Johanna Schopenhauer
Gabriele
Johanna Schopenhauer

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Johanna Schopenhauer

Gabriele

Ein Roman


Vorwort

Der freundliche Empfang, welcher den Beschreibungen meiner Reisen durch mancherlei Städte und Länder widerfuhr, munterte mich auf, auch mit einigen Ansichten hervorzutreten, die ich auf der großen Reise durch das Leben sammelte.

Jene Reisebeschreibungen sind Abbildungen nach der Natur, mit möglichster Wahrheit wiedergegeben, wie ich sie auffaßte. Ich möchte sie Landschaftsgemälde nennen, auf denen ich mich bemühte, jeden treu kopierten Gegenstand genau an den Platz hinzustellen, wo er in der Wirklichkeit sich befindet, indem ich mich wohl hütete, den Regeln der Gruppierung oder dem Zauber des Effekts das kleinste Opfer zu bringen. Diese Blätter hingegen bieten willkürliche Zusammensetzungen einzelner Studien nach Gegenständen, wie sie mir auf dem Lebenswege begegneten, die ich nach Gefallen trennte und vereinte, so daß oft zu einer meiner Figuren mehrere Individuen und Örtlichkeiten beitragen mußten. Obgleich diesem nach keine einzige derselben ein Portrait im strengen Sinne genannt werden darf, so würde es mich doch freuen, wenn jede einzelne für ein solches gehalten würde. Denn so wäre mir gelungen, wonach jeder Historienmaler streben muß und was unser großer Meister durch Wahrheit und Dichtung so treffend bezeichnet.

Übrigens fühle ich mich in meinem Gewissen verpflichtet, zu bekennen, daß mir die Gabe des Gesanges vom Himmel versagt ward und daß daher die in diesem Buche enthaltenen Gedichte nicht von mir sind. Ich danke sie einem Freunde, den ich gern vor der Welt nenne. Friedrich von Gerstenbergk, von dem wir schon so manches schöne Lied, so manche zarte Dichtung mit Dank und Freude empfingen, der Verfasser der ›Kaledonischen Erzählungen‹ und der ›Phalänen‹, steuerte meine Gabriele mit diesem Schmucke aus.

Geschrieben zu Weimar am ersten Pfingstfeiertage 1819.

Johanna Schopenhauer


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