Gilbert Keith Chesterton
Priester und Detektiv
Gilbert Keith Chesterton

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Vorwort

Wie fast überall, so war auch in England einer der Hauptgründe für die Einführung der sog. Reformation der Vorwurf, die katholische Kirche sei römisch und daher ein Fremdkörper, der sich mit dem einheimischen, nationalen Geiste nicht vertrage oder diesem zu wenig Rücksicht erweise. Dieses Bewußtsein steckt heute noch tief im ganzen englischen Protestantismus und ein Übertritt zur katholischen Kirche bedeutet daher dort auch einen Bruch mit dieser Tradition des ganzen Landes. In Wirklichkeit wird jedoch dem nationalen Gedanken im Katholizismus nur sein richtiger, natürlicher Platz angewiesen, werden die irdischen Interessen den ewigen hintangesetzt entsprechend dem Verhältnisse der unsterblichen Seele zum sterblichen Leibe, wenn wir nun seit einem halben Jahrhundert tatsächlich so zahlreiche Personen jenen irrigen Standpunkt verlassen sehen, so ist doch ungleich größer noch die Zahl derjenigen, die entweder nicht die Kraft besitzen, aus einmal angenommenen Wahrheiten die letzten Schlußfolgerungen zu ziehen, oder die nicht bis zur vollen Wahrheit sich durchzuringen imstande waren. Viele unter ihnen haben aber dennoch der Erkenntnis des Wahren in jenem Lande die Wege ebnen geholfen, sie haben Berge von Schutt, Unsummen von Vorurteilen beiseite geräumt und anderen den Weg freigemacht. Zu diesen gehört G. K. Chesterton. Er ist einer von jenen, die verstehen, die erkennen, die begreifen, besser vielleicht als viele Katholiken selbst, die aber den Glauben, das Geschenk der göttlichen Gnade noch nicht besitzen. So steht er auch heute noch draußen, aber niemand hat so in den letzten Jahren sich für die katholische Kirche und alles, was sie lehrt, eingesetzt, wie er. Man braucht noch lange nicht mit allem einverstanden zu sein, was er in seinem bekannten Buche »Orthodoxie« schreibt, aber man wird doch zugeben müssen, daß von nichtkatholischer Seite für Nichtkatholiken selten Besseres über die katholische Kirche geschrieben worden ist. Wie er zu seinem katholischen Standpunkte kam, erzählt er in »Ball und Kreuz«. Er war ausgezogen, sich eine neue Religion, eine bessere, als seine anglikanische zu gründen. Mit Hilfe alles dessen, was sein Verstand ihm an Werkzeugen darbot, mit Hilfe vor allem von unerbittlicher Logik begann er sein anglikanisches Kredo zu reinigen und zu verbessern, und als er dann endlich die Welt mit seinem nagelneuen System überraschen wollte, mußte er sehen, daß er Dinge entdeckt hatte, in deren Besitz die katholische Kirche schon seit bald zweitausend Jahren sich befindet. Er war ausgezogen, einen neuen Erdteil zu entdecken, und was er entdeckte, war die alte Heimat.


Eine der größten Überwindungen für denjenigen, der der Kirche sich nähern will, ist die Herstellung einer Verbindung mit dem Priester. Falsche Vorstellungen, anerzogene Abneigung, Verachtung gegen den so oft aus dem niederen Volke hervorgegangenen Geistlichen, die Furcht nicht verstanden zu werden und sich wieder in die unerträgliche Wirrnis getrieben zu sehen, hält viele Leute dem Priester fern. Bizarr, wie in seiner Schreibart, wählt Chesterton das Mittel des Kriminalromanes, an dessen Hand er zeigt, welche Summe von Menschenkenntnis der katholische Priester besitzt, die ihm seine wissenschaftlich-theologische Vorbildung, sein Wirken unter allen Schichten des Volkes und seine im Beichtstuhle gewonnene Erfahrung vermitteln. Father Brown ist dieser Typus eines im Äußern plumpen, einfältigen Priesters, der auch im schlimmsten Falle nicht in Verlegenheit kommt und von dem auch der geriebenste Detektiv noch manches lernen kann. So bringt Chesterton den Priester seinen Landsleuten näher, er wird ihnen menschlicher, sie gewinnen vielleicht mehr Vertrauen zu ihm und lassen sich diese Dinge, die über den Priester zu wissen gut sind, in dieser Form und von einem der Ihrigen eher sagen, als von der schönsten katholischen Apologie. Die Erzählung ist eine kleine Anerkennung für unseren Klerus, wobei jedoch auch die Unterhaltung (als die anziehende Form) nicht zu kurz kommt. Wenn dabei manch treffliches Wort für die politischen Zustände des heutigen England abfällt, so nehmen wir das in diesen Zeiten gerne in Kauf.


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