Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Welt der gestalten lang lebewohl! ...
Öffne dich wald voll schlohweisser stämme!
Oben im blau nur tragen die kämme
Laubwerk und früchte: gold karneol.
Mitten beginnt beim marmornen male
Langsame quelle blumige spiele·
Rinnt aus der wölbung sachte als fiele
Korn um korn auf silberne schale.
Schauernde kühle schliesst einen ring·
Dämmer der frühe wölkt in den kronen·
Ahnendes schweigen bannt die hier wohnen ...
Traumfittich rausche! Traumharfe kling!
Heil diesem lachenden zug:
Herrlichsten gutes verweser
Maasslosen glückes erleser!
Schaltend mit göttlichem fug
Traget ihr kronen und psalter.
Später gedenkt es euch kaum:
Nie lag die welt so bezwungen·
Eines geistes durchdrungen
Wie im jugend-traum.
Heil dir sonnenfroh gefild
Wo nach sieg der heiligen rebe
Nach gefälltem wald und wild
Kam in kränzen Pan mit Hebe!
Rauhe jäger zottige rüden
Wichen weissem marmorbein.
Hallen luden wie im süden ...
Wir empfingen noch den schein.
Aus den aufgewühlten gruben
Dampfte odem von legion
Und von trosses fraun und buben·
Hier ihr gold ihr erz ihr thon!
Auf dem bergweg seht die schaar –
Eine stampfende kohorte!
Offen stehen brück und pforte
Für des Caesarsohnes aar.
Auf diesen trümmern hob die Kirche dann ihr haupt·
Die freien nackten leiber hat sie streng gestaupt·
Doch erbte sie die prächte die nur starrend schliefen
Und übergab das maass der höhen und der tiefen
Dem sinn der beim hosiannah über wolken blieb
Und dann zerknirscht sich an den gräberplatten rieb.
Doch an dem flusse im schilfpalaste
Trieb uns der wollust erhabenster schwall:
In einem sange den keiner erfasste
Waren wir heischer und herrscher vom All.
Süss und befeuernd wie Attikas choros
Über die hügeln und inseln klang:
co besoso pasoje ptoros
co es on hama pasoje boañ.
Des jahres wilde glorie durchläuft
Der trübe sinn der mittags sich verlor
In einem walde wo aus spätem flor
Von safran rost und purpur leiden träuft.
Und blatt um blatt in breiten flecken fällt
Auf schwarze glätte eines trägen bronns
Wo schon des dunkels grausamer gespons
Ein knabe kühlen auges wache hält ...
Und durch die einsamkeiten stumm und taub
Senkt langsam flammend sich von ast zu ast
Ins schwere gelb des abends goldner glast –
Dann legt sich finstrer dunst in finstres laub.
Nachtschatten ranken· flaumiges gebräm·
Um einen wall von nacktem blutigen dorn·
Gerizte hände dringen matt nach vorn ...
Dass in das dickicht nun der schlummer käm! ...
Da bricht durch wirres grau ein blinken scheu
Und neue helle kommt aus dämmerung.
Ein anger dehnt auf einem felsensprung
Weithin ... nur zieht durch der violen streu
Die reihe schlanker stämme· speer an speer·
Von silber flimmert das gewölbte blau·
Ein feuchter wind erhebt sich duftend lau ...
Es fallen blüten auf ein offen meer.
Lebt dir noch einmal, Liebe, der oktober
Und unser irrgang unsre frohe haft
Wie wir durch laubes lohenden zinnober
Und schwarzer fichten grünmetallnen schaft
Den und den baum besuchten, stumme gäste,
Getrennten gangs in liebevollem zwist
Und jedes heimlich horchte im geäste
Dem sang von einem traum der noch nicht ist –
Erst eines baches hüpfendes gekicher
Uns in der tiefe noch als führer galt
Der uns enteilte leiser dämmerlicher
Bis uns sein schluchzen unbemerkt verhallt
Und diese wandrung uns so sehr entzückte
Dass uns der weg – dass uns das licht verliess
Und dann ein kind das spät noch beeren pflückte
Uns durch gestrüpp die rechte richtung wies:
Wir auf dem mürben und verhangnen steige
Uns vorwärts bahnten tastend und gemach
Und endlich durch die immer lichtern zweige
Das tal sich offen tat mit fernem dach –
Die arme schlingend um die moosige schwiele
Wir abschied nahmen von dem lezten stamm ...
Dann gings durch blumen hin zum schönen ziele
Und luft und land in lautrem golde schwamm.
Dies ist der hüttenraum wo durch die lücke
Wandernd von bleichen firnen her ein schwacher
Mondschein der dämmerung gleitet – wo ich wacher
Mich tief herab auf deinen schlummer bücke.
Durch steile pfade an granitnen klötzen
Mir war durch weit entrollte wiesenplane
Dein auge zauberblauer enziane
Und deiner wange flaumiges weiss ergötzen.
Durch lange steige in zerhöhlten runnen
Wo wir uns aufwärts halfen mit dem stabe
War mir dein reiner odem eine labe
Mehr als im schwülen mittag kühler brunnen.
Du wirst geweckt vom gruss der morgenlüfte
Dich wieder wenden zu dem fruchtgelände.
Der stumme abschied schattet auf die wände ..
Ich muss allein nun fürder durch die klüfte.
In einer enge von verbliebnem eise
Vorüber an verschneiten felsenstöcken
Gelang ich zu den drohenden riesenblöcken
Wo starre wasser stehn im öden gleise.
Schon sausen winde in den lezten arven,
Der aufstieg im geröll wird rauher wüster ..
Wo jede wegspur sich verliert im düster
Summen des abgrunds dunkle harfen.
Gänge des tages sind weit.
Reisst der verworrene wald
Uns in vergessen so bald?
Hinter dem nächtigen zaun
Fasst uns des bannes geraun –
Uns dem versinken geweiht.
Bäume zu leuchtendem tor
Ragen als leitern empor:
Locken in pfadlosen wahn,
Treiben in schimmernde bahn.
Wankt den umschlungnen der grund?
Ist dies dein odem in mir,
Luft aus des rausches revier
Was unsre leiber vermischt,
Uns durch das finster verwischt
In einem schaurigen bund?
Horch eine stimme wird wach!
Blüten-umsponnenem fach
Heiliger brunnen entsprang,
Sendet den einfachen sang
Klar durch das dickicht einher ..
Mahnt an lebendige lust
Uns: zu verfallen bewusst
Dunkelster trunkenheit,
Uns: zu zerrinnen bereit
Königlich ruhst du in deiner verlassenheit,
Garten – und selten nur tust du die tore weit ..
Mit deiner steilen gebüsche verschwiegnem verlies
Sonnig gebreiteter gänge nie furchendem kies.
Lispelnde bronnen umfriediget knospend spalier,
Steinerne urnen erheben die ledige zier.
In deinem laub geht nur nisten sanft-tönende brut.
Leichte gewölke nur spiegelt die schlafende flut
Deines teichs und die ufer entlang das gebäu:
Ebnes kühl-gleitendes feuer und flimmrige spreu ..
Eins ist der Fürstin palast: sie bewohnt ein gemach
Seegrün und silbern .. dort hängt sie der traurigkeit nach
In ihren schnüren von perlen und starrem brokat.
Keine vertraute bewegt sie und weiss einen rat.
Weinend nur wählt sie aus ihrer kleinode schwarm
Und ihre wange bleibt leuchtend in all ihrem harm.
Lieblichste blume vergeblichen dufts die nicht dorrt,
Zartestes herz – ihm gelingt für die liebe kein wort.
Manchmal nachdem sich die sonne im haine verbarg
Und ihr der tag in die wehmut gelindert sein arg,
Sie auf der laute in schmelzenden weisen sich übt:
Staunen die stolzen gestirne und werden getrübt.
Jenseit des wassers der mattrot- und goldene saal
Herbergt den Fürsten und seine verschlossene qual.
Bleich alabasterne stirn ziert ein schwer diadem,
Freude und trost des gefolges ist ihm nicht genehm.
Jung und in welke so streckt er die arme ins blau
Schluchzend vom söller herab in die duftige au,
Der nicht der eigenen würde bekrönung gewahrt
Die jedes nahen verbietet vertraulicher art ...
Keiner den schaudern der fernheit nicht überkam,
Der sich das auge nicht deckte, nicht beugte aus scham
Vor diesem antlitze schönheit- und leid-überfüllt
Das uns das herbste und süsseste lächeln enthüllt!
Einmal verstattet das jahr nur der Herrlichen schau ..
Schranken verschwinden und offen steht halle und bau.
Doch wer erwählt ist nur folgt – wer von frommem geheiss
Wer von der heimlichen sprache der blumen wohl weiss
Und von dem zitternden ton von demütigem dank:
Adel und anmut von allem was fürchtig und schwank.
Fern ist wer immer in tosenden schluchten gerast,
Wer in den sümpfen und giftigen angern gegrast –
Kalter gespenster und düsterer schergen gesind –
Wer wie das tier nicht gerührt wird vom himmlischen wind.
Beiden portalen entschwebt nun ein feiertalar ..
Auf der terrasse begegnet und grüsst sich das paar,
Gleitet die wege hernieder, die hände verschränkt:
Einzige tritte darob sich die stille nicht kränkt.
Wonne durchrieselt der schauenden kreis der sich kniet
Der seiner höchsten entzückung so lange entriet:
Spitzen opalener finger zu küssen und kaum
Dieser sandalen und mäntel juwelenen saum –
Also erhebt sich in tränen manch stummes gebet.
Aber der zug hat beim brunnen sich langsam gedreht ..
Mit dem holdseligen blick auf der Treuesten kür
Lohnen sie nochmals und in eines laubganges tür
Sind ihre schimmernden schleppen verflattert und ganz
Löst sich der garten im abendlich purpurnen glanz.
Im weissen und glutblumigen gewoge,
Von büschen weithin wallend höh und mulde,
Fingst du dich – sangst du kosend und dich pressend
Ins duftige dickicht ... du verloren ganz
In dieser rosenpracht. Am mittag fielen
Wechselnd an lust dir blätter auf den mund
Und schlafend spielten mit dir büschel garben
Wellen von rosen.
Dass dich der abend hier noch traf! du irrest
In dem gesträuch wo du dich nicht mehr kennst,
Blind küssest du dich an den stacheln wund.
Nun sitze da – das haupt gesenkt und blutend.
Nun wirbeln reichlich von der nacht geregt
Die blüten ... mag ihr purpur niederfallen
Zu hüllen deine schmach! Nun lerne trauer
Und ernst von rosen.
Wir aus den dünneren lüften
Gehn bei euch um insgeheim,
Euch aus den buschigen schlüften
Euch mit dem volleren seim.
Ob auch uns leichten uns schnellen
Raunet ein warnen: ›entfleuch‹
Zieht doch ein drängen ein schwellen
Stetig hinunter zu euch.
Die ihr mit grausamem rucke
Unsere kränze zerknüllt
Rufend mit schmerzhaftem zucke:
›Spiel das nicht fasst und nicht füllt‹
Ihr die ihr rauh seid und stählern
Reisst aus der hand uns das heft:
Und wir vergeben den quälern
Wenn ihr auch tödlich uns trefft.
Anmutig ist unser reihen·
Lasset uns liebend euch nahn:
Können wir ganz auch nicht weihen –
Ganz wie ihr wollt euch umfahn!
Wir ein feinblütig gezüchte
Neigen uns schmeichelnd euch dar:
›Zähmt eure gier! mehr der früchte
Wehrt euer jahr und dies jahr‹.
In dem haine wo der ahnen
Geist geheim im schatten hauste·
Wo von weit den wallern grauste·
Wo die überwachsnen bahnen
Sie gefesselt nur beschritten
Als ein zeichen tiefster frone·
Wo vorm unsichtbaren throne
Sie sich selber wunden schnitten·
Wo im wallend weissen rocke
Stand der greis mit blutigem knaufe·
Roter bach in zähem laufe
Rann vom rohbehaunen blocke:
Dorthin ziehn nun unsre scharen·
Nur des goldes breite scheibe
Glitzert auf dem nackten leibe
Den mit blatt bekränzten paaren.
Statt der gift der würgerhände
Strömt ein guss von dunklem weine
Zischend in die lohen brände·
Rieselt nieder an dem steine.
Statt der wild gerizten schrammen
Schnellen tanzend unsre glieder
Zu den takten ernster lieder
In die reinigenden flammen.
Im dumpf hallenden gebäue
Ringelt duft um hohe eschen
Und durch ihres laubes breschen
Blinkt des himmels tiefste bläue.
Da du erst verhundertfältigt
Meinen blick in jener stunde:
Hat dein sturm mich überwältigt.
Hilflos griff er den beschwornen·
Wälzte ihn in finstre schrunde·
Den zu andrem licht gebornen
Riss er dann auf hohe schroffen ...
Und mir war als ob er grade
Dein geheimnis leuchtend offen
Einzigmal nun in mich flösse:
Mich erglüht von deiner gnade
Mich zermalmt von deiner grösse·
Als ob fels und boden berste
Und versinke und gemahne
Jene stunde an die erste
Wo von dir geschreckt geblendet
Zuckend in dem freudigen wahne
Ich mich ganz an dich verschwendet.
Dass kein laut mehr in mir poche
Anders wie der dir gemässe:
Presse mich in deinem joche·
Schliess mich ein in wolkigem bausche·
Nimm und weih mich zum gefässe!
Fülle mich: ich lieg und lausche!
Tief ist die trauer
die mich umdüstert·
Ein tret ich wieder
Herr! in dein haus ...
Lang war die reise·
matt sind die glieder·
Leer sind die schreine·
voll nur die qual.
Durstende zunge
darbt nach dem weine.
Hart war gestritten·
starr ist mein arm.
Gönne die ruhe
schwankenden schritten·
Hungrigem gaume
bröckle dein brot!
Schwach ist mein atem
rufend dem traume·
Hohl sind die hände·
fiebernd der mund ...
Leih deine kühle·
lösche die brände·
Tilge das hoffen·
sende das licht!
Gluten im herzen
lodern noch offen·
Innerst im grunde
wacht noch ein schrei ...
Töte das sehnen·
schliesse die wunde!
Nimm mir die liebe·
gieb mir dein glück!
Pilger ihr erreicht die hürde.
Mit den trümmern eitler bürde
Werft die blumen werft die flöten·
Rest von tröstlichem geflimme!
Ton und farbe müsst ihr töten
Trennen euch von licht und stimme
An der schwelle von Ellora.
Hoch auf sockeln durch die schatten
Matt nur sprühn von hof zu saale
Stumme augen von karfunkel
Ringe trauernder opale ...
Dumpfe beter auf den platten
Rufen nur zu ruh und dunkel
In den felsen von Ellora.
Sei geschieden· gern gemieden:
Geht der wahn in uns zur rüste·
Schweigt das pochen unsrer brüste·
Mildern unsrer fieber sieden
Altarstufen rauh und steinern
Säulen kühl und elfenbeinern
In den tempeln von Ellora!
Sucht ihr neben noch das übel
Greift ihr aussen nach dem heile:
Giesst ihr noch in lecke kübel·
Müht ihr euch noch um das feile.
Alles seid ihr selbst und drinne:
Des gebets entzückter laut
Schmilzt in eins mit jeder minne·
Nennt sie Gott und freund und braut!
Keine zeiten können borgen ...
Fegt der sturm die erde sauber:
Tretet ihr in euren morgen·
Werfet euren blick voll zauber
Auf die euch verliehnen gaue
Auf das voIk das euch umfahet
Und das land das dämmergraue
Das ihr früh im brunnen sahet.
Hegt den wahn nicht: mehr zu lernen
Als aus staunen überschwang
Holden blumen hohen sternen
Einen sonnigen lobgesang.