Vorbemerkung
Der Redner Alkiphron lebte zur Zeit des Lukian von Samosata. Man wird nicht bestreiten können, daß er den witzigen Verfasser der Hetärengespräche zuweilen nachahmt. Soweit ihm das seine eher behagliche, fröhliche als satirisch-spitze Art erlaubte. Es ist eine Sammlung von hundertachtzehn erdachter Briefe von Alkiphron auf uns gekommen. Sie geben ein anschauliches Bild des genießerischen attischen Lebens, an dem Alkiphron mit großer Liebe teilgenommen zu haben scheint.
F. B.
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Eudius an Philoskaphus
Die stürmische See hat sich endlich heute zu unserem Vorteile gelegt. Drei Tage dauerte der Sturm anhaltend, und die Nordwinde breiteten sich von den Vorbergen her mit Ungestüm über das Meer aus. Die erschütterte Flut schwärzte sich und das Wasser schäumte, indem die Wellen von allen Seiten her übereinander stürzten, und bald an die
Klippen anprallten, bald aber durch eigene Schwere in sich selbst zerfielen. Hier war unsere Arbeit gänzlich gehemmt; wir begaben uns in die Hütten am Ufer, machten von gesammelten Trümmern Holz, welche die Schiffsbauleute unlängst von den gefällten Eichen zurückgelassen, Feuer an und bewahrten uns dadurch vor der durchdringenden Kälte. Endlich kam der vierte Tag herbei, ein wahrer Tag der Halkyonen, wie ich aus der Heiterkeit des Himmels schließe, und mit ihm Glück und Reichtum im Überfluß für uns. Sobald die Sonne aufging, und ihre ersten Strahlen auf dem Meere glänzten, ließen wir schnell den kleinen Nachen, der neulich auf das Land gebracht wurde, in die See. Wir versahen uns mit Netzen und
fingen unsere Verrichtung an. Nicht weit vom Lande wurde ausgeworfen! Ha, welch ungeheure Menge Fische zogen wir heraus! Beinahe hätte das schwer beladene Netz selbst die Korkstücke mit sich in die Tiefe gezogen. In diesem Augenblick kamen die Fischverkäufer, mit dem Tragholz über den Schultern, an dem auf beiden Seiten Körbe hingen. Sie bezahlten unsere Ware mit barem Geld und eilten nach Athen und Phalerus zurück. Alle diese Leute konnten wir versorgen; ja, wir brachten noch überdies unseren Weibern und Kindern eine ziemliche Menge Fische schlechterer Gattung mit nach Hause. Sie werden sich damit nicht nur einen, sondern bei einfallendem Sturme mehrere Tage erhalten können.
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Galenus an Kryton
Umsonst ist alle unsere Arbeit, o Kryton! Bei Tage quält uns die Sonnenhitze, des Nachts durchfischen wir das Meer bei Fackelscheine, und bei alldem schütten wir, nach dem Sprichworte, die Eimer in die Fässer der Danaiden. Eitle und unersprießliche Tätigkeit! Weder Rosselfische noch Pelorische Muscheln stillen unsern Hunger, und bei allen diesen fordert uns unser Herr, beides, die Fische und das daraus erhaltene Geld, ab. Noch nicht zufrieden mit diesem Gewinn, unterläßt er es nie, unsern kleinen Kahn auf
das sorgfältigste durchzusuchen. Neulich schicken wir aus Munichien den Hermon, Du kennst den Jüngling, mit Fischen für seine Tafel hin. Durch diesen gibt er uns den Befehl, ihm Schwämme und Wolle, die am Strand wachsen, zu liefern. Ehe er seine Forderung wiederholt, läßt Hermon seine Last Fische stehen, verläßt uns und den Kahn und rudert mit einem Schiffchen zu Seeleuten aus Rhodus. Und auf diese Art mußte unser Herr einen guten Sklaven, wir aber einen getreuen Mitarbeiter verlieren.
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Glaukus an Galathee
Wie glücklich lebt man doch auf dem festen Lande, und welche Sicherheit hat man beim Feldbau! Mit Recht nennen die Athener das Erdreich das wohltätige, da es uns Geschenke darreicht, auf die sich Leben und Erhaltung gründet. Wie grausam ist im Gegenteil das Meer, und welcher Gefahr ist doch die Schiffahrt ausgesetzt! Mein Urteil ist richtig, es bezieht sich auf Erfahrung und Unterricht. Einmal wollte ich in Athen Fische verkaufen. Da hörte ich einen barfüßigen, totenbleichen Weltweisen, deren sich einige um Poikile herum aufhalten, einen kleinen Vers hersagen, der die blinde
Verwegenheit der Seefahrer bestrafte. Wie er sagte, soll er aus einem gewissen Aratus, der die Sterne gut verstände, genommen sein. Die Stelle weiß ich nicht mehr genau. Soviel ich mich aber erinnere, lautete sie so: Ein dünnes Holz hält bloß den Abgrund auf. Warum wollen wir uns also, geliebtes Weib, nicht der klugen Vorsicht bedienen, die nahen Grenzen des Todes zu fliehen? Wir haben Kinder, können die sich auch weil wir arm sind, von uns keine großen Vorteile versprechen, so sollen sie uns doch die glückliche Unwissenheit der tobenden Wellen und der Gefahren des Abgrunds verdanken. Unser Beispiel soll sie unterrichten, sich von dem Ackerbau zu ernähren und an einem sicheren und ruhigen Leben Geschmack finden
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Kymothus an Tritonis
So sehr die See vom Lande verschieden ist, so ungleich ist das Verhältnis zwischen uns, deren Aufenthalt auf dem Meere ist, und dem Einwohner der Städte und Dörfer. Entweder sie verrichten ihre bürgerlichen Geschäfte in dem Bezirke der Mauern, oder, wenn sie sich auf den Feldbau verlegen, so erwarten sie die reichen Früchte des Feldes zu ihrem Unterhalte ganz ruhig. Unser Leben dagegen ist nur auf dem Wasser, uns ist das Land tödlich, und wir gleichen den Fischen, welchen das Atmen in der Luft unerträglich
fällt. Welcher Wahnwitz überfällt Dich also, meine Frau, daß Du das Ufer und Dein Spinnen verläßt, und die Stadt zu wiederholtem Male besuchst, um in Gesellschaft der reichen Athener Frauenzimmer die Oschophorien und die Lenäischen Feste zu begehen? Das heißt wenig Bescheidenheit und Klugheit zeigen und für sein Bestes sorgen. Zu solchem Endzweck hat Dich Dein Vater aus Ägina, dem Du Deine Geburt und Erziehung zu verdanken hast, keineswegs an mich verheiratet. Hat die Stadt so viele Reize für Dich, so lebe wohl und trenne Dich von mir. Liebst Du aber das Seeleben, so bedenke Dein Bestes, kehre zu Deinem Manne zurück und vergiß die verführerischen Schauspiele in Athen auf ewig.
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Rambatus an Rhotius
Du schmeichelst Dir, ganz alleine reich zu sein, weil Du meine Taglöhner durch Erhöhung ihres Lohnes an Dich lockst. Die Sache fällt Dir leicht. Ein glücklicher Zug brachte Dir neulich eine Menge feiner Goldstücke von Darius zu, welche vielleicht Überbleibsel des Salaminischen Seetreffens sind. Vielleicht sank dort ein persisches Schiff mit seiner Mannschaft
und aufhabenden Schätzen zu Grund, als Themistokles, des Neokles Sohn, zu unserer Voreltern Zeiten das große Siegeszeichen wegen der besiegten Barbaren errichtete. Ich in meinem Orte bin mit dem notdürftigen Unterhalte den mir die tägliche Handarbeit erwirbt zufrieden. Du hingegen besitzest Reichtümer, gut, nur mußt Du deshalb andere nicht kränken und Dich des Vermögens zur Ausübung niederträchtiger, sondern edler und gemeinnütziger Handlungen bedienen.
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Panope an Enthybulus
Du hast mich, Enthybulus, nicht als verächtliche und aus dem gemeinen Pöbel entsprossene Person geheiratet. Ich bin von väterlicher wie mütterlicher Seite aus gutem Geschlechte. Sosthenes, aus dem Stirischen Stamme, war mein Vater und meine Mutter Damophile. Diese verabredeten und knüpften unsere Ehe, die zur Erzeugung echter Kinder dienen sollte, unter Versicherung ihrer ganzen Erbschaft. Jetzt reizen Dich herumschweifende Blicke, und Deine zügellose Neigung zur Wollust der Liebe, mir und unsern Kinder zur Schande, Galenen, Thalassions Tochter, die aus Hermione
hierher kam, zu lieben. Dieses Mädchen ist wirklich zum Verderben verliebter Leute aus dem Piräischen Hafen gekommen. Die jungen Fischer am Meere besuchen sie, und jeder macht ihr
Geschenke. Sie nimmt sie an und verschlingt alles, gleich Charybdis. Du überschreitest mit Deiner Freigebigkeit Deinen Fischerstand, und nie fällt Dir ein, ihr nur Mainiden oder Barlun zu bringen. Als Mann von Jahren, der schon lange verheiratet ist und Vater ziemlich erwachsener Kinder, schickst Du ihr Milesische Stoffe, Sizilische Kleider, ja selbst goldenes Geschmeide, in der Meinung, damit Deine Nebenbuhler zu vertreiben. Entschließe Dich, dieses beleidigende Betragen aufzugeben und Deiner Weichlichkeit und ausschweifenden Liebe zu dem Mädchen Einhalt zu tun, oder sei versichert, ich gehe wieder zu meinem Vater nach Hause. Er wird mich nicht ohne Hilfe lassen, sondern Dich, Deines üblen Betragens wegen, gerichtlich belangen.
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Thalassus an Pontius
Ich schicke Dir hier einen Schwertfisch und fünfunddreißig Purpurmuscheln, gib mir dafür zwei Ruder, da die meinen zerbrochen sind. Geschenke, die sich Freunde untereinander machen, sind eigentlich nur Tausche. Wer frei und ohne Umstände etwas verlangt, erklärt damit, daß er das Seinige mit seinen Freunden, und auch das Ihrige gemeinschaftlich zu besitzen glaubt.
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Eukolymbus an Glauke
Unentschlossene Leute pflegen den Ausspruch ihrer Freunde begierig zu erwarten. Schon öfters vertraute ich meine Verlegenheit den Winden an, weil ich es bei Dir, meine gute Frau, niemals wagte: nun aber will ich mich doch Dir entdecken, und Dich bitten, mir Deiner Meinung nach zu raten. Höre die Umstände an, damit Du urteilen kannst. Unsere Angelegenheiten stehen, wie Du weißt, ungemein schlecht, und der Unterhalt
fällt uns äußerst schwer, weil die See fast keine Fische mehr liefert. Das Ruderschiff, das Du hier siehst und so viele Ruderknechte hat, ist ein Koryzisches, und seine Mannschaft sind Seeräuber. Unter Versprechung ansehnlicher und fortdauernder Vorteile verlangen sie, daß ich Teilhaber ihres kühnen Anschlages werde. Ich gestehe es, das versprochene Gold und das Kleid reizen mich gewaltig, aber ein Mörder zu werden, und meine Hände, die das Meer bisher von Kindheit auf von allen Ungerechtigkeiten rein bewahrte, mit Menschenblut zu beflecken, das ist mir rein unmöglich. Und doch ist es auf der andern Seite hart und unerträglich, in beständiger Armut zu leben. Die Entscheidung steht in Deinen
Händen, was ich wählen soll; wohin Du, meine Frau, Dich einmal wenden wirst, dorthin werde ich folgen, denn der Rat, den uns Freunde erteilen, pflegt öfters unseren zweifelnden Entschluß auf einmal zu bestimmen.
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Aegialeus an Struthion
Ich Unglücklicher! Wie widrig laufen nicht meine Sachen, recht, wie man sagt, wie es dem Mandrobulus ging. Welch schlechtes Vergnügen, wenn man seine Waren um geringe Scheidemünze verkaufen muß, um sich damit seinen Unterhalt zu verschaffen! Es ist hohe Zeit, mein lieber Struthion, daß Du mir zu meinem Vorteil hilfst; glaube mir, ich bin erkenntlich, so gut es meine Fischerei auf dem Meere erlauben wird. Ich wünschte
nämlich, durch Deinen Gutspruch bei dem einen oder anderen reichen Bürger, dem Erasikles aus dem Sphettischen, oder dem Philostratus aus dem Cholargischen Stamme, den Zutritt zu erhalten, damit ich ihnen meine Fische in Körben zum Verkauf bringen darf. Ich bin versichert, man hat außer der Bezahlung jährlich an dem Bacchus- oder Apaturienfeste einige Geschenke von ihnen zu erwarten. Außerdem können sie mich auch vor der verhaßten Gewalt der Polizeileute sicher machen, die wegen Vermehrung ihres Gewinstes stille und furchtsame Leute täglich beleidigen. Nicht etwa der Ruf, nein, die Erfahrung hat gelehrt, daß Tischfreunde bei jungen und reichen Personen vieles auszurichten imstande sind.
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Cephalus an Pontius
Du siehst es, das Meer hat bereits angefangen in Bewegung zu geraten; eine dichte Schwärze hat sich über den Himmel ausgebreitet, und von allen Seiten her ist alles mit Wolken überzogen. Die Winde stoßen mit Ungestüm zusammen, und drohen jeden Augenblick die See umzukehren; selbst die Delphinen künden einen nahen heftigen Sturm; sie hüpfen in die Höhe und schwimmen auf der Fläche des vollen Meeres leicht hinweg.
Wie die Sternenkundigen sagen, soll der Stier am Himmel bald aufgehen. Leute, die vorsätzlich sich vor Gefahr schützen, überstehen sie auch meistens glücklich und sicher; doch gibt es andere, die sich freiwillig aus Verzweiflung den Wellen und ihr Steuerruder dem Schicksal überlassen. Daher hört man auch, daß einige an dem Maleischen Vorgebirge, andere in der Sizilischen Meerenge und wieder andere in dem Libyschen Meere, von den Wellen fortgerissen, gestrandet oder gesunken sind. Die Kapharische Küste ist bei einem gefährlichen Sturm nicht vorteilhafter für die Schiffe, und eben deshalb wollen wir auch an den Ufern dieses Vorgebirges herumfahren, sobald sich die ungestüme Flut gelegt hat und die Luft heiter geworden ist. Vielleicht treffen
wir irgendwo den Überrest eines Schiffbruches, einen ausgeworfenen Körper an, laßt uns dessen Begräbnis besorgen. Nie bleiben Wohltaten unbelohnt, sollte auch schon auf die Handlung nicht sogleich die Vergeltung folgen. Der innere Beifall hat noch außer dem zu hoffenden Gewinn viele lebhafte Reize für das Herz, besonders wenn man diese Güte seinem verstorbenen Mitbürger erweist.
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Thynnäus an Skopelus
Mein guter Skopelus, hast Du schon diese höchst angenehme Zeitung vernommen? Die Athener sind gesonnen, eine Flotte außer Land zu schicken und Krieg zur See zu führen. Paralus und Salaminia, die schnellsten Schiffe, gehen voraus und stechen bereits in die See, nachdem die Aufseher, die Ort und Zeit der Abfahrt bestimmen sollen, eingeschifft sind. Die übrigen Schiffe, die die Armee aufnehmen, brauchen eine beträchtliche Menge Ruderknechte, die hinlängliche Erfahrung haben, Wind und
Wellen zu begegnen. Was sollen wir tun, liebster Freund, fliehen oder bleiben? Vom Piräus, Phalerus und Sunium bis an die äußersten Bewohner von Gerastus wirbt man alles an, was beim Seeleben Handwerk treibt. Wie aber würden wir imstande sein, im Treffen zu stehen, bewaffneten Männern zu gehorchen, wir, denen nicht einmal die bürgerlichen Streitigkeiten bekannt sind? Da ich aber unter zweierlei harten Umständen wählen mußte, entweder mit Zurücklassung von Weib und Kindern fliehen oder mein Leben dem Schwerte und Meere in gleicher Weise bloßzustellen, so schien mir die Flucht das Bessere zu sein, weil ich mir von einem längeren Aufenthalt nichts Gutes versprach.
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Nausibius an Prymnäus
Es war mir unbekannt, wie sehr die reichen jungen Athener an der Wollust und den weichlichsten Vergnügen Geschmack finden: Als aber neulich Pamphilus und seine Freunde meinen Kahn mieteten, um bei stiller See herumzufahren und an dem Fange teilzunehmen, da lernte ich, welch ausgesuchte Ergötzungen sie sich auf dem Meere verschaffen können. Die hölzernen Sitzplätze in der Barke waren ihm zuwider, er machte sich also sein Lager auf einigen ausländischen Tapeten und Decken und versicherte, es wäre
ihm unmöglich, wie der Pöbel auf bloßem Verdecke zu liegen. Wahrhaftig, er muß die Bretter für rauher als Stein halten! Darauf bat er uns, das Leinwandsegel des Schattens wegen aufzuspannen, weil ihm die Sonne schlechterdings unerträglich wäre. Unerträglich? Nicht bloß wir Fischer, sondern überhaupt alle Leute, die keine großen Reichtümer besitzen, wärmen sich mit großem Vergnügen an der Sonne, denn Meer und brennender Frost ist fast dasselbe. Doch Pamphilus fuhr nicht allein oder bloß in Gesellschaft seiner Freunde, eine Menge vorzüglich schöner Mädchen begleiteten sie, und eine jede verstand Musik zu spielen. Eine hieß Krumatiumo, die blies die Flöte, eine Erato, die beschäftigte sich mit der Harfe und
eine andere, Crepis, ließ die Zimbeln tönen. Und so war denn mein Kahn ganz voll Musik; Gesänge und Vergnügen erfüllten das ganze Meer! Nur mir machte das keine Freude. Einige meiner Zunftgenossen, besonders der verdrießliche Glaukias, waren mir mit ihrem Neide beschwerlicher als ein Telchine. Doch die erfolgte gute Bezahlung heiterte mich wieder auf; ich liebe jetzt seine Lustbarkeiten, die er auf dem Schiffe veranstaltet, und wünsche, daß sich wieder so ein junger Mensch, der so freigebig und kostbar sich aufführt, bei mir einfindet.
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Auchenius an Harmenius
Bist Du imstande, mir Hilfe zu leisten, wohlan, so eröffne es mir, ohne meine Umstände andern Leuten zu entdecken, wo nicht, so mußt Du verschwiegener sein als ein Areopagite. Ich will Dir einigermaßen meinen Zustand erzählen. Die Liebe, die mich auf einmal ergriffen, erlaubt mir nicht, von der Vernunft geleitet zu werden. Diese Leidenschaft verdrängt bei mir beständig alle vorgenommenen Entschließungen. Auf eine unbegreifliche Weise hat sie sich in mich, einen armen Fischer, der kaum seinen dürftigen Unterhalt erwirbt, gewaltsam versenkt; sie hat sich unablässig
festgesetzt, und ich brenne ebenso stark als die reichen und liebenswürdigen Jünglinge. Ich, der ich sonst die weichlichen Sklaven der Liebe verlache, bin nun ganz von ihr eingenommen; ich möchte verheiratet sein, und stelle mir Hymenäus, Terpsichorens Sohn, im Geiste vor. Mein geliebtes Mädchen ist unter den Fremdlingen, die aus Hermione zu meinem Unglück, ich weiß nicht wie, im Piräus ankamen. Es ist mir zwar unmöglich, ihr ein Heiratsgut zu geben, ich schmeichle mir aber, wenn ich mich als einen rechtschaffenen Fischer zeige, einen schicklichen Bräutigam für sie abzugeben, wenn ihr Vater nicht im äußersten Grade wunderlich ist.
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Enkymon an Haliktypus
Als ich neulich am Ufer von Sunium ein altes, durchlöchertes Netz erblickte, fragte ich, wem es gehöre und warum es hier läge, da es von einer allzu starken Last geborsten und auch durch die Länge der Zeit zerrissen war. Man antwortete mir, es wäre vor vier Jahren das Deine gewesen, dann wäre es an eine verborgene Klippe geraten und mitten entzweigerissen. Weil Du es von der
Zeit an weder ausbessern noch hast wegnehmen wollen, sei es liegen geblieben; als ein fremdes Gut habe es dann niemand von den Nachbarn anrühren wollen. Nicht nur diese Leute, sondern auch Du, der vormalige Besitzer, hast darauf Anspruch erhoben. Ich bitte dich also um etwas, das durch das Alter verdorben und eigentlich nicht mehr Dein ist. Du wirst also zu diesem Geschenke, das Du bereits dem Untergang bestimmt hast und Dir also nicht den geringsten Schaden bringt, bereit sein.
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Haliktypus an Enkymon
Es gibt ein Sprichwort: Das Auge des Nachbarn ist gehässig und neidisch! Was hast Du Dich denn um das Meine zu kümmern? Und warum hältst Du das für Dein Eigentum, was nur zu vernachlässigen gefallen hat? Halte Deine Hände, noch mehr aber Deine unersättlichen Neigungen zurück, und lasse Dich die heftige Begierde nach fremden Sachen nicht dazu verleiten, unrechtmäßige Gefälligkeiten zu erbitten.
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Enkymon an Haliktypus
Ich habe nichts von Dir verlangt, was Du eigentlich hast, sondern was Du nicht hast. Du willst auch dieses nicht einmal einem andern vergönnen? Gut; so besitze immerhin das, was in Wirklichkeit nicht mehr Dein Eigentum ist.
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Eusagenus an Limenarchus
Der verzweifelte lesbische Kundschafter! Das Meer, schrie er, wäre größtenteils dunkel und in einer zitternden Bewegung, es müsse sich ein ganzer Haufen Thunfische oder Pelamiden nähern. Wir glaubten ihm und fingen beinahe den ganzen Meerbusen mit dem Netze ein. Aber bald verließen uns die Kräfte, denn die Last war größer, als man sonst von einem Zug Fische vermuten konnte. Voll Hoffnung riefen wir
einige Nachbarn herbei und versprachen mit ihnen zu teilen, wenn sie uns den Fang und die Arbeit erleichtern würden. Endlich, nach viel ausgestandener Mühe, zogen wir spät am Abend ein ungeheures Kamel heraus, das bereits faulte und von Maden wimmelte. Ich wollte Dir diesen Fang erzählen, nicht um Dir Gelegenheit zum Spott zu geben, sondern damit Du sehen kannst, durch welch mannigfaltige Streiche das Schicksal mich Unglücklichen zu bekämpfen sucht.
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Euplous an Thalasseros
Wahrhaftig, Dich muß entweder Dein Glück zu Ausschweifungen verleiten, oder Du bist Deiner Vernunft beraubt! Du liebst, wie ich höre, eine Sängerin, Du besuchst sie zu Deinem Unglück, und setzest darüber Dein tägliches Geschäft, das Fischen, gänzlich beiseite. Der rechtschaffene Nachbar Sosias hat mir diese Nachricht gebracht. Er ist ein Mann, der die Wahrheit aufrichtig liebt, der sich noch nie verleiten ließ, eine Unwahrheit zu sagen. Das ist eben der Sosias, der von den kleinen
Fischen, die er im Garn fängt, die wohlschmeckende angenehme Brühe zu kochen weiß. Sage mir doch, wer hat Dir in der Musik die diatonische, chromatische, enharmonische Tonfügung gelernt, denn, wie er sagt, verstehst Du auch diese? Die Schönheit des Mädchens und ihre Musik hat Dich wohl beides gleich stark entzückt? Höre doch auf, Dein Geld auf dergleichen Sachen zu verwenden, sonst wirst Du dich von solchem entblößen und statt auf dem Meere auf dem festen Lande Schiffbruch leiden, ja, die Wohnung dieser Sängerin wird Dir so gefährlich, als immer mehr der Kalydonische Meerbusen oder das Tyrrhenische Gewässer werden. Dann ist es hier umsonst, die Kratais, bei Szyllens zweitem Anfalle, anzurufen
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Thalasseros an Euplous
Mein lieber Euplous, Deine Ermahnung ist bei mir vergebens angebracht. Es ist mir gänzlich unmöglich, diesem Mädchen zu entsagen, da ich dem mächtigen Winke des Gottes folge, der mit Fackeln und Bogen bewaffnet ist. Die Liebe ist uns Fischern ja ganz eigen und verschwistert, die Göttin, die aus dem Meer entsprang gebar diesen Knaben, und also ist Amor von mütterlicher Seite der unsere. Von ihm verwundet, genieße ich am Meere den Umgang mit meiner Geliebten und glaube, daß ich in ihr eine Panope oder Galatee, die reizendsten der Nereiden, besitze.
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Thermolepyros an Okimon
O klägliches Schicksal, das uns widerfahren ist! Anderen Gästen wurden die ausgesuchtesten Leckerbissen und Leber, die wegen ihrer Zartheit und Fettigkeit dem Tau gleichten, vorgesetzt, und uns speiste man mit schlechtem Muse; sie tranken chalybonischen, wir hingegen verdorbenen essigsauren Wein. Mächtige Götter und ihr Geister, die ihr unsere Schicksale leitet, wendet doch einmal
dieses unbillige Geschick und erhaltet nicht einige Menschen nur in ununterbrochener Glückseligkeit, während ihr andere auf immer zum Hungerleiden verdammt! Das ist einmal der gewaltsame Lauf des Verhängnisses. An uns, deren Glücksumstände schlecht und gering sind, übt es immer seine Ungerechtigkeiten aus.
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Konosphrantes an Timon
Die Hoffnung war vergeblich, die ich mir von dem jungen Polykritus gemacht hatte. Ich glaubte, er würde nach dem Tode seines Vaters sein Vermögen zügellos verschwenden und es durch Schmausereien und den Genuß des Vergnügens in unserer und der schönsten Mädchen Gesellschaft entweder ganz oder doch größtenteils erschöpfen. Nun, da der Alte tot ist, speist er einmal am Tag sehr spät, erst wenn die Sonne bereits untergehen will. Dann speist er nicht etwa teure Gerichte, nein, Brot
vom öffentlichen Markt, und wenn er sich einen recht frohen Tag machen will, schlechte, halbverdorbene Oliven dazu. Ich weiß nicht mehr, was ich anfangen soll, da mir eine so schöne Hoffnung fehlschlägt. Wenn der Erhalter selbst jemand, der ihn ernährt, braucht, wie wird es erst dem gehen, der von ihm seinen Unterhalt erwartet! Das ist eine doppelte Beschwerlichkeit, mit einem Hungerleider umzugehen. Lebe wohl!
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Eubulus an Gemellus
Eine Torte, die den Namen von dem Sizilier Gelon führte, war gerade vor mir auf der Tafel hingestellt. Ihr Anblick allein entzückte mich und immer war ich bereit, sie zu verschlucken; allein es dauerte sehr lange, denn das Gebackene war mit allerlei anderem Konfekt, wie Pistazien, Datteln und geschälten Nüssen umgeben. All dies schaute ich mit feindlichen Blicken an; ich wartete nur mit brennendem Verlangen, wann ich mich einmal über die Torte würde hermachen können. Zum Unglück zauderte man entsetzlich, den Nachtisch anzurühren und das unaufhörliche
Kreisen des Bechers verursachte allerhand Hindernis und Aufschub. Endlich, als wenn man aufgegeben hätte, meine Begierde zu quälen, reinigte hier einer die Zähne mit einem Splitter von zurückgebliebenen Speiseresten; ein anderer legte sich zurück und zeigte mehr Lust zu schlafen, als an den Tisch zu denken; dort schwatzten einige miteinander und an nichts dachte man weniger, als diese herrliche Torte nach meinem sehnlichen Wunsche zu verzehren. Zuletzt sahen die Götter, wie ich glaube, mein schmachtendes Verlangen mitleidig an und ließen mich die Torte nach langem Bestreben kosten. Ich versichere Dich, dieses Vergnügen ergötzte mich nicht so sehr, als mich der lange Verzug mit Verdruß gequält hatte.
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Platylämus an Erebinteon
Noch niemals erlebte ich in dem attischen Gebiete einen so strengen Winter. Die abwechselnden Winde, die verwirrt umherwehten, stießen mit Heftigkeit auf uns zu, worauf ein dichter Schnee fiel. Der Boden war davon bedeckt, eine gewaltige Menge häufte sich, nicht nur auf der Oberfläche, sondern stieg in die Höhe, so daß man kaum die Haustüren öffnen oder die Straßen unterscheiden konnte. Ich hatte, Du kannst es leicht begreifen, kein Holz, nicht die geringste brennbare Sache im Vermögen, und der Frost drang mir
durch Mark und Bein. Hier geriet ich auf eine Erfindung, sie wäre des Ulysses würdig gewesen – ich entschloß mich geschwind in die Schwitzkammern oder Kamine der Bäder zu laufen. Aber auch da machten mir meine Zunftgenossen, die hier in Menge waren, den Zutritt unmöglich, denn auch sie mußten der Armut, der nämlichen Gottheit Strenge empfinden. Sobald ich merkte, daß hier kein Platz für mich war, rannte ich in des Thrasybulus Bad, in einem Privathause, und fand es unbesetzt. Mit zwei Stück kleiner Münze machte ich mir den Badeknecht zum Freunde, und so wärmte ich mich, bis auf den Schnee Eiswetter folgte und der Frost die Steine aneinander befestigte, da das Nasse dazwischen gefror. Die strenge
Kälte ließ nach, und die gelinden Sonnenblicke erlaubten mir, mich wieder herauszubegeben und ohne Beschwerden meine Gänge verrichten.
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Amnion an Philomoschus
Der Hagel hat meine Saaten mit Gewalt getroffen und verwüstet; ich weiß mir keine Rettung für den Hunger, da ich mir aus Mangel an Geld kein ausländisches Getreide kaufen kann. Du hast, wie ich höre, noch etwas Vorrat von der letzten Ernte übrig. Leihe mir doch zwanzig Scheffel, damit ich mich, meine Frau und Kinder retten kann. Sobald die Früchte geraten, werde ich es Dir in demselben Maße, ja mit Überschuß zurückerstatten. Lasse Deine guten Nachbarn, die leider in bedrängten Umständen sind, nicht ohne Hilfe.
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Eustolus an Elation
Da das feste Land meine Handarbeit nicht genug belohnt, bin ich entschlossen, mich dem Meere und den Wellen anzuvertrauen. Leben und Tod ist uns nun einmal von dem Verhängnis bestimmt, es ist umsonst, will man dem tödlichen Geschicke entfliehen, wollte man sich auch in eine Zelle sorgfältig verschließen. Der Vollzug dieses Tages bleibt festgesetzt, und das Schicksal ist unvermeidlich. Unser Leben hängt also nicht von dergleichen Sachen ab, sondern es ist das Glück, das die Austeilung desselben übernimmt. Es gab Leute, die den Tod frühzeitig
auf dem Lande fanden, andere erreichten zur See ein langes Leben. Von dieser Wahrheit überzeugt, will ich mich der Schiffahrt zuwenden und mit Wind und Wellen in Gesellschaft leben. Es ist besser, aus dem Bosporus und der Propontis mit neuerworbenen Schätzen nach Hause kommen, als auf einem Feldstück um Athen in Schmutz und Trägheit armselig zu leben.
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Agelarchides an Pytholaus
Liebster Freund, die Wucherer in der Stadt sind doch recht abscheuliche Leute. Neulich brauchte ich Geld, weil ich wegen eines Landgutes in Kolonus im Kaufe stand. Da hätte ich nun zu Dir oder einem andern Nachbarn vom Lande gehen sollen, aber ich weiß nicht, was mir fehlte, daß ich mich an die Tür Martius begab, wohin mich ein Bürger der Stadt führte. Hier traf ich einen alten Mann mit Runzeln, der die Augenbrauen zusammenzog und ein altes, beschmutztes, von Motten und Würmern zerfressenes Papier in der
Hand hielt. Anfänglich redete er kaum mit mir, eine Ansprache ist nicht besser wie gar keine, mochte er denken, als ihm jedoch mein Begleiter sagte, ich brauche Geld, da fragte er, wie viele Talente ich verlange. Ich äußerte mein Erstaunen über diese abschweifende Frage; er verachtete den Vortrag ohne Umstände und ließ seinen Unwillen deutlich erkennen. Dennoch gab er mir die verlangte Summe, verlangte die Unterschrift über die hohen Zinsen, über das Kapital und mein Vermögen zum Pfand. Ich bleibe dabei, Leute, die sich beständig mit Rechnen und Zahlen beschäftigen, sind ungemein gefährlich. Gütige Schutzgötter des Landmannes, laßt mich doch in Zukunft weder einen Wolf noch einen Wucherer mehr sehen.
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Anicetus an Phoebiane
Du fliehst mich, Phoebiane, Du fliehst mich, obgleich Du vor kurzem erst mein ganzes Geld an Dich gebracht hast. Was fehlt Dir noch, das Du nicht als Teil Deines Vermögens besitzest? Sind nicht die Feigen, der frische Käse, das Paar Hühner und die übrigen leckerhaften Sachen alles Geschenke von mir? Auf diese Art hast Du mich gestürzt, und wie das Sprichwort sagt, mit Gewalt zum Sklaven gemacht, ohne meine Aufmerksamkeit als brennende Liebe zu würdigen. Lebe wohl, und fliehe mich nur immer. Ich werde Deine Verachtung mit Schmerzen zwar, aber mit Standhaftigkeit ertragen.
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Phoebiane an Anicetus
Eine Nachbarin, die sich in Geburtsschmerzen befand, hatte mich zu sich holen lassen, und ich war eben im Begriffe, mit meinen nötigen Sachen mich auf den Weg zu machen. Plötzlich fährst Du auf, willst mit Gewalt meinen Hals zu Dir ziehen und mich küssen. Unnützer, elender Alter, hörst Du niemals auf, uns junge, blühende Mädchen gleich einem feurigen Jüngling mit Deiner Liebe zu verfolgen? Hat man Dir nicht die Feldarbeit aufgesagt, weil Du schon reif für die Grube bist? Wozu also diese zärtlichen Blicke und Seufzer? Höre auf damit, elender Kekrops, und denke an Deine Beschaffenheit.
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Glycera an Bacchis
Menander hat den Entschluß gefaßt, eine Reise nach Korinth zu machen, um den Isthmischen Spielen beizuwohnen. Meinen Beifall findet dieser Gedanke nicht. Dir ist es bekannt, was es heißt, solch zärtlicher Geliebten auch nur für kurze Zeit entbehren zu müssen. Aber ich hatte kein Recht, ihm davon abzuraten, da es nicht seine Gewohnheit ist, öfters zu reisen. Kann ich ihm zur Zeit seines Aufenthaltes dort meine Empfehlung geben, oder
soll ich sie ihm versagen, da er wünscht, Du möchtest ihm gewogen sein? Sei versichert, das würde mir eine kleine Eifersucht von Deiner Seite zuziehen, ich kenne unser gegenseitiges Vertrauen. Ja, liebste Freundin, ich bin nicht Deinetwegen, sondern Menandern wegen in Unruhe, denn Deine Denkungsart ist für Deine Bestimmung zu edel. Seine verliebte Zärtlichkeit ist außergewöhnlich, und bei einer Bacchis vermag auch der ernsteste Mensch nicht gleichgültig bleiben. Die Mutmaßung ist daher wahrscheinlich, daß diese Reise nicht nur um mit Dir bekannt zu werden, als der Isthmischen Spiele wegen angestellt worden ist. Mißbilligst Du vielleicht meinen Verdacht? Verzeih, mein Schatz, meine Eifersucht, die uns
Mädchen eigen ist. Es ist für mich keine Kleinigkeit, einen Liebhaber wie Menander zu verlieren. Sollte es zwischen ihm und mir zu einem Erkalten oder sonstigen Zwistigkeiten kommen, so müßte ich mir auf dem Schauplatze von Chremes oder Diphilus die bittersten Vorwürfe anzuhören gefallen lassen. Ich werde Dir unendlich dankbar sein wenn er mit denselben Gesinnungen in meine Arme zurückkommt, die er bei seiner Abreise hatte. Lebe wohl.
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Bacchis an Hyperides
Wir Mädchen insgesamt bezeugen Dir hiemit unsere Dankbarkeit; nicht eine einzige ist, die in einem geringern Grade als Phryne verpflichtet. Sie betraf die gefährliche Rechtssache, die der boshafte Euthias angesponnen hatte, die Gefahr war vollkommen gemeinschaftlich. Würden wir unsere Geliebten fruchtlos um Geschenke bitten, würden wir als Freundinnen der Götter angeklagt werden; sobald wir unsere Gunstbezeugungen freigebigen Liebhabern zuwenden, o, dann hätten wir den besten Grund, unsere Lebensart aufzugeben, und uns weder selbst noch andere durch
unsern Umgang Verdrießlichkeiten auszusetzen. Nun aber wollen wir aufhören, über den Stand buhlerischer Mädchen aus diesem Grunde zu murren, weil Euthias sich als ein ungetreuer Liebhaber gezeigt hat; er soll uns in Zukunft vielmehr doppelt reizend sein, weil Hyperides unser gefälliger Freund ist. Deine Menschenliebe verdient in der Tat das blühendste Glück. Du hast eine würdige Freundin Dir zum Vorteil errettet, und uns ihretwegen zu dankenswerten Gefälligkeiten zum voraus verpflichtet. Würdest Du Phrynens Schutzrede noch überdies schriftlich abfassen, o, dann würden wir Mädchen Dir in der Tat eine goldene Bildsäule errichten, in dem Teile Griechenlands, in dem Du sie verlangen würdest.
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Bacchis an Phryne
Der Anteil, liebste Freundin, den ich an Deiner Gefahr nahm, war nicht so stark, als den ich nun an dem Vergnügen nehme, daß Du von einem boshaften Liebhaber getrennt bist, und an dem Hyperides einen aufrichtigen Geliebten gefunden hast. Ich bin überzeugt, daß diese Rechtssache für Dich eine glückliche Begebenheit gewesen ist. Nicht nur in Athen, nein, in ganz Griechenland hat diese Streitigkeit Deinen Namen bekannt gemacht. Der
Verlust Deines Umgangs wird den Euthias zur Genüge bestrafen; er scheint mir nur aus natürlicher Unbesonnenheit die Grenzen der Eifersucht unter Verliebten im Zorne überschritten zu haben. Sei versichert, er liebt Dich gegenwärtig heftiger als selbst Hyperides. Dieser letztere verlangt ohne Zweifel in Rücksicht auf seine Verteidigung mit einer gewissen Hochachtung angesehen zu werden und sich kostbar zu machen; jenen feuert der widrige Ausgang seines Prozesses noch heftiger zur Liebe an. Mache Dich immer auf seine Bitten, seine Demütigungen und öfteren Geschenke neuerdings gefaßt. Aber, liebstes Mädchen, vergib unsern Vorteilen in nichts, und laß Dich durch Euthias' flehentliches Bitten nicht erweichen,
wenn man nicht denken soll, Hyperides habe in dieser Sache eine schlechte Wahl getroffen. Glaube es nicht, wenn man Dir sagt, der Redner würde nichts ausgerichtet haben, wenn Du nicht das Kleid aufgerissen und den Richtern den entblößten Leib gezeigt hättest. Eben seine Verteidigung war es, die Dich instand setzte, diesen Streich in dem gelegenen Augenblick anzubringen.
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Bacchis an Myrrhina
Nein, bei der göttlichen Venus! möchtest Du nie eines vollkommenen Geliebten teilhaftig werden! möchtest Du doch Deine Tage in Gesellschaft des Euthias zubringen, der jetzt Deine ganze Hochachtung besitzt! Mädchen, wie unglücklich macht Dich diese Torheit, dieses zuversichtliche Vertrauen auf eine so unbedeutende Schönheit. Es ist ja begreiflich, daß er Phrynen, mit Hintansetzung einer Myrrhina, lieben wird. Mir
scheint, Du hast dem Hyperides Deine Empfindsamkeit zeigen wollen, weil er gegen Dich etwas kühler wurde. Er hat eine Geliebte, die seiner würdig ist. Du hast einen Liebhaber, der sich ganz artig für Dich schickt. Aber bitte ihn nur einmal um ein Geschenk und Du wirst gleich sehen, daß Du entweder die Schiffsmagazine angezündet oder die Gesetze verletzt hast. Wahrlich, Du bist uns allen verhaßt, die wir die Liebe mit edleren und menschenfreundlicheren Gesinnungen verehren.
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Thais an Thessala
Nie hätte ich geglaubt, daß ich mich mit Euxippen nach einer so großen Vertraulichkeit jemals entzweien würde. Ich bin nicht geneigt, Dir die verschiedenen Gelegenheiten vorzuhalten, in welchen ich ihr bei ihrer Ankunft aus Samos nützliche Dienste leistete. Genug, daß ich gegen den jungen Pamphilus unerbittlich war, bloß weil er bereits mit ihr schon bekannt schien, und Du weißt welche Geschenke er mir machte. So
erwidert sie nun meine Gefälligkeit, und sucht sich damit bei der verwünschten Megara beliebt zu machen! Auf diese hatte ich allerdings wegen des Straton schon längst einigen Verdacht; was aber jene betrifft, vermutete ich aus ihren Beschimpfungen eben nichts Ungewöhnliches. Man feierte das Ceresfest, und die ganze Gesellschaft war wie gewöhnlich die Nacht über bei mir. Hier setzte mich Euxippens Benehmen in Verwunderung. Ihr höhnisches Gelächter mit Megaren und ihre Spöttereien verrieten mir ihre Feindschaft, und dann sang sie noch öffentlich Lieder auf den Geliebten, der mir untreu wurde. Das alles rührte mich noch nicht sehr. Schließlich aber vergaß sie allen Anstand und machte auf
mich wegen der Schminke bissige Anspielungen. Ihre Sachen müssen wohl sehr schlecht stehen; es scheint, daß sie nicht einmal einen Spiegel besitzt. Denn wenn sie wüßte, daß ihre Gesichtsfarbe fast ockergelb ist, sie würde mich nicht beschuldigen, ich wäre ungestalt. Mein Kummer darüber ist nicht groß. Ich wünsche ja nur meinen Verehrern zu gefallen, nicht aber einer Megara oder Euxippe. Diese Affengesichter. Deinen ferneren Tadel zu vermeiden, das allein ist die Ursache meines Geständnisses. Keine Spöttereien, keine Beschimpfungen, nein, Streiche, die sie weit empfindlicher kränken werden, sollen mich rächen. Göttin der Rache, erfülle meine Wünsche!
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Thais an Euthydemus
Seitdem Dir eingefallen, Dich der Weltweisheit zu widmen, bist Du ein ehrwürdiger Greis, der die Augenbrauen bis über den Scheitel hinaufzieht. Gezwungen im Benehmen, ein Buch in der Hand, stolzierst Du in die Akademie an meinem Hause vorbei, als wenn Du es noch nie angeblickt hättest. Welche Torheit, liebster Euthydemus! Weißt Du nicht, was jener finstere Sophist mit seinen Vorträgen, die bei euch so viel Bewunderung
erregen, für ein feiner Mann ist? Wie lange glaubst Du wohl, daß er mich schon mit seinen Liebesanträgen quält? Seine Leidenschaft ist wirklich der Herpyllis, Megarens Bedienten, gewidmet. Damals verwarf ich seinen Antrag, denn aller Sophisten Gold schien mir weit geringer als das Vergnügen, in Deinen Umarmungen zu liegen. Aber jetzt will ich ihn erhören, weil er an der Trennung unseres Verhältnisses schuldig zu sein scheint. Gefällt es Dir gut, so will ich Dich einmal des Abends augenscheinlich überzeugen, daß diesen hochweisen Lehrer, diesen Mädchenfeind, der Genuß gewöhnlicher Wollüste gar nicht zu befriedigen imstande ist. Unbesonnener Jüngling, das sind lauter Possen, nur
Künste, um sich Ansehen und Zuhörer zu erwerben. Glaubst Du denn, daß ein Mädchen und ein Sophist gar so verschiedene Dinge sind? Vielleicht nur insofern, daß wir uns nicht einerlei Mittel bedienen, die Leute auf unsere Seite zu bringen, denn unser gemeinschaftlicher Endzweck ist ja, Geld zu verdienen. Dabei hegen wir aber weit gesittetere und frömmere Grundsätze. Wir leugnen keine Götter, denn wir glauben an unseren Geliebten, wenn sie uns bei denselben ihre Treue zuschwören. Wir verlangen von den Mannspersonen keine unnatürliche Verbindung mit Schwestern und Müttern, wir wollen nicht einmal, daß sie mit andern Mädchen als uns Bekanntschaft machen sollen. Etwas ist wahr,
die Ursache der Wolken, die Eigenschaften der Atome, dergleichen wissen wir freilich nicht, aber kannst Du uns deswegen den Vorzug vor den Sophisten absprechen? Ich selbst nahm an dem Unterricht und den Gesprächen verschiedener dieser Leute teil. Aber niemand, der uns Mädchen besucht, beschäftigt sich mit den leeren Einbildungen, den Staat zu verwirren und die Herrschaft an sich zu reißen. Er trinkt zur Morgenzeit, er berauscht sich und überläßt sich bis neun oder zehn Uhr der Ruhe. In der Erziehung junger Leute geben wir ihnen vollends nichts nach. Vergleiche, wenn Du willst Aspasien und den Sophisten Sokrates, und erwäge dann, welche von beiden bessere Leute gebildet haben. Du wirst
finden, ein Perikles ist der Schüler von ihr und ein Kritias der seinige. Genug all dieser Torheit, geliebter Euthydem, so schöne Augen sind nicht dazu gemacht, finster zu blicken. Komm, besuche Deine Geliebte, wie früher, wenn Du aus der Akademie kamst und Dir den Schweiß abtrocknetest. Dann wollen wir uns, vom Weine begeistert, von der reizenden Wahrheit, daß die Wollust der Endzweck der Dinge sei, wechselweise überführen. Ich versichere Dir, meine Stärke in der Philosophie wird Dir hier deutlich in die Augen leuchten. Die Gottheit räumt unserem Leben so wenig Augenblicke ein; willst Du sie wohl auf so rätselhafte nichtsbedeutende Dinge unvermerkt verschwenden?
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Simalion an Petala
Ich würde Dir Dein stolzes Benehmen gegen mich nicht vorwerfen, wenn es Dir Vergnügen oder Ansehen bei Deinen Verehrern eintrüge, wenn ich mich wiederholt an Deine Tür begebe und meine Klagen bei Mädchen ausschütte, die man an glücklichere Liebhaber abschickt. Ich weiß, der Schritt, den ich mache, ist fruchtlos; aber glaube mir, wenige Deiner Geliebten würden sich bei dem Verlust Deiner Zärtlichkeit so
traurigen Empfindungen überlassen. Ich hoffte, der Wein, den ich gestern abends bei Euphronius in Menge trank, würde mich etwas trösten und die Sorgen zerstreuen; aber ich erfuhr gerade das Gegenteil. Meine Leidenschaft wurde noch heftiger, ich weinte, ich schluchzte laut. Die Gefälligsten aus der Gesellschaft bemitleideten mich, während ich mich den übrigen lächerlich machte. Ein geringer Trost, der aber schon zu verschwinden scheint, bleibt mir noch übrig. Es ist das kleine Geschenk, das Du unter dieser traurigen Klage beim Schmaus aus den Locken rissest und mir zuwarfst, zum Zeichen, daß Dich meine Geschenke doch nicht alle beleidigen. – Noch einmal, findest Du daran Dein Vergnügen, nun so genieße
meinen Kummer, erzähle ihn den Fremden, die gegenwärtig glücklicher sind als ich; vielleicht werden sie sich in kurzem gleichfalls dem Schmerz überlassen müssen, wenn sie ein ähnliches Schicksal erreicht. Schmähungen, Drohungen würden den Brief eines anderen angefüllt haben, ich aber, ich flehe und demütige mich noch. Ja, Petala, meine Liebe ist von der äußersten Heftigkeit, steigt sie, so zittere ich vor dem traurigen Beispiel der Unglücklichen, die ihre Klagen an allzu grausame Schönen verschwendeten.
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Petala an Simalion
Wahrhaftig, das wünschte ich noch, daß ein Mädchen die Ausgaben mit Tränen bestreiten könnte! Prächtig würde ich dann leben, denn Du würdest mir, das weiß ich, einen reichen Vorrat davon gütigst überlassen. Aber leider! brauchen wir Geld, Kleidung, Schmuck und Sklavinnen, die ganze Einrichtung unserer Lebensart hängt von diesen Dingen ab. Ich besitze kein Erbgut in Myrrhinus, ich habe keinen Anteil an den Silbergruben, bloß kleine Geschenke und die Freigebigkeit unbesonnener Liebhaber, eine Sache,
die oft erst nach vielem Jammern und Seufzen erworben wird, machen meinen Reichtum aus. Schon seit einem Jahr befinde ich mich in Deiner Gesellschaft voll Verdruß. Mein Kopf ist vom Putz entblößt, diese ganze Zeit über hat er keinen Balsam mehr gesehen, und in diesem alten, groben Tarentinischen gehe ich meinen Freundinnen zur Schande herum. Und Du glaubst trotzdem, daß ich bei Deinem Umgang immer meinen Unterhalt finde? Weinst Du? Sei versichert, es soll nicht lange währen. Ohne einen Liebhaber, der mich beschenkt, müßte ich einfach Hunger leiden. Wie wenig Mitleid verdienen Deine Tränen. Mächtige Venus! Du liebst, sagst Du, und wünschest Deine Geliebte zu besitzen; ohne sie wäre
es Dir unmöglich zu leben? Nun, mein Freund, sind denn keine Becher in eurem Hause? Kannst Du der Mutter kein Geschmeide, dem Vater kein eingegangenes Geld entwenden? Wie glücklich ist Philotis! Die Grazien haben sie mit holden Augen angeblickt, welch ein Liebhaber ist ihr Menekeides, der ihr jeden Tag ein neues Geschenk macht! Das ist besser als weinen. Ich Arme, ich habe keinen Liebhaber, sondern einen Leichensänger, der mir Kränze und Rosen schickt wie dem Grabe einer jungen Braut und mir versichert, daß er die ganze Nacht geweint habe. Kurzum, kannst Du mich beschenken, so komm und spare Tränen, wo nicht, so behalte Deinen Kummer für Dich und belästige mich nicht damit.
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Myrrhina an Nikippe
Diphilus bezeigt sich gegen mich ganz kalt; seine Neigung ist nur mehr der nichtswürdigen Thessala gewidmet. Bis zum Adonisfest besuchte er mich noch von Zeit zu Zeit, um mit mir zu speisen und die Nacht zuzubringen, allein schon damals äußerte er ein empfindliches stolzes Wesen und verlangte eine besondere Aufmerksamkeit. Meistens kam er dann betrunken und in Begleitung des Helix, der sich die Zeit bei mir vertreiben wollte, da er in Herpyllis verliebt war. Jetzt aber macht er gar kein Geheimnis mehr daraus, daß er den Umgang mit mir aufgeben will. Seit vier Tagen zecht
er schon in Lysis Garten mit Thessalen und dem verzweifelten Strongylion, der aus einem gewissen Groll gegen mich ihn mit dieser neuen Geliebten bekannt gemacht hat. Meine Briefe, das Hin- und Widerschicken der Sklavinnen, alles war umsonst. Ja, ich glaube sogar, daß sie seinen Stolz und seine Lust, mich zu beschimpfen, noch vermehrt haben. Mir bleibt nur übrig, die Tür zu verschließen und ihn ganz unerbittlich abzuweisen, wenn er wieder die Nacht bei mir zubringen will, falls es ihm einfallen würde, sich mit Thessalen zu entzweien. Gewöhnlich bändigt Verachtung den Übermut. Ist aber das vergeblich, so muß ich, wie bei einer heftigen Krankheit, ein stärkeres Hilfsmittel gebrauchen. Denn das wäre zu arg, nicht nur den
Gewinn, den ich von ihm hatte, zu verlieren, auch noch Thessalen zum Gelächter dienen. Du hast, sagtest Du mir einmal, einen Liebestrank, der Dir früher oft geholfen hätte. So ein Mittel werde ich jetzt auch gebrauchen, um seinen allzu großen Stolz und seine Neigung zum Trunk ganz bei ihm auszurotten. In richtige Friedenstraktate will ich mich mit ihm einlassen und auf sehr überredende Weise weinen. Die Rache des Himmels würde ihn treffen, wenn er mich, seine zärtliche Geliebte, so verachten würde, und andere solche Ausdrücke will ich ausdenken und anbringen. Hierauf wird der Boshafte mit einer vornehmen Miene kommen – er wird zu erkennen geben, meine heftige Liebe gegen seine Person erweichte ihn.
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Meneklides an Euthykles
Sie ist dahin, o mein Euthykles, die liebenswürdige Bacchis, sie ist tot. Nichts als Tränen und das Andenken an die zärtliche Liebe bleibt mir von ihr zurück. Nein, niemals werde ich meine Bacchis vergessen, nie wird diese Zeit kommen! Mit welch aufrichtiger Liebe erwiderte sie die meine. Man spräche ganz recht, wenn man sie eine lebendige Verteidigung der Lebensart junger Mädchen nennen würde. Ja, sie würden meinen
Beifall erhalten, wenn sie ihre Bildsäule in feierlicher Versammlung in dem Tempel der Venus oder der Grazien aufstellen würden. Ihr Beispiel bewies, daß sie die von jedermann vorausgesetzten Regeln, diese Mädchen wären boshaft und falsch, alles ziele bei ihnen auf Eigennutz, man fände durch Geschenke stets Zutritt, sie verursachten bei ihren Liebhabern alles mögliche Unglück, nichts als boshafte Verleumdungen sind. Du wirst Dich an den Meder erinnern, der aus Syrien hieher kam, mit welchem Staate er sich zeigte und wie er ihr Eunuchen, Sklaven und andere ausländische Kostbarkeiten anbot. Sie hörte den Vorschlag an und verwarf ihn. Sie begnügte sich, mein geringes und gemeines Lager mit mir
zu teilen; meine sparsamen Geschenke befriedigten sie und des Satraps prächtige wurden mit Verachtung verworfen. Und wie schnöde wußte sie nicht den ägyptischen Kaufmann abzufertigen, der sich zu so einer beträchtlichen Summe erbot? Es ist unmöglich, etwas Vollkommeneres zu finden als sie. Was für einen edlen Charakter hatte das Verhängnis mit der Bestimmung einer Lebensart verknüpft, die nicht gerade die glücklichste ist? Und nun, nun stirbt sie, sie verläßt mich, Bacchis muß jetzt das einsame Grab bedecken. Grausame Parzen! War es nicht billig, daß ich auch jetzt, wie ehemals, mit ihr vereinigt ruhen sollte? Aber ach! Ich bin noch am Leben, genieße meinen Unterhalt und unterrede mich mit meinen Freunden! Nun
wird sie mich nicht mehr mit ihren holden Augen lächelnd anblicken, nicht mehr in sanfter Vertraulichkeit die Nächte mit jenen reizenden Scherzen zubringen. Erst neulich noch, Himmel! Welche Sprache, welche Blicke! Welche bezaubernde Reize beseelten ihren Umgang! Was für ein süßer reiner Nektar lag in ihrem Kuß. Ich glaube, die Göttin der Überzeugung selbst hatte zuäußerst auf den Lippen ihren Wohnsitz auf geschlagen. Ganz umgab sie der Gürtel der mächtigen Venus, welche sie vor allen Grazien begleitet, in sich begriff. Sie sind dahin, die kleinen Lieder, die sie beim Schmaus sang; die Leier, welche ihre Finger, dem Elfenbeine ähnlich schlugen! Sie, die alle Herzen schätzten liegt nun als gefühlloser Stein, liegt als
Asche begraben. Die niederträchtige Megara, deren ausschweifenden Räubereien den unglücklichen Theagenes aus einem sehr schönen Vermögen so weit gebracht, daß er die Waffen ergreifen und in den Krieg ziehen mußte, die lebt, und Bacchis, die ihrem Geliebten zärtlich getreue Bacchis, stirbt. Liebster Euthykles, die Klagen, die ich Dir ausschütte, haben mir das Herz etwas leichter gemacht. Von ihr zu reden und zu schreiben, ist für mich Wollust; denn nichts bleibt mir von ihr als das Erinnern. Lebe wohl.
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Megara an Bacchis
Dir allein ist es also geglückt, einen Liebhaber zu bekommen, den Du mit solcher Zärtlichkeit liebst, daß es Dir unmöglich ist, einen Augenblick ohne ihn zu sein. Ein wunderliches Benehmen! Mächtige Venus! Schon so lange hat Dich Glycera eingeladen und Du kommst nicht, wahrscheinlich nur seinetwegen, und vernachlässigst Deine Freundinnen. Du bist wie ein ehrbares Mädchen, das seinen Geliebten wirklich liebt! Macht Dich dieses Lob nicht glücklich? Wir dagegen sind bloß wilde, ausgelassene
Buhlerinnen. Aber nur Geduld, Philo stützte sich auch nur auf einen Stab von Feigenholz! Bei unserer Göttin, ich bin recht böse auf Dich! Thessala, Myrrhina, Chrysinin, Euxippe, alle waren wir beieinander; sogar Philumene, die erst neulich geheiratet hat und so eifersüchtig bewacht wird, schläferte ihren artigen Gemahl ein und kam, etwas spät allerdings, aber sie kam. Nur Du allein bewachtest Deinen Adonis, damit ihn Proserpina nicht entführe, wenn Du, seine Venus, ihn verlassen würdest. Oh! was war das für ein Fest! (Ich muß Dir noch etwas weh tun.) Nichts fehlte seinen Reizen. Da gab es Lieder, Scherze, Balsam, Blumen, Konfekt, und alles dauerte bis Tagesanbruch. Unser Lager war unter schattigen Lorbeerbäumen
aufgeschlagen. Du allein fehltest uns noch, sonst vermißten wir nichts. Schon öfters hatten wir uns dergleichen Vergnügen verschafft, selten aber genossen wir es so vollkommen. Und so brachten wir nun die ganze Nacht hin; wir schimpften auf unsere Liebhaber, wir wünschten uns andere, weil doch die frische Liebe stets reizender ist, und berauscht verließen wir endlich den Platz! Nach vielem auf der Straße verübten Mutwillen beschmausten wir noch den Desymachus in dem Goldgäßchen, gegen Agnos hinab, zunächst an des Menephrons Hause. Das macht, Thais ist in ihn auf das heftigste und wahrhaftig auch mit gutem Grunde verliebt. Der junge Mensch hat ja erst neulich seinen reichen Vater beerbt.
Dieses Mal wollen wir Dir noch verzeihen; am Ceresfeste werden wir aber bei Thessalens Liebhaber in Kolyttus unsern Schmaus halten, denn Du wirst das feierliche Gepränge mit dem Adonis besorgen. Alsdann mußt Du ganz gewiß kommen und Dein Spielgeräte und Deinen jetzt so geliebten Adonis mitbringen. Unsere Liebhaber sollen der Lustbarkeit beiwohnen. Lebe wohl.
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Philumene an Kriton
Was nützt das ewige Schreiben und Dein Kummer? Kurzum: fünfzig Goldstücke muß ich haben, Briefe brauche ich nicht. Liebst du mich, gut, so beschenke mich; bist Du aber ein Geizhals, so falle mir nicht beschwerlich. Lebe wohl.
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Leontium an Lamia
Gewiß, nichts muß unangenehmer sein als ein Alter, der auf das neue kindisch wird. Welches Benehmen des Epikurs gegen mich! Seine Zanksucht richtet sich gegen alles, auf alles wirft er Verdacht; die Briefe, welche er an mich schreibt, sind unauflöslich und ich werde recht mit Gewalt seinen Garten zu verlassen gezwungen. Bei der Venus! Wäre er auch ein Adonis, dieser beinahe achtzigjährige Greis, er würde mir mit seinen ekelhaften und kränklichen Umständen unerträglich werden, er, der statt der Haare mit dichten Zotten bewachsen ist. Wie lange ist es möglich,
einen solchen Weltweisen auszustehen? Er behalte seine Grundwahrheiten von der Natur, seine zweifelvollen Anweisungen zur Vernunftlehre für sich, und lasse mich, als eine freie Person, mit Verdruß und Beleidigungen verschont. Ich habe wirklich an ihm einen kriegerischem Liebhaber, als Du, Lamia, an Deinem Demetrius besitzt. Kann man wohl bei einem Manne dieser Art seine Leidenschaften im Zaume halten? Er will sogar den Sokrates spielen; er zwingt sich, in seinen Gesprächen aufgeweckt und witzig zu sein und mit Geschmack zu scherzen. Seinen Pythokles hält er für einen Alcibiades, und aus mir gedenkt er seine Xanthippe zu machen. Ganz gewiß entschließe ich mich noch, lieber die Flucht, in
welches Land es auch sein mag, zu ergreifen, als seine schlecht geschriebenen Briefe länger anzunehmen. Das unerträglichste Unterfangen aber gegen mich ist dasjenige, das diesen Brief veranlaßt hat, denn ich wünschte mir Deine Meinung zu wissen, welche Maßregeln ich ergreifen müsse. Du kennst den reizenden Timarch aus Khepisien. Ich leugne es keineswegs, daß ich gegen diesen Jüngling schon lange zärtlich gesinnt bin; Dir, Lamia, darf ich die Wahrheit gestehen. Er ist beinahe mein erster Lehrmeister in der Liebe; wir wohnten beieinander in der Nähe, und ich fand in seinen Umarmungen mein Glück. Von dieser Zeit an macht er mir beständig die ausgesuchtesten Geschenke; er verehrt mir Kleidungen
Geschmeide und schwarze Sklaven und Sklavinnen, anderer Kleinigkeiten zu geschweigen. Er eilt sogar, mir die ersten Früchte der Jahreszeit zu bringen, damit sie niemand eher als ich koste. Und einem solchen Geliebten, sagt Epikur, soll ich ausweichen, soll ich den Umgang mit mir verwehren. Mit welchen Schimpfnamen, glaubst Du, daß er ihn belegt?
Seine Ausdrücke sind nicht eines Atheners, nicht eines Weltweisen, sondern eines echten Barbaren, der nach Griechenland gekommen ist, würdig. Ha! Würde auch ganz Athen aus lauter Epikuren bestehen, bei Dianen schwör ich's! ich würde sie alle nicht mit einem Arme meines Timarchs, nicht mit einem Finger vergleichen. Was denkst Du, Lamia, ist das nicht richtig,
nicht billig geurteilt? Laß Dir, ich beschwöre Dich bei Cytheren, laß Dir dergleichen Einwürfe ja nicht kommen. Er ist gleichwohl ein Weltweiser; ein Mann von großem Ruhme; der so viele Freunde hat. Er entziehe mir immerhin, was ich besitze, er teile seinen Unterricht andern Personen mit, die Ehrbegierde entflammt mich nicht; laß mich nur, Göttin, meinen Timarch, den ich wünsche, besitzen. Der arme Jüngling! Mir zu gefallen ist er gezwungen, das Lyzeum, seine Freunde und ihre Gesellschaft zu verlassen und dagegen mit diesem Alten zu leben, ihm zu schmeicheln und seine eitlen Sätze zu bewundern. Fliehe, sagt ihm dieser Tyrann, fliehe aus meinem Reiche und meide Leontiums Umgang. Würde nicht
mein Geliebter mit mehrerem Recht sprechen: meide sie selbst; sie ist die meinige? Er, als Jüngling, erträgt den Greis, seinen Nebenbuhler, und dieser weigert sich, ihm nachzuahmen, der mit größerem Recht diese Person vorstellt. Bei den Göttern beschwöre ich Dich Lamia, sprich, was soll ich machen? Bei den heiligen Geheimnissen, bei dem Wunsche, diese widrigen Umstände geändert zu sehen! So oft ich mir die Vorstellung mache, vom Timarch getrennt zu werden, überfällt mich eine schnelle Ohnmacht, der Schweiß benetzt meine Glieder, und mein Herz wird umgekehrt. Nimm mich doch, ich bitte Dich, wenige Tage nur bei Dir auf ich will ihn empfinden lehren, diesen Greis, welches Glück er genoß, als ich
bei ihm im Hause war. Ich bin überzeugt, er wird diesen Kaltsinn nicht lange aushalten und schnell den Metrodor, Hermachus und Polyän als Bevollmächtigte an mich schicken. Wie oft glaubst Du wohl, Lamia, daß ich ihm, wann ich ihm, wann ich allein um ihn war, sagte: Was machst Du, Epikur? Ist es Dir unbekannt, wie Timokrates, Metrodors Bruder, Dich wegen dergleichen Sachen in den öffentlichen Versammlungen, in den Schauplätzen, bei den andern Sophisten lächerlich macht? Aber was ist mit ihm anzufangen? Die Liebe macht ihn unverschämt. Gut; so will ich gleichfalls, seinem Beispiel nach, unverschämt sein und von meinem Timarch nicht ablassen. Lebe wohl.
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Glaukippe an Charope
Ach, Mutter, ich bin ganz außer mir! Es ist mir unmöglich, den jungen Methymnäer, des Steuermanns Sohn, zu heiraten, seitdem ich jenen Jüngling aus der Stadt erblickte, der den geheiligten Palmzweig trug, als Du mir am Oschophorienfeste nach Athen zu gehen erlaubtest. Ach Mutter! er ist schön, schön und reizend ist er, seine Locken sind krauser als Moos, holder lächelt er als die See bei stillem Wetter, seine Augen glänzen
Und sein ganzes Gesicht – o, Du sprächest, die Grazien hätten Orchomen verlassen und tanzten, in der Gargaphischen Quelle gewaschen, auf seinen Wangen. Auf seinen Lippen blühen Rosen, die er aus Cytherens Schoße entwandte, und sie damit schmückte. Entweder ich muß ihn besitzen, oder ich stürze mich nach dem Beispiel der Lesbischen Sappho, nicht vom Leukadischen Felsen, sondern von den Piräischen Klippen in die Fluten.
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Charope an Glaukippe
Törichtes Kind, Du bist wahrhaftig Deiner Vernunft beraubt. Nieswurz hast Du nötig, und zwar keine gemeine, sondern solche, die aus Anticyra in Phocis kommt, da Du alle jungfräuliche Schamhaftigkeit aus den Augen setzt. Bleib ruhig, fasse Dich, und verbanne diese unglückliche Leidenschaft aus Deinem Gemüt, denn, erfährt Dein Vater etwas davon, so wirft er Dich, ohne vieles Bedenken und Zaudern, den Ungeheuern des Meeres vor.
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Dryantas an Chromion
Weder unser Ehestand noch unsere Kinder oder der Aufenthalt auf dem Lande sind mehr Deiner Aufmerksamkeit würdig. Die Stadt hat Dich gänzlich eingenommen; Pan und die Nymphen, die Du Epimeliden und Dryaden und Naiden nanntest, sind Dir verhaßt, und neben den vielen Gottheiten, die schon vorhanden sind, führst Du bei uns noch neue ein. Wo soll ich auf dem Felde den Koliaden und Generelliden geheiligte Plätze verschaffen? Ich hörte noch einige andere Namen von
Göttern, die ich ihrer Menge wegen meist vergessen habe. Törichtes Weib, wie unüberlegt sind Deine Gesinnungen! Du eiferst jenen Athenerinnen nach, die in Üppigkeit zerfließen, die ihre Gesichtszüge entlehnen, und von äußerst schlimmen Sitten sind. Ihre Wangen härten sie mit allerlei Schminke, besser als die künstlerischen Maler. Doch bist Du klug, so bleibst Du, so wie Dich vorhin das Wasser oder die Seife rein machte.
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Gebellus an Salomonis
Elende Salamonis, was bedeutet dieses stolze Betragen? Nahm ich Dich nicht, und zwar hinter meiner Mutter, zu mir, als Du Dich in der Werkstatt bei dem hinkenden Schneider aufhieltest? Halte ich Dich nicht wie eine Braut, die eine große Erbschaft zu erwarten hat? Und doch, nichtswürdiges Mädchen, zeigst Du Dich halsstarrig, und begegnest mir stets mit höhnischem Gelächter und Spöttereien. Unglückliche, wirst Du
nie diesen beleidigenden Übermut ablegen? Aus einem Liebhaber will ich mich Dir als Herr zeigen, und Dich auf das Land schicken und Gerste rösten lassen. Du sollst einsehen lernen, in welches Unglück Du Dich selbst gestürzt hast.
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Salomonis an Gebellus
Herr, alles bin ich auszustehen bereit, außer mit Dir das Lager zu teilen. Ich habe die Nacht über nicht, wie Du glaubst, die Flucht ergriffen oder mich in das Gebüsch versteckt, sondern ich lag unter dem Backtrog, in dem ich mich verborgen und mit der Höhlung dieses Gefäßes bedeckt hatte. Der Entschluß ist gefaßt, mein Leben durch den Strick zu endigen. Höre mein freies Geständnis, da mir die Begierde zum Tode
alle Furcht nimmt! Ich hasse Dich, Gebellus, ich verabscheue Deinen ungeheuren Körper, der mich wie ein Ungeheuer entsetzen macht, und Deinen garstigen Mund, der den üblen Geruch tief aus der Kehle von sich haucht. Alles Übel müsse Dich mit diesen Eigenschaften treffen! Wende Dich an ein altes wahnwitziges Weib vom Lande, das noch einen einzigen wackelnden Zahn besitzt und Harzöl statt ihres Balsams gebraucht!
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Anthylla an Koriskus
Gewiß, noch wird auch das Wasser bergan strömen, da Du, Koriskus, bei Deinen Jahren, wo wir schon Kinder und Enkel haben, in ein Mädchen verliebt bist, das die Laute schlägt, und verursachst, daß mir der Gram das Herz verzehrt! Mich beschimpfst Du, die ich bereits in das dreißigste Jahr Deine Gattin bin, und hingegeben setzt sich diese geile Dirne durch ihre verführerischen Schmeicheleien bei Dir in den reizenden Schein
der Unschuld, und richtet Dich und Deine Feldstücke zugrunde. Die Jünglinge spotten über Dich, Du bleibst bei ihrem Gelächter gefühllos. O Alter, wie sehr bist Du der Huren Mutwillen ausgesetzt!
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Epipphillis an Amakarina
Ich hatte einen Kranz von Blumen geflochten, und ging in den Tempel des Hermaphroditus, ihn meinem Gatten aus dem Alopekischen Stamme zu weihen. Schnell läßt sich ein versteckter Haufe kühner Jünglinge sehen, die bestellt waren, Moschions Absichten auf mich zu befördern. Seitdem ich meinen teuersten Phädria verlor, hörte er nicht auf, mir mit dem Antrag der Ehe beschwerlich zu fallen. Das Mitleiden gegen meine
unerzogenen Kinder und das Andenken meines liebsten Mannes machte, daß ich mich weigerte, einzuwilligen.
Allein, ich dachte nicht, daß mir eine so schamvolle Verbindung bevorstünde, daß ich in einem Haine mein Brautbett finden würde. Er führte mich an einen schattigen Ort, der dicht mit Bäumen bewachsen war, und hier, unter Blumen und Laub – ich erröte, es zu gestehen, liebste Freundin, was er mich zwang, ihm zu bewilligen. Und so ward er mit meiner Kränkung mein Mann; zwar wider meinen Willen, aber doch ist es einmal geschehn. Freilich ist es ein Glück, von unangenehmen Zufällen befreit zu bleiben; allein fehlt dieses, so ist es eine Notwendigkeit, widrige Begebenheiten verborgen zu halten.
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Traxezolichon an Psychion
Ich war recht gerührt, mein guter Psychion, als ich den üblen Zufall erfuhr, der Dir an dem Gesichte begegnete. Geschah es wirklich auf diese Art, wie es mir Lirione, der Sängerin Phyllis Mädchen, die vom Schmaus zurückkam, erzählte, so hattest Du, ohne Maschinen und Mauerbrecher, eine wahre kriegerische Verwüstung auszustehen. Denn ich höre, der schandbare, weibische Mensch zerschmetterte Dir die Schale am Kopf,
daß die Trümmer Dir die Nase und den rechten Kinnbacken beschädigten und Bäche herausrannen, wie in Gerania das Wasser aus den Felsen träufelt. Wer wird noch weiter mit diesen abscheulichen Leuten umgehen können, wenn sie ihre Tafel um solchen Preis halten, daß wir unsern Unterhalt mit Gefahr erkaufen und uns zu einer angstvollen Sättigung entschließen müssen.
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Bukopniktes an Antopiktes
Es ist mir unerträglich, mitanzusehen, wie unverschämt die freche Euxippe mit diesem jungen Menschen verfährt. Er verwendet nicht bloß Geschmeide oder Gold, sondern bereits Gebäude und Feldstücke auf sie. In der Absicht seine Liebe dadurch noch heftiger anzufeuern, stellt sie sich in den junger Euboeus verliebt, um auch dessen Vermögen zugrunde zu richten und ihre Gunst einem neuen Liebhaber zu schenken. Das Herz blutet mir, wenn
ich diesen Reichtum verschwinden sehe, den ihm Lysias und Phanostrata, seine verstorbenen Eltern, hinterließen. Was sie stückweise erwarben, das bringt diese Buhlerin auf einmal durch. Ich habe mit dem Jüngling Mitleid; er erzeigte uns viele Gefälligkeiten, als er Herr über sein Vermögen wurde. Auch finde ich, daß dieses unsere Umstände verschlimmern muß. Dann kommt alles, was diesem guten Menschen gehört, in ihre Gewalt, ihr Götter, welchen vorteilhaften Genuß werden wir uns dann versprechen dürfen! Du weißt es, Philebus ist gutherzig, und gegen uns Tischfreunde von sanftem, bescheidenem Betragen, weil er größeres Vergnügen an unseren Gesängen und unserem Lachen als an unserm Schimpfen findet.
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Glaukos an Kyptellistes
Du zeigst Dich ohne Grund hochmütig; voller Stolz gehst Du nach dem Sprichworte, gleich dem Pythokles, daher und trägst Deinen Teil von den Mahlzeiten mit weg. So machte es jüngst Karpadas und sagte ein Verschen aus dem Homer, wie er vorgab, her: »Nach Trunk und Sättigung noch etwas mitzunehmen«, das sehr auf seine räuberische Art, sich der Speisen zu bemächtigen, paßte. Unglücklicher, höre schon endlich einmal
damit auf, täglich ganze Körbe mit einer Menge übriggebliebener Gerichte zu füllen, sonst wirst Du sicher eines Tages nackend zur Tür hinausgejagt werden und dieses Haus für immer meiden müssen!
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Alokymen am Herostrat
Du machst mir wenig Sorge wenn Du auch heimlich drohst und niederträchtige Verleumdungen anzuspinnen suchst. Der römische Soldat, der uns ernährt, ist ein gutherziger Mann und von edlen Gesinnungen. Er ist so weit entfernt, auf seine Geliebte eifersüchtig zu sein, daß er neulich sogar, als er beim Schmaus dieser Sache gedachte, gegen Leute solcher Denkungsart einen starken Abscheu äußerte. Verehelichten Weibspersonen
von Vermögen, sagte er, ist die Besorgung des Hauswesens und eine sittsame Aufführung anständig, während Buhlerinnen vor jedermanns Augen leben müssen und gegen keinen Liebhaber unerbittlich sein dürfen. Man muß sich der Mädchen, die sich einmal dieser Lebensart gewidmet haben, wie der Bäder und bedeckten Gänge bedienen, die gemeinschaftlich sind, wenn sie auch einem einzigen zuzugehören scheinen. Ich weiß, deine Verleumdung wird fruchtlos sein, deswegen zittere und beiße ich die Lippen nicht ein wie andere, wenn sie vor dem geheiligten Denkmal jenes Gottes vorbeigehen, aus Furcht, unglücklich zu werden. Er ist keiner von jenen athenischen Jünglingen voll eitler Einbildung, sondern
ein kriegerischer, beherzter Mann, vor dem Schmeicheleien und Afterreden weichen müssen. Bei wem aber dieses nicht Platz findet, der muß ganz sicher auf die, welche dergleichen versuchen, böse werden. Lebe wohl.
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