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In Parma, einer sehr berühmten Stadt in der Lombardei, lebte vor nicht gar langer Zeit ein Wollkrempler namens Ginese, und weil er von Mantua abzustammen behauptete, gab man ihm den Beinamen der Mantuaner. Da sich dieser nun einsam fühlte und dabei im Verhältnis zu seinesgleichen wohlhabend, entschloß er sich, ein Weib zu nehmen, und da ihm eine Nachbarin gefiel, wußte er, obwohl schon etwas bei Jahren, so geschickt um sie herumzuscherwenzen, daß er seinen Wunsch erreichte. Er heiratete sie so schnell wie möglich und führte sie heim mit ihrem Sohne, welcher Ghedino hieß und etwa achtzehn Jahre alt war; die Frau hatte denselben von einem früheren Gatten. Der Mantuaner begann, um diese seine Familie zu erhalten, mit der Mitgift seiner Frau Handel zu treiben und war so tätig, daß er bei seiner Geschicklichkeit in seinem Handwerk ganz froh und heiter lebte und sich gute Tage machen konnte. Als er nun sah, daß es ihm in allen Stücken nach Wunsch ging, dachte er daran, wenn sich Gelegenheit böte, auch seinem Stiefsohn Ghedino ein Weib zu geben; dann könnten sie alles mit der Mitgift von dessen Frau zusammenwerfen, ihren Wohlstand bedeutend erhöhen und mit der Zeit reich werden. Er rief ihn daher eines Tages beiseite und sprach zu ihm: »Mein Sohn, wer heutzutage nicht Vermögen besitzt, der gilt für ein Vieh; der aber, der etwas hat, gilt am meisten; darum steht es jedermann wohl an, nicht nur zu erhalten, was er hat, sondern auch, es soviel als möglich zu vermehren. Wie du siehst, bist du jetzt groß, und darum wäre es wohlgetan, wenn du für dich und zugleich für unser ganzes Haus sorgtest, damit, wenn ich abscheide, du ohne fremde Hilfe allein imstande bist, deine Angelegenheiten zu besorgen und dein Leben zu erhalten. Um dies zu erreichen, weiß ich keinen Weg, der mir besser gefiele, als daß du dich dazu verstehst, ein Weib zu nehmen, und mit der Mitgift, die dir zufließt, und der Unterstützung, die ich andererseits dir gewähre, wirst du sehen, daß alsdann keiner deinesgleichen hier besser steht als du. Laß also diese meine Worte Eingang bei dir finden und nimm den Rat an, den ich dir treulich reiche!«
Ghedino nahm es in Überlegung und sagte, er sei ganz einverstanden, vorausgesetzt, daß es mit Zustimmung von Monna Moneta (so hieß seine Mutter) geschehe, denn es sei dies auch sein eigener Wunsch. Es währte daher nicht lange, so nahm er ein sehr schönes frisches und äußerst kräftiges Mädchen zur Frau, die vielleicht für sein Wesen nur allzu rüstig war. Nach der Hochzeit war er sorgfältigst bemüht, den Unterweisungen seines Stiefvaters nachzukommen. Während er nun täglich in die Bude ging und es sich sauer werden ließ, geschah es, daß der Mantuaner dermaßen mit dem Weibe Ghedinos vertraut wurde, daß er dachte, wenn ihm dieser von seinen Geschäften bei Tag abnehme, so dürfe er das junge Weib nicht unter der Abwesenheit des Gatten leiden lassen; er nahm sich daher vor, nach Leibeskräften die Lücke auszufüllen, die diese seiner Meinung nach fühlen müsse. Er übertrug ihm daher jeden Tag neue Geschäfte und nötigte ihn damit, sich möglichst lang aus dem Hause entferntzuhalten; namentlich veranlaßte er ihn, morgens in aller Frühe aufzustehen. Der Mantuaner trieb diesen Handel schon eine gute Weile, bis einer kam und dem Ghedino ins Ohr raunte: »Ghedino, ich weiß nicht, wie du dich wohlfühlen kannst, da du eine junge Frau hast, die so ganz frisch in dein Haus gekommen ist, und du dich so oft von ihr entfernst, zumal in der Zeit, welche die Männer dem Vergnügen der Weiber widmen sollen. Was würdest du machen, wenn sie, am Morgen so früh von dir im Stich gelassen, sich an einen wendet, der ihr besser Gesellschaft leistet als du?«
Bei alledem schöpfte der Strohkopf noch keinen Verdacht, fuhr vielmehr in der angegebenen Weise fort und ließ dem Mantuaner allen Spielraum, das zu erreichen, was er so sehnlich wünschte, nämlich teils durch den beständigen Ärger, den ihr ihr Mann verursachte, teils durch die Bequemlichkeit und geschickte Gelegenheit, die er selbst ihr bot, das schöne Weibchen seinen Wünschen fügsam zu machen. So stellte er sich denn auch einmal nach der zwischen ihnen getroffenen Verabredung gegen Monna Moneta ganz tiefsinnig und nachdenklich und erklärte, er müsse in Geschäften von großer Wichtigkeit ausgehen. Sobald er daher merkte, daß Ghedino aufgestanden war, erhob er sich von der Seite der Monna Moneta, die nichts davon ahnte, und schlich sich heimlich an die Seite der jungen Frau, die in einem andern Zimmer nicht weit von dem ihrigen schlief. Der Zufall wollte, daß an diesem Morgen Ghedino in der Eile ein paar Kardätschen (Wollkämme) vergessen hatte, welche er den Tag zuvor neu gekauft, auch hatte er die alten nicht mitgenommen. Er bemerkte auch seine Vergeßlichkeit erst, als er mit leeren Händen an seiner Bude ankam. Er lief daher schnell zurück, öffnete die Haustür leise, kam, ohne von einem Menschen gehört zu werden, geradeswegs an seine Stube und trat ein, weil er ganz gut sie zu öffnen wußte und der törichte Mantuaner nicht so gescheit gewesen war, sie auf eine Weise zu schließen, daß man nicht öffnen konnte. Ohne sich zu rühren oder zu rufen, sah er denn so klar wie der Tag, welches Erbarmen der Mantuaner mit seinem Weibe hatte, um derenwillen er den Acker der Monna Moneta zu pflügen unterließ, um einen fremden zu bepflanzen, damit der jungen Frau die Langeweile verginge. Es schien ihm zwar nicht recht, sie zu stören, aber doch konnte er sich nicht enthalten, einen großen Lärm zu machen. Während er nun mit dem Stiefvater sich zankte, öffnete das junge Weib, aus Furcht, das Wetter möchte sich zumeist über ihr entladen, da sie sich nicht anders zu raten wußte, ein Fenster, das auf die Straße ging, und da es nicht hoch war, sprang sie hinaus, was auch ganz bequem und ohne alle Verletzung vonstatten ging. Sie machte sich daher auf und eilte von dannen. Kaum war sie jedoch einige Schritte gegangen, so suchte sie Schutz in einem Nachbarhaus, das eben offenstand; denn sie meinte, der arme Schelm, ihr Mann, sei ihr immer auf den Fersen. Sie wußte sonst nirgends hin und suchte nur, sich so tief innen als möglich zu verstecken. Da kam sie zufällig an die Tür eines Zimmers, in dem ein gar artiger und heiterer Jüngling allein schlief, der Galeazzo Garimberti hieß, schon seit mehreren Monaten ihr den Hof gemacht und auf alle Weise ihre Neigung für ihn zu entzünden gesucht hatte, ohne je zu einem Ziele zu gelangen und wieder einigen Frieden zu erreichen. Es war ihm, als höre er Tritte wie von einem, welcher eilig läuft; er stand schnell auf, um zu sehen, was es sei, und kaum hatte er die Türe des Zimmers geöffnet, als das junge Weib voll Angst und zitternd sich ihm in die Arme warf. Der Jüngling erkannte sie gleich, und da er sie so im Hemd viel schöner sah, als er sich hatte vorstellen können, und sich nicht denken konnte, was das heiße, nahm er sie, legte sie sanft auf das Bett und fragte sie mehrmals umsonst nach der Ursache ihres Kommens. Er meinte daher, es sei Zeit, sie mit etwas anderem als mit Worten zu trösten, und da seine Glücksfahne so hoch stand, setzte er sich, ohne ein Wörtchen drüber zu verlieren, in den Besitz dessen, was soeben dem Mantuaner streitig gemacht worden war.
So sehr Ghedino mit seinem Stiefvater im Feuer war, bemerkte er doch, was sein Weib tat; es faßte ihn daher das größte Mitleid mit ihr, und ohne weiter Zeit zu verlieren, eilte er hinaus, um zu sehen, was aus ihr geworden sei. Da er sie aber nicht auf der Straße fand, auch keine andere Tür offen sah als die, in die sie wirklich eingetreten war, folgte er ihr dahin nach, um zu erkunden, ob sie hier hereingekommen sei; denn er bildete sich wohl ein, daß sie so barfuß, wie sie war, und im Hemd nicht weit geflohen sein könne. Wie sie kam er auch an das Zimmer, fand die Tür unverschlossen, trat ein und fand das junge Paar beisammen. Ghedino war von diesem Anblick so betäubt, daß er nicht wußte, ob er träume oder wache. Da er aber sein Unglück so Schlag auf Schlag kommen und sich so unersetzlichen Schaden zufügen sah, wo er sich am leichtesten verletzlich glaubte, wußte er gar nicht, was er anfangen solle, und floh zurück; denn er fürchtete, wenn er schrie oder der Sache das geringste Hindernis in den Weg legte, könnte nur ein noch größeres Ärgernis daraus erwachsen, da er jetzt schon, indem er den ersten verscheucht, dem zweiten den Weg so leicht geöffnet habe. Er dachte also, er wolle unter keiner Bedingung noch den dritten erwarten, ließ sie demnach allein und lief, soweit ihn seine Beine trugen.
Garimberti aber hatte auf dem zarten Erdreich seine erste Probe vollendet, und da er nicht zum zweitenmal in seiner Ackerarbeit gestört werden wollte, schloß er die Zimmertür, umarmte das junge Weib und bat und beschwor sie so lange, bis sie ihm zu seiner größten Ergötzlichkeit mitteilte, wie es zugegangen sei, daß sie um diese Stunde und in solchem Aufzug sich zu ihm begeben habe. Allmählich kam sie wieder zur Ruhe; sie lachten, scherzten und schalten auf die Kardätschen, Flachskanten, Hecheln und alle andern Werkzeuge des Mannes und machten in freier beiderseitiger Einstimmung noch mehrere Wettläufe zusammen.
Ein paar Tage darauf leitete Garimberti es ein, daß alle sich wieder versöhnten und Frieden schlossen, nachdem er zuvor mit dem jungen Weibe die Abrede getroffen hatte, wie sie sonst zusammenkommen könnten.