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Des dritten Buches fünftes Kapitel:
Von Kleidern und Hüten.

(»Todos Caeràn.« Von Goya)

Des Ehemanns Klage.

Vor meinem Fenster stehen
Die Bäume in einer Reih',
Wohl zwanzig schlanke Tannen
Und eine Kastanie dabei.

Es tragen die schlanken Tannen
Ihr altes grünes Kleid,
Daran wird nur im Frühling
Ein neues »Volant« gereiht.

Ein neues, hellgrünes Säumchen,
Das noch im gleichen Jahr
So dunkel wird, wie früher
Das ganze Kleid schon war.

Wie anders die Kastanie!
Die ist aus feinerem Holz.
Stets prangt sie in frischen Kleidern
Und tut gar vornehm und stolz.

Im Frühling ein hellgrünes Tuchkleid,
Im Sommer wird das ihr zu heiß,
Da kommt eine Spitzenrobe
In blütenschimmerndem Weiß.

Um Ende September wird meistens
Ein rostrotes Herbstkleid gewählt ...
Dabei sind die » Übergangs«- Kleider
Noch gar nicht mitgezählt
!

* * *

Ach ja! ... Ich kannte wohl früher
Vor manchem langen Jahr
Manch Mägdlein, das auch so bescheiden
Wie eine Tanne war.

Da flog an manch kurzes Röckchen
Ein schlichtes »Volant« in grün,
Und niemals hört' ich die Klage:
»Ich habe nichts anzuziehn.«

Das alles ist anders geworden.
Ich führte ein Weib zum Altar ...
Ich machte zu spät die Entdeckung,
Daß es eine Kastanie war.

Gustav Höchstetter.

 

Der Sommerhut.

Dein Sommerhut, Liebchen, gefällt mir gut,
Es ist ein richtiger Mädchenhut,
Der mit dem gelben, breiten Rand
Dein Haupt, wie ein Heiligenschein, umspannt.

Aber ich hab' im Vorübergehn
Heut in der Stadt einen Hut gesehn,
Der müßte dir ausgezeichnet passen,
Den sollt'st du dir nicht entgehen lassen.

Der Name »Hut« paßt eigentlich nicht,
Es ist mehr – ein lyrisches Gedicht,
Oder ein heller Sommertraum,
Oder ein Flöckchen Wellenschaum!

Dies Wunder aus Blumen und weißem Band
Ist kaum so groß wie meine Hand
Und müßte mit deinen schwarzen Haaren
Zur schönsten Harmonie sich paaren.

So weit wär' nun freilich alles gut.
Nur ist's ein »Junger Frauen-hut«,
Und um dies Wunderstück zu erlangen,
Müßtest du stillen erst mein Verlangen.

Müßtest du endlich dein Herz erweichen
Und mir dein trotziges Händchen reichen.
Nun, mein Liebchen, bedenk' es gut!
Es ist ein entzückender Sommerhut!

Hugo Salus.

 

Frauenspiegel.

Der Frauen Art hat keiner noch entwirrt.
Da lernt man nichts, wie auch die Jahre rennen.
Mit neunzehn Jahren glaubt man sie zu kennen –
Und sieht mit sechzig, daß man sich geirrt.

* * *

Wir schelten auf der Frauen Mängel,
Und dennoch herrscht das schöne Weib.
Was ist die Frau? Sie ist ein Engel –
Der nur den Teufel hat im Leib.

* * *

Frag, schöne Frau, die Strengen nicht und Groben,
Wenn dich der Drang nach Selbsterkenntnis quält.
Doch wenn dich zärtlich deine Schmeichler loben,
Erfährst du jeden Vorzug, der dir – fehlt.

* * *

Mannesleid und Frauenschmerzen,
Beides löst der Tränen Tau;
Doch der Mann weint mit dem Herzen;
Mit den Nerven weint die Frau.

Oscar Blumenthal.

 

Der Spiegel.

Die Hochzeitsgäste waren kaum zu Haus,
Verschwand das Bräutchen von dem Hochzeitsschmaus.
Wo hüpft sie hin? Ins Mädchenkämmerlein.
Der junge Ehemann schleicht hinterdrein.

Was nur dies tolle Kinderköpfchen will?
Vor ihrem hohen Spiegel hält sie still,
Die Schleppe nimmt sie auf. O, welche Pracht!
Und macht sich einen tiefen Knix und lacht.

Sie winkt sich zu und lacht mit Mund und Blick:
»Frau Doktorin, ich wünsche herzlich Glück.«
Da geht die Tür. Ihr Mann! O, welch ein Schreck!
Ein leiser Schrei. Sie will errötend weg.

Er aber schlingt den Arm um ihren Leib:
»Frau Doktorin! Du Kind! Mein liebes Weib!«

Hugo Salus.

 

Le Lever.« Von Sigismond Freudeberg.)

Des dritten Buches sechstes Kapitel:
Strohwitwer und Strohwitib.

Die Strohwitwe im Seebad.

Auf meinem Balkönchen,
Da stehen zwei Thrönchen,
Geflochten aus rotblauem Rohr.
Lin zierliches Tischchen davor.
Zwei Schemelchen artig dabei.
Warum denn gleich zwei?

Zwei Gläser, zwei Flaschen,
Zwei Schüsseln zum Waschen –
Und unter dem seidigen Zelt
Zwei Bettchen, von Daunen geschwellt.
Ein Divan im lauschigen Eck.
– – – – – – – –
Hat gar keinen Zweck.

Roda Roda.

 

Der Strohwitwer.

(Dem Rufe nach.)

Nun endlich darf er auszuatmen wagen,
Der lang' geseufzt hat unterm Ehejoch.
Die goldne Freiheit grüßt aus früh'ren Tagen.
Sie schlummerte bisher, doch lebt sie noch!
Den Kopf läßt stolz er in die Höhe ragen,
Der vor der Gattin sonst zu Kreuze kroch.
Sie zog ins Bad, wo rein're Luft am Ort ist.
Er meint: Die Luft ist rein, – seitdem sie fort ist.

Vier Wochen lang gibt's keine Hausherrnpflichten,
Vier Wochen lang ist Herr er – außerm Haus!
Er braucht sich nach dem Mittag nicht zu richten
Und geht des Abends nach Belieben aus.
Auf keinen Bierulk braucht er zu verzichten,
Er lebt vier Wochen lang in Saus und Braus!
Und – aller Bande frommer Scheu entledigt –
Entbehrt er reu'los die Gardinenpredigt.

Von allen Um- und Ab- und andern Wegen,
Die ihn ein leichtgekleidet' Schicksal führt,
Hat Rechenschaft er nicht mehr abzulegen.
Im Geldspind liegt der Goldreif unberührt.
Der Heuchler tritt mit Huldigung entgegen
Jedweder Maid, der Huldigung gebührt,
Und macht sie durch Umwerbung rot und röter:
Vier Wochen lang spielt er den Schwerenöter!

(In der Wirklichkeit.)

Nun hat er seine Augen aufgeschlagen. –
Wie so verändert ist jetzt alles doch!
Wenn er vom Schlaf erstand in früh'ren Tagen, –
Sie schlummerte an seiner Seite noch –
Da fühlte er in wohligem Behagen
Sich losgelöst von allem Erdenjoch.
Jetzt, wo sie Luftkur braucht zur Kraftbelebung,
Ist Luft für ihn die heimische Umgebung.

Vier Wochen lang soll er auf sie verzichten,
Vier Wochen lang hat er kein Heim im Haus.
Zur Mahlzeit würgt er an den Kneipgerichten,
Das Wirtshausleben ist ihm längst ein Graus.
Kein Mensch will sich nach seinen Launen richten,
Vier Wochen lang! Das hält er gar nicht aus.
Er wühlt im Bett, wo sonst die guterdachte
Gardinenpredigt ihn in Schlummer brachte.

Und ausgeh'n soll er! Ja, wohin? weswegen?
Bequemes Leben hat er stets geführt.
Vergnügungsorte sind ihm zu entlegen,
Von Jugendspäßen bleibt er unberührt.
Kein Junggesell will mit ihm Freundschaft pflegen,
Ihn unterhalten, wie's dem Ernst gebührt.
Der »Schwerenöter« kann die Zeit nicht töten
Und lebt vier Wochen lang in schweren Nöten!

Sigmar Mehring.

 

Ferien.

Im stillen grünen Hain,
Fern von des Lebens Hast,
So ganz allein
Genieß' ich Ferienrast.

Dort nach der Lichtung hin
Winkt mir ein kleines Haus,
Es ruht darin
Mein müdes Weibchen aus.

Und ihres Schlummers Traum
Und meines Sinnens Spiel,
Durch weiten Raum
Ziehn sie zum selben Ziel.

Zum selben Ziel zurück,
Weit über Berg und Wald,
Zum heim'schen Glück,
Wo unser Büblein lallt.

Wo unser Büblein kreischt
Und springt in Übermut
Und wild erheischt
Großmutters kluge Hut.

Der kleine Unverstand!
Großmutter bringt ihm bei,
Wie fern im Land
Papa, Mamachen sei.

Und unser Büblein lacht
Mit pfiffigem Gesicht,
Lauscht mit Bedacht.
Doch – Sehnsucht kennt er nicht.

Da küßt Großmütterlein
Im Arm die süße Last,
Als gält's uns Zwei'n
In froher Ferienrast.

Sigmar Mehring.

 

Strohwitibs Heimweg.

Sie rief ihr Kammerkätzchen
Und sprach: »Leih' mir Dein Kleid,
Das Schürzchen mit dem Lätzchen,
Kurz, jede Kleinigkeit.
Und sprich, was als Gesinde
Man treibt bei Fest und Tanz,
Daß ich zurecht mich finde
In all' dem Mummenschanz.«
Und Jungfer Betty kichert
Und dreht sich hin und her.

Fritz Engel.

 

Zeichnung von W. Helwig.

Le Boudoir.« Von Sigismond Freudeberg.)


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