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III. Erkrankungen der Haare und Nägel

1. Erkrankungen der Haare

Eine Erkrankung der Haare ist meist mit einem Ausfallen derselben verknüpft. Der Haarverlust ist je nach der Ursache ein vorübergehender oder ein dauernder. Wie schon erwähnt, werden auch unter normalen Verhältnissen beständig Haare abgestoßen, doch werden die ausfallenden durch nachwachsende ersetzt, so daß ein wirklicher Haarschwund nicht eintritt. Mit dem Alter nimmt vielfach der Ausfall zu, während der Nachwuchs nur spärlich ist; dies ist eine Alterserscheinung, ein völlig normaler Vorgang, obwohl er nicht regelmäßig eintritt, denn manche Greise haben noch volles, dichtes Haar. Jedenfalls hat die im höhern Alter sich einstellende Glatze ihre Berechtigung, wenn sie darum auch nicht immer erwünscht zu sein braucht. Nicht allzu selten beginnt aber schon im jugendlichen Alter des Hauptes wallender Schmuck dünn und dünner zu werden, es zeigen sich bedenkliche Lichtungen, wo früher üppige Fülle war, herrscht schließlich öde Leere, der gute Mond ist aufgegangen. Die Ursachen eines derartigen vorzeitigen und anormalen Haarausfalles sind zahlreich. Schwere akute, fieberhafte Krankheiten des Gesamtkörpers geben häufig dazu Anlaß, z. B. Typhus, Scharlach, Blattern. Auch die chronische Syphilis bringt vielfach einen starken Haarverlust mit sich. Dieser Haarschwund ist die Folge einer Schwächung des Körpers; es handelt sich um Ernährungsstörungen, welche auch die Haare in Mitleidenschaft ziehen. Ein solcher Haarausfall betrifft gewöhnlich den ganzen Kopf; das gesamte Haar wird dünner und kann auch vollständig verloren gehen. Bei der Syphilis fällt das Haar in unregelmäßiger Weise, in einzelnen Büscheln, aus. Die Aussichten auf Heilung sind bei dieser Form des Haarschwundes günstige. Es findet ein Wiederersatz ohne besondere Behandlung statt. Nur bei der Syphilis wachsen die Haare langsam nach und können auch ganz ausbleiben, wenn es an einer energischen Behandlung der Grundkrankheit fehlt. Um eine wirkliche Erkrankung des Haares handelt es sich bei diesen Formen des Haarschwundes nicht.

Die genannten Krankheiten haben mit der gewöhnlichen, vorzeitigen, dauernden Kahlköpfigkeit nichts zu tun. Diese letztere hat vielmehr ihre eigene, ganz bestimmte Ursache. Es handelt sich um eine Erkrankung der Kopfhaut, um eine Erkrankung der Hautdrüsen, welche die Haare in Mitleidenschaft zieht, sie schließlich zum vollständigen Absterben bringt. Diese Erkrankung ist die sogen. Schinne. Sie beginnt meist in den Entwicklungsjahren und ist eine sehr alltägliche, in ihrer Intensität allerdings sehr wechselnde Erscheinung. Kopfhaut und Haare sind mit feinen, kleienartigen Schüppchen bedeckt, die immer von neuem wieder gebildet werden, die beim Kämmen als feiner Staub zu Boden fallen und die in hochgradigen Fällen Kragen und Schultern bedecken und dem Betreffenden ein höchst unappetitliches, unsauberes Aussehen verleihen. Bisweilen ist die Kopfhaut auch mit einer fest aufliegenden, gelblichweißen Schicht bedeckt. Bei kleinen Kindern kommt dies häufiger vor; die Auflagerungen sind bei diesen viel stärkere, fühlen sich fettig an und haben ein mißfarbenes Aussehen. Die unter den »Gneis« genannten Massen befindliche Haut ist entweder ganz normal oder leicht gerötet und nässend.

Mitunter sind die Kopfschuppen von mäßigem Jucken begleitet, mitunter machen sie aber auch gar keine Beschwerden. Die Schuppen bestehen aus Hauttalg und abgestoßenen, verhornten Zellen der Kopfhaut. Schinne der Kopfhaut und Finne der unbehaarten Haut sind im Grunde genommen dieselben Krankheiten. Auch bei der Schinne handelt es sich um eine übermäßige Fettabsonderung, um eine Erkrankung der Talgdrüsen.

Die Schuppen können als einziges Symptom jahre- und jahrzehntelang bestehen; bisweilen macht sich eine Beteiligung der Haare aber auch sehr früh bemerkbar. Der Haarausfall ist anfangs gering, wird aber allmählig immer stärker; an den mittleren Partien der Kopfhaut beginnt sich das Haar zuerst zu lichten, die Stirn wird hoher und immer höher; an Stelle der normalen, starken Kopfhaare wachsen feine Wollhaare nach, schließlich fallen auch diese noch aus, die Haut ist ganz glatt, haarlos, straff und glänzend, die Glatze ist fertig. Diese findet sich am häufigsten an den mittleren Partien des Kopfes, während das Hinterhaupt meist noch einen Kranz von Haaren trägt. Das Haar ist in den Nacken gerutscht, wie der Volksmund sich treffend ausdrückt. Nach Vollendung der Glatze läßt die Schuppung meist nach.

Von der Schinne wird bei weitem am häufigsten das Haupthaar befallen, Bart und Augenbrauen erkranken viel seltener.

Das Wesen dieser Art des Haarausfalles ist noch dunkel. Er findet sich viel häufiger bei Männern als bei Frauen. Da Männer öfter den Friseur aufsuchen, einer Ansteckung durch dessen Bürsten also viel häufiger ausgesetzt sind, hat man auf eine ansteckende Natur der Kopfschinne schließen zu können geglaubt. Ausgeschlossen ist eine solche durchaus nicht, bewiesen aber auch noch keineswegs. Irgendwelche Pilze und Bakterien als Ursache sind noch nicht sicher nachgewiesen. Möglich ist auch, daß die Kopfbedeckung der Männer, die von der der Frauen wesentlich verschieden ist, eine Rolle spielt, denn sie ist undurchlässiger und setzt beim Grüßen den Haarboden größeren Temperaturunterschieden aus. Endlich hat man auch die erhöhte geistige Arbeit der Männer ins Feld geführt. Die Blutfülle des Gehirns und des ganzen Kopfes überhaupt ist bei geistiger Arbeit zweifellos eine erhöhte; daß durch einen vermehrten Blutandrang nach dem Kopfe eine Erkrankung der Haardrüsen begünstigt werden kann, ist nicht ausgeschlossen. Sicher ist jedenfalls, daß man die Glatze bei Gelehrten, bei Professoren ganz besonders häufig findet. Sind auch die Ursachen der Schinne noch keinesfalls sicher festgestellt, so steht die Erblichkeit bei dieser Erkrankung außer allem Zweifel. Sehr häufig kann man sehen, daß bei Söhnen eines Vaters mit ausgeprägter Glatze sich gleichfalls ein vorzeitiger, vermehrter Haarausfall einstellt.

Die Aussichten auf Heilung richten sich bei der Schinne nach dem Alter der Erkrankung. Setzt die Behandlung frühzeitig ein, dann läßt sich meist ein stärkerer Haarverlust verhüten. Die ausgefallenen Haare dagegen sind fast immer unwiderbringlich verloren; Ziel der Behandlung kann nur sein, die Schinne zu beseitigen und dadurch die noch vorhandenen Haare zu erhalten.

Die Behandlung ist im großen und ganzen dieselbe wie bei der Finne, da es sich bei beiden Prozessen ja um eine Erkrankung der Talgdrüsen handelt. Auch bei der Schinne sind Waschungen mit Alkalien, Seifen, Alkohol, Anwendung von Schwefel und Resorcin am wirksamsten. Die Wahl des Mittels hat sich nach dem einzelnen Falle, vor allem nach der Menge der Schuppen zu richten. Ist die Schuppung eine sehr reichliche, dann tun Waschungen mit Borax und doppelkohlensaurem Natron (3 %) gute Dienste. Bei blasser Kopfhaut und geringer Schuppenbildung ist das bekannte Eau de Chinine von gutem Einfluß, das nach vorausgegangener Seifenwaschung energisch in die Kopfhaut eingerieben werden muß.

Feste Regeln für die Behandlung lassen sich nicht aufstellen, da diese eben je nach dem Falle eine verschiedene sein muß, doch wäre eine Haarkur bei der Schinne im allgemeinen etwa folgendermaßen auszuführen: Der Kopf wird abends mit za. 1 Eßlöffel voll Kaliseifengeist und warmem Wasser tüchtig gewaschen und mit reinem Wasser abgespült. Dann wird die Haut getrocknet und für die Nacht mit einer Salbe, die Schwefel und Resorcin enthält, eingerieben. Die Salbe muß in die Kopfhaut, nicht in die Haare eingerieben werden. Am Morgen wird mit Wasser und Seife gewaschen, die Haut wird darauf mit einem 3 %igen Salizylöl leicht eingefettet. Diese Behandlung wird einige Wochen durchgeführt, dann ändert man sie etwas ab, indem man abends eine Waschung mit Boraxlösung vornimmt, hierauf die Kopfhaut mit resorcinhaltigem Spiritus einreibt und am Morgen mit Salizylöl einfettet. Bei langem Frauenhaar ist die Anwendung von Salben vielfach sehr lästig und schwer durchführbar; man ersetzt sie besser durch spirituöse Lösungen von Resorcin und Chloralhydrat.

Die geschilderte Behandlung muß sehr lange, jedenfalls viele monatelang, systematisch durchgeführt werden, doch mit Unterbrechungen; es müssen von Zeit zu Zeit Ruhepausen eingeschaltet werden. Die Kopfhaut wird durch die energisch wirkenden Medikamente nicht selten gereizt, entzündet sich; die Haare werden infolge der häufigen Seifen- und Alkoholanwendung trocken und spröde. Man macht alle 3-4 Wochen, unter Umständen noch öfter, eine Pause von einigen Tagen und wendet während der Zeit nur Salizylöl an.

Die Behandlung hat möglichst früh zu beginnen, ehe stärkerer Haarausfall eingetreten ist; denn die einmal ausgegangenen Haare sind, wie schon erwähnt, dahin; sie kommen meist nicht wieder. Kein Haarwuchs-, kein Haarerzeugungsmittel kann sie wieder hervorbringen. Vor diesen sei besonders gewarnt, sie kosten teures Geld und sind, wenn das Haar einmal zugrunde gegangen ist, gänzlich nutzlos.

Eine andere Art des Haarschwundes ist der herd- oder kreisförmige Haarausfall. Die Haare fallen bei dieser merkwürdigen Krankheit bei sonst gesunden Menschen ganz plötzlich an einer bestimmten Stelle, scheinbar ohne alle Ursache, aus. Die Haut ist dabei normal, sie zeigt keine Rötung, keine Schuppung; es besteht keinerlei Jucken. Am ausgefallenen Haar ist nichts besonderes zu bemerken. Die Haare fallen nicht am ganzen Kopfe, sondern nur an einer oder einigen wenigen Stellen aus, so daß ein oder mehrere scharf umschriebene, runde oder ovale, ganz kahle Herde entstehen, die sich noch weiter vergrößern können. An der Peripherie eines solchen Herdes sitzen die Haare immer sehr locker. Meist tritt nach einiger Zeit, wenn die kahle Stelle taler- oder fünfmarkstückgroß geworden ist, Stillstand ein. Bisweilen schreitet aber der Ausfall unaufhaltsam weiter, nimmt den ganzen Kopf ein und geht auch noch auf die anderen behaarten Körperstellen über. Schließlich ist am ganzen Körper nicht ein einziges Haar mehr vorhanden.

Die Kopfhaare und nächst denen die Barthaare werden am häufigsten von dieser Art des Haarschwundes befallen. Der Ausfall geht manchmal langsam vor sich, schreitet aber bisweilen auch rapide vorwärts, so daß innerhalb weniger Wochen große Flächen kahl werden.

Die Aussichten auf Heilung sind beim herdförmigen Haarausfall günstige. Die Haare kommen immer wieder, allerdings nach sehr verschieden langer Zeit, mitunter schon nach einigen Wochen, mitunter erst nach 1-2 Jahren. Bei eintretender Heilung zeigen sich zunächst feine Wollhaare, die dann allmählich durch normale ersetzt werden.

Die Ursachen dieses interessanten Haarschwundes sind gleichfalls noch wenig geklärt. Man hat auch hier eine Ansteckung angenommen. Manche Fälle, besonders in Frankreich, wo in Schulen und Pensionaten wahre Epidemieen beobachtet worden sind, sprechen tatsächlich dafür. Doch hat man einen Erreger der Krankheit noch nicht finden, die ansteckende Natur des herdförmigen Haarausfalls also noch nicht beweisen können. Es gibt auch Fälle, bei denen nervöse Einflüsse eine ursächliche Rolle zu spielen scheinen, bei denen vor Eintritt des Haarausfalles Kopfschmerzen und bei denen an den kahlen Stellen selbst merkwürdige Empfindungen, Kribbeln etc. bestehen.

Bei der Behandlung müssen Mittel in Anwendung kommen, die Bakterien töten und die die Haut reizen. Sehr günstig wirken Chrysarobin und Crotonöl, doch sind diese als sehr energisch wirkende Substanzen nur mit großer Vorsicht anzuwenden. Sublimat, Naphthol in Spiritus gelöst leisten gleichfalls gute Dienste. Auch der elektrische Strom gibt gute Erfolge.

Während bei den bisher genannten Arten vor Haarausfall die ansteckende Natur wohl möglich, aber noch nicht sicher erwiesen ist, sollen nunmehr zwei mit Haarschwund einhergehende Erkrankungen angeführt werden, die zweifellos ansteckend sind. Das sind die scherende Flechte und der Erbgrind. Beide Erkrankungen werden verursacht durch pflanzliche Parasiten, durch Hautpilze, die in den Wurzeln und im Schafte der Haare leben.

Die scherende Flechte der behaarten Körperteile wird durch denselben Pilz hervorgerufen, wie die scherende Flechte der unbehaarten Haut. Dieser Pilz vermag auch bei Pferden, Hunden, Rindern und Katzen Erkrankungen hervorzurufen, die denen beim Menschen ähneln. Das durch den Pilz verursachte Bild ist am behaarten Kopfe gewöhnlich ein anderes als am Barte.

Die scherende Flechte des behaarten Kopfes findet sich hauptsächlich bei Kindern. Die erkrankte Haut ist schuppend und von blaßroter Farbe. Die Haare fehlen entweder ganz oder sind abgebrochen, ragen als kurze Stoppeln empor, sehen aus wie abgeschoren. Von diesem Bilde ist der Name »scherende Flechte« hergeleitet. Die Haare sind von Pilzen durchwachsen, daher sehr brüchig, sie brechen leicht ab. In der Umgebung der kranken Herde sind die Haare glanzlos, von grauer Farbe, sie sehen wie gepudert aus.

Bei der scherenden Flechte des Bartes, der ansteckenden Bartflechte, kommt es gewöhnlich zu stärkeren und häufig auch zu tiefer greifenden Entzündungen. Die Haut ist lebhaft gerötet. Den Finnen ähnliche, mit Eiterbläschen bedeckte, Knötchen finden sich häufig, bisweilen auch größere, schmerzhafte Knoten, aus denen sich aus einer oder mehreren Öffnungen Eiter entleert, und die sich in schwammige, der Haut beraubte, eiternde Geschwülste umwandeln können. Bei Vernachlässigung kann die ganze Bartgegend eine zusammenhängende, nässende und eiternde, mit einzelnen harten Knoten durchsetzte rote Fläche darstellen. Die erkrankten Haare sitzen sehr locker und folgen dem leisesten Zuge. Das ist ein wichtiges Unterschiedsmerkmal von der gewöhnlichen Bartflechte, bei der die Haare festsitzen.

Die scherende Flechte der behaarten Teile ist immer eine sehr hartnäckige Erkrankung, viel hartnäckiger, als die der unbehaarten, weil die Pilze in den Haarwurzeln und in den Haarbälgen sitzen und daselbst nur schwer vernichtet werden können. Doch sind die Aussichten auf Heilung auch hier günstige. Meist wachsen die ausgefallenen Haare wieder nach; nur bei der ansteckenden Bartflechte wird bisweilen durch die stärkere Eiterung die Haarpapille völlig zerstört, so daß ein Wiederwachsen des Haares nicht möglich ist.

Die Behandlung hat vor allem für eine Entfernung der erkrankten Haare zu sorgen. Mit einer Pinzette wird täglich ein Teil derselben mit der Wurzel ausgezogen. Außerdem sind Jodpinselungen, Salben mit Naphthol und weißem Präzipitat anzuwenden. Am Barte wirken bei starker Entzündung feuchte Umschläge mit essigsaurer Tonerde am besten. Größere Eiterknoten müssen mit dem Messer geöffnet werden. Nach Heilung der scherenden Flechte ist für mehrere Wochen noch eine genaue Überwachung nötig, da Rückfälle häufig vorkommen.

Die scherende Flechte des Kopfes und vor allem die ansteckende Bartflechte werden fast ausschließlich durch die Barbierstuben verbreitet. Die Vorsichtsmaßregeln, die zum Schutze vor Ansteckung zu treffen sind, wurden bereits erwähnt.

Der Erbgrind, Kopfgrind, Favus führt seinen Namen nicht mit Recht, denn er ist keine erbliche, sondern eine ansteckende Erkrankung. Er ist schon seit sehr langer Zeit bekannt, kommt bei uns nicht oft vor, ist aber in Frankreich, Polen und Rußland eine sehr häufige Krankheit. Man trifft den Erbgrind vor allem bei der ärmeren Bevölkerung. Er kommt auch bei Hühnern, Katzen, Mäusen und Hunden vor und kann von diesen auf Menschen übertragen werden. Die Pilze des Erbgrindes können sich an jede Stelle der Haut festsetzen, bei weiten am häufigsten aber trifft man die Erkrankung am behaarten Kopf. Sie beginnt meist im Kindesalter, hat einen sehr chronischen Verlauf und kann viele Jahre lang bestehen. Der Favus äußert sich durch die Bildung von schwefel- bis strohgelben, trockenen Borken, die sich immer um ein Haar herum bilden, also in der Mitte von einem Haar durchbohrt sind. Die Borken sind anfangs klein und werden allmählig linsen- und pfennigstückgroß. Sie sind in der Mitte vertieft und an den Rändern verdickt, sehen aus wie ausgehöhlte Scheiben. Sie lassen sich leicht abheben; die Haut unter ihnen ist etwas vertieft und näßt leicht. Die Borken bestehen zum größten Teile aus Pilzen. Durch Vergrößerung und Ineinanderübergehen der Borken kann allmählich ein großer Teil des Kopfes von den gelben Massen bedeckt werden, die einen ganz charakteristischen Geruch ausströmen. Der Erbgrind riecht nach Mäusen oder Schimmel und kann tatsächlich durch den Geruch erkannt werden. Die Haare sind an den erkrankten Partieen teils ausgefallen, teils abgebrochen; sie sitzen sehr locker, lassen sich leicht ausziehen und brechen leicht ab, da Wurzel und Schaft von den Pilzen durchsetzt sind. Die Haare an der Peripherie der kranken Stellen haben ein mattes, glanzloses Aussehen. Empfindungen verursacht der Erbgrind fast gar nicht, bisweilen besteht geringes Jucken. Bei längerer Dauer wird das Haar vollständig zerstört. Durch den konstanten Druck der Borken entsteht außerdem eine leichte Narbe. Der Erbgrind läßt also nach längerem Bestande dauernde Kahlheit der leicht narbig veränderten Kopfhaut zurück.

Der Erbgrind ist ein sehr hartnäckiges Leiden, die Behandlung ist schwierig und mühsam. Zunächst müssen die Borken entfernt werden; dies wird erreicht durch reichliches Einölen und Waschen des Kopfes. Dann sind die Haare mit der Wurzel zu entfernen durch Ausziehen mit der Pinzette oder durch Anwendung einer Pechkappe. Auf die nunmehr von Borken und Haaren entblößten, kahlen Stellen werden pilztötende Salben mit Naphthol, Schwefel oder auch Sublimatspiritus, Jodtinktur eingerieben. Nach einigen Wochen setzt man mit der Behandlung aus, doch müssen die Kranken noch längere Zeit za. 1 Monat beobachtet werden, da sich Rückfälle sehr leicht einstellen.

Den beiden, eben beschriebenen, ansteckenden Haarerkrankungen reihen sich zwei weitere an, die gleichfalls ansteckender Natur sind, die aber zu einer Schädigung, zu einer Zerstörung des Haares nicht führen. Es sind dies die durch tierische Parasiten, durch Läuse, verursachten Erkrankungen, bei denen die Parasiten nicht wie bei den vorhergehenden im Haar, sondern auf dem Haar und dem Haarboden leben. Es giebt vielerlei Arten von Haarläusen, die Läuse der Kopfhaare und der übrigen Haare. Jede von diesen beiden Arten hat ihre ganz bestimmten Jagdgründe und begiebt sich nie auf fremdes Terrain. Die Kopflaus befindet sich nur im Kopfhaar, sie ist ungefähr 2 mm lang und bei uns von grauer Farbe. Sie paßt sich dem Menschen in der Farbe vollkommen an, sieht beim Eskimo weiß, beim Neger schwarz, beim Chinesen und Japaner gelbbraun aus. Die Kopflaus klebt ihre Eier, Nisse, an die Haare an und zwar an den untersten, der Kopfhaut am nächsten liegenden Teil des Haarschaftes. Nach ungefähr 6 Tagen schlüpfen die Jungen aus. Die Vermehrung der Kopflaus ist eine sehr rasche. Ihr Biß verursacht heftiges Jucken; infolge des häufigen Kratzens entstehen bald Ekzeme, die sich zuerst am Nacken, an der Haargrenze zeigen, die sich aber allmählig über den ganzen Kopf ausdehnen können. Bei langem Haar, also vor allem beim Frauenhaar, werden beim Fehlen der nötigen Pflege die Haare sehr bald verfilzt. Haar, Hauttalg und Ekzemborken bilden allmählich ein unentwirrbares, nichts weniger als angenehm duftendes und appetitlich aussehendes Durcheinander, den sogen. Weichselzopf. Weichselzopf deshalb, weil man die Erkrankung in ihrer Vollendung hauptsächlich bei der der Sauberkeit nicht gerade sehr holden polnischen Bevölkerung antrifft. In derartigen Fällen, wenn also starke Entzündungserscheinungen vorhanden sind, stellen sich auch schmerzhafte Anschwellungen der Drüsen am Halse und Nacken ein.

Die Beseitigung der Kopfläuse gelingt leicht und sicher. Am besten wird der ganze Kopf mit Petroleum getränkt, und zwar mit Petroleum, das zur Verminderung der Feuersgefährlichkeit mit den gleichen Teilen Olivenöl versetzt ist. Der Kopf wird mit einer wasserdichten Kappe bedeckt. Nach 24 Stunden sind Läuse und Nisse getötet. Nunmehr wird der Kopf tüchtig mit warmem Wasser und Seife gewaschen, das Haar zur Entfernung der Nisse fleißig mit einem feinen Staubkamme, den man in Essigwasser taucht, durchgekämmt. Stärkere Ekzeme bedürfen noch einer besonderen Behandlung.

Die Filzlaus ist die kleinste aller Läuse, sie ist za. 1,5 mm groß und gleicht in ihrem Aussehen der Kopflaus. Auch sie richtet sich in der Farbe nach der Haut des Menschen. Sie findet sich nie im Kopfhaar, sondern schlägt ihren Wohnsitz in allen übrigen behaarten Körperstellen auf. Am häufigsten findet sie sich in den Schamhaaren, dann in den Achselhaaren; seltener in Bart und Augenbrauen. Die Ansteckung erfolgt meist beim geschlechtlichen Verkehr. Die Filzlaus klebt ihre Eier ebenfalls an die Haare an. Ihr Biß verursacht Jucken, das jedoch weniger stark als das bei den übrigen Läusen ist. Nässende Flechten entwickeln sich infolge des Kratzens häufig. Bei Anwesenheit von Filzläusen zeigen sich am Rumpfe bisweilen linsen- bis pfennigstückgroße, schiefergraue, nicht erhabene Flecken, die durch den Biß der Tiere verursacht sind. Zur Beseitigung der Filzläuse ist die mit Vorliebe verwandte graue Salbe nicht empfehlenswert, da sie nicht selten die Haut reizt und zur Bildung von Ekzemen Anlaß gibt. Vorzuziehen ist Perubalsam, oder noch besser, der viel saubere Sublimatspiritus. Eine gründliche Einreibung am Abend mit warmem Bad am Morgen genügt zur Tötung und Entfernung der unwillkommenen Gäste.

Zum Schluß seien noch zwei Haarerkrankungen erwähnt, bei denen es sich um Ernährungsstörungen einzelner Haare handelt. Bisweilen sind manche Haare an den Spitzen in zwei oder auch mehrere Teile gespalten. Die Ursache ist vielfach zu große Trockenheit. Abschneiden und sorgfältige Pflege des Haares genügen zur Beseitigung. Bedeutend hartnäckiger ist die andere Form; bei dieser handelt es sich um Spaltungen inmitten der Haare. Bemerkbar machen sich diese als kleine, graue, knotenförmige, bisweilen Nissen ähnlich sehende, Auftreibungen. Oft finden sich mehrere solche Knötchen an einem Haar, doch bleibt der unterste Teil meist frei. Die Haare brechen an den erkrankten Stellen sehr leicht ab. Die Barthaare werden häufiger als die Kopfhaare befallen. Ob eine Ansteckung hierbei eine Rolle spielt, ist noch zweifelhaft. Die Heilung ist schwierig. Auch eine gänzliche Entfernung, ein Rasieren des Haares, im Verein mit einer sorgfältigen Pflege genügt nicht immer zur endgiltigen Beseitigung.

2. Erkrankungen der Nägel

Erkrankungen der Nägel kommen vor als Begleiterscheinungen von Krankheiten des Gesamtkörpers. Ferner als Begleiterscheinungen gewisser Hautkrankheiten und als ganz selbständige Erkrankungen. Bei fieberhaften Krankheiten, Typhus, Scharlach, Masern, Lungenentzündung und vielen anderen mehr; auch bei körperlichen und geistigen Überanstrengungen. Ferner bei Geisteskrankheiten bilden sich mitunter am Nagel Querfurchen, die mehr oder weniger tief sind und zu einer vollständigen Teilung des Nagels führen können. Längsleisten sind eine Alterserscheinung des Nagels; sie treten jedoch auch nach körperlichen und geistigen Überanstrengungen auf. Bei Syphilis zeigt sich am freien Rande des Nagels bisweilen eine weiße Verfärbung, die durch Luftzutritt unter dem Nagel und Abheben desselben hervorgerufen ist. Die genannten Veränderungen sind sämtlich die Folgen von Ernährungsstörungen und nur durch entsprechende Pflege und Behandlung des gesamten Körpers zu beseitigen.

Von den Hauterkrankungen, welche die Nägel in Mitleidenschaft ziehen, ist in erster Linie die Schuppenflechte zu nennen. Es bilden sich bei dieser an den Nägeln, vor allem an den Fingernägeln, ziemlich häufig kleine Vertiefungen und Grübchen. Es kann auch der ganze Nagel trübe und zugleich weich werden. Bei der Behandlung leisten vor allem Pflaster, welche die bei der Schuppenflechte genannten Medikamente enthalten, gute Dienste.

Die nässende Flechte, und zwar die akute und vor allem die chronische, führt gleichfalls mitunter zu Veränderungen des Nagels, der gelblich und undurchsichtig wird. In chronischen Fällen entwickeln sich am Nagel auch Wulstungen und Vertiefungen. Die Behandlung hat die gleiche wie die der nässenden Flechte zu sein.

Auch Pilze können sich im Nagel ansiedeln, und zwar sowohl die Pilze der scherenden Flechte, als die des Erbgrindes. Bei der scherenden Flechte beginnt die Erkrankung am freien Rande des Nagels und schreitet von da aus nach rückwärts weiter. Der Nagel wird gelb und trübe. Auf der Unterseite setzen sich mitunter Hornauflagerungen an, die eine Aufwärtswölbung des Nagels bewirken. Die Behandlung ist eine schwierige. Die erkrankten Teile müssen nach Möglichkeit entfernt werden. Günstig wirken ferner Einpinselungen mit Jod. Ganz ähnlich ist das Bild beim Erbgrind des Nagels, bei dem die Behandlung dieselbe wie bei der scherenden Flechte zu sein hat.

Von den selbständigen Nagelerkrankungen ist zunächst das übermäßige Wachstum zu erwähnen. Der Nagel ragt oft mehrere Zentimeter über die Finger- oder die Zehenkuppen hinaus, ist verdickt, von Furchen durchzogen, sehr spröde und bisweilen gekrümmt und gebogen wie eine Kralle oder auch wie ein Widderhorn. Solche Nagelveränderungen finden sich häufiger an den Zehen als an den Fingern; sie werden besonders durch schlecht passendes Schuhwerk verursacht. Die Behandlung besteht in Abschneiden der gewucherten Teile, unter Umständen auch in der Entfernung des gesamten Nagels. Sind die Veränderungen weniger hochgradige, dann leistet ein Ichthyol- oder Salizylseifenpflaster gute Dienste.

Verletzungen des Nagels können zu mancherlei Veränderungen Anlaß geben. Es kann zur Bildung von tiefen Längs- und Querfurchen kommen; beim Eindringen von Bakterien können auch sehr schmerzhafte Entzündungen des Gewebes um und unter dem Nagel entstehen, die mit feuchten Umschlägen und auf chirurgischem Wege zu behandeln sind.

Die häufigste Nagelerkrankung ist das Einwachsen des Nagels. Am öftesten wächst der Nagel der großen Zehe ein. Die Ursachen sind ungeeignete Fußbekleidung, falsches Schneiden des Nagels. Das Einwachsen macht zunächst keine Beschwerden; erst wenn infolge von Reizung z. B. durch vieles Gehen eine Entzündung eintritt, stellt sich heftiger Schmerz ein. Es kommt zur Schwellung und Eiterung, zur Bildung von Geschwüren. Eine Heilung ist bisweilen nur durch Zerschneiden und Herausziehen des ganzen Nagels möglich. Meist läßt sich aber diese, sehr schmerzhafte Operation vermeiden. Man kommt mit folgendem, viel schonenderem Verfahren zum Ziele: Täglich wird mit einem feinen Instrumente zu dünnem Faden zusammengerollter Watte oder auch Feuerschwamm, Charpie, zwischen Nagelsatz und Nagelrand eingefügt, nachdem vorher die Nagelplatte in der Mitte eingefeilt oder dünn geschabt worden ist. Der Nagelrand wird dadurch täglich etwas weiter vom Falz entfernt, die Schmerzen lassen rasch nach, die Geschwüre heilen. Durch gleichzeitige Umschläge mit essigsaurer Tonerde kann die Entzündung noch rascher beseitigt werden. Um Rückfälle zu vermeiden, ist vor allem für ein richtiges Schneiden Sorge zu tragen. Der Nagel darf nicht konvex, er muß eben noch besser, konkav geschnitten werden.


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