat noch ein übriges. Sie hieß den Mann sich setzen und trug ihm einen Imbiß auf. Es wird ihm doch wohltun, dem armen Hascher, dachte sie sich. Mit dem Imbiß hatte sie freilich kein rechtes Glück. Es war ein »Schweinskarbonnadel,« das ihr vom letzten Abendessen übrig geblieben war. Seine einschlägigen Aufklärungen fand sie stichhaltig. »A Religion muß der Mensch haben,« sagte sie, »alleseins was für eine, wenn er nur eine Religion hat!«
Als es zum Bezahlen kam, stellte es sich heraus, daß der Hamsterer überhaupt nur fünf Gulden im Vermögen hatte. Wie er auch seine sämtlichen Taschen durchsuchte, es fand sich nicht mehr vor.
»Wenn Sie mir nicht trauen, schöne Frau,« sagte er, »so lasse ich die Sachen einstweilen hier. Ich laufe in die Leopoldstadt, verschaffe mir die zwei Gulden, und hole sie dann ab.«
»Wozu sollen Sie erst den weiten Weg machen! Nehmen S' die Kramuri nur mit; Sie werden mir die zwei Gulden schon bringen.«
Seine Schwüre, daß er die zwei Gulden »heute noch« bringen werde, drohten, sich ins Endlose zu verlieren; Frau Bruckner aber schnitt sie ab, indem sie einfach sagte; »Schon gut; Sie werden mich nicht betrügen.«
Und dann half sie ihm noch beim Aufpacken und gab ihm zum Abschied die Hand.
Moritz Wasserstoff hatte die Szene mit wachsender Aufregung verfolgt. Als der Hausierer sich entfernt hatte, begab er sich zu Frau Bruckner hinein, um mit ihr zu reden. Das erste, was er ihr vorzuhalten hatte, war, daß sie die Sachen zu billig hergegeben hätte.
102 »Das weiß ich eh,« meinte sie gutmütig; »aber weil's gar so ein armer Teufel war!«
Gut, aber ob sie denn gar so sicher sei, daß er die zwei Gulden bringen werde.
»Ganz sicher!«
»Schwören möchte ich doch nicht darauf.«
»Das wär' ja die höchste Schmutzerei!« eiferte sie. »Nein, arme Leut' sind gewöhnlich nobler, als die Noblichten.«
Als Wasserstoff abends nach Hause kam, war seine erste Frage, ob der Mann mit den zwei Gulden dagewesen sei.
»Nein; er wird schon kommen,« lautete die kurz abweisende Antwort.
Wasserstoff schlief in dieser Nacht nicht. Der Mann mit den zwei Gulden ging ihm nicht aus dem Kopf. Seine Aufregung wuchs, als er so dalag, und sie steigerte sich zu einem förmlichen Fieber. Der Mann wird nicht kommen, sagte er sich immer und immer wieder vor. Und er ahnt nicht, was für ein Verbrechen er begeht. Der Schuft, der Schuft! Er verdiente aufgehängt zu werden! Er versündigt sich an seinem ganzen Volk!
Am nächsten Vormittag blieb er eigens zu Hause, um abzuwarten, ob der Mann kommen werde. Er wartete vergebens. Abends fragte er wieder – er war nicht gekommen. Er knirschte mit den Zähnen. Frau Bruckner nahm die Sache aber gar nicht tragisch und blieb gleichmütig dabei: »Er wird schon kommen!«
»Ich fürchte, daß er Sie betrügen wird, Frau Bruckner,« sagte er, »Sie schon betrogen hat.«
Sie sann eine Weile nach, dann erwiderte sie: »Ich glaub's noch immer nicht, und wenn er's wirklich tät – wie schrecklich arm und unglücklich muß ein Mensch sein, bevor er so etwas tut!«
Sie ahnte nicht, welche Wirkung ihre Worte auf Moritz übten, zu welcher Größe sie vor ihm aufwuchs in ihrer Milde und Barmherzigkeit. Was ihn bei der kleinen Schurkerei so erregt hatte, das war eine Art Solidaritätsgefühl, und nun empfand er das gute Wort wie einen Segen – nicht für sich allein.
Wieder verging die Nacht wie im Fieber und wieder der Vormittag im vergeblichen Warten. Da suchte er sich den einzigen Überrock hervor, den er hatte, und unterzog ihn einer fachmännischen Untersuchung. Der Rock war – er war Kenner – auch für den Wiederverkäufer noch seine drei Gulden wert. Er wollte ihn, wenn's nicht anders ging, für zwei Gulden an den Mann bringen.
Als er, von Frau Bruckner unbemerkt, aus dem Hause schleichen konnte, machte er sich eilig davon, und in der Judengasse, diesem Emporium des Welthandels mit alten Kleidern, schlug er seinen Rock los, es ging nicht anders, für zwei Gulden.
Nach Hause zurückgekehrt, fragte er wieder hastig, ob der Hamsterer dagewesen sei, und als er wieder eine verneinende Antwort erhielt, da schlug er sich vor den Kopf, lachend über die eigene Vergeßlichkeit. Der Mann sei ja dagewesen, vormittags, gerade als Frau Bruckner mit den Bodenschlüsseln fortgewesen sei, und habe ihm – es sei zu dumm, daß er im Moment gar nicht daran gedacht hätte – die zwei Gulden für Frau Bruckner übergeben.
Frau Bruckner nahm die zwei Gulden, dankte ihm, und als er sich wieder in seine Kammer zurückgezogen hatte, schüttelte sie den Kopf über seine offensichtliche Verwirrung.
Am Abend beim Standerl erzählte sie ihren Berufsgenossinnen die ganze Geschichte. Wie man sich halt doch immer in acht nehmen müsse, schloß sie. Wenn sie nicht zufällig ihren Zimmerherrn fragt, ob er nicht die zwei Gulden von dem armen Hausierer gekriegt hätte – wer weiß, ob sie sie je im Leben gesehen hätte. So sind die Leut'!