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Dr. Richardson's Bericht über die Crih-Indianer.
Den 19. Jan. 1820. Seit die Hrn. Franklin und Back nach Chipewyan abgereis't waren, bis zur Eröffnung der Schifffahrt im Frühjahr, ereignete sich, in Bezug auf die Expedition, nichts Merkwürdiges, als was mit jedem Winteraufenthalt zu Cumberlandhouse ein für alle Mal verbunden ist und wovon man sich nach folgender allgemeinen Schilderung jenes Districts und dessen Bewohner einen genügenden Begriff wird machen können.
Cumberlandhouse ward von Hearne ein bis zwei Jahre nach seiner Rückkehr vom Kupferminenflusse erbaut und ist seit jener Zeit stets von der Hudsonsbaigesellschaft als ein wichtiger Posten betrachtet worden. Vor jener Zeit brachten die Eingebornen ihr Pelzwerk an die Ufer der Hudsonsbai, oder setzten es näher bei ihrer Heimath an die Französischen Handelsleute aus Canada ab, welche diesen Theil des Binnenlandes seit dem Jahr 1797 besuchen. Der District von Cumberlandhouse dehnt sich gegen 150 M. von W. nach O. an den Ufern des Saskatchawan und ungefähr eben so weit von N. nach S. aus. Er begreift, nach einer überschläglichen Berechnung, über 20,000 Engl. Q.M., auf welchen gegenwärtig nicht mehr als 120 Indianer jagen. Von diesen haben nur wenige mehr als eine Frau. Der größte Theil lebt in Monogamie und Einige sind unbeweibt; daher wird die Zahl der verheiratheten Frauenspersonen gleichfalls nicht viel über 120 Individuen betragen. Das andere Geschlecht heirathet sehr früh, säugt die Kinder mehrere Jahre lang, und da es beständig Strapazen und häufig Hungersnoth zu erdulden hat, so ist es nicht besonders fruchtbar. Im Ganzen kommen auf eine Frau nicht mehr als 4 Kinder, von welchen etwa die Hälfte das Alter der Pubertät erreichen dürfte. Nach diesen Daten zählt jede Familie im Durchschnitt 5 und die ganze Indianische Bevölkerung des Districts 500 Köpfe.
Obgleich diese Volksmenge, im Verhältniß zur Ausdehnung des Landes, höchst gering ist, so leidet sie doch, vermöge ihrer Lebensart, zuweilen den äußersten Mangel. In dem Winter, welchen wir zu Cumberlandhouse verlebten, wurden die Indianer sehr hart mitgenommen. Im Herbst grassirte der Keuchhusten unter ihnen, auf welchen die Masern folgten, von denen, während des Winters, der ganze Stamm angesteckt wurde. Viele starben und die, welche durchkamen, waren so geschwächt, daß sie der Jagd und Fischerei nicht mit dem gehörigen Erfolg obliegen konnten. Selbst diejenigen, bei welchen sich das Uebel gutartiger zeigte, oder die es ganz verschonte, waren durch die Jammerscenen um sie her so niedergeschlagen, daß sie ihren Verwandten in der Noth keinen Beistand leisten konnten und ihre Zeit damit hinbrachten, die Seuche zu beschwören und auszutrommeln. Die kräftigsten begaben sich nach dem Fort und wurden unterstützt; allein viele hatten sich, der Winterjagd wegen, in entfernte Reviere zurückgezogen und waren allen Schrecken der Hungersnoth preisgegeben. Zu Anfang Januars kam eines Abends ein armer Indianer mit seinem einzigen todten Kind im Arme und seinem halbverhungerten Weibe in das Gebäude der Nordwestcompagnie. Sie hatten, getrennt von den Uebrigen, gejagt und wurden, als ihnen schon die Lebensmittel ausgiengen, von der epidemischen Krankheit heimgesucht. Der Indianer ist an Entbehrung aller Art gewöhnt und läßt sich nicht gerne gegen Andere über sein Leiden aus. Der Bericht dieses armen Mannes war äußerst laconisch. Das Fieber hatte kaum nachgelassen, als er sich mit seiner Frau auf den Weg nach Cumberlandhouse machte; nachdem sie sich genöthigt gesehen, von den Stückchen Leder und dem Auswurfe zu leben, welcher um ihr Zelt herumlag. Selbst diese kärgliche Nahrung gieng ihnen aus; sie reis'ten einige Tage lang, ohne zu essen, und strengten sich weit über ihre Kräfte an, um nur das Leben ihres Kindes zu retten, welches in der Nähe des Forts den Geist aufgab. Hr. Connolly nahm die Leute äußerst gütig auf und setzte ihnen sogleich Nahrung vor, allein keine Sprache ist fähig, die Gebehrde des unglücklichen Vaters zu schildern, mit welcher dieser den Bissen zurückwies und den Verlust seines Kindes bejammerte.
Die ursprüngliche Abstammung der Crihs ist, wie die der andern Ureinwohner Amerika's, in Dunkel gehüllt. Vielleicht werden die Untersuchungen, welche man jetzt über die Eigenthümlichkeiten und Verwandtschaften der Sprachen verschiedener Indianerstämme anstellt, über diesen Gegenstand mehr Licht verbreiten. In der That scheint es den Amerikanischen Philologen bereits gelungen zu seyn, die bekannten Dialecte unter drei Hauptsprachen zusammenzustellen. 1) Das Fleridische wird von den Crihks, Chickesaws, Choctaws, Cherokihs, Pascagoulas und einigen andern Stämmen, welche den südlichsten Theil der Vereinigten Staaten bewohnen, geredet. 2) Das Iroquois von den Mengwe oder den Sechs Nationen, den Wyandots, Nadowessern und Assiniboytucks. 3) Das Lenni Cenapè; diese Sprache findet man weit mehr verbreitet, als die andern zwei, und sie wird auch von unsern Crihs geredet. Der Missionär Heckewelder, welcher lange unter diesem Volke wohnte, und aus dessen in den Verhandlungen der Amerikanischen Philosophical Society mitgetheilten Memoire die obige Classification entlehnt ist, behauptet, daß sich unter den Lenapè die Tradition finde, ihre Urväter seyen von Westen gekommen und haben das ganze Land zwischen dem Missuri und dem Atlantischen Ocean, nach Vertreibung der Ureinwohner, welche sie Alligewi nennen, in Besitz genommen. Bei dieser Völkerwanderung und diesem Kampfe, der eine Reihe von Jahren währte, hielten die Mengwe oder Iroquois in Norden gleichen Schritt mit ihnen und drangen in paralleler Richtung vor, bis sie sich zuletzt an dem Ufer des St. Lorenz und den großen Seen, aus denen er entspringt, festsetzten. Die zahlreichem Lenapè bevölkerten nicht allein den größten Theil der jetzigen Vereinigten Staaten, sondern schickten auch Streifkorps nach Norden an den Missisippi und die Küsten der Hudsonsbai. Unter diesen nördlichen Stämmen sind die vornehmlichsten die Saulteurs oder Chippeways und Crihs; die erstern bewohnen das Land zwischen dem Winipeg und Obernsee; die letztern besuchen die Ufer der Hudsonsbai von Moose bis Churchill und den von da bis an die Ebenen des Saskatchawan sich erstreckenden Landstrich. Diese Crihs, welche früher von den Französischen Canadiern Knistenoer genannt wurden, legen sich selbst den Namen Eithinyoowuc (Männer), oder, wenn sie sich von den übrigen Indianern unterscheiden wollen, Nathehwywithinyoowuc (südliche Männer) bei Dadurch, daß man eine große Menge von Namen ohne Unterschied verschiedenen Stämmen der Chippeways und Crihs beigelegt hat, ist eine gewaltige Verwirrung entstanden. Hekkewelder glaubt, daß die Crihs bei der Moosefactorei zu dem Stamm der Lenapè gehören, welcher Minsi oder Wolfindianer heißt. Ihn hat zu dieser Meinung die Aehnlichkeit des Namens verleitet, welchen ihnen Hr. Jeremie beilegt, nämlich Monsonies. Ihr wahrer Name ist jedoch Mongsoaeithinyoowuc oder Moosethierindianer; daher auch der Name der Factorei und des Flusses, an welchem diese liegt. Der Name Knistenoer, Kristenoer oder Killistenoer wurde ehemals einem Crihstamme beigelegt, der jetzt Maskegon heißt und den Fluß Winipeg bewohnt. Diese kleine Horde hat noch dieselben eigenthümlichen Gebräuche und Trachten beibehalten, deren Hr. Henry in dem interessanten Bericht über seine Reise in jene Länder gedenkt. Der Charakter dieser Leute soll äußerst bösartig seyn. Die große Masse der Crihs wurde zu jener Zeit Opimmitisch Ininiwuc oder Waldmenschen genannt. Indeß würde es eine end- und zwecklose Arbeit seyn, wenn man versuchen wollte, den jedesmaligen Stamm, von welchem die frühern Französischen Schriftsteller reden, jetzt zu bestimmen. Jede kleine Gesellschaft, welche sich nach ihrem Jagdgebiete nannte, war als eine besondere Nation beschrieben. Die Chippeways, welche den Holzsee besuchten, wurden z. B. wegen einer einzigen Räuberei Pilliers genannt, und der Name Saulteurs, den ursprünglich eine große am St. Marienfall wohnende Horde führte, ist nach und nach auf den ganzen Stamm ausgedehnt worden. Man nennt und schreibt ihn häufig Sotoos.. Der ursprüngliche Character der Crihs muß durch den langen Verkehr mit den Europäern bedeutend modificirt worden seyn; unser Bericht hat es nur mit ihrem gegenwärtigen Zustande und in'sbesondere mit dem der, in der Nachbarschaft von Cumberlandhouse wohnenden Crihs zu thun. – Auf den moralischen Charakter eines Jägers hat die Natur des Landes, welches er bewohnt, der Ueberfluß oder Mangel an Nahrung und, im vorliegenden Fall, nicht minder die Gelegenheit, sich geistige Getränke zu verschaffen, einen entschiedenen Einfluß. Da das von den Crihs bewohnte Land in diesen Beziehungen so verschieden ist, so bemerkt man auch in der Gemüthsart der Horden bedeutende Abweichungen. Man setze ferner nicht aus den Augen, daß wir hier die Moralität eines Volkes, welches seine Handlungen nur von den angebornen Begriffen über Recht und Unrecht abhängig macht, nach unsern, durch göttliche Offenbarung geläuterten, Ansichten beurtheilen.
Wenn wir also von den Crihs mit Recht behaupten können, daß sie eitel, unbeständig, unbedachtsam und träge sind; es dabei mit der Wahrheit nicht genau nehmen und gewaltig prahlen; so haben sie dagegen große Achtung für die Rechte des Eigenthums, sind für sanftere Gefühle empfänglich, der Freundschaft fähig, äußerst gastfrei, gegen ihre Frauen ziemlich gütig und überhaupt dem Frieden hold. Die Schattenseite ihres Characters hat großentheils ihren Grund in der Art wie sie leben; da der Jäger nun einmal, in Bezug auf seine Subsistenz, vom Zufall abhängt, so sorgt auch der Crih nicht für den kommenden Morgen, und das Anstößigste in seinem Benehmen, das unablässige Prahlen, hat er sich wahrscheinlich angewöhnt, um sich bei seinen Feinden dadurch in Furcht zu setzen. Finden wir doch auch bei den alten Griechen denselben Fehler! Jeder Crih fürchtet die medizinischen oder Zauberkräfte seines Nachbars, erhebt aber zugleich seine eigenen Künste bis an den Himmel. »Ich bin einem Gotte gleich«, ist eine Redensart, die sie beständig im Munde führen, und sie bekräftigen ihre Göttlichkeit damit, daß sie glühende Kohlen essen und verschiedene Gaukeleien der Art anstellen. Ein Medizinbeutel gehört unerläßlich zum Zeug eines Jägers. In demselben ist gewöhnlich ein wenig Indigo, blauer Vitriol, Zinnober oder irgend eine andere Substanz von greller Farbe; und wenn sich ein solcher in den Händen eines berüchtigten Beschwörers befindet, so erlangt derselbe bei seinen Stammgenossen dadurch ein solches Ansehen, daß er sich ruhig von dem Schweiße seiner betrogenen Landsleute mästen kann.
Ein Bursche dieses Gelichters kam im Winter 1819 zu Cumberlandhouse an. Obgleich die Indianer sich damals in so bedrängten Umständen befanden, so hat ihnen die Raubsucht des Schurken dennoch auch das Nothwendigste entzogen, und ein armer Jäger war gerade durch die Erpressungen desselben dem Hungertode nahe. Der mächtige Beschwörer war kaum in das Haus getreten, als er anfieng, von seinen Kräften zu prahlen und unter andern behauptete, er wolle sich Hände und Füße so fest als möglich binden lassen und sich dann in einem Beschwörungshause, mit Hülfe von 2-3 dienstbaren Geistern, unverzüglich befreien. Man nahm ihn sogleich bei'm Wort, und damit er auch gleich den Lohn für seine Mühe vor Augen hätte, wurde ihm, im Falle er die Probe hielte, ein Mantel versprochen. Das Beschwörungshaus wurde auf die gewöhnliche Weise hergestellt, indem man 4 Weiden in den Boden steckte und deren Spitzen 6-8 F. über demselben an einem Reif befestigte. Jetzt wurde der Mensch fest geknebelt, indem man ihm einen Tau von mehreren Faden Länge um Körper und Extremitäten wand und in das enge Behältniß, das nicht über 2 F. im Durchmesser hatte, gestellt. Ein über das Gestell geworfenes Moosethierfell entzog ihn unsern Blicken. Alsbald begann er, eine Art Hymne in höchst einförmigem Tone zu singen. Die übrigen Indianer, welche zweifelhaft schienen, ob sein Teufel oder die der weißen Männer, stärker seyen, stellten sich in Reihen umher und harrten mit Ungeduld des Ausganges. Der Beschwörer machte zuweilen Pausen, worauf seine Landsleute im Chor einfielen. So giengen 1½ Stunden hin. Endlich wurde unsere Aufmerksamkeit, welche in Langeweile überzugehen anfieng, durch ein heftiges Schütteln des Beschwörungshauses wieder aufgeregt. Alsbald flisterte es im Kreise, daß wenigstens ein Teufel unter die Haut gekrochen sey; allein es ergab sich, daß nur der göttergleiche Mann darunter war, der vor Kälte zitterte. Er war bis auf die Haut entblößt in die Schranken getreten und das Therm. stand, diesen Abend gewaltig tief. Er versuchte indeß noch eine halbe Stunde lang, sich zu befreien, worauf er mit sichtbarem Widerwillen sein Unvermögen eingestand. Wenn seine Landsleute ihn gebunden hatten, war es ihm wohl möglich gewesen, sich mit Ehren aus der Sache zu ziehen; allein dießmal hatte ein erfahrener Seemann, der Gouv. Williams, den Knoten geschürzt. Nach dieser mißrathenen Leistung sank sein Credit gewaltig und er nahm die erste Gelegenheit wahr, sich von dem Fort wegzuschleichen.
Vor etwa 2 Jahren mußte ein Beschwörer noch härter für seine Vermessenheit büßen. Er stieß, bei einem Wortwechsel mit einem Indianer die Drohung aus, daß er sich rächen werde. Nachdem die Hadernden den Winter, in welchem dem Indianer ein Kind starb, an verschiedenen Orten verlebt, begegneten sie sich im Frühling zu Carltonhouse. Der Beschwörer hatte die Thorheit, sich zu rühmen, er sey Schuld an dem Tode des Kindes, worauf ihn der ergrimmte Vater auf der Stelle niederschoß; indeß hatten diese beiden Indianer durch ihren häufigen Verkehr mit den zornigen Steinindianern schon gelernt, Menschenleben gering zu achten.
Man dürfte glauben, die Crihs hätten durch ihren langen Verkehr mit civilisirten Nationen gewonnen. Daß dieß nicht so sehr der Fall ist, als man erwarten dürfte, kann man ihnen nicht allein zur Last legen. Es fehlt ihnen keineswegs an Intelligenz und sie lassen sich gewiß gern belehren; allein man hat sich seither nicht darum bemüht, ihren Geist zu bilden; und ihre Europäischen Bekannten scheinen es überhaupt bequemer zu finden, sich, vorzüglich in Ansehung des andern Geschlechts, zu der Denk- und Handlungsweise der Indianer herabzustimmen, als die letztern zu geläutertern Ansichten zu erheben. In den Zwistigkeiten der beiden rivalisirenden Handelsgesellschaften hat sich über dem ein so beklagenswerther Mangel an Moralität ausgesprochen, daß die Weißen nur durch vieljähriges musterhaftes Betragen die üble Meinung austilgen können, welche die Indianer von deren Charakter gefaßt haben. Ungeachtet der häufigen Verletzung der Eigenthumsrechte, welche sie mit angesehen und häufig selbst erduldet haben, gehen diese sogenannten Wilden nimmer von der strengsten Rechtlichkeit ab. Wenn sie einen Posten besuchen, so steht ihnen jedes Zimmer offen, und wenn gleich Dinge, die für sie Werth haben, umherliegen, so vermißt man dennoch nichts. Ja, sie hüten sich gewissenhaft, irgend eine Sache von ihrer Stelle zu bewegen, obgleich sie häufig aus Neugier dieselbe betrachten. Zuweilen bringt sie dieser Grundsatz zu einer Art von Selbstverläugnung, die über alle Erwartung geht. So kömmt es häufig vor, daß man Fleisch, welches schon bezahlt ist (wenn anders das giftige Getränk, welches man ihnen dagegen reicht, für Bezahlung gelten kann), in ihren Wohnungen läßt, bis sich eine schickliche Gelegenheit zu dessen Transport findet, alsdann werden sie lieber mehrere Tage keine Nahrung zu sich nehmen, als das ihnen anvertraute Fleisch berühren, selbst wenn Aussicht vorhanden ist, es zu ersetzen.
Die Gastfreundschaft der Crihs hat keine Gränzen. Die Mestizen, welche von ihren unnatürlichen weißen Vätern verlassen worden, finden bei ihnen eine Art von Asyl und die Kranken, oder überhaupt Jedermann in demselben Lager, zehren von dem Vorrathe eines glücklichen Jägers, so lang er währt. So sehr auch der Crih die geistigen Getränke liebt, so wird er doch nicht eher froh, bis alle seine Nachbarn mit ihm trinken. An der Freigebigkeit mit diesem Artikel dürfte jedoch die Eitelkeit ihren Theil haben; denn wenn ein Indianer sich durch eine gute Jagd in den Stand gesetzt sieht, die übrigen mit einem Fäßchen Rum zu tractiren; so ist er auf eine Nacht der Häuptling, nimmt eine gewaltig wichtige Miene an und wird von denen, die auf seine Kosten zechen, mit Ehrerbietung behandelt. So bringt sie auch die Sucht, sich einen Namen zu machen, dazu, die Artikel, welche sie bei den Handelsposten eintauschen, wegzuschenken, und wenn sie dafür gelobt werden, glauben sie sich reichlich bezahlt.
Hazardspiele sind zwar unter allen Crihs gebräuchlich, jedoch am meisten bei denjenigen Stämmen, welche die Ebenen bewohnen und, wegen des leichtern Nahrungserwerbs, mehr Muse haben. Das gewöhnlichste Spiel heißt Puckesann und wird mit den Steinen einer Species von Prunus, der sogenannten Puckesann-meena, gespielt. Die Kunst besteht darin, die Zahl von Steinen zu errathen, welche aus einer kleinen hölzernen Schüssel geschüttet werden, und die Jäger pflegen ganze Nächte mit diesem verderblichen Zeitvertreib hinzubringen und ihre nothwendigsten Artikel, Pulver und Schroten, auf's Spiel zu setzen.
Man findet bei einigen Schriftstellern die Bemerkung, daß die Ureinwohner Amerika's keine große Neigung zum andern Geschlecht hätten. Dieß findet keineswegs auf die Crihs Anwendung; im Gegentheil ist Ehebruch die gewöhnlichste Veranlassung zu ihren Zwistigkeiten. Wird das schuldige Paar entdeckt, so erhält die Frau gewöhnlich eine tüchtige Tracht Schläge; allein der beleidigte Ehemann wagt es gewöhnlich nicht eher, den männlichen Verbrecher zu Rede zu stellen, bis sie sich einmal zusammen bei'm Fort betrinken. Dann wird die Erinnerung an die Beleidigung in jenem wach und es entsteht eine Balgerei, welche gewöhnlich mit dem Verluste von ein Paar Hände voll Haaren endigt. Manche Ehemänner fühlen sich jedoch tiefer in ihrer Ehre verletzt und suchen sich selbst bei nüchternem Muthe zu rächen. In solchen Fällen ist es nicht ungewöhnlich, daß der Beleidigte mit der größten Gelassenheit zu dem andern hingeht, dessen Gewehr oder irgend einen Gegenstand von Werth ergreift und ihm vor seinen Augen entzweischlägt. Der Ehebrecher sieht ruhig zu und wagt nicht, die Zerstörung seines Eigenthums zu verhindern. In dieser Hinsicht scheint sich wirklich der Indianische Charakter vom Europäischen zu unterscheiden; denn der Indianer läßt sich nie durch den Zorn seines Gegners in Hitze bringen, sondern setzt ihm die größtmögliche Kälte entgegen, um ihn nicht auf's Aeußerste zu bringen.
Obgleich sich die Crihs auf die ebenangeführte Weise wegen des Ehebruchs rächen, so gilt er doch bei ihnen für kein Verbrechen, sobald der Ehemann für die Ehrlosigkeit seines Weibes ein gutes Handgeld erhält. In diesem Fall wird sie den Bekannten geliehen. Auch wird Keuschheit vor der Ehe, d. h. ehe die Frau das ausschließende Eigenthum eines bestimmten Jägers wird, derselben nicht zur Tugend angerechnet.
Im Allgemeinen behandelt der Crih seine Frau nicht barbarisch. Er läßt sich sogar von ihr gewissermaaßen beherrschen. Die Frauen dürfen häufig mit den Männern essen und sich sogar in ihrer Gesellschaft betrinken; dagegen müssen sie auch einen großen Theil der Arbeit verrichten. Sie bauen die Hütte, kochen, gerben die Felle und müssen meistens das schwerste Bündel tragen; können sie aber die Arbeit nicht allein vollbringen, so halten es die Männer nicht unter ihrer Würde, ihnen zu helfen. Zum Belege dieser Behauptung kann das Beispiel eines Indianers dienen, welcher im Winter das Fort besuchte. Die Frau dieses armen Menschen hatte ihre Füße durch den Frost verloren und so sah er sich genöthigt, nicht nur zu jagen und alle häuslichen Verrichtungen selbst zu thun, sondern mußte auch im Winter seine Frau und deren Gepäck von einem Lager zum andern ziehen. Da er auf diese Weise mit seinen Landsleuten nicht gleichen Schritt halten konnte, so wäre er mehr als einmal beinahe ein Opfer seiner Pflicht geworden. Wenn hieraus hervorgeht, daß diese Indianer allerdings einer gewissen Zärtlichkeit gegen das andere Geschlecht fähig sind, so legen sie doch in ihren Gesprächen und bei feierlichen Gelegenheiten eine große Verachtung gegen dieselben an den Tag und verbannen sie alsdann aus ihrer Gegenwart. Hierin sind die Weißen nicht besser. Die meisten derselben haben Indianerinnen oder Halbindianerinnen zu Frauen, welche sie indeß nicht mit der, jedem weiblichen Wesen gebührenden, Schonung und Aufmerksamkeit behandeln, um sich in den Augen der Indianer nichts zu vergeben. Wenigstens beschönigen sie durch diesen Vorwand die unzarte Behandlung, welche sie sich gegen ihre Bettgenossinnen und die Mütter ihrer Kinder zu Schulden kommen lassen.
Beide Geschlechter sind zärtlich und übertrieben nachgiebig gegen die Kinder. Der Vater straft sie nie, und wenn die jähzornigere Mutter ihnen auch einmal ein paar Schläge giebt, so wird ihr Herz doch gleich durch das darauffolgende Geplärr gerührt, und sie vermischt ihre Thränen mit denjenigen, welche auf dem rußigen Gesichte ihres Lieblings Furchen ziehen. Man kann also wohl behaupten, daß Zwang oder Strafe bei der Erziehung der Indianerkinder nicht vorkommen und ihnen die Selbstbeherrschung, welche sie im spätern Alter auszeichnet, nicht in der Jugend beigebracht werde. Die Aeltern sprechen sich in Gegenwart ihrer Kinder ganz frei aus; auch wird Alles, was auf Geschlechtsverhältnisse Bezug hat, ohne Rückhalt vor ihnen geredet. Dieß geschieht aus Grundsatz, damit das Kind früh mit allen dem bekannt werde, was den Aeltern zum Leben nothwendig scheint. Daher wird der Knabe in früher Jugend mit allen Geheimnissen des Geschlechts vertraut gemacht, und die Mutter sorgt dafür, daß auch die Tochter dem Bruder an Kenntniß nicht nachstehe.
Da die Crihs früh von den Europäern Feuergewehre erhielten, so konnten sie nachdrückliche Raubzüge in das Gebiet ihrer Nachbarn unternehmen; auf denselben drangen sie zuweilen bis an das Felsengebirge nach W. und gen N. bis an den Mackenziefluß vor. Da aber gegenwärtig ihre Feinde gleich gut bewaffnet sind, so geht dieß nicht mehr an. In Ertragung des Hungers und der andern Strapazen des Jägerlebens zeigen sie viel Standhaftigkeit; allein jeder außergewöhnliche Unfall benimmt ihnen gleich allen Muth, und selten wagen sie es, ihre Feinde im offenen Felde zu bekriegen, oder dieselben auch nur zu überfallen, wenn sie diesen nicht an Zahl überlegen sind. Der Verkehr mit den Europäern dürfte sie weniger kriegerisch gemacht haben. Ihre Existenz hängt jetzt von der Munition und der Kleidung ab, welche sie von den Handelsleuten erhalten und sie fühlen ihre abhängige Lage sehr tief; allein noch mehr ist ihr Sinn durch die Leidenschaft für geistige Getränke, welche man so angelegentlich unter ihnen nährt, verschlechtert worden. Um dieses schädliche Getränk zu erhalten, lassen sie sich zu den kriechendsten Bitten herab und zeigen dabei ein höchst niedriges Benehmen, welches nicht in ihrer Natur zu liegen scheint, indem man davon in ihrem Verkehr unter einander nicht eine Spur bemerkt. Ihr Ansehen ist bei den benachbarten Nationen sehr gesunken. Es sind nicht mehr die Krieger, welche die Anwohner des Saskatchawan und Mississippi vor sich herscheuchten, vorzüglich sind die Crihs um Cumberlandhouse des Kriegs entwöhnt. Zwischen ihnen und ihren Erbfeinden, der Sclavennationen, liegen die weitläuftigen Ebenen des Saskatchawan, welche von den mächtigen Assinipoytuck oder Steinindianern bewohnt werden. Diese letztern begaben sich, als ein kleiner Stamm, unter den Schutz der Crihs, und sind jetzt das Bollwerk derselben geworden. In den Sitten und Gebräuchen der Crihs hat sich wahrscheinlich, seit deren Verkehr mit den Europäern, ebensoviel geändert, als in ihrer Sinnesart, und obgleich man uns von vielen ihrer eigenthümlichen Gebräuche erzählte, so schienen dieselben dennoch nicht streng beobachtet zu werden. Indeß wollen wir einige der Merkwürdigsten kurz berühren.
Wenn ein Jäger seine erste Frau heirathet, so schlägt er gewöhnlich seine Wohnung in dem Zelte seines Schwiegervaters auf, und der Ertrag seiner Jagd fällt der Familie zu; sobald er indeß Vater wird, können sich die Familien nach Belieben trennen oder zusammenbleiben. Seine zweite Frau ist gewöhnlich die Schwester der ersten. Jedoch ist dieß eben nicht nöthig: denn häufig dringt ein anderer Indianer ihm seine Tochter mit Gewalt auf, wenn er weiß, daß er sie gut ernähren kann. Die erste Frau hat jederzeit den obersten Rang und maaßt sich über die andern ein Ansehen an, welches nicht jederzeit gutwillig anerkannt wird. Während der Indianer mit seinen Schwiegerältern zusammenwohnt, darf die Schwiegermutter nicht mit ihm sprechen, ja ihn nicht einmal ansehen, und wenn sie ihm etwas zu eröffnen hat, bringt es die Etikette mit sich, daß sie ihm den Rücken zukehrt, und ihn durch eine dritte Person anreden läßt. Dieser sonderbare Gebrauch macht den Indianern nicht viel Ehre, wenn er wirklich seinen Grund in dem hat, was sie jetzt dafür angeben; nämlich, wenn eine Frau ihren Schwiegersohn anrede, so sey dieß ein Zeichen, daß sie eine sträfliche Neigung gegen ihn gefaßt habe. Vor Alters scheint es auch bei den Indianern gebräuchlich gewesen zu seyn, daß man in Gegenwart des Schwiegervaters weder essen noch sitzen durfte. Die Entstehung dieser Sitte konnten wir nicht erfahren; auch wird bei den Crihs um Cumberlandhouse fast gar nicht mehr darauf gehalten; obgleich dieß bei denen, welche Carlton besuchen, zum Theil noch der Fall ist. Das Tättuiren ist unter den Crihs sehr gewöhnlich. Die Frauen begnügen sich meist mit einer oder zwei Linien von den Mundwinkeln nach der Beugung der Unterkinnlade; allein die Männer sind zum Theil am ganzen Körper mit Linien und Figuren übersäet. Die meisten scheinen es mehr als einen Beweiß von Muth, denn als Zierrath zu betrachten, da die Operation äußerst schmerzhaft ist und bei zahlreichen und verwickelten Figuren mehrere Tage dauert. Die Linien im Gesichte werden hergestellt, indem man eine Ahle geschickt unter der Oberhaut hin und durch den so gebildeten Canal eine in Kohlenpulver und Wasser getauchte Schnur zieht. Der Körper wird mittelst Nadeln von verschiedener Größe, welche nach einem Muster geordnet sind, punctirt. Das verhaltene Aechzen des Leidenden wird durch das Klingeln einer Menge von Schellen, die an demselben Gestelle befestigt sind und durch Gesang übertäubt. In die Stiche wird ein wenig feinpulverisirte Weidenkohle eingerieben, die sich nie verwischt. Ein Halbindianer, dem ich den Arm amputirte, erklärte das Tättuiren für eine weit schmerzhaftere Operation, zumal wenn sie, wie dieß bei ihm der Fall gewesen, drei Tage dauere.
Zur Zeit, wenn die Frauen der Crihs menstruiren, müssen sie sich bedeutendem Zwang unterwerfen; indeß geht diese Nation hierin nicht so weit, wie die Chipewyans oder nördlichen Indianer, nach Hearne's Bericht. Auch leben sie zwei Monate, wenn sie einen Knaben, und wenn sie ein Mädchen geboren haben, drei Monate von ihrem Manne getrennt. Einige Mütter heben ein Stück von der Nabelschnur auf, nähen dasselbe in einen nett verzierten Beutel, und hängen es dem Kinde außen an der Kleidung als ein Amulet auf.
Viele Crihs sind ängstlich darauf bedacht, daß keine Frau etwas von dem Kopfe eines Moosethiers genießt, damit ihnen die künftige Jagd nicht verdorben werde; aus demselben Grunde hüten sie sich, einen solchen nach den Forts zu bringen, weil sie fürchten, die Europäer möchten die Knochen den Hunden geben.
Die Spiele und andere Belustigungen der Crihs sind mannichfaltig. Das sogenannte Handschuhspiel wird mit 4 Kugeln gespielt, von denen eine ein besonderes Zeichen hat. Diese werden unter eben soviel Handschuhe verborgen, und der Gegner muß angeben, unter welchem die bezeichnete Kugel ist, jenachdem er richtig oder falsch gerathen, empfängt oder giebt er eine Feder. Wenn sämmtliche Federn, deren 10, in eine Hand übergegangen sind, so beginnt ein neuer Abschnitt; hat aber eine der Partheien dieselben dreimal gehabt, so fällt ihr der Gewinn zu.
Das Schüsselspiel ist verwickelter und wird mit den Klauen eines Bären, oder irgend eines anderen Thieres, gespielt, die mit verschiedenen Linien oder Characteren bezeichnet sind. Diese Würfel, deren 8 und die an dem breiten Ende eben geschnitten sind, werden in einer hölzernen Schüssel herumgeschwenkt, in die Luft geworfen und wieder gefangen. Die Striche, welche oben zu liegen kommen, zeigen an, wie viel Marken der Würfelnde von seinem Gegner erhält.
Indeß haben sie auch einen weit männlichern Zeitvertreib, den sie das Kreutz nennen, obwohl sie sich auch auf diesen nie ohne einen bedeutenden Einsatz einlassen. Zu diesem Spiel wird eine weite Wiese gewählt; der Gewinnst an einen Pfahl gebunden, oder zwei alten Männern übergeben. Nachdem sich die Kämpen entkleidet, bemalt und jeder mit einer Art von Schaufel, die an Gestalt dem Buchstaben P ähnelt (der Stiel ist etwa 2 Ellen lang und das Obertheil mit Netzwerk schlaff überzogen, so daß es einen flachen Beutel bildet), dem sogen. Kreuz, versehen haben, stellen sie sich auf beiden Seiten in Reihe und Glied. Jetzt wird ein Ball in der Mitte in die Höhe geworfen und jede Parthei bemüht sich, denselben nach ihrem Ziele zu treiben. Hierbei legen sie viele Gewandtheit an den Tag. Wenn ein geschwinder Läufer den Ball in seine Schaufel bekommt, so rennt er, so schnell er kann, auf das Ziel zu, wird aber voll den Uebrigen verfolgt, welche ihn aufzuhalten und den Ball herauszuschütteln streben. Wenn ihm die Gegner auf den Hacken sind, so schleudert er den Ball in die Luft, da er denn von einem seiner Parthei weiter befördert, oder von den Gegnern rückwärts getrieben wird, bis sich der Sieg dadurch entscheidet, daß er über eines der Ziele hinausgelangt.
Von den religiösen Begriffen der Crihs läßt sich schwerlich etwas Befriedigendes berichten; einmal verbreiten sie sich nicht gern über diesen Gegenstand und dann sind ihre alten Traditionen jetzt mit dem vermischt, was sie von den Europäern, in dieser Hinsicht, gehört haben. Keiner von ihnen wollte von der Entstehung der Welt etwas wissen; allein sie hatten sämmtlich von einer allgemeinen Ueberschwemmung gehört, welche die Fische verursacht hätten, um den Wäsackootchacht, einen Halbgott, mit dem sie in Streit lagen, zu ertränken. Nachdem er einen Floß gebaut hatte, schiffte er sich mit seiner Familie und allen Arten von Vögeln und Säugethieren ein. Nachdem die Fluth einige Zeit angehalten, befahl er einigen Wasservögeln, bis auf den Grund zu tauchen; sie ertranken sämmtlich; allein eine Bisamratte, welche denselben Auftrag erhielt, brachte im Munde etwas Schlamm zu Tage, aus welchem Wäsackootchacht nach der Art, wie jene Ratte ihre Wohnung baut, eine neue Erde bildete. Erst erschien ein kleiner kegelförmiger Hügel von Schlamm über dem Wasser. Nach und nach verbreitete sich dessen Fuß und wurde ein weitläuftiges Gestade, welches an den Sonnenstrahlen nach und nach zu festem Lande verhärtete. Trotz der Macht, welche jener Halbgott bei jener Gelegenheit beurkundete, steht er bei den Indianern in keiner großen Achtung; dagegen ergreift er jede Gelegenheit, sie zu quälen. Seine Handlungsweise ist durchaus nicht moralisch und seine Liebschaften, so wie die verschiedenen Gestalten, die er annimmt, um dieselben in's Werk zu setzen, sind noch abentheuerlicher und mannichfaltiger, als die des Griechischen Jupiters. Da er es jedoch mit den Gesetzen der Schicklichkeit nicht so genau nimmt, so wollen wir seine Großthaten mit Stillschweigen übergehen und nur noch von ihm bemerken, daß er mit allen Arten von Vögeln und Säugethieren in ihrer eigenen Sprache verkehrt und sie immer unter dem Titel Bruder anredet, obgleich sie, aus Mißtrauen gegen seine Absichten, seine Verwandtschaft gewöhnlich nicht anerkennen. Die Indianer bringen ihm keine Opfer, nicht einmal, um seinen Zorn abzuwenden. Indeß erzeugen sie dem Götzen Kepoochikawn eine Art von Verehrung und bringen ihm Geschenke dar.
Diese Gottheit wird, von ihnen zuweilen unter rohen Nachbildungen der menschlichen Gestalt dargestellt. Gewöhnlich ersetzen jedoch deren Stelle ein Paar, an den Spitzen zusammengebundene, Weidenbüsche. Jeder Artikel, welcher für den Indianer Werth hat, kann ihm als Opfer dargebracht werden; jedoch macht man mit demselben nicht viel Umstände und läßt in die feierlichsten Gebete zuweilen Drohungen und Vorwürfe einfließen, wenn er die Bitten nicht erhören will. Da diese letzteren meistens auf reichliche Lebensmittel hinauslaufen, so verlassen sie sich nicht durchaus auf den Kepoochikawn, sondern suchen zugleich auch den Thiergötzen zu gewinnen, welcher der bildliche Repräsentant von allen größeren jagdbaren Quadrupeden ist. Als ich mich im Monat Mai zu Carltonhouse befand, beschloß der dort wohnende Jäger, dem Kepoochikawn einige Artikel zu opfern und lud mich zu der Feierlichkeit ein. Diese gieng in einem Schwitzhause vor sich, welches zugleich den Tempel vorstellt und von des Andächtigen beiden Weibern eigends für den vorliegenden Fall hergestellt worden war. Das Holzwerk bestand aus gebogenen Weidenbäumen, welche so durchflochten waren, daß sie ein Gewölbe bildeten, in welchem 10-12 Leute gedrängt sitzen konnten. Der Gestalt nach glich es also einem Backofen, oder der Hütte eines Hottentotten; es war dicht mit Moosethierhäuten bedeckt und nur am westlichen Ende ein Eingang gelassen. Etwa in der Mitte der Hütte war ein Loch in den Boden angebracht, in welchem 10-12 rothglühende Steine lagen, um die einige Blätter des Tuccohaymenan, einer Art von Prunus, gestreut wurden. Als die Weiber mit diesen Vorbereitungen fertig waren, erschien der Jäger ganz nackend und in der Hand ein rohgeschnitztes und etwa zwei Fuß langes Götzenbild des Kepoochikawn tragend. Er stellte seinen Gott an das obere Ende des Schwitzhauses, mit dem Gesicht nach der Thür, und fieng an, ihm seine Gaben, welche aus einem baumwollenen Schnupftuch, einem Spiegel, einer zinnernen Pfanne, einem Stück Band und ein wenig Taback bestanden, welche Artikel er denselben Tag gegen 15-20 Stück Häute eingetauscht hatte, um den Hals zu binden. Während er so beschäftigt war, traten verschiedene andere Crihs aus der Nachbarschaft, nachdem sie sich entkleidet hatten, in den Tempel und lagerten sich zu beiden Seiten; der Jäger selbst kauerte sich dem Götzen zur Rechten nieder. Da die Atmosphäre des Tempels so heiß geworden war, daß nur wahre Zeloten sich hineinwagen konnten, so ließ ich mich mit dem Dollmetscher am Eingang nieder und auch die zwei Frauen blieben als Dienerinnen außerhalb.
Der Jäger, welcher den Hohenpriester machte, hielt zuvörderst eine Anrede an den Götzen, in welcher er ihn um seine Gunst bat, ihm den Werth der dargebrachten Opfer auseinandersetzte und ihn vor Undankbarkeit warnte. Der Sprecher behielt dabei seine kauernde Stellung, wandte aber das Gesicht nach dem Götzen. Die Rede wurde in eintöniger und äußerst schneller Sprache gehalten, und als sie vorüber war, stimmte der Priester eine Hymne an. Ihr Sinn war: »ich will mit dem Gott wandern, ich will mit dem Thiere gehen«, und am Ende jeder Stanze fielen die Uebrigen im Chore ein. Hierauf ergriff er einen Calumet, füllte denselben mit einer Mischung von Taback und Berberisblättern, faßte das Rohr in der Mitte und drehte es langsam und horizontal über den heißen Steinen herum, wobei er dem Laufe der Sonne folgte. Nachdem das Mundstück der Pfeife hierauf mit vieler Förmlichkeit dem Götzen vor's Gesicht gehalten worden, ward die Pfeife zum zweiten Male über den heißen Steinen gedreht und der Erde dargeboten; hierauf nach den vier Himmelsgegenden hingehalten. Dann that der Priester selbst ein Paar Züge aus derselben und übergab sie seinem Nachbar zur Linken, der sie mit wichtiger Miene im Kreise herumgab. Auch der Dollmetscher und ich wurden zum Rauchen genöthigt, allein zugleich ersucht, die Spitze des Calumet nicht über die Schwelle des Schwitzhauses hervorstehen zu lassen. Nachdem die Pfeife mehrmals im Kreist herumgegangen und der Taback niedergebrannt war, hielt der Jäger eine zweite, der erstern ähnliche, Anrede, in welcher er jedoch, wo möglich, noch unbescheidnere Bitten vortrug. Darauf erfolgte eine zweite Hymne, und nachdem eine Quantität Wasser auf die heißen Steine gespritzt worden, mußten die Weiber den Tempel mit Häuten verschließen. Wir konnten die Temperatur des Schwitzhauses nicht in Erfahrung bringen, allein schon ehe es geschlossen wurde, schwitzten die Leute darinn über und über. In dem Dampfbade blieben sie 35 Minuten, während welcher Zeit eine dritte Anrede gehalten, eine dritte Hymne gesungen und von Zeit zu Zeit Wasser auf die Steine gesprengt wurde, welche noch immer sehr heiß waren, was wir aus dem Zischen abnehmen konnten. Hierauf wurde die Hütte abgetragen und die halb geschmorten Götzendiener der Luft blos gestellt; sie behielten jedoch ihre kauernde Stellung bei, bis eine vierte Anrede vorüber war, in welcher der Götze dringend an den Werth der Opfer erinnert und ermahnt wurde, seine Erkenntlichkeit sobald als möglich an den Tag zu legen. Die heilige Handlung schloß damit, daß die Schwitzenden nach dem Fluß rannten und hinein sprangen. Die Thür des Tempels und folglich das Gesicht des Götzen war der aufgehenden Sonne zugekehrt, und die Zuschauer wurden ersucht, sich nicht zu dicht vor dem Gebäude aufzustellen, sondern eine Gasse zu lassen, damit eine gewisse Kraft, die man mir nicht deutlich beschreiben konnte, aus- und einströmen könne. Mehrere Indianer, welche außerhalb des Schwitzhauses als Zuschauer lagen, schienen dem Dinge ohne die geringste Ehrerbietung zuzusehen, und machten sich über die Lage der Schwitzenden und selbst des Götzen lustig. Einer derselben bemerkte, er würde das Schnupftuch weit besser gebrauchen können, als der Kepoochikawn; allein später entkleidete sich derselbe Mensch und nahm an der Handlung Antheil.
Meines Wissens verehren die Indianer keinen andern Gott unter einem eigenthümlichen Namen. Oft beziehen sie sich jedoch auf den Keetchee-Maneeto oder den großen Herrn des Lebens und auf einen bösen Geist oder Maatche-Maneeto. Auch reden sie vom Weettako, einer Art von Blutsauger oder Teufel, in welchen diejenigen verwandelt werden, welche Menschenfleisch genossen haben.
Während meines Aufenthalts zu Carlton, fragte ich einen gesprächigen alten Schwarzfüßer-Indianer über seine Meinung von einem zukünftigen Leben. Er wollte von seinem Vater gehört haben, daß die abgeschiedenen Seelen mit großer Mühe einen steilen Berg erklimmen müssen, auf dessen Gipfel sie durch die Aussicht auf eine weite Ebene belohnt werden, auf der hie und da neue Zelte in angenehmen Lagen stehn, und die von Wild aller Art wimmelt. Während sie im Anblick dieser lieblichen Scene versunken sind, werden sie von den Bewohnern des glücklichen Landes entdeckt, die sich ihnen in Kleidern von neuen Fellen nähern und diejenigen Indianer, welche ein gutes Leben geführt, auf das freundlichste willkommen heißen; aber die Bösen, welche ihre Hände mit dem Blute ihrer Landsleute besudelt haben, werden zurückgewiesen, und ohne Weiteres den steilen Berg hinabgestürzt. Weiber, welche sich des Kindermords schuldig gemacht, erreichen den Berg gar nicht, sondern müssen, mit Baumzweigen an den Beinen, um den Ort, wo sie das Verbrechen vollbracht, umherschweifen. Die melancholischen Töne, welche man an stillen Sommerabenden vernimmt, und welche die Weißen für das Gekrächze des Ziegenmelkers halten, sind, meinem Berichtgeber zufolge, eigentlich das Gestöhn jener unglücklichen Wesen.
Die Crihs haben ziemlich ähnliche Vorstellungen. Da sie aber ein Land von ganz anderer Beschaffenheit, als die gebirgigen Wohnsitze der Schwarzfuß-Indianer bewohnen, so führt bei ihnen der schwierige Weg über einen schmalen, schlüpfrigen Baumstamm, der als ein Steg über einen reißenden Fluß voll stinkenden und trüben Wassers gelegt ist. Die Nachteule wird von den Crihs mit eben der Unheimlichkeit betrachtet, wie von andern Nationen. Eine kleine Species, welche des Nachts ein melancholisches Geschrei hören läßt, gilt für vorzüglich prophetisch. Man nennt sie die Cheepai peethees oder den Toden-Vogel, und pflegt jederzeit zu pfeifen, wenn man ihre Stimme hört. Wenn sie auf den Pfiff nicht antwortet, so ist dadurch der baldige Tod des sich Erkundigenden angezeigt.
Stirbt ein Crih, so wird der Theil seines Nachlasses, über den er nicht bei Lebzeiten verfügt hat, mit ihm verbrannt, und seine Verwandten legen neben das Grab kleine Haufen Brennholz, Stückchen Tabak zum Kauen und dergl. Dinge, deren er auf der Reise benöthigt seyn dürfte. So oft sie das Grab besuchen, bringen sie ähnliche Opfer, und da diese zuweilen in Kesseln und andern Artikeln von Werth bestehen, so werden sie häufig von Vorübergehenden entwendet; dieß wird jedoch von den Verwandten nicht übel empfunden, wenn man nur dem Toden die nöthige Achtung dadurch bezeigt hat, daß man an die Stelle des mitgenommenen Artikels einen andern, wenn gleich von geringerem Werthe, gelegt hat. Die Crihs begehen gewöhnlich die Wiederkehr der Jahreszeiten mit religiösen Festen; jedoch können wir von dem Hergang derselben nicht aus eigener Beobachtung reden. Folgende kurze Beschreibung eines solchen, welches ein alter Crihhäuptling alljährlich bei dem ersten Quaken der Frösche gab, ist nach dem Bericht eines seiner Gäste niedergelegt. Bei dieser wichtigen Gelegenheit wurde von den Männern ein großes längliches Zelt aufgeschlagen; denn kein Weib durfte zugegen seyn. Der Eingang lag nach Sonnenuntergang hin, und mit großer Sorgfalt wurde darauf gesehen, daß alles sehr nett und reinlich umher aussah. Darin wurden in gleichen Entfernungen drei Heerde erbaut, in deren Ecken kleine Vertiefungen angebracht waren, um die Asche aus den Tabakspfeifen hineinzuschütten. In einem Winkel am obern Ende stand ein großes Exemplar des Kepoochikawn und umher viele kleinere, sämmtlich mit den Gesichtern gegen die Thür gerichtet. Das Mahl wurde von der Frau des Häuptlings bereitet und bestand aus Mark-?Pemmincan, Beeren, in Fett geschmort, und verschiedenen anderen Leckerbissen, welche für diese Gelegenheit aufgespart worden waren. Nachdem alles fertig war und ein Sclave, den der Häuptling im Kriege gefangen hatte, die Gäste durch das geheimnißvolle Wort Peenashaway zum Feste geladen hatte, stellten sich diese in ihren besten Kleidern ein und ordneten sich nach dem Alter, so daß die ältern Personen neben dem Häuptling am obern Ende und die jungen Männer in der Nähe der Thür zu sitzen kamen. Der Häuptling begann damit, daß er seine Götzen in einer wohlstudirten Rede um ein günstiges und reiches Jahr bat. Er schloß damit, daß er alle Thiere des Landes namentlich aufrief und zu Gaste bat. Nachdem er durch diese allgemeine Einladung seine unbegrenzte Gastfreiheit an den Tag gelegt, befahl er zunächst einem jungen Manne, jedem der Gäste ein Gericht vorzusetzen. Dieß geschah in neuen Schüsseln von Birkenrinde, welche mit der größten Behändigkeit geleert wurden, da es für unmännlich gehalten wird, wenn Jemand bei solchen Gelegenheiten das Geringste übrig läßt. Jedoch ist es der guten Lebensart nicht zuwider, sondern es wird sogar für ein Zeichen voll feiner Bildung gehalten, wenn ein Gast, der zu reichlich versorgt worden ist, seinen Ueberfluß an den Nachbar abgiebt. Als alle Schüsseln vorüber waren, stopfte jeder seinen Calumet, und im Verlauf des Abends wurden zur Begleitung der Trommel und des Sisiquay mehrere Lieder gesungen. Die Trommel hat oben und unten ein Fell, aber so wenig Tiefe, daß sie, der Gestalt nach, einem Tambourin sehr ähnelt. Um desto größer ist ihr Durchmesser, welcher häufig mehr als drei Fuß hält. Sie ist mit Moesethierpergament bezogen, auf welchem rohe Gestalten von Menschen und Thieren und phantastischen Figuren gemalt sind und wird mit einem Schlägel gerührt. Der Sisiquay ist eine bloße Klapper und besteht aus einem Stück harten Leders, in welchem ein Paar Schroten eingeschlossen sind. Diese zwei Instrumente werden bei allen religiösen Ceremonien gebraucht, ausgenommen bei denen, welche im Schwitzhause vor sich gehen.
Der Crih hat zu seiner Trommel ein großes Vertrauen und ich kann dafür wohl kein beweisenderes Beispiel anführen, als daß der arme Mann, dem sein Kind verhungerte, trotz seiner großen Erschöpfung eine ungeheuere Trommel auf dem Rücken trug.
Viele Crihs thun Gelübde, sich gewisser Arten von Nahrungsmitteln, entweder auf eine gewisse Zeit, oder bis ans Ende ihres Lebens zu enthalten; indem sie glauben, daß eine solche Enthaltsamkeit ihnen zu gewissen übernatürlichen Kräften verhelfe, oder ihnen wenigstens fortwährendes Glück sichere.
Eine der Frauen des Jägers zu Carlton, den wir schon als den Verehrer des Kepoochikawn kennen, nahm sich vor, nie wieder von dem Fleische des Wawaskeesch, oder Amerikanischen Hirsches zu essen; jedoch nahm sie während unseres Aufenthalts ein reichliches Mahl davon zu sich, indem sie ihr Mann absichtlich durch die Versicherung hinterging, es sey Büffelfleisch: Als sie gegessen, eröffnete ihr der Mann den Schwank, und schien sich an dem Schrecken zu weiden, den sie über die wahrscheinlichen Folgen ihres gebrochenen Gelübdes empfand. Gelübde dieser Art werden von den Crihs häufig vor einem Kriegszuge gethan. Auch gehen sie zuweilen wie die Bonzen des Morgenlandes eine gewisse Zeitlang auf allen Vieren, oder legen sich irgend eine andere gleich lächerliche Pönitenz auf. Auf diese Weise wird der Krieger »einem Gotte gleich«; wenn er aber vor seiner Rückkehr keinen Feind tödtet, so glaubt man, seine neuerworbenen Kräfte müßten ihm selbst auf irgend eine Art zum Verderben gereichen.
Da wir selbst nie die Tänze der Crihs mit angesehen haben, so können wir bloß berichten, daß sie gleich andern oder Amerikanischen Völkerschaften diese Lustbarkeit, wenn sie mit fremden Stämmen zusammentreffen, ehe sie zum Kriege ausziehen und bei andern feierlichen Gelegenheiten anstellen.
Die habituelle Trunkenheit der um Cumberlandhouse wohnenden Crihs hat dieselben in Bezug auf ihr Aeußeres so fahrlässig gemacht, daß sie im höchsten Grade schmuzig und ekelhaft aussehen; daher wird eine detaillirte Beschreibung ihrer Kleider keineswegs interessant seyn, und wir bemerken nur im Allgemeinen, daß die Tracht der Männer in einem Lakon, der über die Schultern geworfen wird, einem ledernen Hemde oder einer Tunica und einem Stück Tuch besteht, welches um die Hüften gebunden wird. Die Frauen haben noch außerdem ein langes Mieder, und beide Geschlechter tragen eine Art von weiter Hose, welche vom Knöchel bis zur Mitte des Schenkels reicht und an Schnüren vom Gürtel herabhängt. Diese sogenannten Indianischen Strümpfe sind gewöhnlich mit Glasperlen oder Bändern geziert und wegen ihrer Zweckmäßigkeit auch von den Weißen als ein wesentliches Zubehör der Wintertracht angenommen. Ihre Halbstiefeln, welche um den Knöchel festgebunden werden, sind aus weich gegerbten Moosethierhäuten gefertigt, und im Winter schlagen sie unmittelbar um die Füße ein Paar Leinwandlappen.
Europäische Kleidungsstücke sind bei ihnen sehr beliebt und es gilt für armselig, wenn Jemand ganz in Leder gekleidet ist. Die Jäger erhalten in der Regel alljährlich einen Capot oder Regenmantel und die Frauen Halstücher von gedruckten Kattunen und andere Artikel, welche gar nicht zu ihrer Lebensart passen, die sie aber deßhalb tragen, um den Frauen der Handelsleute ähnlich zu seyn. So schön auch diese Artikel anfangs seyn mögen, so bekommen sie doch bald ein äußerst unreinliches Ansehen, indem die Indianer Gesicht und Haar mit weichem Fett oder Mark salben, statt es mit Wasser zu waschen. Dieß erhält, wie sie sagen, die Haut weich und schützt sie, im Winter vor Kälte, im Sommer vor Moskitos, macht aber die Nähe dieser Leute, vorzüglich wenn sie in einem engen Zelte am warmen Feuer sitzen, für die Geruchsnerven eines Europäers unerträglich. Die einzige Eigenthümlichkeit, welche wir in Bezug auf das Aufziehen der Kinder bei ihnen bemerkten, besteht darin, daß sie eine äußerst zweckmäßige Art von Wiege anwenden. Das Kind, dessen untere Extremitäten in weiches Sphagnum oder Sumpfmoos gehüllt sind, wird in einen Beutel gesteckt und im Zelte oder an einem Baumzweige aufgehangen, ohne daß es im geringsten Gefahr läuft, herauszufallen. Denn das Band macht vor die Stirne ein Kreuz und die Hände bleiben vollkommen frei. Auf Reisen hängt die Mutter den Beutel über den Rücken. Es ist derselbe mit ihr nettstes Hausgeräth, da er mit Glasperlen und Stückchen Scharlachtuch geziert wird, wodurch er fast einer Mumienhülle gleicht. Das Moos, in welches das Kind gehüllt ist, bildet ein weiches elastisches Bette, welches die Feuchtigkeit sehr begierig aufsaugt, und gewährt gegen die strengste Winterkälte einen so wirksamen Schutz, daß Tuch dessen Stelle nur unvollkommen ersetzen würde. Die Mütter tragen jederzeit im Herbst einen gehörigen Vorrath davon ein. Sollte es ihnen jedoch im Winter daran fehlen, so nehmen sie statt dessen die weiche Wolle der Typha oder des Kolbenschilfs, die Spähne von vermodertem Holz, oder selbst Federn, obgleich keine dieser Substanzen so reinlich und leicht gewechselt werden kann, als das Sphagnum.
In Obigem haben wir eine kurzgefaßte Uebersicht der Sitten und Gebräuche und des Characters der Crihs, so weit wir diese aus eigener Beobachtung oder den Berichten der verständigsten Halbindianer schöpfen konnten, mitgetheilt; und wollen gegenwärtig noch einige Bemerkungen über die Art und Weise hinzufügen, auf welche gegenwärtig der Handel, von den verschiedenen Binnenlandposten aus, durch die Compagnien betrieben wird.
Der Maaßstab des Tausches ist bei allen merkantilischen Geschäften mit dem Eingebornen 1 Biberfell, dessen relativer Werth sich zwar bedeutend verändert hat, nach welchem aber die Indianer, die den Wechsel nicht lieben, noch immer rechnen. Drei Marder-, acht Bisamratten-, oder ein einziges Luchs- oder Walerenenfell stehen im Werth einem Biber gleich; auf ein Silberfuchs-, Weißfuchs und Otterfell rechnet man zwei Biber; ein schwarzer Fuchs oder großer schwarzer Bär gilt vier. Diese Art zu rechnen stimmt mit dem wahren Werth dieser Pelze, wie sie in Europa bezahlt werden, keineswegs überein. Eben so wenig ist bei Feststellung der Taxe, nach welcher die Indianer die Europäischen Artikel erhalten, auf deren ursprünglichen Werth gesehen worden. Ein geringes Fleischermesser kostet 1 Fell; ein wollener Lacken oder drei Ellen grobes Tuch, acht, und eine Jagdflinte funfzehn. Die Indianer erhalten ihren Hauptbedarf an Kleidung und Munition im Herbst auf Borg, und bezahlen von dem Ertrag ihrer Winterjagd. Der Werth des Darlehns richtet sich nach dem Ruf, in welchem der Jäger in Bezug auf Emsigkeit und Geschicklichkeit steht, und wechselt von 20-150 Fellen. Im Allgemeinen lassen es sich die Indianer sehr angelegen seyn, diese Art von Schulden abzutragen; allein nur zu oft werden ihre guten Absichten durch die Kunstgriffe der eifersüchtigen Handelsleute vereitelt. Beide Handelsgesellschaften haben Leute im Dienst, welche das Land im Winter unablässig durchstreifen, um den Jägergesellschaften die Pelze, so wie das Wild erlegt ist, abzuhandeln. Der arme Indianer möchte gern redlich bestehen und zeigt daher, sobald er einige Felle gesammelt hat, dieß bei dem Posten an, von welchem er seine Bedürfnisse bezieht. Wird er aber mittlerweile von der entgegengesetzten Parthei ausgekundschaftet, so widersteht er selten der Versuchung, in dir er alsbald geführt wird. So standhaft er auch anfangs leugnet, so wird sein Entschluß doch schon bei'm Anblick des Rums wankend, und wenn er das berauschende Getränk erst gekostet hat, so vergißt er sich selbst und bringt seinen Pelzvorrath herbei, den er anfangs sorgfältig vor den Späherblicken seiner Gäste verborgen hatte. Da der Handel auf diese Weise betrieben wird, so hängt der Vorrath von Pelzwerk, den jede Compagnie jährlich auftreibt, größtentheils von der Anzahl, Thätigkeit und Gewandtheit ihrer Agenten und der Menge von Rum, den sie bei sich führen, und nicht sowohl von der Größe des Credits ab, den sie den Indianern geben. Deßgleichen wird der Character der Indianer dadurch immer mehr verschlechtert und zuletzt dürfte dieß System dem Pelzhandel selbst einen bedeutenden Stoß geben. In der That hat das Uebel schon zum Theil auf die Handelsleute zurückgewirkt. Denn die lange betrogenen Indianer sind nun selbst zu Betrügern geworden, und wenn sie an dem einen Posten Schulden gemacht haben, begeben sie sich nach einem andern, um es dort ebenso zu machen. In einigen Fällen haben die rivalisirenden Posten eine Uebereinkunft getroffen, daß sie bloß mit solchen Indianern handeln wollen, die sie resp. mit Bedürfnissen versorgen; allein da man diese Verträge selten streng hielt, so gaben sie bloß Anlaß zu Streitigkeiten, die mehr als einmal mit den Waffen in der Hand ausgeglichen wurden. Um dem Kampfe gewachsen zu seyn, müssen die beiden Compagnien eine große Menge von Leuten besolden, die nicht einmal gut zu haben sind, und jedenfalls einen beträchtlichen Aufwand nöthig machen.
In dem Fort der Hudsonsbai-Gesellschaft zu Cumberlandhouse liegt gegenwärtig eine Besatzung von 30 Mann, mit etwa, eben so viel Weibern und Kindern. Das Gebäude der Nordwestcompagnie zählt noch mehr Bewohner. Diese vielen Hausgenossen leben den größten Theil des Jahres vom Fischen, welche vorzüglich von dem 50 M. weit entfernten Bibersee herbeigeschafft werden. Die Fischerei, welche mit den ersten Herbstfrösten beginnt, fällt bis zum Januar reichlich aus und der Ertrag wird dann auf Schlitten fortgeschafft, deren jeder von drei Hunden gezogen wird und mit etwa 350 Pfd. befrachtet ist. Im letzten Jahre fingen die Fischer der Hudsonsbai-Gesellschaft etwa 3,000 Stück Fische, zu circa 3 Pfund. Außerdem wurde gelegentlich etwas Stör aus dem Fichteninselsee ausgebracht und gegen den Frühling hin von dem 60-70 M. entfernten Basquian-Berg Oben ist dessen Entfernung nur auf 50-60 M. angegeben. eine bedeutende Quantität Moosethierwildpret zugeführt. Uebrigens bestand unser Wintervorrath aus im Herbst eingesalzenen Gänsen, getrocknetem Fleisch und ?Pemmincan, die von den Versorgungsposten in den Ebenen des Saskatchawan geliefert werden. Auch wird hier eine ziemliche Menge von Kartoffeln gebaut, wozu noch etwas Thee und Zucker aus der Niederlage zu York kommt. Im Winter von 1819 auf 1820 trat kein Mangel an Lebensmitteln ein, was jedoch in andern Jahren zuweilen im hohen Grade der Fall gewesen ist.
Viele von den Handlangern und fast sämmtliche Agenten und Commis der beiden Handelsgesellschaften haben Indianerinnen oder Halbindianerinnen zu Frauen, und die vermischte Race, welche aus diesen Ehen entsprungen ist, hat sich bedeutend vermehrt. Diese Mestizen oder, wie sie die Canadier nennen, Bois brulés, haben im Ganzen ein gutes Aussehen und zeigen viel Fähigkeit und Lust zum Lernen; leben jedoch in einer traurigen Verwilderung. Das Beispiel ihrer Väter hat bei ihnen die Indianischen Begriffe über Recht und Unrecht verwischt und man hat sich im Allgemeinen keine Mühe gegeben, diese Lücke durch bessere Grundsätze auszufüllen. Man darf sich also nicht wundern, daß die Männer, welche von Jugend auf eine hohe Meinung von der Macht und den Gerechtsamen der Compagnie, zu der ihre Väter gehörten, gehegt haben und mit den Gesetzen der civilisirten Welt unbekannt sind, sich zu allem gebrauchen lassen, was ihrer Meinung nach das Interesse ihrer resp. Handelscompagnie fördert; wenn ferner in den Mädchen, die mit den Europäischen Sprachen eine gewisse Art von Ziererei angenommen haben, durch die unverhaltenen Reden ihrer Indianischen Verwandten, der Geschlechtstrieb rege gemacht wird, und sie frühzeitig alle Ansprüche auf Keuschheit aufgeben. Indeß muß man den Kindern der Arkadischen Bootsknechte, die im Dienst der Hudsonsbai-Gesellschaft stehen und denen der Canadischen Reisenden die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß ihre Aufführung weit gesitteter ist. Auf den Unterricht der erstern wird zuweilen einige Sorgfalt verwendet, und diese fällt auf keinen unfruchtbaren Boden; von den letztern läßt sich jedoch nicht mehr Gutes sagen, als daß sie nicht ganz so unzüchtig leben, wie ihre Väter.
Viele Mestizen beiderlei Geschlechts werden unter den Indianern aufgezogen und verheirathen sich mit ihnen. Fast in allen Zelten trifft man die weniger dunkel gefärbten Sprößlinge aus dergleichen Ehen. Man will bemerkt haben, daß die Mestizen mehr persönlichen Muth zeigen, als die ächten Crihs, doch kann ich nicht sagen, ob dieß Grund hat.
In der Körperconstitution der Indianischen Weiber, welche in das Fort ziehen, findet eine sonderbare Veränderung statt. Sie werden nämlich öfter schwanger und tragen länger, erhalten aber zugleich eine Prädisposition zu Brustverhärtungen und prolapsus uteri; während sie bei ihrem frühem herumschweifenden und mühseligen Leben von diesen Krankheiten fast ganz befreit bleiben. Die Mädchen in den Forts, vorzüglich die Töchter der Canadier, dürfen sich sehr früh verheirathen; häufig sieht man Frauen von 12 und Mütter von 14 Jahren. Ja, die Befehlshaber der Posten haben bisweilen zugegeben, daß ein Reisender ein armes Kind von kaum 10 Jahren zur Frau nahm. Auch die überwinternden Interessenten der Compagnie glaubten solchen Schändlichkeiten nichts in den Weg legen zu dürfen, damit die Agenten nicht nachlässiger in ihren Geschäften würden. Wir erwähnen noch eines andern Umstands, von welchem man auf die Moralität der sich in den Pelzländern aufhaltenden Weißen schließen kann. Es war unter den Canadischen Reisenden nichts Ungewöhnliches, daß zwei Männer eine Frau auf gemeinschaftliche Kosten hielten, oder daß ein Reisender seine Frau, entweder für ein Jahr oder ein für allemal, für eine mit ihrer Schönheit und ihren guten Eigenschaften im Verhältniß stehende Geldsumme, die aber nie den Werth eines Hundegespanns erreicht, verhandelte.
Die Gegend um Cumberlandhouse ist flach, morastig und häufig durch kleine Seen unterbrochen. Ueberall findet man unter einer dünnen Schicht von Dammerde, auch zuweilen zu Tage liegend, einen sehr jungen magnesiahaltigen Kalkstein. Dieser lagert meist horizontal, neigt sich aber, an einer Stelle unfern des Forts unter einem Winkel von 40° nordwärts. Mitunter enthält dieses Gestein sehr vollkommene Muscheln. Was die vegetabilischen Producte, des Distrikts anbetrifft, so ist die Aspe ( Populus trepida) überall und vorzüglich an den Ufern des Saskatchawan der gewöhnlichste Baum und wird als Brennholz deßhalb geschätzt, weil er gleich vom Stocke weg gut brennt. Die Balsampappel, welche die Crihs Matheh-metoos oder häßliche Pappel nennen, weil sie im hohen Alter einen nackten Stamm bekommt, und nur an der Krone ein Paar verdrehte Zweige behält, ist fast eben so häufig. Als Brennholz wird sie weniger geschätzt, weil sie im Frühling geschlagen werden und den Sommer über trocknen muß; allein sie wirft viel Pottasche ab. Zuweilen haben, die Indianer eine Abkochung von deren harzigen Knospen mit Glück gegen die Schneeblindheit angewandt; jedoch erzeugt dieselbe großen Schmerz, wenn sie in das entzündete Auge gebracht wird. Von Nadelhölzern ist die weiße Tanne das Gewöhnlichste; doch kommen die Roth- und Schwarzfichte, die Balsam von Gilead- und die Jersey-Tanne gleichfalls häufig vor. Die Lärche findet sich nur an sumpfigen Stellen verkrüppelt und ungesund. Die Canoebirke erreicht in diesen Breiten eine bedeutende Größe, macht sich aber, weil ihr Holz stark zu Schlitten verarbeitet wird, jetzt selten. Die Eller bekränzt den Rand der in der Nachbarschaft so häufigen kleinen grasreichen Seen. Die Indianer gebrauchen ein Decoct von deren Bast als Brechmittel, und ziehen gleichfalls eine gelbe Farbe daraus. An den Ufern der Flüsse trifft man eine Menge Arten von Weiden und in Wäldern hie und da den Haselstrauch. Der Zuckerahorn, die Ulme, Esche und der Lorbeerbaum, welchen die Canadischen Reisenden die Ceder nennen, wachsen an mehreren Armen des Saskatchawan, doch scheinen sie nördlich von diesem Fluß nicht mehr vorzukommen. Es finden sich hier ferner zwei Arten von Prunus, von denen die eine ein ziemlicher Baum ist und eine schwarze Frucht von sehr herbem Geschmacke trägt, weßhalb sie die Würzkirsche heißt. Die Crihs nennen dieselbe Tawquoy-ineena und genießen sie getrocknet und gestoßen gern zum ?Pemmincan. Die zweite Species ist kein so zierliches Gewächs wie die erstere, soll aber eine hellrothe Kirsche von angenehm süßem Geschmack tragen. Bei den Crihs heißt sie Passeeawey-meena, und sie kommt nördlich wenigstens bis an den großen Sclavensee vor.
Die geschätzteste Frucht des Landes ist jedoch die der Aronia ovalis, unter dem Namen Meesaßcootoomeena bildet sie ein Lieblingsgericht bei den meisten Festen der Indianer, und wenn sie mit Pemmincan vermischt wird, macht sie jenes fette Gericht recht schmackhaft. Auch begreifen die Eingeborenen eine Menge Arten von Johannis- oder Stachelbeeren unter dem Namen Sappoommeena, doch fanden wir nur drei Species in der Nachbarschaft von Cumberlandhouse. Die Erdbeere, welche die Crihs Otei-meena oder Herzbeere nennen, ist sehr häufig und Himbeeren sind an den sandigen Ufern der Flüsse gemein. Die schon erwähnten Früchte fallen im Herbst ab, allein die nachstehenden Beeren, bleiben an den Stauden bis zum Frühling hängen und werden durch die Winterfröste um Vieles schmackhafter. Die rothe Heidelbeere ( Arbutus Vitis-idaea) kommt überall, am meisten aber an felsigen Stellen vor. Die Crihs nennen dieselbe sehr passend Weesawgum-meena, Sauerbeere. Die gewöhnliche Sumpfbeere ( Oxycoccos palustris) unterscheidet sich von der vorhergehenden auch dadurch, dass sie an sumpfigen, moosigen Stellen wächst und heißt daher Maskaego-meena, Sumpfbeere. Auch der Amerikanische Schneeballen, dessen Frucht der Moosbeere so sehr ähnelt, ist gemein. Es giebt davon zwei Arten ( Viburnum Oxycoccos und edule), die erstere nennen die Eingeborenen Peepoom-meena, Winterbeere, und die letztere Mongsoa-meena, Moosbeere. Ferner findet sich eine Beere von bläulich weißer Farbe, die Frucht des weißen Cornelkirschenbaums, die Musquameena, Bärenbeere, heißt, weil sich jene Thiere damit mästen sollen. Die Canadische Zwerg-Corneliuskirsche trägt eine Asterdolde von rothen Beeren, welche den Wäldern eine große Zierde verleiht, aber sonst von keinem Nutzen sind, indem ihr Geschmack fade und mehlig ist. Auch werden sie selten genossen. Aus mehreren wild wachsenden Pflanzen wissen die Crihs schöne Färbestoffe zu ziehen. Mittelst der Wurzeln zweier Arten von Klebkraut ( Galium tinctorium und boreale), welche sie ohne Unterschied Sawogan nennen, geben sie den Kielen des Stachelschweins eine schöne Scharlachfarbe. Die Wurzeln werden sorgfältig gewaschen und dann mit ein wenig Saft der Moose-Erd Sumpf und Arktischen Himbeere, nebst ein Paar rothen Griffelbüscheln vom Lärchenbaume in einem reinen kupfernen Kessel langsam gekocht. Die Stacheln werden vor dem gänzlichen Verkühlen in die Flüssigkeit getaucht und nehmen alsdann eine schöne Scharlachfarbe an. Zuweilen geräth die Farbe nicht, sondern wird schmuzig braun, was wahrscheinlich dem zu starken Vorherrschen von Säure zuzuschreiben ist. Einen schwarzen Färbestoff bereiten sie aus Erlenrinde nebst ein wenig getrocknetem und gestoßenem Sumpfeisenerz. An gelben Färbestoffen fehlt es ihnen nicht; der stärkste derselben wird aus der getrockneten Wurzel einer Pflanze bereitet, welche nach ihrer Beschreibung Wasserschierling ( Cicuta virosa) zu seyn scheint. Eine geringere Farbe wird aus den gequetschten Knospen der Torfmyrthe ( Myrica gale) gewonnen. Auch verstehen sie mit verschiedenen Flechten zu färben.
Die Quadrupeden, welche ihres Fleisches wegen gejagt werden, sind das Moose- und Rennthier; das erstere nennen die Crihs Mongsoa oder Moosoa, das letztere Attokh. Der Büffel oder Bisam (Moostoosh), der Rothhirsch oder Amerikanische Hirsch (Wawaskeeshoo) und der Apistatchaekoos, eine Art Antilope, hausen jenseits der Arme des Saskatchawan und kommen nicht in der Nachbarschaft von Cumberlandhouse vor.
An Pelzthieren finden sich verschiedene Arten von Füchsen (Mackeeshewuc), welche unter den Namen Schwarz-, Silber-, Kreuz-, Roth- und Blaufüchse bekannt sind. Die zwei erstern betrachten die Indianer als eine und dieselbe Art, die nur zufällig die Farbe des Balges wechseln. Schwarze Füchse sind äußerst selten und ihre Pelze sehr kostbar. Der Unterschied des Kreuz- und Rothfuchses beruht gleichfalls nur auf der Farbe; denn beide haben einerlei Gestalt und Größe. Ihre Färbung hat sehr wenig Bestimmtes, und manche Exemplare haben fast die des Silberfuchses; von dieser herab geht sie bis zum tiefen Orangegelb des ächten Rothfuchses durch alle mögliche Nüancen. Indianer und Pelzhandler stimmen dahin überein, daß man häufig sämmtliche Varietäten in ein und demselben Wurf gefunden habe. Der blaue Fuchs, welcher sich selten blicken läßt, wechselt wahrscheinlich von Süden herüber. Der graue Wolf (Mahayan) ist hier gemein. Im Monat März begattet sich der Haushund in den Forts häufig mit der Wölfin; obgleich zu andern Jahreszeiten eine starke Abneigung zwischen ihnen stattzufinden scheint. Zuweilen gewahrt man auch einen schwarzen Wolf. Die schwarze und rothe Abart des Amerikanischen Bären (Musquah) findet sich gleichfalls, obwohl nicht häufig, bei Cumberlandhouse. Ein schwarzer Bär hat oft rothe Junge und umgekehrt. Der grauliche Bär ( Ursus cinereus), den die Indianer, wegen seiner Stärke und Wildheit, so sehr fürchten, wohnt näher am Felsengebirge. Sonderbar genug konnte ich unter vielen Indianern, bei denen ich mich deßhalb erkundigte, nur einen Einzigen ausfindig machen, der ein trächtiges Bärenweibchen getödtet haben wollte.
Die Wolvrene, von den Crihs Okeekoohawgees oder Ommeethatsecs genannt, ist ein gewaltig starkes und listiges Thier, welches bei den Jägern, wegen der häufigen Beschädigungen, die sie an den Marderfellen verübt, sehr übel angeschrieben steht. Der Canadische Luchs (Peeshew) ist ein scheues, aber gutbewaffnetes Thier, welches dem Amerikanischen Haasen nachstellt und ein geschätztes Rauchwerk liefert. Der Marder (Wapeestan) gehört zu den gemeinsten Pelzthieren des Landes. Der Fischerwiesel führt seinen Namen mit Unrecht, denn er lebt, gleich dem gemeinen Marder, hauptsächlich von Mäusen; es ist der Otchack der Crihs und der Pekan der Canadier. Der Mink (Atjackash) ist von den Schriftstellern häufig mit dem Fischerwiesel verwechselt worden, ist aber weit kleiner, bewohnt die Flußufer, schwimmt gut und nährt sich von Fischen. Der Otter (Neekeek) ist größer als die Englische Species, und liefert ein weit geschätzteres Belzwerk. Die Bisamratte (Watsuß oder Musquah) hält sich in allen kleinen schilfigen Seen in großer Menge auf. Sie bauet aus einem Gemisch von Gras und Erde kleine kegelförmige Wohnungen. Diejenigen, welche früh im Jahre bauen, errichten dieselben auf dem Schlamme der Marschen; diejenigen, welche es später thun, auf dem Eise. Unter dem Neste befindet sich alsdann ein Loch, durch welches die Ratte in's Wasser schlüpft, um das Wurzelwerk zu suchen, wovon sie sich nährt. In harten Wintern frieren die kleinen Seen bis auf den Grund aus und alsdann fressen sich die Ratten unter einander auf, wodurch ihre Anzahl bedeutend vermindert wird.
Der Biber (Ammisk) liefert das Stapelpelzwerk des Landes. Man hat viele wunderbare Geschichten von der Schlauheit erzählt, mit welcher dieses Thier die Gestalt seiner Wohnung den örtlichen Umständen anzupassen weiß; ich verglich den Bericht, welchen Cuvier von der Lebensweise desselben in seinem Règne Animal geliefert hat, mit den Aussagen der Indianer und fand beide durchgängig übereinstimmend. Man hat den Biber häufig in mondhellen Nachten bei dem Bau seiner Häuser beobachtet, und es ist nur eine Stimme darüber, daß er die Steine, Balken und andere Materialien zwischen den Zähnen und gewöhnlich auf der Schulter ruhend, fortträgt. Sobald ihm der Gegenstand recht liegt, dreht er sich herum und schlägt kräftig mit dem platten Schwanze darauf. Wenn er taucht, schlägt er ebenfalls mit dem Schwanze auf das Wasser. Seinen Holzvorrath bewahrt er unter dem Wasser vor seinem Baue auf. Sein Lieblingsfutter ist Espen-, Birken- und Weidenrinde; auch an die Erle geht er, aber nur ungern an Nadelhölzer. Mit den großen Wurzeln des Nuphar Luteum ätzt er sich gern und wird fett davon; allein das Fleisch erhält dadurch einen strengen ranzigen Geschmack. In der Ranzzeit zieht der Biber und vorzüglich das Männchen, ein heiseres Geschrei von sich; die Stimme der Jungen aber gleicht durchaus dem Weinen eines Kindes. Sie spielen sehr gern mit einander, wie folgende Anecdote beweis't: Einst bemerkte ein Herr, welcher lange im Lande wohnte, 5 junge Biber, die im Wasser spielten, auf einen Baumstamm sprangen, einander herunterwarfen und eine Menge belustigende Streiche machten. Er schlich sich leise durch das Gesträuch heran, um auf die harmlosen Thierchen zu feuern; als er aber nahe genug war, entdeckte er in ihrem Benehmen eine so große Aehnlichkeit mit dem kindischen Getändel seiner eigenen Kleinen, daß er sein Gewehr wieder in Ruhe setzte. Dieser Herr muß uns, wegen seines Gefühls, achtbar seyn; allein wie wenige Pelzhändler würden an seiner Stelle ein Gleiches gethan haben! – Die Bisamratte bewohnt häufig mit dem Biber denselben Bau und auch der Otter nistet sich zuweilen darin ein. Doch begeht dieser Gast alsdann manchmal die Unhöflichkeit, daß er seinen Wirth auffrißt.
Dieß wären also die Thiere, welche, in Ansehung ihrer Nützlichkeit, am wichtigsten sind. Der Amerikanische Haase und verschiedene Arten von Moor- und Feldhühnern dienen den Eingebornen gleichfalls zur Speise und die Gänse gewähren, bei ihren periodischen Besuchen im Frühling und Herbst, den Indianern sowohl, als den Weißen, ein nicht unbedeutendes Nahrungsmittel. Nächst dem Moosewildpret sind jedoch Fische die Hauptspeise, ohne welche manche Posten gar nicht bestehen könnten. Eine Art Lachs Coregonus albus. , der Attihawmeg der Crihs und der Weißfisch der Amerikaner wird am meisten geschätzt; er wiegt gewöhnlich zwischen 3 und 4 Pfd.; doch hat man auch Exemplare von 16 bis 18 Pfd. Jeder Mann im Fort erhält täglich 3 Fische von mittlerer Größe, welche man zwei Gänsen oder 8 Pfd. Moosewildpret ohne Knochen gleichschätzt. Die Attihawmeg wird das ganze Jahr hindurch, am häufigsten aber in der Laichzeit, von Mitte September bis Mitte October, gefangen. Der Ottonneebees, eine andere Lachsart, gleicht der vorhergehenden auf's Haar. Drei Arten von Karpfen werden gleichfalls in allen Seen in Menge gefunden. Sie heißen bei den Crihs Namaypeeth, Meetquawmaypeth und Wapawhawkeeshew. Der Occow, oder der Flußbarsch, auch Hornfisch Piccarel, oder Doré genannt, ist gemein, aber nicht so beliebt wie der Weißfisch. Er erreicht in den hiesigen Seen 20 Zoll Länge. Der Methy, ein anderer häufiger Fisch, ist der Gadus Lota oder die Aalraupe Europens. Sie hält etwa 2 F. Länge, hat eine weite Gurgel und verschlingt so große Fische, daß ihr Leib manchmal zweimal so stark wird, wie gewöhnlich. Man genießt sie nur aus Noth; allein ihre Leber und ihr Laich gelten für Leckerbissen. Hechte giebt es gleichfalls in Menge. Da der Hecht im Winter leicht an die Angel geht, so schätzen ihn die Indianer deßhalb so sehr, daß sie ihm den Namen Eithingoocannooshäoo (Indianischer Fisch) beigelegt haben. Die gemeine Forelle, oder Nammäcous, erreicht hier eine gewaltige Größe und wird in gewissen Seen bis zu 60 Pfd. schwer gefangen; im Bibersee, von welchem Cumberlandhouse seine Fische bezieht, fängt man häufig Exemplare von 30 Pfd. Der Owepeetcheesees, oder das Goldauge, ist ein niedliches Fischchen aus dem Geschlecht Esox, welches dem Nadelhecht gleicht. Einer der größten Fische ist der Mathemegh, Katzenfisch oder Barbä. Er gehört zum Geschlecht Silurus und ist selten, aber, wegen seines Fleisches, sehr geschätzt. Auch der Stör wird im Saskatchawan und den Seen, die dieser berührt, gefunden, und gewährt einen trefflichen, aber etwas unverdaulichen Nahrungsartikel.