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Der Tod spielt in einer ungarischen Scheune zum Tanze auf

Dunstige Röte kriecht aus dem Wald,
Der das Gehügel überfranst.
Der helle Morgen kommt, der bald
Über die Frühlingsfelder tanzt.
Da schwankt aus der Holzung ein Mann hervor,
Wie Pußtazigeuner anzusehn.
Seine Schritte knicken wie windiges Rohr,
Schatten aus Schatten um ihn gehn.

Eine Geige hat er unterm Arm,
Ein uralt wacklig Fiedelholz.
Ihr Meister scheint – daß Gott erbarm'! –
Ein großer Herr von Lumpenstolz.
Er summt im Gehn ein freches Lied.
Der Endreim stöhnt vor Niedrigkeit –
Und wie er über die Felder zieht,
Ob es gleich windstill, weht sein Kleid.

In einem Dorfe kehrt er ein,
Verdingt sich für abends zur Tanzmusik.
Besieht sich die Tenne, wo Tanz soll sein,
Mit seltsam langem, gierigem Blick,
Alle Türen prüft er mit rüttelnder Hand,
Und tätschelt die Lehmwände wie zum Lob.
Und wenn vor der Tenne ein Mägdlein stand,
Dem tanzt er ein kreischend: Hoppla – hopp!

Der Abend in die Scheunbalken bäumt.
Eine Tanzschar wimmelt her in Hast.
Aus allen Ecken Tanzglut träumt,
Der Fremde hat seine Geige gefaßt:
Ein wildes, siedendes Sehnen klingt
Aus den Saiten, wie's noch kein Mensch erdacht.
Den Tänzern das Blut in den Ohren singt,
Und sie stampfen brüllend auf die Nacht.

Trompeten sind der Geige gesellt,
Und Bässe brodeln Rabenzank.
Doch stachelnd über allem gellt
Der niegehörte Fiedelklang.
Papierlaternen spinnen Schein,
Mäuse rennen im Stroh ohne Ruh'.
Da hört man eine Stimme schrein:
»So nagelt doch das Scheuntor zu!

Die Burschen vom Nachbardorf sperren wir aus!
Wir tanzen mit unsern Dirnen allein!« –
Die tanzgierigen Fremden vor Scheune und Haus
Wühlen heran mit zorndumpfem Schrein.
»Stiert durch die Ritzen, ihr Hunde! Das geht!
Klemmt euch die Backen am Scheuntor platt –
Wie Soscha, Iluska und Sari sich dreht,
Durch die Scheuntorritzen seht euch satt!«

Drinnen kreischt ein Beifallsgetos.
Die schweren Nägel schlagen sich fest.
»Das bringt der Teufel nicht mehr los!«
Die Dirnen werden wilder umpreßt.
Da biegt sich ins Licht ein Hälmchen Stroh,
Als sei's von Geisterhand gerührt,
Und hebt sich und flackert lichterloh,
Als würd's von blasenden Backen geschürt.

Und nun stürzt eine breite Flamme auf
Und fällt in den flatterfeinen Glast,
Da bricht der ganze Tanzeshauf
Aufs Scheuntor zu mit wilder Hast.
»Ihr Narr'n, das hält!« Der Fremde lacht
Und springt in den zuckenden Haufen Gebein,
Und der dreimal höllische Unhold macht
Tanzmusik in den Tod hinein!

Eine Dirne springt ihm ins Gesicht
Und krallt einen Fetzen Fleisch heraus.
Wer ist er? Die Wunde blutet nicht! –
Dann mengt er sich in den kreischenden Graus,
Reißt Dirn' um Dirne zum Tanze fort!
Wie Feuerräder kreiselt's im Rund!
Bis auch das letzte Gebein verdorrt,
Bis ausgeschrien der letzte Mund. –

Aus den Angeln wirft er das Scheunentor.
Die tatzenden Flammen tun ihm nicht weh.
Sie pranken rot an ihm empor
Und fallen, als fielen sie weg von Schnee.
Auch hat ihn keiner können sehn,
Wie er zum Wald zurückeschritt
Und aus den trunken blühenden Schlehn
Sich eine Wandergerte schnitt.


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