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Bei einem etwa 21jährigen Kranken werden die Produkte der unbewußten Geistesarbeit nicht nur als Zwangsgedanken, sondern auch als Zwangsbilder bewußt. Die beiden können einander begleiten oder unabhängig voneinander auftreten. Zu einer gewissen Zeit traten bei ihm innig verknüpft ein Zwangswort und ein Zwangsbild auf, wenn er seinen Vater ins Zimmer kommen sah. Das Wort lautete: »Vaterarsch«, das begleitende Bild stellte den Vater als einen nackten, mit Armen und Beinen versehenen Unterkörper dar, dem Kopf und Oberkörper fehlten. Die Genitalien waren nicht angezeigt, die Gesichtszüge auf dem Bauch aufgemalt.
Zur Erläuterung dieser mehr als gewöhnlich tollen Symptombildung ist zu bemerken, daß der intellektuell vollentwickelte und ethisch hochstrebende Mann bis über sein zehntes Jahr eine sehr lebhafte Analerotik in den verschiedensten Formen betätigt hatte. Nachdem sie überwunden war, wurde sein Sexualleben durch den späteren Kampf gegen die Genitalerotik auf die anale Vorstufe zurückgedrängt. Seinen Vater liebte und respektierte er sehr, fürchtete ihn auch nicht wenig; vom Standpunkte seiner hohen Ansprüche an Triebunterdrückung und Askese erschien ihm der Vater aber als der Vertreter der »Völlerei«, der aufs Materielle gerichteten Genußsucht.
»Vaterarsch« erklärte sich bald als mutwillige Verdeutschung des Ehrentitels »Patriarch«. Das Zwangsbild ist eine offenkundige Karikatur. Es erinnert an andere Darstellungen, die in herabsetzender Absicht die ganze Person durch ein einziges Organ, z. B. ihr Genitale ersetzen, an unbewußte Phantasien, welche zur Identifizierung des Genitales mit dem ganzen Menschen führen, und an scherzhafte Redensarten wie: »Ich bin ganz Ohr.«
Die Anbringung der Gesichtszüge auf dem Bauche der Spottfigur erschien mir zunächst sehr sonderbar. Ich erinnerte mich aber bald, ähnliches an französischen Karikaturen gesehen zu haben Vgl.: ›Das unanständige Albion‹, Karikatur von Jean Véber aus dem Jahre 1901 auf England in Eduard Fuchs: Das erotische Element in der Karikatur, 1904. Der Zufall hat mich dann mit einer antiken Darstellung bekanntgemacht, die volle Übereinstimmung mit dem Zwangsbild meines Patienten zeigt.
Nach der griechischen Sage war Demeter auf der Suche nach ihrer geraubten Tochter nach Eleusis gekommen, fand Aufnahme bei Dysaules und seiner Frau Baubo, verweigerte aber in ihrer tiefen Trauer, Speise und Trank zu berühren. Da brachte sie die Wirtin Baubo zum Lachen, indem sie plötzlich ihr Kleid aufhob und ihren Leib enthüllte. Die Diskussion dieser Anekdote, die wahrscheinlich ein nicht mehr verstandenes magisches Zeremoniell erklären soll, findet sich im vierten Bande des Werkes Cultes, mythes et religions, 1912, von Salomon Reinach. Ebendort wird auch erwähnt, daß sich bei den Ausgrabungen des kleinasiatischen Priene Terrakotten gefunden haben, welche diese Baubo darstellen. Sie zeigen einen Frauenleib ohne Kopf und Brust, auf dessen Bauch ein Gesicht gebildet ist; der aufgehobene Rock umrahmt dieses Gesicht wie eine Haarkrone. (S. Reinach, ibid., S. 117.)