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Guten Abend, Kinder! Setzt
Euch um Muhme Rählen!
Erst ein Pris'chen! So! Und jetzt
Will ich Euch erzählen
Weiter von der Wunderwelt,
Von der Kinder-Insel,
Und, noch mal, wem's nicht gefällt,
Ist ein dummer Pinsel!
Sagt' ich Euch nicht gestern: dort
Gäb's in Dorf und Städtchen,
Rundumher im ganzen Ort:
Knaben nur und Mädchen?
Ja, so sagt' ich, und es ist
Auch im Grunde richtig;
Dennoch... nun paßt auf und wißt,
Was jetzt kommt, ist wichtig.
Heut ist Sonntag! Früh um acht
Seht Ihr schon erscheinen –
Wie geputzt, 'ne wahre Pracht! –
All die lieben Kleinen.
Paarweis' ziehen sie hinaus
Vor das Tor und weiter,
Und sie schau'n so glücklich aus,
Und sie sind so heiter! |
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Alle jubilieren so,
Droben wie die Lerchen;
All' die Dämchen sind so froh
An dem Arm der Herrchen!
Keiner tut hier vornehm, reich;
Keiner steift's Genick hier;
Alle sind sie gut und gleich;
Niemand tut sich dick hier.
Und so zieht der muntre Troß
Über Feld und Wiese
Hin bis zu dem goldnen Schloß
Dort im Paradiese.
Ei! das ist das schönste Haus
Auf dem Erd-Planeten;
Sieht fast wie ein Tempel aus,
Wo man möchte beten.
Steht in einem Lorbeerhain;
Flieder, Rosen, Nelken,
Tausend Blumen schließen's ein,
Blumen, die nie welken!
Tausend Brunnen springen da
Über Frucht und Blüte;
Tausend Vögel singen da
Gottes Lieb' und Güte!
Aufstellt sich die Kinderschar
Hier im Zaubergarten,
Um das heil'ge Menschenpaar
Lautlos zu erwarten.
Aufs Portal dort blickt die Schar
Mit gespannten Mienen:
Ah! das heil'ge Menschenpaar,
Endlich ist's erschienen!
Seht, in Locken silberweiß,
Und im blauen Kleide
Diese Greisin, diesen Greis,
O wie edel beide!
Seht ihr Antlitz, himmelsklar,
Sanft und engels-milde!
Das ist's heil'ge Menschenpaar
In dem Lustgefilde!
»Väterchen!« tönt's jetzt, »Mama!«
Aus dem Kinderschwarme,
Und Mamachen und Papa
Öffnen ihre Arme.
Welch ein Herzen! Welche Lust,
Wonne und Entzücken,
Nun die Alten an die Brust
Ihre Kinder drücken!
»Vater hoch!« und »Mutter hoch!«
Schallt es auf und nieder;
Vater hoch! und Mutter hoch!
Hallt das Echo wieder.
Und nun rasch gebückt, gepflückt!
Unter Kuß und Kosen
Wird das heil'ge Paar geschmückt
Mit den schönsten Rosen.
Still! Was gibt's? Der heil'ge Greis
Wird ein heil'ger Lehrer,
Unser Vater Silberweiß
Spricht als Gott-Verehrer.
Und's ist still, und nur den Wind –
Während alle lauschen –
Hört man durch die Bäume lind
Wie 'ne Orgel rauschen.
»Kinder!« sprach der Greis. »Hochoben
Die große, die leuchtende Sonne,
Millionen Sternenwelten droben,
Der Erde Segen und Wonne,
Blumen und Früchte, die Berge und Wälder,
Die Flüsse und Seen und die nährenden Felder:
Alles Das hat zum glücklichen Leben
Gott uns geschaffen, Gott uns gegeben!
Dankt unserm himmlischen Vater!« |
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Und die Kinder singen: »Gott,
Dich, den ew'gen, weisen
Und allgüt'gen Vater Gott
Loben wir und preisen!
Du gehst segnend hier und da,
Ringsumher auf Erden,
Daß die Menschen fern und nah
Alle glücklich werden.«
»Glücklich werden!« rief der Greis,
»Das sei unser Streben;
Kinder, nur zu diesem Preis
Hat uns Gott gegeben
Geist und Willen und die Macht
Übers Tier-Gewimmel,
Und die ganze Erdenpracht
Und den Erdenhimmel!
Aber wer ist glücklich? Nicht
Ist's der faule Prasser,
Nicht der kalte Bösewicht,
Nicht der Menschenhasser!
Nur wer frei und tugendhaft,
Der ist glücklich, fröhlich;
Nur wer lernt und Gutes schafft,
Der ist fromm und selig!
Und drum laßt uns hier im Frei'n,
Mädchen Ihr und Knaben:
Lieben uns und glücklich sein,
Wie es Gott will haben!
Freuet Euch mit Herz und Mund
Seiner Himmelsgaben,
Und der ganze Menschenbund
Möge so sich laben!«
Nun ist eine Liebeslust,
Spielen hier und Springen,
Und aus froher Kinderbrust
Welch ein schönes Singen!
Selbst die Vögel groß und klein,
Die herbei nun ziehen,
Stimmen lieblich schmetternd ein
In die Melodieen.
Seht die Bäume, wie sie sich
Zueinander neigen!
Sie umarmen freundschaftlich
Sich mit ihren Zweigen!
Und die bunten Blumen auch
Schließen Liebesbündchen,
Küssen sich mit duft'gem Hauch
Auf das Knospenmündchen.
Singend durch das Paradies
Flattern weiße Tauben;
Glitzerbunte Kolibris
Zwitschern auf den Lauben;
Hochauf, unterm Schattendach
Blauer Fliederbüsche,
Springen in dem Silberbach
Tausend goldne Fische!
Und Kaninchen, zart und nett.
Walzen recht manierlich;
Störche tanzen Menuett:
Macht sich sehr possierlich!
Kleine Affen: hopp, hopp, hopp!
Mit den ernsten Fratzen,
Tanzen einen Hopp-Galopp:
Musici sind Katzen!
Patsch! da ist Herr Pez, der Bär,
Mit dem kurzen Schwanze;
Dick und schlump und plump und schwer,
Kommt er auch zum Tanze;
Doch kaum dreht er um sich – bumm!
Plauzt er hin mit Krachen,
Daß die Kinder ringsherum
Alle jauchzend lachen.
Dort im hohen Eichenrund,
Mit Jasmin-Verzierung,
Sitzt ein ernster Kinderbund:
Marzipans Regierung.
Kinder, von den Kindern all'
Ausgewählt, beraten,
Was für Stadt und Feld und Stall
Wohl die besten Taten.
Für die Freiheit schön und klug
Spricht Gesell Andreas;
Riekchen spricht zwar auch genug,
Doch ist Dorotheas
Rede und des Ladislaus
Reicher mehr an Weisheit;
Letzterer – hört den Applaus! –
Er gewinnt den Preis heut.
Hier ist Schauspiel und Konzert!
Aus der »Zauberflöte«
Singt der kleine Dagobert;
»Röslein rot« von Goethe
Singt Sidonie ungeziert,
Ohne alle Triller,
Und die Bertha deklamiert
»Ibykus« von Schiller.
Einen Kinder-Jubelchor,
Komponiert von Nanny,
Singen Emma, Theodor,
Molly, Bernhard, Fanny.
Bravo! Bravo! – Ha, ha, ha!
Na, was lachen die da?
Ei, verkleidet kommen da
Bruno an und Ida!
Ida zankt, als Jupiter,
Mit dem dicken Bruno,
Der ein komisches Geplärr
Anstimmt als Frau Juno.
Auf die Bühn' mit einem Satz
Springt der Müller Fritze,
Ist verkleidet als Bajazz
Und macht schlechte Witze.
Dann kommt noch als »Rein'ke Fuchs«,
Heuchelnd-fromm, lieb Käthchen;
Dann fährt Karl als »Bader-Luchs«
Los auf alle Mädchen,
Tut mit Zuckermilchschaum rasch
Ihr Gesicht beschmieren,
Zieht ein Messer aus der Tasch'
Und will sie barbieren!
Plötzlich!... Doch für heut ist's gut! –
Na, was brummt, was guckt Ihr
Mich so bös' an? Junge Brut,
Ruhig, nicht gemuckt hier!
Sapperment! Na, der Verdruß
Ist zu End', Ihr lacht nun?
So ist's Recht; gebt mir 'nen Kuß!
Schmatz, schmatz! Gute Nacht nun! |