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Betrachte ich die Welt aus meiner Tonne, so ist sie unwahrscheinlich kunterbunt. Gleich einer goldnen Ampel strahlt die Sonne in mein Palais, durch jenen kleinen Spund. Aus diesem Spund floß einst in edler Klarheit Du lernst den Schein der Welt erkennen und verachten, Der Krönungswagen wird zum Gauklerkarren Komm, setz dich nieder zu mir in die Tonne |
An guten Vorsätzen kannst du dich selbst studieren, vorausgesetzt, daß du es nicht schon hast. Der gute Vorsatz ist nur selten auszuführen, Hauptsache ist, daß du den guten Vorsatz faßt. Ein guter Vorsatz hat noch niemals Schaden angerichtet. Der gute Vorsatz zählt zu jenen Frommen, |
Es schlummert in jeglicher Frauenbrust ein kleines Xanthippchen ganz unbewußt. In jedem Manne schlummert indes noch lange kein großer Sokrates. |
Die ersten Veilchen sind für das Gemüt, im jungen Frühling, wenn die Finken schlagen, doch wenn der Sommer in die Lande zieht, der Frühkartoffel klingt mein schönstes Lied, aus allertiefstem, dankerfülltem Magen. Sie hat uns in der höchsten Not erfreut, Wenn auf dem Teller vor uns, dampfend heiß, Wie herrlich, wenn sie uns entgegenrollt, |
Hast du was zu sagen, sag es nie verdrießlich. Unbeherrschtsein ist ein Selbsterziehungsfehler. Außerdem und überdies und end- und schließlich: Wirklich feine Menschen sind niemals Krakehler. Laute Worte wirken wahrlich nur höchst selten. Brauchst du Raum und Luft für deine Zorngefühle, Wer sich selbst bezwingt, wird andere bezwingen. |
Humor ist sozusagen unser Senf des Lebens. Er macht ein Stücklein trocken Brot zum Leibgericht. Wer ihn nicht selbst besitzt, der hamstert ihn vergebens, so hat man ihn entweder – oder hat ihn nicht. Humor ist schwierig oder gar nicht zu ergründen. Humor ist unser Freund in allen Lebenslagen, Humor blüht auch an kühlen Dauerregentagen |
Der Flüsterwitz ist eine Fliege, die ausgebrütet auf dem Mist aus den Bazillen: Bosheit, Lüge. Kein Mensch weiß, wer der Vater ist. Der Flüsterwitz dünkt sich verboten. Am Stammtisch oder andern Winkeln Der Flüsterwitz nach der Entstehung Der Fromme labt sich an Episteln. |
Wenn hundert Menschen ihre Freude laut bekunden, dann ärgert sich der Hunderteinste ganz bestimmt. Der Stein der Weisen ist noch immer nicht gefunden – und zwar der Stein, an welchem niemand Anstoß nimmt. |
Das Böse hat die Eigenschaft – leicht abzufärben, viel leichter als das Gute, sagt man allgemein. Wenn schlechter Umgang gute Sitten soll verderben, dann mag der Himmel allen Zuchthauspriestern gnädig sein. |
Lebe wohl, es ist genug mit dem langen Erdenrummel. Bald geht unser letzter Zug, lebe wohl, du alter Stummel. Anfangs ging es flott voran, plötzlich kam die große Wende. Funkensprühend fängt man an, und ein Stummel ist das Ende. So verpafft man seine Zeit, und man streicht uns von der Liste, Sinnbild der Vergänglichkeit, Inbegriff der leeren Kiste. Alles muß in Rauch vergehn, aufwärts zu den Cherubimen. War der Anfang noch so schön, doch der letzte Rest heißt: Priemen. Alter Bursche, glaube mir, Stummel sein, ist kein Vergnügen. Schau mich an, jetzt stehen wir beide vor den letzten Zügen. Zeig dich stark und fasse dich, daß man uns nicht überrasche. Du bist so verkohlt wie ich, darum Friede unsrer Asche. |
Ein Baum steht in der großen Stadt, wo er nur wenig Sonne hat, verlassen und alleine. Von Osten her ein schmaler Gang, von Westen her ein Schienenstrang, von Süd und Nord nur Steine. Ich blieb oft vor dem Baume stehn. Der Baum schaut mir in das Gesicht, Bist du auf einen Platz gestellt. |
Es streiten sich die großen Philosophen seit altersher schon um das Thema Frau. Der eine singt ihr Lied in schönsten Strophen, der andre wünscht sie in den Höllenofen. Nur leider stimmt das meiste nicht genau. Das Thema läßt sich nur von Fall zu Fall behandeln. Die Frau ist wie ein Dom, vor dem wir stehen, Bist du dann endlich zum Altar gekommen – |
Wenn's nicht langt, dann geht die Rechnung scheinbar niemals richtig aus, und du magst dich drehen, so rum – oder so. Bei zu wenig Wasser in der Wanne schaut der Bauch hinaus, wenn du dich nun auf den Bauch legst – friert der Po. Also wendest du dich einfach seitenwärts, denn geteiltes Wasser ist nur halber Schmerz. Auf die Art und Weise ist die Rechnung wieder glatt. Es ist gut, daß jedes Ding vier Seiten hat. |
Wenn Stürme brausen und Gewitter dräun, gefährden sie zuerst des Turmes Spitze. Der Maulwurfshügel drunten kann sich freun, in einen Misthauf' schlagen keine Blitze. |
Der Trieb nach oben ist dem Mensch zu eigen, doch kletterst du auf Erden noch so hoch, du magst sogar bis in den Himmel steigen, paß auf, der liebe Gott erwischt dich doch. |
Im Goldnen Lamm, bei weingefüllten Bechern, da ist es gut sein um die Abendzeit. Ein kleiner Kreis von wohlbeleibten Zechern genießt beschaulich weise Fröhlichkeit. Man spricht von einst erlebten Jugendlastern und prahlt von mancher süßen Liebesnacht. Die Nasen blühn wie auf dem Tisch die Astern. Eros schaut schweigend fort – und Bacchus lacht. Im Goldnen Lamm in einer stillen Nische, Im Goldnen Lamm scheint abends alles rosa, |
Du schwätztest viel in letzter Nacht, der Wein verklärte deine Augen. Du hast dir stolz dabei gedacht, daß deine Worte so viel taugen. Gewiß, beim Kerzenlicht der Wein vergoldet hohle Seifenblasen. Besiehst du sie beim Sonnenschein, dann bleiben nichts als Schaum und Phrasen. Im Wein liegt Wahrheit? Lieber Mann, dies Sprüchlein läßt sich drehn und biegen. Es kommt ganz auf die Menge an, im Rausch selbst Götter manchmal lügen. Das Trinken macht die Äuglein hell? Ich möchte feierlich beteuern: Als dieses Liedchen aktuell, da dacht' kein Mensch ans Autosteuern. Wer niemals einen Rausch gehabt, schont seine Nieren und die Blase, und wer zuviel an Wein sich labt, kriegt früh schon eine rote Nase. Mensch, trinke, aber nicht im Groll. und glaube einem weisen Kauze: Wenn's nicht mehr schmeckt, dann bist du voll. dann sage Prost und halt die Schnauze. |
Ich glaube, von ihnen könnte wohl jeder erzählen, wie sie ihre Mitwürste stillschweigend quälen. Geht diesen Leberwürsten nicht alles nach Wunsch, dann sind sie gekränkt und ziehn einen Flunsch. Gekränkte Leberwürste sind von der Sippe mit der ewig schmollenden Unterlippe. Sie lieben den indirekten, passiven Zank, wenn sie nicht gekränkt sein können, dann sind sie krank. Solche Leberwürste sind nur mit Vorsicht zu genießen, es wäre das beste, wenn wir sie ganz links liegenließen. Sie warten förmlich darauf, daß irgend etwas nicht klappt, dann sind sie gründlich und ausgiebig eingeschnappt. Nur mit Glacéhandschuhen sind sie anzufassen. Es ist nicht so einfach, sich ihnen anzupassen. Sie liegen uns im Magen viel schwerer als Blei. Leider sind gekränkte Leberwürste noch markenfrei. |
Bei Rosen kann ich jenen tiefen Sinn verstehn, daß sie mit Dornen ihre Blüten wehren. Mir will's nur absolut nicht in den Schädel gehn, wozu die Stacheln bei den Stachelbeeren. Der Dorn an einer Rose macht sie zum Idol, doch eine Stachelbeere ist uns kein Symbol. Beim Pflücken leuchtet mir der Sinn und Zweck nicht ein. Beim Essen denk' ich mir: Es wird schon richtig sein. |
Ein Menschenfreund zu sein, ist nicht so schwer. wenn Blick und Urteil rein und ungetrübt. Ein wahrer Menschenfreund ist aber der, der Menschen kennt – und sie doch trotzdem liebt. |
Der übergroßen Weisheit der Natur kommt man erst ganz allmählich auf die Spur. Man nimmt so manches oberflächlich hin, doch hat das kleinste Ding sehr tiefen Sinn. So hat zum Beispiel eine Kuh das Horn, So quält und foltert man das arme Hirn |
Ich dank' dir für die wenn auch kurzen Zeilen, sie haben meiner Seele wohlgetan. Wenn die Gedanken heute bei dir weilen, schwimmst du vielleicht auf weitem Ozean. Du fehlst uns sehr, das kann ich dir wohl sagen. trotz der doch immerhin geraumen Zeit. Wenn wir des Abends hin und wieder tagen, dann steht auf deinem Platz ein Glas bereit. Vorgestern ist der Bodo hier erschienen, er kam wohlauf aus Griechenland zurück. Der gute Jens fischt im Kanal nach Minen, und Peter schlägt sich mit dem Bolschewik. Du fragst mich nun, was wir indes begonnen. Es klingt bald wie aus einer andern Welt: der Hannes malt, der Michel schnitzt Madonnen, und Otto hat in München ausgestellt. Auch sonst ist alles hier ganz frisch und rege. Die kleinen Sorgen sind unwesentlich. Wir gehen zuversichtlich unsre Wege und warten auf den Frühling und auf dich. So will ich dir zum Schluß die Flosse reichen. Mit einem Gruß leg' ich für dieses Mal ein Büchlein bei, und als das Lesezeichen fern aus der Heimat einen Sonnenstrahl. |
Schön ist es, im Rosengarten, wie der Dichter singt, zu warten. »Liebchen mein« und »Mondenschein«, »Blütenhain« nebst »Stelldichein«. Liebe färbt das Warten rosa, doch im Leben gilt die Prosa. Wer das Warten will verstehn, der muß an den Schalter gehn. Hunde sind nicht mitzubringen. Nerven sind vor allen Dingen höchstenfalls dann angebracht, wenn man sie bezähmt, bewacht. Stell dich hinten an und schau auf den Hals der Vorderfrau, oder spiegle dich im Glanz vom Genick des Vordermanns. Glaube mir in allem Ernste: Ob du willst, ob nicht, hier lernste warten. Es kommt jeder dran. Frau für Frau und Mann um Mann. Nur mit Ruhe. Nicht so eilig. Warten ist niemals langweilig, wenn du innre Sammlung findst und dich auf dich selbst besinnst. Warten macht den Menschen weise, und der Schalter wird zur Schleuse, wo der Strom der Zeit sich ballt durch behördliche Gewalt. Ströme stauen sich zu Meeren, die zum Schalter hin begehren. Bist du endlich glücklich dran, wartest du gleich nebenan. So erwartest du dein Alter hinter oder vor dem Schalter. Mit Geduld kommst du am End' weiter als mit dem Talent. Auf des Lebens Wanderfahrten heißt es: Warten, nichts als Warten. Bis du dich gen Himmel schwingst und ein Hosianna singst. Unser Schicksal auf der Erde lenkt teils Gott, teils die Behörde. Laß dir Zeit. bewahre Ruh, warte nur, bald kommst auch du. |
Soviel Dinge gehn im Leben auf dich zu, noch mehr daneben. Mensch, dein Weg ist dir bestimmt. Nimm das Schicksal, wie es kimmt. Jeder muß sein Päcklein tragen, Etwas Sonne, sehr viel Regen, Wieviel Blüten an dem Baume Weine nicht um das Verpaßte. |
Du möchtest wissen, wer ich bin? Kein Buch, das streng versiegelt. Ich trete offen vor dich hin, vollkommen ungeschniegelt. Ich bin kein tosender Orkan, Ich bin ein kleiner, stiller See, Ein Himmelstürmer bin ich nicht, Ich sing' mein Liedchen, wie's mir paßt, |
Der Wille ist ein Denken und Schwätzen. Die Tat gibt dem Willen das Lebenslicht. Der Glaube kann wohl Berge versetzen, aber Komposthaufen versetzt er nicht. |
Ein Langstreckenläufer mit vielen Weltrekorden ist jüngst herausgefordert worden. Man wollte von ihm eine Höchstleistung sehen, und zwar sollte er den Instanzenweg begehen. Er gab seine Zusage und trainierte voller Eifer, denn das erfordert Mut, selbst für einen Langstreckenläufer. Man schloß große Wetten, und der Tag kam endlich, und der Langstreckenläufer blamierte sich schändlich. Er ist auf halbem Wege zum Start zurückgekrochen, vollkommen an Leib und an Seele gebrochen. Im Langstreckenlauf hat er Weltrekorde gehalten, den Instanzenweg vermochte er nicht durchzuhalten. |
Man gibt uns ein Röllchen, bescheiden und kurz, der Inhalt und Umfang sind piepe und schnurz. Die Hauptsache ist, sie zu begreifen. Wir spielen nach Möglichkeit ganz lebenswahr. Zuerst ist man Stärchen, dann wird man ein Star. Dem Keimen folgt Blühen und Reifen. Man denkt sich und lebt in die Rolle hinein. |
Ich habe mit meiner Hose Rücksprache genommen, ob wir beide wohl gut durch den Winter kommen. Sie legte ihr Antlitz in noch mehr Falten und meinte: »Ich habe die Absicht, eisern durchzuhalten. Mein Boden dehnt sich zwar schon bis ins Uferlose, bin sonst aber eine innerlich geschlossene Hose. Der Glanz und die Wolle aus früheren Tagen sind teils weggebürstet und teils abgetragen, die Nähte und Falten sind leidlich durchstoßen, sonst bin ich noch rüstig im ganzen und großen. Der Charakter bildet sich im Laufe der Zeiten und überschattet alle die Äußerlichkeiten. Eine ehrwürdige Hose mit Flicken und Narben kann Bände erzählen in den buntesten Farben. Die härtesten Kämpfe und Stürme im Leben haben mir die richtige Haltung gegeben. Ich habe mir fest und eisern vorgenommen, wir beide müssen gut durch den Winter kommen.« So sprach meine Hose, die an Jahren so reiche, vor mir stehend wie eine knorrige Eiche. Oh, ihr kleingläubigen Zweifler solltet euch schämen und einmal mit eurer Hose Rücksprache nehmen. Man soll es kaum glauben, wieviel Kraft und Lebensmut in solch einer welterfahrenen Hose ruht. |
Ich sah hinterm Zaun dein verzagtes Gesicht, von Dornen und Sträuchern umgeben. Du strebtest vergebens nach Sonne und Licht, die Zweige verbogen. Nein, schön warst du nicht. Ich half dir im Kampf um dein Leben. Ich habe gegraben, gehackt und gesägt, Du bist wie verjüngt aus dem Schlafe erwacht Nun stehst du im Herbst als ein prächtiger Baum Du hast mir unzählige Freuden beschert, |
Wenn man bedenkt, wie weise, wunderbar und fein die Weltenordnung schirmt den heil'gen Ehebund! Zu deiner Scheidung muß ein Grund vorhanden sein, doch bei der Heirat glaubt man dir auch ohne Grund. |
Du fragst mich, was ich von den Frauen halte? Als Antwort geb' ich dir darauf: Ich bleibe unentwegt der Alte. Ich geb' die Hoffnung niemals auf. |
Wir Schweine sind seit alter Zeit, die weißen wie die schwarzen, das Sinnbild der Beschaulichkeit, ob mit – ob ohne Warzen. Nur wer für seinen Bauch gelebt, der hat für uns Verständnis. Das Schwein irrt nie – weil es nicht strebt, darin liegt die Erkenntnis. Das Leben ist ein Ringelspiel, es dreht sich selbst im Kreise. Wer nichts tut – der tut schon nicht viel. Wer gar nichts tut, ist weise. Vom Müßiggang sich auszuruhn, das heißt, die Zeit verprassen. Man kann im Leben sehr viel tun – doch noch mehr – unterlassen. Wir säen nicht, wir ernten nur, damit wir gut geraten. Wir sind bestimmt von der Natur zu Schinken, Wurst und Braten. Ein Schwein nimmt jeden Schmutz in Kauf und denkt: Jedem das Seine. Das Schwein ißt keinen Menschen auf. Der Mensch verspeist uns Schweine. |
Die Natur hat uns zum Segen alles gut ausbalanciert, daß der Mensch auf seinen Wegen nicht das Gleichgewicht verliert. Darum hat der Mensch zwei Seiten. Ist die rechte lahm und krumm, hat dies gar nichts zu bedeuten, dreht er sich zur linken um. So verteilt man seine Bürde – halb so schwer erscheint die Last – teils mit Laune, teils mit Würde, wie und wo es eben paßt. Darum hat der Mensch zwei Seiten, eine hinten, eine vorn. Vorne für die guten Zeiten und die hint're für den Zorn. Unter Menschen gibt es Leute mit dem sonderbaren Trieb stets nach der verkehrten Seite, und das nennen sie Prinzip. |
Ein harter Kopf geht durch die Wände, obwohl es Schmerz und Beulen macht. Beim klugen Kopf tun dies die Hände, und er wird niemals ausgelacht. Mit dem Kopfe durch die Wand kommt man leicht um den Verstand. |
Die Menschen streiten hier und da, bekritteln jegliche Idee teils mit Bejahung oder mit Verneinung. Der Esel sagt zu allem: Ia. Der Hammel sagt zu allem: Mäh. So hat ein jeder seine eigne Meinung. |
Die Natur ist tolerant, sorgt für Ausgleich der Extreme. Nur der Mensch mit dem Verstand schafft Konflikte und Probleme. Friedlich läßt ein sattes Tier Nur ein Floh, der Hunger hat, Schau dem Tier in das Gesicht: Gleich und gleich gesellt sich gern, |
Verlaß dich nicht auf das, was scheint, verlaß dich auf die eignen Werke, nicht aber auf den schwachen Feind, auch nicht auf deiner Freunde Stärke. Nur wer die eigne Kraft ermißt, der weiß, wo seine Schwäche ist. Schätz alles, was da gut und wahr, Wer aber nur auf Gott vertraut |
Wenn etwas schön ist, komme nicht in Wut durch irgendeinen kleinen Zwischenfall. Kackt dir mal eine Nachtigall auf deinen Hut – dann freu dich an dem Lied der Nachtigall. |
Hallo, wer kommt mit Sing und Sang so fröhlich dort den Weg entlang? Ich höre ihn schon aus der Fern', solch frohe Menschen hab' ich gern. Es klingt sein Lied so wohlgemut, er trägt ein Blümlein an dem Hut und winkt mir mit dem Wanderstab. »Ei, grüß dich Gott, du lustger Knab.'« Er hält vor meiner Gartentür. »Macht auf. Bin der Gerichtsvollzieh'r.« Er lächelt mich so strahlend an, als wär's der liebe Weihnachtsmann. Fürwahr, ein seltsamer Patron, wie Donnerschlag mit Harfenton, wie Blitz mit Maiensonnenschein. »Seid mir willkommen. Tretet ein.« Wir nehmen an der Buche Platz und halten einen kleinen Schwatz wohl über Wetter und den Wind, wie weit schon die Radieschen sind, und daß der Frühling ziemlich kalt. Da ruft der Kuckuck aus dem Wald. Ich denk': »Halt's Maul, du dummes Tier.« Diskret ist mein Gerichtsvollzieh'r, er singt so laut und wohlgemut: »Was frag' ich viel nach Geld und Gut.« Wir beide gröhlen um die Wett', gen Himmel schmettert das Duett, die Vöglein stimmen fröhlich ein. In unsern Gläsern blinkt der Wein. Er greift zum Glas: »Prost, altes Haus.« Wir stoßen an und trinken aus. Ich schenke ein den Rebensaft, wir trinken schließlich Brüderschaft. Bei Gläserklang und Finkenschlag der Morgen wurde längst zum Tag, auch dieser sank schon hinterm Tann, es fing zu nachmittagen an. Laut rief mein Freund: »Schenk ein, schenk ein. Hier bin ich Mensch. Hier darf ich's sein.« Das Echo lieblich widerhallt. Der Kuckuck war verstummt im Wald. Die Sonne sank schon hinterm See. Das Abschiednehmen tut so weh. Wenn Freunde auseinandergehn, dann sagen sie: »Auf Wiedersehn.« Ich winkt' ihm nach am Gartenzaun: »Gut' Nacht. Leb wohl. Auf Wiederschaun.« Auf meinem Tisch, beim leeren Glas, ein Zettel lag, auf dem ich las: »Wie schön, daß du des Lebens Ernst von dieser Seite kennenlernst. Wenn du was brauchst, dann komm zu mir. Dein fröhlicher Gerichtsvollzieh'r.« |
Aus des Nachbars Garten nascht man gern als Kind, völlig unbekümmert um die Folgen und den Schaden, ob die Äpfel noch so sauer sind und die Pflaumen unreif oder voller Maden. Später wird man kritisch. Wenn erst die Vernunft beginnt, findet man die reifen Äpfel viel gesünder, und sie schmecken besser, wenn's die eignen sind. Die gestohlnen Äpfel, die sind für die Kinder. |
Am Alsterfährhaus zieht ein Schwan mit stolzer Grazie seine Bahn. Wie er sich wendet und sich dreht, ist jeder Zoll ganz Majestät. Das schöne Bild das Herz erbaut, wenn man nicht bis nach unten schaut. Verläßt der stolze Schwan sein Reich, dann watschelt er der Ente gleich. Wie er so latscht und wackelnd geht – fürwahr, bar jeder Majestät! Er wirkt als König bis zum Knie, doch dann versagt die Poesie. Zur Wirkung braucht der Schwan den See so wie der König sein Milieu. Zerstört man nun die Phantasie, bleibt ein gewöhnlich Federvieh. So offenbart sich jederzeit wie hier die Unvollkommenheit. Die Liebe urteilt nicht so roh, denn Leda liebt den Schwan auch so. |
Du beklagst dich, daß dein Leben trüb und einsam, voll Enttäuschung ist an dir vorbeigezogen. Schau die winzig kleinen Freuden an: Gemeinsam leuchten sie gleich einem schönen Regenbogen. Schau die Sonne an: Wie jeder Strahl bescheiden |
Es ist ganz natürlich an einer Fackel: Die leuchtende Flamme zeugt schwärzenden Ruß. In jedem Kritiker schlummert ein Dackel, der spielend zerreißen und zubeißen muß. |
Wenn man in umgekehrter Welt den Clown auf das Katheder, den Philosoph aufs Drahtseil stellt – wer wirkt von beiden blöder? |
Ein Wermutstropfen ist was Gutes, von rauher Schicksalshand kredenzt. Er dient zur Reinigung des Blutes, als Dämpfer deines Übermutes, damit du Maß und Ziel erkennst. Vergißt Fortuna hold zu lächeln, Wie reizlos wäre unser Leben Der Wermut hilft in jedem Falle, |
Du darfst so dumm sein, wie du willst, wenn du nur selbst es weißt und fühlst. Wenn du versteckst dein kleines Licht, sieht man den großen Schatten nicht. Die Dummheit, die du klug verschweigst, hilft mehr als Weisheit, die du zeigst. Halt deinen Mund und stell dich doof, dann nennt die Welt dich Philosoph. |
Es ist wunderschön, der schönen, hohen hehren Kunst zu fröhnen, wenn der Götterfunke sprüht durch das Herz und das Geblüt. Mancher lebenslänglich künstelt, nur von einem Wahn begünstelt, und er bleibt ein Firlefanz wie ein Bär beim Spitzentanz. Laß des Musentempels Stufen jenen, die dazu berufen. Auf das Wollen kommt's nicht an, Kunst ist eben, wenn man kann. Mühst du dich auch noch viel länger, Bären bleiben Sohlengänger. Streite nicht wie Meister Petz wider das Naturgesetz. Nutzlos hast du dich zerfranst, weil du willst, was du nicht kannst. |
Zwei Rohre gehn durch ein Hotel in schönster Eintracht parallel, gehn sozusagen Arm in Arm. Ein Rohr ist kalt – das andre warm. Vom Keller steigen sie empor zum ersten Stock, Rohr neben Rohr. Sie machen an zwei Hähnen halt. Ein Hahn heißt »Warm«, der andre »Kalt«. Der eine sprudelt glühend heiß, der andre aber kalt wie Eis. Vom ersten Stock geht dann empor zum zweiten Stock Rohr neben Rohr. Sie machen an zwei Hähnen halt, ein Hahn heißt »Warm«, der andre »Kalt«. Der eine sprudelt ziemlich heiß, der andre beinah kalt wie Eis. Vom zweiten Stock geht dann empor zum dritten Stock Rohr neben Rohr. Sie machen an zwei Hähnen halt, ein Hahn heißt »Warm«, der andre »Kalt«. Der eine sprudelt nicht mehr heiß, der andre auch nicht kalt wie Eis. Vom dritten Stock geht dann empor zum vierten Stock Rohr neben Rohr. Sie machen an zwei Hähnen halt, ein Hahn heißt »Warm«, der andre »Kalt«. Der eine sprudelt wärmlich flau, der andre nur ganz lind und lau. Vom vierten Stock geht dann empor zum fünften Stock Rohr neben Rohr. Sie haben durch des Marsches Last sich gegenseitig angepaßt. Im zwölften Stock stimmt's ganz genau, statt heiß und kalt sind beide lau. Das Ding hat einen tief'ren Sinn, und zwar liegt nur der Grund darin: Das Rohr von links, das Rohr von rechts sind beide selbigen Geschlechts. Kein Wunder, wenn so was passiert, daß man die Temp'ratur verliert. |
Ein Dickkopf, der verhätschelt wird, wächst immer härter und kompakter, bis daß er schließlich so weit irrt und glaubt, sein Dickkopf sei Charakter. Wenn Einfalt sich mit Starrsinn paart, das wird ein Schädel felsenhart. Ein Dickkopf ist noch längst kein Haupt. Jenes erreicht – was jener glaubt. |
Plötzlich bleibst du stehn und schaust zurück auf den Weg, den du gegangen bist, siehst die Jahre rückwärts, wie die Kilometersteine. Manche sind beinah verblaßt im Dämmerscheine, wie wenn Gras darüber hingewachsen ist, wieder andre leuchten hell vor deinem Blick. Deine Augen forschen nach den Sorgen und den Nöten, über die dein Fuß so mühsam oft getreten, klein und winzig wirken sie, von rückwärts aus gesehn. Die Gedanken wie die kleinen Lämmer weiden auf den Blumenwiesen der erlebten Freuden. Möchtest du denselben Weg noch einmal gehn? Wenn du stillstehst, wirst du deutlich sehn, wie die Gegenwart wird zur Vergangenheit. Lebenswert sind solch beschauliche Minuten, Kraft zu schöpfen aus dem Quell des Guten für den Marsch ins Morgen, denn der Weg ist weit. Noch ein Blick ins Gestern, und dann heißt es: Weitergehn. |
Es ist so schön. am Waldesrand zu sitzen, den alten Bäumen gleich, zu grübeln, weltenfern, aus den Gedanken Miniaturen schnitzen zum kleinen Spruch mit einem lebensnahen Kern. |
Die Schlange rügt am Regenwurm das Kriechen. Die Elster schimpft den Raben Dieb und Vagabund. Das Stinktier sagt zum Iltis: Ich kann dich nicht riechen. Die Ziege nennt den Hammel einen blöden Hund. Wir fragen uns: Wie kann man sich nur so beschimpfen, Das überlassen wir den Buben auf den Gassen. Die Wände lauschen und die Menschen denunzieren. Wenn wir uns dann vor aller Welt die Hände reichen, |
Es läßt sich im Leben, genau wie beim Rennen, im voraus der richtige Tip schwerlich nennen. Da gibt es bekanntlich stets zweierlei: Der eine tippt richtig – der andre vorbei. Das Richtige muß man mit Ausdauer suchen. Oft denkst du, du hast es. Bald merkste: Ja, Kuchen. Der eine hat Glück und der andre Malheur, man merkt das nur leider meist erst hinterher. Es bleibt so ein ewiges Suchen auf Erden, im Sport und der Liebe, bei Frauen und Pferden. Einst kommt doch für jeden im Schicksalsbetrieb der richtige Tip und der richtige Typ. |
Das Fest ist um, der Tisch geräumt, verklungen sind die Lieder. Der schöne Traum ist ausgeträumt, der Alltag hat uns wieder. Auf einmal kommt von ungefähr ein Gruß und ein Geschenk daher. Das sind die schönsten Feste oft, die unerwartet, unerhofft. Der Herbst ist um, das Feld geräumt, |
Zwischen Februar und März liegt die große Zeitenwende, und, man spürt es allerwärts, mit dem Winter geht's zu Ende. Schon beim ersten Sonnenschimmer steigt der Lenz ins Wartezimmer. Keiner weiß, wie es geschah, und auf einmal ist er da. Manche Knospe wird verschneit |
Wenn du vor aller Welt die größte Frechheit plapperst, daß deiner Worte Sinn naiv und harmlos scheint, und unbekümmert mit den Narrenschellen klapperst, meint jeder Mensch, sein lieber Mitmensch sei gemeint. |
Wie schön ist eine Dämmerstunde allein mit sich in trauter Runde. Es dämmert sich auch gut zu Zwei'n, vereint mit einem Glase Wein. Scheint uns das Leben sehr belämmert, wird man darüber hingedämmert und schwebt hinfort aus dem »zur Zeit« in Zukunft und Vergangenheit. Weit ab verebbt das Weltgetöse, fern liegt das Gute und das Böse, das Dämmern ist ein wacher Traum, und licht- und luftleer scheint der Raum. Es ist so, wenn man's recht erlebte, wie wenn ein Ei im Nebel schwebte. Der Dämmerzustand soll ein Schein, jedoch kein Dauerzustand sein. Der eine muß die Augen schließen, um so das Dämmern zu genießen, und qualmt die Stube grau und blau. Der andre dämmert mit Radau. Sehr viele lieben Dämmerschoppen mit Schachspiel oder Kartenkloppen. Und manche treiben Politik, da lobe ich mir die Musik. Auch solche gibt's, die Zeit verschwenden mit wohlbeleibten Bücherbänden, andre mit Frauen schlank und zart, ein jeder halt auf seine Art. So ist das Dämmern mal hienieden bei allen Menschen grundverschieden, bei einem spät – beim andern früh, bei vielen dämmert's leider nie. |
Wenn's dir gut geht, darfst du nicht vergessen, daß du bald die andre Seite kennenlernst. Mit den Göttern ist schlecht Kirschenessen. Wenn sie lächeln, nimm es nicht so ernst. Nimm das Glück als Gratisschicksalsspende, |
Der Hammer ist ein eigner Tropf, mal trifft er gut und mal geringer, dem Nagel mitten auf den Kopf – oder den Nagel auf dem Finger. |
Ein Jagdhund, der den Schnupfen hat, wird schwerlich einen Hasen wittern. Aus einem Holzkopf, hohl und platt, wird niemals ein Gedanke splittern. |
Mein Herrgott ist kein Bürokrat, verkalkt, verknöchert und veraltet, der jedes Menschen Wort und Tat notiert und Buch führt früh und spat und streng darüber staatsanwaltet. Mein Herrgott wohnt in Wald und Flur. Der Herrgott schuf die Menschen nicht Mein Herrgott ist kein Bürokrat, |
Ein Weiser ritt vom Morgenland auf seinem Esel durch den Sand. Der Weise dachte, dacht' und ritt, der Esel stapfte Schritt für Schritt. Auf gleichem Wege kreuz und quer kam noch ein weiser Mann daher, der dachte auch und dacht' und ritt, sein Esel stapfte Schritt für Schritt. Die weisen Männer grüßten sich mit »Salem« und »Gott grüße dich«. Sie waren nämlich ganz extrem aus Mekka und aus Bethlehem. Auch beide Esel grüßten sich auf ihre Art, ganz einheitlich. Nach kurzer Zeit ein weiser Mann mit Vorsicht ein Gespräch begann. Er wählt als Thema das Problem: Ob Mekka oder Bethlehem. Der andre Weise lauscht' und ritt. die Esel stapften Schritt für Schritt. So geht es eine Weile fort, da nimmt der andre Mann das Wort, behauptet, daß das Seelenheil allein nur ruht im Gegenteil, denn überdies und außerdem nur Mekka – niemals Bethlehem. Jetzt rief der weise Widerpart: Man schwört beim Kreuz und nicht beim Bart. Ob das Gott wohlgefällig sei von wegen der Vielweiberei. Höchst sündig – wenn auch angenehm – sei Mekka anstatt Bethlehem. Man diskutierte, stritt und stritt. Die Esel dachten Schritt für Schritt: Für uns ist beides unbequem, ob Mekka oder Bethlehem. Der Abend kam und dann die Nacht. Wenn sich die zwei nicht umgebracht, schwört jeder noch auf sein System, teils Mekka und teils Bethlehem. Das haben alle Weisen eigen: Sie lassen sich nicht überzeugen. Wenn sich zwei weise Männer streiten, |
Schön ist ein Zylinderhut, wenn man ihn gut bürsten tut, doch er wirkt ganz lächerlich, bürstet man ihn gegen 'n Strich. Fröhlich ist Herr Wohlgemut, »Komischer Zylinderhut, |
Es ist das Merkmal aller kleinen Geister, daß sie sehr schnell zur Kritik sind bereit. Im Gegensatz hierzu der wahre Meister schafft an sich selbst, strebt zur Vollkommenheit. Er sieht sein Werk und seine Geistesgaben |