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Daheim.

1.

Was lehnt am Epheufenster des Wärtels Töchterlein,
Und starrt mit trüben Aeuglein zum dunklen Thor hinein?

Auf! Schürze dich geschwinde! Es zieht den Berg herauf,
Es blasen hell die Hörner! 'S ist gar ein stolzer Hauf!

Da springt sie auf vom Rocken, thut einen hellen Schrei.
Das sind Herrn Walther's Reiter! Ist auch ihr Lieb dabei? –

Das junge Herz, wie pocht es! Sie eilt zum Hof hinaus;
Schon reiten sie zur Brücke; Herr Walther sprengt voraus.

Und mitten aus den Reitern da ruft es ihr und winkt;
Sie ringt nach ihm die Hände, vor freud'gem Schreck sie sinkt.

Der Vogtssohn springt vom Rößlein, bei seinem Lieb er kniet;
Durch's Thor so stolz und freudig die Schaar der Reis'gen zieht.

Voll Ungeduld am Brunnen der Schwarm der Mägde steht;
Der dicke Kellermeister den ries'gen Schlüssel dreht.

Das ist ein frisches Klirren, ein Grüßen allzumal!
Herr Walther springt vom Sattel, und stürzt hinauf zum Saal.

Und unbemerkt zur Stube sich schleichen still die Zwei:
Was giebt's nicht zu erzählen bis jetzt vom letzten Mai!


2.

Und droben in dem Saale, an's Kindesherz geschmiegt,
In Walther's Armen schweigend die treue Mutter liegt.

Und wie sie ausgeweinet des Wiedersehens Lust,
Küßt sie ihm Stirn und Auge, und drückt ihn stolz zur Brust;

Und sieht ihn an und wieder, und sieht sich nie genug,
Betastet freudezitternd sein Antlitz Zug um Zug:

»Du hast als Held gefochten, mir kam die Kunde schon,
Ich hab' mich nicht betrogen, du bist mein deutscher Sohn!«

»Doch die, so du geworben, wo bleibt sie noch zurück?
Ich hätt' so gern auf einmal gekostet all mein Glück!«

Herr Walther drauf: »O Mutter! zerrissen ist der Bund;
In Como's Wassern rostet mein Brautring tief im Grund;«

»Die ich zur Braut geworben, sie läugnet unsern Gott,
Des Weibes heil'ge Pflichten, sie sind ihr eitler Spott;«

»In drei der Proben fiel sie, und noch im Brautgewand
Verneinte sie den Heiland, da ließ ich ihre Hand,«

»Und ritt zu Rothbarts Banner, das Mal der Schlacht sieh' hier!
Ich blieb' dein Kind, o Mutter! Blieb Gott getreu und dir!«

Da leuchtet stolz ihr Auge, an's Herz sie fest ihn schließt,
Und dreimal süßer nochmal die Mutterthräne fließt.

Und drauf Herr Walther wieder: »Doch nochmal muß ich fort,
Ich bin nur hergeritten um deines Segens Wort.«

»Und Kranz und Ring und Schleier, und auch ein bräutlich Kleid,
Den silberweißen Zelter, o halte sie bereit!«

»Denn tief im dunkeln Schwarzwald, im alten Sängerhaus,
Mit einem süßen Kinde tauscht Herz um Herz ich aus.«

»Ihr Aug' blaut wie der Himmel, daraus ein Sternlein bricht,
Ihr Thun ist hoher Adel, ihr Wort und Kleid ist schlicht.«

»Sie hat von eignem Fleiße gehäuft den reichen Schrein,
Sie birgt all' ihre Freuden in Heerd und Kämmerlein.«

»Und wie ein Geist des Lichtes so rein und fromm sie ist,
Es schmückt mit reicher Gnade ihr Herze Jesus Christ.«

»Zu diesem frommen Kinde hat sich mein Herz bekannt;
O Mutter laß mich ziehen zu meiner Amaranth!«

»Vertraue deinem Sohne, den Bund der Himmel schloß;
O gieb mir deinen Segen, laß steigen mich auf's Roß!«

Und tief mit Kindesbitte in's Mutteraug' er sieht;
Sie weint und hebt die Hände, Herr Walther niederkniet.



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