Das laute Geheimnis
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Dritter Aufzug.

Federigos Zimmer.

Fabio tritt auf.

Fabio. Wer vielleicht was vom Verstand
Eines armen Dieners wüßte,
Der ihn bloß deshalb verloren,
Weil ihn auch sein Herr verkrümelt
(Was beweist, es war nur wenig),
Der mag's alsobald verkünden;
Denn dem Finder hilft er nichts,
Und hier zahlt man Fundgebühren. –
Doch, wie laut ich immer rufe,
Keine Nachricht ist zu spüren;
Denn Verstand, einmal verloren,
Fand er je sich wieder? – Dünket
Es dir gut, Gedächtnis, komm,
Laß uns Selbstgespräche führen.
Was gibt's Neues? – Was weiß ich! –
Was kann das bedeuten müssen,
Daß mein Herr, da ich aufs beste
Mit ihm stand, nach meinem Dünken,
Mich auf einmal, ganz wie rasend,
Anfiel mit zweitausend Püffen? –
Das bedeutet, daß er toll ist. –
Und daß er, da ich höchst sündig
Vor ihm fliehe, mir ein Kleid gibt
Samt zweitausend Schmeichelblümchen,
Was bedeutet das, Gedächtnis? –
Das bedeutet zu viel Schlückchen. –
Beides sind die allerstärksten
Folgerungen; und nicht über
Zu der dritten geh' ich, weil
Don Enrico, leise flüsternd,
Jetzt sich nähert; und wenn sie
Sich so ängstlich vor mir hüten
Bei dem Eintritt in dies Zimmer,
Will ich, mich vor ihnen hütend,
Jetzt das Prävenire spielen;
Teils, um etwas auszuspüren,
Teils, weil jetzt (da nun mein Herr,
Ein ums andre Mal, bald wütend,
Bald sanftmütig ist) die Reihe
An den Zorn kommt; und da würd' es
Wohl am besten sein, man ließ' ihn
Leer vorübergehn. Doch Wünsche
Helfen wenig; mich verstecken
Muß ich, und die einz'ge Hilfe
Ist, mich unter diesen Tisch
Zu verkriechen. Nicht so schüchtern!
Ist's doch nicht das erste Mal,
Daß ich untern Tisch mich drücke.

(Er versteckt sich unter den Tisch.)

Enrico und Federigo treten auf.

(Federigo sieht im Zimmer umher.)

Enrico. Wonach seht Ihr?

Federigo.                         Ob man horche.

Enrico. Draußen blieben, vor der Thüre,
Alle Diener.

Fabio (verborgen). Alle nicht;
Denn ich eben fehle drüben.

Federigo. Bis in dieses fernste Zimmer
Führt' ich Euch nicht ohne Gründe;
Denn hier ist kein andrer Zeuge.

Fabio. Recht; ein falscher ist nicht gültig.

Enrico. Sprecht!

Federigo.           Abschließen will ich erst.
    (Er verschließt die Thüre.)
Jetzt, da wir allein sind, wünsch' ich,
Daß mich Eure Hoheit höre;
Zeit ist's, alles zu enthüllen.

Fabio. Hoheit? Das ist gut.

Enrico.                               Wohlan,
Sagt, was hattet Ihr für Gründe,
Mich hieher zu führen?
Federigo.                     Zwei,
Und zwar beide sehr genügend;
Mir gilt einer, Euch der andre.
Was Euch anbelangt, so müßt Ihr
(Weiß ich gleich, daß meine Treue
Als verletzt erscheinen dürfte)
Mir verzeihn – die Not entschuldigt
Euch zu sagen, zu verkünden,
Daß die Fürstin schon erfahren,
Wer Ihr seid; es kann nicht nützen,
Unter uns geheim zu halten,
Was so vielen schon enthüllt ist.
Was mich angeht . . .

Enrico.                             Eh Ihr fortfahrt,
Sagt mir an, wie hat die Fürstin
Denn erfahren, wer ich bin?

Federigo. Wie? das kann ich nicht ergründen;
Daß sie's weiß, weiß ich . . .

Fabio.                                           Hört! Hört!
Treibt mein Herr auch Kupplerkünste?

Federigo. Denn sie selber sagt' es mir.

Enrico. Geht nun zu Euch selber über;
Denn was mich betrifft, so muß ich
Hierin fast Verstellung fürchten,
Bis sie näher sich erklärt.

Federigo. Soll ich Euch mich ganz enthüllen,
So versprecht bei Fürstenehre,
Was ich jetzt Euch sag', entschlüpfen
Eurem Busen nie zu lassen.

Enrico. Ja, ich thu's und will verbürgen,
Daß in Marmor aufbehalten
Bleibt, was Ihr in Wachs gedrücket.

Federigo. Ihr, durchlauchtiger Enrico
Von Gonzaga, hochberühmter
Herzog Mantuas, wißt bereits,
Daß ich für ein Mädchen glühe.
Sie nun, dieses Erdenwunder,
Sie nun, diese Himmelsblüte,
Dieses angenehme Staunen,
Dieses liebliche Entzücken,
Siegt, trotz den Unmöglichkeiten,
Trotz dem Aengstigen und Fürchten,
Heut, nach manchem harten Kampfe
Triumphierend, und verknüpfet
Die zwei schönsten Siegeskränze,
Ihrer Treu und meines Glückes.
    (Er zieht einen Brief hervor.)
Dieses Blatt, das mir der Wind
Sicher in die Hände führte
(Denn um diese zu erreichen,
Mußt' es aus den höchsten Lüften
Ihres Himmels in den Abgrund
Meiner Qual hernieder stürzen),
Ist der Schutzbrief meiner Freiheit;
Doch so nenn' ich ihn sehr übel,
Denn er ist vielmehr der Brief
Meiner Knechtschaft; er begründet
Den Vertrag, daß ich auf ewig
Leben nun als Sklave müsse
Einer Liebe, deren Fesseln,
Fest verschlungen und gefüget,
Selbst die Zeit mit ihrer leisen
Feile nimmer kann verwüsten.
Dieser sagt . . . Doch red' er selbst
Und entschuld'ge zur Genüge,
Durch die Wahrheit ihres Schreibens,
Meiner Anbetung Gelübde: (Er liest.)
»Mein Gemahl, mein Herr, mein Leben!
Das Geschick erklärt ungünstig
Immer mehr sich gegen uns;
Laßt uns seine Schritte zügeln.
Sorget, daß man diese Nacht
An das Pförtchen jener Brücke
Zwischen dem Palast und Garten
Zeitig gnug zwei Pferde führe;
Dann, auf Euer Zeichen, komm' ich,
Uns der Eifersucht durch Flüchten,
Wenn hier Flucht gilt, zu entziehn.
So lebt wohl; Gott mag Euch schützen!«
Dieses schreibt sie, und nun trau' ich,
Hoher Herr, nur Eurer Hilfe,
Da ich weiß, daß Ihr für manchen
Dienst mich Eurer Gnade würdigt.
Denn wenn Ihr bei Eurer Liebe
Mich gebrauchtet, und ich gründe
Jetzt auf Euch so mein Vertrauen,
Wie Ihr einst auf mich, so wünsch' ich
Nur, was mir gebührt von Euch,
Und zahl' Euch, was Euch gebühret.
Gebt nach Mantua mir Briefe;
Und so lange mich zu schützen
Sorget, bis ich diese Dame
Hab' in Sicherheit geflüchtet.

Enrico. So sehr dank' ich jetzt dem Himmel
Dafür, daß ein glücklich Fügen
Mich in stand setzt, zu vergelten
Eure freundschaftliche Hilfe
Durch die gleiche, daß nicht nur
Freudig ich den Wunsch erfülle,
Den Ihr äußert, sondern willig,
Stolz der Dankespflicht genügend,
Selber Euch begleiten werde,
Bis Ihr unverletzt berühret
Meines Landes Grenzen, wo ich
Denk' als Herrn Euch zu begrüßen.

Federigo. Nein, mein Fürst, ich muß allein
Mich entfernen; denn es dünket
Wicht'ger mich, Ihr bleibt in Parma
Und gewährt mir Eure Hilfe,
Sei es, hier mich zu verteid'gen,
Oder dort mich zu beschützen.

Enrico. Gänzlich folg' ich Eurem Willen.

Federigo. Also schreibt nun; ich verfüge
Mich indessen zum Palast,
Um durch Täuschung zu verhüllen,
Was ich vorhab', und dem Fabio,
Diesem Teufel, nachzuspüren,
Den ich heut noch gar nicht sah.

Fabio. Und du kannst ihn fast berühren.

Federigo. Denn auch er darf nichts erfahren.

Fabio. Nein, gewiß nicht.

Federigo.                         Ihm gebührt es,
Die zwei Pferde zu besorgen.

Enrico. Ihr habt recht; ich muß dem trüben
Einfluß meines bösen Sternes
Mich indes geduldig fügen.

Federigo. Hier demnach treff' ich Euch wieder.

Enrico. Schreibend wart' ich Eurer drüben.

Federigo. Liebe, gib mir deinen Schutz!

Enrico. Lieb', erleichtre meine Bürde! (Beide ab.)

Fabio (kommt hervor). Wer da horcht, vernimmt sein Unglück,
Pflegt das Sprichwort zu verkünden.
Doch oft lügt es; denn, was ich
Jetzt erhorcht, dient mir zum Glücke,
Weil daraus vier Dinge folgen,
Die mir ungemein viel nützen:
Wer der Fremde sei, zu wissen, Eins;
die Lage zu ergründen
Von der Liebschaft meines Herrn,
Zwei; zu gehn, um dies der Fürstin
Anzusagen, drei; und vier:
Zu empfangen die Gebühren. (ab.)

 


 
Saal im herzoglichen Palaste.

Ernesto und Laura treten auf.

Ernesto. War, Laura, das Betragen
Lisardos dir Beleid'gung,
So läßt, ihm zur Verteid'gung,
Sich wohl mit Anstand sagen,
Daß Liebe nie bedenket,
Ob sie vielleicht durch Heftigkeiten kränket.
Drum sollst du ihn durch Härte nicht betrüben;
Denn er erwartet jetzt in jeder Stunde
Die längst ersehnte Kunde.

Laura. Ich will Gehorsam üben;
Denn besser ist's (ich sterbe!),
Daß ich gehorch', als deinen Zorn erwerbe.
So will ich denn mit nichten
Dem Lose mich entziehen,
Das mir mein Stern verliehen,
Und wahrhaft mich verpflichten,
Dem meine Hand, ohn' alles Widerstreben,
Der sie am eifrigsten verlangt, zu geben.

Ernesto. Dank muß ich dir erteilen.
Lisardo, Ihr mögt kommen!
Bleib, Laura.

Lisardo tritt auf.

Lisardo.               Liebentglommen,
O Herrin, will ich eilen,
Mein Leben darzubringen,
Kann ich dafür Verzeihung mir erringen.

Laura. Lisardo, die Gewährung
Müßt Ihr dem Vater danken;
Ihm folg' ich ohne Wanken,
Aus Wahl nicht, aus Verehrung.
Drum keinen Dank mir schwöret
Für eine Hand, die fremder Hand gehöret.

Lisardo. Froh bin ich und zufrieden,
Weiß ich, daß ich sie habe,
Weiß ich auch nicht, wer mir beschied die Gabe;
Ist sie doch mir beschieden!
Wer forscht, vom höchsten Grade
Des Glücks beseligt, nach des Glückes Pfade?
O träger Lauf der Sonne,
Verziehe nicht so lang' auf deinen Wegen
Und bringe schnell den Hoffenden entgegen
Dem Ziele seiner Wonne!

Flerida tritt auf.

Flerida. Ernesto? Laura?

Ernesto.                           Wir gedachten eben
Uns in dein Zimmer, Herrin, zu begeben.

Flerida. Mich freut's, Lisard, zu schauen,
Daß Laura jetzt Euch jenes Fehls entbindet.

Lisardo. Durch solche Gunst belebt sich mein Vertrauen.

Ernesto. Sie ist mein gutes Kind.

Laura.                                           Und wie befindet
Sich Eure Durchlaucht heute?

Flerida. Du weißt, wie sehr ich bin des Grames Beute.

Laura. Zerstreuung hilft dem Herzen.

Flerida. Ach! jegliche Zerstreuung
Wird meines Grams Erneuung;
Denn selbst die Arzenei vermehrt die Schmerzen.
Allein, daß man nicht glaube,
Ich gebe willig mich dem Gram zum Raube,
So ladet beid' auf morgen,
Den Adel und die Damen
Der Stadt, in meinem Namen,
Zu einem Fest; vielleicht wird dort den Sorgen,
Die mich beherrschen, sich ihr Mörder zeigen.

Ernesto. Dein Will ist meiner. (ab.)

Lisardo.                                     Ich bin ganz dir eigen. (ab.)

Flerida. Du Glücklichste der Erde!
Der so dich liebt, verbindet
Sich dir!

Laura.           Mein Herz empfindet,
Wie hoch beglückt ich werde,
Ich will's dir nicht verhehlen;
Denn der mich liebt, wird sich mit mir vermählen.

Flerida.

Wie elend, die hienieden
An ein unmöglich Streben
Verschwenden muß ihr Leben!
Allein ich bin entschieden,
Durch freie Willenslenkung
Jetzt zu besiegen des Geschicks Beschränkung.

Laura. Gewiß, dir kann's nicht fehlen;
Doch wie beginnst du's? Sage!

Flerida. Ich will, für solche Plage,
Das sanftste Mittel wählen.

Laura. Das ist?

Flerida.             Ihn unterrichten.

Laura. Heißt das besiegen?

Flerida.                                 Ja.

Laura (beiseite).                         Nein, mich vernichten.

Flerida. Vollziehn des Schicksals Willen,
Heißt, ihm den Sieg entreißen.
Würd' ich die erste heißen,
Die kühn getrotzt den Grillen
Des Vorurteils?

Laura (beiseite).       Ich sterbe!

Flerida. Ein edles Blut ist Federigos Erbe.

Laura. Ich habe nichts dagegen.

Flerida. Doch – um's nicht zu vergessen –
Gedenken wir noch dessen,
Was jenes Bildes wegen
Sich gestern zugetragen.
Was sagst du nur davon?

Laura.                                     Nichts kann ich sagen;
Ich gebe mir nicht Mühe
Mit Grübelei um mir ganz fremde Sachen. –
(Beiseite.) O Eifersucht! Ich glühe!

Flerida. Warum nur, sprich, mag er sein Bild bewachen
Mit so sorgfält'gem Streben?

Laura. Ich weiß nicht; doch, ich hätt's ihm nicht gegeben,
Eh ich die Kapsel hätte
Beschaut, ob drin verborgen
Nicht, wie ich muß besorgen,
War seiner Dame Bild.

Flerida.                                 So ist's, ich wette.
Kann eifersüchtige Lieb' auch überlegen?

Laura. Drum zweifle nicht, die Dame war zugegen.

Federigo und Fabio treten auf.

Federigo. War es Zeit, dich nun zu finden?

Fabio. Deine Frage gibt schon selbst
Dir die Antwort; denn auch ich
Habe dich gesucht bis jetzt.

Federigo. Still, die Fürstin! Geh nicht fort,
Denn ich brauche dich nachher.

Fabio. Ich bleib' hier; – (beiseite) gebrauch' ich freilich
Dich nachher nicht, noch vorher.

Federigo. Voller Furcht vor ihrem Zorne
Nah' ich ihr.

Fabio.                 Weswegen denn?

Federigo. Eines tollen Vorfalls wegen.

Fabio. So gedenke doch nur jetzt
Des Geschichtchens, und ganz sicher
Wirst du aller Not entgehn.

Federigo. Wie denn?

Fabio.                         Wenn du Gratias
An Macarandona schenkst.

Laura (zu Flerida, mit welcher sie bisher leise gesprochen).
Siehe nur . . .

Flerida.                 Ich muß erklären
Meine Qual.

Laura (beiseite).   Und ich vergehn.

Flerida. Federigo!

Federigo.               Große Fürstin?

Flerida. Hat man Euch doch nicht gesehn
Heut am Tage, und nun kommt Ihr,
Da die Nacht schon ein sich stellt?

Federigo. Da wir stets in ihrer besten
Zeit bei Euch die Sonne sehn,
Rings gekrönt mit Strahlenglanz,
Rings umwebt mit Rosenschmelz,
So gedacht' ich, hohe Herrin,
Nicht, es wäre schon so spät;
Denn, wann ich Euch sähe, dacht' ich,
War' es Tagesanbruch erst.

Flerida. Schmeicheleien mir?

Federigo.                               Dies sind
Keine Schmeichelein.

Flerida.                               Was denn?

Fabio. Durchlaucht, nur Macarandonen.

Flerida (leise zu Laura). Laura, ach! hast du bemerkt,
Daß er schon mir meine Neigung
Zu verstehn gibt?

Laura.                         Er thut recht.

Federigo. Außerdem hab' ich Entschuld'gung
Andrer Art.

Flerida.             Und welche?
Sprecht!

Federigo.     Da ich Euch unwillig glaubte,
So verschob ich es bis jetzt,
Eurer Gegenwart zu nahen.

Flerida. Ich unwillig? Und woher?

Federigo. Thöricht wär' ich, es zu sagen,
Wenn Ihr es nicht wißt, Ihr selbst.

Flerida. Nicht, daß ich's nicht wüßte.

Federigo.                                             Sondern?

Flerida. Nun, ich will's nicht wissen mehr.

Federigo. Um so höher ist die Stufe
Meines Glückes, um je mehr
Milde dein Vergessen zeigt;
Denn bei Klagen nur ist der
Ein Mildthät'ger, welcher geizet.

Flerida. Der Gedank' ist mir nicht hell.

Laura. Mir deucht, daß ich ihn erklären
Könnte, wenn es dir gefällt. (Sie zieht das Schnupftuch.)

Flerida. Thu' es; (leise) doch auf solche Weise,
Daß er etwas merkt.

Laura (leise).                   Schon recht.
(Laut.) Sieh, – großmütig dünket jener
Mich, – der stets, und wenn ihn Schmerz
Tötet, – schweigend seine Qual,
Eifersucht – und Schmach erträgt.

Federigo (beiseite). »Sieh, mich tötet Eifersucht,«
Sprach sie; Antwort geb' ich jetzt. (Er zieht das Schnupftuch.)
(Laut.) Zweifle – nicht, den Vordersatz,
Laura – hast du wohl erklärt;
Nimmer – fehlt dir auch der Nachsatz.
Mehr – erwidr' ich dir nach dem.

Laura. Nun wohlan! (Beiseite.) O dürft' ich trauen:
»Zweifle, Laura, nimmermehr!«
(Laut.) Also, – ist das Schweigen Großmut,
Komm' ich – wohl noch zum Verstehn.

Federigo. Kommst du – dazu, mit dem Lorbeer
Wart' ich dein – zum Siegsgeschenk.

Laura. Dieses festgesetzt, beweis' ich
Nun im Gegenteil, daß der
Geizig ist, der klagt, denn Großmut
Hat er nicht; und umgekehrt
Sieht man, daß nur wer mit Klagen
Geizt, mildthätig heißt mit Recht.

Federigo. Dein – ist nun der Kranz; mit Freuden
Bin ich – Herold deines Werts.

Laura. Ich bin – überzeugt, der Preis ist
Dein, – auch geb' ich ihn dir gern. –
(Beiseite.) Welches Glück! »Dein bin ich,« sprach er.

Federigo (beiseite). »Ich bin dein,« sprach sie; nun schreckt
Mich kein Unglück.

Fabio (beiseite).               Sie sind Meister;
Nun, die müssen sich verstehn.

Flerida. Aus all euern Wortgefechten
Hab' ich dies allein erspäht,
Der sei mildthätig, der nicht
Seinen Gram ausschüttet.

Laura und Federigo.               Recht!

Flerida. Hab' ich also, Federigo,
Daß ich's nicht weiß, Euch erklärt,
Da Ihr, daß ich's weiß, doch wisset:
So scheut nicht Euch, mich zu sehn;
Kommt vielmehr zu allen Stunden
Und versichert Euch nur fest:
Ihr braucht keine Furcht zu hegen,
Wie ich keinen Zorn gehegt.
Viel schon sagt' ich, viel verschweig' ich;
Dies genüge. (Zu Laura.) Laß uns gehn. (ab.)

Laura. Federigo!

Federigo.             Schöne Laura?

Laura. Nun, ein Wort, ein Wort.

Federigo.                                     Schon recht. (Laura geht ab.)

Federigo. Fabio, wie geht's zu? Ich wähnte
Zorn zu finden, und statt des
Find' ich bei der Fürstin Gnade.

Fabio. Sieh, das geht so zu, wie wenn
Ich bei dir oft Unlust finde,
Da ich hatte Lust gewähnt.
's ist dasselbe; doch begehrst du
Andern Grund, ich weiß auch den.

Federigo. Sag' ihn.

Fabio.                     Die Macarandonen,
Sonnenglanz und Rosenschmelz
Die du ihr verehrtest.

Federigo.                           Laß nun
Diese Possen; geh vielmehr
Und besorge mir zwei Pferde.

Fabio. Das gefällt mir gar nicht schlecht;
Da du Messe nun gelesen
In Macarandona, geh,
Lies in Agere.

Federigo.               So schweige!
An des Parkes Ausgang, schnell,
Halte sie bereit. – (Beiseite.) Verzeihe,
Fürstin, mir dein stolzes Herz!
Flerida, verzeihe mir!
So ergeht's der Frau, die dem
Sich erkläret, dessen Liebe
Für ein andres Weib sie kennt. (ab.)

Fabio. Da ich so erschrecklich viel
Sprechstoff habe, sollt' ich jetzt
Wen'ger sprechen? Nein, das nicht;
Denn ein grausam Mitleid wär's,
Ließ' ich ein Geheimnis faulen,
Welches keinem nützt nachher.
Denn (sprach jener Cordovese)
Ein Geheimnis, fault es erst,
Wird wie ein geheimer Ort,
Thut nicht wohl und riecht gar schlecht.
Drum will ich die Fürstin suchen –
Doch es ist nicht nötig mehr,
Denn sie kommt.

Flerida tritt auf.

Flerida.                       Obwohl ich Laura'n
Traue, ließ ich doch sie gern,
Um für mich allein dem Siege
Strenger Liebe nachzugehn. –
Allein hier ist Federigo
Nicht.

Fabio.         Willst du den Grund erspähn,
Weshalb nun er hier nicht ist?

Flerida. Nun denn?

Fabio.                     Er ging eben weg.

Flerida. Weg?

Fabio.               Nach Agere, vermut' ich.

Flerida. Was ist das?

Fabio.                         Ich werde sehr
Deutlich in Macarandona
Sprechen, gibst du mir vorher . . .

Flerida. Nein, ich will nichts weiter wissen;
Denn das Wissen dient zu mehr
Nicht, als sich nur mehr zu ärgern.

Fabio. Und warum nicht? Wozu denn
Nützt' es mir, zwei bis drei Stunden
Auf der Lauer dort zu stehn,
Wie ein Kater?

Flerida.                   Mich verlassen
Sollst du, sag' ich.

Fabio.                           Kein Geschenk
Will ich haben; hören sollst du
Ganz umsonst.

Flerida.                   Ich brauch's nicht mehr.

Fabio. Nun denn, platzen will ich nicht.
Lebe wohl; ich suche wen,
Dem ich sagen kann, daß diese
Nacht mein Herr entwischt.

Flerida.                                       Komm her.
Geh nicht fort! Was sagst du?

Fabio.                                             Nichts.

Flerida. Warte, sprich, was soll geschehn?

Fabio. Nein, ich will nicht.

Flerida.                               Diesen Demant
Nimm und sprich. (Sie gibt ihm einen Ring.)

Fabio.                           Weswegen denn,
Ich ein Diener, du ein Weib,
Quälen wir uns nur so sehr,
Da doch der vor Sprechbegier,
Die vor Hörbegier vergeht?
Nun, mein Herr und seine Dame
Wollen diese Nacht . . .

Flerida.                                 Nur schnell!

Fabio. In der Stille fortgehn.

Flerida.                                 Wie?

Fabio. Gehn, doch nicht zu Fuße gehn.
Denn zwei Pferde sollen fertig
An der Gartenbrücke stehn.

Flerida. An der Gartenbrücke?

Fabio.                                       Ja.

Flerida. Wieder muß ich denken jetzt,
Daß er eine meiner Damen
Liebe; sagt' ich's nicht vorher?

Fabio. Dieser Fremde, Durchlaucht, welcher
Mantuas Herzog ist, gewährt
Ihnen Schutz in seinen Staaten.
Gott sei Dank, nun bin ich leer!
Was nun kommen will, mag kommen;
Eher komm ich doch, als er. (ab.)

Flerida. Hilf mir, Himmel! Was vernehm' ich?

Ernesto tritt auf.

Ernesto. Was es Edles gibt und Schönes,
So an Damen als an Herrn,
Hab' ich deinerseits auf morgen
Eingeladen.

Flerida.               Wohl, sehr recht;
Und Ihr seid mir jetzt, Ernesto,
Höchst willkommen; denn gar sehr
Hab' ich diese Nacht Euch nötig.

Ernesto. Euch zu Füßen bin ich stets.
Was befehlt Ihr?

Flerida.                     Federigo
Hat so eben einen sehr
Widrigen Verdruß gehabt.

Ernesto. Und mit wem?

Flerida.                           Das ist mir fremd.
Daß es Liebeshändel waren,
Ward mir nur allein erzählt,
Und daß jetzt sein Gegner ihm
Kund gethan durch ein Kartell,
Daß er ihn erwarte; wo?
Weiß ich nicht. Ihr wißt, wie sehr
Ich ihn schätze.

Ernesto.                   Und ich weiß
Auch, weswegen Ihr ihn schätzt.

Flerida. Zeig' ich, mir sei kund der Handel,
So wird die Beleid'gung mehr
Nur verbreitet.

Ernesto.                 Ohne Zweifel.
Was befehlt Ihr?

Flerida.                       Zu ihm geht;
Doch, daß ich Euch sende, saget
Nicht und geht nicht von ihm weg
Diese Nacht; wohin er immer
Gehn will, gehet mit ihm stets;
Und wofern sein heft'ger Geist
Es verweigert, nehmt ihn fest.
Führt deshalb mit Euch so viele,
Als Ihr braucht zu diesem Zweck,
Daß er diese Nacht, bis morgen,
Gänzlich sicher sei gestellt.

Ernesto. Gleich in diesem Augenblicke,
Herrin, werd' ich zu ihm gehn
Und nicht aus dem Aug' ihn lassen. (ab.)

Flerida. Jetzt, Treuloser, sollst du sehn,
Zu wie heft'gen Schritten endlich
Eifersucht ein Weib bewegt. (ab.)

 


 
Federigos Zimmer. Abend.

Enrico und Federigo treten auf. Ein Bedienter bringt Lichter und geht sogleich wieder ab.

Federigo. Schriebt Ihr schon?

Enrico.                                     Hier sind die Briefe,
Wodurch meiner Freundschaft Streben
Hofft, Euch den Ersatz zu geben,
Den ich Eurer Freundschaft Tiefe
Zu verleihn mich schuldig fand.

Federigo. Ihr seid Fürst und ohne Schranken;
Euch vertrau' ich, sonder Wanken,
Ruhig Leben, Ehr' und Stand.
Schütz' Euch Gott! Die Nacht will kommen;
Und eh wart' ich ein'ge Zeit,
Eh ich die Gelegenheit
Jetzt versäume.

Enrico.                     Wohl; doch frommen
Wird es, wenn Ihr mir vergönnt,
Daß ich Euch nur eine Weile,
Bis vors Thor, Geleit erteile,
Wo Ihr mich entlassen könnt.

Federigo. O verzeiht! Bei Gott, ich kann
Die Begleitung nicht verstatten,
Denn schier fürcht' ich meinen Schatten;
Und nehmt die Versichrung an
(Geht mein Heimlichthun Euch nah),
Daß, wo möglich, meine Liebe
Auch mir selbst verheimlicht bliebe.

Enrico. So geht Ihr allein denn?

Federigo.                                     Ja.
Lebet wohl.

Enrico.               Lebt wohl; denn mich
Dünkt es heut vergeblich Streben,
Euch zu fassen. (Man pocht an die Thür.)

Federigo.                 Ward nicht eben
Angepocht?

Enrico.               Ja.

Federigo.                 Wer da?

Ernesto tritt auf.

Ernesto.                                 Ich.

Federigo. Wie? So weit von Haus verschlagen,
Herr, um diese Stunde?

Ernesto.                                 Ja;
Denn ich such' Euch.

Federigo.                           Wie geschah
Mir die Ehre? – (Beiseite.) Welches Zagen!

Ernesto. Man erzählte mir, Ihr wärt
Nicht ganz wohl nach Haus gekommen;
Und ich, gleich von Furcht beklommen
(Denn wie sehr ich Euern Wert
Weiß zu schätzen, wißt Ihr schon),
Wollte nicht zu Bette gehen,
Ohne selber nachzusehen,
Wie's Euch ginge.

Federigo.                     Gottes Lohn
Mögt Ihr für die Sorg' empfangen!
Doch mein Wort geb' ich zum Pfand,
Daß ich nie mich besser fand,
Als jetzt eben; hintergangen
Hat Euch der, so Euch erzählt,
Daß ich unpaß mich befunden.

Ernesto. Meinem Glück bin ich verbunden,
Daß die Furcht, die mich gequält,
Mir verhalf zu der Enttäuschung. –
Nun, wie stand's? Was machtet Ihr?

Federigo. Mit Enrico sucht' ich hier
Uns die Zeit durch süße Täuschung,
Angenehm und nicht vergebens,
Im Gespräche zu vertreiben.

Ernesto. Weise Freunde, sag' ich, bleiben
Stets das beste Buch des Lebens,
Weil sie durch Belehrung würzen
Ihres Umgangs Lieblichkeit.

Federigo (leise zu Enrico). Nun, fürwahr, er nimmt sich Zeit.

Enrico (leise zu Federigo). Um das Schwatzen abzukürzen,
Will ich gehn, damit er da
Nicht so lange sprechend steht. –
(Laut.) Ich empfehle mich.

Ernesto.                                   Ihr geht,
Da ich komme?

Enrico.                     Nein und ja;
Nein, weil ich, bei Gott! vorhin

Schon zu gehn mir vorgenommen;
Ja, weil ich, da Ihr gekommen,
Nun nicht weiter nötig bin.

Ernesto. Schütz' Euch Gott! (Enrico geht ab.)

Federigo.                               Allein sind wir;
Sagt, womit ich dienen kann. (Ernesto sieht sich um.)
Wonach seht Ihr?

Ernesto.                       Gehn greift an;
Einen Sessel wünscht' ich mir.
Setzt Euch! Setzt Euch! (Sie setzen sich.)

Federigo (beiseite).               Wohl verhalten
Wird sich, bei so hartem Zwang,
Meiner Eile mächt'ger Drang
Zu dem Phlegma dieses Alten.

Ernesto. Was ist meistens Eur Vergnügen
So des Abends?

Federigo (beiseite).   Qual und Tod!
(Laut.) Mir befiehlt der Pflicht Gebot,
Zum Palast mich zu verfügen.
Laßt uns gehen; bis zu Haus
Bring' ich Euch. (Er will aufstehen.)

Ernesto (ihn zurückhaltend). Gemach, gemach!
Noch ist es zu früh; hernach.

Federigo (beiseite). Noch zu früh? Mit mir ist's aus!
Laura, ach! wohl sagt mein Schmerz,
Wie ich dich zu missen zage.

Ernesto. Spielt Ihr nicht Piket?

Federigo (beiseite).                   O Plage
Für ein ganz verzweifelnd Herz! –
(Laut.) Nein, Herr.

Ernesto.                       Da ich heut nun eben
Nach dem Ausgehn war begehrlich
Und jetzt hier bin, werd' ich schwerlich
Mich so bald nach Haus begeben.

Federigo (beiseite). Von so bald kann er noch sagen? –
(Laut.) Und nach Hause stand der Sinn
Mir gar sehr; die Herzogin
Hat mir etwas aufgetragen,
Eine Schrift, wobei ich bleiben
Muß gewiß die ganze Nacht. (Er will aufstehen.)

Ernesto (ihn zurückhaltend). Gut, da helf' ich Euch; gebt acht!
Ich versteh' auch wohl zu schreiben.

Federigo. Damit sollt' ich Euch beschweren?

Ernesto. Warum das nicht? Thut es kühn.

Federigo. Unrecht wär's, Euch zu bemühn,
Da Ihr kamt, mich zu beehren.
Und nach Haus Euch zu geleiten,
Wünscht ich jetzt – ich muß gestehn –
Nur, um einen Freund zu sehn.

Ernesto. Nun, da werd' ich Euch begleiten.
Könnt Ihr wohl Besuche machen,
Wobei ich Euch stören kann?
Kommt's vielleicht auf Warten an,
Will ich gern bis morgen wachen.
Ist's ein Liebsbesuch? Nun gut,
So bewahr' ich Euch die Straße
Unterdes; glaubt nicht, ich spaße.

Federigo. Gern vertrau' ich Euerm Mut;
Doch, laßt mich allein, ich flehe. (Sie stehen auf.)

Ernesto. In der Ueberzeugung steht,
Daß entweder Ihr nicht geht,
Oder daß ich mit Euch gehe.

Federigo (bestürzt). Wer hat das Euch aufgetragen?

Ernesto. Warum fragt Ihr deshalb nicht
Diese Furcht, die aus Euch spricht?

Federigo. (Wehe mir!) Was soll ich sagen?
Furcht? Fürwahr, ich habe keine.

Ernesto. Was Ihr habt, weiß ich, aufs Wort;
Und Ihr dürft einmal nicht fort,
Wenn nicht mit mir im Vereine.

Federigo. Wen hat solch Geschick betroffen!

Ernesto. Ihr seid sehr verwirrt.

Federigo.                                   Ich kann
Es nicht leugnen, sehr.

Ernesto.                               Wohlan,
Federigo, sein wir offen!
Ich weiß, daß man Euer harrt,
Daß man schriftlich Euch entbot.

Federigo (beiseite). Wer sah je so grause Not!
Wessen Qual war je so hart!

Ernesto. Ehr' und Ansehn geb' ich hin,
Wenn ich, da ich dies erfahren
Und nun seit so langen Jahren
Gouverneur von Parma bin,
Es nicht hindre; also sehet,
Ob ich dulden kann, daß Ihr
Jetzund Ehr' und Ansehn mir
Förmlich zu beschimpfen gehet.
Denn klar ist es, blieb' ich nicht
Bei Euch, daß ich sünd'gen würde,
Sei es an der Richterwürde,
Sei es an der Ritterpflicht.
Beides macht mich drauf bestehn
(Um nochmals den Schluß zu fassen),
Euch von hinnen nicht zu lassen,
Oder mit Euch fort zu gehn;
Denn, da ich einmal erfahren,
Was Ihr übtet wider Recht,
Kann ich Euch entlassen? Sprecht!

Federigo (beiseite). Könnt' er mehr sich offenbaren? –
(Laut.) Eure Gründe, Herr, erkläre
Ich für bündig, klar und rein;
Doch Ihr könnt versichert sein,
Euerm Ansehn, Eurer Ehre
Tret' ich nimmermehr zu nah.

Ernesto. Wie nur soll das nicht sein können?

Federigo. Wollt Ihr nun auch mir vergönnen,
Daß ich offen rede?

Ernesto.                         Ja.

Federigo. Kennt Ihr mich als Edelmann?

Ernesto. Wohl, ich weiß, ist Euer Adel
Sonnenhell, rein, ohne Tadel.

Federigo. Dem vertrauend, hoff' ich dann,
Ihr bewirkt, daß, wer mir schrieb,
Auch die Hand mir möge reichen.

Ernesto. Federigo, gern; dergleichen
Thu' ich recht aus Herzenstrieb.
Augenblicklich will ich's machen.

Federigo. Wie sehr bin ich Euch erkenntlich!

Ernesto. Aber nun auch nennt mir endlich
Euern Gegner . . .

Federigo (beiseite).       Ach! im Wachen
Träumt' ich Glück!

Ernesto.                         Daß ich ihn dort,
Wo er harrt, zu suchen gehe.

Federigo. Also wißt Ihr, wie ich sehe,
Nicht, wer's ist?

Ernesto.                     Nein, auf mein Wort.
Ich weiß nur, daß Ihr gestritten,
Daß man Euch gefordert hat.

Federigo. Und nichts weiter? In der That?

Ernesto. Nein.

Federigo.         Dann . . .

Ernesto.                           Was?

Federigo.                                   Will ich nichts bitten;
Denn zeigt' ich zuerst Euch an
Jenen Namen, den Ihr eben
Nicht zu wissen kund gegeben,
Wär' ich wohl kein Edelmann.
Und nun, ohn' Euch, werd' ich gehen
Und genug thun meiner Pflicht.

Ernesto. Und wird meiner Ehre nicht
Auch von mir genug geschehen?

Federigo. Sicher; doch soll länger nun,
Wer mein harrt, mich nicht vermissen. (Er will gehen.)

Ernesto. Das werd' ich zu hindern wissen.

Federigo. Und wie das?

Ernesto.                         So werd' ich's thun:
Holla!

Soldaten.     Herr?

Ernesto.                 Hier diese Thüren
Geb' ich jetzt Euch in Gewahr. –
(Zu Federigo.) Nehmt Arrest: sonst seht Ihr klar,
Was Ihr waget.

Federigo (beiseite).   Wohl zu spüren
Ist mein Unglück jede Stunde. –
(Laut.) Auch mit wen'ger Wache bin
Ich Euch sicher. – (Beiseite.) Hin ist hin!
Heute geht mein Glück zu Grunde.

Ernesto. Auf die Weise glaub' ich's gern.
Bitten will ich Euch inzwischen,
Sucht nicht etwa zu entwischen,
Sonst ist Euer Tod nicht fern. (Ab mit den Soldaten.)

Federigo. Mich zum Bleiben einzuladen,
Gnügte wenig, was er spricht,
Scheut' ich andern Nachteil nicht,
Fürchtet' ich nicht andern Schaden;
Denn die Flucht, o Himmel! wäre,
Zur Beleid'gung meiner Liebe,
Was mir schimpflicher noch bliebe.
Doch, daß ich zu sehn entbehre,
Was mit Laura'n vorgegangen,
Kann ich's dulden? Wehe mir! –
Ha! ich weiß, wie ich von hier
Kann ins nächste Haus gelangen.
Laura, wart'! Aus aller Not
Soll dich meine Lieb' erretten,
Gibt dein Vater auch mir Ketten,
Gibt auch Flerida mir Tod.

(Er geht durch eine Seitenthür ab.)

 


 
Garten. Nacht.

Laura tritt auf.

Laura. Ihr traurig kalten Schatten,
Ihr, die den Tag gebären und bestatten,
Wenn zärtliche Vergehen
In euerm dunkeln Buch geschrieben stehen
Mit so viel schönen Zeilen,
Als am Saphir dort goldne Sterne weilen,
Vergesset dieses nimmer;
Nein, schreibt es auf, eh es der Morgenschimmer
Auslöscht mit seinen Strahlen,
Daß einen Platz in euern Nachtannalen
Hab' eine Liebe, die, wohin sie schreitet,
Von Eifersucht als Schatten wird begleitet.
Des Vaters rauhe Schärfe
Will, daß mein Herz sich sklavisch unterwerfe;
Lisardos kecke Liebe
Verlanget, zu beherrschen meine Triebe;
Der Fürstin stolzes Pochen
Heischt, meine Neigung ganz zu unterjochen.
Kannst, Ehre, du noch schmähen,
Wenn ich entschuld'ge dreifach ein Vergehen? –
Wie zögert Federigo nur so lange?
Ach! dem, der harrt, wie wird so leicht ihm bange!
Was hat sich zugetragen?
O wie so schnell argwöhnt ihr, bittre Plagen,
Daß er sich voll mir kehrte,
Weil Flerida ihm ihre Lieb' erklärte!
War's besser nicht, zu sprechen,
So feste Liebe könn' ihr Wort nicht brechen,
Und nur des Zufalls Walten
Hab' ihn von diesem Ort zurückgehalten?
Doch nicht so leicht ja rät des Argwohns Stimme,
Das Gute stets zu glauben, als das Schlimme.
Warum nur, frag' ich, wird dem Mißvergnügen
Mehr Ehr', als dem Vergnügen?
Man soll, weil's oft die Liebe pflegt zu kränken,
Nicht, daß Vergnügen immer lüge, denken,
Daß Mißvergnügen immer wahr berichte;
Wir thun's; weiß nicht, was uns dazu verpflichte.

Flerida tritt auf, ohne Laura zu bemerken.

Flerida. Fabio sagte, Federigo
Hab' ihn angestellt, zu warten
An der Gartenbrücke; deshalb
Muß ich, mit erneuter Marter,
Wieder glauben, seine Liebschaft
Sei im Schlosse. Laura machte
Sich so schnell davon, daß keine
Zeit mir blieb, ihr aufzutragen,
In den Park zu gehn; und so,
Um mein Leid nicht einer andern
Zu vertraun, und dieser Thorheit
Schuld zuschiebend meinem Grame,
Legt' ich mich nicht nieder, sondern
Kam allein herab zum Garten,
Daß mein Unmut zwei Geschäfte
Seltner Art zugleich berate,
Eins hier von ihm selbst betrieben,
Eins Ernesto'n übertragen.
Und wenn das unstäte Licht
Der Gestirne, das durch Spalten
Der azurnen Wölbung nieder
Auf die dunkeln Wolken strahlet,
Mich nicht täuscht, so seh' ich jemand.
Schon erfüllt sich, was ich dachte:
Wer da?

Laura (beiseite). Flerida! Weh mir!
Hier muß mir Erfindung raten. –
(Laut.) Wer ist's, die hier wartend steht?
Frag' ich in der Fürstin Namen;
Denn sie ist's, die wissen will,
Wer, geschützt von nächt'gen Schatten,
So den Anstand, so die Ehre
Frech beleidigt.

Flerida.                     Laura, sachte!
Schweige still!

Laura.                     Wer ist es?

Flerida.                                       Ich.

Laura. Herrin, du kommst in den Garten,
In der Nacht und einsam?

Flerida.                                     Ja;
Denn da ich dir heut . . .

Laura (beiseite).                     Ich zage!

Flerida. Nicht gesagt, du solltest kommen,
Wollt' ich . . .

Laura.                   Du beschimpfst mich wahrlich;
Herrin, glaubst du denn, ich müsse,
Was mir einmal aufgetragen,
Jeden Tag von neuem hören?
Auch bewog mich noch ein andrer
Grund, hieher zu kommen, außer
Dem Vertrauen deiner Gnade.

Flerida. Welcher war es?

Laura.                               Da ich eben . . .
(Lieb', o hilf mir jetzt und schaffe,
Daß die Schuld Entschuld'gung werde!)
An den Fenstern des Palastes
Stand, die auf den Garten gehn,
Hört' ich unten Roßgetrampel;
Und da dies nur etwas Neues
Schien, so wollt' ich nun, den Garten
Untersuchend, es erforschen.

Flerida. Wichtig ist, was du vernahmest,
Stimmt so überein mit jenem,
Was ich wußte, daß ich danken
Deiner Sorgfalt muß. Nun, sprich,
Was sahst du im Park?

Laura.                                 Nichts sah ich,
Keine Spur bis jetzt von dem,
Worauf hier mein Eifer achtet.
Doch du könntest gehn; nicht nötig
Ist dein Bleiben, da ich wache.

Flerida. Du hast recht; so bleibe denn.

Laura. Ich will's thun. (Man pocht an das Gitter.)

Flerida.                         Welch Pochen war es?

Laura. Tausendmale täuscht der Wind. (Man pocht.)

Flerida. Diesmal täuscht er nicht; auf mache
Du und Antwort gib.

Laura.                               Ich?

Flerida.                                     Ja.
Ich will hinter dir mich halten,
Daß wir sehn, wer's sei und wen er
Suche, wann er nennt den Namen.

Laura. Meine Stimm' ist sehr bekannt.

Flerida. So verstelle sie; was schadet's?
Geh hin, sag' ich.

Laura (beiseite).         Gab es jemals
Einen härtern Spruch? Wie mach' ich
Nun die wahre, die verstellte
Rolle nun, in dieser Farce,
Bei der Nacht, wo mir die Ziffer
Keinen Beistand kann verschaffen? (Man pocht.)

Flerida. Was besorgst du?

Laura.                               Man erkennt mich,
Wann ich spreche.

Flerida.                         Sonderbare
Launen hast du. Geh!

Laura (geht ans Gitter).     Wer ist's?

Federigo erscheint außerhalb des Gitters.

Federigo. Teure Laura, ein Todkranker.

Laura (zu Flerida). Sagt' ich nicht vorher, man würde
Mich erkennen an der Sprache?
Sieh, ob's nicht beim ersten Worte
Wahr geworden, was ich sagte.

Flerida. Freilich; und auch ich nun denke,
Laura, dich erkannt zu haben.

Laura (das Gitter öffnend). Da Ihr wisset, Kavalier,
Wer ich bin, müßt gleichermaßen
Wohl Ihr wissen, ich sei nicht,
Die Ihr hier zu sehn erwartet.
Geht und dankt, daß meine Würde,
Die Ihr tief verletzt, nicht andre
Rache nimmt, als die, vor Euch
Dieses Gitter zuzumachen. (Sie macht das Gitter zu.)

Federigo. Laura, Teuerste, ich war nicht
Schuld, daß ich gesäumt so lange.
Hör' und töte dann mich, sonst
Werd' ich selbst den Tod mir schaffen.

Laura (zu Flerida). Warum wolltst du, daß man hier
Mich erkenne?

Flerida.                   Schweige, sag' ich.

Laura. Wenn mein Vater, wenn Lisardo
Wüßte, daß ich solches wagte!

Flerida. Keinen Laut gib, keinen Laut gib!

Laura. Wer sah je so seltne Marter!

Federigo. Hör' und töte mich sodann;
Oeffne, Laura, du mein alles! (Flerida öffnet das Gitter.)

Flerida (mit verstellter Stimme).
Was willst du mir sagen?

Federigo (in den Garten tretend). Daß
Diese stolze, diese harte
Fürstin deinen Vater eben
Zu mir sandt', um alle Plane
Meiner Sehnsucht zu zerstören.
Hausarrest mir gebend, hat er
Mich gehindert, zur bestimmten
Zeit zu kommen. Was noch warten?
Schon sind dort im Park die Pferde
Längst bereit; vom Herzog hab' ich
Briefe, die in Mantua sichern
Aufenthalt uns jetzt verschaffen.
Komm nur mit; denn seh' ich gleich
Schon das Morgenrot sich nahen,
Schadet's nicht, wenn ich nur einmal
Auf den Weg mit dir mich mache.

Laura (beiseite). Könnt' er mehr noch sagen, mehr noch
Würd' er sagen. Ich erstarre!

Flerida (wie vorhin). Federigo, schon zu spät
Ist es, heut die Flucht zu wagen.
Besser ist's, du gehest heute
In die Haft zurück; ein andres
Wollen morgen wir beschließen.

Federigo. Ueber Seel' und Leben schalte;
Ich gehorche dir sogleich.
Aber zürnst du länger? Sage!

Flerida. Mit dem Schicksal, nicht mit dir.
Lebe wohl.

Federigo.           Leb wohl. (ab.)

Flerida (schließt das Gitter). Nun aber,
Laura?

Laura.         Herrin . . .

Flerida.                         Sag' mir nichts,
Da ich dir ja auch nichts sage.–
(Beiseite.) Eifersucht gibt mir den Tod!

Laura. Nur erwäge . . .

Flerida.                         Geh von dannen;
Denn nicht bleiben sollst du hier.

Laura (beiseite). O wie fürcht' ich ihre Rache!

Flerida. Zeigen will ich, daß ich die bin,
Die ich bin. Fort, aus dem Garten!

Laura. Wehe mir! Heut muß ich jede
Meiner Hoffnungen begraben.

Indem sie gehen wollen, öffnet sich die Hinterthür. Ernesto tritt auf, ihm folgt Fabio mit Wache. Es wird allmählich Tag.

Flerida. Aber wer eröffnet eben
Dort die Hinterthür des Gartens?

Laura. Wenn das Licht, das schüchtern helle
Schon sich zeigt, zu sehn verstattet,
War's mein Vater, wie ich glaube.

Flerida. Ja, er ist's. Laß uns hier warten,
Daß wir Kund' empfahn, weshalb
Er um diese Zeit des Gartens
Thür eröffnet.

Laura (beiseite).       Himmel, hilf mir
Leben, Ehr' und Ruf bewahren!

(Sie treten auf die Seite; die andern kommen hervor.)

Ernesto. Fabio, jetzt sollst du mir
Kunde geben, welche Plane
Du im Park hier mit den Pferden
Hattest.

Fabio.           Herr, darauf verlassen
Kannst du dich, daß ich im Leben
Niemals einen Plan noch hatte;
Denn ich bin ein Mensch ganz ohne
Allen Plan.

Ernesto.             Und was denn brachte
Dich hieher?

Fabio.                   Dies, werter Herr,
Daß es mich verlangt, zur Tafel
Mich mit meinem Herrn zu setzen;
Drum, was er gebietet, schaff' ich.

Ernesto. Mit wem hatte Federigo
Gestern Streit?

Fabio.                       Mit seiner Dame
Mußt' es sein, weil er die Stunde
Hat verfehlt, sie fortzuschaffen.

Ernesto. Machen will ich, daß du Wahrheit
Reden sollst; den Wahn laß fahren,
Zu entfliehn.

Fabio.                   Wie einst ein Doktor,
Als er auf die Jagd ging, sagte.
Einer kam, um ihm zu melden:
In Eur Bette hat ein Hase
Sich geflüchtet; Eure Büchse
Gebt mir, um ihn tot zu machen,
Eh er etwa wieder aufsteht.
Und mit lauter Stimme sprach er:
Aufzustehn mag er nicht wähnen;
Denn da er zu Bett gegangen
Und ich ihn besuchen werde,
Soll er wohl das Aufstehn lassen.

Ernesto. Mich erfreut es, daß Ihr jetzt
Könnt so gute Laune haben.

Fabio. Die ist mir natürlich.

Ernesto (die Herzogin erblickend). Herrin,
Ihr seid hier?

Flerida.                 Ich sucht' im Garten
Lindrung meines Grams. – Was gibt's hier?

Ernesto. Diese Nacht, wie du verlangtest,
Setzt' ich Federigo fest,
Weil, um ihn zurückzuhalten,
Andre Mittel nicht genügten;
Und indem ich ihn mit Wache
Ließ im Hause, daß er nicht
Aus dem Hause fort sich mache . . .

Flerida. Wahrlich, man bewacht' ihn dort
Trefflich wohl.

Ernesto.                   Sucht' ich die ganze
Gegend durch, um den zu finden,
Der zum Zweikampf seiner harrte;
Doch ich fand nur bei der Brücke
Fabio, seinen Diener, wartend
Mit zwei Pferden. Um zu hindern,
Daß der Ruf, er sei verhaftet,
Sich verbreiten möge, wollt' ich
Ihn in meine Wohnung schaffen
Durch die Hinterthür, zu welcher
Ich den Schlüssel habe.

Fabio.                                     Kann es
Wen beleid'gen, daß ein Mensch
Pferde hält?

Ernesto.             Was nun zu machen
Mit dem Herrn und mit dem Diener?

Flerida. Jenen bring hieher zum Platze;
Denn es war mein einz'ger Zweck,
Einen Unfall ihm zu sparen,
Und ich weiß nun, mehr und minder,
Schon die Ursach jenes Handels;
Und den Diener laß nur frei.

Fabio. Deine Füße küss' ich dankend.

Ernesto. Gleich komm' ich mit ihm zurück. (ab.)

Laura. Herrin, was ist dein Gedanke?
Schone, fleh' ich, meinen Ruf!

Flerida. Laß mich, Laura.

Enrico tritt auf.

Enrico.                               Kann die Gnade,
Die dich schmückt, auf eines Fremdlings
Wohlfahrt ein'ge Rücksicht haben,
O so fleh' ich, gib die Freiheit
Federigo'n!

Flerida.             Ihr verlanget
Hierin nichts von mir, denn er
Hat an Freiheit keinen Mangel.
Aber saget mir, Enrico,
Habt Ihr heute Brief' erhalten
Von dem Herzog?

Enrico.                         Ich nicht, Herrin.

Flerida. Aber ich.

Enrico (beiseite).   Seltsame Fabel!

Flerida. Und darin schreibt mir der Herzog,
Daß er glücklich Eure Sache
Beigelegt hat und geendigt.
Und so rat' ich Euch, verlasset
Parma heute noch; denn nichts
Habt Ihr weiter hier zu schaffen.

Enrico. Zwar vom Herzog hab' ich keine
Briefe, Herrin, wie ich sagte;
Doch von einem nahen Freunde,
Der mir rät, ich solle warten,
Weil noch meine Hoffnung nicht
In Erfüllung sei gegangen.

Flerida. Dieses sagt Euch Euer Freund,
Und ich sag' Euch, heut verlasset
Parma; denn man wird nicht hier,
Sondern dort Euch nötig haben.

Enrico (beiseite). Mit wie list'gem Spruch, o Himmel!
Hat mich Flerida verbannet
Und enttäuscht!

Lisardo tritt auf mit einem Briefe.

Lisardo (zur Herzogin). Erlaube mir
Deine Hand und gönn', erhabne
Gottheit dieser grünen Sphäre,
Daß ich Lauras Hand, zum Angeld
Meines Glücks, hier möge küssen;
Denn in diesem Briefe hab' ich
Eben den Dispens bekommen,
Den mein heißer Wunsch erwartet
Seit Jahrhunderten.

Flerida (beiseite).           Gelegen
Kommt er.

Laura.             Unerhörte Marter!

Flerida. Denn noch heute soll nun . . .

Ernesto und Federigo treten auf.

Ernesto.                                             Hier ist
Federigo.

Federigo.         Was verlanget
Eure Hoheit?

Flerida.                 Daß Ihr Laura'n
Gebet Eure Hand als Gatte;
Denn so sieg' ich über mich,
Und so mag's die Welt erfahren.

Laura und Federigo. Was sagst du?

Flerida.                                               Was mir geziemt.

Ernesto. Herrin, wie? Mit Schimpf beladest
Du die Ehre mir?

Lisardo.                     So schmählich
Wolltest du mein Herz behandeln?

Flerida. Dies, Lisardo, dies, Ernesto,
Ist für beide not.

Ernesto.                     Du schaffest
Meiner Ehre neuen Grund
Durch dies eine Wort, um allem
Diesem mich zu widersetzen;
Denn nie soll der Ruf das sagen,
Daß du aus geheimen Gründen
Laura Federigo'n gabest.

Federigo. Sein sie heimlich oder kundbar,
Mach' ich Schande dir?

Ernesto.                                 Nein, wahrlich;
Doch genug, daß mir's mißfällt.

Federigo. Gnug, um dir Verdruß zu machen,
Nicht genug, dich zu beleid'gen;
Unerwähnt, daß du versprachest,
Lauras Hand mir zu gewähren.

Ernesto. Ich, dir?

Federigo.             Ja.

Ernesto.                   Wann?

Federigo.                             Gestern abend,
Bei mir, als du zu bewirken
Schwurest, daß, wer meiner harrte,
Auf den Brief, der mich berufen,
Auch die Hand mir reiche. War es
Laura nun, die mich berief,
So muß dies dir Gnüge schaffen.

Lisardo. Ihm vielleicht, allein nicht mir;
Denn ich setz an dies Verlangen
Blut und Leben. (Er legt die Hand an den Degen.)

Flerida.                     Was ist dies?

Federigo. Und ich werd' es aufrecht halten.
    (Er legt die Hand an den Degen.)

Ernesto (ebenso). Ich verteid'ge dich, Lisardo.

Enrico (zu Federigo, ebenso).
Und ich dich.

Flerida.                 Seltsame Marter!
Doch, wenn Liebe sie erzeugte,
Soll ihr Ehr' ein Ende machen. –
Gnügt es nicht, daß mir's gefällt,
Nicht, daß ich es so verlange:
Gnüg' es denn, daß sich auf seine
Seite stellt der Herzog Mantuas.

Ernesto. Wer?

Enrico.           Ich, der, der Fürstin huld'gend,
Ward als Gast von ihm empfangen;
Und ich werde Federigo'n
Jetzt und Laura'n Schutz verschaffen.

Flerida. Und auch ich; denn sehen soll man
Klar, daß meine Leidenschaften
Nachstehn meiner Mäßigung.

Ernesto. Wenn die beiden dies erhabne
Paar beschützt, so bleibt, Lisardo,
Meiner Ehre wohl nichts andres,
Als sie auch in Schutz zu nehmen.

Lisardo. Groß ist zwar für mich der Schaden,
Doch die Tröstung nicht geringer,
Da ich seh', es offenbaret
Sich als Günstling Federigo.

Enrico (zu Flerida). Und ich, dir zu Füßen fallend,
Flehe dich, laß meine Liebe
Ihrer Sorgen Lohn empfangen.

Flerida. Hier ist meine Hand; ich will,
Wie ich mich vergessen hatte,
Nun gedenken, wer ich bin.

Laura. Was ich hofft', hab' ich erhalten.

Federigo. Ich erhielt mein höchstes Glück.

Fabio. O wie viele, viele Male
Wollt' ich sagen, Laura sei
Sicher Federigos Dame!
Doch da nun ein laut Geheimnis
Schon es sagte, so gestattet
Unsern Fehlern die Verzeihung,
Die wir demutsvoll erwarten.


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