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»Das war einmahl eine Hochzeit auf Island!« sagte Thiodolf, als sie am andern Morgen bey'm Frühtrunk alle zusammen in der Halle saßen. »Wie hat es Euch gefallen, lieben Brautleute? Ich denke immer, wenn Ihr Euch auch Anfangs dabey ein wenig erschrocken hattet, und das Wetter draußen ein wildes Lied darein pfiff, seyd Ihr doch zufrieden mit der ganzen Begebenheit, so wie sie sich einmahl gefügt hat, und auch nicht gänzlich um zufrieden mit mir: nicht wahr?«
Er reichte den jungen Eheleuten mir zutraulicher Gutmüthigkeit seine beyden Hände hin, und Pietro und Malgherita schlugen freundlich ein.
»Es ist nur Eines dabey zu bedenken, sagte Nesiolf, aber ein sehr Wichtiges.«
»Nun,« rief Thiodolf aus, »das möcht' ich doch wundershalben hören!«
»Was kann es helfen!« entgegnete der Alte. »Wenn ich anfange zu sprechen, rein vom Herzen weg, so ist das und dich ausschelten eine und dieselbe Sache, und dann brichst du in der wilden Berserkerwuth los, die unserm Stamme, wie so vielen nordischen Heidenstämmen, eigen ist, und verdirbst uns Alle.«
»Oheim,« sagte Thiodolf, »nach der Berserkerwuth wird man ohnmächtig wie ein Kind. Da könnt Ihr mich nachher binden, und alle mögliche Rache an mir nehmen, die Euch durch den Sinn geht.«
»Wenn wir alle erschlagen sind von deiner wilden Faust,« wandte der Oheim ein, »wer ist alsdann noch, der Rache an dir nehmen soll?«
»Ja freylich,« sagte Thiodolf kopfschüttelnd, »das ist auf diese Weise ein schlimmes Ding. Wißt Ihr was, Oheim? Scheltet nur müßig auf mich los, und ich denke ich halt' es gelassen aus. So an ein gewisses Brummen, wißt Ihr ja, bin ich Jahrelang gewohnt. Nun ist zwar erst gestern wieder etwas von dem alten Grimm in mir los gewesen, und ich kann deßhalb heute weniger für mich stehen, als sonst –«
»Eben deßwegen,« sagte Nesiolf. »Man muß sich jetzt sehr mit dir in Acht nehmen.«
»Ei,« erwiederte Thiodolf, »ist meine Berserkerwuth stark, so bin auch ich stark, und werde sie schon eine geraume Zeit lang zu bändigen wissen. Wird es mir gar zu arg, so werde ich mit dem Fuße stampfen, und dann hört nur ohne Weitres auf, mein herzenslieber Oheim, so lieb Euch Euer Hals ist. Für jetzt aber fangt in aller Götter Nahmen getrost an.«
»Nun denn,« begann der Oheim seine Rede, »was meinest du nur dazu, daß du Ehrfurcht und Sitte gegen den edlen Gunnar so gänzlich aus den Augen gelassen hast? Wie ein vorlauter, ungeduldiger Knabe rissest du den frommen Priester hier von seinem Schutzherrn hinweg, und brachtest mit Lärmen, Unbill und Vergehen zu Stande, was sich eben so gut in Friede, Mildigkeit und Recht hätte abmachen lassen. Vermeinest du denn, mein Bursch, du seyest der Hekla, der nach Belieben Feuer und Rauch über Island hinschleudern dürfe, so wie es ihm eben bequem sei? Nein, fürwahr, das bist du nicht, und wenn du dir es auch etwa einbilden solltest, wollen wir dich doch baldigst wieder zurechte bringen, indem wir dir dein schnödes Handwerk unverzüglich legen, ich will das meine dazu thun, und der Gunnar wird es ungebeten auch. Mit all seinen Vettern und Bundesgenossen –«
Da stampfte Thiodolf gegen den Boden, und der Alte verstummte. Der Jüngling aber rief: »Euer Schelten laß ich mir noch allenfalls behagen, denn ich kann dabey an das Antlitz des lieben Vaters denken, wie er so ernst und starr und todt da lag, als ihn der Speer des Seeräubers getroffen hatte, und sie ihn in den Hügel trugen, und ich hintennach heulte. Aber mit solchen albernen Drohungen, als vom Gunnar und seiner Sippschaft bleibt mir, bitt ich gar herzlich, vom Halse. Laßt ihn doch kommen mit Oehmen und Vettern, und wenn er Lust hat, mit Muhmen und Basen dazu, ich hab' schon längst ein Gelüst gehabt, mich mit ein Stücker fünf bis sechs Kriegsleuten herumzuarbeiten, die all' auf einmahl über mich kämen, und wenn Jeder hier im Gehöft nur halbweg eben so denkt, nehmen wir's mit dem Gunnar spielend auf.«
Es kam in diesem Augenblick einer von dem Hausgesinde herein, der meldete, daß ein Abgesandter Gunnars draußen stehe, von trotzigem Ansehen, und ein rothes Schild auf Kriegsweise vor sich tragend. Er fordere den Christenpriester Jonas zurück, und wolle von gastlichem Einkehren gar nichts wissen. – »Das hat er auch nicht im Mindesten nöthig!« rief Thiodolf, noch von dem Vergangnen Gespräch etwas mild, griff dem Priester unter den Arm, und eilte mit ihm hinaus, gehörigen Bescheid zu ertheilen.
Pietro wollte nach, und seinen Glaubensgenossen schützen, aber Nesiolf bath ihn dringend, zu bleiben. – »Mein wilder Neffe, sagte er, ist nicht bös, und thut dem alten Manne gewißlich nichts zu Leid. Aber seit gestern Abends tobt es ihm in den Adern, und hat sich noch gar nicht gesetzt, so daß, wenn man ihm ungebeten einreden wollte, doch wohl allerhand Unheil daraus entstehen könnte.« – Zudem hielt Malgherita den Neuvermählten mit ihren Händchen schmeichelnd und ängstlich fest, und so konnte denn Pietro auf keine Weise vom Herde auf.
Derweile war Thiodolf auf die Wallumzäunung des Gehöftes gestiegen, hielt den allen Priester Jonas über das eichene Bollwerk frey in die Luft hinaus, und rief dem Gesandten zu: »weil du so frech und ungezogen gefordert hast, geschähe dir wohl Recht, wenn ich dir dein Kleinod zerbrochen vor die Füße würf., Aber dazu hab' ich es selbst zu lieb. Warte nur; ich bring' es dir gleich hinunter.« Und zugleich zog er den Priester wieder zurück, streichelte ihm freundlich die Wangen, und führte ihn mit söhnlicher Achtsamkeit und Ehrerbietung dem Thore zu. Als er ihn dem Bothen übergab, sagt, er noch zu diesem: »bringe mir den lieben, alten Mann ja recht gut zu Hause. Ich hätt' es selbst gethan, wenn Ihr nicht so unnöthiges Gelärm erhoben hättet mit dieser Sendung. Und deinem Herren kannst du sagen, es solle nicht zum Krieg unter uns kommen; ich würde mich ihm bey der nächsten Volksversammlung am Gerichtsfelsen stellen, und mich dem unterwerfen, was er selber für Recht erkennt.«
Damit ging er an das Feuer zu seinen Hausgenossen zurück, lächelte, und sprach: »habt nur keine Noth wegen des Krieges. Mit Landsleuten, sehe ich wohl selbst ein, muß man ihm aus dem Wege zehn, – nur drohen muß man mir nicht wollen – und ich werde mir schon in allem Frieden bey der Verhandlung zu helfen wissen. Will aber der Gunnar durchaus Krieg und Lärm – wohl gut, so ist es seine Schuld, und ich werde mich weiter nicht im Mindesten darüber grämen.«