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Die Schläfer.

Der Arzt befand sich noch gegenwärtig, welchen Richard schon Vormittag auf die Prinzeninseln in sein Haus geschickt, um Arkot Ader zu lassen, und das Weitere für seine Herstellung von dem gewaltigen Fall von der Cypresse zu verordnen, von welcher der Geängstete nur vor Schreck über den Schuß getaumelt, und dann mit den Händen an den erfaßten Zweigen derselben hinunter gegleitet war.

Ungeachtet aller seiner Bemühungen und der angewandten zweckmäßigsten Mittel, vor allen des stärksten Mokka-Kaffee's, von welchem den Unbehülflichen nur wenig einzuflößen gewesen, waren Saliane und Walter doch nicht sobald aus ihrem Schlafe zu ermuntern. Er beruhigte aber die Mutter und Richard darüber; denn sie schliefen nur tief und todtenähnlich, aber der Puls war leise zu fühlen, der Athem bewegte zwar fast unmerklich die kleine Flaumenfeder, aber er bewegte sie doch, und ihre Glieder waren warm, ja heiß anzufühlen.

Eine Vergiftung durch Opium-Küchlein war klar; und daß der eifersüchtige und rachebrütende Zwerg der Urheber davon gewesen, ging aus der Erkundigung bei dem nahe anwohnenden Holwaschis oder Zuckerbäcker hervor, bei welchem Amok öfters die rothen kleinen Serbettafeln und allerhand Eingemachtes für Saliane, aber auch Maslak geholt, welches ihm unbedenklich, wie jedem Liebhaber desselben, verkauft worden. Auch war es vermuthlich, daß der leicht wieder zu erkennende Zwerg dort bei ihm von Jemand aus der Stadt gesehen worden, oder er hatte, was von ihm glaublich war, Salianens Aufenthalt sogar selbst verrathen. Denn Olivia's und Arkot's Raub, wovon nur der ärgste gelungen, konnte nur durch eine Verwechslung ihrer mit Saliane und Amok wahrscheinlich erklärt werden, und war dann ohne Zweifel entweder auf des Bruders der Saliane, oder Ezeleddin's Rechnung zu stellen; zuerst aber auf Amok's.

Das alles tröstete Richard über dessen Tod, als verdiente Strafe. Der Zorn hielt seiner Reue das Gegengewicht in seiner Seele. Niemand kann zweien Herren dienen, anders als – nacheinander. Und so reich der Mensch an Glücksumständen sei, er kann sich nur über Einen auf einmal freuen; und so mancherlei Leiden ihn drücken, er kann nur immer Eines leiden. So, nie zu hoch erhoben, nie zu tief gebeugt, zwischen beiden wechselnd und jedes der beiden theilend, fertigt er die Minuten und allmälig das ganze Leben ab, wie ein schwankender Kaufmann Schuldner und Gläubiger.



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