Heinrich Zschokke
Die Rose von Disentis
Heinrich Zschokke

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Vorwort.

Wohl wäre eigentlich jedes Vorwort zu nachfolgender Kleinigkeit überflüssig, wenn ich nicht eine Art Gewissenszwang fühlte, das öffentliche Erscheinen dieser Kleinigkeit zu entschuldigen. Sie lag schon seit vielen Jahren angefangen, aber unvollendet, in meinem Pulte, wie manche andere Abhandlung, Novelle und Dichtung, die ich einst mit Vorliebe begann, und dann im Ueberdruß wieder wegwarf. Ich war von jeher im Umgang mit den neun Musen etwas flatterhaft; dieser Fehler gehörte zu meinen Lieblingssünden. Zur Strafe dafür, oder vielleicht auch, weil mein Haar grauer geworden, haben mich die pierischen Mädchen verlassen, was man in solchem Falle keinem Frauenzimmer verargen kann.

Jetzt einsam und müßig, blieb mir nichts Besseres zu thun, als die Bruchstücke der alten Arbeiten zum Zeitvertreibe zu mustern; mich daran, wenn's möglich wäre, mit Auffrischung gewisser schöner Erinnerungen zu ergötzen, und dann, wie der Pfarrer in Don Quixote's Bibliothek, damit ein Auto da fé oder Ketzergericht zu halten.

Da jedoch riefen einige liebe Leute, ich solle Barmherzigkeit haben, mit dieser Rose von Disentis, wie mit einigen andern Kleinigkeiten derselben Art. Auch Frauen waren's; und, man weiß wohl, wie schwer es ist, denen etwas zu versagen. Sie meinten sogar, es könne auch Andern noch eine frohe Stunde, und vielleicht selbst einige Belehrung gewähren.

Also fügte ich mich; blies den Staub von meinen Torso's und Antiken, und überlasse sie Jedem, der sie will. Einstweilen sei es an dieser Rose, und auch wohl an einer gewissen kleinen Pandora genug. Ich werde nicht nachsehen, ob sie, im wilden Strome unserer Tagesliteratur, obenauf schwimmen oder untersinken.


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