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Quartblatt.
(März 1773.)
Einen Morgengruss hat Ihnen die liebe Sonne schon geben, der besser ist denn meiner. Doch ist auch der nicht zu verachten. Grüsse Sie also und schicke Worte und WackefieldDen Vicar of Wakefield erwähnt G. in seinen späteren Briefen nicht mehr. Die Perturbation scheint sich theils auf die bevorstehende Heirath Kestners theils auf die Umarbeitung des Götz zu beziehen, die im December 1772 mit Merck in Darmstadt besprochen und bei dem spätern Besuch vom 17. April bis zum 4. Mai ins Reine gebracht sein mag. Auch scheint die flüchtige Neigung (an Kestner, S. 130 zu Antoinette Gerock?) im Spiel gewesen zu sein. Lotte Jacobi war noch nicht eingetroffen. Der Reiseplan Johannens taucht auf. und Was mehr ist – Wörterbuch. Wo sie Bedeutung und Aussprache nach selbst beliebigem Gefallen forschen und finden können. Und dieses geschieht weil es scheinen will als ob Sie noch einige Tage an mir einen unfleissigen lehrmeister haben würden. Denn ich befinde mich in einem Stand von Perturbation, in dem es den Seelen, sagen sie, nicht vorteilhafft ist aus der Welt zu gehn. Demohngeachtet, da sich nichts verdrüssliches noch ängstliches einmischt, binn ich dessen wohl zufrieden. Mögen Sie das auch seyn, und an dem so lieblich vorbey fliessenden Wasser nicht allzu lebhafft empfinden wie schön das wäre, wenn Sie geleitet von Frülings sonn und Lufft dahinab seegelten zur Freud und Wonne der Auserwählten, dazu uns Gott allen Gnädiglich verhelfen wolle. Amen.
Quartblatt.
(Charfreitag? 1773.)
Einen so hohen heiligen Morgen haben wir noch dies Jahr nicht erlebt. Wie ich ans Fenster sprang und die Vöglein hörte und den Mandelbaum blühen sah und die Hecken alle grün unter dem herrlichen Himmel, könnt ich Ihnen liebe Tante liebe Nichte,Charlotte Katharina Jacobi war zur Ostermesse aus der Pension in Hannover nach Frankfurt gekommen, wohin Betty Jacobi ihr später nachfolgte. Da Lotte im September nach einem halbjährigen Aufenthalte nach Düsseldorf zurückkehrte, muß ihre Ankunft gegen das Ende des März oder den Anfang Aprils erfolgt sein. Welches Gedicht in den Frühlingsempfindungen gemeint sein mag, weiß ich nicht länger nicht vorenthalten, warmer Jugend gute Frühlings Empfindungen, daran Sie Sich denn erbauen werden, an dem heiligen Leben, mehr als am heiligen Grabe, hoff ich. Daß Sie gestern nicht mit mir gingen, mögen Sie sich selbst verzeihen. Gottbewa, durchgestrichen. geb uns mehr solche Tage als den heutigen und bewahr uns vor Reifenröcken, Triset, Reversino und allem zähnklappern. Addio.
*
Großoctav, Doppelblatt.
(Nr. 1.)
(18. October 1773.)
Ihr Stillschweigen liebe Tante wissen wir ohngefähr zu berechnen, da wir uns wohl eher gleicher Sünden schuldig gemacht haben. Sünde bleibts aber immer und soll Ihnen in Rücksicht künftiger Besserung verziehen werden. Ich hoffte die Ankunft des neuen MädgensStatt dessen erschien am 17. Octbr. ein Bübchen. (Briefw. zw. G. u. Jacobi. S. 8 ff.) zu vernehmen, es nimmt sich Zeit wie ich merke.
Das merkwürdigste das ich Ihnen melden kann, ist Schlossers Ankunft. Das iunge Paar ist schon aufgeboten,Am 15. Septbr. schrieb G. an Kestner. S. 180: »Schlosser sitzt noch in Carlsruhe wo man ihn herumzieht Gott weis wie. Ich verstehs nicht«. Bekanntlich wurde die Hoffnung vereitelt. wird in 14 Tagen Hochzeit machen und dann gleich nach Carlsruh gehen. Meine Schwester Braut grüßt Sie. Sie ist ietzt im Packen ganz und ich sehe einer fatalen Einsamkeit entgegen. Sie wissen was ich an meiner Schwester hatte – doch was thuts, ein rechter Kerl muß sich an alles gewöhnen. Die Zeit sind einige sehr brave Menschen aus der Weiten Welt, besonders einerSchönborn, der im J. 1774 dänischer Consulatssecretär in Algier wurde. Keil, Frau Rath, Nr. 6, S. 68. zu mir kommen die mir viel gute Tage gemacht haben. Um unsern kleinen Zirkel siehts etwas scheuFränkischer Provincialismus, noch jetzt üblich, auch 1772 in einem Briefe an Jung (Stöber, Aktuar Salzmann, S. 52) von G. gebraucht. aus. Meine schwester macht einen großen Riss, und ich – Betty versteht mich. Ich möchts wohl einmal so weit bringen mit Ihnen einen Ritt vom Gallenthor durch die Terminey bis zum Allerheiligen zu thun. Indeß will den Winter meiner Schlittschue mich freuen.
Daß Sie JungenJung-Stilling, der damals als Arzt nach Elberfeld ging. G. hatte ihn in Straßburg lieb gewonnen und stets beschützt. lieben müßten, sagte ich Ihnen zum Voraus, nur wollt ich dass Sie auch Leute lieben könnten die nicht sind wie er.
Grüßen Sie mir die liebe FrauHat sich nicht erhalten. hundertmal. Lotte wird meinen Brief haben.»Des Cammerrath Jakobis Frau war hier, eine recht liebe brave Frau« schreibt G. am 15. Septbr. an Kestner, S. 181. Am 30. August kündigt Jacobi Sophie La Roche seinen Entschluß an, den Reisenden bis Koblenz entgegen zu gehen und vor ihrer Ankunft einige Tage in Ehrenbreitstein zu bleiben (auserl. Briefw. I, S. 142). Also wird die Abreise gegen den 10. September erfolgt sein. Um dieselbe Zeit, d. h. noch in Frankfurt, ist das undatierte Billet an Betty (Briefw. zw. G. und Jac., S. 3) verfaßt; denn es heißt darin von dem beigefügten Gedicht »Wen du nicht verlässest Genius«: »Geben Sies der la Roche und leben Sie recht herzlich wohl.«
Mit meiner Autorschaft stehts windig. Gearbeitet hab ich, aber nichts zu Stande gebracht.»Jetzt arbeit ich einen Roman, es geht aber langsam.« (An Kestner, 15. Sept., S. 182.) Das kann doch kaum etwas Anderes sein als Werther, der dann einige Monate liegen blieb. Den Jahrmarktvon Plundersweilern. Er wurde am 3. Novbr. an Betty geschickt und gefiel Jacobi sehr. (Briefw. zw. G. u. J., S. 8. Jac. auserl. Briefw. I, S. 151.) sollen Sie haben, aufs Wort ihn nicht aus der Hand zu geben, noch – Ich brauche keine Conditionen mit ihnen. Der Musenalmanach von Göttingen ist recht sehr gut dies Jahr. Sie werden viel wahres und warmes finden. Auch einige Ding wo nicht von mir, doch die ich Ihnen gelesen habe.Er erschien im September; die ersten Bogen erhielt G. am 15. durch seinen Wetzlarer Freund Falcke (a. a. O.), worin »der Wandrer« stand. Sonst finden sich darin der Gesang »Seht den Felsenquell« und »Was reich und arm«, ferner »Adler und Taube«, Ueber die Liebhaberei, seine Gedichte unter andern Namen zu bringen, Riemer, Mittheil. I, S. 245.
Was Sie vom Merkur schreiben scheint mich auf ein ungünstig Urtheil vorbereiten zu wollen.Die Recension des Septemberhefts über Götz steht im 3. Theil des Merkur, S. 267 ff.; eine andere ebenda im Decemberheft 4. S. 257. Wie sehr jene (von M. Schmidt?) ihn verletzte, sagt G. selbst B. 22, S. 154. Hat nichts zu sagen, ich bin dergleichen gewohnt. Mir kommts darauf an ob der Rez. ein rechter Kerl ist, er mag mich loben oder tadlen, und was ich von ihm halte will ich Ihnen wohl sagen. Noch haben wir Ihn nicht. Sie kennen die geflügelte Expedition des Götterboten.Darüber hatte auch Frau Rath geklagt (Nr. 38). Ebenso vorher Goethe an Kestner (Nr. 58).
Ein schöner neuer Plan hat sich in meiner Seele aufgewickelt zu einem grosen Drama. Ich will nur erst zusehen, ob ich aus dem Lob und Tadel des Publikumsüber Götz. Da dieses Drama »fürs Aufführen« beabsichtigt war, »damit die Kerls sehen dass nur an mir liegt Regeln zu beobachten« (an Kestner a. a. O.), kann nicht etwa Faust, sondern nur Mahomet gemeint sein, der, wie G. W. 22, S. 224 erwähnt, »sich mehr der regelmäßigen Form näherte«. G. läßt bekanntlich den Plan erst auf dem Rückwege von der Rheinreise 1774 entstehen, vgl. Düntzer, Frauenb. S. 241, Anm. 1 und Viehoff, G. Leben 2, 32 und 147 ff. Dieser Widerspruch löst sich, wenn man die Stelle eines Briefes an Lavater (Hirzel, S. 180) vergleicht. Dort sagt G.: »Das Dram, das ich der Meyern versprochen habe, ist auf dem Wege ziemlich fertig worden.« Meyers hatte er erst am 15. Juni 1774 kennen gelernt (an Lotte Nr. 100). Also wird er sich »auf dem Wege«, durch Lavater und Basedow angeregt, weiter mit dem Stück beschäftigt haben, während er hier die Absicht ausspricht, es eine Weile liegen zu lassen. Arbeitete er doch »an vielerley dramatischen Wesen« Merck, 28. Juni 1774, Wagner c. Nr. 38), darunter an Cäsar (an Schönborn, 1. Juni 1774). Aus dem Mahomet hatte der Musenalmanach den »Gesang« mitgetheilt. Andere kostbare Bruchstücke gibt Schöll, G. Br. u. Aufs., S. 147. was lernen kann.
Und mein gewonnen Drama, und Wielands Ausspruch. Dass nicht der so lange hängt als in Wezlar ein Spruch. Ich hab gewonnen liebe Tante, ohne Umstände gewonnen ergeben Sie Sich nur eh Sie durch Urteil und Exekution angehalten werden. Lesen Sie die Stellen aber und abermal und verdancken Sie Ihre Sinnesänderung wenigstens Ihren eigenen Augen.Das gewonnene Drama (Part. Activi) ist Götz, über dessen günstige Aufnahme G. mehrfach seine Freude ausspricht, Johanna hatte sich an den »rauhen Ecken« (an Kestner, S. 178), den bekannten derben Stellen der ersten Ausgabe, gestoßen. Wielands Ausspruch erfolgte in einer Anmerkung zu jener ersten Recension und wurde im Juniheft des D. M. 1774 2, S. 321 begründet.
Adieu liebe Tante, und lassen Sie uns manchmal ein sichtbares Zeichen Ihrer Erinnerungen sehen. Sie wissen wir sind sinnliche Menschen.
Frf. am 18. O. 1773.
Octavdoppelblatt, Briefpapier.
(Nr. 3.)
Nr. 2 scheint verloren zu sein.
31. October 1773.
Dass unsre Expedition schnell gehe zu beyderseitiger Ergözzung, folgt hier das Schönbartspiel,Der Jahrmarkt zu Plundersweilern. Vgl, Friedrichs Brief an Wieland vom 6. Novbr. (auserl. Briefw. I, Nr. 49) und Betty's Brief vom 9. Novbr. (Briefw. zw. G. und J., S. 11). und die Läppgen.
Sonst ist alles hier wohl, laufft durch einander, und packt.Cornelie heirathete am 1. November.
Und ich wie immer binn wechselnden Humors, und habe mich zu was verleiten lassen darüber Sie mich von Herzen – werden.Daß die Farce gegen Wieland: »Götter, Helden und Wieland« gemeint ist, beweist die Vorhersagung und die sichtliche Besorgniß, Johanna, durch ihre Freundschaft mit Jacobi's auch mit Wieland verbunden, werde die Satire übel aufnehmen. Sie ist also im October, ohne daß der damals in Petersburg abwesende Merck darauf hätte einwirken können, gedichtet worden. Daher sandte G. sie zuerst an Lenz zur Beurtheilung (B. 22, 248). In dess Adieu, und behalten Sie einige Neigung zu uns weil Sie doch wieder her müssen.
Goethe.
Von bey kommenden Mustern kommt wie drauf steht die einen 17 Fl. die andern 19 Fl. das Stück. Man bittet sich aber die Muster alle bald möglichst wieder zurück, mit denen gezeichneten, auf die die Wahl fällt.
Noch was. H. Andrä schickt Ihnen ein Exemplar Töpfer,Der Töpfer, komische Oper in 1 Akt von G.'s Freunde Johann André in Offenbach, geb. 28. März 1741, gest. ebenda 18. Juni 1795, war am 29. October mit großem Beifall aufgeführt worden und erschien in demselben Jahre Frf, 1773. 8. wünscht im Merkur eine höfliche wo möglich anlockende Rezension zu sehen. Der Mann hat Frau und Kinder, und Geld hinein gesteckt. Blos in der Rücksicht, wenn auch das Ding nicht würcklich musikalischen und andern Werth hätte, sollte man ihm den Liebesdienst nicht versagen. Die H. Thuns ja bey andern Gelegenheiten, werden sies auch wohl da thun. Er empfielt sichsies und sich aus Sies und Sich verbessert. ihnen aufs beste, zwar wüsst ich nichts erbärmlichers als ein Autor der sich empfielt. Doch es ist hier nur der Kaufmann. Denn das Ding will nicht rutschen, ich hätts ihm freylich voraus sagen wollen. Viel Grüsse der lieben Frau und Lotten.
G.
am 31. Okbr. 1773.
NB. Das Zettelgen ist liegen blieben und muss iezt mit der fahrenden Post.
Octavblatt. Briefpapier.
(Nr. 1.)
(16. November 1773.)
Außen: Der Tante.Gleichzeitig ging der Brief Nr. 4 an Betty ab
Liebe Tante.
Dass meine Agentcie so langsam geht ist das Hurry burry schuld dasaus dass verbessert. seit acht Tagen um mich summt. EhvorgesternDie Schwester reiste am 14. Novbr. ab. ist die Schwester Adieu. und ich binn Hahn im Korb. Der Esel hat keine zwey Stücke mehr von dem Franzlein und von allem was halbweg hübsch ist wird das zweyte Stück schon angeschnitten seyn. Ich hab darum die Muster nicht mit schicken wollen. Vom Töpfer nächstens. Ich bin in aller VerworrenheitEin Lieblingsausdruck G.'s zu dieser Zeit, vgl. Nr. 35 und an Kestner Nr. 115. Schöll, S. 159, 160. Stella V, 2. der Ihrige
*
(26. November 1773.)
Von dem jetzigen Besitzer, Pastor Mönkeberg, abschriftlich mitgetheilt; (muß Nr. 5 sein).
Diesmal liebe Tante vom Töpfer. Ich danck Ihnen dass Sie wollen meine Meynung drüber transpiriren lassen. Das Stück ist um der Musick willen da, zeugt von der guten menschenfreundlichen Seele des Verfassers und ist dem Bedürfniss unsers Theaters gewachsen, dass Ackteur und Zuschauer ihm folgen können. Hier und da ist eine gute Laune doch würde seine Einförmigkeit sich ohne Musick nicht erhalten.
Die Musick selbst ist auch mit vieler Kenntniss der gegenwärtigen Kräffte unsrer Theater komponirt. Der Verfasser hat gesucht richtige Deklamation, mit leichter fliessender Melodie zu verbinden,Diese köstliche Reklame, welche G.'s gutes Herz von neuem zeigt, ist nach den in Schöll's Br. u. Aufs. S. 112 gegebenen Regeln über Deklamation und Musik ausgearbeitet. und es wird nicht mehr Kunst erfordert seine Arietten zu singen als zu den beliebten Kompositionen H. Hillers und Wolfs nötig ist. Um nun dabey das Ohr nicht leer zu lassen, wendete er all seinen Fleis auf Akkompagnement, welches er so vollstimmig und harmonisch zu sezen suchte als es ohne Nachteil der Singmelodie thunlich war. Zu dem Ende hat er offt Blasinstrumente gebraucht, und manchmal eins von diesen unisono mit der Singstimme gesetzt, damit sie dadurch verstarckt und angenehm werde. wie z. B. in dem ersten Duett mit der einen Flöte geschehen. Man kann ihm nicht nachsagen dass er kopirt noch raubt. Und es lässt sich immer mehr von ihm hoffen. In einigen Arien könnte das da Capo kürzer seyn w. z. E. in der Ariette: wie mancher plumper Baueriunge p. 78.
Dass er die ganze Partitur hat stechen lassen billig ich, wenn es mehrere thäten würde der Kenner und Liebhaber befriedigt werden. Auch zum Behuf auswärtiger und privat Theater gut seyn.
So was, auf oder ab könnte der Merkur sagen ohne sich zu prostituiren ich saue das so in der Eil [E aus e corrigiert]. Verzeihts lieb Täntchen. Die Liebe Frau und Lotten grüsen Sie mir. Ich binn wie immer bald leidlich bald unleidlich. Hab einige Tage Kopfweh gehabt und war sehr menschenfreundlich [? wohl – feindlich?]. Lassen Sie bald was von sich hören. Bölling ist von seiner Reise wieder da. Er hätte bald den Bassa zu Weimar besucht.Joh. Caspar Bölling, ein Kaufmann, der auch Wielands Geldgeschäfte in Betr. des deutschen Merkur besorgte und zu den Freunden des Hauses gehörte. Johanna vergleicht sich mit ihm, weil sie augenblicklich übel aussah (Briefw. Nr. 3). Daß Wieland Bassa heißt, beweist, in welchem Ansehen damals der deutsche Merkur stand.. Was macht unsre Wette. Adieu Täntchen. Meine Schwester ist glücklich angelandet, und bald eingerichtet.
Frkf. am 23. Novb. 1773.
Goethe.
Adresse:
An Mamsell
Mamsell Fahlmer
bey H. Hofkammer R. Jakobi
franck Cöln
in
Düsseldorf.
(Octavbriefpapier; Doppelblatt.)
(Nr. 6.)
(29. November 1773.)
Liebe Tante.
Wenn wir nur erst ins gleiche kommen, dass iedes seinen Gang geht, ohne den andern mitnehmen zu wollen, wird alles gut werden. Wir treffen uns doch wieder, wenn wir auch hier und dort abweichen! Nur waren wir vielleicht beyde das Hand in Hand gehen zu gewohnt, und wer ist das nicht.
etc. etc. etc. etc.
Meine Schwester führt sich wohl auf. Ihre Wanderschafft, Einrichtung alles macht sie gut. Sie erinnern sich noch des Schimpf und Scheltweegs zwischen Bornheim und Franckfurt!
Jetzt watet sie nach Art und Lust,Frau Schlosser fühlte sich also damals so unglücklich nicht, wie später wegen ihrer körperlichen Leiden. und lässt euch alle grüßen.
Wenn der Geist der Erfindung vor mir über streicht, will ich ihn um so ein Meubel fragen. a l'imitation – das thut er sonst nicht gern.
Aber im Ernst wenns keine Posse ist, so freu ich mich dass der Moralische Wortkram sich abermal prostituirt. Ich mögte einen Pot-pourri oder was für einen sie wollen, mit Moralischen Emblemen und Sprüchen vorschlagen.Ueber diesen Pot, vermuthlich ein Weihnachtsgeschenk, scherzt G. auch in dem undatierten Briefe Nr. 9 an Betty, der etwas später geschrieben ist. Nr. 8 ist gleichzeitig mit dem hier abgedruckten abgegangen. Das darin erwähnte Väterchen ist das erste Stück von Lenzens Lustspielen nach dem Plantus. Der »moralische Wortkram« scheint Wieland zu meinen, »Wiel. und die Jackerls haben sich eben prostituirt« (an Kestner, S. 181).
Für die Romanze danck ich, bitte um mehre.
Dagegen stehn all die zu Diensten die ich aus Elsas mitbrachte.Ueber G.'s Sammlung von Volksliedern (denn diese heißen bei ihm Romanzen) vgl. Schöll, Br. u. Aufs. S. 123 ff. Darunter befindet sich das Lied »Vom plapperigen Junggesellen«, bei Herder »vom plauderhaften Knaben«:
Es waren drey Junggesellen.
Sie tähten was sie wöllen,
Sie hielten einen Rath,
Zu Strasburch in der Stadt.
Es war wohl einer drunter
Der nichts verschweigen konnte.
»Es hat mir gestern spät
»Ein Mädchen zu geredt.
»Sie will mich lassen schlaffen
»Bey ihr im Feder Bett.«
Das Maidel steht an die Wände,
Hörts von Anfang bis zu Ende,
»Verleih mir groser Gott
»Den Witz und auch Verstandt
»Daß mir der lose Knabe
»Nicht kommt an meine Hand.«
Der Knab, es war um Viere,
Geritten kam vor die Tühre,
Er klopfet also stille,
Mit seinem Goldenen Ring,
»Ey schlafest ober wachest,
»Mein aus erwähltes Kind?«
»Was ist wenn ich nicht schlieffe!
»Und dich nicht reiner liesse.
»Reit du es immer hin!
»Wo d'her geritten bist.
»Ich kann ein wenich schlaffen,
»Wenn du schon nicht bey mir bist.«
»Wo soll ich dann'hin reuten,
»Es schlafen alle Leuten.
»Es schlafen alle Leut
»Und alle Bürgers Kind.
»Es regnet, und schneyet
»Und geht ein kalter Wind.«
Er sass sich auf seinen Gaule.
Er schlug sich selbst aufs Maule,
»Hättst du mir still geschwiegen,
»Du lose Plapper zung.
»Du bringst mich nun ums liegen
»Bey mein braun Mädlein jung.«
»Dort unter jener Linde,
»Wirst du dein Schlafplaz finden,
»Bind du es deinen Gaul
»Wohl an denselben Baum.
»Und laß mich ümer schlaffen
»In einem süssen Traum.«
Diese Abschrift bezeichnet Johanna mit den wohl irrigen Worten: »Daß hatt der Göthe gemacht«.
Das ViolingenWeihnachtsgeschenk für einen Sohn Jacobi's. will ich ausfragen. Und erst Nachricht geben.
Im Packet kommt eine Rezens. der hiesigen Zeit. über den Merkur, wo die Herren, Wiel. den Staub von den Füssen lecken. Ich hab das meinige gethan um den DeinetNach Schlossers Abgange Herausgeber der Frankfurter Zeitung. Vgl. d. Brief an Betty Nr. 7. gegen Wielanden aufzubringen. Hab ihm vorgestellt: wie schändlich es sey daß der Merkur sagt: Die Frfurter Zeit. sei mit dem Ende 72 verschwunden, da sie doch würcklich noch en toutes lettres existire. Demohngeachtet musst ich die HöflichkeitIm Original steht Hoflichkeit. und Frömmlammsfreundlichkeit pag 773 sqq. von Seel aus bewundern. Adieu liebe Tante, ich dancke Ihnen in Andres Seele.Die Empfehlung brachte keinen Nutzen, vielmehr wird der Töpfer im D. Merkur 1773, 4. Bd., S. 256 (Decemberheft) als »schlechte Copie« bezeichnet. Der gute André war auch über Goethe »giftig« (Br. an Betty, Nr. 8) und machte seinem Zorn über den Merkur in der Vorrede zu der komischen Oper »der alte Freyer«, (Frkf., Gebhard 1775) in den Worten Luft: »Es haben ein Par unmündige Männlein hier und da ausgesprengt, ich hätte meine Musik zum Töpfer aus französischen Operetten genommen. Ich kann keinen Beweis fordern, weil er ohnmöglich ist,« Die Frkf. gel. Anzeigen hatten am 2. Novbr. 1773 eine günstige Anzeige gebracht.
Auch für die Communikation der MeynungenDer Brüder Jacobi, mit denen G. noch immer gespannt war. über mich. Sie interessiren einen immer, so wenig sie auch Einfluss über und in einen sie haben mögen oder können.
Addio.
G.
Octavbriefpapier Doppelblatt.
(Nr. 7.)
(December 1773.)
Habe ein Geiglein gefunden, will es zurechte machen lassen, und mit einem Bogen, auf der fahrenden Post wohl einballirt übersenden.
Der Hr. Friz od. Hr. Gorge werdens von mir als einen geringen heiligen Crist annehmen. Wünsche nur dem herren der vor der Hand sein Glück drauf probiren will, so viel zu lernen, als das liebe Geschöpf das es vor ihm unterm Kinn hatte. Und dann mög er ein Virtuos werden oder wenigstens fühlen lernen einen Virtuosen.Wenig später ist der Brief Nr. 9 an Betty geschrieben, worin die Buben ebenfalls erwähnt werden; vom Violinchen war der Bogen fortgelassen worden. Das liebe Geschöpf könnte die musikalisch gebildete Maximiliane la Roche sein, die ebenda Nr. 8 ein Engel heißt. Doch standen Jacobi's mit der Mutter in direkter Verbindung. Oder etwa Antoinette Gerock?
Anbey sende das Liedlein unter den Bekanndten Bedingnissen. Und grüse die liebe Frau, und Lollo, die Ihren Eifer über michWohl wegen der spöttischen Reden über den Pot wohl in einem Brieflein ausschütten könnte, von Herzen.
Auf dem Land und in der Stadt
Hat man eitel Plagen,
Muss ums bissgen das man hat.
Sich mit'm Nachbaar schlagen.
Rings auf Gottes Erde weit
Ist nur Hunger, Kummer, Neid.
Mögt eins 'nausser lauffen.
Erdennoth ist keine Noth,
Als dem Feig' und Matten.
Arbeit schafft Dir täglich Brod,
Dach, und Fach und Schatten.
Rings wo Gottes Sonne scheint
Findst ein Mädgen findst ein' Freund
Lass uns immer bleiben!Das Lied wurde später in Erwin und Elmire (Iris 2, 3. März 1775) mit der nicht glücklichen Veränderung in Vers 7: »Dich hinaus zu treiben« abgedruckt. Daß dieses »Lustspiel mit Gesängen« bald fertig ist, berichtet G. an Kestner S. 183, wahrscheinlich in der Neujahrsnacht, nach der Vollendung des mit ähnlichen Neuigkeiten angefüllten Briefs an Betty Nr. 7.
Octavbriefpapier.
(Nr. 8.)
(Ende Januar 1774).
Heut war Eis Hochzeittag! Es musste gehn, es krachte, und bog sich, und quoll, und finaliter brachs, und der H. Ritter pattelten sich heraus wie eine Sau.Vom 15. Januar (Maximilianens la Roche Hochzeittag mit dem Wittwer Peter Brentano, aufgeboten waren sie am 26. December des v. J.) an schwärmte Goethe drittehalb Wochen bis in die ersten Tage des Februar (an Betty Nr. 8). Der erste Frost (»vor 10 Tagen ohngefähr«) muß also gegen den 22. Januar eingefallen sein. Der Ausdruck »Hochzeittag« kehrt mehrmals wieder.
Hier ist eine Romanze.Ohne Zweifel die zum vor. Brief abgedruckte.
Und Betty meinem Herzlein Grus, und Lolo inliegendes
Dass allen wohlgehe
sint mirs wohl ist. Amen.
Und auch weiter: etc. etc.
Wir haben gestern gessen Wildprettsbraten und Geleepastete und viel Wein getruncken und zwischen Houries gesessen bis ein Uhr Nachts, und uns geweidet mit Löffeln. Vom zeitigen abermaligen Herrn Burgemeister Reus, wo ich scharlach mit Gold,»Im galonirten Rock« (an Auguste Nr. l), dergleichen Stoff von Lyon bezogen wurde. Die Familien Reus und Brentano sind verwandt. das Neue Jahr verkündigt hatte – Wohin! – Kutscher an Rhein.Dergleichen Besuchsphantasien liebt Goethe (an Auguste Nr. 8. an Schönkopf Nr. l, Jahn, Br. a. L. Fr., S. 67) Ich die Treppe hinauf, wo der Drat noch in der Ecke hing. – Klingl ich! – Kommt die kleine Kähde!Jacobi's Magd, die also mit in Frankfurt gewesen war. kennst du mich noch? – Ey lieber Gott. – Der Gattern ward eröffnet, ich fasse sie freundlich beym Kopf und verzaus ihr die Haube –Und drinnen ist der H. G. Scho. etc. etc. etc. etc. etc.Ein unverständlicher Scherz. Gemeint ist offenbar Fritz Jacobi; Georg war wohl noch in Halberstadt, von wo er im April mit Heinse nach Düsseldorf reiste. Die Stelle gibt das erste Zeichen einer beginnenden Sinnesänderung gegen Jacobi Gut! Ich Präsentir mich. Die Mama schenckt Caffee und sieht mich vor ihren eignen Ermeln nicht biss ich vor ihr stehe – Und dann –Theilweise geschah es so am 21. Juli. »Cathrine machte auf, und große Augen, stuzte, erkannte mich, und schien vergnügt zu seyn« (an Betty Nr. 10).
Octavbriefpapier.
(Nr. 9).
(Ende Februar 1774)Dieser Brief ist ebenfalls in der heitern Stimmung geschrieben, worein Maxens Uebersiedlung Goethe versetzt hatte.
Nun zum Teufel Täntgen was soll das! Nach Lottens Aussage kommen Sie Ende März her, und dem Major domus nicht zu schreiben, keine Ordre für den Tapezier, Speisemeister pp. Verlassen Sie Sich etwa drauf dass Sie die IrisDie Iris, »eine kindische Entreprise« (an Kestner, Nr. 97, Nr. 86 das. gehört ins folgende Jahr) fing erst nach des Bruders Georg Ankunft im April zu erscheinen an, das erste Heft im October, einige Blätter vorher. im Lohn haben, und dencken das soll nun alles flincker gehen. Nani. Ein schön Kammermädgen hat immer so viel eigne Angelegenheiten, dass pp. Wenn Sie recht artig wären so sollten Sie eine schöne glattgestrichne Epistel ansenden, worinn Dero sonderbare aufschwellende Hoffnungen nach dem heiligen Pfarrturn, dem Akazia Baum, und dem Fischerfeld mit Poetischen Lackfarben zur Seelenweide solcher Gemüther aufgemahlt wären, die auch ein bissgen gern sich in andren bespiegeln. . . . . .
Nun denn das wärs was mir so eben auf dem Herzen lag, und weiter fürdiesmal nichts als einen schönen Grus an die liebe Frau ferner [Feder-Zeichnung von Bäumen und Teich] eine solche Art Burzelbäume der Freundschafft an Lotten, und dann zulezt die wahre Monogrammatische Unterschrift Dero Ergebenen Dieners
G.
Ansicht von Frankfurt mit der Brücke
(Fluß und Ufer)G. war damals mit Zeichnen eifrig beschäftigt und hatte Kupferstiche (besonders von Rembrandt) zu studieren angefangen.
*
Briefw. zw. G. u. Jacobi S. 14.
(März 1774.)
Ich muß Ihnen melden gute Tante daß ein gewisses Schand und Frevel Stück, Götter Helden und Wieland,War im Februar oder März von Lenz zum Druck befördert worden.) durch öffentlichen Druck vor kurzem bekannt gemacht worden. Ich habe der erste seyn wollen Sie davon zu benachrichtigen, daß wenn Sie etwa darüber mit dem Verfasser zu brechen willens wären»Wären« berichtigt Düntzer, Freundesbilder S. 129, Anm. aus der Handschrift. Im Uebrigen habe ich die Schreibweise des Briefwechsels beibehalten. Die Datierung hat Düntzer berichtigt.) Sie's de bonne grace thäten und ohne weiter zu brummen und zu mutzen ihm einen Tritt vorn Hintern gäben und sagten: schert euch zum Teufel ich habe nichts gemeines mehr mit euch.
Uebrigens schlendert das Leben hier so fort, und meine Zeichnung ist das beste an mir. Sagen Sie Mamachen, daß das versprochene FastnachtsstückelPater Brey; erschien zuerst im neu eröffneten Puppenspiel, Frkf. u. Leipzig, 1774.
Dieser Brief ist in den Händen der Jacobi'schen Familie geblieben) nicht ausbleiben soll. Ich bin fleisig gewest, nur ist noch nichts produzibel, und ein bißgen früher und später thut doch in der Welt nichts wo das gar nicht so manchmal einem das Nachsehn läßt. Adieu. Ist's wahr daß Sie Lotten wieder mitbringen. Ich mag ihr wohl manchmal etwas vorplaudern, sie wissen ja wies geht wenn ich in's prophetisch radotiren komme. Adieu. Wollen Sie mich behalten wie ich binn, so binn ich immer der Alte.