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Der kleine Grote hatte es sich so schön gedacht, an das Bett seines lieben genesenden Mädchens zu treten, die mit Marmorpapier beklebte Schachtel zu öffnen und ihr zu sagen: »Siehe, dies habe ich dir mitgebracht!«
Aber nichts war es mit alledem, sondern er fand eine sehr kranke Rosa mit zwei verstrittenen Eltern, und selbst der kleine Bruder stand mit verdrossener Miene im Höfchen und mochte nichts tun, als verdrossen sein. Mit sturer Hartnäckigkeit verweigerte Herr Täfelein seiner sanften Frau die Erlaubnis, einen Arzt zu rufen, hoffte weiter auf die Heilwirkung seiner Tees, die er in immer neuen Mischungen zusammenstellte, und begrüßte den jungen Grote mit den recht hämisch gesprochenen Worten: »Und wenn meine Frau zehn wie Sie ruft und Ihre Firma zwanzig wie Sie schickt: Ihren Krankenschein bekommen Sie doch nicht, und einen Arzt lasse ich auch nicht ins Haus!«
»Es geht Rosa – es geht Ihrer Tochter schlechter?« fragte Gerhard Grote und hatte so schnell verstanden wie noch nie.
»Es geht meiner Tochter, es geht Rosa noch nicht besser«, sagte Herr Täfelein grämlich. »Wollen Sie Rosa sehen?«
»Wenn Sie erlauben, möchte ich es sehr gerne«, gestand Gerhard Grote.
»Dann müssen Sie mir erst zeigen, was Sie in der Schachtel haben«, verlangte der Vater argwöhnisch. »Sie wollen doch nicht etwa solche Teufelsmedizinen einschmuggeln?«
Wortlos öffnete der kleine Grote die Schachtel, wortlos sah der zerknitterte Täfelein auf die vertrockneten Myrten, den angestaubten Brautschleier, die breiten Trauringe . . .
»Von meinen Eltern!« sagte Gerhard Grote schließlich.
»Sie sind ein guter Kerl«, sagte der alte Täfelein. »Und wenn Sie nicht grade zuerst wegen des Krankenscheins gekommen wären und mich so böse angelogen hätten, würde ich nie ein böses Wort gesagt haben. Aber –« meinte er, und sein Mitteilungsbedürfnis überwältigte ihn plötzlich – »aber mit meiner Frau sind plötzlich die Pferde durchgegangen: seit fast fünfundzwanzig Jahren habe ich jede Krankheit in unserm Haus mit Tee kuriert, und plötzlich schreit sie nach einem Arzt und fängt Streit mit mir an!«
»Aber alle Krankheiten kann man doch nicht mit Tee kurieren?« fragte Gerhard Grote vorsichtig.
»Alle –!« behauptete Herr Täfelein mit Entschiedenheit. »Es gibt keine Krankheit, für die Mutter Natur nicht ein Kraut wachsen ließe!«
»Aber – wenn nun einer ein Bein bricht?«
»Wenn einer ein Bein bricht, das ist keine Krankheit, das ist ein Unglück!« belehrte ihn Herr Täfelein.
»Und wenn einer – wenn ich, sagen wir zum Beispiel . . .« Gerhard Grote fiel aber kein Beispiel ein.
»Sehen Sie, Sie wissen es auch nicht!« sagte Herr Täfelein triumphierend. »Es gibt nichts, gar nichts! – Und nun gehen Sie zu Rosa«, setzte er milde durch seinen Sieg fort, und lassen Sie sich nicht von meiner Frau dumm schwätzen. Wenn Sie versuchen, einen Doktor zu holen, sind wir geschiedene Leute – für immer!«
Damit drehte sich Herr Täfelein um und ging in die Küche; er wollte wieder einmal die blau gepunktete Kanne füllen – wieder anders, aber diesmal bestimmt wirkungsvoll.
Das jetzt so rote blasse Mädchen hob kaum den Kopf aus den Kissen, als Gerhard Grote ins Zimmer trat, es sagte nur: »Das ist hübsch, daß du kommst, liebster Gerd!«, sang dies fast und ließ den Kopf wieder sinken, war wieder fort, in den verwachsenen Wäldern des Fiebers.
Aber nun war auch der kleine Grote rot geworden, denn ihre Mutter saß am Bett, und sie hatte ihn ›liebster Gerd‹ genannt! Doch die Mutter hatte es kaum gehört, und wenn sie es doch gehört hatte, war es ihr in all ihren Sorgen entgangen. Die Frau Täfelein reichte seufzend dem Besucher die Hand, und mit einem zweiten Seufzer sagte sie: »Ja, da sehen Sie nun, wie sie liegt, Herr Grote, und ich darf keinen Doktor holen! – Haben Sie meinen Mann gesehen?«
»Ja – und mir hat er auch verboten, einen Arzt zu rufen!« antwortete der kleine Grote.
Einen Augenblick sahen die beiden schweigend auf die Fiebernde. Dann meinte Frau Täfelein sachte: »Ich bin seine Frau und muß tun, was er will, sonst habe ich den Unfrieden im Haus. Aber Sie . . .«
Und sie schwieg voller Bedeutung.
»Mir hat er gesagt, wir wären geschiedene Leute, wenn ich einen Doktor holte«, berichtete der kleine Gerhard Grote bedrückt. Dann nahm er seine Schachtel, die er noch immer unter dem Arm gehalten hatte, setzte sie auf die Bettdecke, zeigte der Mutter das Schächtelchen mit den Ringen und erklärte: »Das sind die Ringe meiner Eltern. Ich habe sie ihr mitgebracht – wenn Sie erlauben –«
»Sie sind ein Mann!« antwortete Frau Täfelein mit Nachdruck, sah aber doch aufmerksam zu, wie er der Kranken einen Ring über den Finger schob.
»Er paßt!« rief er erfreut. »Rosa! Fräulein Täfelein, meiner Mutter Ring paßt Ihnen genau!«
»Gerd?« fragte sie und öffnete die Augen nicht. »Was hast du da? Komm, laß mir deine Hand, sie ist so schön kühl.« Und sie nahm seine Hand zwischen ihre beiden.
»Was nützt das alles?!« fragte die Mutter klagend. »Sie brauchte keine Ringe, sie brauchte einen Arzt!«
Und schwieg wieder. Nun schwiegen sie alle drei. Gerhard Grote, der sich nicht auf den Bettrand zu setzen wagte, stand in einer recht mühseligen, gebückten Haltung da, seine Hand zwischen ihren beiden. Und weil er für die zweite Hand keine Verwendung hatte, legte er sie, nach einem schüchternen Seitenblick auf die stumm Strümpfe stopfende Mutter, der Kranken auf die Stirn.
Nach einer langen Weile sagt die Mutter, aber zu niemandem besonders, nur so vor sich hin: »Der Doktor Laabsch wohnt in der Bahnhofstraße, gleich neben der Apotheke. Der ist nicht nur unser bester Arzt, sondern auch der gröbste. Wenn den einer riefe . . .«
Und wieder herrschte Schweigen.
Der gebückte kleine Grote wußte nur zu wohl, was die Mutter von ihm wollte, und erinnerte sich nur zu gut der Drohung des Vaters. Und sein Herz schwankte und war mutlos. Aber vorläufig brauchte er gar keinen Entschluß zu fassen. Er mußte nur so stehen, die Hände bei ihr, und die Hitze des Fiebers erwärmte seine Hand, und Gedanken stiegen in ihm auf, halbe Erinnerungen, etwa an ein brennendes Haus, aus dem er die Mieder gerettet hatte. Und wie er einmal vor vielen Menschen behauptete, sie seien verlobt, und waren es doch nicht gewesen!
Wirklichkeit und Traum verwoben sich, und plötzlich sah er ganz dicht vor sich die Arme seines lieben Mädchens. Sie waren nie sehr kräftig gewesen, diese Arme, trotzdem sie den ganzen lieben langen Tag mit schweren Samtballen hatten hantieren müssen, aber jetzt sahen sie ganz besonders zerbrechlich und dünn aus. Und Gerhard Grote dachte an die eigenen Arme, die auch nicht sehr kräftig waren, aber doch viel, viel kräftiger als diese Kinderärmchen – und wenn ihr beider Leben so würde, wie er hoffte – und das sollte es doch! –, mußten seine Arme für die ihren Lasten tragen, Hindernisse forträumen, den Lebensweg, wie man so sagt, glatt machen . . .
Einen Augenblick war er wirklich in der Versuchung, die Rosa aus dem Bett zu heben und fort zu tragen, dem Doktor Laabsch in der Bahnhofstraße direkt hinzutragen. Da erklang das silberne Klingeln eines Löffels gegen eine Teetasse, auf ging die Tür und eintrat die blau gepunktete Teekanne, hinter ihr der Herr Reinhold Täfelein. »Da bringe ich aber einen Tee, der bestimmt hilft!« sagte er ein wenig laut. »Mutter, Rosa – jetzt wird alles ganz rasch in Ordnung kommen!«
»Sei doch ein bißchen leiser, Vater!« mahnte Frau Täfelein. »Sie schläft!« Und mit einem kummervollen Seufzer setzte sie noch hinzu: »Ach, Vater! Ach, Herr Grote! Ach, ihr Männer . . .«
Gerhard Grote hatte sanft der Rosa seine Hände fortgezogen und sah nun von der Mutter zum Vater, dann zum Mädchen, das nicht so sehr schlief, als daß es vom Fieber benommen war. Plötzlich kam ihm alles ganz leicht und einfach vor. »Herr Täfelein«, sagte er. »Wir werden geschiedene Leute sein, wie Sie sagen, aber einen Arzt hole ich jetzt doch!«
Herr Täfelein war von diesem gar nicht einmal laut vorgetragenen Entschluß so erschüttert, daß Tasse und Löffel klirrten, daß der Deckel der Kanne schepperte. »Was sagen Sie –?!« fragte er atemlos. »Haben Sie sich doch dumm schwätzen lassen von meiner Frau?!« Je weiter er redete, um so atemloser wurde er, umso lauter klirrte das Tablett. »Aber lassen Sie sich sowas einfallen – nie werden Sie die Rosa bekommen, nie – solange ich lebe, nie!«
»Lieber will ich auf die Rosa verzichten, als daß ich sie so krank sein lasse, ohne ihr zu helfen!« sagte Gerhard Grote mit fester Stimme und fand es wirklich ganz leicht, stark und entschlossen zu sein. Er sah den beifälligen und doch überraschten Blick der Frau Täfelein. »Nein«, sagte er. »Jetzt gehe ich und hole den Doktor Laabsch.«
Und er warf den Kopf in den Nacken, stolz ging er zur Tür.
»Wenn Sie das tun«, rief Herr Täfelein, immer noch das Tablett in den Händen, rief es mehr klagend als zürnend, »dürfen Sie nie mehr in mein Haus! Und ins Geschäft lasse ich die Rosa auch nicht mehr! Aber Sie werden es sich überlegen, Herr Grote«, fuhr er überredend fort. »Sehen Sie, ich bin ein nachtragender Mensch, ich würde Ihnen nie verzeihen! Meine Tees sind doch gut, ich habe soviel Anerkennungsschreiben . . .«
Aber Gerhard Grote, dieser veränderte Gerhard Grote mit Mut in der Brust, wollte von diesem Geschwätz nichts mehr hören. Da waren diese dünnen Ärmchen und dieser hastig ziehende Atem. »In einer halben Stunde bin ich mit Doktor Laabsch wieder hier«, sagte er und ging.
»Bitte nicht Doktor Laabsch!« rief Herr Täfelein ihm noch vom Treppenabsatz nach. »Ich lasse Sie nicht ins Haus! Doktor Laabsch ist immer so grob . . .«
Da schlug Gerhard Grote die Haustür zu, schlug sie zu, wie ein richtiger Mann sie zuschlägt, wenn er böse ist, nämlich mit einem Knall! Aufatmend stand er auf der Straße, sah zurück auf das kleine Siedlungshaus, trocknete sich den Schweiß von der Stirn, denn ihm war warm geworden von dem Kampf. Ja, er hatte richtig gekämpft wie ein Mann, der lange Marbach hätte es nicht besser machen können, und er war so leicht gewesen, dieser Kampf! Plötzlich hatte er entdeckt, daß es viel leichter war zu kämpfen, als sich schweigend zu fügen und hinterher lange einen Groll – gegen sich selbst! – in der Brust zu tragen.
Er hörte den Schlüssel knacken im Türschloß, nun sicherte wohl Herr Täfelein das Haus gegen ihn und den Doktor Laabsch. Aber oben aus dem Giebelfenster lehnte auch schon Frau Täfelein und rief halblaut zu ihm hinunter: »Keine Angst, Herr Grote, ich werde schon sorgen, daß Sie ins Haus kommen!«
Wieder knackte der Türschlüssel. Aus dem Haus fuhr Herr Täfelein und rief nach oben: »Er wird nicht ins Haus kommen, das sage ich dir, Mutter!«
»Doch wird er ins Haus kommen, Vater!« rief Frau Täfelein zurück. Es war schon die richtige offene Rebellion.
»Und wenn er ins Haus kommt, so ist es Hausfriedensbruch, und ich bringe ihn vor die Gerichte!« rief wieder Herr Täfelein, aber es klang nicht sehr stark.
»Vor den Gerichten aber bin ich Zeugin, daß ich ihn gebeten habe, ins Haus zu kommen!« rief Frau Täfelein. »Gehen Sie zu, Herr Grote, machen Sie nur schnell!«
Gerhard Grote ging, aber noch im Gehen hörte er die Stimme oben und die Stimme unten gegeneinander rufen. Der Ton der Stimmen wurde aus dem Streitbaren immer klagender, sie waren beide traurig ob ihres Zwistes. Auch Streiten muß gelernt sein, die Eltern Täfelein hatten es in einer langen Ehe nie geübt und taten es also nur schlecht und unwillig.
Der Doktor Laabsch saß beim Abendessen und wollte von keinem gestört sein, so sagte das Tür öffnende Mädchen und schloß die Tür auch gleich wieder. Der kleine Grote konnte kein Wort davon anbringen, daß der Arzt dringend gebraucht wurde. Einen Augenblick stand er überlegend, dann ging er leise statt aus dem Vorgarten um die Villa herum und sah behutsam in jedes ebenerdige Fenster.
Schon durch das dritte, gleich um die Ecke herum, sah er den Doktor sitzen, einen starken rotgesichtigen Mann, dessen kräftigem Kinn und rundem Kopf viel Starrsinn zuzutrauen war und auch etliche Grobheit. Dem Doktor gegenüber, am anderen Tischende, saß eine lange Frau, und zwischen den beiden saßen auf jeder Seite des Tisches drei Kinder, alles Jungen, sechs Jungen, und alle acht zusammen vollführten einen so fröhlichen, lebhaften Lärm, daß das Männlein unter dem Fenster sich eine lange Zeit nicht bemerkbar machen konnte.
Schließlich aber rief der Arzt doch: »Wollt ihr mal ruhig sein, ihr Rasselbande! Ich glaube, da piept eine Maus!« Und alle Gesichter wandten sich, plötzlich verstummt, dem Fenster zu.
»Ich bitte vielmals um Entschuldigung«, fing der kleine Grote höflich an. »Aber . . .«
»Und wenn Sie noch zehntausendmal um Entschuldigung bitten, Sie Mäuserich!« schrie der Doktor mit furchtbarer Stimme, »werde ich Ihnen nie erlauben, in meinen Rosen zu stehen! Wollen Sie wohl machen, daß Sie aus meinen Polyantharosen kommen, Sie jämmerlicher Zwerg, Sie!«
»Es ist ein sehr dringender Fall!« versicherte Herr Grote. »Ich würde mir sonst nie erlaubt haben . . . Die Wahrheit ist, ihr Vater . . .«
»Und ob es ein dringender Fall ist!« brüllte der Doktor wieder. »Daß Sie nämlich aus meinen Rosen kommen! Die Wahrheit ist: wenn Sie nicht in einer Minute verschwunden sind, werfe ich Ihnen diesen Teller an den Kopf!«
Und er hob drohend das Geschoß, das noch vom Fett der Bratkartoffeln glänzte.
»Sie ist doch so krank!« rief Gerhard Grote beschwörend und wich und wankte nicht. »Und ihr Vater hat mir verboten, einen Arzt zu rufen . . .«
»Das ist ein vernünftiger Mann, dieser Vater! Und jetzt machen Sie, daß sie aus dem Beet kommen . . .«
Schon wollte der Teller den haltenden Fingern entschlüpfen, da rief Gerhard Grote das Zauberwort: »Er bringt sie doch noch um mit seinen Tees –!«
»Mit seinen Tees!« rief der Arzt und setzte seinen Teller auf den Tisch zurück. »Das muß mein heimlicher Freund sein, der quittengelbe Täfelein! Oder –?«
»Doch!« bestätigte der kleine Grote. »Herr Reinhold Täfelein ist es, und seine Rosa hat die Grippe oder auch eine Lungenentzündung, und er hat das Haus abgeschlossen, damit Sie nicht hineinkommen!«
»Das wäre doch gelacht!« sagte der Arzt. »Das Haus muß erst gebaut werden, in das der Doktor Laabsch nicht hinein kommt! Also der Täfelein – der pfuscht mir schon viel zu lange mit seinen Tees in meiner Praxis herum! Machen Sie es sich nur bequem in meinen Rosen, Sie mutiger Jüngling; wollen Sie ein Butterbrot und ein Glas Tee? Rudolf, gib dem jungen Mann eine Scheibe mit Wurst, ich glaube, er wiegt nicht mehr als du mit deinen dreizehn Jahren –!«
Und es half dem kleinen Grote alles nichts, er mußte, im stachligen Rosenbeet stehend, auf dem Fensterbrett ein Abendbrot essen und wurde dabei von der ganzen Familie ausgefragt, nach Namen, Beruf, Alter, Körpergewicht, Einkommen, Aussichten und Einsichten und vor allem nach den Täfeleins, über die er doch selbst so wenig wußte! Und alle seine Antworten schienen eine Quelle unerschöpflicher Heiterkeit für die Laabschens. Dieser kleine beherzte Mann mit seinen höflichen Manieren kam ihnen zu spaßig vor, und es störte ihn ganz und gar nicht, daß sie über ihn lachten. Denn er hatte viel erreicht an diesem Abend, nicht nur gegen Herrn Täfelein und nicht nur bei Herrn Laabsch, sondern bei sich, vor allem bei sich hatte er viel erreicht.
Darum nahm er es auch gar nicht schwer, daß Herr Täfelein den Arzt ganz überraschend klein und höflich ins Haus ließ, ihm aber gallig zuflüsterte: »Sie machen, daß Sie auf der Stelle aus meinem Haus kommen! Ich hab's Ihnen gesagt, ich bin nachtragend, und ich werde Ihnen dies nie und nie verzeihen!«
Wartete geduldig vor dem Haus, bis der Doktor Laabsch wieder erschien.
»Na, Sie mutiger Seladon?« fragte der. »Das Papachen grollt wohl noch? Na, machen Sie sich nichts daraus; es war sehr richtig, daß Sie mich geholt haben! Es ist eine kleine Lungenentzündung, ich schicke gleich einen Wagen, der Ihre Spätzin noch heute abend ins Krankenhaus bringt! – Nun, sehen Sie mich nicht so an, so schlimm ist es nun wieder nicht! Jede andere würde ich im Haus lassen – aber bei dem Vater! Er täte, mir rein zum Trotz, von allem, was ich anordnete, das Gegenteil. Kommen Sie, steigen Sie nur in mein Autochen, ich nehme Sie noch bis zum Bahnhof mit. Ins Haus kommen Sie jetzt doch nicht! – Munter, munter, junger Mann, Sie werden doch jetzt keine Schlappohren machen, nachdem Sie so tollkühn meine Rosen zertrampelt haben! Bedenken Sie, im Krankenhaus können Sie Ihr Mädchen besuchen, während hier – sehen Sie, da lächeln Sie schon! Es hat alles seine zwei Seiten, sprach der Fuchs, da ließ er dem Bauern von der Gans nur die Federn . . .«