Friedrich Gerstäcker
Die Wolfsglocke
Friedrich Gerstäcker

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In den Washita-Bergen Nordamerikas liegt der Schauplatz, auf den ich den Leser führen will. Dort in den wilden Tälern jener reizenden Hügelketten existiert noch der richtige Backwoodsman; schlicht und ehrlich, rauh und derb, aufopfernd in seiner Freundschaft, aber gefährlich in seinem Haß, und sein Leben großenteils von der Jagd, etwas vom Ackerbau und meist von der Viehzucht abhängig machend.

Die letztere wird ihm besonders durch das milde Klima jener Gegend, durch die grasreichen Hügel, durch die noch hier und da mit dichten Schilfbrüchen gefüllten Täler erleichtert, und wenig Mühe ist es, die ihn die Zucht einer oft nicht unbeträchtlichen Herde kostet. Dann und wann eine Handvoll Salz nahe bei seiner Hütte hingeworfen, eine häufige und regelmäßige Wanderung von einem der kleinen zerstreuten Trupps zum anderen, daß sie den Anblick des Menschen gewohnt blieben und nicht wild wurden – und der Sorgfalt, die er möglicherweise darauf verwenden konnte, war vollkommen Genüge geleistet.

Einen Feind aber hatte er, den er, so oft er ihm auch nachstellte und ihn mit Büchse und Falle unermüdlich verfolgte und zu vernichten strebte, doch nicht bewältigen konnte, einen Feind, der nachts in heulenden Scharen die ängstlich blökende Herde umschlich und manch kräftiges Kalb, ja sogar manch einzeln abschweifende Kuh – und wieviel Ferkel und junge Schweine! – überfiel, erwürgte und verzehrte – dieser listige, blutgierige und erbarmungslose Feind war der Wolf.

Durfte man es dem Backwoodsman verargen, wenn er seine ganze List und Jagdkenntnis anwandte, um solch schlauem und gefräßigem Dieb beizukommen? Aber so eifrig er auch auf der Lauer lag, so manche Nacht er, Moskitos und Holzböcken zum Trotz, in den Ästen irgendeiner knorrigen Eiche eingeklemmt hing und beim matten Mondlicht den scheuen Räuber durch angeschlepptes Aas herbeizulocken und zu belauern gedachte, so selten war er imstande, der höchst umsichtigen Bestie die tödliche Kugel in den Pelz zu schicken. Die Zahl der Raubtiere mehrte sich, trotz der unermüdlichen Nachstellungen, von Jahr zu Jahr, und im Verhältnis dazu wurden die Herden gelichtet, so daß wirklich etwas Ernstes geschehen mußte, wenn sich die Viehzüchter nicht genötigt sehen sollten, ihre Weidegründe, nur allein dieser Plage wegen, aufzugeben. – Und ein Hinterwäldler einem Wolf das Feld räumen? – Ei, Klapperschlangen und Poppkorn! Das wäre ja wahrhaftig eine Schmach und Schande für sein ganzes Leben gewesen.

Daß unter solchen Umständen derjenige, der die meiste Geschicklichkeit auf der Jagd bewies, auch der geachtetste der Jäger war, versteht sich wohl von selbst, und so geschah es auch, daß sich Benjamin Holik, der erst seit kurzer Zeit aus Missouri heruntergekommen war, in kaum einem halben Jahr, wo er allein mit seiner Büchse siebzehn der Bestien erlegt hatte, den Ehrennamen ›Wolfs-Ben‹ verdient hatte und bald für den besten Wolfsjäger im ganzen Revier galt.

Wolfs-Ben war auch noch außerdem ein gar stattlicher und wackerer Bursche. Gut seine sechs Fuß hoch, mit wahrhaft riesigen Schultern und Armen und einer Kraft, der es keiner der doch sonst gewiß nicht schüchternen Hinterwäldler gewagt hätte, im Einzelkampf zu begegnen, zeigte er sich sonst in seinem ganzen Wesen als der gutmütigste, verträglichste und gefälligste Freund. – Mit einem guten Wort ließ sich von ihm alles erlangen, die vorletzte Ladung Pulver gab er her und den letzten Bissen, den er in seine Decke gewickelt bei sich trug; dabei war er der trefflichste Gesellschafter, wußte Unmassen der abenteuerlichsten Geschichten zu erzählen, half, wo er einmal irgendwo übernachtet, mit unermüdlichem Fleiß Feuerholz schlagen und zum Haus schaffen, den Mais in der Stahlmühle mahlen, die Tiere versorgen usw., und hatte sich dadurch, sowohl wie durch sein männlich schönes Äußeres, die Herzen sämtlicher Frauen der Ansiedlung dermaßen gewonnen, daß er die übrigen jungen Burschen wahrhaftig zur Verzweiflung brachte und schon anfing, trotzdem daß er noch keinem auch nur eines Strohhalms Hindernis in den Weg gelegt, recht tüchtige Feinde unter ihnen zu zählen.

So still und ruhig aber Ben dabei seinen Weg ging und anscheinend harmlos in den Tag hineinlebte, so hatte er doch auch die Augen weit genug offen und wußte selber am besten, unter welchem Dach er am liebsten schlief, in welche Augen er am unermüdlichsten schauen konnte, und wo ihn – nicht das freundlichste Gesicht, denn die Mädchengesichter bewillkommten ihn alle freundlich – wohl aber das süßeste Erröten begrüßte, daß ihm bis jetzt noch stets das Blut in rasender Schnelle durch die Adern gejagt.

Doch ich will dem Leser keine langen Rätsel aufgeben, die er jedenfalls schon eine Weile vorher erraten hätte. Benjamin Holik liebte – wie nur seine treue, einfache Seele lieben konnte – so recht aus Herzensgrunde Robert Suttons liebliches und einziges Töchterlein, und die einzige und alleinige Sorge, die ihn dabei quälte, war, daß Sutton, der die größte Farm und Baumwollplantage unten am Washita und Red River besaß und im Sommer hier nur eigentlich seiner Herden und seiner Gesundheit wegen in die Berge zog, für einen sehr reichen und – was noch schlimmer war – geizigen Mann galt, und er – armer Teufel! – weiter nichts auf der weiten Welt besaß als seine Büchse, sein Messer und seinen Körper. Sein braves, ehrliches und treues Herz schlug er dabei gar nicht an, und doch war das die kostbarste Perle, die in ihrer Umhüllung nur wie in einer weit minder wertvollen Schale saß.

Ben hatte aber schon oft und lange und nicht selten mit recht trüben Sinnen darüber nachgedacht, wie er es eigentlich anfangen sollte, um etwas Geld zu verdienen und einen kleinen ›Start‹ wenigstens zu haben, mit dem er beginnen könne – denn sich um Arbeit auszudingen und langsam und mühsam Dollar nach Dollar in schwerer Tages- und Monatsarbeit zu verdienen, das schien ihm ein viel zu langer und weitläufiger Weg und hätte ihn seinem Ziel auch wohl nun und nimmermehr entgegengeführt. Und doch war es nötig, denn er wäre nicht der erste Freier gewesen, dem der alte Sutton, seiner ärmlichen Verhältnisse wegen, einen Stuhl vor die Tür gesetzt. Und wo zeigte sich ihm in dem einfachen, ruhig dahinfließenden Waldleben eine Gelegenheit, so einmal mit raschem Schlag das Glück beim Schopf zu erfassen – und zu halten?

Er wurde immer nachdenklicher und schwermütiger, mied die geselligen Wohnungen der Ansiedlung, trieb sich Tag und Nacht draußen im Wald herum und hatte als einzigen Gewinn die Skalpe der erbeuteten Wölfe, die ihm der Staat allerdings mit drei Dollar Prämie per Stück vergütete, die aber immer noch zu keiner Summe anwachsen wollten, um auch nur einigermaßen seine Ansprüche auf der holden Betsy Hand zu begründen.

In dieser Zeit etwa war es, daß der alte Sutton einmal einen kleinen Abstecher nach Texas gemacht und dort von ebenso abgeschieden wohnenden Viehzüchtern ein Mittel gehört hatte, um die Wölfe aus einer Gegend, in die sie sich gezogen und wo sie überhandgenommen hätten, vollkommen zu vertreiben.

Dies bestand einfach darin, daß sie vorher einen Wolf lebendig fingen, ihm dann eine Glocke wie einem Pferd um den Hals schnallten und ihn – ruhig wieder laufenließen. Der Wolf kehrte hiernach natürlich, so rasch er konnte, zu seinem Rudel zurück; dort aber hörten sie kaum die fremdartige Schelle, als sie auch scheu vor dem früheren Kameraden die Flucht ergriffen und in wilder Eile einem so unheimlichen Gegenstand zu entkommen suchten. In jedes Versteck, das sie annehmen, folgt ihnen nun der beglockte Wolf, dem es mit dem unbequemen Riemen um den Hals und dem ewigen Gebimmel unter seiner Kehle selber unheimlich wird, wenn er sich allein sieht. Er glaubt Schutz unter den Brüdern zu finden, schüttelt sich, wälzt sich, springt, schwimmt, kurz, tut alles Mögliche, um seine Qual loszuwerden, und ist besonders darüber aufs äußerste empört, daß er nicht mehr wie früher so leise und geräuschlos seine Beute beschleichen kann, sondern sich jedesmal selbst gleich durch lauten Glockenklang verraten muß, und flieht nun, hat er das eine Rudel förmlich verjagt, zu einem anderen, treibt auch dieses aus den Bergen, die er sich selber bis dahin zum Wohnort gewählt, und sieht sich endlich – was er aber auch nur im äußersten Fall und erst dann tut, wenn er wirklich ganz allein zurückgeblieben ist – genötigt, selbst einen anderen Jagdgrund zu suchen, da auch die Herden sich bald den Ton der Glocke merken und nicht selten in fest geschlossener Phalanx den nächsten Ansiedlungen zustürmen, sobald sie den klingenden Feind nur nahen hören.

Der Versuch mußte auch am Washita gemacht werden; Sutton kehrte rasch dorthin zurück, beriet sich mit sämtlichen benachbarten Farmern und kam mit ihnen dahin überein, daß sie eine Prämie von zwanzig Dollar darauf setzen wollten, einen Wolf lebendig überliefert zu bekommen, so daß sie ihm selber die Glocke umschnallen und ihn dann wieder ins Freie hinauslassen konnten.

Der Preis ließ sich aber gut setzen! Die Wölfe waren schlauer als die Jäger, und wenn besonders Ben auch manchen Skalp einbrachte, so schien es doch selbst ihm unmöglich zu sein, einen der schlauen Schurken wirklich unbeschädigt und lebendig zu erhaschen, denn die Fallen, die er stellte, blieben leer, und in den Fallgruben, die er auswarf, fingen sich nur der Nachbarn Rinder und Schweine.

Da es ihm nicht gelang, waren die übrigen Jäger noch weit weniger dazu imstande, und der auf einen lebendig eingebrachten Wolf gesetzte Preis stieg endlich, da die Farmer jetzt auch hitzig wurden und den Versuch unter jeder Bedingung, und zwar sobald als möglich, zu machen wünschten, bis zu der für den Wald ungemein hohen Summe von zweihundert Dollar empor.

Das war ein Sporn für unseren Benjamin. Zweihundert Dollar, alle Wetter, damit konnte er sich eine vollkommen eingerichtete kleine Farm mit einem mäßigen Rinder- und Schweineanfang kaufen – und Betsy – ei, wer weiß, ob sich der Alte nicht dann doch noch überreden ließ, wenn er nur erst einmal den schwarzen Burschen einbringen und überliefern konnte! Zeit durfte er übrigens dabei auch nicht im geringsten verlieren, denn der Preis hatte natürlich alle Jäger der ganzen Umgegend auf die Füße gebracht, und überall im Wald hallten die Axtschläge der Männer wider, die sich kleine Baumstämme fällten, um damit die einzig mögliche Art von Fallen zu errichten, die man dort kannte, um eine solch wilde Bestie wirklich unbeschädigt zu fangen. Stahlfallen durften nämlich nicht angewandt werden, da diese jedenfalls den erfaßten Lauf verwundet, vielleicht gar zerschmettert hätten und die Prämie nur ausdrücklich für ganz gesunde Wölfe garantiert wurde.

In dieser Zeit etwa war ein Besuch in die Hügel gekommen, der unseren armen Benjamin Holik bald auf das Bösartigste beunruhigen – ja, was noch schlimmer war – ihm wirklich gefährlich werden sollte. Es war dies niemand anderes als ein sogenannter ›Vetter‹ von Sutton, ein ›Städter‹ mit blauem Tuchfrack, blanken Knöpfen und ›Strippen‹ an den Hosen. Jesus, wie die Kinder lachten, wenn er irgendwo in ein Haus kam und sich niedersetzte; wie sie sich dann mit den schmutzigen Gesichtern zusammendrückten, miteinander flüsterten, dann einen scheuen Seitenblick nach den ›Strippen‹ warfen, plötzlich in ein lautes, mit aller Mühe nicht zu unterdrückendes Gelächter ausbrachen und wild und toll aus dem Haus stürmten! Das blieb sich aber gleich, die Kinder waren dumme Bälger, die noch nichts von der Welt verstanden und am wenigsten beurteilen konnten, ob an einem Mann wirklich etwas sei oder nicht; – und an diesem war jedenfalls etwas, denn sein Onkel galt für einen der reichsten Pflanzer in Alabama und hatte nur den einzigen Erben. Ist es da ein Wunder, daß ihn der alte Sutton freundlich aufnahm, wie den eigenen Sohn behandelte und sich und sein ganzes Haus (die Hand der Tochter damit eingerechnet) zu seiner Disposition stellte?

Mr. Metcamp schien denn auch recht gut einzusehen, welch ein Schatz ihm hier geboten wurde, und wenn ihn auch die junge Dame selber scheu und in der Tat absichtlich vermied und ihm auf jede nur mögliche Art zu verstehen gab, es sei ihr an seinen Artigkeiten nicht das mindeste gelegen, so war er – in New Orleans selber auferzogen – keineswegs der Mann, der sich durch solch ›ländliche Sprödigkeit‹ hätte so rasch und leicht abschrecken lassen. Er wußte sich vor allen Dingen klugerweise bei dem Vater in festeste Gunst zu setzen, lauerte dem alten Mann bald seine Schwachheiten ab und machte ihn in kürzester Zeit glauben, er sei der beste Jäger, der unerschrockenste Reiter und überhaupt das mutigste Herz, das nur je unter einem ledernen Jagdhemd geschlagen, also unter seinem blauen Tuchfrack doppelten Wert haben mußte, und wußte dabei den schlichten Hinterwäldler durch seine Gelehrsamkeit und sein tiefes Wissen – lauter solche Sachen, von denen dieser bis jetzt noch nicht einmal eine Idee gehabt – so zu verblüffen, daß Sutton endlich schwor, Mr. Metcamp sei der ›smartest‹ und beste Mann in der ›range‹, und wenn seine Tochter ihm nicht ihre Hand geben wolle, so bekäme sie es mit ihm selber, ihrem Vater, zu tun.

Betsy machte bei einer – der ersten – heimlichen Zusammenkunft mit dem Geliebten diesen mit allem bekannt, was ihr das Herz abzudrücken drohte, erklärte ihm, nicht ohne ihn leben zu können und behauptete, das unglücklichste Wesen zu sein, das die Erde trüge. Benjamin war vollkommen damit einverstanden, hielt der Geliebten Hand fest in der seinen, schaute ihr mit recht wehmutsvollen Blicken in die treuen Augen und sagte endlich mit leiser, zum Trost bestimmter – aber ach! – des Trostes selber sehr bedürftiger Stimme:

»Liebe Betsy, verzage nicht – es wird schon noch alles gutgehen. – Sieh, ich habe die ganze Nacht gearbeitet und viele neue Fallen aufgestellt und auch in alle schon treffliche Lockspeise gelegt; fang ich selber den Wolf, dann hab ich ein kleines Kapital und kann nachher sagen: ›Nachbar Sutton, ich möchte Eure Tochter zum Weib und bin imstande, ihr gleich ein freundliches Dach zu bieten, so daß ich Eurer Hilfe dabei gar nicht weiter bedarf!‹ – Und wenn er dann hört, daß du, Betsy, mir wieder so recht von Herzen gut bist...«

»Ach, du wirst gar nicht den ersten Wolf fangen können!« sagte Betsy unter Tränen. »Der häßliche Fremde hat dem Vater den ganzen Abend von weiter nichts als den neuerfundenen Fallen erzählt, die er hier anwenden will der kennt gewiß lauter neue Schliche und Pfiffe, wie sie in den Städten ausgedacht werden, und wird dir auch da am Ende störend in den Weg treten.«

»Laß nur sein, mein Herz!« beruhigte sie, jetzt aber wirklich in stolzem Selbstgefühl lächelnd, der Jägersmann. »Darum sorge dich nicht – wo's in den Wald schlägt und mit wilden Bestien zusammenhängt, da laß sie in den Städten getrost sinnen und grübeln: In der Ausführung sollen sie's uns hier schon nicht zuvortun, oder – es ist unsere eigene Schuld und wir haben's nicht besser verdient. Da du mir jedoch sagst, mein Kind, daß er auch von der Jagd etwas zu verstehen vorgibt, so kommt er mir da auf einen Boden, wo ich ihm meinen Mann stehe, und siehst du, jetzt – ich weiß selber nicht, wie das so eigentlich gekommen ist – hab ich auf einmal weit mehr Mut und Selbstvertrauen als vorher. Bleib du mir nur hold, du gutes Kind! Zwingen kann dich der Vater zur Heirat doch nicht, und wenn er erst findet, daß ich dich nur zu meinem lieben Weib haben will, weil ich einmal nicht ohne dich leben kann und keineswegs seines Geldes und Gutes wegen, ei, so wird er auch einsehen, daß ihm ein solcher Schwiegersohn mehr Ehre bringt als der geschniegelte Städter, und vielleicht bekomme ich dann noch ein recht herzliches ›Ja‹ von ihm.«

Es lag so eine freudige, vertrauensvolle Zuversicht in den Worten, daß sie selbst der mutlosesten Jungfrau neue Hoffnung gab. Durch das Gerücht von des Fremden Kenntnis im Fallenstellen war aber auch Benjamin aufgereizt worden, seine Anstrengungen zu verdoppeln, daß er nicht etwa durch Lässigkeit sein ganzes Glück versäume. Einen fast fröhlichen Abschied nahm er von dem schwermütigen Mädchen, küßte ihm die tränenden Augenlider, schulterte seine Büchse und wanderte frisch und getrost in den dunklen Wald hinein.

 

Die Fallen, die Ben Holik für Wölfe stellte, befanden sich alle ziemlich in der Nähe der Ansiedlungen, da die wilden Bestien die bewohnten Plätze, wohin sich das Vieh abends zurückzog und wo auch die saugenden Sauen ihre Betten hatten, am liebsten aufsuchten. Eine besonders, auf die er seine meiste Hoffnung setzte, da sie nicht weit von einem Wechselpfad der Wölfe zwischen zwei Hügelrücken lag, war mit außerordentlicher Sorgfalt hergerichtet und so gestellt, daß sie von den Wölfen gesehen werden mußte. Ebenso steckte die treffliche Lockspeise, die ganze Keule eines erst gefallenen Pferdes, daran, und den Vorteil hatte sie noch außerdem vor den übrigen, daß er nicht jedesmal, wenn er nachsehen wollte, ob sich etwas gefangen habe, dicht hinzugeben brauchte, wo er gezwungen gewesen wäre, Spuren zurückzulassen, sondern von einem nicht fernen, ziemlich steilen Hügelrücken aus, der dort in eine starre Felsspitze vorragte, mit seinen Adleraugen den ganzen Platz recht gut übersehen konnte. Ließ sich dann auch nicht gleich bestimmen, ob sich etwas gefangen hätte, so ließ sich doch recht gut erkennen, ob die Falle noch aufgestellt oder niedergeschlagen wäre.

In der Nacht mochte er freilich den Ort nicht stören, deshalb ging er jetzt geradenwegs zu seinem Lagerplatz, den er sich, bis er sein Ziel erreicht, in den Bergen aufgeschlagen, entzündete dort sein Feuer wieder, verzehrte sein einfaches Abendbrot, rollte sich in seine Decke und war bald sanft und süß, jeder weiteren Anstrengung für diese Nacht entsagend, eingeschlafen.

Am Morgen bedurfte er des Hahnenschreis nicht, um munter zu werden. Sowie der ›Whip-poor-will‹ seine ersten klagenden Laute wieder hören ließ, sprang er auf, kochte seinen Kaffee, den jeder Jäger gebrannt und gemahlen in einem Leinwand- oder Ledersäckchen bei sich führt, und erwartete nun ungeduldig den ersten matten Dämmerschein, der sich im Osten zeigen würde. – Endlich, endlich kam das diesmal so heißersehnte Licht, mit dem sich der Wolf jedesmal wieder in seine bestimmten und gewöhnlich unzugänglichen Schlupfwinkel zurückzieht. Und vorsichtig, dürre Äste und brechendes Holz meidend, damit das Geräusch nicht etwa noch in der Nähe weilende Bestien aufscheuche, kroch er in der Tat mehr als er ging dem Felsen zu, der ihm zur hohen Warte diente.

Jetzt hatte er ihn erreicht – jetzt konnte er den flachen, eben von grauem Licht kalt durchgossenen Fleck überschauen – beim Himmel, der ungewisse Schein mußte ihn täuschen – er vermochte das aufgestellte Dach der Falle nicht mehr zu erkennen. – War sie – war sie niedergeschlagen?

Das Herz schlug ihm in fieberhafter Ungeduld, und gewaltsam fast bezwang er sich, um den heller heraufbrechenden Morgen abzuwarten, ehe er seine Fährte dem Talgrund einpresste.

Aber lange hielt er es so nicht aus; weder Ruh' noch Rast ließ ihm die Ungeduld, und je mehr er jetzt den Blick anspannte, um die Gegenstände unter sich zu erkennen, desto deutlicher wurde ihm die Tatsache und der Zweifel endlich zur Gewißheit. Die Falle war wirklich zugeschlagen, und es mußte also ein Wolf in ihr stecken, denn die Kühe, die manchmal sehr zum Ärger des Jägers und ihrem eigenen Schrecken die Stützen umstoßen, kamen gar nicht in dies felsige, grasleere Tal hinunter.

»Betsy!« Das war der einzige Laut, den er, sich selbst vielleicht unbewußt, ausstieß, als er mit flüchtigen Füßen den Talgrund hinab- und der Stelle zuflog, wo im Schatten dichter Sassafras- und Spicebüsche, gar schlau in einen wilden Haufen des dort von dem manchmal reißend geschwollenen Bergstrom hingeschwemmten Holzes hineingestellt und von dem klar vorbeisprudelnden Wasser bespült, die Falle stand.

»Hurrah!« Er konnte sich nicht helfen, er mußte seinem Jubel wenigstens in einem recht herzlichen, recht aus tiefster, innerster Seele kommenden Aufschrei Luft machen. Und er hatte auch wahrlich Ursache, darüber zu jauchzen, denn in der Falle saß, scheu und verschämt, als ob er sich genierte, bei dem heller und heller heraufdämmernden Tageslicht hier noch ertappt zu sein, ein prachtvoller, rabenschwarzer männlicher Wolf, und die Augen funkelten dunkelglühend zwischen den wohl eine Handbreit auseinander liegenden Stämmen nach dem grimmigsten Feind durch, dem er in diesem Teil des Waldes hätte in die Hand fallen können – dem jungen Jägersmann entgegen.

»Siehst du, Bestie«, sagte aber der, »so habe ich dir endlich das Handwerk gelegt, du alter grauer Sünder – wirst die anderen wohl gestern von der gefundenen und so vortrefflich geglaubten Beute weggebissen haben und sitzt jetzt in der beneidenswertesten Lage von der Welt hinter Glas und Rahmen. Nun warte nur, dir ist noch weit besserer Spaß aufbewahrt. Ans Leben geht es dir allerdings nicht gleich, wenn du aber nur erst einmal mit der Glocke um den Hals spazierenläufst, wirst du schon finden, was es heißt, in Ben Holiks Hände geraten zu sein.«

Der Wolf fletschte, als er sich nach der Falle hinunterbog, ingrimmig die Zähne gegen ihn, behauptete aber seinen Platz und schien, wie ein ärgerlicher Hund, nur einen Angriff zu erwarten, um gleich zufahren zu können. Ben dachte aber gar nicht daran, ihn weiter zu reizen, sah nur noch einmal lächelnd nach ihm zurück und rief:

»Bin dir nicht böse, alter Bursche; bist zwar ein gar unwirsch aussehender Brautwerber, sollst mir aber doch zur Braut verhelfen, und da müssen wir schon gute Freunde mitsammen bleiben.«

Und einen fröhlichen Gruß dem Gefangenen hinüberwinkend, warf er seine Büchse über die Schulter und sprang in flüchtigen Sätzen den ziemlich steilen Abhang der Schlucht hinauf, um die Ansiedlung auf dem geradesten Weg und so rasch als möglich zu erreichen, damit er von dort aus gleich Hilfe herbeiholen könne, um dem wilden Burschen das Halsband mit der Glocke umzulegen und ihn dann wieder – hei, wie er springen würde! – frank und frei laufenzulassen.

So hatten die Männer der Ansiedlung (die sie, um ihr doch eine Art Stadtnamen zu geben, ›Woodville‹ getauft, obgleich sie nur aus drei Häusern und zwei Ställen bestand) den jungen Jägersmann noch nie gesehen. Jubelnd und jauchzend kam er in Suttons Haus gesprungen, umarmte in Ermangelung der Tochter den alten Sutton selber und schwatzte eine solche Menge tolles Zeug von Wölfen, Skalpen, Farmen, Glocken, Stricken und Holzhaufen, daß eine Art Gerücht, Wolfs-Ben sei wahnsinnig geworden, schon wirklich anfing, Glauben zu gewinnen.

Nach und nach klärte sich aber die Sache auf, und der alte Sutton erfuhr kaum, um was es sich handle, als er auch selber mit fast ebensolchem Eifer darauf einging und jetzt nur bedauerte, daß Metcamp den Augenblick nicht gegenwärtig wäre, da er ebenfalls die Nacht im Wald gewesen sei, um sein Glück zu versuchen.

»Hallo, jetzt bekommen wir am Ende gar zwei!« lachte der Alte endlich, während er seine Büchse vom Nagel nahm und die Kugeltasche umhing. »Metcamp hatte verdammt gute Aussichten und scheint seiner Sache ziemlich gewiß zu sein. Nun, das schadete nichts; dann teilt ihr die Prämie, und zwei Wölfe wären am Ende immer noch sicherer als einer. Ist Eurer denn ein Wolf?«

»Ei, und solch ein derber Bursche, wie nur je einer ein Kalb zerrissen hat!«

»Vortrefflich, vortrefflich! Nun so kommt, Benjamin, und du, Scip, kommst gleich mit den anderen beiden nach. Wo ist's denn? An der Froschquelle, sagtet Ihr?«

»An den Wassern der Froschquelle, etwa sechshundert Schritt von dem scheidenden Bergrücken und gerade da gegenüber, wo des ›Teufels Kanzel‹ über den Bach hängt.«

»Nun, da könnt Ihr ja gar nicht fehlen – also die Stricke und den Sack – habt Ihr das Halsband, Ben?«

Der junge Mann bejahte es, klingelte mit der kleinen Glocke und schien selber die Zeit nicht erwarten zu können, wo sie wieder aufbrechen würden, um seine Siegestrophäe in Empfang zu nehmen.

Mit raschen Schritten wanderten die beiden Männer den schmalen Pfad entlang, der von der Ansiedlung aus in den Wald lief, verließen diesen aber bald darauf wieder, um eine nähere Richtung einzuschlagen, und benutzten einen von den Hügeln hin auszweigenden Abhang, der in leiser Niederdachung den Wassern der Froschquelle zuführte.

»Aber Ben, Ihr habt ihn doch auch sicher?« fragte da Sutton, ganz plötzlich stehenbleibend, und sah den jungen Jägersmann mißtrauisch dabei von der Seite an. »Ihr wart mir heute morgen so – so kreuzfidel – es ist zwar noch etwas früh – ich hoffe doch nicht, daß Ihr mich etwa zum Narren haltet?«

Ben Holik lachte, als ob er im Leben nicht wieder zu sich selber kommen wollte, und schüttelte das Halsband, das er in den Hand trug, dermaßen, daß der Ton hell und klingend durch den Wald tönte.

»Hahahaha – das ist kostbar! Nein, Sutton – das ist wirklich kostbar! Jetzt – jetzt fällt Euch auf einmal ein, – hahaha – daß ich Euch könnte – hahaha – angeführt haben!«

»Mr. Holik...!«

»Nein, lassen Sie's gut sein, Sir«, sagte der Jäger, plötzlich seine Fröhlichkeit zügelnd, da er sah, wie ernst der alte Mann die Sache zu nehmen schien. »Sie dürfen aber wahrlich nicht bös darüber sein, wenn ich vielleicht ein bißchen zu munter bin – es freut einen doch am Ende, so einen verwünschten Kälberdieb, der so oft und schlau jeder Versuchung widerstanden hat, zuletzt doch noch überlistet zu haben. Wir müssen übrigens gleich an Ort und Stelle sein; da drüben seh ich schon die Kiefern der Teufelskanzel über das andere Schwarzholz hervorragen, und gleich dort unten, wo der Hickory über die enge Schlucht gestürzt ist, liegt das Triftholz, wo meine Falle steht. Die Neger werden den Platz doch finden?«

»Scipio kennt jeden Fußbreit Boden hier«, sagte Sutton. »Also hier unten steckt die Bestie; nun warte, mein Schatz, du sollst deinen Kameraden so lange Musik vormachen, bis ihnen vor lauter Bimmeln die Ohren klingen. Hört Ben, dies ist ein nichtsnutziger Weg hier, wir sind auch wohl gerade auf den steilsten Fleck gekommen – nun Ben? – Wollen wir noch ein bißchen? – Was habt Ihr denn zu gucken?«

Der junge Mann war auf einen umgefallenen Baumstamm getreten, hatte mit der Linken den niederhängenden Ast einer jungen Buche gefaßt und schaute mit starrem, unverwandtem Blick die Schlucht hinab in die Tiefe – erwiderte aber kein Wort.

»Nun, Ben? – Was gibt's? – Ihr wißt wohl selber nicht mehr recht, wo Ihr daheim seid?« rief der Farmer und sah ungeduldig nach ihm zurück. »Wir sind wohl in der falschen Schlucht?«

Ben Holik erwiderte keine Silbe; nur bleichen Angesichts und keines Wortes mächtig, deutete er nach einem wirren Haufen wild übereinandergestürzter dürrer Äste und Stämme, zwischen dem das scharfe Auge des alten Mannes gar bald das rauhe viereckige und massive Gestell einer zugeschlagenen Wolfsfalle, wie sie in den Wäldern eben üblich ist, erkannte.

»Meiner Seel', an den falschen Kasten geraten«, brummte der Greis, nachdem er sich durch einen zweiten Blick überzeugt hatte, daß die Falle leer sei, »na, das fehlte auch noch, jetzt können wir die steile Partie wieder hinaufmachen.«

Er wandte sich, um den Berg wieder emporzuklimmen, hier aber fiel ihm das verstörte, wilde Aussehen des eben noch so fröhlichen Jägers auf, und als er schon den Mund öffnete, um ihn zu fragen, was ihm fehle, hörte er die halblaut und heftig ausgestoßenen Worte desselben:

»Sie ist leer!«

»Da unten in der hat der Wolf gesessen?« fragte der alte Farmer rasch und erschreckt.

»Dort unten«, lautete die monotone Antwort des aus seinen Himmeln erbarmungslos Niedergeschmetterten.

»Na, das ist eine schöne Geschichte«, murmelte Sutton, klomm, so rasch dies eben gehen wollte, und sicherlich viel rascher, als er am Anfang beabsichtigt, den steilen Hang hinunter und stand gleich darauf vor der allerdings leeren, aber heruntergeschlagenen Falle.

Das Fleisch im Inneren war augenscheinlich nicht berührt, eine Art Wolfsgeruch glaubte er aber selber zu wittern, und bei genauerer Untersuchung entdeckte er an dem einen rauhen Balken sogar einzelne weiße Bauchhaare, die kaum von einem anderen Tier als einem Wolf herrühren konnten. Wo aber war dieser hin verschwunden? Denn daß er sich sollte unter der schweren Klappe vorgearbeitet haben – Sutton stemmte seine Schultern darunter und suchte sie emporzuheben, er war kaum imstande – schien rein unmöglich.

Während er noch so beschäftigt war, stieg Benjamin Holik langsam und schweigend zu ihm nieder, stellte seine Büchse an den nächsten Baum, legte Halsband und Glocke daneben und trat dann dicht zur Falle heran, die er, ohne sie jedoch zu berühren, auf das aufmerksamste und genaueste betrachtete.

»Und Ihr habt heute morgen wirklich einen Wolf darin gefangen gehabt?« fragte Sutton nach längerer Pause, während er trotz des Beweises der gefundenen Haare ungläubig dabei mit dem Kopf schüttelte.

»Ich gebe Euch mein Ehrenwort«, sagte Ben tonlos, »ein starker männlicher Wolf steckte in der Falle, als ich vor kaum einer Stunde diesen Platz verließ. Drei Wölfe hätten aber nicht Kraft genug gehabt, diese Balken emporzuheben und darunter vorzuschlüpfen, und wenn ihnen das wirklich gelungen wäre, so müßte wenigstens die Hälfte ihres ganzen Pelzes an der rauhen Rinde dieser Stämme hängengeblieben sein.«

»Das dachte ich eben auch«, sagte Sutton, »und Ihr wißt gewiß, daß es auch wirklich ein Wolf...«

»Nun, zum Henker!« rief der Jäger, dem der Ingrimm über die getäuschte Erwartung auch endlich durch das sonst überhaupt nichts weniger als geduldige Hirn zu blitzen begann. »Ich werde doch einen Wolf von einem Stück verendeten Pferdes unterscheiden können? Aber da – seht hier – und – und überzeugt Euch selber.«

Noch während er sprach, sprang er plötzlich auf die Falle zu, warf mit einem Ruck seiner gewaltigen Kraft die Klappe zurück, als ob's ein loses Brett gewesen wäre, und schwang sich mit einem Satz über die niedere Wand ins Innere.

»Da!« rief er, während er vor sich auf den feuchten Boden niederzeigte. »Da und da – und da sind die Spuren der Bestie, wenn Ihr denn meinen Worten nicht mehr glauben wollt; hier ist die Stelle, wo sie die Fänge in die Lockspeise einschlug, als die Klappe wahrscheinlich zufiel. Wollt Ihr mehr Beweise, daß ich Euch nur eine Tatsache verkündet und nicht etwa eine – Lüge in den Bart geworfen habe? Pest und Gift! Das hat mir einer der schleichenden Halunken, die mich in der Ansiedlung immer nur so scheu von der Seite anblinzeln, wenn ich einmal hinaufkomme, zum Possen getan. Herausgelassen, mutwillig herausgelassen ist das Raubtier, und weiß es Gott, dem, der seine Hand in so schändlicher Art an Ben Holiks Eigentum gelegt hat, wäre besser, er hätte den Washita in seinem Leben nicht gesehen, als daß er mir, hab ich ihn erst aufgespürt, wieder vor die Augen käme!

»Hm, das ist eine wunderliche Geschichte!« brummte der Alte. »Wer zum Henker soll sich die Mühe geben, Euch die Wölfe aus der Falle zu lassen? Und müßte er nicht die ganze Nacht gerade hinter Euch hergekrochen sein, um den einzigen Zeitpunkt, wo er es unentdeckt tun konnte, so genau abzupassen?«

Ben erwiderte nichts, sondern stieg aus der Falle und suchte auf dem Holz nach irgendeinem Zeichen, das ihn vielleicht hätte auf die richtige Spur bringen können. Das trockene Holz bot seinem Auge aber nichts, von dem geleitet es hätte weiter forschen können – nur die Spuren von Haaren entdeckte er bald, auch die Fährten des Raubtieres, wo es vom letzten Stamm hinab auf die weiche Erde gesprungen und dann wieder die andere Seite der Schlucht hinauf in geradester Richtung seinen Schlupfwinkeln zugeflohen war. Nirgends ließ sich dabei die Spur eines menschlichen Fußes erkennen – nur ein paar unnatürlich tief in die Erde eingedrückte Steine, die der Blick des Jägers bald erkannte, lenkten seine Aufmerksamkeit auf sich: Sie waren, selbst da wo sie mit Erde bedeckt lagen, vollkommen trocken. Der, der sie eingetreten, mußte also erst vor ganz kurzer Zeit hier herübergeschritten sein.

Holik zeigte sie dem alten Mann, und dieser gab auch zu, daß es ihm selber so vorkäme, als ob da jemand gegangen sei, an die Erkennung einer genaueren Fährte war aber nicht zu denken. Oben auf dem Hügelkamm zog sich ein starrer Felsstreifen meilenweit über den Berg hin und zweigte überall in rauhe, steinige Schluchten aus. Wem hier daran gelegen war, seine Spur zu verheimlichen, konnte das leicht genug, und die beiden Männer sahen sich auch endlich genötigt, jeden derartigen Versuch als nutzlos aufzugeben.

Die Neger wurden zurückgeschickt, und Sutton folgte ihnen selber in keineswegs rosiger Laune allein, denn Ben Holik wollte jetzt vor allen Dingen den Wald nach der Richtung hin durchstreifen, wohin die mutmaßlichen Fährten liefen, möglich doch, daß ihm sein gutes Glück – er stampfte mit dem Fuß, als er die Worte sprach – den Täter gerade in den Weg führte.

Er fand nichts – den ganzen Tag durchkreuzte er den Wald, und als er abends müde und matt in die Ansiedlung zurückkehrte, mußte er noch ertragen, daß man ihn bemitleidete und sich, anscheinend teilnehmend, in der Tat aber nur neugierig, nach den näheren Umständen erkundigte; ja, Metcamp erbot sich sogar höchst freundlich, wieder mit ihm zu gehen und die Spur noch einmal aufzunehmen. Er hätte, wie er selber dem alten Sutton versicherte, eine ungeheure Übung im Fährtefolgen und war überzeugt, er könne ihr nachgehen. Ben Holik aber hielt sich, was den Wald betraf, für einen ebenso guten Mann wie irgendeinen, dessen Füße je in Mokassins steckten, und lehnte das Anerbieten artig wohl, aber rundum ab.

Dieser Metcamp hatte für ihn etwas Unheimliches in Blick und Ton. War er selber so parteiisch oder eifersüchtig, ohne allen sonstigen Grund den Menschen zu hassen, und wäre es nicht...?

»Verzeih mir Gott die Sünde!« unterbrach Ben selber seine Gedanken, als er wieder zum Wald zurückschritt, denn Betsy konnte und wollte er in diesem Zustand von Aufregung und getäuschter Hoffnung nicht vor die Augen kommen. »Verzeih mir Gott die Sünde, daß ich von einem Menschen, der mir bis jetzt wissentlich noch kein Leid getan hat, Unrechtes denke, aber dieser Metcamp kommt mir immer vor wie mein böser Geist, und wenn es einen Menschen in der weiten Gotteswelt gäbe, dem ich den Bubenstreich zutrauen möchte – so ist es der. Aber warte, mein Bursche, bist du's gewesen, so hast du ein Paar so scharfe Augen auf deiner Fährte, wie sie in der Ansiedlung nur zu finden sind, und wer weiß dann, ob wir nicht noch einmal ein paar Worte im Vertrauen reden!«

Ben war ein seelenguter und schwer zu kränkender Mann – wie es fast alle kräftigen, kernigen Naturen von so riesigem Körperbau sind – aber leichenbleich färbte ihm doch der Zorn die Wangen, als er den Ort wieder erreichte, wo er das Ziel seiner Wünsche, nach dem er wochenlang gestrebt, endlich gefangengehalten, und wo dann ihm eine tückische Hand den Becher, den er gerade zum Mund führen wollte, entrissen und zu Boden geschleudert hatte. Was aber half ihm der ohnmächtige Zorn – er fand keine weiteren Anzeichen; die Spuren des Geflohenen waren so schlau verdeckt, daß er anfing, es dem geschniegelten Städter nicht einmal mehr zuzutrauen, und seinen Verdacht von einem zum anderen der jungen Leute unter seinen Bekannten schweifen ließ, die, wie er recht gut wußte, ihn um sein Glück bei Betsy beneideten und ihn dadurch vielleicht abhalten wollten, ihre Hand zu erringen. Es blieb aber auch immer nur wieder bei dem Verdacht; eine Gewißheit konnte er auf keiner Seite erlangen.

Das Schlimmste bei der Sache war übrigens auch das noch, daß ihm diese seine beste Falle dadurch für eine geraume Zeit unbrauchbar geworden, denn in die ging, wenigstens nicht eher, als bis einmal ein Wolkenbruch jedes Zeichen der gefangen gewesenen Bestie abgewaschen, kein Wolf wieder hinein – und welche Falle lag so vortrefflich wie gerade diese? Wolfs-Ben war übrigens nicht der Mann, der sich durch eine ihm in den Weg geworfene Schwierigkeit so leicht hätte abschrecken lassen; noch standen ihm drei andere Fallen, und selbst in dieser Schlucht konnte er, wenigstens weiter oben, eine neue anlegen. Mit unermüdlichem Fleiß arbeitete er also aufs neue, lag Tag und Nacht draußen und hielt von jetzt an eine so scharfe Wacht in seinem gewöhnlichen Jagdrevier, daß kein Kaninchen, viel weniger denn ein Menschenkind, unbeachtet durchschlüpfen konnte. Voll neuer Hoffnung dachte er nun mit jedem Morgen den Fang eines zweiten Wolfes begrüßen zu können – aber vergebens. Was er auch tat, blieb fruchtlos, und Ben wurde zuletzt so schwermütig und menschenscheu, daß er gar nicht mehr aus seinem Wald heraus mochte, sondern jetzt, mit dem einen und einzigen Ziel vor Augen, fast nichts anderes dachte, als einen Wolf lebendig zu fangen.

Die Ansiedlung besuchte er gar nicht mehr, oder doch nur bei Nacht, wo er nicht zu fürchten brauchte, daß Betsys Blick auf ihn fiel – denn nachgerade fing er an, sich zu schämen, ein so ›schlechter Jäger‹ zu sein, und er meinte, die Leute müßten ihm das alle an den Augen ansehen.

Drei Wochen waren solcherart verflossen, und wenn Bens Herz wohl auch immer und unverändert dasselbe geblieben war, so hatten doch die Sachen in der Ansiedlung indessen eine ganz andere Wendung genommen.

Der ›Stadtherr‹, wie ihn die übrigen Jäger gewöhnlich nannten, bekam Briefe aus Alabama, die seine Rückreise dorthin so rasch als möglich verlangten. Sein Onkel war plötzlich gestorben, er zum Universalerben eingesetzt und jetzt natürlich genötigt, die dortigen Verhältnisse, die durch eine bedeutende Sklavenhalterei noch weit mehr Aufmerksamkeit erforderten, selber zu ordnen. Er mußte also ohne Zögern zurück, und seine im Anfang langsam genug eingeleitete Werbung um die liebliche Waldblume, des alten Suttons Töchterlein, wurde nun zum raschen Heiratsantrag. Mr. Metcamp hielt noch am nämlichen Tag um des Mädchens Hand an, und wenn auch Betsy unbedingt ›Nein‹ sagte, sprach doch der Vater, dem der jetzt um so reichere Schwiegersohn desto mehr zu behagen schien, ein um so entschiedeneres ›Ja‹, versicherte seinem künftigen Eidam, das Mädchen ziere sich nur, wolle erst angegangen sein, und bat ihn, sich um das keine Sorge weiter zu machen.

Metcamp hätte allerdings lieber eine freundlichere Antwort der Tochter, wenigstens keine so ganz bestimmt abgeneigte gehabt; da es aber nun einmal nicht anders ging, schien er sich auch hineinzufinden, hoffte durch Freundlichkeit zuerst ihr Wohlwollen, dann vielleicht ihre Liebe zu gewinnen – wenigstens sagte er das dem Vater –, und beschloß jedenfalls an demselben Abend, an dem er den Brief erhalten, eine Art Fest zu geben, wozu sämtliche Bewohner der Ansiedlung eingeladen wurden und das er dadurch zu einer Art Verlobungsfest zu stempeln gedachte.

Der Abend kam heran, und das Gerichtshaus (ein leerstehendes und aus Stämmen roh aufgeführtes Gebäude, das in früherer Zeit einmal zu einer Gerichtssitzung gedient und davon den Namen und später auch noch das ›Versprechen‹ erhalten hatte, bei nächster Gelegenheit zu einer Schule benutzt zu werden, jetzt aber zur Aufbewahrung des Mais diente) war zu dieser Gelegenheit gar festlich und brillant hergerichtet. Viele Pfund Wachslichter – aus dem rohen gelben Wachs gegossen, wie es die Jäger den gefällten Bienenbäumen entnehmen – erleuchteten den ziemlich großen Raum, der Boden war von allen Maishülsen gereinigt und ringsum Bänke gestellt für die Damen, wie auch ein Tisch mit einem Stuhl oben darauf in die Ecke geschoben, auf dem der einzige Musikant – ein Violinspieler – seinen Sitz nehmen sollte. Kurz, es war alles nur Mögliche angewandt, um den Raum so behaglich als tunlich zu machen, und wer am späten Abend die Fröhlichkeit der äußerst zahlreich versammelten Gäste gesehen hätte, wäre gewiß mit dem Resultat zufrieden gewesen.

Nur Betsy war traurig – sie dachte an ihren armen Ben, der jetzt wahrscheinlich draußen allein im Wald herumirrte, und wollte nicht teilnehmen an Tanz und Lustbarkeit. Nur mit Mühe wurde sie in den Tanzsaal selber gebracht, dort aber wies sie jede Aufforderung auf das entschiedenste zurück und blieb ruhig, dem fröhlichen Treiben zuschauend, auf ihrem gleich am Anfang eingenommenen Platz.

Benjamin Holik war aber nicht draußen im Wald, wie sein armes, hier in der lustigen Schar nur um so viel betrübteres Liebchen in ihrem Schmerz geglaubt. Der alte Sutton hatte ihn sogar, wie sich das übrigens von selbst verstand, da man niemand ausschloß, noch besonders dazu eingeladen, Ben jedoch die Einladung abgelehnt.

In der Nähe mußte er aber doch weilen – geschäftige Freunde brachten ihm bald die Nachricht, daß es ein Verlobungsfest sein werde, was man hier feiern wolle, und er gedachte erst noch einmal zu sehen, mit eigenen, leiblichen Augen zu sehen, daß ihn Betsy – seine Betsy – auch wirklich ganz und gar vergessen habe, und dann – ei, dann zog er nach Texas. – Onkel SamOnkel Sam – Uncle Sam U.S. – Scherzname für die United States – Vereinigten Staaten warb gerade für den beginnenden Krieg, und solche Leute, wie er war – Ben brauchte keinen Spiegel, um sich das selber zu sagen –, fanden rasche und freudige Aufnahme im Dienst.

Scheu und furchtsam, daß ihn niemand erkenne und seinen Schmerz errate, umschlich er wohl eine Stunde lang das Haus und horchte den munteren, kreischenden Tönen der Violine. Näher hinanzugehen, daß er einen Blick hineinwerfen konnte, mochte er nicht. Da kamen endlich ein paar seiner Bekannten aus dem Haus heraus, blieben vor der Tür stehen und schritten dann zusammen dicht an dem Ort vorüber, wo sich Ben versteckt hielt, ihren Wohnungen zu.

Ben drückte sich, so gut das gehen wollte, hinter den Stamm eines dort stehenden Hickory, und der eine der Männer sagte, als sie eben dicht neben ihm waren:

»Betsy hat doch, so lange sie im Haus war, keinen Schritt getanzt.«

»Den ganzen Abend noch nicht, und hat es ein für allemal rund abgeschlagen«, erwiderte der andere, »ich glaube noch nicht einmal, daß sie ihn nimmt.«

»Ah bah«, sagte der erste wieder, »da müßte man die Mädchen nicht kennen – der hat Geld, und da...«

Die weiteren Worte wurden in der Entfernung unverständlich, aber was brauchte Ben auch noch weiter zu hören. Das letzte war schändliche Verleumdung.

»Noch keinen Schritt getanzt«, jubelte der junge Jäger in sich hinein, »also doch nicht falsch, doch nicht treulos, doch ihren Ben nicht vergessen – aber – was kann's dir auch helfen, armer Ben – du hast doch kein Glück – Betsy ist für dich verloren – und wenn sie dich nicht vergessen könnte – ach, dann wär's nur so viel schlimmer für sie – besser für dich selber aber nimmer!«

Die Büchse, die er nicht weit von da in einen dichten Busch hineingestellt, hob er vom Boden auf, noch einen Blick nach dem hellerleuchteten Haus warf er zurück, und still und schweigend wanderte er den Fußpfad entlang dem nächsten Hügelrücken zu. Es litt ihn – die Nacht wenigstens – nicht in der Ansiedlung, und er wollte draußen am Feuer schlafen.

Ein Platz war endlich an einer klaren Quelle, die hier dem felsigen Boden rein entquoll, gefunden, eine Flamme entzündet, und in die Decke gehüllt lag er, den Kopf auf einen untergeschobenen Stein gelegt, und schaute sinnend und ernst zu den freundlich auf ihn niederblitzenden Sternen empor.

Im Wald war es merkwürdig still, selbst die Frösche quakten nicht so toll und wild durcheinander, wie er das sonst wohl gehört, den leisen Schritt des Opossums, das zu nächtlichem Hühnerraub nach den bewohnten Ansiedlungen schlich, konnte er deutlich und bestimmt hören, und dort hinten – er hob den Kopf und lauschte einen Augenblick – wahrlich, es war ein Wolf, der weit drüben auf dem scheidenden Gebirgsrücken sein klägliches Abendlied heulte.

»Winsele nur, Bestie«, murmelte er endlich und sank in seine frühere Stellung zurück, »winsele, aber bleib mir außer Schußnähe; auf deinesgleichen und auf – noch einen hätt ich besonders heut abend Appetit.«

Eine halbe Stunde lag er wohl noch so und suchte seine Gedanken wieder auf die früher durchträumten Pläne zu richten – es war aber nicht möglich – das immer näher und näher kommende Geheul des Wolfs lenkte seine Aufmerksamkeit immer wieder dorthin, und jetzt – Alle Wetter, das war gar nicht so weit entfernt! – antwortete eine andere Stimme aus einer hinter ihm liegenden Schlucht, wo auch, wie sich bald auswies, das ganze Rudel steckte.

Er sprang rasch von seinem Lager auf und griff nach der Büchse; der Mond stieg eben hinter den düsteren Schatten der fernen Bergketten hell und freundlich empor – die alte Jagdlust erwachte und verdrängte für den Augenblick wenigstens jeden anderen Gedanken.

Er befand sich auf einem äußerst günstigen, ziemlich offenen und vom Mond hell beschienenen Fleck, und zwar gerade mitten zwischen dem Rudel und dem vereinzelten, jetzt zu diesem zurückkehrenden Wolf – das Feuer war niedergebrannt, und die noch glimmenden Kohlen schreckten die Bestien auch nicht ab, da fortwährend brennende Stämme im Wald liegen und Hirsch und Wolf daran gewöhnt sind, Feuer auf ihrem Pfad zu finden. Ein vom Wind niedergeworfener Stamm, der die Höhe hinunter, nach dem Tal zu lag, gewährte ihm dabei einen trefflichen Hinterhalt.

»Wart, Kanaille«, murmelte er, griff seine Büchse auf und glitt hinter den Stamm, »komm mir nur aus dem Busch vor und freu dich dann auf Ben Holiks Kugel.«

Er hob sein Gewehr auf den Stamm, richtete die Mündung nach der Gegend zu, von der er den einzelnen Wolf erwartete – denn das Rudel bleibt in solchem Fall gewöhnlich so lange auf dem einmal behaupteten Platz, bis der Vereinzelte dazugestoßen ist – und harrte dann lange und geduldig – der Wolf wollte sich aber immer noch nicht sehen lassen.

Sollte die Bestie etwas gemerkt haben – aber der Wind war doch günstig. Holik ließ seine Büchse auf dem Stamm liegen, hielt beide Hände trichterförmig an den Mund und heulte kläglich. Der Laut war täuschend ähnlich nachgeahmt und schallte gar wehmütig durch den düsteren Wald. Wenn auch keine Stimme von dort, wo der einzelne Wolf sein mußte, antwortete, so war Ben doch ein viel zu alter Jäger, um nicht auf der Hut zu sein oder sich durch Übertreibung einen einmal gewonnenen Vorteil zu verderben. Leise griff er wieder nach der Büchse, blieb ruhig im Anschlag liegen und erwartete das Resultat.

Das sollte auch nicht lange ausbleiben. Der Wolf antwortete allerdings nicht mehr, aber nur, weil er zu nahe war, und als Ben mit gespannter Aufmerksamkeit selbst dem leisesten, unbedeutendsten Geräusch lauschte, hörte er plötzlich im trockenen Laub der benachbarten Baumgruppe rasche, aber vorsichtige Schritte. – Trap, trap, trap, trap – und das Tier stand noch einmal – es windete wieder. Hatte es vielleicht den Rauch in die Nase bekommen? Der Wolf betritt übrigens jedesmal vorsichtig einen freien Platz, weil er wahrscheinlich nicht allein Gefahr fürchtet, sondern auch vielleicht selber nach Beute ausschaut. Ben konnte genau von wo er stand die Schritte hören, den Platz selber aber noch nicht mit seinem Blick durchdringen, wagte deshalb auch nicht, sich zu bewegen, weil er nicht wissen konnte, ob des Raubtiers Augen nicht gerade in diesem Moment dorthin gerichtet waren, wo er lag. Heulen durfte er auch nicht wieder – die Entfernung mußte jedenfalls zu gering sein, als daß die scheue Bestie nicht den Betrug hätte merken und den raschen Rufer erkennen sollen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als jetzt ruhig und regungslos abzuwarten, bis das Tier ins Mondlicht hinaustreten würde.

Da wurde plötzlich hinter ihm, ein klein wenig nach rechts, das Rudel wieder laut, und ein triumphierendes Lächeln zuckte über Bens Antlitz – es machte aber auch ebensoschnell einem Ausdruck peinlicher Spannung Platz, denn in dem nämlichen Moment schon trat der Wolf, der durch den letzten Lockton bestimmt schien, aus dem düsteren Schatten vor auf den freien, nur mit einzelnen Bäumen bewachsenen Raum.

Bens Herz schlug fast hörbar, aber sein Arm lag fest wie Eisen – ruhig richtete er das todbringende Rohr nach dem Feind und suchte, mit dem scharfen Blick dessen dunkle Gestalt auf das Korn seiner Büchse zu bringen. Doch vergebens – in dem matten, ungewissen Licht schmolz Korn und Ziel so ineinander, daß er ums Leben nicht hätte genau bestimmen können, wo die Kugel sitzen würde, und fehlen – nein, das durfte er nicht.

Vorsichtig hob er den Lauf gegen den helleren Himmel, wo er das Korn deutlich gegen einen der funkelnden Sterne konnte abstechen sehen, legte sich dann fest in den Kolben, fuhr nieder, und sowie er die Gestalt des noch immer regungslos und jetzt seitwärts ins Tal schauenden Tieres voll im Korn hatte, berührte sein Finger den Drücker.

Der Schuß schmetterte dröhnend durch den Wald, und Ben sprang blitzschnell empor.

»Siehst du, Kanaille«, sagte er da, als er den dunklen Körper regungslos im vom Mondlicht hell beschienenen Laube liegen sah, »siehst du – ich habe dir's prophezeit. – Das ist doch wenigstens ein Trost, einem solchen herumschleichenden Schuft das Handwerk gelegt zu haben. Panther und Bären – ich wollte, daß Gottes Strahl all das Lumpengesindel träfe, das so wie du, Bestie, das Licht scheut, im Dunkel herumschleicht und Unheil anrichtet, wohin es den Fuß gesetzt und seinen Atem gehaucht!«

Ben war bei diesen Worten, die er mit fest zusammengebissenen Zähnen in den Bart murmelte, ruhig auf seinem Platz stehengeblieben und hatte, nach Jägerart, vor allen Dingen die Büchse wieder geladen, hob sie jetzt mit einem noch leise gemurmelten Fluch auf die Schulter und schritt langsam der Stelle zu, wo der so glücklich erlegte Feind im Laub ausgestreckt lag.

Es war ein großer, kräftiger Wolf, kohlschwarz und nur mit dem einen kleinen, herzförmigen weißen Fleck auf der Brust, der im Mondlicht ordentlich zu glühen schien. Die Kugel mußte ihm gerade durch den Kopf gefahren sein – er rührte und regte sich nicht.

»Ich habe ihn nicht einmal zucken sehen«, sagte der Jäger leise und bog sich zu ihm nieder, um nach dem Kugelloch zu fühlen. Über den ganzen Kopf strich er hinüber und herüber, dort war aber nichts, auch kein Schweiß – und die gegen das Mondlicht gehaltene Hand weiß und rein. »Wunderlicher Schuß!« brummte der Jäger. »Ei, zum Henker, es ist einerlei, wo die Kugel sitzt, wenn sie nur sitzt, und da ich den Schuft... Hallo!« unterbrach er sich plötzlich. »Lebt der Bursche noch?«

Er stand mit gespannter Aufmerksamkeit, die Büchse im Anschlag, jede Bewegung des Raubtiers beobachtend, und allerdings gab dies jetzt wieder Lebenszeichen von sich, warf einmal den Kopf auf und schnellte sich dann auf dem linken Vorderlauf in die Höhe.

Ben hatte aber schon zuviel Wild erlegt, als daß ihn diese Bewegung auch nur einen Augenblick länger über den Zustand des Wolfs im Zweifel lassen konnte. Im ersten Augenblick fuhr er allerdings noch einmal, und wie unwillkürlich, mit der Büchse an die Backe – das war aber auch nur ein Moment – im nächsten warf er sie fort und sprang plötzlich in keckem Mut auf das von der Minute an sich wieder ganz kräftig und rasend sträubende Tier.

»Hoho, mein Bursche!« rief der junge Jägersmann dabei und lachte mit wilder Freude in sich hinein, während er seinen Arm mit eiserner Gewalt um den wütend dagegen ankämpfenden Körper des Wolfes schlang. »Hoho – einfach gecreast›Creasen‹ nennt der amerikanische Jäger den Schuß über dem Rückgrat oder noch häufiger Hals eines Wildes, wenn die Kugel an die oberen Halssehnen oder Muskeln gedrückt hat, ohne sie zu durchschneiden, was das Tier augenblicklich zu Boden wirft, aber nur für den Moment betäubt und nicht im mindesten beschädigt. Nach sehr kurzer Zeit erholt es sich gewöhnlich wieder, und wenn der Jäger dann nicht schnell mit der Büchse oder dem Messer bei der Hand ist, springt es wieder auf und ist nicht selten weit aus dem Bereich der Kugel, ehe der verblüffte Schütze, der sich seine schon sicher geglaubte Beute auf einmal wieder entgehen sieht, seine Sinne gesammelt hat. Die westlichen Indianer fangen auch mit diesem Schuß die wilden Pferde, wobei natürlich mehr erschossen als gefangen werden. – hahahahah – ja, strample nur, strample nur, Herz, der Falle entgehst du nicht – wenn du nicht imstande bist, aus der Haut zu rutschen.«

Das Tier, das nun sein volles Bewußtsein wiedererlangt hatte, schien jetzt erst zu begreifen, in welcher höchst mißlichen Lage es sich eigentlich befinde, und suchte mit aller ihm zu Gebote stehenden Kraft um sich zu beißen und durch Treten und Kratzen seine Freiheit wiederzugewinnen. Doch vergebens, Ben hielt es wie in einem eisernen Schraubstock und drückte sich dabei so mit dem ganzen Gewicht seines schweren Körpers darauf, daß der arme, also ertappte Wolf endlich, und als auch seine Kräfte vollständig erschöpft waren, wenigstens für kurze Zeit ruhig liegen mußte.

Was aber nun tun? – Den Wolf töten? Das wäre allerdings mit nur wenig Schwierigkeiten verknüpft gewesen, denn Ben trug sein haarscharfes Jagdmesser im Gürtel. Aber war nicht jetzt sein Ziel erreicht? – Einen lebendigen, gesunden, unbeschädigten Wolf wollte er haben, und den hielt er in diesem Augenblick hier unter sich so fest, als ob er ihn im Leben nicht wieder loslassen wollte. Doch wie ihn binden und festhalten? Nicht einmal einen Lederriemen führte er bei sich, nichts als seinen Gürtel, und wie hätte er es überhaupt wagen dürfen, auch nur den Versuch zu machen? Ließ er dem Wolf nur ein wenig Luft, so gab es nachher einen Kampf, in dem er ihn entweder ernstlich beschädigen oder gar freilassen mußte – das eine fast so schlimm wie das andere. Und das schwere Tier bis zur Ansiedlung tragen? – Er hätte ohne den Wolf eine halbe Stunde gebraucht, um sie zu erreichen – viel weniger mit ihm – aber es blieb ihm weiter keine Wahl.

»Entweder – oder«, murmelte er, »du oder ich, Bursche, und so mag denn der Abend über mein Glück, über mein Unglück entscheiden. Zum Teufel auch, habe doch schon manchen starken Hirsch getragen, der noch einmal so schwer war wie du hier, und das bloß um des elenden Wildbrets wegen – werden mir heute die Kräfte nicht versagen, da es das Höchste – oder doch wenigstens einen Triumph über den schurkischen Feind – gilt.«

Und mit dem raschen Entschluß nahm er seinen Halt fest um das sich jetzt wieder mit rasender Wut sträubende Tier, brachte den rechten Fuß unter sich und stand, die Schulter gegen einen kleinen stehenden Gumbaum stützend, langsam auf. Er hatte den Wolf mit dem Rücken gegen sich, mit dem linken Arm zwischen den beiden Vorderläufen durch gepackt und den rechten Arm ihm fest um die Weichen geschlagen und hielt ihn so eng zusammengepreßt, daß er ihm mit seinen Zähnen gar nicht schädlich werden konnte.

Die Büchse mußte er natürlich zurücklassen, auch die Mütze war ihm bei dem Ringkampf entfallen, doch das hinderte ihn nicht; mit fest zusammengebissenen Zähnen und zum Äußersten entschlossen, wanderte er, seine wunderliche, sich unaufhörlich sträubende Last im Arm, Schritt für Schritt weiter – der fernen Ansiedlung zu.

 

Im alten Gerichtshaus herrschte indessen noch immer laute, lärmende Fröhlichkeit, Bowle nach Bowle wohlschmeckenden süßen Stewes war gebraut und der Raum endlich durch Kerzen, Trunk und Tanz so heiß geworden, daß man selbst das kleine, nach dem Holz hinausführende Fenster öffnete, um nur frische Luft hereinzubekommen.

Die Töne der Violine schwirrten immer rascher und gellender in Jigs und Hornpipes, die Füße der Tänzer klapperten immer behender auf dem schon blankgescharrten Boden; Metcamp war besonders ausgelassen lustig, er nannte die arme Betsy – die sich übrigens hartnäckig weigerte, weder mit ihm noch einem der anderen Gäste zu tanzen – nicht anders als sein ›süßes Bräutchen‹, umarmte den alten Sutton ebenfalls zweimal als ›Schwiegerpapa‹ und wußte seiner Ausgelassenheit gar keine Grenzen.

Eine kleine Unterbrechung hatte indessen stattgefunden; ›Lord Howe's Hornpipe‹ war eben beendigt, und einige Erfrischungen wurden herumgereicht. Betsy, die auf ihres Vaters Befehl die Bedienung überwachen mußte, saß unfern dem Eingang, nicht weit vom Schenktisch, und Metcamp, der sich dicht neben sie gestellt, flüsterte ihr eben einige fade Schmeicheleien ins Ohr, die ihr die zornige Röte auf die Wangen trieben, als plötzlich etwas mit gewaltigem Poltern von außen gegen die Tür schlug.

»Hallo!« schrie der Bräutigam zusammenfahrend. »Das ist ein unhöfliches Anklopfen – wer da?«

Die übrigen Gäste wandten sich alle rasch und erstaunt nach dem Lärmen um, die einzige Antwort von dort oben her war aber ein erneutes, noch viel stärkeres Gepolter.

»Ei, so hol doch der Henker die Unverschämtheit!« rief da Metcamp. »Ich will doch sehen...«

Rasch ergriff er den ledernen Riemen, der an dem Drücker hing, riß daran und stieß die Tür auf.

»Ha!« – Vor sich ein paar stiere, funkelnde, fast aus ihren Höhlen drängende Augen – ein weit aufgerissener Rachen mit blutiger, heraushängender Zunge und weißem fürchterlichen Gebiß – ein Wolfskopf, wie ihn sich die Einbildung nur schrecklich und entsetzenerregend ausmalen kann – hinter ihm aber, dicht über dem gräßlichen Rachen, das totenbleiche, wild blickende Angesicht Ben Holiks, vom Schein der Kerzen geisterhaft beleuchtet.

»Der Wolf – der Wolf!« schrie Metcamp nach einem nur flüchtigen Blick auf die schauerliche Gruppe. »Der Wolf!« Und durch die hinzudrängenden Gäste brach er in wilder Hast sich Bahn, zum Fenster sprang er, und ehe nur noch irgend jemand sein Vorhaben hätte erraten oder ihn gar daran hindern können, flog er mit scheuem Satz hinaus und ins Freie.

Die hinten Stehenden, die noch gar nicht sehen konnten, was eigentlich die Ursache solch wunderbarer Behendigkeit gewesen, lachten; die nächst der Tür aber fuhren ebenfalls, kaum minder als Metcamp selbst erschreckt, zurück und starrten überrascht die wunderliche Gruppe an, aus der sie Ben Holiks totenfahle Züge jetzt erkennen konnten.

»Die Glocke – die Glocke!« war aber alles, was der Jäger mit heiserer, nur den nächsten verständlicher Stimme zu lallen vermochte. »Die Glocke – ich kann – ich kann nicht mehr!«

»Heiliger Gott!« schrie da Betsy, die schon bei dem ersten Ausruf Metcamps entsetzt emporgesprungen war und, ihren Augen kaum trauend, keines Wortes, keiner Bewegung mächtig, in das totenbleiche, fürchterlich entstellte Antlitz des Geliebten gestarrt hatte. »Heiliger, allmächtiger Gott, zu Hilfe – zu Hilfe!«

»Die Glocke!« flehte aber nur Ben. »Betsy, die Glocke, oder meine Arme erstarren.«

»Die Glocke? – Was für eine Glocke?« fragten die Umstehenden wild durcheinander.

»Ha! – Die Wolfsglocke!« rief das Mädchen, das ganze ihr bis dahin Entsetzliche jetzt rasch und froh begreifend. »Die Wolfsglocke! Nur noch einen Moment, Ben – nur noch wenige Sekunden, und ich bin wieder da!«

Und rasch zur Tür hinaus, dicht an den klaffenden Fängen der Bestie vorbei – so dicht, daß ihre Schulter die blutträufende Zunge fast berührte – glitt die Jungfrau flüchtigen Laufes in das dicht daneben gelegene Haus ihres Vaters, wo die Glocke noch in der Stube (unter der Büchse, wo er sie neulich bei seiner Zurückkunft hingetan) hing, hob sie schnell herunter und war in kaum einer Minute Zeit schon wieder zurück mit dem Verlangten. Indessen hatten sich aber die Männer dort ebenfalls von ihrer ersten Überraschung erholt; der alte Sutton war zu ihnen getreten, und rasch begreifend, um was es sich hier handele, wollte er Ben unterstützen und ihm den Wolf abnehmen. Das gab aber der Jäger nicht zu, da er seiner wie des alten Mannes Sicherheit wegen nicht wagen durfte, dem festen Halt, den er einmal an der Bestie hatte, zu entsagen. Kaum erschien aber Betsy mit der Glocke, so nahm sie ihr Sutton rasch aus der Hand, schlang den Riemen um des jetzt wieder wütend um sich beißenden Wolfes Hals und schnallte ihn nicht zu fest, aber sicher genug, daß er nicht über den Kopf hinüberrutschen konnte, den Wolf jedoch auch nicht hinderte oder gar würgte.

Was aber jetzt, nachdem dies geschehen war, tun? Wie die Bestie, da der Zweck erfüllt war, wieder loswerden? Denn war es nicht möglich, daß sie, in so gereiztem Zustand freigegeben, anstatt zu fliehen, sich gerade gegen ihre Feinde wenden und dort Unheil anrichten konnte, ja am Ende gar, um sie nur wieder loszuwerden, doch noch getötet werden mußte? Das Klingeln der Glocke beunruhigte den Gefangenen immer mehr, seine Anstrengungen wurden wütender, je mehr die Kräfte des armen Jägers nachließen. Zwar sprangen von vielen Seiten die Männer mit Stricken herbei, und einer machte sogar eine Schlinge, um den Wolf daranzuhängen und ihm die Kehle zuzuschnüren, bis er betäubt wäre und hinaus in den Wald geschafft werden könnte – das aber schienen viel zu gefährliche Experimente, denn geschah dem Tier dadurch ein Schaden, so war die ganze Anstrengung vergebens gewesen. Da rief Betsy, die in Todesangst um den Geliebten, die Hände fest gegen die Schläfe gepreßt, daneben gestanden, dem ganzen wirren Treiben zugeschaut und den tausend verworrenen Vorschlägen, wie sie gemacht und verworfen wurden, in namenloser Furcht gelauscht hatte, plötzlich aus:

»Trag ihn in den Garten, Ben, wo der Fluß die Biegung macht – dort ist die Uferbank eingestürzt, und da hinabgeworfen, kann er nur ans gegenüberliegende Ufer schwimmen.«

»Bei Gott, das Mädchen hat recht!« rief der alte Sutton, und Ben schritt schon ums Haus herum dem bezeichneten Orte zu. Die Fenz, die ihn noch von dem Garten trennte, wurde augenblicklich eingerissen, und wenige Sekunden später stand der Wolfsjäger an dem schroffen Ufer, das unten der vorbeischäumende kleine Bergstrom bespülte. Betsy hatte seinen Arm ergriffen und ihn geführt, daß er nicht etwa einen Schritt zu weit vorgehe sind selber mit hinabstürze.

»Jetzt, Ben!« rief sie ihm zu, als sie ihn plötzlich zurückhielt. »Jetzt laß los!«

»Gott sei Dank!« murmelte Ben, und während er noch die Arme öffnete, glitt der dunkle Körper am nachgebenden Sand hinab und schlug plätschernd in die unten über ihm zusammenbrechende Flut.

Jetzt kamen auch mehrere mit rasch herbeigeholten Lichtern herbei, und bei dem matten, ungewissen Schein derselben konnten sie erkennen, wie der schwarze Körper des befreiten Wolfs rasch und mit heftigem Stöhnen durch die Flut strich. Als der aber drüben ans Ufer stieg, klingelte die wackere Glocke laut und hell – er hatte sich schütteln wollen, erschrak jedoch so über den fremden Laut, daß er rasch die Uferbank hinabsprang, und noch eine lange Strecke durch den Wald hörten sie das gleichmäßige Anschlagen der Schelle, wie der Wolf in dem diesen Tieren eigenen langen Galopp mit flüchtigen Sätzen nicht mehr den Feinden – die hatte er kaum gefürchtet – nein, diesem unerträglichen scharfen Lärm unter seiner Kehle zu entfliehen suchte.

» Hahahaha!« brach endlich Ben, der jetzt lachend seine halberstarrten Arme schwenkte, das atemlose Schweigen, mit dem die Männer den immer mehr verschwimmenden Tönen der Glocke gelauscht hatten. »Er hat sie – beim ewigen Gott, er hat sie! So – das soll mir der Mr. Metcamp einmal nachmachen.«

Metcamp? Ja, wo war denn Metcamp die ganze Zeit eigentlich? Das weiß der Himmel; am Washita hat ihn wenigstens kein sterbliches Auge mehr gesehen. Sein Fenstersprung konnte nicht bezweifelt werden, denn Zeugen gab es dafür genug, und vom Fenster aus ließ sich die Spur noch weit hinaus in den Wald, aber immer dem Arkansas zu, verfolgen. Sein ganzes Gepäck aber, ja selbst seinen Hut, ließ er, ohne auch nur einmal darum zu schreiben, in der Ansiedlung zurück, und Ben hatte gewiß recht, als er meinte, den habe nur sein böses Gewissen aus den Bergen getrieben.

Und was wurde aus Betsy?

Ich will dem Leser die weitläufige Auseinandersetzung ersparen und ihm nur mit kurzen Worten einzelne Tatsachen mitteilen, aus denen seine Einbildungskraft dann leicht den weiteren Verfolg der Sache, viel besser als ich ihm das selber klarmachen könnte, herausfinden wird.

Mr. Metcamp war wirklich flüchtigen Fußes förmlich davongelaufen; der Brief aber, den er zu der Zeit am Washita erhalten hatte, mußte jedenfalls gefälscht gewesen sein, denn noch in demselben Monat hörten sie von einem Reisenden, daß Metcamps Onkel etwa vier Wochen vorher, ehe dieser zum Washita gegangen, total bankrott gemacht habe und der vermeintliche Erbe noch schlimmer als ein Bettler sei, da er sogar rasend in Schulden stecke. Die reiche Farmerstochter hatte er dabei leicht zu gewinnen geglaubt und auch natürlich alles Mögliche getan, seinem ihm allerdings gefährlichen Nebenbuhler den Besitz des Mädchens unmöglich zu machen.

Daß er es gewesen, der damals den gefangenen Wolf befreit, ließ sich ebenfalls immer weniger verkennen, wenigstens sprach man die Ansicht kurze Zeit darauf ganz offen in der Ansiedlung aus, und daß sich der alte Sutton nach all dem Vorangegangenen schämte, den beabsichtigten Schwiegersohn aus der Stadt auch nur noch einmal zu erwähnen, versteht sich wohl von selbst.

Es sind jetzt seit der Zeit zehn volle Jahre verflossen, und Farmer Sutton schläft in seinem eigenen Garten still und ruhig unter dem grünen, blumigen Rasen; Ben Holik aber hat das unstete Jägerleben aufgegeben, ist ein ordentlicher Farmer geworden und lebt mit seinem lieben Weib, seiner Betsy, und den drei Jungen und zwei Mädchen, die sie ihm in der neunjährigen Ehe geboren, glücklich und zufrieden, wie nur ein Mensch in der weiten Gotteswelt leben kann. Seine Herden haben sich dabei ungemein vermehrt, denn die Wölfe trieb der mit der Glocke behangene richtig hinaus aus der ganzen Nachbarschaft, und seine Felder hat Ben ebenfalls um viele fruchtbare Äcker erweitert; dort aber, wo er den Wolf damals lebendig gefangen, baute er sich auf der luftigen Bergkuppe ein kleines Haus und nannte es, zum Gedächtnis jenes glücklichen Abends, die Wolfsglocke.


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