Autorenseite

 << zurück 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Lernt mit den Jahren immer weiter schauen,
Daß nicht die Enge eure Blicke hält!
Bei eurem Schaffen lernt ins Große bauen, –
Schafft für das Haus und schafft doch für die Welt!

Wart' nicht, das Schicksal solle dir gestalten
Um dich herum den rechten Lebenskreis,
Im eignen Innern ruh'n die Zwinggewalten:
Der klare Wille und der starke Fleiß.
Gebrauche sie und glaub', des Himmels Segen
Kommt helfend dir auf halbem Weg entgegen!

Ein Hochgefühl von Leben
Nicht Glück allein uns schafft, –
Auch jedes edle Streben
Im Vollgefühl der Kraft.

Und ob auch manch Vorrecht deines Geschlechts
Dein Einzelschicksal dir schuldig bleib',
Nie entbehrst du des höheren, größeren Rechts:
Mensch sein heißt mehr sein als Mann oder Weib.

Das stete Grübeln: »Ich könnte – ich hätte –«
Pflügt eine unfruchtbare Stätte!
Nur dem klaren: »Ich will!« und »Ich kann!« wird's gelingen,
Sich Frucht selbst auf hartem Grund zu erzwingen.

Aus ihrem Schicksal formt sich allezeit
Am letzten Ende
Glück oder Unglück die Persönlichkeit
Durch eigne Hände.

Wie's für den Mann gilt, so gilt es genau
Heutzutage auch für die Frau:
Stütze dich nicht auf erborgten Schein,
Wolle als Mensch gewertet sein!

Dich unnütz fühlen in der Welt? O nein –
Das kannst du nur in weichlichem Verstecke!
Tritt doch hinaus und sieh! Es wartet dein
Die Not der Zeit an jeder Straßenecke.

Am bescheidenen Äußeren stoße
Der suchende Sinn sich nicht,
Alles wahrhaft Große
Ist einfach stets und schlicht.
Das scheint so leicht verständlich,
Doch wieviel Lehrgeld hast
Du selbst bezahlt, bis endlich
Die Wahrheit du erfaßt!

Das rechte Wort an rechter Statt
Gar mächtig schwingende Flügel hat,
Die tragen es über Zeit und Ort
In ungeahnte Weiten fort.

Daß doch der edelste der Triebe
Oft gar so wertlos werden kann,
Fängt die gerühmte Nächstenliebe
Nicht bei dem Allernächsten an!

Erfülle dein Heim mit dem, was du bist,
Auf daß es beseelt auch für andere ist!
Gib ihm den leuchtenden Widerschein
Von freudigem Tun und glücklichem Sein!

Achte keine Stunde klein!
Leg' bewußt in sie hinein
Etwas Schaffen, etwas Streben,
Etwas Freuen und Erleben,
Etwas Nehmen, etwas Geben!

Der hält ein Köstliches auf Erden,
Wer sich auf seiner Lebensfahrt
Zu immer neuem Wachsen, Werden:
Die unerschöpfte Kraft bewahrt.

Ein Stück von seiner Heimat Grunde
Nimmt jeder mit sich in die Welt,
Dran fest bis in die Todesstunde
Die Wurzel seines Wesens hält.

Wer, als er am höchsten im Glück gesessen,
Seine Gottähnlichkeit vergessen,
Hat oft sie in dunklen Schmerzensstunden
Tiefster Erniedrigung wiedergefunden.

Gesegnet jede Selbsterkenntnis,
Und ob sie dich auch schwer verwunde;
Für eigne Schwäche das Verständnis
Liegt jeder Stärke tief zugrunde.

Wer immer deine Ahnen sind,
Du trägst dein eigen Kleid,
Und mehr als deiner Eltern Kind
Bist du ein Kind der Zeit.

Alle die Wankenden, Schwankenden,
Das sind die ewig Krankenden, –
Die Klaren, Entschiedenen
Sind die Gesunden, Zufriedenen.

Herzen bezwingen
Heißt mehr erringen
Und Größres vollbringen,
Als Nacken beugen
Und Köpfe überzeugen.

Schafft einer nur für sich allein,
Dem trocknen leicht die Kräfte ein;
Doch schwillt der Mut und wächst die Kraft
Dem, der für andre wirkt und schafft.

Sind es nicht grade die schlichten, gesunden
Einfachen Geister, oft übersehn,
Wo wir in schlimmen, verworrenen Stunden
Rat uns geholt und Tröstung gefunden,
Die uns geholfen, die uns verstehn?

Klagt nicht um des Lebens Kleinlichkeiten,
Wachst selber nur größer von Tag zu Tag,
Damit der Schmerz, den sie euch bereiten,
Immer geringer scheinen mag!

Hinaus weit über den Kreis am Herd,
Als kostbares Gut geschätzt und begehrt,
Grundlegend bei manchem stolzen Bau
War oftmals der Rat einer klugen Frau.

Unnütze Sorge und unnütze Plag'
Mach' keinem!
Nur ein bißchen Freude gib jeden Tag
Irgendeinem!

Weißt du ein wahres Wort zu rechter Zeit,
So sag's!
Und bringt es Schaden dir und Herzeleid,
Ertrag's!
Scheint deinem Herzen etwas recht und gut,
So mach's!
Und ob die ganze Welt auch Einspruch tut,
Verlach's!

Das sind die Vornehmen auf Erden,
Die frei und groß auf sich beruhn,
Und nicht im Denken, nicht im Tun
Von rechts und links beeinflußt werden.

Es adle, o Weib, dich beides:
Ob im Glücke dein Zauber siegt,
Oder die Hoheit des Leides
Auf deiner Stirne liegt.

Brauchst du für des Tags Geschäfte
Auch die festen Manneskräfte,
Wahre dir im Herzen nur
Deine weiche Weibnatur!

Ganz tief in dir verborgen
Trägst du als Keim und Saat
Schon heute für das Morgen
Den Willen und die Tat.

Harter Befehl und mürrisch Gebot
Machen den Dienenden Sklavennot.

Gott schuf die Menschen einfach, schlicht und rein,
Sie künstelten so viel in sich hinein,
Sie hängten so viel Fetzen um sich her:
Nun kennt man oft das Gottgeschöpf nicht mehr.

Wolle die Menschen nicht immer formen
Nach deinen eigenen Lebensnormen,
Lerne beizeiten hier auf Erden
Allerlei Volk gerecht zu werden!

Seltsame Welt! Was sie am Menschen preist,
Oft – recht besehn – sich tadelnswert erweist,
Und was sie laut mit strengen Worten tadelt,
Vielleicht ihn adelt.

Gesegnet die Frauenmilde,
Die sanft ihren Mantel schlägt
Um alles Rauhe und Wilde,
Um alles, das Wunden trägt!

Willst Hilfe und Liebe du andern schenken,
So fange stets zuerst damit an
Dich tief in sie hineinzudenken;
Nur der hilft richtig, wer das kann.

Hübsch still und klug und selbstverständlich gib
Und schau auf keinem Dank in diesem Leben!
Den schlichten Geber hat der Herrgott lieb,
Der es ihm selber abgelernt, das Geben.

Wer freudig mit der vollen Kraft
An einem Lebenswerke schafft,
Dem wird das Werk in schwerer Zeit
Zum Träger der Persönlichkeit.

Da wird die Arbeit zum Feste,
Da schafft es sich leicht und gut,
Wo du auswirken darfst das Beste,
Das dir in der Seele ruht.

Immer größer, freier, reiner
Wird im Menschheitsdienst dein Leben;
Immer leichter, immer kleiner
Wird dein eignes Joch daneben.

Nur kein Augenverdrehen
        Ohne Verstehen!
Nur kein Tadel
        Ohne Adel!

Ein Sklavenring, den du klirrend schleifst,
Ist der Mißmut, mit dem du ein Werk ergreifst,
Und Herrengefühl macht dich stolz und frei,
Bist du mit ganzer Seele dabei.

Niedrige Arbeit schändet mitnichten;
Man kann auch die niedrigste vornehm verrichten
Und kann so vieles tun im Leben,
Ohne der Würde sich zu begeben.

Schon mancher ward verhängnisvoll der Wahn,
Sie sei zu etwas Höherem geboren;
Noch keine Frau hat da die Zeit verloren,
Wo sie ein schlichtes Liebeswerk getan.

Bei jeder Gemeinschaft gib wohl acht.
Ob sie besser dich oder schlechter macht,
Und was geschieht,
Ob sie aufwärts dich oder abwärts zieht.

Um reif zu werden mußt vor allen Dingen
Du deines Wollens heiße Leidenschaft,
Sein Himmelstürmen ganz in Einklang bringen
Mit deines Könnens klug erprobter Kraft.

So leicht gewinnt man keine Harmonie.
Dies innerliche Wägen, Sichten, Schlichten,
Dies lächelnde Begrenzen und Verzichten,
Das lernt man ohne schwere Kämpfe nie.

Seele, laß dein ängstlich Hasten,
Das kein Werk dir fördern mag!
Wer gelassen trägt die Lasten,
Trägt sie leichter durch den Tag.

Ruhe im Schaffen
Hilft alle Kräfte zusammenraffen;
Hastende Hände
Machen nur selten ein glückliches Ende.

Was du tust, mag allerwegen
Noch den andern nützlich sein;
Aber, wie du's tust, allein
Bringt dir selbst Fluch oder Segen.

Klug sind, die kleine Leiden verlachen
Und aus kleinen Freuden sich große machen.

Nicht beim Dulden und beim Leiden
In Ergebung sich bescheiden!
Leidgetroffner Erdenkinder
Größte sind die Überwinder.

Laß nicht verrinnen deine Tage
Mit leichtem Plätschern nur im Sand!
Als volle, starke Woge schlage
Ein jeder an des Lebens Strand!

Nie wurzelst so du mit den Fasern allen
Da, wo die Früchte in den Schoß dir fallen,
Als auf dem Grund, wo hartem eignem Mühen
Die Ernten reifen und die Blumen blühen.

Ob viel dir wurde oder wenig,
Gilt völlig gleich;
Du selbst machst dich in deinem Reich
Damit zum Bettler oder König.

Denk' immer: ein glücklicher Tag ging zu Ende,
Gab er ein gutes Werk dir zu tun,
Ein frohes Schaffen für Herz und Hände,
Und ein Feierstündchen, um auszuruh'n.

Rechne nicht immer in kritischen Zeiten
Mit tausend schwankenden Möglichkeiten!
Nicht goldene Brücken schlage ins Blaue,
Dem Boden nur unter den Füßen vertraue!

Viel Gutes wurde uns gegeben,
Das wir gering geachtet bald;
Man hält am meisten wert, im Leben,
Wofür man hohen Preis bezahlt.

Verbanne aus deinen Mauern weit
Den bösen Geist der Kleinlichkeit!
Das engste Sein, das kleinste Haus
Weitet großherziges Denken aus.

An jedes Werks Gelingen
Setz' ehrlich ganze Kraft
Und suche zu erringen
Ein Stücklein Meisterschaft!

Laß als Warnung dir sagen
Für schwere Zeit:
Tu im Schaffen und Tragen
Dir selbst niemals leid!

Verlangt das Leben um dich her
Auch viel von dir, schweig' still,
Der trägt erst recht am Leben schwer,
Von dem es nichts mehr will.

Wie hohl sind die wichtigen Nichtigen,
Die sich brüsten mit dem Geringen,
Gegen die schlichten Tüchtigen,
Die still das Große vollbringen!

Wer allzuviel von seinen Rechten spricht,
Nimmt's oft nicht allzuschwer mit seiner Pflicht.

Könntest glücklich du sein, o Frauenherz,
Trüg' dich die Erkenntnis auch sonnenwärts
Und verzehrtest du dich im Eifer der Pflicht
Und hättest der Liebe nicht?

Kinderland ist ein Wunderland,
Liegt jenseits von kluger Menschen Verstand;
Der Weg ist weit, mach' die Augen zu,
Wenn ein Kindlein dich führt, bist du da im Nu!

Wohl jedem Kinde, das die Eltern lehrten
Früh rechnen in der Welt
Mit höheren und bess'ren Werten,
Als Gut und Geld!

Wenn wir im Strom der Tage vergebens
Dürsten nach einem Trank des Lebens,
Dürfen wir's spüren in einsamer Stille:
Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle.

Was willst du immer in die Ferne schweifen?
Du stürmst hinaus, um Dinge zu begreifen,
Die vor den Sinnen wesenlos verblassen
Und in der eignen Seele nur zu fassen.

Nimm nie den Platz im Sonnenschein
Aus deines Bruders Kosten ein!
Sieh zu, eh' du dich festgestellt.
Ob nicht dein Schatten auf ihn fällt!

Nicht immer tut's dein Müh'n allein;
Ist Glück nicht mit Geschick im Bunde,
Wird auch gut Werk nicht gut gedeih'n,
Den Segen braucht's der guten Stunde.

Sei taub auf beiden Ohren
Bei lautem Lobe der Toren;
Doch lausche still den leisen
Tadelnden Stimmen der Weisen!

Tiefe und feine Seelen halten
Treue dem lieben, wertvollen Alten,
Während sich Alltagsseelen freuen
Immer lieber am lockenden Neuen.

Man schafft so manche Tat – erfuhrst du's schon? –
So leicht und spielend wie aus weichem Ton
Und sieht sie später doch, nach dem Gescheh'n,
Schwer, wie aus Erz gegossen, vor sich steh'n.

Nicht Hinz und Kunz und allen
Sich's recht zu machen lohnt, –
Dem Richter nur gefallen,
Der in dir selber wohnt!

Der Helle, frohe Wagemut
Ist ein gar kostbar Erdengut!
Es öffnet sich manch festes Tor,
Steht sieghaft lächelnd er davor.

Wie wäre unser Schaffen segenschwer,
Wenn jedes Wollen gleich ein Können wär'!

Ob auch niemand im engeren Kreise dir bliebe,
Laß doch nicht vertrocknen den Quell deiner Liebe!
Mußt tiefer die Kraft nur zusammenfassen,
Um sie ins Weite strömen zu lassen!

Sei, und du brauchst nicht zu scheinen!
Hüte dich nur vor dem einen:
Mit dir selber im Zwiespalt zu leben
Und dich, wie du nicht bist, zu geben!

Dünkt euch Frauenwerk im Hause zu klein?
Wißt ihr auch nur, was es heißt, zu sein
Mutgeberin in Kampfeszeit,
Trostspenderin im Herzeleid?

Die Frau des Hauses Herz! Wohl steht's im Haus allein,
Wird dieses Herzens Schlag zu Gott gerichtet sein.

Zu leiten wissen und sich fügen können,
Von Herrschsucht wie von Schwäche gleich entfernt,
Sein Recht bewahren, ihrs den andern gönnen –
Wohl jedem, der die Doppelkunst gelernt!

Willst du ein glückliches Leben dir gönnen,
Mußt du viel Schlimmes vergessen können,
Doch auch versteh'n, aus vergangenen Tagen
Gutes und Liebes mit dir zu tragen.

Wie oft dankt man im Alltagsleben
Für tausend nicht'ge, kleine Sachen
Und säumt doch, denen Dank zu geben,
Die innerlich uns reicher machen.

Wem Gott das Auge gab für alles Schöne
Im Leben,
Dem hat er viel, das ihn mit Leid versöhne,
Gegeben.

Ob's auch im nächsten Augenblicke
Dir aus den Wolken fallen mag,
Schmied' dennoch selbst an deinem Glücke
Mit stetem, festem Hammerschlag!

Wo wir unsre Wanderfüße heben
Auf der Pilgerfahrt durchs Erdenleben,
Folgen sie den Spuren, tiefgegraben,
Die Unzählige getreten haben.

Nicht, was du geworden, nicht, was du erreicht,
Nicht die Liebe, die du gewonnen vielleicht:
Die Liebe, die du andern gegeben,
Bleibt das beste Stück von deinem Leben.

Je mehr du andern Menschen gibst,
Je reicher wird die Seele dein,
Je mehr du andre Menschen liebst,
Je liebenswerter wirst du sein.

Achte die kleinen Dinge
Nicht immer allzu geringe!
Sieh sie dir etwas genauer an,
Weil Großes im Kleinen stecken kann,
Und manches Große schon allezeit,
Gescheitert an einer Kleinigkeit.

Ist die Arbeit zielbewußt,
Weckt sie wahre Daseinslust;
Doch ermüdet vor der Zeit
Bloße Vielgeschäftigkeit.

Ein offner Sinn, ein warm Erfassen,
Und auch das schlichteste Begebnis
Kann tiefe Spuren hinterlassen
Und wird der Seele zum Erlebnis.

Hohen Zielen zuzustreben
Adelt uns und unser Leben,
Gibt uns bei des Alltags Bürde
Eine stille, schöne Würde.

Altmodisch nennt man manches und vergißt,
Daß es doch alt und neu zu gleicher Frist,
Weil eben ewig menschlich ist.

Du bist ein Kind der neuen Zeit;
Sei es im besten Sinn:
Gib tapfer, froh und tatbereit
Dich an das Leben hin!

Kleine, feine, reine Freuden
Suche, pflege und genieß!
Lernst du damit dich bescheiden,
Blüht dir rings ein Paradies.

Es ist eine alte Erscheinung:
Man kann auf billige Weise
Überschreien des andern Meinung,
Ihn überzeugen nur leise.

Unselig Haus, so ganz der Arbeit Raub,
Daß jede Freude grau von ihrem Staub!
Und glücklich Haus, wo alle – klein und groß –
Froh tragen selbst der harten Arbeit Los!

Wildkräuter wachsen bescheiden am Rain
Und schließen viel heilsame Kräfte ein;
Steht manches auf Erden nicht hoch im Ruf,
Das doch unser Herrgott zum Segen erschuf.

Es sind zwei Dinge gar fein und zart:
Das linde Trösten von rechter Art,
Das starke Helfen mit sanfter Hand;
Wohltun und Wehtun sind nahe verwandt.

Lieber ehrlich unterliegen,
Kämpft man für ein Ideal,
Als sich bücken und sich schmiegen
Und mit Kompromissen siegen.

Das süße Beschönigen, das sanfte Beschwichtigen,
Geübt bei Nichtigem und bei Wichtigem,
Dieser faule Friede zwischen Gutem und Schlechtem
Ist der schlimmste Feind von Wahrem und Rechtem.

Zu früh und zu spät ist übel getan;
Wer zu rechter Zeit handelt, tut wohl daran.
Gar manchem Werk den Erfolg verleiht
Dies rechte Erkennen der rechten Zeit.

Schmeichelei ist Zuckerbrot,
Macht nur die Näscher satt,
Während die Seele in Hungersnot
Die Wahrheit nötig hat.

Einen flüchtigen Augenblick des Heute,
Von dem du kaum ahntest, was er bedeute,
Mußt oft du in fernen Zukunftstagen
Noch bleischwer in der Erinnerung tragen.

Frage nie nach der guten Tat,
Ob sie die Welt auch gesehen hat;
Doch ebensowenig jemals dabei
Dein eigener Bewunderer sei!

Sammle nicht wertlosen Zunder
In Schrank und Schrein,
Und propf' keinen geistigen Plunder
In den Kopf dir hinein!

Welche Erziehung am besten sich bewährt?
Die den Menschen sich selbst erziehen lehrt.

Du fühlst eine innere Kraft dich durchflammen
Zu großen Taten und suchst sie vergebens –
Sei still, auch aus kleinen setzt sich zusammen
Die große Opfertat eines Lebens.

Willst du in Selbstverblendung
Nicht glücklos irregehn,
Such' deiner eignen Sendung
Geheimnis zu verstehn!

Nicht, was einer weiß, nicht, was einer kann,
Zwingt alle Herzen in seinen Bann;
Das tut nur einzig allezeit
Der Zauber einer Persönlichkeit.

Die Liebe nur, die klar bewacht,
Hat eine himmlische Segensmacht;
Man kann mit lauter Güte allein
Des andern böser Engel sein.

Mach's um dich warm und sonnenhell,
Lichtträger sei und Lebensquell!
Mit kleiner Kraft nur für dein Haus,
Mit großer weit darüber hinaus.

Es ist so leicht und drückt doch so schwer!
Das ist kein flüchtiger Tropfen mehr,
Schnell getrocknet, wie er geflossen.
Es brennt sich ins Herz
Wie glühendes Erz
Die Träne, die treue Liebe im Schmerz
Um deine Schuld vergossen.

Die Heldentaten, die offenbaren,
Verlangt das Geschick unter hundert von einem,
Aber die kleinen, unsichtbaren,
Die schenkt es keinem.

Sei ganz ein Weib! Und wo des Mannes Bahnen
Durch Schranken einer Wirklichkeit beengt,
Nimmt deiner Weibesseele Fühlen, Ahnen
Den Flug ins Weite unbeschränkt.

Die Formen gab Natur dem Angesicht,
Doch deine eigne inn're Arbeit füge
Hinzu die Schrift der eingegrab'nen Züge,
Die für den Adel deiner Seele spricht.

Es klang heut durch den nebelgrauen Tag
So sieghaft jubelnd einer Lerche Schlag.
Merk's wohl: das sind die Besten, denen nicht
Gleich, wenn die Sonne fehlt, der Mut zerbricht!

Wo uns so viele nur Höflichkeit gönnen,
Weil sie uns gut gebrauchen können.
Kann uns ehrliche Grobheit zuzeiten
Ganz besondere Freude bereiten.

Über jedem Arbeitsplatz müßte es stehn,
Antwort gebend ungefragt
Bei Kleinmut, Zweifel und Irregehn,
Das kleine Wörtchen: »Unverzagt«!

Bewahre wohl in deinem Seelenschrein
Wahrhaftigkeit, den hellen Edelstein;
Denn wo sein reines Feuer leuchtend flammt,
Da täuscht kein Glanz, der aus der Lüge stammt.

Stürmt über Tal und Hügel
Auch blind sie oft voran,
Der Seele wachsen Flügel,
Die sich begeistern kann.

Laß der Begeistrung Feuer
Nicht helle Flamme allein.
Nein, heißes Schmiedefeuer
Für eigene Taten sein!

Warte nicht auf den Entdecker
Dessen, was du bist!
Sei lieber ein Lebenswecker
Für alles, was um dich ist!

Zu alt vielleicht für Spielerei
Und Flitterkram des Lebens sei;
Doch für das Neue in Gestalt
Des Wahren, Schönen nie zu alt!

Führt mancher Weg durch Dickicht und Dorn
Und ist doch der rechte –
Geht manche Liebe durch Zweifel und Zorn
Und ist doch die echte.

Fehlt dir die rechte Wünschelrute nicht,
So spürst du auch in harten Herzen drinnen
Die warmen, tiefverborgnen Quellen rinnen
Und lockst sie sanft hervor ans Licht.

Was ist dem Menschenherzen Leidenschaft?
Ein Lebenswecker voll Befreierkraft,
Doch ein Bezwinger auch, der jäh vernichtet,
Was jahrelange Selbstzucht aufgerichtet.

Sei deines Schatzes Mehrerin!
Brich eine Perle aus jedem Leid
Und aus jedem Glück einen hellen Rubin,
So sammelst du dir ein kostbar Geschmeid.

Mit stetem Fleiße säen und bauen,
Doch froh vertrauend ins Morgenrot
Des kommenden Erntetages schauen!
Ersorgtes Brot ist kümmerlich Brot.

Ob gut sie oder schlecht geraten,
Und wie der Menschen Urteil fällt, –
Ein tapfres Herz bekennt zu seinen Taten
Sich frei vor aller Welt.

Mit den Freuden wie mit den Blumen geht's:
Wer geringe achtet, der findet sie stets –
Doch bei manchem zählen die selt'nen allein,
Müssen gleich Orchideen sein.

Wozu auf allzu große Güte schelten?
Ist doch die Güte schon nur viel zu selten.
Mag hier und da sie einen Schelm begnaden, –
Zu große Härte stiftet schlimmren Schaden.

Mit ihrem Lächeln in der Türe breit
Da steht das Alltagsweib: Gutmütigkeit.
Die echte Güte stellt sich nie zur Schau,
Sie bleibt die stille, schlichte Edelfrau.

Auch Seelen liegen am Lebenswege,
Blutend aus mörderischen Wunden
Und warten auf Samariterpflege,
Daß sie heilen, und daß sie gesunden.

Wie schwer ein Schicksal wiegt? Ja, sieh.
Vom eig'nen weißt du's, vom fremden nie;
Denn jedem Herzen tief im Grund
Tut's seine eigne Wage kund.

Im Drang der Arbeit schweigt das Leid wohl still,
Als ob es schliefe;
Man fühlt's erst, wenn man Feste feiern will,
In voller Tiefe.

Nur wer sie heilen kann
Soll an der Wunde rühren,
Man muß im Peiniger
Zugleich den Helfer spüren.

Nicht alte Scherben immer vergebens
Drehen und wenden mit tränendem Blick!
Bilde dir in der Werkstatt des Lebens
Aus neuem Stoffe ein neues Glück!

Die Zukunft hat eine verschlossene Tür,
Du rüttelst vergeblich daran.
Wie weise, daß Gott den Schlüssel hat
Und keiner hineinsehn kann!

Gottes Hände wirken fein;
Fein Gewirk braucht gute Weile, –
Du nur, Mensch, hast immer Eile,
Greifst oft störend plump hinein.

Glück ist wie Gold! Ein Körnlein, winzig klein,
Es gibt dem ganzen Alltag gold'nen Schein,
Und hat es nicht die Kraft zu solchem Licht,
Denk': echtes Gold und echtes Glück ist's nicht.

Vielleicht, daß du einst noch bei vielem denkst,
Dem du jetzt große Bedeutung schenkst:
War doch nichts weiter als Schattenspiel,
Das auf die Wand meines Lebens fiel!

In sonnigster Verklärung Schimmer
Vergang'ner Tage Rosen blüh'n,
Man soll in seinem Leben nimmer
Noch einmal alte Straßen ziehn.

Und sei's ein hartes Ringen heut und morgen, –
Wo einer schafft
Für andre, doppelt's seine Kraft
Und gibt den Segen bei den Sorgen.

Hohen Zielen zuzustreben
Adelt uns und unser Leben,
Gibt uns bei des Tages Bürde
Eine schlichte, stille Würde.

Quäle dich nutzlos nicht um das »Morgen«,
Wenn dir der Himmel heute noch lacht,
Hast dir schon oft mit den Zukunftssorgen
Aus einem Regentag zwei gemacht.

Lerne sagen bei Dingen, groß und klein,
Das Zauberwörtchen: schick' dich darein!
Doch die Kunst dabei ist: sag's seufzend nicht,
Sondern mit lächelndem Angesicht!

Man muß es verstehn, nach der Arbeit Last
Der Seele Ruhe zu gönnen
Und muß nach des Werktags Lärm und Hast
Auch Feste feiern können.

Erfuhrst du's nie in dunklen Zeiten,
Daß man im schwersten Leide kann
Mit seinem Fuß auf Wolken schreiten,
Wie losgelöst vom Erdenbann?
Und daß in tausend Nichtigkeiten
Des Irdischen zu tief verstrickt,
Dein Gang ein Straucheln und ein Gleiten,
Wenn helle Tage dir geschickt?

Du bist der Herr des Plans, der in dir ruht,
Und Herr der Tat, so lang' die Hand sie tut –
Doch ist sie erst vollbracht, so hüte dich,
Dann steht sie für dich oder gegen dich!

Weh dem, der innerer Ehre vergißt,
Weil ihm die äußere alles ist!
Besser, daß dich die Menschen verlachten,
Als du müßtest dich selber verachten!

Die heiligsten Augenblicke auf Erden
Wollen gesammelt genossen werden,
Lasse dich nie von den Außendingen
Um ihren inneren Segen bringen!

Ein dankbar Herz hat allzeit sein Genügen,
Lernt ins Entbehren selbst sich dankend fügen
Und macht sich drum mit Murren und mit Klagen
Die Last nicht schwerer noch in schweren Tagen.

So groß dein Sehnen ist, auffliegend ohne Ruh',
Daß es dem Höchsten, Reinsten sich vermähle,
So groß, o Mensch, ist deine eigne Seele –
So groß bist du!

Willst du des Alters Tücken wehren.
Mußt du's bei seinem Kommen ehren;
Beugst du dich still seinen heiligen Rechten,
Wird's dich nicht schrecken und dich nicht knechten.

Das ist die ew'ge Jugend deines Seins,
Bleibt's mit dem frischen Leben rings in eins;
Durchpulst es stark und frei der Strom der Zeit,
So mündet's jung noch in die Ewigkeit.

Stetes Nehmen, stetes Geben
Macht uns unser Dasein lieb;
Willst du fühlen reiches Leben,
Gib und nimm und nimm und gib!

In jedem echten Weibe steckt ein Schatz
Von Herzenswärme und von Opferwillen,
Such' nur als rechtes Weib den rechten Platz
Ihn opferfreudig auszufüllen!

Welch Leben reich ist? Das Geschick
Gibt alles Gut vergebens,
Macht wahrhaft reich uns nicht das Glück
Des inneren Erlebens.

Die wahre Weisheit das gering nur achtet,
Was Lebensklugheit zu gewinnen trachtet;
Sie sucht, was für die Spanne Zeit hier tauge,
Und jene hält die Ewigkeit im Auge.


 << zurück