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Cäsar. Domitius. Cäsars Gefolge.
Cäsar
So läßt, Domitius, der Waffen Stillstand zu,
Daß ich und Cato hier sogar vertraulich tu?
In Wahrheit, bloß sein Wohl hat mich dazu bewogen,
Sonst hätte mich wohl nichts an diesen Ort gezogen.
Doch sage, geht es an, Arsenen erst zu sehn?
Domitius
Mein Herr, was Ihr gewünscht, wird alsobald geschehn.
Doch ob Ihr sie gleich sprecht, so wirds Euch doch nicht glücken,
Sie wird Euch, glaubt mir nur, verächtlich von sich schicken.
Cäsar
Mein Herz ist ohne Falsch und von Verstellung frei.
Die Ehre flieht nicht stets vor Amors Sklaverei,
Drum kann zuweilen auch ein Heldengeist ihm dienen.
Doch, haßt Arsene mich, wie es bisher geschienen:
So siegt die Ehre doch! Denn Cäsar ist ein Mann,
Der auch sein eigen Herz zur Not bezwingen kann.
Nein, Amor soll mich nicht so gar in Fessel treiben,
Und Cäsar wird auch wohl im Lieben Cäsar bleiben.
Allein, Domitius, hast du der Königin
Auch deutlich vorgesagt, wie groß und wer ich bin?
Und weiß Arsene schon, daß sich vor meinem Degen
Das unbesiegte Rom schon muß zu Boden legen?
Ja daß fast kein Soldat bei meinen Adlern ficht,
Der nicht von Königen als seinen Sklaven spricht?
Domitius
Herr, Eurer Taten Glanz und Eures Herzens Triebe,
Das alles lenkt sie noch zu keiner Gegenliebe.
Wiewohl, da Euch bisher das Glück im Streit geblüht,
Ersetzet Mars vielleicht, was Amor Euch entzieht.
Pompejens Überrest an Führern und Soldaten
Wird heute zweifelsfrei in Euer Joch geraten.
Cäsar
Ist dieser Sieg gewiß, so wird mein Arm schon matt:
Denn wo die Welt für mich mehr Furcht als Liebe hat,
So bin ich mißvergnügt. Es ist zwar schön zu siegen;
Weit schöner aber ists, im Siege sich vergnügen
Und seiner Rachbegier vernünftig Einhalt tun!
Der Römer Ehre muß im Wüten nicht beruhn:
Nein! Rom beherrscht vielmehr der Überwundnen Herzen
Und läßt sich selber wohl die fremden Wunden schmerzen.
Auch Cäsar hatte nie am Blutvergießen Lust:
Es klopft ein zartes Herz in seiner Vaterbrust.
Ihr Götter kennt mich schon! Erfüllt denn mein Verlangen,
Laßt mich den Cato hier und Rom in ihm umfangen!
Das ist das einzige, darnach ich lüstern bin.
Domitius
Mein Herr, wie mich bedünkt, so kommt die Königin.
Cäsar
Geh, warte dort auf mich, bis ich dich rufen werde.
(Domitius geht ab.)
O welch ein edler Gang! Der Zepter dieser Erde
Wird keinem schöner stehn als ihrer zarten Hand.
Cäsar und Arsene.
Arsene (vor sich)
Ihr Götter! Welch ein Schall! Der Ton ist mir bekannt,
Das muß der Römer sein! Ich weiß nicht, ob ich wache?
Cäsar
Was für Verwirrungen von Abscheu, Haß und Rache
Erfüllen Eure Brust? Bemeistert doch den Schmerz!
Hier opfert sich in mir ein ewig treues Herz.
Arsene
Mein Herr, ich hab Euch sonst an unserm Hof gesehen,
Als Cäsars Antrag einst durch Euren Mund geschehen:
Ich dacht auch in der Tat, er wäre selber hier?
Cäsar
Ihr seht ihn in Person, o Königin, in mir.
Arsene
Was? Wollt Ihrs selber sein? (Beiseite.) Ach ja, ich muß es glauben,
Was Schlechters konnte mir wohl nie die Freiheit rauben.
Es mußte Cäsar sein, wer mir gefallen sollt.
Cäsar
Ja, schönste Königin, wenn Ihr mich hören wollt,
So hat Seleucia, sobald ich Euch erblicket,
Durch Eurer Schönheit Pracht zuerst mein Herz bestricket.
Der Sieg war dazumal mein vorgestecktes Ziel,
Wiewohl mein Wachstum schon den Römern nicht gefiel.
Die Neider meines Ruhms verfolgten meine Waffen,
Und ich bestrebte mich, mir selber Recht zu schaffen.
Fast alles, was ich tat, hieß Rom ein Bubenstück;
Die Bürger wünschten nichts als Cäsars Ungelück:
Indes war ich bemüht, ein neues Reich zu gründen
Und überall die Glut des Krieges anzuzünden.
Die Parther waren mir beständig ungeneigt;
Arsazes hat sich stets als meinen Feind bezeigt:
Drum gab ich auch am Phrat mich gar nicht zu erkennen
Und ließ den ganzen Zorn auf Rom allein entbrennen.
Das Schrecken und die Furcht ging über Land und Meer,
Wie sonst ein Donnerschlag, vor meinen Waffen her.
Ich siegte; doch der Kranz, der meine Scheitel zierte,
War ein verworfner Schmuck, der meine Brust nicht rührte.
Die Ehre dämpfte zwar den innerlichen Schmerz,
Allein, wie quälte mich mein unruhvolles Herz!
Der schöne Gegenstand von meinen zarten Trieben
Bewog mich, auch entfernt ihn unverrückt zu lieben.
Voritzo fühl ich noch ein zwiefach härter Weh,
Indem ich, Königin, vor Eurer Schönheit steh.
Es scheint, Ihr hasset mich! O zorniges Geschicke!
Gibst du vor Lieb und Brunst mir lauter Haß zurücke?
Arsene
Wie wenig kennt Ihr doch den Grund von meiner Pein!
Je mehr ich nach Euch seh, je stärker muß sie sein:
Und darf ich meinen Sinn ganz kurz und deutlich fassen,
So nehmt die Antwort an: Ich kann Euch gar nicht hassen!
Cäsar
Ihr haßt den Sieger nicht, der Euch verehrt und liebt?
Welch unverhofftes Wort! Nun bin ich nicht betrübt.
Die Welt soll bald ihr Glück aus meiner Hand bekommen;
Doch meines hat von Euch den Ursprung hergenommen.
Ach, sagts doch noch einmal, dafern ichs würdig bin;
Könnt Ihr empfindlich sein? Sprecht, schönste Königin!
Arsene
Wie? Hab ichs schon entdeckt, was ich verhehlen sollte?
Wißt Ihr die Neigung schon, die ich verbergen wollte?
Ach! Nun ists viel zu spät, daß sich mein Herz verstellt:
Ja, Herr, ich lieb Euch mehr als alles in der Welt.
Das Feuer, so mein Herz in Utica empfindet,
Hat sich vor langer Zeit bereits am Phrat entzündet;
Da war die zarte Brust schon an Empfindung reich;
Sobald ich Euch erblickt, ergab ich mich an Euch.
Zwar sprach man mir bisher umsonst von Cäsars Liebe,
Denn ich verfluchte gleich die Flammen seiner Triebe:
Allein, ich wußte nicht, daß Cäsar mir gefiel;
Ein unbekannter Gast war meiner Seufzer Ziel.
So war mein ganzer Haß aus Zärtlichkeit entsprungen,
Mein Herz hat, Euch zu gut, auch wider Euch gerungen:
Und kurz, mein Irrtum selbst verführte mich so gar
Zu hassen, was mir doch am allerliebsten war.
Cäsar
Welch ein erwünschtes Glück! Wenn mich Arsene liebet,
So gibt mir Amor mehr, als Mars mir selber gibet.
Ich habe Rom besiegt, und Ihr besieget mich;
Warum verknüpft uns denn nicht Hymen ewiglich?
Der Hochzeitfackeln Glut soll unaufhörlich brennen
Und lauter Lieb und Ruhm anstatt der Nahrung kennen.
Mein Sieg hat in der Welt mir schon viel Neid erregt,
Erlaubt, daß so mein Glück die Götter selbst bewegt.
Kommt, Schönste, kommt nach Rom! Die ärgsten Königsfeinde
Erklären Euch nunmehr, als treugesinnte Freunde,
Vor ihre Königin. Die jüngstbefochtne Schlacht
Hat ihrem Übermut den Untergang gebracht.
Arsene
Es wird noch Trotz genug in Utica gespüret,
Daher auch itzo noch mein ganzer Kummer rühret;
Pharnaz –
Cäsar
Durch Glimpf und Huld bezwing ich ihn gar bald!
Arsene
Ach! Cäsar, übt doch stets die freundliche Gewalt.
O ließe Cato sich nur auch so leicht bewegen!
Wiewohl sein harter Sinn ist gar durch nichts zu regen.
Mein Herz, wie mich bedünkt, zerteilet sich vor Euch,
Es rührt mich Cäsars Ruhm und Catons Heil zugleich.
Ein unbekannter Zug bewog mich, Euch zu lieben;
Indessen weiß ich nicht, was mich zu ihm getrieben.
Nechst Euch ist Cato denn mein Liebstes in der Welt.
Ach! Endigt nur den Krieg, der Euch beschäftigt hält,
Und opfert Euren Haß der Wohlfahrt dieser Erden:
Er kömmt; lebt wohl, mein Herr! Doch laßt es Friede werden
Und zeiget künftig uns, dem Glücke selbst im Schoß,
Ein Cäsar bleibe stets, in Krieg und Frieden groß!
(Sie geht ab.)
Cäsar
Verlaßt Euch nur auf mich, so könnt Ihr alles hoffen.
Cato und Cäsar.
Cäsar
Nun, Cato, endlich hat der Wunsch mir eingetroffen,
Daß ich einmal mit Euch vertraulich sprechen kann.
Ich biete Welschland itzt in Euch den Frieden an.
Kommt, schließt ihn selbst mit mir und macht der Not ein Ende!
Das hartbedrängte Rom sieht bloß auf unsre Hände;
Versammlet Euren Rat, und schafft noch diesen Tag,
Daß jedermann die Frucht der Eintracht ernten mag.
Die ganze Bürgerschaft verbanne Haß und Rache,
Indem ich Euch, nebst mir, zum Bürgermeister mache.
Cato
Wie frech und unverschämt trägst du mir solches an,
Da mir nur Volk und Rat die Würde geben kann?
Denkst du die Tugend denn mit Lastern zu ermüden?
Wir suchen bloß nach Recht und Billigkeit den Frieden!
Regiert ein einzig Haupt das große Rom allein,
So wollen wir mit Lust daraus verbannet sein.
Ja, Cäsar, weg von hier mit Königen und Ketten!
Der Römer Überrest will noch die Freiheit retten;
Und läßt sich das nicht tun, so sind wir doch nicht dein.
Der Afrikaner Sand soll unsre Freistadt sein;
Hier hab ich selber schon ein Grab für mich erlesen.
Drum, Cäsar, laß uns Rom, wie es vorhin gewesen!
Komm ohne Kriegesvolk, komm ohne Waffen hin,
Komm so, wie ich mich da zu zeigen willens bin:
Alsdann so wird man sehn, wer endlich von uns beiden
Noch den Triumph erlangt und welcher Rom muß meiden.
Cäsar
Was hab ich denn getan? Der Deutschen tapfres Blut
Verehrt durch meinen Dienst der Römer Heldenmut.
Die Meere waren mir kein Hindernis im Siegen,
Ich bin den Ozean der Briten überstiegen;
Und doch versaget mir der ungerechte Rat,
Weil mich Pompejus haßt, ein schlechtes Konsulat?
Man will mein tapfres Schwert im Frieden kraftlos machen,
Man gibt mir Aufruhr schuld, und was mein Schweiß, mein Wachen,
Mein eignes Blut verdient, das Bürgermeisteramt,
Fällt meinen Feinden zu? Das, das hat mich entflammt!
Halb rasend fing ich an, der Römer Feind zu werden;
Vergebens waffnet sich der ganze Kreis der Erden,
Ich schlug ihn doch und nahm den Rest zu Gnaden an,
Nachdem ich ihn besiegt: Was hab ich nun getan?
Cato
Aus Rachgier, Cäsar, ward das Schwert von dir gezücket,
Da nun Pompejens Fall den Zorn bereits ersticket.
Warum behältst du noch die oberste Gewalt?
Daraus erhellt ja klar, daß man dich billig schalt.
Tyrannen schmücken stets ihr Tun mit List und Ränken,
Die Worte sind oft gut, die Tat lehrt, was sie denken.
Man gab dir mit Bedacht kein römisch Konsulat;
Du warest viel zu groß und mächtig vor den Staat.
Und wozu war dir wohl das Vaterland verbunden?
Du hattest als ein Held viel Länder überwunden;
Rom hatte triumphiert: Doch das war deine Pflicht.
Ein Bürger dient dem Staat, der Staat dem Bürger nicht.
Die Schuld ist offenbar; der Vorwand ist vergebens.
Den Grachus, wie du weißt, beraubte man des Lebens,
Du hast noch mehr verwirkt!
Cäsar
Wo will der Eifer hin?
Vergeßt Ihr denn, daß ich ein Überwinder bin
Und daß die Römer mich um Gnade bitten müssen?
Cato
Wer voller Unschuld ist, will nichts von Gnade wissen.
Denk, Cäsar, denk einmal an deine Grausamkeit.
Und wünsche dir vielmehr, daß die Vergessenheit
Den unerhörten Stolz, der dich betört, begrabe.
Auch Sylla, den ich oft darum gepriesen habe,
Entsagte von sich selbst der Herrschaft und Gewalt
Und fand auch in der Tat der Römer Gnade bald.
Dem Beispiel folge nach. So wird dir dein Verbrechen
Vielleicht auch noch geschenkt. Ich selbst will für dich sprechen!
Wie nun? Du schweigest hier? O Rom! O Vaterland!
Hast du dem Barbar nicht viel Gutes zugewandt?
Und er bestimmt dir stets ein größer Ungelücke.
Die Götter zeigen uns viel zornerfüllte Blicke;
Rom streitet mit sich selbst: Die Mutter haßt den Sohn,
Der Legionen Zahl spricht ihren Brüdern Hohn,
Man sieht der Römer Blut auf Römer Hände spritzen,
Die Helden, welche sonst Gesetz und Rechte schützen,
Ersticken die Natur und schänden ihr Gebot:
Die Väter streben nur nach ihrer Kinder Tod,
Die Kinder suchen nichts als ihrer Väter Leichen,
Die Mütter sind bemüht, dem Jammer zu entweichen,
Und stürzen sich zuvor in beider bloßes Schwert.
Die Herrschaft, Cäsar, ists, was deine Brust begehrt!
Cäsar
Und Ihr verlanget nichts als Unglück und Verderben!
Ihr wollt entfernt von Rom in Gram und Kummer sterben,
Nur stets geschlagen sein und daß ich eifersvoll
Die Hände stets im Blut der Römer baden soll.
Den Frieden schlagt Ihr aus und hasset doch das Kriegen?
An wem wird wohl die Schuld des ganzen Unglücks liegen?
Ist Euch der Römer Blut so wert und hoch geschätzt,
Warum habt Ihr Euch stets den Göttern widersetzt?
Es hat sich ihre Gunst vorlängst für mich erkläret;
Sie haben mir bisher noch stets den Sieg gewähret.
Ich mach Euch in der Tat vom Untergange frei;
Und doch bedünkt es Euch, daß ich sehr strafbar sei.
Ihr wollt dem Siege stets Gesetz und Regeln geben:
Ach, laßt mich doch nur selbst nach Ruhm und Ehre streben!
Als Sylla Sieger war und als auf einen Tag
Der Römer ganze Zahl zu seinen Füßen lag,
Da konnt er ohne Schimpf den Zepter von sich legen:
Allein, ich muß allhier auch meinen Ruhm erwegen.
Das hieße: Cäsars Mut war endlich doch zu klein.
Und kurz: Wo Cäsar herrscht, wird alles glücklich sein.
Denn wahrlich, überall wohin mein Schwert gekommen,
Hat auch der Tränen Zahl ganz merklich abgenommen.
Auch Rom sieht täglich schon ein prächtig Schauspiel an,
Und meine Hand tut mehr, als jemand wünschen kann.
Ich will ja nichts als Rom und Welschland glücklich machen!
Cato
Verführen willst du sie! Das zeigt der Lauf der Sachen.
Die List gibt dir das Recht, so du zur Herrschaft hast;
Die Stimmen kauftest du, da du der Schulden Last,
Die manchen Bürger drückt, verschwendrisch aufgehoben:
Dem Laster zum Behuf verübst du Tugendproben.
Tyrannen müssen oft der Tugend Freunde sein:
Die Wut versteckt sich oft in einer Wohltat Schein.
Auch ihre Gütigkeit ist billig zu bestrafen.
Cäsar
Wie? Kann denn Cäsars Zorn bei solchem Frevel schlafen?
Erwegt es, wenn ich zürn, so ist ein Augenblick
Schon lang und groß genung zu Eurem Ungelück.
Cato
Wenn ich nicht hoffen darf, die Freiheit zu erwerben,
So bin ich alt genung und will ganz freudig sterben.
Cäsar
Ach weichet dem Geschick!
Cato
Mein Schicksal heißt: Sei frei!
Cäsar
Glaubt, daß man auch beglückt am Tyberstrome sei.
Cato
Die Tyber soll mich nicht an ihrem Ufer sehen,
Bevor durch meinen Arm die Rettung Roms geschehen.
Cäsar
Erhaltet doch vielmehr nur Euer eigen Haupt.
Cato
Es ist ein großer Schimpf, wenn man Tyrannen glaubt
Und gar von ihrer Hand sein Leben will erhalten.
Der größte Ruhm ist der, sich rächen und erkalten.
Cäsar
Ihr tretet mir zu nah!
Cato
Ich diene Rom getreu
Und ehre doch zugleich der Götter Rat dabei.
Cäsar
Die Götter haben mir den Beifall längst gegeben:
Erkennt nur ihren Wink; hört auf zu widerstreben!
Cato
In meinem Herzen ist ihr Ausspruch sonnenklar:
Und wäre dieses nicht, so würde mich fürwahr
Der Henker in der Brust mit scharfen Martern plagen;
So aber weiß ich nichts von dieser Qual zu sagen.
Wenn ein Tarquin entspringt, sind hundert Bruti da,
Die man noch nie gebückt zu deinen Füßen sah.
Man spricht dereinst von uns wie wir von unsern Vätern:
Sie straften Könige, wir tun es an Verrätern.
Cäsar
Ach, Cato, schont mich nur mit der Verräterei
Und leget sie vielmehr Pompejens Anhang bei.
Ihr denket zweifelsfrei: Pharnaces wird uns stützen!
Allein, es ist umsonst. Er will Euch gar nicht schützen.
Er hat nicht längst an mich zween Boten abgesandt,
Die machten mir von ihm den schnöden Zweck bekannt:
Er woll Euch unvermerkt den Dolch ins Herze drücken
Und nachmals Euren Kopf zu mir ins Lager schicken.
Ich nahm sie beide fest; sie sind gefesselt hier:
Bestraft sie selbst und sprecht: Was tadelt Ihr an mir?
Cato
Ja, Cäsar, es ist wahr. Ich muß die Großmut loben;
Allein, dein Stolz taugt nichts: Sonst solltest du die Proben
Von meiner Ehrfurcht sehn. Doch stellt Pharnaz mir nach
Und sucht er meinen Kopf, so wie man dir versprach:
So steht der Bösewicht mir zwar nach Leib und Leben;
Doch du bist grausamer!
Cäsar
Wer? Ich?
Cato
Du bist es eben;
Von dir wird Rom und mir die Freiheit selbst geraubt.
Gerechte Götter! Ach! Wer hätte das geglaubt?
Kann ein tyrannisch Herz noch so viel Großmut hegen?
O wärest du geneigt, die Waffen abzulegen!
Itzt bin ich voller Scham, ja fast verzweiflungsvoll,
Daß ich dich ehren muß, da ich dich hassen soll.
Laß nach der Grausamkeit die Güte triumphieren!
Laß Rom in Freiheit stehn und Rat und Volk regieren!
Und mache, daß dich einst das hohe Lob vergnügt,
Seht! Cäsar ist ein Held, der auch sich selbst besiegt.
Er war uns zwar verhaßt: Itzt müssen wir ihn lieben.
Wir sind durch seine Huld vom Joche frei geblieben.
Es drohte seine Macht uns lauter Sklaverei,
Und itzo sind wir bloß durch seine Gnade frei.
Wiewohl, es ist umsonst. Kein Ruhm kann Euch bewegen,
Der Laster schnöder Glanz kann Euch viel stärker regen.
Ihr stammt von Göttern her, so wie Ihr selber sprecht;
Doch seid Ihr, wie man sieht, der tollen Ehrsucht Knecht!
Wollt Ihr Euch darum nur zum Götterchor erheben,
Um aller Menschlichkeit gar gute Nacht zu geben?
Seid Ihr der Götter Sohn, so zeigt auch, daß Ihrs seid:
Nun gleicht man ihnen bloß durch Huld und Gütigkeit!
Allein, die Zeit vergeht, Ihr bleibt bei Euren Sinnen
Und laßt Euch durch Vernunft und Tugend nicht gewinnen.
Ich geh und mache gleich den Römern selber kund,
Was Euer Vorschlag ist. Da mag ihr eigner Mund
Den ganzen Ausspruch tun. Erwehlt man das Verderben:
So tu mans immerhin! Ich will viel lieber sterben!
(Er geht ab.)
Cäsar
O welch ein edles Herz! Wär ich nicht, was ich bin,
Ich wünschte mir nichts mehr, als Catons freien Sinn,
Der keinen König will. Jedoch, wer kommt gegangen?
Mich dünkt, es ist Pharnaz. Was wird er doch verlangen?
Cäsar und Pharnaces.
Pharnaces
Wie? Cäsar, seid Ihr hier? Und niemand zeigt mirs an?
Warum verhehlt man mir, was Cato wissen kann?
Von ungefehr hab ich die Stimme wahrgenommen
Und bin fast ganz bestürzt an diesen Ort gekommen.
Ich warte mit Begier, daß Timon und Arbat,
Durch welche Botschaft ich Euch einen Vorschlag tat,
Zurückekommen soll. Drum sagt vor allen Dingen,
Was wird man mir von Euch zur Antwort wiederbringen?
Erwegt es, wie Ihr wollt. So glücklich Ihr auch seid,
So fehlt es Euch dennoch an voller Sicherheit.
Das Glücke wechselt stets! Wie leicht kann es geschehen,
Wenn Eure Römer erst den harten Cato sehen,
Der vor die Freiheit kämpft, daß ihr so tapfrer Mut
Auf seine Seite tritt? Bedenket, was Ihr tut!
Die List ist sicherer als offenbare Waffen.
Ich will Euch Catons Kopf ohn alle Mühe schaffen;
Dann hegt der Erdkreis nichts, was Euch die Waage hält,
Dann seid Ihr Herr von Rom und Haupt der ganzen Welt.
Cäsar
Wie frech erkühnst du dich, durch solche Freveltaten
Die Bosheit deiner Brust vor Cäsarn zu verraten?
Pharnaz, du denkst wohl nicht, daß ich ein Römer bin!
Ich hasse den Betrug! Kein schändlicher Gewinn
Kann mein gesetztes Herz zur Hinterlist bewegen,
Und sollt ich heute noch den Zepter niederlegen.
Geh, schäme dich ins Herz, daß du ein König bist
Und zum Verräter wirst. Mein Schwert braucht keine List!
Die Götter haben mir bisher den Sieg verliehen:
Soll ich vor Utica zuletzt den kürzern ziehen,
Wohlan, ich bin bereit und weiche dem Geschick
Und geb dem Cato selbst die Freiheit Roms zurück!
Du aber sieh dich für, daß die Verrätereien,
Womit du schwanger gehst, dir selber wohl gedeihen.
(Er geht ab.)
Pharnaces
Er geht und dankt mir nicht, daß ichs so gut gemeint?
Das ist der Römer Art! Sie achten keinen Freund.
Wohlan! Geht Ihr nur hin! Der Stolz wird Euch gereuen.
Arsenen raub ich doch! Es soll mir schon gedeihen!
(Ende der dritten Handlung.)