Ludwig Aurbacher
Abenteuer der sieben Schwaben und des Spiegelschwaben
Ludwig Aurbacher

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Abenteuer der sieben Schwaben

Wie die sieben Schwaben nach Augsburg kommen und sich allda Waffen holen

Als man zählte nach Christi Geburt eintausend und etliche hundert Jahr, da begab sich's, daß die sieben Schwaben in die weltberühmte Stadt Augsburg einzogen; und sie gingen sogleich zu dem geschicktesten Meister allda, um sich Waffen machen zu lassen; denn sie gedachten das Ungeheuer zu erlegen, welches zur selbigen Zeit in der Gegend des Bodensees übel hauste und das ganze Schwabenland in Furcht und Schrecken setzte. Der Meister führte sie in seine Waffenkammer, wo sich jeder einen Spieß oder sonst was auswählen konnte, was ihm anstand. »Bygost!« sagte der Allgäuer, »sind das auch Spieße? So einer wär mir just recht zu einem Zahnstürer. Meister, nehmt für mich nur gleich einen Wiesbaum von sieben Mannslängen.« »Potz Blitz,« sagte der Blitzschwab, »Allgäuer, progle dich nicht allzusehr.« Der Allgäuer sah den mit grimmigen Augen an, als wollte er ihn damit durchbohren. »Eigentlich hast du recht, Männle!« sagte der Blitzschwab und streichelte ihm den Kautzen; »und ich merke deine Meinung,« sagte er: »Wie alle Sieben für Einen, so für alle Sieben nur Einen.« Der Allgäuer verstand ihn nicht, sagte aber: »Ja!« und den andern war's auch recht. Und so ward denn ein Spieß von sieben Mannslängen bestellt, und in einer Stunde war er fertig. – Ehe sie aber die Werkstatt verließen, kaufte sich jeder noch etwas Apartes, der Knöpfleschwab einen Bratspieß, der Allgäuer einen Sturmhut mit einer Feder darauf, der Gelbfüßler Sporen für seine Stiefel – sie seien nicht nur gut zum Reiten, sagte er, sondern auch zum Hintenausschlagen. – Der Seehaas aber wählte einen Harnisch, sagend: Vorsicht sei zu allen Dingen nütz; des Guten könne man nicht zu viel tun; und nütze es nichts, so schade es auch nichts. Der Spiegelschwab gab ihm recht und sagte: Auch er wolle einen tragen, aber nicht vorn auf der Brust, sondern hinten auf dem Hintern. Der Seehaas meinte, der Geselle wolle ihn foppen; jener aber sagte: »Merk's: Hab' ich Mut und geh' ich vorwärts, so brauch' ich keinen Harnisch; geht's aber rückwärts, und fällt mir der Mut anderswohin, so ist dann der Harnisch am rechten Platz.« Und so ließ er sich denn den Harnisch zurecht machen, der, recht zu sagen, ein Balbiererbecken war aus der Rumpelkammer des Meisters. Und nachdem die sieben Schwaben, wie ehrliche Leute, alles richtig bis auf Heller und Pfennig bezahlt und zuletzt noch beim Metzger am Gögginger Tor gute Augsburger Würste eingekauft hatten, so zogen sie zum Tor hinaus und ihres Weges weiter.

Wie die sieben Schwaben weiter ziehen, und welchen Weg sie einschlagen

Der Allgäuer, der an der Spitze ging, stimmte sein Posthörnle an und blies ein Trompeterstückle; hinter ihm kam der Seehaas und dann der Nestelschwab, der ihm seinen Bünkel auf dem Buckel trug; drauf folgte der Blitzschwab, der sang: »Es geht ein Butzemann im Reich herum, Didum, Bidi, Bum.« Dann kam der Spiegelschwab, und ganz hintennach grattelte und pfnauste der Knöpfleschwab mit seinen Häfen und Pfannen. Und sie trugen zusammen, Mann für Mann, den Spieß, und sahen schier aus wie ein Widle gespießter Lerchen. – Sie waren aber schon eine ziemliche Weile gegangen, da fiel's ihnen erst ein, zu überlegen, welchen Weg sie einschlagen sollten nach dem Bodensee, wo das Ungeheuer hauste, das zu erlegen war. Der Allgäuer meinte, sie sollten der Wertach nachgehen, dann kämen sie ans Gebirg, und dann könnten sie nimmer fehlen. Der Gelbfüßler aber sagte: Über das Gebirg sei es ein Umweg; sie sollten ihm folgen bis an den Neckar; der Neckar fließe in den Rhein, und der Rhein in den Bodensee. »Potz Blitz!« sagte der Blitzschwab, »ein braver Mann geht gradaus.« Und die andern lobten ihn deshalb, und sie beschlossen, gradaus zu gehen, zwischen Göggingen und Pfersen durch, und weiter. Und so wateten sie denn durch die Wertach, weil die Brücke abseiten lag, und gingen weiter über Stock und Stein, über Wiesen und Felder, durch Wüsten und Wälder, Berg auf Berg ab, bis sie an Ort und Stelle kamen.

Wie die sieben Schwaben von einer Zigeunerin sich wahrsagen lassen

Die sieben Schwaben hatten aber auf dem Wege dahin noch viele Abenteuer zu bestehen, woran sicher die Zigeunerin schuld war, die alte Hex. Die saß nämlich außerhalb Kriegshaber an einer Staude am Weg und kochte ein wunderliches Zeug durcheinander. – »Knöpfle sind's einmal nicht,« sagte der Knöpfleschwab, als er in den Kessel hineinguckte; und der Blitzschwab meinte gar, er sehe auf der schwarzbraunen Brüh statt Pfeffer und Schmalz Mausdreck und Krötenaugen schwimmen, so daß es ihm fast den Magen im Leibe umkehrte. Der Spiegelschwab aber ging auf die Zigeunerin zu und sagte: »Alte Trampel! du mußt mir wahrsagen.« Die besah ihm die Hand und sagte:

»Wer Weiberjoch auf sich muß tragen.
Hat wohl von großer Not zu sagen.«

»Die Blitzhex redet wahr,« sagte der Spiegelschwab und schob den Gelbfüßler hin. Dem lugte sie auch in die Hand und sagte:

»Einem, der ist übermannt,
Dem ist das Fliehen keine Schand.«

»Die stichelt auf meine Stiefele,« dachte er, »und sie weiß, daß ich laufen kann.« Da die beiden Gesellen mit der Wahrsagerin zufrieden zu sein schienen, so folgten auch die andern. Und zum Seehaasen sagte sie:

»Ein Ding man leget manchem vor,
Wenn man es tät, der wär ein Tor.«

Zum Knöpfleschwaben sagte sie:

»Was man erspart an seinem Mund,
Das frißt die Katze oder Hund.«

Zum Nestelschwaben sagte sie:

»Den Esel kennt man an den Ohren,
An der Red', Weise und Toren.«

Zum Allgäuer sagte sie:

»Der Wagen wird nicht wohl geführt.
Wenn Ochsen ungleich angeschirrt.«

»Bygost!« sagte der Allgäuer, »das hab' ich selber schon oft erfahren, wenn ich hab' Mist ausgeführt. Die Hex sieht einem, wägerle! durch das Herz.« Der Blitzschwab aber, der tiefer in den Hafen geguckt, wollte mit der Heidin nichts zu schaffen haben, sondern stieß ihr vielmehr den Kessel um und ins Feuer, so daß dieses mit Prasseln auseinandergefahren und ausgeloschen ist. Die Zigeunerin aber, voller Zorn, rief ihm mit schätternder Stimme nach:

»Jungfrau Lieb' ist fahrend
Hab', Heut ›Herzliebster‹, morgen ›Schabab‹«.

Und so konnten denn die sieben Schwaben ihrem Schicksal nicht entgehen.

In diesen und den andern Kapiteln wird erzählt, was sich vor der Hand mit den sieben Schwaben zugetragen hat

Es ist aber an der Zeit, daß ich dich, günstiger Leser, mit den Helden dieser Geschichte näher bekannt mache, und was dir sonst zu wissen nötig ist, aufrichtig erzähle. Vernimm also, daß der Seehaas ausgegangen ist – – – du mußt aber wissen, daß dies ein Schimpfname für ihn geworden seit der Zeit, als die sieben Schwaben ihr Abenteuer gehabt, von welchem du, wenn du Geduld hast, am Ende hören wirst; er ist aber zu Überlingen am Bodensee zuerst Eschhay, dann Bannwart gewesen. Der traf unweit Freiburg im Breisgau den Nestelschwaben an, hinter einem Zaun, wo er etwas zu tun hatte, was der soeben getan hatte. Und sie machten sogleich Bekanntschaft, wie ehrliche Schwaben zu tun pflegen. Der Seehaas fragte ihn, was er für ein Landsmann sei. Jener sagte, er sei kein Landsmann, sondern nur ein Menbub bei jenem Bauern, der dort den Acker pflüge. Da merkte der Seehaas sogleich, mit wem er's zu tun habe; und so ein Dummrian war ihm gerad recht. Er tat ihm daher den Vorschlag, er solle mit ihm kommen als sein Knecht, der ihm den Bünkel trage; und wenn er etwas erzähle, so solle er nichts sagen, als daß es wahr sei. Jener sagte, er wisse aber nicht, was wahr sei oder nicht wahr. Drauf der Seehaas: »Merk, Bauernlümmel, Hott bedeutet wahr, Hüst nicht wahr.« So verstehe er's, sagte jener, und er wolle mit ihm gehen und ihm um einen Batzen Wochenlohn seinen Bünkel tragen durch die ganze Welt und weiter. – Und die Geschichte weiß noch bis heutigs Tags nicht anzugeben, was dieser Mensch für ein Landsmann gewesen, ob ein Schwab oder ein Schweizer oder ein Pfälzer oder sonst einer aus dem deutschen Reich; denn er redete in allen Landssprachen, und in keiner recht. Er wird aber der Nestelschwab darum genannt, weil er, statt der Knöpfe, Nesteln hatte an Janker und Hosen; und da die meiste Zeit eine und die andere zerrissen war, besonders an den Hosen, so mußte er immer nachhelfen mit der einen Hand, was ihm dann so sehr zur Gewohnheit geworden, daß er auch dann so tat, wenn er nicht also hätte tun dürfen. Beide zogen aber weiter und kamen zum Gelbfüßler, der in Bopfingen ansässig war.

Vom Gelbfüßler, und was sich weiter begeben

Man erzählt, daß, als die von Bopfingen ihrem Herzog die jährliche Abgabe, die in Eiern bestanden, einstmals geben wollten, hätten sie die Eier in einen Krättenwagen getan, und damit recht viele hinein gingen, mit den Füßen eingetreten, was denn ihrer Ehrlichkeit keine Schande macht. – Daher haben sie denn alle, die aus jener Gegend sind, in böser Leute Mund den Namen Gelbfüßler erhalten. Zu einem von diesen, der Bopfinger Bot war, kam nun der Seehaas und erzählte ihm: Wie daß in dem großen Wald am Bodensee ein fürchterliches Tier hause, welches Land und Leuten großen Schaden tue. Beschreiben könne er es ihm gar nicht; aber es sei so groß wie eine wilde Katze, doch weit scheußlicher und grauerlicher anzusehen; und Augen habe es im Kopf, so groß wie Goldgulden, die funkelten nicht anders, als wie das höllische Feuer; und Ohren habe es – – »Nicht wahr, Landsmann?« »Hüst!« sagte der Nestelschwab. »Hott!« sagte der Seehaas. »'s Ist wägerle wahr,« sagte der Nestelschwab. Und jener fuhr fort: Er beschwöre daher den Landsmann um des gemeinen Besten willen, er möge ihm zu Rat und Tat sein und ihm getreuliche Gespanen zu werben suchen aus allen schwäbischen Gauen. Der Gelbfüßler sagte: Fechten könne er zwar nicht; aber sei's mit dem Laufen getan, so könne er den Teufel auf dem freien Felde fangen. Da der Seehaas sagte, so einen Mann könne er brauchen, so schlug der Gelbfüßler ein und sagte: Er müsse nur noch seine Stiefele anziehn und sein Ränzle packen. Als dies geschehen, so zogen sie weiter. Anfangs waren sie uneins, wohin sie sich wenden sollten, ob gegen das Ries oder die Donau. Im Ries, sagte der Gelbfüßler, gebe es wohl viele Gänse, hab' er gehört, aber er wisse nicht, ob es auch Menschen dort gebe. Der Seehaas aber meinte: Das Sehen koste nichts; und erfahren wir's nicht neu, sagte er, so erfahren wir's doch alt. Und damit gingen sie nach dem Ries.

Vom Knöpfleschwaben, und was sich weiter zugetragen

In dem gesegneten Schwabenland, besonders in jener Gegend, wovon soeben Meldung geschehen, besteht die löbliche Gewohnheit, daß man täglichs Tags fünfmal ißt, und zwar fünfmal Suppe, und zweimal dazu Knöpfle oder Spätzle, daher denn die Leute dort in der Umgegend auch Suppen- oder Knöpfleschwaben genannt werden; und man sagt, daß sie zwei Mägen hätten, aber kein Herz. – Der Seehaas brachte also seine Werbung an und sagte: Wie daß in dem großen Wald am Bodensee ein fürchterliches Tier hause, welches Land und Leuten großen Schaden täte. Augen habe es im Kopf, feurige, die so groß wären wie ein Salzbüchsle. »Hott!« sagte der Nestelschwab; aber der Gelbfüßler stieß dem Seehaasen in die Rippen, vermeinend, er solle nicht so lügen. Der aber ließ sich nicht irre machen, sondern fuhr fort zu erzählen: Das Ungeheuer wachse zusehends, je länger man es anluge, und werde so groß, wie ein Pudelhund. Er bitte ihn also um der Landsmannschaft willen, er möchte ihm zu Rat und Tat sein und ihm beihelfen, tüchtige Gesellen zu werben. Der Knöpfleschwab sagte: Fechten sei zwar seine Leidenschaft nicht; aber wenn sie einen brauchten, um ihnen Knöpfle zu kochen, so gehe er mit los auf das Abenteuer. Als sie handelseins wurden, packte der Knöpfleschwab Häfen und Pfannen auf und zog mit ihnen weiter. Und sie wendeten sich nun nach dem Lechfeld zum Blitzschwaben, den sie zu Meitingen im Wirtshaus bei einem Mäßle weißen Gerstenbiers trafen.

Vom Blitzschwaben, und was sich sonst ereignet

Nachdem sich die Landsleute das »G'segn' Gott!« und »Dank Gott!« zugetrunken hatten, fing der Seehaas an zu erzählen, sagend: Wie daß in dem großen Wald am Bodensee ein fürchterliches Tier hause, welches Land und Leuten großen Schaden täte. Es sei so groß wie ein Mastochs, und habe Augen im Kopf wie die Mondscheibe; und das Tier wachse zusehends, je länger man es anluge. »Potz Blitz,« sagte der Blitzschwab, »das möcht' ich einmal sehen; ich ließe es mir, beim Teuxel! einen Dreibätzner kosten.« Der Seehaas sagte: Er könne es umsonst sehen, er solle nur mitkommen und ihm und seinen Gesellen zu Rat und Tat stehen beim Abenteuer. Darauf der Blitzschwab: Fechten sei zwar sein Handwerk nicht, aber schimpfen könne er wie ein Rohrspatz, und fluchen wie ein Heid. Der Seehaas meinte, man wisse nicht, wozu ein Ding gut sein könne, und er solle nur mitkommen. Jener schlug ein, nachdem er noch ein Känntle Branntwein zu sich genommen, um, wie er sagte, die Magenwinde zu verteilen, die das vermaledeite Bier mache. Dabei sang er – denn er war ein lustiger Vogel, was man ihm sogleich abmerkte – das Liedlein:

Wo soll ich mich hinkehren,
Ich dummes Brüderlein,
Wie soll ich mich ernähren,
Mein Gut ist viel zu klein;

Wie wir ein Wesen han,
So muß ich bald daran,
Was ich heut soll verzehren,
Ist gestern schon getan.

Und drauf zogen die Gesellen weiter und kamen zum Spiegelschwaben, der in Memmingen zu Haus war.

Vom Spiegelschwaben und dem Allgäuer, und was ferner geschehen

Zu derselben Zeit waren die Fazinetle noch nicht im Brauch, und daher schlenzten einige das Ding gleich von sich weg, was jetzt die vornehmen Leute in den Sack stecken; andere schmierten es unter die Üchse> oder zwischen die Grattel, wo es sich wieder von selbst abwetzte; andere dagegen, wie der Spiegelschwab, putzten es an den Vorderärmel, wo es sich zum Spiegel ansetzte und beim Sonnenschein glitzte. Zu diesem kam der Seehaas mit seinen Gespanen und stellte ihm das Anliegen vor, erzählend, wie daß am See droben ein Ungeheuer hause so groß wie ein Trampeltier, mit Augen, wie Mühlsteine; und er bitte daher, er möge um des gemeinen Besten willen zu Rat und Tat stehen. Der Spiegelschwab sagte: Rat könne er geben, aber mit der Tat sehe es schlecht aus, indem er nicht einmal sein Weib meistern könne, die freilich sieben Häute habe, wie ein Memminger Zwiefel. (Und hat also die Zigeunerin recht gehabt.) Er wisse aber einen, der es mit dem Teufel selbst aufnehme: das sei der Allgäuer. – Zu dem gingen sie nun miteinander, und der war gleich bereit, obwohl der Seehaas ihm das Ungeheuer noch viel schrecklicher vorstellte, als den andern, indem er sagte: Es sei so groß wie ein Haus, und habe Augen im Kopf wie Mühlräder, die im Um- und Umgehen Feuer auswürfen. – »Bygost!« sagte der Allgäuer, »es wird halt dennest nur ein Vieh sein; und der Mensch ist stärker mit Gottes Hilfe, als alles Getier auf Erden.« »Ja,« sagte der Seehaas, »und es geht ein Sprichwort: Gott verläßt keinen ehrlichen Schwaben nicht.« Durch diese Reden bekamen die übrigen noch einmal soviel Mut, und sie gaben sich alle getreulich die Hand, daß sie einander beistehen wollten als Freunde und Landsleute in allen Gefahren und Nöten Leibs und der Seele. Und so beschlossen denn die sieben Schwaben miteinander, zuerst nach Augsburg zu gehen, wie schon oben erzählt worden, um, wie es tapfern Christenmenschen geziemt, sich vor allem mit Streitzeug zu versehen.

Wie die sieben Schwaben auf einen Bären stoßen, und was sie dazu sagen

Wir wollen aber die sieben Schwaben auf ihrem Weg einholen, und da treffen wir sie, vier bis fünf Stunden außer Augsburg, in einem Hohlweg, den sie eben durchziehen. Und siehe da! ein großmächtiger Bär liegt da am Weg, und der Allgäuer bemerkt ihn nicht eher, bis er fast mit der Nase auf ihn fällt. Der schreit, was er kann: »Ein Bär! ein Bär!« und stößt den Spieß aus Leibeskräften gegen das Tier. Doch das rührt sich nicht mehr, denn es war maustot. Drob erfreut, schaut der Allgäuer um und sieht die Gesellen alle auf dem Boden liegen, und vermeinend, sie seien auch tot und er habe sie hinterrucks mit dem Spieß erstochen, fing er laut an zu lamentieren. Die aber waren, man weiß nicht, ob aus Schrecken, oder weil sie den Spieß zu fest gehalten, zu Boden gefallen; und als sie hörten, daß der Bär tot sei, standen sie frisch und gesund wieder auf und stellten sich um den Bären herum, und der eine rupfte ihn beim Pelz, und der andere steckte gar seine Hand in den Rachen, und kein einziger fürchtete sich mehr vor ihm. Und als sie den Bären näher untersuchten und kein Loch an ihm fanden als das, was er schon bei seinen Lebzeiten gehabt, so merkten sie wohl, daß er nicht erstochen sei, sondern verreckt; und der Spiegelschwab warf die Frage auf: woran er wohl gestorben sein mag. Der Knöpfleschwab sagte: »Woran denn sonst als am Hunger?« »Nein«, sagte der Gelbfüßler, »aus Kälte.« Und so hatte denn jeder seine aparte Meinung, wie die Schildbürger ob des toten Wolfes. Erraten aber hat's wohl nur der Spiegelschwab, der pfiffigste unter ihnen, welcher sagte: er sei, wo nicht an Wehtagen, doch am Tod gestorben. Hierauf hielten sie Rat, was sie mit dem Luder anfangen wollten, und nach langem Hin- und Herreden beschlossen sie, ihm die Haut abzuziehen; die sollte einst demjenigen zu teil werden, der sich beim Abenteuer am männlichsten halten werde. Das Aas wollten sie liegen lassen. »So mögen ihn die Schafe fressen, wie er zuvor die Schafe gefressen,« sagte einer, ich weiß nicht mehr was für einer.

Wie die sieben Schwaben in den Stauden stecken bleiben

Als die sieben Schwaben tiefer in die Stauden kamen, blieben sie darin stecken. Der Wald wurde nämlich immer dichter und dichter; und einstmals, als der Allgäuer vor einem Baum stand, sagte er: »Bygost! durch muß ich;« und druckte und beugte den Spieß so gewaltig seitwärts, daß der Knöpfleschwab zwischen einem Baum und dem Spieß eingeklemmt wurde und sie alle weder vor- noch rückwärts konnten. Und ist also wahr geworden, was die Zigeunerin prophezeit hatte: »Der Wagen wird nicht wohl geführt, wenn ungleich Ochsen angeschirrt.« Die Gesellen wollten zwar ihren Kumpan wieder losmachen; da sie aber aus allzu großem Eifer an dem Leichnam zogen, der eine nach oben, der andere nach unten, und links und rechts zu gleicher Zeit, so ging eben das Ding nicht vorwärts, und sie hätten ihn fast gevierteilt. Endlich besann sich der Allgäuer und rief: »Bygost! ich müßte des Teufels sein, wenn mir Gott nicht hilfe!« Und er sagte: »Hy Ochs!« und packte den Baum, der den armen Schächer einzwängte, und riß ihn mit einem Riß, daß es krachte, wurzelaus, so daß der Knöpfleschwab, halb entseelt, losschnellte und hinplumpste, als wär er in den Boden eingerammelt. Da bekamen die Gesellen erst rechten Respekt vor dem Allgäuer, den sie sonst für tappet und talket halten mochten. Und der günstige Leser, welcher das Stücklein nicht glauben will, kann selbst nachsehen auf dem Platz, wo der Baum noch liegt bis auf den heutigen Tag.

Wie die sieben Schwaben einem Mägdlein begegnen, und wie der Blitzschwab von ihr auf die Kirbe geladen wird

In der Gegend von Schwabeck begegnete den sieben Schwaben auf dem Feld eine schöne Bauerntochter, die ihnen allen sogleich ins Aug' stach, dem Blitzschwaben aber am meisten. Das Töchterle sagte züchtiglich und andächtiglich: »Gelobt sei Jesus Christus,« und sie antworteten allesamt: »In Ewigkeit, Amen.« »Potz Blitz!« sagte der Blitzschwab; »das Mädle muß ich stellen und anreden.« Und er ging auf sie zu und fragte sie: wie sie heiße? Sie antwortete: Käther, und sie sei aus der Grafschaft Schwabeck. Und dabei lugte sie ihm freundlich ins Gesicht; denn der Blitzschwab war kein unübler Kerl. Der fragte: ob sie ihn nicht heuren möchte? Das Mädle lachte und sagte: Ja, wenn einmal die Mannsleute so fäsig wären, wie die Pfeffernüsse. Jener sagte: sie sollte ihm nur gleich ein Schmätzle geben statt dem Drangeld. Die Jungfer aber sagte: Eine Ohrfeige sei ihr feil, aber kein Kuß. Mein Schwab merkte wohl, daß das nicht ihr Ernst sei, und er nahm sie bei der Hand, was jene zuließ, und er fragte, ob er denn gar keine Hoffnung habe, wenn er wiederkäme? und er schmeichelte ihr und streichelte sie, und nannte sie Schatzhauser, und Herzkäferle, und Skapulierläusle, und schwätzte allerhand närrisches Zeug, wie denn verliebte Leute zu tun pflegen. Das Mädle hatte aber endlich genug, und sie sagte: er soll ihr auf die Kirbe kommen, und er ging fort, lugte aber nochmal um und sagte: »Nichts für ungut.« Und so wurde denn der Blitzschwab brav heimgeschickt, und es war zwar grob, was sie gesagt, aber gut. Und die Gesellen stimmten darin alle überein, daß sie eine wunderschöne Tochter sei, wie es denn die schwäbischen Mädle alle sind, ausgenommen die wüsten. Der Allgäuer selbst sagte: »Bygost! wenn die Föhl aus dem Allgäu wäre, ich wüßte nicht, was ich tät.« Dem Blitzschwaben aber wollte seit der Zeit die Käther aus der Grafschaft Schwabeck nicht mehr aus dem Kopf, und er nahm sich festiglich vor, er wolle ihr auf die Kirbe kommen.

Wart e bissele,
Beit e bissele,
Sitz e bissele nieder,
Und wenn du e bissele g'sessen bist,
So komm und sag's dann wieder.

Wie die sieben Schwaben einem Bayern begegnen, und wie sie ihn heimschicken

Außerhalb Mindelheim – das Nest ließen sie abseiten liegen, fürchtend, die Mindelheimer möchten Furcht vor ihnen bekommen, wie vor dem feindlichen Reiter, der ganz allein ihre Stadt eingenommen – bei Aurbach begegnete ihnen ein Bayer, dem sie's sogleich an seinen Häs ansahen, was er für ein Landsmann sei. Er war ein Bräu aus München und hatte Säu ins Reich getrieben und dafür Hopfen eingehandelt in Memmingen. Der blieb am Weg stehen und ließ die Spießmänner an sich vorbeigehen, und hatte Lust, sie auszulachen. Der Blitzschwab fragte ihn: Was er so luge? ob er nie einen Schwaben gesehen habe? »O ja,« sagte der Bayer, »bei mir daheim in der Kuchel gibt's zu Tausende.« »Potz Blitz, Malefiz!« sagte der Blitzschwab und ging auf den Bayern zu, der ein Fetzenkerl war und dem der Blitzschwab kümmerlich bis an den Nabel reichte. Und eh der Bayer sich's versah, sprang der Schwab an ihm in die Höh und gab ihm eine solche wetterliche Ohrfeige, daß ihm das Feuer aus den Augen schoß und die Ohren vom Schlag sausten. Der Bayer aber, nicht faul, langte mit dem Arm weitmächtig aus, um dem Schwäblein auch eine zu versetzen; und es wär' auch eine Watsche gewesen, an die er sein Lebtag gedacht hätte. Aber weil der Schwab ebenso geschwind wieder auf dem Boden war, wie in der Luft, so schlug jener in den Wind hinein, so daß er sich umdrehte wie ein Triller und stolperte und fiel. Jetzt ging's über ihn her; der Blitzschwab packte ihn an der Gurgel; die andern hielten ihn an Händen und Füßen und trommelten auf ihn los. Er wäre aber doch ihrer Herr geworden und hätte sie sämtlich in die Höhe geschupft wie ein Pfulben, wenn nicht endlich auch der Allgäuer wie ein Maltersack auf ihn gefallen wäre, der ihm drohte, er werde ihm das Licht ausblasen, wenn er ihnen den Schimpf nicht abbitten tät. Der Bayer mußte es denn wohl tun, und so ließen sie ihn gehen. Als er aber nach München zurück gekommen, ließ er an sein Haus, auf dem Anger, die sieben Schwaben malen zum ewigen Gedächtnis, allwo sie noch heutigestags zu sehen sind.

Das Kapitel vom Waldbruder

Wie sie denn weiter gezogen in die Kreuz und Quer, so kamen sie von ungefähr zur Klause eines Waldbruders. Der saß soeben vor seiner Zelle, in einem Buche lesend. Sie riefen ihn an und baten ihn, mit herabgezogenem Käpple, wie's Christenmenschen geziemt, er möchte ihnen den rechten Weg weisen. Das Buch aber, worin der Klausner las, war ein Traktätlein contra facetias, das heißt zu deutsch: gegen die Fachsen. Und so wird sich denn der christliche Leser nicht wundern über die Rede, womit der fromme Mann die guten Sieben anließ; denn vor ihm stand nun ja, wie ihm däuchte, das lebendige Konterfei von Fachsenmachern. »Den Weg soll ich euch weisen, ihr Landfahrer? (hub er an) Wartet! die Schellen will ich euch stimmen, ihr Schalksnarren! die Federn will ich euch beschneiden, ihr Fatzvögel! den Grind will ich euch einäschern, ihr Fastnachtsbutzen!« – Der Seehaas unterbrach seine Rede, sprechend: Wie daß in dem großen Wald am Bodensee ein fürchterliches Ungeheuer hause ... Der Klausner ließ ihn aber nicht ausreden, sondern rief: »Herrgott im Himmel! was für Höll-Lumpen hast du auf Erden! Da ziehen sieben Kalfakter mit einmal herum im Reich, zu Schand und Spott des Schwabenlandes und der Christenheit! Gibt's denn nichts nützliches mehr zu tun in der Welt für solche Schlingel, die ihr seid? Gibt's keine Hafen mehr zu binden, keine Pfannen zu flicken, keine Scheren zu schleifen? Schert euch fort, ihr Scheurenburzler! In den Stock mit euch, in die Geige, an den Galgenbaum, ihr Vaganten, ihr Lyranten, ihr Komödianten!« »Potz Blitz!« sagte der Allgäuer, und »Bygost!« der Blitzschwab, vor lauter Staunen und Starren. Jener aber machte rechtsum mit dem Wiesbaum und zog die Sechse nach; und der Blitzschwab stimmte seine Fiedel und fing an ein Liedlein zu singen, so daß von dem weitern Schelten des Waldbruders nichts mehr zu vernehmen war.

Nutzanwendung des Autoris

Vielleicht, günstiger Leser, wird es meinem Büchlein von den Abenteuern der sieben Schwaben auch also ergehen, wie es den sieben Schwaben selbst ergangen; und daß irgend ein Sitten- und Splitterrichter es anschnurren möchte und verdammen als ein eitles Gedicht voller nichtsnutziger, ja ehrenrühriger Fachsen ... Günstiger Leser! sag ihm dann: es gebe in der weiten Gotteswelt nicht nur fleißige Immen und geschäftige Ämsen, sondern auch Maivögelein, lustige; und man wisse nicht, ob und wozu die letztem nicht auch nutz seien. Mein Büchlein aber – sag ihm das – wolle niemanden ärgern, sondern vielmehr jedermann ergötzen; und wem es nicht gefallen wolle, der könne es ja abweisen von seiner Tür. Die Schwalbe ziehe auch lustig durch die Welt und heime sich ein, wo man sie eben dulde, und bringe kein Unglück den Leuten ins Haus. Sie irre nicht einmal die Meise, die geschäftig das Rädlein treibt am Käfig, achte aber auch nicht der Nachteule, die in dem finstern Loche sitzt mit ihren glotzenden Augen.

Welches Lied der Blitzschwab gesungen

»Guten Morgen, Spielmann,
Wo bleibst du so lang?«
Da drunten, da droben,
Da tanzen die Schwaben
Mit der kleinen Killekeia,
Mit der großen Kumkum.

Da kommen die Weiber
Mit Sichel und Scheiben
Und wollen den Schwaben
Das Tanzen vertreiben
Mit der großen Killekeia,
Mit der großen Kumkum.

Da laufen die Schwaben
Und fallen in Graben,
Da sprechen die Schwaben:
Liegt ein Spielmann begraben
Mit der kleinen Killekeia,
Mit der großen Kumkum.

Da laufen die Schwaben,
Die Weiber nachtraben.
Bis über die Grenze
Mit Sichel und Sense:
»Guten Morgen, Spielleut,
Nun schneidet das Korn!«

Wie der Blitzschwab Händel bekommt mit dem Spiegelschwaben, und wie sie wieder gut Freund geworden

Es war schon Nacht, als die sieben Schwaben ins Freie und auf die Landstraße kamen. Und der Mond ging soeben auf. Da sagte der Spiegelschwab: »Jetzt haben wir's gewonnen, Memmingen ist nicht mehr weit.« Der Blitzschwab fragte ihn: wie er das wissen könne? »Werd' ja doch den Memminger Mann (Mond) kennen?« »Potz Blitz, wie blitzdumm!« sagte der Blitzschwab. Dies kaum gesagt, hatte er schon seine Dachtel vom Spiegelschwaben, der alles leiden mochte, nur nicht, daß man ihn für dumm halten sollte. »Daß dir der Blitz ins Maul platz,« schrie der Blitzschwab, »du Lalle, du Ginkel, du Takel, du Kog und so ging's eine ganze Litanei durch. Der Spiegelschwab wurde auch immer wilder, und so kamen sie denn einander in die Haare und rauften sich ab wie zwei Metzgerhunde. Da bat der Seehaas den Allgäuer, er sollte Frieden machen. Der ließ sich nicht lange bitten, sondern packte sogleich den Blitzschwaben am Hosenbändel und hielt ihn in der Luft wie einen Frosch, und er mochte zappeln, wie er wollte. Inzwischen ließ der Spiegelschwab nicht nach, dem Blitzschwaben aufs Brät zu klopfen; und daher packte denn der Allgäuer ihn auch mit der Linken und hielt ihn am Leible, unter der Gurgel, so keif und fest, daß er bockstärr dastand und nicht mucksen konnte. »Bygost!« sagte er, »ich will euch Hores Mores lernen, ihr donnerschlächtige Strolkerle.« Und er schüttelte den einen und drosselte den andern immer ärger und ärger, bis sie endlich einander das Wort gegeben, daß sie wieder gut Freund sein wollten. Und das sind sie denn auch geblieben von der Zeit an bis in ihren Tod.

Was für eine Gefahr dem Spiegelschwaben gedroht, und wie er sich daraus errettet

Durch Memmingen gehen wir nicht, obwohl drin gute digene Würste zu haben sind,« sagte der Spiegelschwab. Und als man ihn fragte:

warum? so sagte er: darum; und er müsse sich doch wohl am besten auswissen. »Sei's,« sagte der Nestelschwab, »wir können ja um die Mauern herum, und dann zum andern Tor hinaus.« Die sieben Schwaben gingen also um die Mauer herum durch die Hopfengärten. Aber da hat sich's denn wiederum augenfällig gezeigt, daß der Mensch seinem Schicksal nicht entgehen könne. Denn ehe sich's der Spiegelschwab versehen, sprang aus einem Hopfengarten ein Weib auf ihn zu, eine rechte Runkunkel, und schrie in einem Ton, der durch Mark und Bein ging: »Bist du endlich wiederum da, du Schlingel? Wo bist du so lange Zeit herumkalfaktert, du Galgenstrick?« Der Spiegelschwab erkannte in ihr sogleich seine liebe Ehehälfte, und er rief: »Helft mir, alle Heiligen! der Teufel ist los!« und huschte in den andern Hopfengarten hinein. Das Weib ihm nach. In der Herzensangst fiel ihm eine List ein. Er hatte nichts zu tragen, weil er nichts hatte als das Bärenfell; das tat ihm nun guten Dienst. Er warf's in Eile über den Kopf, schloff in die Bratzen und kreiste nun auf allen Vieren wie ein leibhafter Bär. Wie nun das Weib näher kam, richtete er sich auf und trappelte brummend auf sie zu. Die sah nicht sobald den Bären, als sie laut aufschrie und über Hals und Kopf davon rannte. Der Bär aber holte sie ein und drückte und herzte sie, daß ihr fast die Sinne vergingen. Dann ließ er sie los und ging den Gesellen nach. Seit der Zeit, als dieser Schwank kund geworden unter den Memminger Frauen, werden die bösen Männer von ihnen Brummbären genannt.

Wie sie gegen Wissen und Willen in die Stadt Memmingen kommen und dorten Bierbeschau halten

Die sechs andern Schwaben aber waren weitergegangen und standen jetzt vor einem Tor, welches man ihnen, auf ihr Befragen, wie es heiße, Leutkircher-Tor nannte. »Da müssen wir also hinaus,« sagte der Nestelschwab, oder ein anderer, gleichviel welcher. Sie gingen also durch das Tor und kamen in die Stadt, ohne es zu wissen und zu wollen. Wie aber kein Unglück ohne Glück ist, so hat sich's hier auch begeben. Denn das erste Haus, das ihnen auffiel, war ein Wirtshaus, vor dem ein Maienbaum stand, und ober der Tür war zu lesen: Hier schenkt man Märzenbier aus. Als das unsere Schwaben sahen, dachten sie, umsonst sei das Märzenbier mitzunehmen. Der Wirt, der sie kommen sah mit dem großen Spieß, kam ihnen erschrocken entgegen und fragte: was sie schafften. Sie möchten ein wenig sein Bier kosten, sagte der Allgäuer, und er ging mit den Gesellen in die Zechstube. Der Wirt, vermeinend, sie seien abgesandt von der schwäbischen Kreisregierung, um in Schwabenland das Bier zu beschauen und zu schätzen, ob es pfennigvergeltig sei – was wohl not täte auch zu unsern Zeiten – der holte das beste, das er im Keller hatte, und es war noch nicht gut. Doch tranken die Gesellen eine Bütsche um die andere aus; und wie sie's bis auf einen halben Eimer gebracht hatten, sagte der Wirt: er sehe mit Freuden, daß es ihnen wohlschmecke. Der Blitzschwab meinte, es könnte besser sein, und es sei zu wenig Malz und Hopfen drin. »Mit Verlaub,« sagte der Wirt, der ein Schalk war; »Hopfen und Malz ist nicht zu wenig drin, aber zuviel Wasser.« Drob lachten die Gesellen; und dem Blitzschwab fiel der Spruch ein, und er sagte ihn:

Zu Langensalz

könnte ebensogut Memmingen heißen, sagte er –

Zu Langensalz
Braut man drei Bier aus einem Malz;
Das erste heißet man den Kern,
Das trinken die Bürgermeister gern;
Das andere heißt das Mittelbier,
Das setzt man gemeinen Leuten für;
Das dritte heißt Covent,
Trink dich potz schlapperment!

Drauf spielte er ein paar lustige Stücklein auf, dem Wirt zu Ehren.

Nachdem nun die Gesellen vollauf getrunken, so standen sie auf und gingen davon, als wären sie niemandem etwas schuldig. Der Wirt ließ sie gehen, in der obgedachten Meinung; und er sagte, daß es ihm eine große Ehre gewesen, und sie sollten nur das beste reden von seinem Bier. Das taten sie denn auch, und sie konnten sich nicht genug verwundern, daß man in Memmingen das Märzenbier ausschenke. Und so ward denn der Wirt gefoppt von seinen Landsleuten, ohne deren Wissen und Willen. Man sagt aber, daß ihm der freie Trunk wohl bezahlt worden sei von andern Landsleuten; wie man denn den Wirten gern viel Böses nachsagt.

Wie unsere Schwaben durch das blaue Meer schwimmmen, ohne zu ersaufen

Obwohl sonst ein wackerer Schwab, wenn es sein muß, seine fünf Mäßle Bier trinken mag auf einem Sitz, und er findet doch noch seine Wege und Stege: so haben doch unsere Schwaben zu tief in den Krug geguckt und ist ihnen nicht recht just gewesen im Kopf, wie sich aus folgendem zu ergeben scheint, was eine wahrhaftige Geschichte ist. Denn sie waren kaum außer dem Tor, so verirrten sie sich in den Hopfengärten und verloren die Landstraße, und der Spiegelschwab suchte sie vergebens einzuholen auf dem Weg nach Leutkirch. Wie sie aufs freie Feld kamen, sagte der Allgäuer: »Bygost! es ist ein Ding; haben wir keinen Weg, so machen wir uns einen; die Iller werden wir doch finden, und dann kann die Brücke auch nicht weit davon sein.« Und so ging es denn fort über das Brachfeld hopp, hopp, und der Allgäuer blies, der Blitzschwab sang: Ich laß ein klein Waldvögelein usw., der Knöpfleschwab keuchte und stolperte und fiel ein um das andere Mal, und mußte gleichwohl wieder aufstehen. Inzwischen fing es an dunkel zu werden, und sie irrten umher, obwohl der Allgäuer von fern noch den Grindten sehen mochte. Da standen sie auf einmal an einem Abhang, und unten, so däucht's ihnen, lag ein See, der Wellen schlug. Es war aber ein Feld voll Flachses, der in der Blüte war, und da der Wind heftig blies, so wallte und wogte es wohl; aber es war kein Wasser. »Potz Blitz!« rief der Blitzschwab, »was ist da zu machen? Durch müssen wir, sonst kommen wir nicht an Ort und Stelle. Allgäuer, mach den großen Christoph und trag uns hinüber!« »Bygost!« sagte der Allgäuer, »ins Wasser mag ich wohl gehen, aber weiter nicht, als bis an den Hals.« Der Nestelschwab lamentierte, er könne nur mit einer Hand rudern, indem er mit der andern die Hosen zu halten habe, und der Knöpfleschwab stand betrübt da und lugte ins Wasser hinab, um zu schauen, ob keine Walfische drin seien. Das sah der Blitzschwab, und er ging ganz stät hinterrucks auf ihn zu und sagte: »Frisch gewagt ist halb geschwommen,« und gab ihm einen Stoß, daß er, plumps! drunten lag. »Der sinkt nicht,« sagte der Gelbfüßler, »es muß doch nicht tief sein, da kann man's wagen,« und hupfte flink und frisch hinunter wie ein Laubfrosch. Dem folgte der Blitzschwab, nachdem er sich vorher in die Hände gespien und einen tüchtigen Anlauf genommen hatte. »Bygost!« sagte der Allgäuer, »der letzte will ich auch nicht sein,« und warf den Spieß voraus und hupfte nach. Der Nestelschwab aber hatte sich an dessen Hosenbändel gehängt und fiel darum unten gemächlicher auf als die übrigen; und war dies das einzige Mal, daß er gescheit getan. Da lagen sie nun alle, anfangs unbeweglich wie Holzblöcke, dann rührten und streckten sie ihre Glieder, wie halb zerstampfte Würmer, dann krochen sie allmählich heraus, wie Schnecken aus ihrem Häusle, endlich standen sie wiederum da wie andere Menschen und sagten kein Wörtle, sondern griffen bloß nach ihren Rippen, ob sie noch ganz seien. Und nachdem sie den Spieß aufgefischt hatten, zogen sie querfeldein weiter.

Wie der Allgäuer die Landstraße findet, aber bald ersoffen wäre

Es war schon finstere Nacht, und sie hatten die Landstraße immer noch nicht gefunden. Endlich rief der Allgäuer: »Bygost! nun haben wir die Straße und sind auf dem rechten Weg.« Sie standen aber an der Iller, und der Allgäuer hatte den hellen Wasserstreif für die Landstraße angesehen. Und er schritt frisch vorwärts, und die andern blindlings nach. Plumps! lag er im Wasser. »Bygost! ich ersauf!« Mehr konnte er nicht sagen, denn er war schon über den Hals darin. Die andern sprangen alle weidlich davon; nur der Knöpfleschwab blieb und half. Denn, um nicht immer zu stolpern und zu fallen, hatte er sich mit einem Bändel an den Wiesbaum angeschirrt und konnte darum nicht loskommen, und blieb, so dick und breit er war, auf demselben Flecken. So mochte denn der Allgäuer sich wieder gemächlich herausarbeiten. Ohne den Knöpfleschwab wäre er sicherlich hin gewesen samt dem Spieß. Und war dies das einzige Heldenstück, das der Knöpfleschwab getan auf der ganzen Fahrt; was aber drum um so weniger verschwiegen werden durfte, um den Schwaben aus jeglichem Gau Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. – Auf das mörderische Geschrei, das die Gesellen erhoben, kam auch der Spiegelschwab herbei, der an der Brücke auf sie gewartet hatte; und da er alle Wege und Stege in der Gegend wußte, so führte er sie auf die rechte Straße; und im nächsten Wirtshause kehrten sie ein und hielten ihr Nachtquartier.

Einige Stückle vom Nestelschwaben, woraus hervorzugehen scheint, daß er kein Schwab gewesen

Es geht die Sage, daß einmal ein Schwab gebeichtet habe; und nachdem er einige Sünden bekannt, habe er plötzlich inne gehalten. Auf die Frage des Beichtvaters, ob ihm noch etwas auf dem Herzen liege, habe der Schwab gesagt: Ja, eins drücke ihn noch, aber er schäme sich, es zu sagen. Der Beichtvater: Er solle nur frei von der Brust weg reden. Hierauf der Schwab: »Ich bekenne, daß ich – – ein Schwab bin.« Darob hatte ihn der Beichtvater getröstet und gesagt: »Nun, eine Sünde ist's eben nicht, aber schön ist es freilich auch nicht.« – Ist's nicht ein anderer Schwab gewesen, der also gebeichtet, so ist's sicherlich der Nestelschwab gewesen. Denn der war wirklich sünddumm wie ein Schaf; aber auch – zu seinen Ehren sei's gesagt – ebenso geduldig und von gutmütiger Art. Darum hatten auch die andern ihre Fuhr mit ihm, und er mochte es auch wohl leiden. – Einstmals sollte er mit dem Gelbfüßler wettlaufen. Das konnte er nicht. Da sagte er: »Ich glaub' es wohl, daß ich dir nicht nachkomme; du hast Stiefele an, mit denen langt man weiter, als mit den Schuhen.« – Ein andermal fragte ihn der Spiegelschwab: Wenn er den Hut gäbisch aufsetze, was dann das Vorderteil und was das Hinterteil wäre? Das konnte er nicht herausbringen, obwohl er den Hut hin und her rückte auf dem Kopf und ihn von vorn und hinten besah. – Wieder ein andermal fragten sie ihn, wie sein Name sei. Er antwortete: »Meine Mutter hat gesagt, ich heiße wie mein Vater.« Wie aber denn sein Vater geheißen? Antwort: »Wie ich, hat meine Mutter gesagt.« Man fragte weiter: Wie sie miteinander geheißen? Da bedachte er sich, und sagte endlich: »Einer wie der andere.« – Die Zigeunerin mochte ihn wohl gekannt haben, als sie sagte: »Den Esel kennt man an den Ohren«; und sie hat gewußt, daß Ratzen auf seinen Hirnkasten gekommen. Aber was es für ein Landsmann gewesen, das hat sie doch nicht erraten, sonst hätte sie's gewiß gesagt, und wir wüßten nun auch, was wir nicht wissen.

Wie die sieben Schwaben aufgefangen und eingesetzt werden

Des andern Morgens zogen die sieben Schwaben in guter Laune weiter und unterhielten sich mit den Abenteuern von nächten und lachten sich einander wacker aus. Als sie vor Kronburg vorbeikamen, guckte eben der Junker von und auf Kronburg aus dem Fenster und sah die Gespanen vorbeiziehen. Da rief er seinen Schergen und sagte: »Lug einmal, was das für Leute sind; es mögen wohl Landfahrer sein oder sonst so eine Bagasche.« Der Scherg nahm sieben Bullenbeißer mit und stieg den Berg hinab, den Schwaben entgegen. Sie sollten ihm folgen ohne Umschweif, sagte er, und die Hunde bleckten die Zähne. Man muß wohl der Obrigkeit Gehorsam leisten, dachten die sieben Schwaben und folgten ihm ohne Umschweif. Der Knöpfleschwab allein war saumselig, und er mußte ein paarmal zur Pflicht gehetzt werden. Wie sie vor dem Junker erschienen, fragte der sie: woher? und wohin? und wie? und warum? Und der Seehaas erzählte getreulich: Wie daß in der Gegend am Bodensee ein schreckliches Tier hause, und da hätten sie sich denn als brave Landsleute und biedere Männer zusammengetan aus allen schwäbischen Gauen, um das Land vom Ungeheuer zu befreien. Das glaubte aber der Junker nicht, sondern blieb bei seiner Meinung, sie seien Strolche und Diebsgesindel, und ließ sie in die Keiche stecken.

So geht es in Schnitzlebutz Häusle,
Da singen und tanzen die Mäusle
Und bellen die Schnecken im Häusle –

hat der Blitzschwab in der Keiche gesungen, aber ganz still, wie ein Mäusle.

Wie die sieben Schwaben sich aus der Gefangenschaft befreien

Es sagt aber die Geschichte, daß der Junker von Kronburg tags zuvor, als ihn eben das Zipperlein plagte, den patriotischen Entschluß gefaßt, zur Aufrechthaltung der Ordnung und Sicherheit im schwäbischen Kreis und zur Beförderung der Aufklärung und Sittlichkeit unter dem gemeinen Volk ein Zuchthaus zu stiften und in seinem Schloß anzulegen; woher es denn kam, daß er, den Kopf noch voll von diesem Plan, die sieben ehrlichen Schwaben als Spitzbuben ansah und einstecken ließ. Denn sonst war er ein gar niederträchtiger, frommer und milder Herr, der sogar seinen eigenen Bauern nicht mehr Wolle abschor, als er eben nötig hatte, um sich selbst warm zu kleiden. Und so befahl er denn, daß man den Gefangenen Nahrung reichen sollte, so weit sie des bedürften. Der Spiegelschwab, der ihn wohl kannte und wußte, daß Schmalhans in dessen Küche und Keller hauste, legte seinen Plan drauf an, welchen er den Gespanen mitteilte. Wie also der Scherg mittags eine große Pfanne voll Milchspätzle brachte, sagte der Blitzschwab zum Knöpfleschwaben: »Die gehört wohl für dich.« Der Scherge meinte, das sei für alle genug. Der Knöpfleschwab aber sagte: Er wolle lugen, ob's für ihn lange. Und er aß die Pfanne allein aus, so daß er kein gottiges Spätzle leibte, und die Schubet noch zusammen schärrte, als hätt's ein Hund ausgeschleckt. Das hinterbrachte der Scherg seinem Herrn und sagte: Man müßte nur gleich eine Brente voll Spätzle auf einmal kochen, und er wette, es sei noch nicht genug. Da ging der Junker von und auf Kronburg in sich und meinte, er sei dem schwäbischen Kreis und der Menschheit kein so großes Opfer schuldig, daß er sich aushungern lassen sollte in seinem Schloß um einiger weniger Strolche willen. Und er befahl, die Sieben sollten sogleich in Freiheit gesetzt werden. Der Amtsherr aber gab ihnen wohlweislich noch einen Steckbrief mit, um andere Leute vor ihnen pflichtschuldigst zu warnen.

Wie die sieben Schwaben einer Herde Vieh begegnen, und wie der Allgäuer ein Stiergefecht hält

Bei Leutkirch (ist ein Nest, halb städtisch, halb bäurisch) mußten die sieben Schwaben mitten durch eine Herde Ochsen und Küh' und Kälber und Roß und Huischele und Schaf' und Böck', war alles durcheinander, schier wie die schwäbischen Herrschaften. Da, beim Vieh, war der Allgäuer so recht zu Haus, und er zog die Gespanen, sie mochten nun wollen oder nicht, mitten durch, und hüst und hott, und hinter sich und für sich. Dies mochte den Gemeind-Hag verdrießen, und er ging brummend und schwänzelnd auf die sieben Schwaben los. Die nahmen sogleich reißaus und liefen, was sie laufen konnten, nach dem nahen Zaun, wo sie sich hinaufschwenkten und sich festhielten an den Stauden, so daß es aussah, als nisteten Wiedhöpfe drauf. Nur der Allgäuer räumte das Feld nicht; und wie er denn als ein ganzer Kerl beim Zeug war, wenn er's mit Ochsen zu tun hatte, so ließ er den Mollen ganz geruhig auf sich zukommen, und mir nichts dir nichts hatte er ihn bald beim Kragen, bald beim Schwanz, und zog und wurde gezogen, je nachdem er oder der Stier Herr und Meister war. Dies Spektakel dauerte eine ziemliche Weile, und die Wiedhöpfe auf dem Zaun lugten der Unfuhr zu und hatten ihre Gaudi an dem Mut und der Geschicklichkeit des Allgäuers. Das Gefecht kam aber näher gegen den Zaun hin, und der Ochs ersah sich seines Vorteils, so daß der Allgäuer Zeit hatte, sich zu ducken und durch den Zaun zu schliefen, sonst wäre er gespießt worden. Der Stier aber, voller Zorn, rannte hier und dort gegen den Zaun an, und hier und dort, wo er anrannte, fiel ein Schwab um den andern herunter. Die schrien eines Schreiens um Schutz und Hilfe; und der Allgäuer, der sich ihrer erbarmen wollte, hupfte über einen Stiegel und ging wieder auf den Brummer los, und schimpfelte mit ihm so lang, bis die Gespanen sich hinter den Zaun gerettet hatten und nun aussahen wie Hasen, die über ihren Jungen hocken. Dann nahm auch der Allgäuer wieder reißaus; und der Hag und er sahen sich noch lang über den Zaun an, bis jener endlich den Gescheitern machte und davonging. Dann holte der Allgäuer den Spieß, und die sieben Schwaben zogen wieder fürbaß. Der Seehaas aber dachte in seinem Herzen: Wenn's der allein mit einem Ochsen aufnimmt, so kann's uns gar nicht fehlen, da wir unserer sieben sind.

Noch ein paar Stückle vom Nestelschwaben Da den sieben Schwaben eben jetzt nichts begegnet, indem sie Mittagszeit halten, so habe ich Zeit, noch ein paar Stückle vom Nestelschwaben zu erzählen. Eines Tags kamen sie vor einem Weiher vorbei, drin abgestandene Fische lagen. Da sagte er: Es sei doch schade, daß man die schönen Fische habe versaufen lassen. – Wie sie einmal durch ein Dorf gingen, schlug es gerade drei. Da zählte er die Schläge, sagend: Eins, eins, eins. Als die Uhr ausgeschlagen, fragten sie ihn: Wieviel es sei? worauf er antwortete: Er wisse es nicht, denn er habe es nicht zusammengerechnet. – Einstmals fragte ihn der Blitzschwab, ob er auch schwören könne? und er solle mal einen recht höllischen Fluch tun. Da nahm er die Kappe ab und sagte: »Mit Verlaub, daß dich das Mäusle beiß!« Und war dies sein größter Fluch, den er wußte. Der Blitzschwab hätte ihm schon kräftigere Stoßseufzer dieser Art lehren können, denn der konnte fluchen, was der Brief vermag; und es wären Beispiele genug anzuführen, wenn nicht zu befürchten wäre, ein christliches Ohr zu ärgern. – Noch ein Stückle: Eines Tages gingen sie vor einem großen herrschaftlichen Weiher vorbei, und ein Schiff war vom Winde losgerissen, und zwei kleinere neben dem größern schaukelten hin und her auf dem Wasser. Da schüttelte er den Kopf und sagte: »Kurios, daß doch alles, was klein ist, gern schimpfelt und spielt«; vermeinte, daß die kleinen Schiffe neugeboren, und das große ihre Mutter wäre. – Diese und andere Stückle erzählt man von ihm; ich kann aber nicht gutstehen, daß sie wahr seien; denn es ist böser Leute Gewohnheit, daß sie einem, der einmal ein Kläpperle hat, zehn und hundert anhängen.

Von einem fahrenden Schüler, und was er von Schwabenstreichen erfahren

In der Herberg, wo die sieben Schwaben diesmal übernachteten, trafen sie einen fahrenden Schüler an, und als sie ihn fragten, was er für ein Landsmann sei und was er auf Reisen tue, antwortete er: Er heiße Adolphus und sei ein geborner Schwab; er habe aber viele Jahre im Norden studiert und ziehe nun im Süden umher, um Geschichten von den bekannten Schwabenstreichen zu sammeln, welche er dann im Druck ausgehen lassen wolle. Der Seehaas sagte: Er solle nur mit ihnen gehen, da könne er mehr als genug erfahren. Der Spiegelschwab aber raunte dem Allgäuer ins Ohr, er solle ihm nur gleich die Streiche fühlen lassen; der aber meinte, man müsse die Gelegenheit nicht vom Zaun brechen, sie werde sich schon finden. Und sie fand sich bald. Nachdem sie nämlich zu Nacht gegessen, legten sie sich auf die Streu, und der Allgäuer kam neben dem Studenten Adolphus zu liegen. Der sagte zu ihm, ehe sie einschliefen: Er solle nicht erschrecken, wenn er des Nachts umherschlage mit der Faust; es sei bloß eine Disputation und habe nichts zu bedeuten. Der Allgäuer sagte: Disputieren sei ja nichts Unrechtes; er tue es auch oft im Traum mit seinen Ochsen, wenn sie nicht vorwärts wollten. In der Nacht kam wirklich dem Studenten Adolphus das Disputieren in den Kopf und in die Faust, und er gebärdete sich so hitzig, daß er dem Allgäuer auf die Nase schlug, der darob erwachte. Bygost! dachte er, der hat schwere Träume, die muß ich ihm wohl vertreiben, wenn ich Ruhe haben soll. Und er nahm eine Geißel, die an der Wand hing, und schnalzte lustig auf den Studenten Adolphus los, schreiend: »Hott, Bräunle! Wist, Bläsle! jhi, hott, wist!« und hieb dabei in die Kreuz und Quer. Der Student Adolphus schrie Zeter Mordjo. Aber der Allgäuer tat, als ob er fortträume, und trieb die Ochsen noch mehr an, indem er den Geißelstecken umkehrte und dreinschlug, was er konnte. In der Höllenangst wußte der Student Adolphus nicht, woan und woaus; da riß er ein Fenster auf, und der Allgäuer half ihm nach und gab ihm noch eine Schlappe auf den Weg mit. – Und so hatte denn der Student Adolphus von den Schwabenstreichen genug erfahren am eignen Leib; weiß aber nicht, ob er sie auch eingetragen habe in sein Buch.

Du Stupfer, du Hauser,
Du Rupfer, du Zauser,
Du Lecker, du Lauser,
Du Schlecker, du Mauser,
So soll es dir gehn,
Recht ist dir geschehn,
So soll es dir gehn.

Wie der Spiegelschwab einen Tiroler foppt und von ihm wiedergefoppt wird

In der Herberg, wo sie übernachtet, war auch ein Tiroler zugegen, der mit Theriak und Schneeberger handelte. Nun sind, wie bekanntlich, die Tiroler nicht so dumm, als wofür sie sich ausgeben wollen, sondern sie haben's faustdick hinter den Ohren. Und darum, wenn andere Schimpf und Glimpf mit ihnen spielen und Trumpf sagen, so sagen sie Stich. Und so geschah es denn auch, als der Spiegelschwab ihn aufziehen wollte und ihn fragte: Welche Sprache die feinere sei, die schwäbische oder die tiroler? da antwortete jener: Die tiroler sei von Loden und die schwäbische von grobem Tuch. – Weiter fragte ihn der Spiegelschwab: Wenn ein Schwab und ein Tiroler beisammen seien, wer von ihnen wohl der dümmste sein möge? Einer um den andern, sagte der Tiroler. – Darauf fragte der Spiegelschwab: Wann denn die Tiroler anfangen täten, gescheit zu werden? Der Tiroler sagte: Die Schwaben, sagt man, werden halter im vierzigsten Jahr gescheit, und die Tiroler im fünfzigsten; aber, sagt man, die Tiroler holen die Schwaben bald wieder ein. – Und so foppten sie denn einander und blieben demungeachtet beide gut Freund. Woraus hervorgeht, daß die Schwaben wohl Spaß leiden mögen, wenn's mit guter Meinung geschieht. – Vor dem Abschied sagte noch der Spiegelschwab zum Tiroler: »Laß dir meinethalb noch ein Käntle Branntwein einschenken!« Das tat der Tiroler, und er trank ihm Gesundheit zu und sagte: »Dank für die Bezahlung!« Und so mußte denn wohl der Spiegelschwab Ehren halber bezahlen und war wiederum der Gefoppte.

Wie die sieben Schwaben einem Juden begegnen, der sich mit ihnen in einen Handel einläßt

Zwischen Weingarten und Ravensburg begegneten die sieben Schwaben einem Juden. Wie der Spiegelschwab dessen ansichtig wurde, sagte er: »Den wollen wir schröpfen.« Sie gingen daher auf ihn zu und hielten ihm den Spieß vor; und der Blitzschwab schrie: »Zahle oder zable!« Jener sagte: »Bin ein armer Jud; hab nix bei mir, als wenig Lumpengeld; das ist nit für ehrliche Leut.« »Bygost! das sind wir,« sagte der Allgäuer; »aber beiten mußt du uns; und mach nur nicht viel Umständ.« »Na,« sagte der Jud, »ich beite nicht heute, muß sonst borgen auf morgen, und der Morgen schiebt's auf übermorgen.« Hat den Spruch, denk ich, sicher von der alten Hex', der Zigeunerin, gelernt.

»Potz Blitz,« sagte der Blitzschwab, »hältst du uns für Lumpen, die nicht bezahlen wollen?« Drauf der Jud: »Ehrlich wollen wir alleweil sein; wir können's aber nicht alleweil sein.« Und so hielt er denn allen ihren Reden Stich; und wenn sie ihm gleich drohten, er müsse sonst morixeln, so sahen sie ihm nicht danach aus, daß sie mit dem Spieß Ernst machen wollten. Und er blechte nicht aus. Da nahm ihn der Spiegelschwab auf die Seite und sagte zu ihm: »Mauschele, weißt was? wenn du doch nicht anders willst, so laß uns einen Handel machen; ich will dir die Bärenhaut da geben.« Der Jud riß die Augen angelweit auf und spitzte das Mäule, und redete gar freundlich und sagte: »Na, was mag sie wohl wert sein? Sechs Batzen geb' ich drum.« Und sie wurden des Handels eins um einen Taler. Der Jud gab das Geld hin, aber der Spiegelschwab die Haut nicht; denn, sagte er, er habe wohl vorher gesagt, daß er ihm die Bärenhaut geben wolle; jetzt aber sei er eines andern Sinnes geworden. Der Jud mußte sich's wohl gefallen lassen, denn es waren ihrer sieben gegen einen. Auch hatte er keine sonderliche Ursache, sich um den Taler zu balgen, wie sich's bald darauf gezeigt hat.

Wie die sieben Schwaben sich die Ravensburger Würste schmecken lassen, und wie sie ihnen bekommen

Als die sieben Schwaben in Ravensburg angekommen, kehrten sie sogleich im nächsten besten Wirtshaus ein und verlangten sieben Ellen Ravensburger Würste. Und nachdem der Wirt sie gebracht, sagte der Knöpfleschwab: Um keine Händel zu bekommen während dem Essen, wäre es am besten, ein jeder nähme das Maß nach seinem eigenen Leib und die Länge der Wurst danach. Der Allgäuer gab ihm recht; und wenn der einem recht gab, so galt's. Also verteilten sie die Würste, und dem Nestelschwaben, an den zuletzt das Messen kam, blieb nur ein kleines Zipfele übrig; das steckte er ein, denkend: Wenn die andern nichts haben werden, so werde doch ich etwas haben. Der Spiegelschwab – denn so hatten sie's ausgemacht – gab den Taler hin, um den er den Juden betrogen, und verlangte gute gangbare Münz heraus. Als aber der Wirt den Taler genauer ansah, merkte er, daß er falsch sei; und er schickte insgeheim nach den Stadtknechten, welche kamen und die sieben Schwaben auf das Rathaus führten. Da wurden sie angeklagt als Falschmünzer und Gaudiebe, und es war drum und dran, daß sie gehenkt werden sollten. Und da hätte kein Bygost! des Allgäuers geholfen und kein Potz Blitz! des Blitzschwaben und kein Lamentieren der übrigen – wenn nicht der Jud für sie eingestanden wäre. Das ist aber so zugegangen. Der Jud hatte ihnen den Rang abgelaufen und war mit ihnen zu gleicher Zeit in die Stadt gekommen, und er klagte sie bei der Obrigkeit an als Straßenräuber. Den bemerkte nun in einem Eck der Spiegelschwab, und er sagte: »Der ist der Falschmünzer.« Der Jud mochte leugnen, wie er wollte, er wurde beim Schopf genommen und in Eisen geschlagen; denn zur damaligen Zeit hatten sieben Christenmenschen noch mehr Kredit, als ein Jud, wogegen es in unsern Zeiten der umgekehrte Fall zu sein scheint. Da aber einmal die Gerechtigkeit im Gang war und überdies noch der Steckbrief bei ihnen gefunden wurde, so ward im Rat beschlossen, daß jeder von ihnen dreißig Prügel minder einen bekommen solle, und das von Rechts wegen. Darauf wurden sie frank und frei gelassen. Und die Zech für dieses Traktament sind die sieben Schwaben und ihre Landsleute den Ravensburgern noch schuldig. Was aber den Juden anbelangt, so weiß ich nicht, was die Zigeunerin ihm prophezeit hat; ich denk' aber, er lebe noch, wenn er nicht gehenkt worden.

Wie die sieben Schwaben vor einem Galgen vorbeigehen und einen Gehenkten befreien

Außer Ravensburg kamen die sieben Schwaben vor einem Galgen vorbei. Du mußt aber wissen, wenn du es nicht schon weißt, günstiger Leser, daß es nirgends mehr Galgen gibt im ganzen Deutschen Reich, als im Schwabenland; woraus du jedoch nicht den Schluß machen darfst, daß dort die Spitzbuben zu Haus seien, sondern sie laufen eben aus allen übrigen Gegenden Deutschlands zusammen, wo sie wissen, daß sie niemand fängt und hängt. Der Ravensburger Galgen stand aber nur selten leer und war zu derselbigen Zeit der berühmteste nach dem Buchloer, an dem meistens ein halb Dutzend zugleich hingen. Und so pampelte denn auch einer an jenem Galgen, und er schien noch ein Frischling und nicht über einen Monat alt zu sein. Da fiel dem Spiegelschwaben ein, daß ein Diebsfinger geheime Kräfte habe, und man könne zu Geld kommen, ohne daß man es, was man so nennt, stehle. Er wollte daher dem Patron einen Finger abschneiden, vermeinend, daß er ihm doch nimmer weh tue; er krächselte den Galgen hinauf und setzte sich grattlings auf die Schultern des armen Sünders. Da brach der Strick, und er fiel mit samt dem Toten herunter, der, weil er ganz starr war, aufrecht an das Lander sich hinlehnte, als wollte er drüber steigen, und der Spiegelschwab saß noch auf ihm. Das sahen die andern Gesellen; und im ersten Schrecken vermeinten sie, der Schacher sei lebendig geworden und wolle ihnen nachlaufen. Und sie rannten davon wie Spitzbuben, ohne umzuschauen, und rannten immer mehr, da sie hörten, daß wirklich einer hinter ihnen her trotte – es war aber der Spiegelschwab, der auch nicht säumte – und sie wären vielleicht fortgerannt bis ans Ende der Welt, wenn ihnen nicht endlich der Schnaufer ausgegangen wäre. Da sahen sie nun wohl, daß niemand hinter ihnen her sei; aber nehmen ließen sie sich's nicht, es sei dem wirklich so gewesen, und der Spiegelschwab war derselben Meinung. »Der hat sicher den Gescheitern gemacht und ist nach Haus gelaufen; und die Ravensburger mögen sehen, wie sie ihn wieder bekommen« – so sagte einer; ich sag's aber nicht, wer es gesagt hat.

Wie der Blitzschwab das Heimweh bekommt, und wie ihn der Spiegelschwab davon kuriert

Sei's, daß die letzten Abenteuer, besonders die Stockprügel in Ravensburg, unseren Helden in die Glieder gefahren, oder haben sie's zu Gemüt genommen, daß Zeit und Ort, wo sie das halsbrechende Abenteuer bestehen sollten, immer näher kämen, oder was es sonst gewesen sein mag: kurz, sie wurden von Stund zu Stund däsiger und ließen den Kopf hangen wie Schafe, die man zum Metzgen führt. Besonders aber gebahrte sich der Blitzschwab ganz traurig und ächzte und wehleidete, als hätte er das Bauchgrimmen. Es war aber eine Herzenssache, und er hätte wohl singen dürfen, wenn er gemocht hätte:

Ich weiß nit, wie mir ist.
Ich bin nit krank und bin nit g'sund.
Ich bin blessiert
und hab kein Wund.

Denn er dachte an das Kätherle aus der Grafschaft Schwabeck, und daß er ihr nicht auf die Kirbe kommen könnte. Ob diesen Gedanken wurde ihm das Herz ganz sehr, und er kriegte das Heimweh. Und wie die andern den Imbiß zu sich nahmen, aß er nichts; und als sie aufstanden und weiter gehen wollten, blieb er hocken und legte den Kopf in die Hände und heinte. Als dies der Spiegelschwab sah, der sein Freund war, fragte er ihn: was ihm fehle. »Laß mich ung'heit!« sagte jener und fing an laut zu flarren. Sein Freund aber setzte sich zu ihm und tröstete ihn und ließ nicht ab vom Fragen. Jener konnte aber vor lauter Schluchzen nichts vorbringen als: »'s Kätherle!« Nun wußte der Spiegelschwab, wie er dran war, und er redete ihm freundlich zu und sagte: »Sei kein Weiberknecht!« – Indem ging soeben der Augsburger Bot vorbei, der die Postzeitung durch das Reich trug. Wie den der Blitzschwab sah, sagte er: »Mit dem geh ich, und ich laß mich nicht halten, und ich will und muß fort.« Da rief der Spiegelschwab den Boten an: »Landsmann!« Der Bot: »He!« Der Spiegelschwab: »Kennst du das Kätherle aus der Grafschaft Schwabeck?« Der Bot: »Mein' wohl; sie ist ja das schönste Mädle im ganzen Reich.« Der Spiegelschwab: »Nu so sag ihr, ich laß sie grüßen, und wenn sie einen Rotzer zum Mann haben will, so soll sie den da nehmen.« »Potz Blitz!« rief der Blitzschwab und sprang auf; »Bot, Halts Maul und lüg nicht, oder daß dich die Ritt schütt! du – du –.« Und er hatte den Boten schon an der Gurgel gepackt, der sich seiner genug zu wehren hatte. »Um aller Heiligen willen,« sagte der Bot, »ich will ja gern das Maul halten, sagt mir nur, was ich ihr sagen soll.« »Erstlich,« sagte der Blitzschwab, »sag ihr, daß ich ein braver, rechtschaffener Kerl bin; und zweitens,« sagte er, »sag ihr, daß ich ihr gewiß auf die Kirbe kommen werde; und drittens,« sagte er, »sag ihr, daß ich sie grüßen lasse.« Und drauf druckte er dem Boten einen Albus in die Hand, und der Bot versprach gute Ausrichtung.

Ich weiß nit, wie mir ist,
Ich hab erst heut den Doktor gefragt,
Der hat mir's unters Gesicht gesagt:
Ich weiß wohl, was dir ist,
Ein Narr bist du gewiß.
Nun weiß ich, wie mir ist.

Hiermit endet das Liedlein.

Wie der Nestelschwab seine Mutter findet, aber seinen Vater nicht

Vor Markdorf am Weg beim Brunnen saß ein altes Mütterle, die hatte Brillen auf und lugte so vor sich hin, als suchte sie etwas. Und wie die sieben Schwaben vorbeigingen, glaubten sie, es sei die Zigeunerin, und gingen auf sie zu. Die sah auf, und als sie einen nach dem andern angelugt, rief sie plötzlich: »Rudeli, liebs Sühnli!« Der Nestelschwab merkte, daß dies seine Mutter sei und sagte: »Mämmeli, do bini jo!« Jene sagte: »Chetzer! wo bisch denn so lange Zit g'sin?« »In der Welt« sagte der; und er griff in den Sack und gab ihr das Zipfele Wurst hin, das er seinem Maul abgespart hatte in Ravensburg, und sagte: »Gott g'segnis!« Die Mutter sagte: »Luser, wie sieht's auf dinem Grind us? laß lugen.« Und Rudeli legte sich demütig nieder und tat seinen Kopf in ihren Schoß, und die Mutter strehlte ihm sein Haar und suchte, was sie suchen konnte. – Als die Mutter mit Rudelis Grind fertig gewesen, sagte sie: Jetzt solle er bei ihr bleiben. Der aber fragte den Seehaasen insgeheim; und als dieser ihm zugeredet, sagte er zur Mutter: Er müsse vorerst noch Taten tun, und die Mutter solle nur hier auf ihn warten, dann wolle er mit ihr zurück ins Schwyzerland. Die Mutter bat: »Rudeli, liebs Rudeli!« Rudeli aber blieb dabei, er müsse Taten tun. Und er ging zu den Gesellen und mit ihnen weiter. Unterwegs fragte ihn der Seehaas: ob er denn also ein Schweizer sei? Er antwortete: seine Mutter sei aus der Schweiz und habe als Marketenderin gedient unter den Rotmäntlern. – Und so wissen wir denn bis heutigstags noch nicht, was der Nestelschwab für ein Landsmann gewesen, und ob er schon aus der Schweiz keinen Verstand mitgebracht oder ihn erst in Schwaben verloren habe.

Wie die sieben Schwaben des Sees ansichtig werden, und was sie dazu sagen

Als die sieben Schwaben des Sees ansichtig wurden, sagte der Seehaas: »Das ist der Bodensee.« Sie blieben stehen und rissen Aug und Maul auf und lugten eines Lugens. »Bygost!« sagte der Allgäuer, »das ist eine Lache, so groß, man könnte den Grindten drin versäufen.« Und der Spiegelschwab fragte den Seehaasen: ob das Wildenten seien, so man dort in der Ferne sehe? Es waren aber Schiffe. Und der Gelbfüßler: Ob jenseits drüben auch Leute wohnen wie diesseits? Und einer um den andern fragte dies und jenes, und der Seehaas erzählte und sagte: Es sei dies das deutsche Meer – müßten sie wissen – und es habe einen Umfang von wenigstens hundert Meilen – er lüge nicht, sagte er. – Und der See, sagte er, habe gar keinen Grund und Boden; darum heiße er eben auch der Bodensee, wie leicht zu begreifen sei. Und bei stillem, hellem Wetter, sagte er, sehe man versunkene Städte und Schlösser drin und ganze Landschaften – er sag' es, sagte er. – Und Fische geb' es drin, sagte er, so groß wie das Kostnitzer Münster, – er lasse nichts abmarkten, sagte er. – Auch Nixen geb' es die Menge, zu Land und zu Wasser – sehen müßt ihr's, sagte er. Und wenn der See aber stürmisch sei, so werfe er Wellen – er übertreibe nicht – so hoch, wie der Sentis (ist ein Berg). Und er könnte der Wunderdinge noch viel erzählen, sagte er; aber wer's nicht selbst sehe, der glaub' es nicht. »Potz Blitz!« sagte der Blitzschwab ein um das andere Mal; die andern aber sagten kein Wörtle. – Nachdem sie sich nun schier die Augen ausgelugt, so zogen sie fürder, Überlingen vorbei, gegen den Wald zu, wo das Ungeheuer hauste. Um sich aber auf dem Weg dahin die lange Weile zu vertreiben und die bösen Gedanken, sang der Blitzschwab das schwäbische Wallfahrtslied, und die andern stimmten mit ein, wie folgt:

Jetzt stellen die Bauren ein'n Kreuzgang an,
Zu dem muß kommen jedermann.

Es läuten schon die Glocken ein,
Der Pfarrer will nicht der letzte sein.

Der legt ein zottlets Hemat an,
Unten und oben Zwickele dran.

Nacher tragt man ein' große Stang voraus,
Z'oberst hangt ein Fahnen heraus.

Man sagt uns viel vom ewigen Leben,
Und noch viel mehr vom Stuiren-geben.

Da geht man um den Altar h'rum,
Daß keiner z'spät zum Opfer kumm.

Beim roten Bären kehrt man ein,
Da muß es auch recht g'soffen sein.

Der Pfarrer der geht da hinten drein,
Und schenkt mit dem Weihwedel ein.

Der Kreuzgang sich dem Dorf zuwendt,
Jetzt hat die Prozession ein End.

Wie die sieben Schwaben zum letztenmal Mittag halten und dabei Todesbetrachtungen anstellen

Ehe sie aber in den Strauß gingen, wollten sie noch eine Herz- und Magenstärkung zu sich nehmen, und der Knöpfleschwab sparte weder Schmalz noch Salz,um das Henkermahl recht appetitlich zu machen. Als sie nun so um die Pfanne herum saßen und sich die gerösteten Spätzle schmecken ließen, sagte der Allgäuer, indem er einen Seufzer holte bis vom untersten Zehen herauf: »'s ist ein' Sach, wenn man bei sich so recht bedenkt, daß man zum letztenmal in seinem Leben zu Mittag ißt.« Das Wort fiel dem Blitzschwaben auf das Herz, und er tat auch einen Seufzer und sagte: »O Kätherle!« und sang gar kläglich und beweglich für sich hin:

Soll ich denn sterben,
Bin noch so jung, so jung!
Wenn es mein Mädle wüßt,
Daß ich schon sterben müßt,
Sie tät sich grämen Mit mir ins Grab.

Der Seehas redete ihnen Mut zu, sagend: »Liebe Leute, denkt: Tot hilft aus aller Not. Wer im Grab liegt, dem ist wohl gebettet« (»aber nicht, wer im Rachen liegt des vermaledeiten Tiers,« sagte der Gelbfüßler), »doch wir wissen ja noch nicht, ob unser Stündle gekommen ist.« Der Nestelschwab sagte: »Meine Mutter hat mir oft gesagt, daß mein Stündle gar nie kommen werde.« Und war noch der einzige, der sich das Sterben nicht zu Herzen hat gehen lassen. Aber der Allgäuer lugte immer noch finsterer drein und ließ den Kopf immer tiefer hangen, und holte wieder einen Seufzer und sagte: »'s ist e Sach!« und der Knöpfleschwab fing an still vor sich hin zu heinen. Dann holte der Allgäuer zum drittenmal einen Seufzer und sagte: »'s ist e Sach!« in so herzbrechender Weise, daß alle zu starren anfingen und zu röhren. Nur der Spiegelschwab wußte nicht recht, ob er lachen oder weinen sollte, weil er sah, wie sich der Knöpfleschwab anstrengte, zugleich das Herz zu leeren und das Maul zu stopfen, so daß er ein Gefriß machte, wäre gut gewesen für einen, der die Kinder erschrecken wollte, daß sie die Fraiß bekämen.

Wie die sieben Schwaben sich in Schlachtordnung stellen

Es war nun an der Zeit, daß sich die sieben Schwaben in Schlachtordnung stellten. Der Seehaas meinte, sie sollten alle sogleich in der Reihe losziehen, wie bis hierher; und der Knöpfleschwab gab ihm recht und meinte, man solle keine Neuerung machen. Aber der Allgäuer sagte: »Er wolle jetzt einmal der letzte sein, denn er sei lange genug der erste gewesen.« »Kurasche,« sagte der Blitzschwab, »habe ich genug im Leib, das könnt ihr mir glauben, aber ich hab nicht genug Leib für die Kurasche und die Bestie.« Der Nestelschwab meinte: Warum denn gerad einer der erste sein und einer der letzte? sie sollten sich nur alle in der Mitte halten, so geschehe keinem kein Weh. »Und ich meine,« sagte der Spiegelschwab, »es sei am allerbesten, daß einer für alle sterbe. Knöpfleschwab,« sagte er, »was meinst? wie ist dir? Du wärst so der rechte Bissen.« Der aber schrie und stampfte und zappelte mit allen Vieren, als wenn er schon an dem Spieß steckte. Nun nahm der Seehaas das Wort und sagte: »Liebe Freunde und Landsleute! Frisch gezuckt ist halb gefochten. Es ist nichts besser, denn ein guter Mut in bösen Sachen. Das gute Herz sieget in allem Übel. Verzagt Mann kam mit Ehren nie vom Plan.« Drauf wandte er sich an den Gelbfüßler und sagte zu ihm: »Gang, Jackele, gang du voran, du hast Sporen und Stiefele an, daß dich der Haas nicht beißen kann.« Und der Gelbfüßler ließ sich dazu bewegen; denn er dachte an das Wort der Zigeunerin, und er sagte zu sich selbst: entweder lauft das Tier davon, dann laufe ich ihm nach; oder es lauft mir nach, dann lauf ich davon, und so kriegen wir uns beide nicht unser Leben lang.

Wie die sieben Schwaben den Strauß bestehen

Da es nun aber an dem ist, daß ich dir, günstiger Leser, das größte und gefährlichste Abenteuer erzählen soll, welches die sieben Schwaben bestanden, so befinde ich mich in keiner kleinen Verlegenheit, wie ich die Sache der Wahrheit gemäß darstellen soll. Denn weil ich die Tat, leider! nicht selbst mitgetan, so mußte ich sie eben von jenen vernehmen, die, wie verlautet, dabei gewesen; absonderlich von dem Seehaasen, dem Anführer der Helden und dem Verkündiger ihres Heldentums. Der aber, wie du weißt, ist ein Erzlügner gewesen, ein Windbeutel, ein Ploderer, ein Mährensager von Haus aus. Und die übrigen, mit Respekt zu melden! verdienen wohl ebensowenig Glauben! denn jeder, wie leicht zu vermuten, wird nur zu eignem Gunsten erzählt und seinen Part am Abenteuer herausgestrichen haben. In solcher Not, was soll der Geschichtsschreiber tun? Ohne Zweifel das Beste. Und so will ich denn die Historie also nehmen und geben, wie sie mir als die natürlichste und wahrhaftigste erscheint. Andere machen es auch nicht anders im andern. – Es sei also kund und zu wissen, wie daß die sieben Schwaben in den Strauß zogen, hübsch langsam voran, gegen den Busch zu, wo, wie der Seehaas sagte, der Drach sein Nest hatte. Als sie schon ganz nahe waren, sagte der Spiegelschwab: »Mich grimmt's im Bauch, und ich muß abseiten.« Das wollte der Allgäuer nicht leiden, und er sagte: er sollte mit den andern mitmachen und nicht apart tun. Der Spiegelschwab versetzte, er wolle ja nur spionieren gehen, wo das Tier stecke. »Laß es stecken,« sagte der Allgäuer, »wo es steckt, und bleib, sag ich.« »Jetzt seid stät und haltets Maul,« rief der Seehaas; »und lugt und lost.« Und wie sie nun gegen den Busch weiter vordringen und lugen und losen, siehe, da liegt ein Has im Busch, der lugt und lost auch, und macht ein Männle und erschrickt und lauft davon. Die sieben Schwaben aber blieben stehen ganz erstaunt und erstarrt. »Hast's gesehn? hast's gesehn?« rief einer um den andern; und »es war so groß wie ein Pudelhund – wie ein Mastochs – wie ein Trampeltier«, sagte einer um den andern. »Bygost!« sagte zuletzt der Allgäuer, »wenn das kein Has gewesen, so weiß ich den Grindten von keinem Büchel zu unterscheiden.« »Nun ja, Has hin, Has her!« sagte der Seehaas; »ein Seehas ist halt größer und grimmiger, als alle Hasen im heiligen deutschen Reich.« Und das hat er gut gemacht. – Dieses Tiergeschlecht aber, mein' ich, wird seit der Zeit wohl ausgestorben sein wie der Mammut.

Wie die sieben Schwaben ein Siegeszeichen errichten und in Frieden und Freuden in Überlingen einziehen

Nachdem die sieben Schwaben das Abenteuer glücklich überstanden, wären sie bald einander selbst in die Haare gekommen. Der Seehaas nämlich tat Meldung vom Bärenfell und sagte, daß es abgeredtermaßen billig ihm gehöre, denn er sei es doch, der sie alle angeführt habe (worauf auch die Zigeunerin bildlich angespielt). Das wollten die andern nicht zugeben, und der Gelbfüßler sagte: Ob er ihn verdiene oder nicht, darüber wollte er nicht streiten: aber er sei einmal an der Spitze gestanden, und mithin –« »Und ich bin an der Spitze gegangen,« sagte der Allgäuer und: »Bygost!« sagte er, »ich will den sehen, der mir ihn nimmt.« Nachdem sie lange Zeit so fort gehadert, nahm der Seehaas das Wort und sagte: »Liebe Landsleute und Freunde, ich will euch was sagen: Die Welt wird einmal voll sein von unserer Tat, und es tut darum Not, daß ein Siegeszeichen vorhanden bleibe auf ewige Zeiten. Weil wir nun aber dem Seehasen selbst nicht die Haut abziehen konnten, sintemal wir ihn nicht erwischt, sondern fortgejagt haben über den Rhein hinum ins Franzosenland, wo er um sich beißen soll, so viel er mag, so wollen wir statt dessen die Bärenhaut – ist ein Ding,« sagte er – »samt dem Spieß ausstellen in meiner Vaterstadt Überlingen, in deren Nähe die Tat vollbracht worden. Ist's euch recht, so hebt den Finger auf und saget ja.« Die andern hoben den Finger auf und sagten ja; und der Allgäuer sagte: »Ich sage nicht nein,« und gab die Bärenhaut her, die sie dann an den Spieß steckten. Und so kamen denn die sieben Schwaben zu Frieden und Freuden und zogen sodann in Überlingen ein, unter dem Jubelruf: Viktoria in Schwabenland: Drauf begaben sie sich allsogleich in die Kirche, wo sie Gott lobten und dankten für den glücklich errungenen Sieg. Nachher aber gingen sie ins Wirtshaus zum goldenen Kreuz, um auch ihren Leib zu laben mit Seewein. Und der Blitzschwab stimmte seine Fidel und sang:

Nur närrisch sein, ist mein Manier.
Nichts b'halten ich begehre.
So trink ich lieber Wein als Bier,
Der Narren findt man mehre.

Dies Kapitel handelt von den Seeweinen, und was für einen die sieben Schwaben zu guter letzt getrunken

Man erzählt von einem Schwaben, der nach Rom gegangen, daß, als ihm ein wälscher Wirt einen guten Wein vorgestellt, er ihn gefragt habe: was das für ein Saft wäre? Der Wirt sagte: »Das sind Christi Tränen.« Drauf soll der Schwab die Augen aufgehoben haben gen Himmel, sprechend: »O Gott, warum hast du nicht auch in unserm Land geweint! –« Der hatte wohl nie einen andern Wein getrunken, als Seewein, der füglich »Petri Tränen« heißen mag. – Es gibt aber drei Gattungen von Seeweinen: die erste und beste Gattung heißt der Sauerampfer, schmeckt etwas besser, als Essig, und verzieht einem das Maul nur ein bißle und ums Merken; die zweite Gattung heißt der Dreimännerwein, ist schon räßer und saurer, als Essig, und heißt so, weil es dabei nottäte, daß den, der ihn trinkt, zwei Männer festhielten, und ein dritter ihm den Trank eingießen täte; die dritte Gattung ist der Rachenputzer, hat die gute Eigenschaft, daß er Schleim und alles abführt; tut aber dabei not, daß, wer sich mit dem Wein im Leib schlafen legt, in der Nacht sich wecken lasse, damit er sich umkehren möge, sonst möchte ihm der Rachenputzer ein Loch in den Magen fressen. – Wie nun die Gesellen in die Wirtsstube kamen und sieben Schöpple Wein verlangten, fragte der Wirt, was sie für einen wollten, und nannte ihnen die Weine bei ihren Namen. »Potz Blitz!« sagte der Blitzschwab; »ehrlichen Schwaben setzt man keinen Sauerampfer auf; und sieht er nicht, Gispel, daß wir unserer sieben sind?« Der Wirt brachte also sieben Schöpple Rachenputzer, vom extrafeinen (er war aber Schliffel genug, um sich ihn als Sauerampfer bezahlen zu lassen); und die sieben Schwaben zechten redliches Dings und gingen fleißig ab und zu, und tranken lustig fort bis in die späte Nacht hinein. Und der Blitzschwab sang noch zu guter Letzt ein Liedlein, das endet:

Mein Gesang will nicht mehr klingen,
Hapus, Hapus, gute Nacht!

Von der Kappel zum schwäbischen Heiland

Die Überlinger, als sie die Tat ihres Landsmanns vernommen und das erbeutete Siegeszeichen gesehen, beschlossen einmütiglich, eine fromme Stiftung zu machen, und sie erbauten eine Feld-Kappel am See, wo der Spieß aufgehängt werden sollte zum ewigen Andenken. Die Kappel aber wurde erbaut zur Ehre des Erlösers, und ein Bildschnitzer bekam den Auftrag, einen schönen Herrgott aus Holz zu machen, sieben Ellen hoch; das tat er, und auf das Gestell schrieb er mit vergoldeten Buchstaben: Heiland der Welt. Aber die Überlinger wollten die Inschrift nicht gut heißen, sondern, da der Herrgott den sieben Schwaben geholfen hätte aus ihren Ängsten und Nöten, so solle er auch der schwäbische Heiland genannt werden. Und so geschah es denn auch. Der Seehaas aber baute sich eine Hütte neben dem Kirchlein und wurde ein Klausner; und es kamen viele Pilgrime nach Überlingen, denen der Klausner die Geschichte der sieben Schwaben erzählte mit allen Umständen, weshalb noch jetzt die Welt davon voll ist. Und der schwäbische Heiland war zu derselbigen Zeit so berühmt, als der große Herrgott in Schaffhausen. Im Schwedenkrieg aber wurde die Kapelle zerstört, und die Schweden haben das Siegeszeichen mit sich fortgenommen.

Das letzte Kapitel, womit aber die Geschichte von den sieben Schwaben noch nicht aus ist

Was den andern Gespanen geworden, und welche Abenteuer insbesondere der Spiegelschwab noch weiter gehabt, davon handelt ein eigenes Büchlein. Hier sei nur vom Blitzschwaben in Kürze gemeldet, wie daß der Spruch der Zigeunerin an ihm nicht wahr geworden sei, sondern es ist gerade das Gegenteil geschehen, denn er hatte ihren bösen Zauber zerstört. Und er ist, versprochenermaßen, dem Kätherle aus der Grafschaft Schwabeck auf die Kirbe gekommen und sie sind Mann und Weib geworden, und haben viele Kinder erzeugt und ein langes, langes Leben geführt in Fried und Einigkeit. Und der dies schreibt, stammt von ihnen her und sie sind seine Guk-Guk-Ähnle gewesen.


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