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In alten Zeiten lebte in Quam ein Schütze, der hieß Per Gynt. Er lag beständig droben im Gebirge und schoß dort Bären und Elche, denn damals gab es noch mehr Wälder auf den Bergen, und in ihnen hielten sich derartige Untiere auf. In einem Jahre nun, spät im Herbst, nachdem das Vieh schon längst von den Bergweiden herabgetrieben war, wollte Per Gynt wieder einmal hinauf ins Gebirge. Mit Ausnahme von drei Sennerinnen hatten schon alle Hirtenleute das Gebirge verlassen. Als Per Gynt die Hövringalm erreichte, wo er in einer Sennhütte übernachten wollte, war es schon so dunkel, daß er die Hand nicht vor den Augen sehen konnte. Da fingen die Hunde plötzlich so fürchterlich zu bellen an, daß es Per Gynt ganz unheimlich zumute wurde. Plötzlich stieß sein Fuß am etwas an, und als er es befühlte, war es kalt und groß und schlüpfrig, da er aber nicht vom Wege abgekommen zu sein glaubte, konnte er sich gar nicht erklären, was das sein könnte; aber es kam ihm gar nicht geheuer vor.
»Wer ist denn das?« fragte Per Gynt, denn er fühlte, daß es sich bewegte.
»Ei, ich bin der Böig, der Krumme,« lautete die Antwort.
Damit war aber Per Gynt so klug wie vorher. Er ging nun daran entlang, »denn schließlich muß ich doch daran vorbeikommen,« dachte er.
Im Weitergehen stieß er plötzlich wieder an etwas, und als er es anfühlte, war es wieder kalt und groß und schlüpfrig.
»Wer ist das?« fragte Per Gynt.
»Ich bin der Krumme,« lautete aufs neue die Antwort.
»Ei, ob du gerade oder krumm bist, du sollst mich doch weiterlassen,« sagte Per Gynt, denn er merkte, daß er im Kreise herumging und der Krumme sich um die Sennhütte herumgeschlängelt hatte. Bei diesen Worten schob sich der Krumme ein wenig auf die Seite, so daß Per Gynt an die Sennhütte hingelangen konnte. Als er hineinkam, war es da drinnen nicht heller als draußen; er stolperte und tastete an den Wänden umher, denn er wollte seine Flinte abstellen und seine Jagdtasche ablegen. Aber während er so suchend umhertappte, fühlte er wieder das Kalte, Große und Schlüpfrige.
»Wer ist denn das nun?« rief Per Gynt.
»Ach, ich bin der große Krumme,« lautete die Antwort. Und wohin er auch faßte, und wohin er den Fuß setzte, überall fühlte Per Gynt den Ring, den der Krumme um ihn gezogen hatte.
»Hier ist nicht gut sein,« dachte Per Gynt, »weil dieser Krumme ebensogut hier drinnen als draußen ist; aber ich werde diesem Ruhestörer bald ein Ende machen.« Er nahm seine Flinte, ging wieder hinaus und tastete an dem Krummen entlang, bis er den Kopf fand.
»Wer bist du denn eigentlich?« fragte er.
»Ach, ich bin der große Krumme von Etnedal,« sagte der große Troll. Da machte Per Gynt kurzen Prozeß und schoß ihm drei Kugeln mitten durch den Kopf.
»Schieß noch einmal!« rief der Krumme. Aber Per Gynt wußte es besser, denn wenn er noch einmal geschossen hätte, wäre die Kugel auf ihn selbst zurückgeprallt. Als dies getan war, faßten Per Gynt und die Hunde fest zu und zogen den großen Troll aus der Sennhütte hinaus, damit sie es sich in der Hütte bequem machen könnten. Währenddessen lachte und höhnte es von allen Bergen ringsum.
»Per Gynt zog viel, aber die Hunde zogen mehr!« ertönte es.
Am Morgen wollte Per Gynt hinaus auf die Jagd. Als er tief in die Berge hineinkam, sah er ein Mädchen das Schafe und Ziegen über einen Berggipfel trieb. Als er aber den Gipfel erreicht hatte, war das Mädchen mit seiner Herde verschwunden, und Per Gynt sah nichts als ein großes Rudel Bären.
»Ich habe doch noch nie Bären in Rudeln beisammen gesehen,« dachte Per Gynt. Als er aber näher kam, waren bis auf einen einzigen alle verschwunden. Da klang es von einem Berge dicht neben ihm:
»Nimm in acht den Eber dein,
Per Gynt steht draußen
Mit dem Stutzen sein!«
»Ach, dann widerfährt Per Gynt ein Unglück, nicht aber meinem Eber, denn er hat sich heute nicht gewaschen,« klang es aus dem Berge. Schnell wusch sich Per Gynt die Hände mit seinem Wasser und schoß den Bären tot. In den Bergen erhob sich ein schallendes Gelächter.
»Du hättest auf deinen Eber acht geben sollen,« rief die eine Stimme.
»Ich habe nicht daran gedacht, daß er die Waschschüssel zwischen den Beinen hat,« erwiderte die andere.
Per Gynt zog dem Bären die Haut ab und vergrub den Körper im Geröll; aber den Kopf und das Fell nahm er mit. Auf dem Rückweg traf er mit einem Bergfuchs zusammen.
»Sieh mein Lämmchen, wie fett du bist!« rief es von einem Hügel her. »Seht nur, wie hoch Per Gynt den Stutzen trägt!« tönte es von einem andern Hügel, als Per Gynt die Flinte zum Schießen an die Wange legte und den Fuchs erschoß. Er zog auch diesem den Balg ab und nahm ihn mit; und als er an der Sennhütte ankam, nagelte er die Köpfe mit aufgesperrtem Rachen außen an die Wand. Darauf machte er Feuer und stellte einen Suppentopf darüber; aber es rauchte so fürchterlich, daß Per Gynt kaum die Augen offen halten konnte, und er mußte deshalb eine in der Wand befindliche Luke öffnen. Da kam gleich ein Troll herbei und steckte seine Nase durch die Luke herein, die Nase aber war so lang, daß sie bis an den Schornstein reichte.
»Da kannst du einmal ein ordentliches Riechhorn sehen,« sagte er.
»Und du kannst Suppe versuchen,« sagte Per Gynt, und goß ihm den ganzen Topf Suppe über die Nase. Der Troll stürzte davon und jammerte laut; aber ringsherum von allen Höhen lachte und spottete und ertönte es:
»Suppenrüssel, Suppenrüssel!«
Hierauf war eine Weile alles still; doch dauerte es nicht lange, da erhob sich draußen wieder Lärm und Getöse. Per Gynt sah hinaus, und da erblickte er einen mit Bären bespannten Wagen; der große Troll wurde aufgeladen, und dann ging es hinauf ins Gebirge mit ihm. Während Per Gynt dem Wagen noch nachsah, wurde plötzlich ein Eimer Wasser durch den Schornstein herabgegossen: das Feuer erlosch, und Per Gynt saß im Dunkeln. Da begann es in allen Ecken zu lachen und zu spotten, und eine Stimme sagte:
»Jetzt wird es Per Gynt gerade so gehen wie den Sennerinnen in der Val-Hütte.«
Per Gynt zündete das Feuer wieder an, rief seine Hunde herbei, verschloß die Sennhütte und ging weiter nach Norden bis zu der Val-Hütte, in her die drei Sennerinnen waren. Als er eine Strecke zurückgelegt hatte, sah er ein Feuer lodern, als wenn die ganze Val-Hütte in hellen Flammen stünde, und in demselben Augenblick stieß er auf ein Rudel Wölfe, von denen er die einen niederschoß und die andern erschlug. Als er die Val-Hütte erreicht hatte, war es da stockfinster und von einer Feuersbrunst keine Spur zu entdecken, aber es waren vier fremde Männer in der Hütte, die die Sennerinnen belästigten; das waren vier Bergtrolle, die hießen Gust i Väre, Tron Valjeldet, Tjöstöl Aabakken und Rolf Eldförpungen. Gust i Väre stand vor der Tür und sollte Wache halten, während die andern bei den Sennerinnen drinnen waren und zudringlich werden wollten. Per Gynt schoß auf Gust i Väre, verfehlte ihn aber, und da lief Gust i Väre davon. Als dann Per Gynt in die Stube hineinkam, waren die Sennerinnen in großer Not; zwei von ihnen waren ganz außer sich vor Schrecken und flehten zu Gott um Hilfe und Rettung, die dritte aber, die man die tolle Kari nannte, hatte keine Angst. Sie sagte, sie sollten nur kommen, sie hätte wirklich Lust zu sehen, ob solche Kerle auch Schneid hätten. Als aber die Trolle merkten, daß Per Gynt im Zimmer war, fingen sie zu jammern an und sagten zu Eldförpungen, er solle Feuer anmachen. In demselben Augenblick fielen die Hunde über Tjöstöl Aabakken her und warfen ihn kopfüber auf den Herd, daß Asche und Funken umherstoben.
»Hast du meine Schlangen gesehen, Per Gynt?« fragte Tron Valjeldet, – so nannte er die Wölfe.
»Ja, und nun sollst du denselben Weg gehen wie deine Wölfe!« rief Per Gynt und erschoß ihn. Dann schlug er Tjöstöl Aabakken mit dem Flintenkolben tot; aber Eldförpungen war durch den Schornstein entflohen. Nachdem Per Gynt dieses getan hatte, begleitete er die Sennerinnen nach ihrem Dorfe, denn sie wagten nun nicht länger in der Hütte zu bleiben.
Als nun die Weihnachtszeit herankam, war Per Gynt wieder unterwegs. Er hatte von einem Hof auf Dovre gehört, wo sich am Christabend so viele Trolle einfinden sollten, daß sich die Bewohner flüchten und auf anderen Höfen Unterkunft suchen müßten: dieses Gehöft wollte Per Gynt aufsuchen, denn es gelüstete ihn, diese Trolle zu sehen. Er zog zerrissene Kleider an, nahm einen zahmen weißen Bären, der ihm zu eigen gehörte, sowie einen Pfriemen, etwas Pech und Draht mit. Als er den Hof erreicht hatte, ging er ins Haus hinein und bat um Obdach.
»Gott steh uns bei!« sagte der Mann. »Wir können dir kein Obdach geben, wir müssen selbst den Hof verlassen, denn an jedem Heiligen Abend wimmelt es hier von Trollen.«
Aber Per Gynt meinte, er würde das Haus schon von den Trollen säubern. So wurde ihm erlaubt, dazubleiben, und er bekam eine Schweinehaut noch obendrein. Darauf legte sich der Bär hinter den Schornstein, Per holte Pech, Pfriemen und Draht hervor und machte sich daran, aus der ganzen Schweinehaut einen einzigen großen Schuh zu machen. Als Schnürband zog er einen dicken Strick hindurch, so daß er den Schuh rund herum zuschnüren konnte, und überdies hatte er noch zwei Stöcke bereit. Kaum war er fertig, da kamen die Trolle auch schon mit Fiedeln und Spielleuten dahergezogen, und die einen tanzten, die anderen aßen von dem Weihnachtsessen, das auf dem Tische stand, einige brieten Speck, andere brieten Frösche und Kröten und ähnliches ekelhaftes Zeug, dieses Weihnachtsessen hatten sie selbst mitgebracht. Inzwischen bemerkten einige den von Per Gynt verfertigten Schuh. Da er für einen großen Fuß bestimmt zu sein schien, wollten die Trolle ihn anprobieren, und als jeder von ihnen einen Fuß hineingestellt hatte zog Per Gynt den Schuh zu, zwängte einen Stock hinein und schnürte ihn so stark zu, daß alle miteinander in dem Schuh festsaßen. Aber jetzt streckte der Bär die Nase vor und schnupperte nach dem Braten hin.
»Möchtest du Kuchen haben, mein weißes Kätzchen?« sagte einer der Trolle und warf dem Bären einen noch brennend heißen gebratenen Frosch in den Rachen.
»Kratze und schlage, Meister Petz!« rief Per Gynt. Da wurde der Bär so zornig, daß er auf die Trolle losfuhr und nach allen Seiten Hiebe austeilte und sie kratzte. Und Per Gynt schlug mit dem anderen Stock in den Haufen hinein, wie wenn er allen den Schädel einschlagen wollte. Da mußten die Trolle die Flucht ergreifen; Per Gynt aber blieb da und schmauste die ganze Weihnachtszeit über von dem Weihnachtsessen, und nun hörte man viele Jahre lang nichts mehr von den Trollen. Der Hofbauer aber hatte eine weiße Stute; da gab ihm Per den Rat, von dieser Stute Füllen aufzuziehen, diese dann in den Bergen herumstreifen und sich da vermehren zu lassen.
Nach vielen Jahren war die Weihnachtszeit wieder einmal vor der Tür. Der Hofbauer war im Walde und fällte Holz zum Feste. Da kam ein Troll herbei und rief ihm zu:
»Hast du deine große weiße Katze noch?«
»Ja, sie liegt daheim hinter dem Ofen,« sagte der Mann, »und sie hat sieben Junge bekommen, die noch viel größer und besser sind als sie selbst.«
»Dann kommen wir nie wieder zu dir!« rief der Troll.