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Es war eine Hundegesellschaft und sie fand in einem Hofe statt.
Man hatte einen großen Knochen gefressen und lag nun ruhig und trieb Konversation. Und es war von Musik die Rede und von Musikinstrumenten.
»Ich kenne kein ergreifenderes Instrument als die Harmonika,« sagte eine alte Jungfer, die bisher melancholisch still gesessen; sie gehörte dem Geschlecht der Jagdhunde an. »Ich hatte einen Herrn, der spielte sie. Ach, es waren unvergeßliche Momente! Aber es greift zu sehr an. Ich mußte allemal eine halbe Stunde nachher noch heulen.«
»Das kommt von den Nerven,« seufzte eine dicke Wachtelhündin. »Meine Nerven sind jetzt auch immer furchtbar angegriffen. Wenn ich einen Leierkasten höre, möchte ich am liebsten losweinen.«
»Da ist Waldhorn lustiger!« schrieen zwei kleine Dächsel, die auf einem Prellstein lagen und beständig mit den Schwänzen wackelten. »Unser Herr bläst es manchmal und dann singen wir mit hinein.«
»Er bläst wie ein Nachtwächter – es ist ein Forstkandidat, Ihr Herr,« sagte die alte Jungfer verächtlich zu der dicken Wachtelhündin. »Er läßt immer die Fenster offen, daß man ihn in der ganzen Stadt hören kann.«
»Aber es klingt auch wunderschön!« schrieen die Dächsel und wackelten noch heftiger mit den Schwänzen.
»Was versteht denn ihr von Musik, ihr dummen Jungen,« knurrte ein großer Neufundländer, der lang ausgestreckt in der Mitte des Hofes lagerte und schläfrig mit den Augen blinzte. »Mir ist einmal mit der Musik ein Stück passiert,« und der Neufundländer hob den Kopf ein wenig und blinzte zu den beiden Hündinnen hinüber, »ein Stück, sage ich euch, das ich nicht vergesse und wenn ich so alt wie ein Mensch werden sollte. Damals war ich noch bei dem Studenten. – Eines Abends nahm er mich mit in eine große Gesellschaft. Ich sollte zwar draußen bleiben auf dem Vorsaal, aber die Thür war halb offen und ich konnte in den Saal hineinsehen. Da sah ich denn einige hundert Menschen, die auf Stühlen saßen und nach dem Ende des Saales starrten, wo auf einer Erhöhung alle Arten von Musikinstrumenten abgestellt waren, die es nur in der Welt giebt. Vor jedem Instrument saß ein Mann an einem Tischchen, auf dem ein Blatt Papier lag.
Nach und nach war es ganz still geworden im Saale. Kein Mensch sah mehr zu mir hin. Diesen Moment benutzte ich um hineinzuschleichen – als mit einem Mal die Männer auf der Erhöhung ihre Instrumente erfaßten und ein solch furchtbarer Lärm losbrach, daß ich entsetzt nach der Thüre sprang, weil ich dachte, der Saal müßte einfallen. Aber die Thür war indessen geschlossen worden. Ich, in Todesangst, springe über drei Reihen Menschen weg nach den Fenstern zu, alles um mich herum schreit und kreischt, die Instrumente rasen immer toller, ich finde die Fenster verschlossen, springe wieder zurück nach der Thür und jetzt endlich wird diese aufgerissen, ich fliege die Treppen hinunter, einige Gegenstände werden mir nachgeschleudert, ich aber achte auf nichts und eile ins Freie. Den Spektakel vergesse ich in meinem Leben nicht!« –
»Das ist ein › Konzert‹ gewesen,« sagte ein Windhund, der viel in vornehmen Familien verkehrte, und wie alle Windhunde beständig zitterte. »O, sie sind furchtbar, diese Konzerte!«
»Ja es ist unbegreiflich, was diese Menschen alles angeben,« meinte ein alter Kettenhund und seufzte. »Wenn ich in Mondscheinnächten einmal ein gemütvolles Lied anstimme – es ist wahr, ich suche manchmal etwas lange nach einem Ton, weil ich Melodien nicht gut behalte – gleich schreit meine Herrschaft: ›Heult das Tier schon wieder!‹ Und dann werde ich eingesperrt und es setzt wohl gar noch Schläge. Ein Lied singen, das nennen sie heulen! Sie vollführen einen Heidenlärm und von Unsereins wollen sie nicht einmal leiden, daß er ordentlich Musik macht.«
»Es ist noch mancherlei nicht aufgeklärt,« knurrte der Neufundländer und stand auf. »Aber das ist ausgemacht, von Musik verstehen die Menschen nicht viel. Die Kinder allenfalls haben mitunter annähernd melodische Laute, wie wir, aber wenn sie sie loslassen, hat es dieselben Folgen wie bei uns: Schläge und eingesperrt. Nein, von der Musik verstehen die Menschen nicht viel. – Ich empfehle mich der Gesellschaft.« –
»Nun, so arg ist es nicht,« sagte die alte Jungfer aus dem Geschlechte der Jagdhunde. »Die ›Klosterglocken‹ sind nicht übel, nur zu traurig, es ist beinah, als wenn man Hundegeheul hörte. Und dann, das ›Gebet der Jungfrau‹! Kennen Sie das Gebet der Jungfrau? Das ist ein herrliches Stück, das allen Hunden gefallen muß. Jeden Abend kann man es jetzt an der Neugassenecke spielen hören. Kommen Sie heute Abend einmal mit hin,« wandte sie sich an die dicke Wachtelhündin.
»Nein, ich vertrage jetzt durchaus keine Musikaufführung,« sagte diese. »Aber ich gehe jetzt. Guten Tag allerseits.«
»Warten Sie, ich gehe mit Ihnen,« rief die alte Jungfer.
»Gut, daß die alten Schachteln weg sind!« schrieen die Dächsel und fingen an sich im Hofe umher zu jagen, wobei sie fürchterlich kläfften und alle die Melodien absangen, mit denen sie die Waldhornvorträge ihres Herrn zu begleiten pflegten. Windhund und Kettenhund verloren sich während dieser Jagd und so war in dem Hofe von Gesellschaft und Musik nicht weiter die Rede.