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Der Begründer unserer Hundedynastie hieß Hektor und war ein großer, weißer, rotgefleckter Hühnerhund, mit braunen Ohren hübsch behangen. Er war ein verlaufener Jagdhund, der sich, nachdem er seinen Herrn lange vergeblich gesucht, bei meinen Eltern heimisch gemacht hatte, die damals in Passy lebten. In Ermanglung von Rebhühnern hatte er sich der Rattenjagd ergeben, die er mit so viel Erfolg betrieb, wie nur je ein Dachshund. Ich wohnte damals in Paris, und da Hektor, mit dem ich die freundschaftlichsten Beziehungen unterhielt, begriff, daß ich das Vaterhaus auf immer verlassen hatte, machte er sich's zur Pflicht, mir jeden Morgen einen Besuch abzustatten. Er machte sich in Passy auf die Beine, was für Wetter es auch sein mochte, lief die endlosen Kais und Straßen entlang und kam gegen acht Uhr in der Frühe an, gerade zu der Zeit, da ich aufzustehen pflegte. Er kratzte an der Türe, und wenn sie ihm geöffnet wurde, stürzte er mit freudigem Bellen auf mich zu, legte seine Pfoten auf meine Knie und nahm schlicht und bescheiden die Liebkosungen entgegen, die sein musterhaftes Betragen verdiente. Darauf machte er eine Runde durchs Zimmer, als ob er Musterung halten wollte, und trat dann den Heimweg an. In Passy angelangt, postierte er sich vor meine Mutter, wedelte mit dem Schwänze und kläffte ein paarmal kurz und leise, womit er ebenso deutlich sagte, als wären es gesprochene Worte: ›Ich habe den jungen Herrn gesehen. Sei unbesorgt, es geht ihm gut.‹ Nachdem er so seiner Herrin gebührend über seine selbstauferlegte Kundschaftsreise rapportiert hatte, schlappte er seinen Wassernapf zur Hälfte aus und nahm sein Frühstück ein. Dann streckte er sich auf dem Teppich neben dem Lehnstuhl meiner Mama aus, für die er eine besondere Zärtlichkeit hegte, um sich durch einen stundenlangen Schlaf von seiner langen Reise auszuruhen.
Der arme Hektor nahm ein unglückliches Ende; er wurde schweigsam und mürrisch, und eines schönen Morgens lief er aus dem Hause fort: er spürte das Herannahen der Hundswut und da er seine Gebieter nicht beißen mochte, machte er sich von dannen. Wahrscheinlich ist er als tollwutverdächtig totgeschlagen worden, denn wir haben ihn nie wieder gesehen.
Lange blieb sein Platz im Hause leer, bis er endlich von Zamor ausgefüllt wurde. Das war eine Art Hühnerhund von sehr gemischter Rasse, klein von Gestalt und schwarz von Fell, mit Ausnahme von ein paar gelbroten Flecken oberhalb der Augenbrauen und einigen bräunlichen Schattierungen am Bauche – kurz, er war durchaus keine imposante Erscheinung und eher häßlich als schön. Seine moralischen Eigenschaften jedoch waren beachtenswert. Er hegte für Frauen die ausgesprochenste Geringschätzung, gehorchte ihnen nicht, weigerte sich, mit ihnen zu gehen, und niemals gelang es, weder meiner Mutter noch meinen Schwestern, ihm das kleinste Zeichen der Freundschaft oder Ehrerbietung abzugewinnen.
Der Gebieter, den er sich erwählt hatte, war mein Vater, in dem er die Autorität des Familienhauptes, des ernsten und reifen Mannes, verehrte.
Wer hätte jemals vermutet, daß unter diesem Hundeäußern, das so ruhig, so gelassen, so vernünftig und aller Leichtfertigkeit so abhold war, eine gebieterische, absonderliche, eine ganz unerhörte Leidenschaft schlummerte, die den größten Gegensatz zu der äußeren und inneren Beschaffenheit dieses ernsten, fast grämlichen Tieres bildete? Doch wie! Vermutet ihr nun etwa, daß der biedere Zamor geheimen Lastern frönte? Er war wohl ein Dieb? – Nein. – Naschte er etwa in Kognak eingemachte Kirschen? – Mit nichten. – War er bissig? Nicht im geringsten. Aber – Zamor hatte eine Leidenschaft für den Tanz! In dieser leichtfüßigen Kunst ging er gänzlich auf, der sonderbare Schwärmer!
Sein Beruf ward ihm in der folgenden Weise geoffenbart: Eines Tages erschien auf dem Marktplatze zu Passy ein Grauschimmel mit kahlgeschabtem Rückgrat und schlappen Ohren, so ein rechter, unglückseliger Gaukleresel. Aber seinem zerschundenen Rücken, an dem man alle Rippen zählen konnte, hingen im Gleichgewicht zwei Körbe, worin eine Truppe dressierter Hunde reiste, die mit den verschiedensten Verkleidungen ausstaffiert waren: als Minnesänger, Türken, Barone, als Sennerinnen oder Königinnen von Golconda, je nach ihrem Geschlecht. Der Theaterdirektor setzte die Hunde auf die Erde, knallte mit seiner Peitsche, und alle die Schauspieler gingen aus der horizontalen zur senkrechten Richtung über, so daß die Vierfüßler plötzlich zu Zweifüßlern wurden. Eine Querpfeife und ein Tamburin bereiteten eine passende Musik, und das Ballett ging an.
Zamor, der gravitätisch des Weges daherwandelte, machte hocherstaunt vor diesem Schauspiel Halt. Diese Hunde, in grellfarbige, an allen Nähten mit Flittergold verbrämte Gewänder gekleidet, einen Federhut oder einen Turban auf dem Kopfe, bewegten sich nach hinreißenden Weisen im Takt und hatten wahrhaftig etwas Menschenähnliches in ihrer Erscheinung; sie kamen ihm wie übernatürliche Wesen vor. Die so zierlich miteinander verbundenen Schritte, das Schleifen, Drehen und Hopsen, all das entzückte ihn und spornte ihn zu edlem Wetteifer an. Als die Truppe im Gänsemarsch an ihm vorüberzog, erhob er sich ein wenig schwankend auf seine Hinterfüße und wollte sich den Künstlern anschließen, zum großen Ergötzen der Versammlung.
Der Theaterdirektor aber nahm die Sache recht übel auf und verabreichte unserem Zamor einen sausenden Peitschenhieb übers Kreuz. So wurde er mit Schimpf und Schande aus dem Kreise verjagt, gerade wie man im Theater einen Zuschauer vor die Türe sehen würde, der es sich einfallen ließe, mitten in der Vorstellung auf die Bühne zu steigen und im Ballett mitzutun.
Diese öffentliche Demütigung entmutigte jedoch Zamors Künstlertrieb nicht. Mit hängendem Schwanze und ganz verträumt kehrte er nach Hause zurück. Den ganzen Tag über war er noch verschlossener, noch schweigsamer, noch mürrischer als gewöhnlich. Aber in der Nacht wurden meine Schwestern von einem leisen, unerklärlichen Geräusch geweckt; es kam aus dem anstoßenden Zimmer, das man nicht bewohnte und wo Zamor auf einem alten Lehnstuhl zu schlafen pflegte. Das Geräusch glich einem rhythmischen Gestampfe, das in der Stille der Nacht deutlich herübertönte. Die Mädchen dachten zuerst an einen Mäuseball, allein der Lärm der Schritte und Sprünge auf dem Fußboden war allzukräftig für das Trippelvölkchen. Endlich stand die mutigere von ihnen auf, öffnete sachte die Türe, und was erblickte sie beim günstigen Schein eines durchs Fenster hereinfallenden Mondstrahles? Zamor, der aufrecht dastand, mit den Vorderfüßen in der Luft ruderte und mühsam und sorgfältig, wie in der Tanzstunde, die Pas einübte, die er am Morgen auf der Straße bewundert hatte. Der gnädige Herr studierte!
Es war dies nicht, wie man glauben möchte, ein flüchtiger Eindruck, eine vorübergehende Laune. Zamor beharrte in seinen tanzlustigen Bestrebungen und wurde mit der Zeit ein hervorragender Künstler. Jedesmal, wenn Querpfeife und Tamburin ertönten, eilte er auf den Marktplatz, drückte sich zwischen den Beinen der Zuschauer durch und schaute mit gespannter Aufmerksamkeit zu, wie die dressierten Hunde ihre Künste vorführten; aber er mischte sich, des Peitschenhiebes eingedenk, nicht mehr in ihre Tänze; er merkte sich ihre Schritte, ihre Stellungen und anmutsvollen Gebärden, und nachts in der Stille seiner Kammer übte er sie getreulich ein, ohne sich am Tage jemals seines griesgrämigen Wesens zu entäußern. Bald genügte es ihm nicht mehr, bloß nachzuahmen; er erfand, er dichtete. And ich muß gestehen, daß im erhabenen Stil ihn wenige Hunde übertrafen. Ich beobachtete ihn oft durch die angelehnte Tür, und er betrieb seine Übungen mit solchem Feuereifer, daß er Nacht für Nacht den in der Ecke des Zimmers bereitgestellten Napf mit Wasser ganz ausleckte.
Als er sich seiner selbst sicher und den geschicktesten vierfüßigen Tänzern ebenbürtig glaubte, fühlte er das Bedürfnis, den Scheffel von seinem Lichte abzuheben und das Geheimnis seines Talents bekannt zu geben. Der Hof unseres Hauses war auf einer Seite durch ein Gitter abgeschlossen, das weit genug war, um Hunden von mäßiger Beleibtheit leicht den Zutritt zu gestatten. Eines Morgens nun waren fünfzehn bis zwanzig von Zamors Hundefreunden, gewiß feine Kenner, denen er Einladungen zu seinem ersten Auftreten in der edlen Tanzkunst geschickt hatte, um ein schön ebenes Viereck versammelt, das der Künstler zuvor mit seinem Schweife reingefegt hatte. Die Vorstellung begann. Unser Künstler gab ein Menuett, einen Hopser und einen Zweischritt-Walzer zum besten. Die Hunde schienen davon entzückt und bezeugten ihre Begeisterung durch gefühlvolles Uah! – Uah! – was in ihrer Sprache nichts anderes als Bravo! – Bravo! hieß. Außer einem alten, kotigen Pudel, der jämmerlich aussah und mißbilligend knurrte, verkündeten alle, daß Zamor der erste Tänzer unter den Hunden sei. Mancher zweifüßiger Zuschauer hatte sich zu den vierfüßigen gesellt, und Zamor genoß die Ehre, von Menschenhänden beklatscht zu werden.
Der Tanz war ihm so sehr in Fleisch und Blut übergangen, daß er sich, wenn er einer Schönen den Hof machte, auf die Hinterbeine stellte und mit auswärts gekehrten Füßen Bücklinge machte wie ein Edelmann aus der Zopfzeit; es fehlte ihm nur der Dreispitz unterm Arm.
Im übrigen war und blieb er sauertöpfisch und teilnahmslos. Er rührte sich nur, wenn sein Herr Stock und Hut ergriff. Zamor starb an einer Gehirnentzündung, die zweifellos durch die geistige Überanstrengung verursacht wurde, die er sich bei Erlernung des Schottisch, der damals stark im Schwange war, zugezogen hatte.
Zamor hätte volles Anrecht darauf gehabt, eine erste Kraft im berühmtesten Zirkus seiner Zeit zu werden; auch fehlte ihm dazu nicht die Gelegenheit. Allein er wollte seinen Herrn nicht verlassen und brachte seine Eitelkeit seiner Liebe zum Opfer. Er gab damit ein Beispiel treuer Ergebenheit, wie man es bei den Menschen vergebens suchen dürfte.
An die Stelle des Tänzers trat ein Sänger namens Kobold, ein englisches Wachtelhündchen reinster Rasse und vornehmster Herkunft. Man kann sich keinen possierlicheren Anblick denken als dies Tierchen mit seiner riesigen, stark gewölbten Stirne, den großen, hervorstehenden Augen, der an der Wurzel wie eingeknickten Schnauze, den langen, bis zur Erde schleppenden Ohren. Nach seiner Übersiedlung nach Frankreich schien Kobold, der nur englisch gelernt hatte, wie stumpfsinnig. Er verstand die Befehle nicht, die man ihm erteilte; auf » go on« und » come here« dressiert, blieb er beim französischen » va-t-en« und » viens« (geh weiter! komm her!) unbeweglich; es dauerte ein Jahr, bis er die Sprache seines neuen Heimatlandes erlernt hatte und an der Unterhaltung teilnehmen konnte. Kobold war für Musik sehr empfänglich und sang selber kleine Lieder mit ausgesprochen englischem Akzent. Man gab ihm das a auf dem Piano an und er setzte mit dem richtigen Ton ein und modulierte ihn mit einem flötendem Hauche zu wirklich musikalischen Phrasen, die keinerlei Ähnlichkeit mit Bellen oder Heulen hatten. Wollte man, daß er wieder anfange, so brauchte man nur zu sagen: » Sing a little more«, und er nahm seine Weise wieder auf. Kobold bekam die delikatesten Mahlzeiten; man wandte auf seine Ernährung all die Sorgfalt, die man einem Tenor und einem so vornehmen Gentleman selbstverständlich schuldig ist. Allein er hatte einen wunderlichen Geschmack: er fraß Erde wie ein südamerikanischer Wilder. Diese üble Gewohnheit, von der er nicht abzubringen war, zog ihm eine Verstopfung zu, an der er starb. Er hatte stets eine Vorliebe für Reitknechte, Pferde und für den Stall gezeigt und meine Ponys hatten keinen beständigeren Kameraden gehabt als ihn. Sein Leben war zwischen der Box und dem Piano dahingeflossen.
Vom Wachtelhündchen Kobold gehen wir über zu Myrza, einer kleinen Bologneserhündin. Sie ist weiß wie Schnee, besonders wenn sie aus dem Bade kommt und noch keine Zeit gefunden hat, sich im Staube zu wälzen.
Myrza ist sanftmütig wie eine Taube, von sehr einschmeichelndem Wesen und hat keine Spur von Galle. Nichts ist komischer anzusehen als dies zerzauste Geschöpfchen, dessen Gesicht aus zwei Augen besteht, die wie Sofanägelchen aussehen, und aus einem Näschen, das man für eine kleine Trüffel halten könnte. Locken, kraus wie Astrachanfell, flattern in malerischer Anordnung um dies Lärvchen und verdecken bald das eine, bald das andere Auge, was ihr einen stets wechselnden Ausdruck verleiht und sie schielen macht wie ein Chamäleon.
Das schmucke Tierchen sieht gar nicht recht aus wie ein lebendiger Hund; es scheint aus dem Schaufenster eines Spielwarenhändlers zu stammen. Wenn es so dasitzt, mit seinem blauen Halsband und dem silbernen Glöckchen daran, mit seinem regelmäßig gelockten Fell, so möchte man es für ein Hündchen aus Pappe halten, und wenn es bellt, so sieht man unwillkürlich nach, ob es nicht einen Blasebalg unter den Füßen hat.
Myrza scheint im täglichen Umgang nicht sehr geistreich; sie verbringt ihre Zeit zu drei Vierteilen mit Schlafen, und wenn man sie ausstopfte, so würde sich ihr Dasein nicht verändern. And dennoch hat Myrza eines Tages den Beweis einer solchen Klugheit geliefert, wie sie mir an keinem anderen Beispiel bekannt ist. Ein befreundeter Maler hatte mir, um mein Urteil zu hören, ein Bildnis gebracht, das sich durch Naturtreue der Farben und lebendige Wirkung auszeichnete. In meinem langjährigen, vertrauten Umgang mit Tieren aller Art habe ich nie gesehen, daß auch nur eines von ihnen jemals ein Gemälde wahrgenommen hätte. Was den Menschen vom Tiere unterscheidet, ist ja gerade der Sinn für die Kunst und den Zierat. Kein Hund schaut ein Bild an oder behängt sich mit Ohrringen. Nun also: Beim Anblick des Porträts, das der Maler an die Wand gelehnt hatte, schoß Myrza von dem Schemel herab, auf dem sie zu einer Kugel zusammengeschmiegt ruhte, näherte sich dem Gemälde, fing wütend zu bellen an und versuchte den Unbekannten zu beißen, der sich so ins Zimmer eingeschlichen hatte. Ihr Staunen schien grenzenlos, als sie erkennen mußte, daß sie es mit einer ebenen Oberfläche zu tun hatte, die sie mit ihren Zähnen nicht packen konnte und daß alles nur trügerischer Schein war. Sie beschnüffelte das Bild, versuchte hinter den Rahmen zu gelangen, schaute uns beide verblüfft und fragend an und kehrte endlich an ihren Platz zurück, wo sie sich voller Verachtung wieder in ihren Schlummer zurückzog, ohne sich mehr um den gemalten Herrn zu kümmern.
Schließen wir mit der Geschichte unseres Dash. Eines Tages kam ein Hausierer, der zerbrochenes Glas einhandelte, an unserer Tür vorbei und fragte nach gesprungenen Fensterscheiben und Flaschenscherben. In seinem Karren hatte er einen jungen, drei bis vier Monate alten Hund, den man ihm mitgegeben hatte, damit er ihn ertränke. Das tat dem wackeren Manne leid; und das Hündchen sah ihn liebevoll und flehentlich an, als hätte es verstanden, worum es sich handelte. Das strenge Urteil war über das arme Tier verhängt worden, weil es eine Vorderpfote gebrochen hatte. Das Mitleid regte sich in meinem Herzen, und ich nahm den zum Tode Verurteilten bei mir auf. Ein Tierarzt wurde gerufen. Man umgab dem Dash die Pfote mit Schienen und Binden; aber es war unmöglich, ihn davon zurückzuhalten, den Verband wieder abzunagen, und der Bruch heilte nicht; seine Pfote, deren Knochen sich nicht wieder zusammengefügt hatten, blieb auf immer schlaff und baumelnd wie der leere Ärmel eines Amputierten. Doch hinderte dies Gebrechen meinen Schützling nicht, munter und lebensfroh zu sein. Er konnte auf seinen drei gesunden Gliedern noch recht schnell laufen.
Dash war ein reiner Gassenhund, ein Art Mops mit einen Einschlag von Wachtelhund. Er war häßlich, hatte aber ein lebhaftes Grimassengesicht, aus dem Heller Verstand leuchtete.
Er schien zu verstehen, was man ihm sagte und seine Miene veränderte sich, je nachdem die Worte die man im selben Tone an ihn richtete, beschimpfend oder schmeichelhaft waren. Er rollte die Augen, zog die Lefzen in die Höhe, gefiel sich in allerlei regellosen Muskelzuckungen, lachte dann, daß man alle seine weißen Zähne sah; und er wußte es nur zu gut, wie drollig er sich bei diesen Faxen ausnahm. Oft versuchte er zu sprechen. Dann legte er die Pfote auf mein Knie, heftete seinen eindringlichen Blick auf mich und fing an, lange und zusammenhängend zu murmeln, zu ächzen, zu knurren, mit so wechselnder Betonung, daß es schwer hielt, darin nicht eine Sprache zu erkennen. Manchmal geschah es, daß ihm mitten in solcher Zwiesprache ein Blaffen oder sonst eine lautschallende Äußerung entfuhr; dann warf ich ihm einen strengen Blick zu und sprach: »Das heißt bellen, das heißt nicht sprechen; ist Er am Ende gar ein Tier?« Durch diese Andeutung gekränkt, nahm Dash seine Stimmübungen wieder auf, in die er den ergreifendsten Ausdruck legte. ›Dash erzählt seine unglücklichen Schicksale‹, hieß es dann.
Dash schwärmte für Zucker. Beim Nachtisch erschien er stets im Augenblick, da der Kaffee aufgetragen wurde und beanspruchte von jedem Tischgenossen ein Stück mit einer Beharrlichkeit, die stets von Erfolg gekrönt war. Er hatte schließlich diese freiwillige Gabe in eine regelrechte Steuer verwandelt, die er unnachsichtig einzog.
Mein Köter hatte zwar den Körper eines häßlichen Bettlers, doch wohnte darin die Seele eines Helden. Gebrechlich wie er war, griff er mit der Tollheit des Heldenmutes Hunde an, die zehnmal größer waren als er selber und ließ sich schauderhaft zurichten. Wie Don Quijote, der tapfere Ritter von der Mancha, zog er triumphierend aus und kam in kläglichem Aufzug wieder heim. Ach! er sollte das Opfer seines Mutes werden. Vor einigen Monaten brachte man ihn mit gebrochenem Kreuz nach Hause. Er war im Kampfe mit einem ungeschlachten Neufundländer gefallen.
Im folgenden Kapitel will ich die Chronik der Chamäleons, Eidechsen und Elstern und anderer Tierchen aufzeichnen, die in meiner kleinen Menagerie gelebt haben.