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Schlaf süß, mein liebes Kind, schlaf sacht;
dein Vater ist in Bann und Acht;
dein' Mutter ist ein Königskind;
o weh, wie eisig geht der Wind!
Wie stäubt der Schnee am Höhlenrand!
Und Fetzen sind dein Schlafgewand.
»O König, stellt das Jagen ein,
was klingt und singt im hohlen Stein?«
Schlaf süß, mein liebes Kind, schlaf sacht;
dein Vater schweift auf ferner Jagd,
auf ferner Jagd im wilden Tann,
bis Beute sein Geschoß gewann.
O wehe, weh, durch Mark und Bein
wie grimmig nagt des Hungers Pein!
»O König, König, horcht, es klang,
wie weiland Eure Tochter sang.«
Schlaf süß, mein liebes Kind, schlaf sacht;
des Waldes Raubgetier erwacht,
und nah und näher dräut uns schon
der Wölfe langer Klageton.
O weine nicht, o schweige nur,
du lockst sie, ach, auf unsre Spur.
»O König, hört ihr Angstgestöhn!
Und war so jung und war so schön!«
Schlaf süß, mein liebes Kind, schlaft sacht;
verbannt ins Grau'n der Winternacht
sein Kind bist du, sein Weib bin ich,
und selig preis ich dich und mich,
und unter uns wie tief, wie weit,
liegt all der Erde Herrlichkeit.
»O König, und sie war so gut,
solch lachend Herz, solch fröhlich Blut.«
Und stille ward's in Fels und Kluft,
da ging ein Brausen durch die Luft;
auf zog am eisigen Himmel schwer
und warm ein dunkles Wolkenheer
und kündet' aus des Frostes Bann
Erlösung leise tropfend an.
»O König, König, berget nicht
die Trän' auf Eurem Angesicht.«
»O wunderstarke Liebesmacht!
Nun lös' ich Acht und Aberacht!
Komm mit, verfemtes Kind, komm mit,
durchs Dickicht bricht des Gatten Schritt;
mein Kind, mein Sohn, mein Enkelein,
sollt alle drei gesegnet sein.«
»O König, König, über Nacht –
Gott segen's, ist der Lenz erwacht.« |