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König Ludwig I. hat am 25. August 1786 zu Straßburg im Elsaß das Licht der Welt erblickt, der »teutscheste« Fürst auf verwelschtem Boden. Seine Jünglingszeit sah Deutschlands tiefste Erniedrigung, – aber im Geiste des künftigen Bayernkönigs lebte stolz und hehr Germanias herrlichstes Bild. Nie hat unter königlichem Purpur ein feurigeres, heldenhafteres Herz für Deutschlands Größe und Ruhm geschlagen. Auf Bayerns Thron erhoben, richtete der erlauchteste »Teutsche« sein epochemachendes Lebenswerk als wahrhaft königlicher Schirmherr aller idealen Bestrebungen in seiner Landeshauptstadt München aus, eine Fülle von künstlerischen Schöpfungen über sie ergießend, die beispiellos in der deutschen Geschichte.
Es hat nichts Überraschendes, zumal in unserer jubiläumstollen Zeit, daß sich München verpflichtet fühlte, die hundertste Wiederkehr des königlichen Geburtstages aufs festlichste zu begehen. Das heutige München wollte damit ausdrücken, daß ihm ein dankbares Verständnis für all das Schöne und Große aufgegangen, womit der König Ludwig vor Zeiten die Stadt überreich beschenkte, – beschenkte zum größten Teile unter dem Widerspruche, dem Spott und Hohn der damaligen Münchner, Krähwinkler, Nörgelmeier, Federfuchser und Kompagnie. Was München durch Ludwig geworden ist, ist es gegen den Willen der Münchner geworden. Ja, wäre Ludwig nicht der Feuerkopf und der zähe, unbeugsame, beharrliche Regent gewesen und zugleich der umsichtige Wirtschafter, der mit den Dingen und Menschen so überaus geschickt umzugehen verstand, München wäre niemals zu dem Range einer Kunststadt aus eigenem Trieb und Vermögen emporgewachsen. Volksregiment, demokratische oder bürokratische Herrschaft und dergleichen hätten das alte München niemals zu einem Horte der freien Künste und Wissenschaften zu erheben vermocht. Das neue München mit seinen unermeßlichen Schätzen und seiner beispielgebenden Stellung in der deutschen Kunstgeschichte ist die Wundertat eines genialen Fürsten – des Königs Ludwig des Ersten. Durch politische Mißverständnisse zur Abdankung gezwungen, nahm Ludwigs Sohn und Nachfolger auf dem Throne, König Max II., das Werk des Vaters auf, um es mehr nach der wissenschaftlichen und literarischen Seite weiter zu führen. Ein zu früher Tod setzte 1864 seinem edlen Streben ein jähes Ziel. Mit dem jugendherrlichen Ludwig II., dem phantasievollsten und enthusiastischsten Kopfe, den je eine Königskrone schmückte, würde die Lebensarbeit seiner Vorfahren die glänzendste Fortsetzung gefunden haben und zugleich eine Ergänzung nach der musikalisch dramatischen Seite, hätte nicht neu ausbrechendes Krähwinkeltum und philiströse Bosheit die Widerstände gegen des Königs ideale Absichten so massenhaft aufgetürmt, daß der junge stolze Fürst nur noch in der Residenzflucht und in der Bergeinsamkeit sein Heil für sich und seine Ideale wußte... bis die Unheilswelle mörderisch über ihm zusammenschlug.
Was der alte Ludwig mit seinen einst so befehdeten grandiosen Kunstunternehmungen gewollt und bezweckt hatte, das haben die modernen Münchner endlich begreifen gelernt, zumal die großen Ludwigswerke von Jahr zu Jahr besser rentierten, und die guten Isarathener jetzt in Ruhm und klingenden Millionen ernteten, was ihr König einst gesät; was aber der junge Ludwig mit seinem Dichterkomponisten Wagner und seinem Festspielhauserbauer Gottfried Semper plante, das war ihnen wieder etwas so über alle Bierphilisterbegriffe Neues und Unerhörtes, daß sie es brutal zurückwiesen. Dazu war die Zeit politisch schwierig und Ludwig II. besaß nicht die unendliche Geduld und unendliche Energie seines Großvaters. – Vorbei!
Also ein Centenarium in unserer jubelfrohen Zeit, das durften sich die Münchner nicht entschlüpfen lassen als gebildete Isarathener von Königs Gnaden: 25. August 1786, 25. August 1886! Es war höchste Zeit, als man sich am Anfange des Jahres 1886 des Datums erinnerte und einen Ausschuß für die Ludwigsfeier einsetzte, um eine würdige Huldigung für den großen Kunstkönig auf die Beine zu bringen. Aber leider, die unendlich traurige Katastrophe am Starnberger See kam dazwischen und zwang zum Aufschub des Festes.
Und wie ein Jahr zum andern kam, wuchs auch der ursprüngliche Plan an Breite und Fülle. Als endlich die Monatswende Juli/August 1888 endgültig als Festzeit bestimmt ward, hatte die festliche Absicht, die man mit der »Centenarfeier« verwirklichen wollte, eine um so gewaltigere Steigerung erfahren müssen, als gleichzeitig zwei große glänzende Kunstausstellungen in München veranstaltet wurden, in deren Vergnügungsprogramm das Ludwigsfest naturgemäß den verblüffenden Höhepunkt zu bilden hatte.
Gleich wie einst König Ludwig sich gelobt, aus München eine Stadt zu machen von solcher Bedeutung und Schönheit, daß, wer München nicht gesehen, Deutschland nicht kenne, so gaben sich jetzt Künstler und Bürgerschaft das Versprechen, eine »Centenarfeier« zuzurichten, die alles überbieten sollte, was seither an ähnlichen Veranstaltungen hier und anderwärts geleistet worden war. So wurde denn auch in der Einladung zu diesem Feste weit über die Grenzen Bayerns hinausgegriffen: nicht nur ganz Deutschland sollte dem großen Kunstkönig huldigen, auch Griechenland und Italien sollten Gäste abordnen, den Glanz des Ereignisses zu erhöhen. Und die Einladung war nicht erfolglos geblieben; nicht allein eine große Reihe bayrischer und deutscher Städte – von letzteren seien namentlich erwähnt: Straßburg i. E., Köln, Mannheim, Dresden, Berlin, Wien -, sondern auch Athen und Rom hatten Vertreter ihrer Künstler- und Bürgerschaft zur Ludwigsfeier nach München abgeordnet.
Das Programm umfaßte außer vielen festlichen Nebenveranstaltungen in den Kirchen, Schulen, Vereinshäusern, Bierkellern, Ausstellungs-Restaurationen usw. eine Feier im Rathaus zur Begrüßung der Gäste, Festvorstellung im Königlichen Hoftheater und Gärtnertheater, Huldigung am Sarkophage König Ludwigs I. in der Bonifaziuskirche (Basilika), Enthüllung der Königsbüste in der Ruhmeshalle in Verbindung mit einem großartigen Feuerwerke römischen Stils an der Bavaria auf der Theresienwiese, Beleuchtung der Stadt, – und als Hauptstück den Künstlerfestzug, der mit einer Huldigung vor dem Ludwigsdenkmal auf dem Odeonsplatze in Anwesenheit des Königlichen Hofes und unter Entfaltung alles erdenklichen höfischen Pompes schließen sollte.
Die Begrüßung der Ehrengäste im großen Rathaussaale durch das Zentralkomitee (unter dem Vorsitze der beiden Bürgermeister Dr. J. v. Widenmeyer und Wilhelm Borscht) war in verschiedener Hinsicht sehr pikant und charakteristisch. Zunächst hatte der designierte Vertreter der Deutschen Kunstgenossenschaft in Berlin bei der Münchner Centenarfeier, Herr Akademie-Direktor A. v. Werner, nicht vermocht, bei diesem Begrüßungsakte gegenwärtig zu sein. Das übrige Berlin hatte es überhaupt im voraus abgelehnt, sich offiziell vertreten zu lassen bei einem Feste, das dem größten deutschen Kunstfürsten gewidmet war: der Bürgermeister der Reichshauptstadt dankte für die bayrische Einladung mit dem Hinweis auf – die preußische Landestrauer oder so etwas ähnliches. Es hätte gewiß dem deutschen Reichsgedanken nichts geschadet und der preußischen Landestrauer keinen Abbruch getan, wenn das offizielle Berlin sich bei dieser Gelegenheit ein wenig in die bayrische Hauptstadt bemüht hätte... Je nun, die Begrüßung der Ehrengäste ist auch ohne die Berliner recht gut deutsch vonstatten gegangen. Nicht nur der Vertreter der griechischen Regierung, Herr Angelos Blakchos, sondern auch der Vertreter der Stadt Rom, der Vizebürgermeister Alessandro Guiccioli, haben, mit einigen bajuwarischen Ultramontanen um die Wette, vorzüglich deutsch gesprochen. Als ausgezeichneter Redner im eleganten und zugleich feurigen Plauderstil erwies sich der Bürgermeister von Athen, Herr Philimon, während der Fabrikant Stief, Vorstand des Gemeindebevollmächtigtenkollegiums von Nürnberg, ganz gemütlich in der Mundart seiner Vaterstadt mit trefflichem Humor loslegte zum nicht geringen Entsetzen jener Festteilnehmer, welche den Predigerton als die allein angemessene Vortragsweise ihrer geschraubten Centenargedanken erachteten. Es ist wirklich zu komisch, wie die Deutschen, sobald sie offiziell sich versammeln zu einer fröhlichen Tat – und ein Künstlerfest, und was damit zusammenhängt, ist doch in erster Linie eine solche! – ihren schwerfälligsten Ernst in Ton und Gebärde aufzufahren pflegen, als gälte es, mit großem Geschütz irgend einen versteckten Feind zu beschießen. Heiter ist die Kunst! Jawohl. Aber die offiziellen Kunstreden werden so ohne alle Heiterkeit, Leichtigkeit, Anmut und Grazie vorgetragen, daß man glauben könnte, es handle sich eher um eine Schauermär oder ein Todesurteil, als um den Ausdruck fröhlicher, von den Musen freundlich geleiteter Gefühle. So ganz und gar nichts Olympisches! In einer Welt, wo alle auf ihre klassische Bildung pochen und auf griechische Ideale schwören! Bei einer Gelegenheit, wo jeder alle Pedanterie seiner Werkeltagsarbeit und seiner steifleinenen Amtswürde abschütteln und die Blüten seines schönheitsgenährten Geistes frei und duftig entfalten sollte! Also sind ihm die herrlich befreienden Bildungselemente der schönen Kunst doch nicht in Fleisch und Blut übergegangen? Er spricht heute nur von Kunst und Schönheit, wie er gestern etwa von Kanalisation, Schutzimpfung oder Paßzwang gesprochen hat? Die Kunst ist ihm nur ein anderes Thema, eine andere Sparte, ein anderes Geschäft, aber nichts das Leben mit einem besonderen Inhalt Erfüllendes, das ganze Sein in eine höhere, seligere Region Erhebendes? Es ist ein feines Wort von der George Sand: »Tous ceux qui ont des ailes se rencontrent à une certaine hauteur.« Ja, die Flügel, die Schwingen fehlen, darum fehlt auch die gewisse Höhe, in der man sich begegnen könnte, unbeschadet aller sonstigen Schranken und Verschiedenheiten. Es war zum Beispiel ein Redner da (Ritter v. Schultes), der schrie die angenehmsten Dinge mit zorniger Stimme und bitterbösem Gesicht. Ein anderer – aber genug davon. Zur Sache! Merkwürdig: so viel Schönes und Treffendes über den großen König bei diesem oratorischen Wettspiele wie in dem eingelegten vorzüglichen Festvortrage des Professors Heigel zum besten gegeben wurde, eins wurde beharrlich verschwiegen von sämtlichen Deutschen: Ludwigs Begeisterung für die deutsche Literatur und Dichtkunst. Nur der Grieche Philimon gedachte in seinem Spruche einmal der deutschen Leier, mit der auch König Ludwig so begeistert gekämpft habe für die Unabhängigkeit Griechenlands. Dann war's während der ganzen Festzeit mit der deutschen Literatur vorbei. Sie existierte offenbar nicht für die Centenarmenschheit; so oft von Kunst und Wissenschaft gesprochen wurde, die Kunst des Wortes und Gedankens lag dabei keinem im Sinn. Ein Beweis mehr für das Aschenbrödeltum, zu welchem unsere ex officio jubilierende deutsche Kunstwelt die geistigste Kunst vor allen, die schöne Literatur, herabdrücken möchte.
Aus dem Heigelschen Festvortrage ist sehr vieles als eine Art Fürstenspiegel bleibender Erinnerung wert. Dieser Ludwig I. von Bayerland, dieser »Teutscheste der Teutschen«, dieser von Heinrich Heine und einer ganzen publizistischen Schmierantenclique seiner Zeit so hündisch verbelferte Monarch, über den einmal dem Cäsar Napoleon I. im Zorn das Wort entfuhr: »Qui m'empêche de laisser fusiller ce prince?« – hat sich durch eine Reihe von Charaktereigenschaften ausgezeichnet, die ihn heute noch aus der Zahl der Fürsten glänzend hervortreten lassen. Hören wir, was Professor Heigel berichtet:
»... Während Napoleon die entscheidenden Schläge gegen das alte römische Kaisertum deutscher Nation führt, muß Prinz Ludwig in seiner Geburtsstadt Straßburg in der Umgebung Josephinens weilen. Schon war für ihren Eugen des Prinzen Schwester als Braut ausersehen und die bayrischen fochten unter dem französischen Adler. Deshalb überhäuft die Gattin Napoleons den Prinzen mit Artigkeit; sie und ihr Hof huldigen dem jungen Fürstenblut; Ludwig darf nur wollen, nur ein wenig weniger gerade sein, und er ist der Erste bei den glänzenden Siegesfesten. Was sagte er da, so daß die Ergebenen Josephinens, seine Schmeichler, es hören können: ›Das sollte mir die teuerste Siegesfeier sein, wenn diese Stadt, in der ich geboren bin, wieder eine deutsche Stadt sein würde!‹ Ist das nicht selbstlos, edel, groß gedacht?
Der Kronprinz muß, dem Vater gehorsam, unter den Franzosen kämpfen. Er gehorcht und zeichnet sich bei Pultusk durch Unerschrockenheit und Umsicht aus. Aber er hat keine Freude an diesem Lorbeer. Er muß im Gefolge der französischen Marschälle in Berlin einziehen, doch sein erster Gang ist zu Schadow, um eine Büste – Friedrichs des Großen zu bestellen; inmitten der deutschen Zerrissenheit und Entmutigung ahnt er die Wende, faßt er den Entschluß, dem deutschen Genius einen Ehrentempel, die Walhalla, zu bauen!
Den Männern in seiner Umgebung ist über dem persönlichen Vorteil und über dem Buhlen um die Gunst des Augenblicks alle politische Fernsicht, als Gemeingefühl entschwunden. Er allein erkennt, wer das Recht und die Zukunft für sich habe. Darum sieht er in den Tirolern, obwohl sie die bayrischen Wappenschilder in Trümmer schossen, nicht Feinde, sondern natürliche Bundesgenossen und wünscht ihrer Erhebung Glück und Erfolg!
Und im Befreiungsjahr selbst! Während die Königlichen Räte aus Furcht vor dem Kommenden und in Angst um das Errungene vor jedem entscheidenden Schritt warnen, schreibt er schon im Frühjahr, während Napoleon noch Sieg über Sieg erkämpfte, an den leitenden Minister: ›Es gibt nur ein Mittel, uns die Achtung der Nation wieder zu gewinnen: sofort unsere Waffen von der französischen Streitmacht zu trennen!‹...
... Zu rastloser Tätigkeit spornte den Regenten ernstes Pflichtgefühl, zur Pflege der Kunst drängte ihn die Neigung des Herzens. Die Kunst zu schützen und zu fördern, hatte er einst gelobt, da er als Jüngling in den Kreis der ›guten Geister‹ der deutschen Künstler in Rom, getreten war.
›... Denn Kunst, die zwar ihr sichres Erbteil droben: Im Himmel hat, bedarf, so lange sie Auf Erden geht, des irdischen Schutzes wohl!‹... |
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Wie treu hat er jenes Versprechen gehalten! Weltbekannt ist, was Ludwig I. als Schutzherr und Apostel der Kunst getan. Dagegen sind die Beweise von seiner ebenso werktätigen Begeisterung für die Wissenschaft schwieriger zu erbringen. Bei allen Völkern, die sich einer hochentwickelten Kultur erfreuen, werden ›Kunst und Wissenschaft‹ immer zusammen genannt, weil überall empfunden wird, daß das Streben nach Schönheit Hand in Hand gehen muß mit dem Streben nach Wahrheit. Diese Überzeugung war auch in Ludwig lebendig. Indem er an den Fortschritten des menschlichen Wissens dauernden Anteil nahm, konnten ihm der Nutzen und die Wichtigkeit der deutschen Hochschule nicht entgehen. Eine seiner frühesten Regierungshandlungen war die Verlegung der altbayrischen Hochschule in die Landeshauptstadt. Damals wurde sie von wenigen gebilligt, heute zählt man sie zu seinen erfreulichsten Taten. Mit Recht hielt er den Verkehr in einer großen Gemeinde für die Charakterbildung der Studierenden für ersprießlich, mit Recht erwartete er, daß der Hort kostbarer wissenschaftlicher wie künstlerischer Schätze den Gelehrten Anregung und Schwung geben, hinwieder die Gegenwart der Vertreter der Wissenschaft auf die städtische Bevölkerung wohltätig zurückwirken werde. Man lese die Verordnungen Ludwigs zur Neugestaltung der Akademie, die damals nur noch ein unfruchtbarer Überrest aus dem Hausrat der Zopfzeit war, auf daß auch sie der Wissenschaft und dem Leben, dem Gelehrtenstaat und dem Vaterlande Nutzen bringe! Man lese die mit Minister Schenk gewechselten Briefe wegen Heranziehung neuer Lehrkräfte nach München, Männer wie Görres, Oken, Schubert, Thiersch, Martius, Schmeller folgten dem Rufe. Namen von verschiedenem Klang, aber: ›So ist's gut‹, urteilte Anselm von Feuerbach, ›Wasser und Feuer verträgt sich in der Natur auch nicht, und doch grünt die Saat und keimt die Frucht!‹ Nicht nur in der Chemie sind auch die Gärungserreger wichtig und nützlich.
Freilich war König Ludwig der rein atomistischen Auffassung der Welt abhold und allen Leugnern der Gottesidee ein unversöhnlicher Gegner. Aus diesen Gesichtspunkten mochte er in einzelnen Fällen ein Veto, in seinen späteren Regierungsjahren sogar ein sehr barsches Veto einlegen; im Großen und Ganzen hielt er die Freiheit der Forschung hoch und war überzeugt, daß die Hochschule in ihrer Gesamtheit die Wissenschaft nach allen in ihr lebendigen Strömungen darzustellen habe. Als Rektor Dresch bei der feierlichen Eröffnung der Münchner Hochschule freimütige Gedanken über die Würde der Wissenschaft äußerte, erwiderte der König: ›Nichts konnte mir besser gefallen, als was über die Unabängigkeit der wissenschaftlichen Forschung, über die Freiheit des Wortes und der Mitteilung gesagt wurde. Es ist auch meine lebendigste, meine tiefste Überzeugung, daß hier jeder Zwang, jede Zensur, auch die billigste, verderblich wirkt, weil sie statt des gegenseitigem Vertrauens, bei dem allein die menschlichen Dinge gedeihen, den Argwohn einsetzt.‹...
Alles in allem«, so schloß der Redner, »preist Ludwig die Heranbildung seiner Bayern zu guten Deutschen als den schönsten Lohn seines erzieherischen Waltens, in diesem stolzen Bewußtsein ruft er:
›Ich hab' vergebens nicht gelebt!‹«