Raphael Kühner
Cato oder Von dem Greisenalter
Raphael Kühner

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Einleitung in die Schrift über das GreisenalterUeber den Zustand der Philosophie bei den Römern vor Cicero, über die philosophischen Schulen, die zu Rom blühten, über das Leben Cicero's und über seine philosophischen Schriften habe ich ausführlich in der Schrift gesprochen, die den Titel führt: Marci Tullii Ciceronis in philosophiam ejusque partes merita. Hamburgi, sumptibus Friderici Perthes. 1825. Einen kurzen Auszug aus derselben habe ich in der Einleitung zu meiner Uebersetzung von Cicero's Tusculanen (Stuttgart, Krais und Hoffmann, 1855) gegeben..

I. Verhältniß der Schrift über das Greisenalter zu den übrigen philosophischen Schriften Cicero's. – Dialogische Form. – Ort und Zeit. – Zweck.

1. Cicero's Abhandlung über das Greisenalter und die über die Freundschaft, die drei Bücher von den Pflichten, die zwei Bücher von dem Ruhme, von denen nur wenige Bruchstücke übrig geblieben sind, und die sechs Paradoxa sind, wie wir in der Einleitung zu den drei Büchern von dem Wesen der Götter (S. 4) gesehen haben, als Ergänzungswerke seiner moralischen Schriften zu betrachten.

2. Wie in fast allen seinen philosophischen Schriften, hat Cicero auch in der Abhandlung über das Greisenalter und in der über die Freundschaft die dialogische Form der Rede angewendet. Wir unterscheiden zwei Arten der dialogischen Komposition, nämlich die Sokratische, welche in Fragen und Antworten besteht, wie sie am Schönsten in den Platonischen Schriften entwickelt ist, und die Aristotelische, welche darin besteht, daß zuerst Einer der Anwesenden einen zusammenhängenden Vortrag über eine aufgeworfene Frage hält, sodann ein Anderer dagegen auftritt und gleichfalls einen zusammenhängenden Vortrag hält, indem er entweder bloß die Gegengründe anführt, oder zugleich auch seine Ansichten über denselben Gegenstand entwickeltS. die Einleitung zu meiner Uebersetzung der drei Bücher von dem Wesen der Götter S. 9 f.. Dieser Aristotelischen Methode hat sich Cicero in fast allen philosophischen Schriften bedient, und auch in den beiden genannten Abhandlungen findet sie sich im Allgemeinen; doch bewegt sich in ihnen der Dialog freier und ahmt mehr die vertrauliche Unterhaltungsweise nach, wie sie sich in den Unterredungen fein gebildeter Männer zeigt.

3. Der Ort, wo Cicero das Gespräch über das Greisenalter halten läßt, ist das Haus des Cato (1, 3) und die Zeit, in die er das Gespräch setzt, ist das Jahr vor Cato's Tode (Lälius 3, 11 a. E.), 150 v. Chr., wo Titus Quinctius Flamininus und Acilius Balbus Consuln waren (5, 14). Cato stand damals im vierundachzigsten Jahre (10, 32). Die Zeit der Abfassung des Gespräches liegt zwischen der Herausgabe der drei Bücher von dem Wesen der Götter und der Herausgabe der zwei Bücher von der WeissagungS. Cicer. de Divinat. II. 1, 3.. Es ist also das Jahr 44 v. Chr., und zwar nach Cäsar's Ermordung (15. März 44), und das dreiundsechzigste Lebensjahr Cicero's.

4. Cicero hat seine Abhandlung über das Greisenalter seinem innigsten Freunde Titus Pomponius Atticus, der drei Jahre älter war, gewidmet und wollte durch dieselbe die diesem und ihm gemeinsame Last des schon drückenden oder wenigstens herannahenden Alters seinem Freunde und sich selbst erleichtern (1, 2), zugleich aber auch Andere belehren, welchen Weg sie im Leben einzuschlagen hätten, um sich eines glücklichen und zufriedenen Alters theilhaftig zu machen.

5. Daß Cicero mit Lust und Liebe diese Abhandlung ausgearbeitet habe, bezeugt jede Seite derselben, und er selbst erklärt (1, 2), die Abfassung dieser Schrift sei ihm so angenehm gewesen, daß sie ihm nicht nur alle Beschwerlichkeiten des Alters abgestreift, sondern das Alter sogar milde und angenehm gemacht habe.

II. Von den Personen, die Cicero in der Abhandlung vom Greisenalter redend eingeführt hat.

1. Die Hauptperson des Gespräches über das Greisenalter, der Cicero die Vertheidigung dieses Alters gegen die ihm gemachten Vorwürfe übertragen hat, ist Marcus Porcius Cato, der Aeltere, mit dem Beinamen Censorius, der damals fünfundachtzig Jahre alt war. Die Wahl dieses Mannes ist in der That eine höchst glückliche zu nennen. Denn im ganzen Alterthume läßt sich schwerlich eine Persönlichkeit auffinden, die geeigneter gewesen wäre dem Vortrage größeres Gewicht und Ansehen zu verleihen, als der Mann, der, im hohen Alter stehend, jugendlicher Frische genoßVgl. Cicer. Cat. 1, 3. Lael. 1, 4. und wegen seiner ausgezeichneten Tugenden den ehrenvollen Beinamen »der Weise« erhielt. In seinem ganzen Leben erscheint er als ein Muster sittlicher Strenge, unerschütterlicher Charakterfestigkeit, unparteiischer Gerechtigkeitsliebe, vorzüglicher Enthaltsamkeit, Mäßigkeit und Abhärtung. Gleich ausgezeichnet war er als Krieger und Heerführer, als Staatsmann, Redner und Rechtsgelehrter, als Landwirt und vielseitiger Schriftsteller. Vortrefflich ist auch die Zusammenstellung des alten Cato mit den beiden jungen Männern, Gajus Lälius und dem jüngeren Scipio Africanus. Beide waren durch die innigste Freundschaft mit einander verbunden, Beide von der edelsten Gesinnung und von dem Streben nach höherer Menschenbildung erfüllt, Beide Verehrer und Bewunderer Cato's und seiner Weisheit, und Cato hegte eine väterliche Liebe und Zuneigung gegen seine jungen FreundeUeber das Verhältniß des Scipio zu Cato s. Cicer. de Rep. II, 1, 1..

2. Cato war im Jahre 234 v. Chr. zu TusculumS. Cicer. Legg. II. 2, 5. Ueber Cato's Leben vgl. Corn. Nep. Vit. Catonis und Plutarch. Vit. Catonis., einer Freistadt (municipium) Latiums, geboren unter dem Consulate des Gajus Postumius Albinus und Spurius Carvilius Maximus. Die Familie, aus der er stammte, gehörte dem plebejischen StandeCicer. Rep. I. 1, 1: M. vero Catoni, homini ignoto et novo. Vgl. Cicer. pro Murena 8. an. Er war zweimal verheirathet. Der Sohn seiner ersten Ehe, der die Schwester des jüngeren Scipio zur Gattin hatte, starb, als er eben die Prätur erhalten hatte (152). Mit stoischer Standhaftigkeit ertrug Cato den Tod des ihm so theueren und hoffnungsvollen Sohnes. Der Sohn der zweiten Ehe war der Großvater des Cato Uticensis. In seiner frühen Jugend lebte Cato auf einem von seinem Vater ererbten Landgute im Sabinerlande; aber auf Anrathen des Lucius Valerius Flaccus begab er sich (212) nach Rom, um sich dem öffentlichen Leben zu widmen. Durch seine Beredsamkeit vor den Gerichten und durch seine Rechtschaffenheit erwarb er sich in Kurzem großes Ansehen.

3. Seine ersten Kriegsdienste machte er (217) in seinem siebzehnten Jahre. Drei Jahre darauf (214) zog er mit dem Consul Quintus Fabius Maximus als gemeiner Krieger nach CampanienSo nach Cicer. Cat. 4, 10. Aber Nep. 1, 2 den Cato unter den Consuln Q. Fabius und Marcus Claudius Kriegstribun in Sicilien sein. Nipperdey z. Nep. l. d. meint, beide Angaben ließen sich vielleicht dadurch vermitteln, daß Marcellus, bevor er nach Sicilien gesandt wurde, einige Zeit gemeinsam mit Fabius in Campanien operirt habe (Livius 24, 19). und fünf Jahre später (209) gegen Tarent. In dem Treffen bei Sena in Umbrien (207), in dem Hannibal's Bruder, Hasdrubal, blieb, leistete er dem Claudius Nero wichtige DiensteNepos 1, 2.. Unter dem Consulate des Tuditanus und Cethegus (204) erhielt er die Quästur und begleitete den Proconsul Publius Scipio, den Aelteren, nach Afrika. Unter dem Consulate des Lucius Cornelius Lentulus und Publius Villius Tappulus (199) wurde er plebejischer Aedil und unter dem Consulate des Sex. Aelius Pätus und Titus Quinctius Flaminius (198) Prätor in Sardinien.

4. Drei Jahre später (195) wurde er mit dem oben erwähnten Lucius Valerius Flaccus zum Consul erwählt. In dem diesseitigen Hispanien, das ihm als Provinz zu Theil geworden war, unterwarf er die aufrührerischen Volksstämme, ließ die Mauern ihrer Städte schleifen, kurz, er zeigte in den größten wie in den kleinsten Angelegenheiten eine unermüdliche Thätigkeit, wetteiferte mit den gemeinen Soldaten in den mühsamsten Arbeiten und Anstrengungen, war sparsam und mäßig und gegen Niemanden strenger als gegen sich selbst. Als Belohnung für seine großen Verdienste wurde ihm bei seiner Rückkehr aus Hispanien ein Triumph zuerkanntS. Livius 34, 8 sqq. Eine Lobrede auf Cato s. 34, 40 u. 39, 40.. Gleich darauf in demselben Jahre ging er als Unterfeldherr (legatus)S. Cicer. Cat. 6, 18. Plutarch. Cat. 12. mit dem Consul Tiberius Sempronius Longus nach Thracien und vier Jahre später (191) als KriegstribunNach Cicer. Cat. 10, 32 und Plutarch. Cat. 12; aber nach Livius 36, 17 als Unterfeldherr (legatus consularis). mit dem Consul Manius Acilius Glabrio nach Griechenland gegen den König von Syrien, Antiochus, den gefährlichsten Feind der Römer nach Hannibal. Auch in diesem Feldzuge leistete er wichtige Dienste. Namentlich wird mit großem Lobe ein von ihm geleiteter Ueberfall der Feinde erwähntLivius 36, 18. Plutarch. Cat. 13. Vgl. Cicer. Cat. 10, 32., durch den in der Schlacht bei Thermopylä der Sieg über Antiochus entschieden, und dieser nach Asien sich zurückzuziehen genöthigt wurde.

5. Großen Ruhm erwarb Cato auch in der Verwaltung der Censorwürde, die er mit seinem Freunde, dem zuvor erwähnten Lucius Valerius Flaccus, im J. 184 erhielt, indem er ohne alle Rücksicht auf die Person jede Unsittlichkeit mit der größten Strenge bestrafte, der schon mehr und mehr um sich greifenden Ueppigkeit, Verschwendung und Prunksucht durch hohe Besteuerung der Luxusartikel entgegentrat und viele andere nützliche Anordnungen im Staate trafLivius 39, 40 sq. Plutarch, Cat. 16–19. Nepos Cat. 2, 3. Vgl. Cicer. Cat. 12, 42.. Wegen der Strenge, die er als Censor ausübte, erhielt er den Beinamen Censorius.

6. Auch noch als Greis bewies er große Thätigkeit und nahm lebhaften Antheil an dem Staate. So empfahl er in einem Alter von 65 Jahren (169) mit lauter Stimme und starker Brust, wie Cicero (5, 14) sagt, den Voconischen Gesetzvorschlag. Zwei Jahre darauf (167) unterstützte er nachdrücklich die Sache der ungerecht behandelten RhodierSchön sagt Livius 45, 25: Plurimum causam eorum (Rhodiorum) adjuvit M. Porcius Cato, qui, asper ingenio, tum lenem mitemque senatorem egit.. Ein Jahr vor seinem Tode (150), also in einem Alter von fünfundachtzig Jahren, setzte er es durch, daß die Römer den Karthagern den Krieg erklärtenPlutarch. Cato 26 sq., und wenige Tage oder Monate nachher hielt er eine barsche und leidenschaftliche Rede, in der er die gegen den Proprätor Servius Galba wegen seiner treulosen Behandlung der Lusitaner erhobene Anklage unterstützteCicer. Brut. 20, 80. 23, 90. de Orat. I. 53, 227..

7. Cato's wissenschaftliche Bildung und Schriftstellerei war sehr vielseitig. Von den Werken, die er hinterlassen hat, besitzen wir leider fast nur einzelne Bruchstücke. Er schrieb ein Werk über die Landwirtschaft (de re rustica), Reden, ein Buch über das Kriegswesen, Abhandlungen über Staatswissenschaft, Rechtspflege, Alterthümer, ein großes Geschichtswerk, OriginesS. Nepos Cato c. 3. Cicer. Brut. c 17. Fragmenta Catonis ex. rec. Aus. Popmae. c. ann. ejus et Jo. Meursii, Franeckerae 1620. p. 129. benannt, das heißt eine Urgeschichte, worin er in sieben Büchern die Abstammung und Geschichte der Italischen Völker behandelte. Mit der Griechischen Litteratur machte sich Cato erst im Alter bekannt (8, 26); aber wahre Liebe zu ihr und zu der Griechischen Bildung konnte er nie fassen. Als daher im J. 158 die Athener eine Gesandtschaft nach Rom schickten, welche aus den drei Philosophen, dem Neuakademiker Karneades, dem Stoiker Diogenes und dem Peripatetiker Kritolaus bestand, und diese Männer in Rom gelehrte Vorträge hielten und von den Römischen Jünglingen mit großem Eifer gehört wurden; so war es Cato, der aus Besorgniß, die Römische Jugend möchte durch die Liebe zu den Wissenschaften von der Strenge der alten Zucht, welche die kriegerische Einrichtung des Staates nothwendig erfordern, abfallen und, von Griechischer Bildung angesteckt, sich mehr den wissenschaftlichen Studien als der praktischen Thätigkeit im Staate und im Kriegsdienste ergeben, es durchsetzte, daß die Gesandtschaft nach kurzer Zeit aus Rom entfernt wurde.

8. Der Stoischen Philosophie war Cato mit ganzer Seele ergeben. Er hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht die strengen Grundsätze der Stoischen Sittenlehre in allen seinen Handlungen zu bethätigen. Aber Cicero läßt in seiner Schrift den Cato nicht als strengen Stoiker auftreten, sondern einem gemilderten Stoicismus folgen. Ja an mehreren Stellen, wie 2, 8. 14, 46. 19, 71, neigt er sich ganz offenbar zur Lehre der Peripatetiker und Altakademiker. Aber auch in anderer Hinsicht hat Cicero dem Wesen Cato's die Starrheit und Sprödigkeit, die wir bei dem historischen Cato finden, abgestreift und ihn als einen milden, freundlichen, wohlwollenden und feingebildeten Greis dargestellt. Denn Cicero wollte weder eine Abhandlung nach rein Stoischen Grundsätzen, noch auch eine der Geschichte genau entsprechende Charakteristik Cato's schreiben, sondern ein Gespräch, in dem sich ein würdiger und angesehener Greis in freundschaftlicher und gemüthlicher Weise mit zwei edlen jungen Männern unterhält, wozu sich der Rigorismus der Stoischen Lehre und der Charakter des alten Cato schwerlich geeignet haben würde.

9. Publius Cornelius Scipio Aemilianus Africanus der Jüngere, der Sohn des Lucius Aemilius Paullus Macedonicus, adoptirt von Publius Cornelius Scipio, dem Sohne des älteren Scipio Africanus, Bruder der Aemilia, Cato's Schwiegertochter, war einer der größten und edelsten Römer, als Krieger und Heerführer und Staatsmann ausgezeichnet, einer der liebenswürdigsten Charaktere und ein Mann von der feinsten Bildung.

10. Schon in seiner frühen Jugend zeichnete er sich als Krieger aus. In seinem siebzehnten Jahre (168 v. Chr.) nahm er unter Anführung seines Vaters Theil an dem Feldzuge gegen Perses, König von Macedonien. In dem Hispanischen Kriege (151) erwarb er sich als Kriegstribun unter dem Consul Lucius Lucullus durch seine Tapferkeit und Besonnenheit großes Lob. Ebenso zeichnete er sich bald darauf (149) in dem dritten Punischen Kriege aus, indem er in Afrika das durch Unvorsichtigkeit seiner Anführer schwer bedrängte Römische Heer von seinem Untergange rettete. Durch diese glänzenden Thaten und die Rechtschaffenheit seines Charakters hatte er sich die Vewunderung und Liebe des Römischen Volkes dergestalt erworben, daß er, als er sich in seinem sechsunddreißigsten Lebensjahre (147) um die Aedilität bewarb, vor der gesetzlichen Zeit, das heißt vor dem dreiundvierzigsten Lebensjahre, einstimmig vom Volke erwähltS. unsere Anmerk. zu Lael. 3, 10. und ihm der Oberbefehl in dem Punischen Kriege übertragen wurde. Die Eroberung Karthago's, das mit bewunderungswürdigem Heldenmuthe vertheidigt wurde, erfolgte erst im folgenden Jahre (146). Im J. 142 wurde er mit Mummius zum Censor gewählt und erwarb sich durch die gewissenhafte Verwaltung dieses Amtes großes Lob. Im J. 134 zum zweiten Male mit dem Consulate betraut, belagerte er Numantia in Spanien, das er aber erst im funfzehnten Monate (133) nach den blutigsten Kämpfen einnehmen konnte. Zwei Jahre darauf (129) starb er, nachdem er am Tage vor seinem Tode gegen die drei Volksführer, Gajus Carbo, Gajus Gracchus und Marcus Fulvius, mit großer Heftigkeit geredet hatte. Ob sein plötzlicher Tod ein natürlicher oder ein gewaltsamer gewesen sei, läßt sich nicht entscheidenS. unsere Anmerk. zu Lael. 3, 12..

11. Was Scipio's wissenschaftliche Bildung anlangt, so wird uns berichtet, er habe zu den jungen Männern gehört, welche während der Anwesenheit der oben erwähnten Athenischen Gesandtschaft die Vorträge der drei Philosophen, Karneades, Kritolaus und Diogenes, fleißig gehörtCicer. de Orat II, 37, 155.; er habe den Geschichtsschreiber Polybius und den Stoischen Philosophen Panätius im Kriege wie im Frieden stäts in seiner Begleitung gehabtVellej. Pat. 1, 13. und besonders mit dem Letzteren in freundschaftlichem Verkehre gestanden und dem Studium der Philosophie obgelegenCicer. Acad. II. 2, 5. de Fin. IV. 9, 23. Tuscul. IV, 3, 5.; er habe Xenophon's Schriften fleißig gelesenCicer. Tusc. II. 26, 62. ad Quint. Fr. I, 8, 23.. Auch als vorzüglicher Redner wird er von CiceroCicer. Brut. 21, 82 sqq. Vgl. 74, 258, de Offic. I. 32, 116. genannt.

12. Von Lälius, der dritten Person unseres Gespräches, werden wir in der Einleitung zu der Abhandlung von der Freundschaft sprechen.

III. Von den in dieser Abhandlung benutzten Quellen S. unsere Schrift: Cicer. in philos. mer. p. 116 sqq. .

Den Eingang des Platonischen Dialoges über den Staat, wo sich die Unterredung des alten Kephalos mit Sokrates findet, hat Cicero auf eine freie Weise benutzt. Was er über die Unsterblichkeit der Seele (Kap. 21) vorgetragen hat, ist, wie er selbst angibt, aus dem Plato, sowie auch einiges Wenige aus der Lehre der Pythagoreer entlehnt. Im XXII. Kapitel hat er die Rede des sterbenden Cyrus bei Xenophon frei übersetzt, ebenso auch im XVII. Kapitel Einiges aus Xenophon's Oekonomikus. Vielleicht hat er auch die Schrift des Chiers Aristo, eines Stoischen Philosophen, über das Greisenalter, den er selbst im ersten Kapitel anführt, benutzt. Außerdem werden uns aus dem Alterthume noch zwei Schriften über das Greisenalter genannt, die eine des Demetrius von Phalerus (um 320), die andere des Marcus Terentius Varro.

IV. Inhalt der Abhandlung.

I. Zuschrift ist an Titus Pomponius Atticus, in der Cicero die Gründe angibt, die ihn bestimmt haben über das Greisenalter zu schreiben und die Schrift dem Atticus zu widmen (Kap. I.).

II. Abhandlung im Allgemeinen. Für denjenigen, welcher alle Güter in sich selbst sucht, kann Nichts als ein Uebel erscheinen, was ein nothwendiges Naturgesetz mit sich bringt, also auch nicht das Greisenalter. Die Klage, das Alter beschleiche uns schneller, als wir gedacht hätten, beruht auf verkehrtem Denken. Das Alter muß der Weise mit Ergebung tragen; denn wie für die übrigen Lebensalter, so hat die Gottheit auch für das Greisenalter gesorgt (Kap. II.). Die Schuld der Klagen über das Alter liegt nicht im Alter, sondern in dem Charakter des Menschen. Die besten Waffen des Alters sind die Wissenschaften und die Uebung der Tugenden (Kap. III.). Beispiele eines glücklichen Greisenalters (Kap. IV. V. 13. 14).

III. Abhandlung im Besonderen. Aufzählung der vier Gründe, weßhalb das Greisenalter unglücklich erscheint (Kap. V, 15).

A. Widerlegung des ersten Grundes. das Greisenalter zieht von Verrichtung der Geschäfte ab.

a) Es gibt Geschäfte für den Greis, welche selbst bei schwachem Körper doch mit dem Geiste besorgt werden können. Historische Belege dafür (Kap. VI.) – b) Widerlegung des Einwurfes, daß das Gedächtniß und die übrigen Geisteskräfte im Alter abnehmen (Kap. VII., 21–23). – c) Auch den greisen Landmann darf der Gedanke, daß er Bäume pflanze, deren Früchte nicht ihm, sondern einem künftigen Geschlechte zu gute kommen, von dieser Thätigkeit nicht abhalten; denn die Gottheit will, daß ich solche Güter nicht nur von meinen Vorfahren empfange, sondern auch meinen Nachkommen überliefere (Kap. VII, 24).

An diese Erörterung knüpft Cicero zwei Punkte an, die mit derselben in keiner genauen Verbindung stehen, nämlich: α) die Widerlegung der Behauptung, ein langes Alter bringe uns viele Widerwärtigkeiten; β) der Greis sei Andern beschwerlich (VIII. 25. 26).

B. Widerlegung des zweiten Grundes: Das Greisenalter macht den Körper schwächer.

a) Dem Greise verbleibt ein solches Maß der Leibeskräfte, daß er sich in vielfacher Hinsicht Anderen nützlich machen kann. Die Abnahme der Kräfte ist öfter eine Folge von Jugendsünden als von Gebrechen des Greisenalters. Mag auch der Greis weniger Kräfte haben, als der Jüngling und Mann, so mag sich Jeder so viel anstrengen, als es seine Kräfte erlauben, und er wird im Greisenalter nicht die Kräfte des jugendlichen Alters vermissen. Die Natur hat jedem Alter ein bestimmtes Maß von Kräften verliehen, und von einem Greise werden nicht Arbeiten verlangt, die das volle Maß jugendlicher Körperkraft erheischen (Kap. IX. X.). – b) Wenn Greise wirklich zu schwach zur Verrichtung von Geschäften sind, so ist dieß kein eigentlicher Fehler des Alters, sondern ein gemeinsamer des Gesundheitszustandes, dem auch Jünglinge unterliegen können. – c) Dem Greisenalter muß man durch Mäßigung und Enthaltsamkeit in der Lebensweise und durch geistige Thätigkeit nachhelfen (Kap. XI.)

C. Widerlegung des dritten Grundes: das Greisenalter beraubt uns fast aller Vergnügungen.

a) Versteht man darunter die sinnlichen Vergnügungen, so muß man diesen Mangel als eine Wohlthat ansehen, da aus der Sinnenlust die größten Verbrechen hervorgehen, und Nichts der Vernunft, dem göttlichen Geschenke, feindseliger ist. Sinnliche Vergnügungen, mäßig genossen, sind auch dem Greise gegönnt. – b) Aber das Alter hat schönere und reinere Genüsse, wie die Beschäftigung mit den Wissenschaften, die Freuden des Landlebens (Kap. XII–XIV.) Schöne Schilderung des Landlebens (Kap. XV–XVII. 60). – c) Ein großer Vorzug des Alters ist das Ansehen, dessen sich der durch sein früheres, ehrenhaft geführtes Leben würdige Greis zu erfreuen hat und das von höherem Werthe ist, als alle Sinnengenüsse der Jugend (Kap. XVII, 61, XVIII. 62–64). – d) Sind Greise mürrisch, grämlich, zanksüchtig, geizig, so sind dieß Fehler der Gemüthsart, nicht des Alters. Geht das mürrische Wesen aus der Meinung hervor, das Alter werde verachtet, so trifft dieses nicht einen sittlichguten und wissenschaftlich gebildeten Greis (Kap. XVIII, 65).

D. Widerlegung des vierten Grundes: das Greisenalter ist nicht mehr weit vom Tode.

a) Der Tod ist zu verachten, wenn er den Geist gänzlich vernichtet, oder er ist zu wünschen, wenn dieser nach dem Tode fortbesteht. – b) Der Tod ist aber jedem Alter gemein. Hofft der Jüngling auf ein langes Leben, so handelt er unweise, indem er Ungewisses für Gewisses hält. Der Begriff von lang ist beziehlich, und eine kurze Lebenszeit ist lang genug zu einem guten Leben. Die Frucht des Greisenalters besteht in der reichen Erinnerung der vorher erworbenen Güter. – c) Der Tod ist naturgemäß; was aber naturgemäß ist, muß man für ein Gut halten (Kap. XIX.). – d) Das Greisenalter hat keine bestimmte Gränze, und man lebt in demselben gut, so lange man seine Berufspflicht erfüllen kann. – e) Das ist der beste Tod, wenn bei ungeschwächter Geisteskraft und gesunden Sinnen die Natur selbst das Werk, das sie zusammengefügt hat, auch wieder auflöst. – f) Man muß sich von Jugend auf vorbereiten den Tod zu verachten. – g) Sowie die Beschäftigungen jedes Alters absterben, so auch die des Greisenalters, und wenn dieß erfolgt, so bringt die Sättigung des Lebens den Zeitpunkt herbei, der uns zum Tode reif macht (Kap. XX.).

IV.  Schluß. Betrachtungen über die Unsterblichkeit der Seele. Gründe für dieselbe nach Plato (Kap. XXI.). Rede des sterbenden Cyrus an seine Söhne (Kap. XXII.). Beispiele aus der Römischen Geschichte von Männern, von denen wir annehmen müssen, daß sie von dem Glauben an Unsterblichkeit durchdrungen gewesen sind. – Solche Betrachtungen sind geeignet uns das Alter nicht allein leicht, sondern auch erfreulich zu machen (Kap. XXIII.).


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