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Brühl hatte Antonies Besitz errungen und im ersten Rausch der Flitterwochen vergessen, durch welche Mittel er dazu gelangt, wieviel ihm von seinem inneren Menschen verlorengegangen war. Sein Blick war vorwärts gerichtet, und wenn er hinter sich blickte, die Sprossen der Leiter hinab, tief hinunter in das Dunkel, dem er entklommen, fuhr ihm ein heimliches Frösteln über den Leib; denn er war trotz aller Religionslosigkeit und Zweifelsucht höchst abergläubig.
Wir sind Christen; wir vertrauen unsere Schicksale getrost unserer eigenen Tüchtigkeit und der Liebe über den Sternen an. Aber neben diesem Vertrauen haben wir doch meist alle noch ein Ding, vor dem wir einen ganz anständigen Respekt, vor dem wir immer Furcht haben, es könne sich gegen uns wenden. Es ist das, was wir unser »gutes Glück« nennen, und der Glaube daran, den wir schlechthin »Aberglauben« nennen dürfen und der so überaus lächerlich werden kann, ist oft das Erbteil gerade der bedeutendsten Männer. Gibt es eine mystischere Formel als den allgemein gültigen Satz: »Es gibt einen Augenblick in jedes Menschen Leben, in dem ihm das Glück die Hand reicht. Ist er ungenützt vorbei, nie kommt er wieder!«?
Ein solcher Moment war's, da Brühl sich erinnerte, wie er als Page mit Bach Freundschaft geschlossen hatte. »Hautevolée . . . Brühl und Bach . . . Namen passen zusammen!« . . .
Wer steht, sehe zu, daß er nicht falle! Wer steht, sehe zu, daß er das Glück nicht herausfordere! – Ja, er hätte wohl eher an die Bachs denken müssen . . . »Die Namen gehören zusammen!« . . . Bach, Bach! Man sollte doch schauen, durch Einlösung seines Versprechens des Geschickes parteiische Gunst an sich zu fesseln! . . . Seit drei Jahren schon war die Organistenstelle an der Sophienkirche zu Dresden erledigt . . . Und das war's: Er würde alles für Bach tun, er würde sich mit Bitten an Josepha, an den König, an Quarini, an Hennicke wenden; er würde nichts verabsäumen, um sein Wort einzulösen und einer Ehrenpflicht gerecht zu werden.
Er wurde ihr gerecht . . .
Die Bachsche Familie hatte davon keine Ahnung. In der Woche wurde sie Tag um Tag von demselben Ebenmaß der Geschäfte in Anspruch genommen. Früh vereinigte der nun schon ältlich gewordene Sebastian die Seinen in der großen Wohnstube ums Klavier, und jung und alt sang dem Schöpfer ein fröhliches Morgenlied. Auch die alte Hanne, die Köchin, brummte leise mit; laut wagte sie's nicht, weil Sebastian meinte, sie sei das einzige Geschöpf im Hause, dem der liebe Gott jede Spur von Harmonie versagt hätte. War das Morgenlied zu Ende, so wünschten sich alle einen »Guten Tag«, und unter wechselndem Gespräch wurde der Kaffee eingenommen. Entweder ging Sebastian dann nach der Thomasschule und erteilte Unterricht, oder er gab, wenn seine Stunden auf den Nachmittag fielen, im Hause seinen eigentlichen Kunstjüngern in der Fuge und dem Generalbaß Lektion. Unter ihnen waren seine beiden Söhne Friedemann und Emanuel, Doles, Vogler als sein ältester, Homilius, Franschel, Krebs, Altnikol, Agricola, Kirnberger und Kittel die besten Schüler. Die jüngeren Kinder gingen zur Schule, die beiden älteren Schwestern, besonders die sanfte Friederike, halfen der Mutter in der Küche, bis das Mittagessen alle wieder vereinte. Nach Tisch ging Sebastian mit Friedemann gewöhnlich eine Stunde vors Tor; später schloß er sich ein und komponierte. Friedemann ging in seine Kammer und studierte für sich oder brachte mit Doles, Altnikol und Krebs ein Quartett zustande, wobei er die Violine spielte. Abends fand sich die Familie wieder zusammen, musizierte, plauderte, ging im Sommer spazieren; abends durfte nämlich nicht mehr gearbeitet werden.
Friedemann, der in der Nacht am besten seiner Phantasie Audienz zu geben vermochte und mit der alten Hanne, die ihn närrisch liebte, einen geheimen Pakt wegen Lieferung von Lichten geschlossen hatte, setzte sich dann oft noch in seine Stube und schrieb bis spät in die Nacht hinein. Selten hörte er auf, ehe nicht die alte Hanne noch einmal aufstand, auf den Socken hereinkam, das Licht ausblies und mit sich nahm.
So verstrich ein Werktag nach dem anderen. Sonntags aber feierte Sebastian, und in ihm die Kunst, den höchsten Triumph. Da erschien er, festlich geschmückt, mit all den Seinen in der Kirche. Magdalena und die Töchter setzten sich unten ins Schiff, der Kanzel gegenüber, Sebastian und Friedemann gingen auf den Chor, wo die Kunstjünger die Orgel bereits umstanden. Die Schüler der Thomasschule mit ihren Heften und die Stadtmusici warteten seiner. Alles war lautlos, wenn er kam. Sebastian trat vor die Orgel, faltete die Hände und betete still ein Vaterunser; dann schloß er das Instrument auf, der Balgtreter sprang auf seinen Tritt, und die Introduktion des Kirchenliedes rauschte wie ein süßer Schauer voll und warm herab auf die Gemeinde. Friedemann und Altnikol stimmten das Lied an, und der Gottesdienst hatte begonnen. – Wenn der Pastor geendet hatte, das Schlußlied gesungen war, und die Gemeinde unter dem Geläute der Glocken und dem Nachspiel, das gewöhnlich Friedemann bestritt, die Kirche verließ, begann das Fest erst recht; denn nun gab Sebastian seinen Schülern einen sogenannten »Orgelschmaus«, ein Konzert, in dem alle Geister seines Innern in den Tonwellen wogten. Nach ihm kamen Friedemann und dann die anderen an die Reihe. Jeder mußte eine Orgelkomposition, eine Variation über ein gegebenes Thema oder eine Art Extempore vortragen, über das die anderen richteten. Danach ging's ans Mittagsmahl, und der übrige Teil des Tages war dem geselligen Vergnügen gewidmet.
An einem solchen Sonntag, gerade als Sebastian den Feiertagsrock anlegen wollte, kam ein kurfürstlicher Bote aus Dresden und brachte einen großen Brief vom Herrn Minister von Brühl:
»Lieber Meister Sebastian! – Ihr werdet mich gewiß für einen lauen Freund gehalten und gemeint haben, daß ich Eurer in meinem Herzen vergessen. Dem ist aber nicht so, denn ich entsinne mich gar wohl noch alles dessen, was ich Euch damals, als Marchand das Hasenpanier ergriffen, sagte. Darüber ist eine geraume Zeit vergangen; aber es hat sich bis jetzt noch keine Gelegenheit geboten, Euch was Rechtes anzutragen. Jetzt ist sie aber da, und weil Ihr bei unserm Allerdurchlauchtigsten König und Herrn gut angeschrieben steht, hat er sich gemüßigt gesehen, Euch in dem beiliegenden Handbillett höchstselbst die Organistenstelle an unsrer Hofkirche zu St. Sophien allhier anzutragen. Hoffentlich nehmt Ihr sie an, damit mein Gewissen des Vorwurfs ledig werde, daß ich Euch Wind vorgemacht und mein Wort nicht gehalten hätte.
Euer guter Freund
Heinrich von Brühl.«
»Hol's der Teixel!« rief Sebastian überrascht, »das hätte ich nicht gedacht vom Brühl. Laßt sehen, was der König schreibt.« Und lautlos hörte die Familie zu, als Sebastian mit bewegter Stimme den Brief vorlas, in dem der König ihm mit herzgewinnender Freundlichkeit die Oberorganistenstelle antrug. »Solltet Ihr aber«, so schloß das Schreiben, »plausible Gründe haben, meinen Antrag auszuschlagen und in Leipzig zu verbleiben, so ersuche ich, obwohl ich die Stelle mit Euch selbst am liebsten besetzt hätte, mir an Eurer Statt einen geschickten Musikus zu empfehlen, der meiner Kirche in Dresden sowie Eurer Rekommandation zur Ehre gereicht.«
Eine minutenlange Pause folgte. Die Blicke der Seinen hingen an Sebastians Mund. »Nein, Kinder, nein! Ich tu's nicht! Von meinem lieben Leipzig geh' ich nicht wieder weg. Hier ist mir wohl und warm, ich hab' die besten Freunde, den schönsten Wirkungskreis hier, – was will ich mehr? Ich bin nicht mehr jung genug, um mich in die neuen Verhältnisse zu schicken. Die Thomasschule würde mir auch fehlen, und ich müßte mich aus allem herausreißen. Nein, nein! Sebastian Bach ist hier ein freier Mann, der tun und lassen kann, was er will, und nicht zu katzbuckeln braucht. Ich bleibe hier, nicht wahr, Magdalena?« Und er küßte sein Weib herzlich.
»Mir ist's gewiß recht, Bastian! Unsere Familie und der Haushalt kosten in Dresden mehr als hier, und wenn du dein ganzes Einkommen berechnest, stehst du dich am Ende ebenso gut wie dort.« – »Ei, besser, Frau, besser! Es wäre bloß der leidigen Ehre wegen, – na, wer will wohl einem Künstler größere Ehre antun als er sich selber. Ich bleibe, basta!«
Friedemann schüttelte den Kopf, und Sebastian setzte sich nieder, um dem König sogleich zu antworten. »Dir ist's nicht recht, Friedemann?« fragte er, sich an diesen wendend. »Nun, laß nur gut sein, du sollst drum nicht zu kurz kommen. Geh voraus in die Kirche und fange statt meiner einmal das Lied an! Unser Herrgott wird's wohl ausnahmsweise erlauben; will ihm ja auch zeigen, daß ich demütig sein kann, und in Leipzig bleiben.«
Friedemann ging, Sebastian aber schrieb dem König einen ganz ergebenen Absagebrief, in dem er alle Gründe, die ihn zur Nichtannahme bewegen, vortrug. »Wenn nun Euer Majestät gnädigst meinen Rat befehlen, mit wem an meiner Statt die besagte Stelle am würdigsten zu besetzen sei, so sage ich ganz offen, daß ich unter allen mir bis dato bekannten Musikern meinen Sohn Friedemann, dessen sich Euer Majestät allergnädigst entsinnen werden, als den Geschicktesten dazu halten muß. Euer Majestät werden denken, daß mich hierzu meine väterliche Liebe und Eitelkeit verleiten, aber wenn ich mich anders auf Musik verstehe, kann ich meinem Sohn Friedemann das Zeugnis geben, daß er mein bester Schüler ist und er einstmals gar leichtlich seinen eigenen Vater übertreffen mag, so ihm Gott Leben und Kraft schenket. – Damit nun aber Euer Majestät nicht durch mich, wenn auch in der redlichsten Meinung, hintergangen werden, so mache ich in aller Devotion den Vorschlag, zwischen Friedemann und allen meinen übrigen Schülern, sowie zwischen allen denen, die sich in Dresden für die Stelle als Kandidaten qualifizieren, einen Wettstreit auf der Orgel anzustellen und den Würdigsten mit dieser Stelle zu belohnen.«
Sebastians Antwort war dem König unangenehm. Brühl zuckte die Achseln; sein Gewissen war beruhigt, er war nun quitt mit Bach, und wenn es diesen später gereuen sollte, die Stelle ausgeschlagen zu haben, so war es des Meisters eigene Schuld. – Der König aber, dem Bach nun einmal aus dem Nebel der Erinnerung heraufbeschworen war und der sich des damaligen Kunstgenusses entsann, ging trotz seines Ärgers auf Sebastians Vorschlag ein. Brühl erhielt Befehl, Bach und seine Schüler zu besagtem Orgelwettstreit einzuladen.
Am nächsten Sonntag, als der Gottesdienst beendet war, eröffnete Sebastian seinen Schülern die erhaltene Einladung. Alle waren Feuer und Flamme; denn jeder hoffte, er könne den Preis, den der König selber verteilen wollte, möglicherweise davontragen. Friedemanns Augen glühten vor Ehrgeiz und Dankbarkeit, und als er mit dem Vater allein nach Hause ging, bat er ihn um Verzeihung, daß er ihn durch sein Schmollen betrübt habe; er habe wirklich nicht an sich gedacht, sondern nur gemeint, es sei unrecht vom Vater, den besten Moment, um zu Ehre zu gelangen, unbenutzt zu lassen.
»Die Ehre kommt etwas zu spät, mein Sohn. Ich bin in einem Alter, wo einem äußerer Glanz und Ruhm nicht mehr viel anhaben können, und wo alles Sinnen und Trachten darauf hinausgeht, sich in seinem Sohne fortgesetzt zu sehen und auf ihn alle Ehre zu häufen; noch jung an Jahren, frei und unabhängig, mag er sie für sich und die Welt ausnützen. Du wirst, hoffe ich, den Preis erlangen, Friedemann, und die Stelle kriegen. Ich hätte dich ganz allein vorschlagen können, aber ich will, daß du dir die Stellung allein schuldig sein sollst; auch hätte der König glauben können, daß es mir bloß um Versorgung meiner Familie zu tun sei, und nicht um einen guten Organisten für ihn.«
Den Mittwoch darauf fuhren Meister und Schüler nach Dresden, und Brühl, den Sebastian sogleich aufsuchte, konnte beim Diner August III. melden, daß die Eingeladenen angelangt seien.
Schon der nächste Tag wurde für das Konzert bestimmt. Der Hof sollte sich in der Sophienkirche auf dem der Orgel zunächst gelegenen Seitenchor einfinden. Der König und die Königin, die Gräfinnen Ogilva und Morsinska, Minister Sulkowsky, Hennicke und Brühl nebst Gemahlin, die Generale Klenzel, Rutowsky und eine Schar von Damen und Kavalieren fanden sich ein; es kam die Elite der Dresdener Musiker, an ihrer Spitze Hasse mit Faustina, und es fehlte überdies nicht an einem höchst gewählten Publikum.
Der König und die Königin stellten die Themata, um die heiß und mit allem Aufwand von Kunst gestritten wurde.
Unter allen denen, die bis jetzt gespielt hatten, waren Altnikol und Krebs die entschieden Befähigsten; als aber nun Friedemann auftrat und mit seiner Glut, Innigkeit und Melodienfülle eine wahre Begeisterung hervorrief, stand der König auf und sagte: »Ja, Bach hat recht, der Friedemann ist der echte Sohn seines Vaters, der muß die Stelle haben!«
Das Konzert war beendet. Brühl führte Sebastian und Friedemann zum König, der dem Sieger im edlen Wettstreit, unter Anerkennung und Dank für den gebotenen Genuß, die Stelle verlieh und befahl, ihn in Besitz der Amtswohnung zu setzen.
Johann Sebastian Bach mit seinen mächtigen und doch edlen Zügen, mit der stillen Majestät eines bedeutenden Kopfes, war ein Mann von jener erhabenen Schönheit, die sich um so seltener findet, als sie ebenso rein geistiger als vollendet körperlicher Natur war. Friedemann hatte denselben Kopf, aber von allen Grazien der Jugend umspielt, von schwarzen Haarlocken umwallt; in seinen schwarzen Augen schwelte eine dunkle, unersättliche Glut, die zündend und verzehrend, schmachtend und drohend, geistig und sinnlich zugleich in Bann zog. Was ihn aber noch vor dem Vater auszeichnen mochte, war die vollendete Noblesse seines biegsamen Wesens, die Keckheit der Bewegung, die weder aufdringlich noch nachlässig, die ganz ursprünglich war. Ein gewisses sorglos-feuriges Hervortreten nahm für ihn ein und bestach.
Der neue Organist sollte nach einem Urlaub von sechs Wochen seine neue Stellung antreten, und er brannte darauf, mit den für seine Übersiedelung nach Dresden notwendigen Vorbereitungen gleich an Ort und Stelle zu beginnen. Nach einem festlichen Mahl, zu dem Hasse und Faustina den glücklichen Sieger und seine besiegten, aber keineswegs neidischen Freunde geladen hatten und bei dem auch das Patronat der Sophienkirche vertreten war, führte Sebastian seinen Erstgeborenen im Triumph in die neue Amtswohnung.
Unermüdlich lief dort der alte Sebastian durch alle Räume, überschlug und berechnete die Summe, die er zur Einrichtung seines Lieblings brauchte, des treuen Genossen seines bisherigen Denkens und Fühlens, den er entbehren lernen mußte. »Ich werd' dir die Hanne als Wirtschafterin hergeben. Sie hat dich lieb, Friede, und wird dir das Deinige ehrlich zurate halten, bis du dir einmal eine brave Frau nimmst.« Friedemann sagte im Rausche seines Stolzes, seiner Freude zu allem ja. Ihm ging die Zukunft in lichtem Glanze auf, – eine lange Bahn der Ehre, der schöpferischen Freiheit und Größe . . .
Gerade waren sie zu den Freunden, die neugierig alles beschauten, in die Wohnstube zurückgekehrt, als der Läufer des Grafen Brühl ein Billett brachte, in dem Sebastian Bach mit seinem Sohne zur Soiree geladen wurde. Die Ministerin Brühl hatte die beiden Bachs, namentlich Friedemann, in ihr besonderes Wohlwollen genommen: »Dem jungen Bach fehlt, auf Ehre, nur ein Titel, um vollendeter Edelmann zu sein, so weltmännisch und fein, so geistreich ist sein ganzes Auftreten. Ich glaube, daß er es wert ist, ihn in unser Haus zu ziehen, unsere Soiree kann nur gewinnen.« – Brühl war ein zu gefälliger Gatte, um einen derartigen Wunsch zu versagen; auch schmeichelte es seiner Eitelkeit, den Mäzen zu spielen. Daher wurden die Bachs mit der größten Freundlichkeit aufgenommen, und da die Gräfin Friedemann viel Aufmerksamkeit erwies, folgte ihr die Gesellschaft um so williger, als sie den neuen Organisten in der Tat höchst liebenswürdig fand. Sein Spiel auf dem Klavier entzückte dermaßen, daß man voraussehen konnte, der junge Bach werde in den hohen Zirkeln Dresdens bald eine sehr gesuchte Person sein.
Kein Herz konnte froher erzittern als das des Vaters, der alle die stolzen Wünsche, die für sich zu hegen er in seinem Leben nie gewagt hatte, auf seinen Herzenssohn übertrug: möchte dieser seinen Namen vergrößern, den Geist seiner Werke verewigen und seine alten Tage mit geistigen und leiblichen Enkeln verschönern helfen!
Von der Augustusstraße, an der Brühls Palais lag, wanderten Vater und Sohn spät abends hinunter zu ihrer Wohnung in Hasses Haus. Jeder träumte, jeder hoffte, jeder war reich im Gedanken an die Zukunft . . . Plötzlich umarmte Sebastian seinen Sohn, küßte ihn und legte seine Hand auf die glühende Stirne Friedemanns: »Gott, Herr der Welten, schütze mir diesen meinen Liebling! Laß ihm zuteil werden, was mir nicht beschieden war! Du weißt's, wie sehr ich ihn lieb hab'!«
Friedemanns Augen quollen über, und ein leises Bangen in seinem Herzen mahnte ihn daran, daß er bald allein, ohne den Vater, seinen Weg durch die Welt gehen müsse.
»Friedemann, das mußt du mir heilig und fest versprechen, daß du dich nie irre machen läßt von der Lobhudelei der Vornehmen und in den vermaledeiten Opernsingsang und die Pinseleien verfällst. Halt immerdar in deinem Herzen fest, daß du ein Diener Gottes sein sollst, weil du's sein kannst, daß die Orgel deine Stärke, die Fuge deine Hauptkraft und die Anbetung Gottes in Harmonien deine schönste und einzige Arbeit sein muß. Laß dich vom Flitter nie verführen, Friedemann, daß du nicht unglücklich wirst!«
»Nie, Vater, nie! Ich bin dein Sohn und werde dir keine Schande machen!«
Sie reichten sich die Hände und gingen still weiter. Wie ein wehmütiges Seufzen zog's durch die ruhevolle Sternennacht . . .