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IV.
Die Vergewaltigung

Der Marquis von Donnereux war gebildet, gehörte aber zu jenen Gebildeten, die in der Nationalbibliothek nur einen Schrank kennen: der enthält die siebenhundert Bände, die man niemals ausleiht. Da nun der Prinz von jenem Ahnen, der immer bei den Pagen Mazarins steckte, eine Anzahl obszöner Bücher geerbt hatte, kam der Monomane zuweilen, um eine seltene Schweinerei zu leihen.

Als der Prinz nach Venedig gereist war, erschien der Marquis öfters. Jedesmal trat Klementine, die Kammerfrau, die auf Empfehlung der leichtfertigen Marquise de Trinquetailles engagiert worden war, dem lasterhaften Greise in den Weg, dessen infames Verlangen sie erriet.

– Wieviel geben Sie mir dafür? fragte sie ihn eines Tages, ihm eine Miniatur zeigend, die Corysandre als Imogen Shakespeare, Cymbeline. darstellte.

– Dreitausend Franken.

– Und für das Original?

– Fünfzigtausend.

Sofort erklärte sie ihren Plan. Der Flügel des Fräulein von Urfé hatte einen Eingang vom Garten, und der Garten eine Tür nach der Seitenstraße: er könne sich in einer Nacht einschleichen, nachdem sie ihrer Herrin ein Schlafmittel gegeben.

Der Handel wurde mit einem Blick abgeschlossen.

Donnereux eilte zu Pouancé und legte vier Banknoten zu fünfhundert auf den Tisch:

– Ein Schlafmittel für eine Nacht,

– So teuer bezahlt man nur die Verbrechen, erwiderte der Arzt.

– Sie weigern sich?

– Nein, denn Sie würden es anderswo finden. Wenn diese Untat erfolgen soll, kann ich auch den Nutzen davon haben.

Und der Arzt des Lasters, der Arzt der Zaubertränke, der die thessalische Apotheke bei sich hatte, verfertigte eine Arznei, schrieb darauf »zum äußeren Gebrauch« und reichte das Fläschchen dem Marquis.

– In einem Glase Zuckerwasser sechs Stunden Schlaf.

Einige Tage später klagte Corysandre über Migräne; Klementine holte den Arzt, der erklärte, es sei nichts.

Als sie schlafen wollte, erstaunte Corysandre, daß die Kammerfrau ihr ein Glas Wasser reichte.

– Bevor der Arzt ging, sagte diese, hat er mir geboten, Sie etwas gewürztes Wasser trinken zu lassen.

Wie die Kinder, die eine Arznei langweilt, schlürfte das junge Mädchen den Trank in einem Zuge: die Wirkung war augenblicklich.

– Was haben Sie mir da gegeben? … Das ist Gift … Das schläfert ein.

Und sie sank in die Arme der Kammerfrau, die sie aufs Bett trug.

Klementine beeilte sich, die Schmucksachen und Spitzen zusammenzuraffen, die sie finden konnte, machte ein Paket daraus und eilte nach der kleinen Tür des Gartens.

Mit falschem Bart ging der Marquis an der Mauer entlang.

– Kommen Sie, aber geben Sie erst.

Sie zählte die Scheine mit den Fingern, faßte Donnereux bei der Hand und führte ihn bis an die Tür des Flügels.

– Steigen Sie hinauf, alles ist offen.

Eilig entfloh sie.

Zuerst hatte der Verbrecher Furcht und zögerte; aber durch das Attentat gelockt, machte er sich Mut, zündete eine Blendlaterne an, stieg in den ersten Stock, durchschritt das Vorzimmer und das Boudoir.

Eine Nachtlampe erleuchtete traurig das Schlafzimmer.

Er blieb stehen und überlegte, ob alle Vorsichtsmaßregeln getroffen waren. Dann riß er seinen falschen Bart ab, der ihn störte, und stellte die Laterne auf ein Tischchen. Ein stummes Lachen blähte sein Gesicht, als er all das sah, was an dieser Lilie zu besudeln war! Die Schnecke betrachtete die Rose, bevor sie diese mit ihrem Schleim bedeckte! Vor Lust begann er zu zittern; und mit den Gebärden eines Irrsinnigen riß er Mieder und Kleid auf, die Gewandteile um sich streuend, die zu widerstehen schienen, um den Körper dieser Jungfrau, die bald eine Märtyrerin sein würde, zu verteidigen.

*

Seit der Prinz abgereist war, machte Merodach jeden Morgen seinen Besuch.

Es war acht Uhr.

– Klementine ist noch nicht gekommen, um das Frühstück für das Fräulein zu holen, sagte Anselm.

Merodach wandte sich nach den Gemächern der Corysandre. Vergebens rief er die Kammerfrau. Als er bis zum Boudoir vordrang, hörte er Schluchzen.

Aus ihrer Betäubung erwachend, hatte Corysandre lange Zeit gebraucht, um ihre Lethargie abzuschütteln; und mit der Hellsicht bemächtigte sich der Schrecken eines Alpdrückens ihrer Gedanken. Sie machte eine Anstrengung, um die Schnur der Klingel zu erreichen: bei diesem Versuch merkte sie, daß ihr Körper unglaublich müde war. Sie mußte frische Luft haben und wollte sich erheben, um ans Fenster zu gehen und es zu öffnen: bei dieser Bewegung entdeckte sie, daß sie nackt war, während sie die Haare noch frisiert hatte.

Auf dem Teppich lagen Fetzen ihres Hemdes. Dieser Anblick und das geheimnisvolle Zerbrochensein ihres Körpers machten ihren Geist bestürzt. Als sie die Decken zurückwarf, sah sie Blut auf den Laken: betört durch die Angst über ein namenloses und geheimnisvolles Unglück, schluchzte sie in einer unbeschreiblichen Verwirrung der Gedanken.

Kaum eingetreten, erblickte Merodach die im Zimmer verstreuten Kleidungsstücke.

– Merodach! rief das junge Mädchen.

Sie stürzte sich an seine Brust und umschlang ihn mit ihren Armen, vergessend, daß sie nackt war.

Er wollte eine Frage stellen, als die auf dem Tischchen stehende Blendlaterne, die der Verbrecher nach der begangenen Tat in angstvoller Hast vergessen hatte, ihm das Drama enthüllte. Sein Gedanke erfüllte sich mit Schrecken; er wurde blaß, doch der Magier trat an Stelle des Menschen. Er blies über die Schläfe der Corysandre, und zwar mit einer solchen Anspannung des Willens, daß sie sogleich einschlief.

Er machte Ordnung im Zimmer, las die Kleidungsstücke auf, wickelte sie mit der Laterne in eine Tischdecke. Dann legte er die Hand auf die Stirn des jungen Mädchens, das in seinem Schlafe nervös auffuhr, und gebot ihr durch einen geistigen Befehl, heiter zu träumen.

Als er gehen wollte, kehrte er noch einmal ans Bett zurück und stellte, ohne die Lippen zu bewegen, eine Frage, welche die Magnetisierte erzittern ließ. Sobald er diese Verwirrung sah, löschte er mit einem Streichen die Frage aus.

– Fräulein von Urfé hat eine schlechte Nacht verbracht, sagte er zu Anselm; sie darf nicht geweckt werden, unter keinem Vorwande.

Mit großen Schritten, sein Paket unter dem Arme, ging er nach der Jakobstraße 47.

– Adele? fragte er die Pförtnerin.

– Sie ist bei der Händlerin und kommt gleich zurück.

– Da, nehmen Sie! sagte der junge Mann und gab der Megäre ein Goldstück.

– Ah, Sie sind unsere Vorsehung! Ohne Sie würde Adele sich herumtreiben, wie ihre Schwester, und da sie krank ist, würde sie das nicht lange aushalten.

Ein großes Mädchen mit schwerer Brust, gemeinem Aussehen, trat aus der Loge.

– Sie haben einen elenden Geschmack, mir meine Schwester vorzuziehen, diese Skrofulöse, welche die Männer anekelt.

Merodach drehte ihr den Rücken.

Adele, mager, mit spärlichem Haar, pockennarbig, triefäugig, den Hals mit Skrofeln bedeckt, trat in den Hausflur.

– Ah, Sie können mich gebrauchen, Herr Merodach?

– Ja, sofort, hole eine Droschke!

Zehn Minuten später befand sich der junge Mann vor einem Pavillon der Straße Notre Dame des Champs. Von selbst setzte sich Adele in den Sessel, der die Mitte eines Zimmers im Erdgeschosse einnahm.

Merodach setzte sich ihr gegenüber, ihre Knie mit seinen einschließend, und schläferte sie ein mit einigen vertikalen Strichen, die alle von der Stirn nach der Herzgrube liefen.

– Gehe gestern, um elf Uhr abends, ins Haus Courtenay, Rue Saint-Dominique, sagte Merodach.

– Ich bin dort.

– Steig in den Flügel und sieh.

– Da ist eine Kammerfrau, die ein Paket macht … Ah, aber dieser Schmuck und diese Spitzen gehören nicht ihr … Sie hat sie gestohlen!

– Geh ins Schlafzimmer.

– Oh, wie ist sie hübsch! … Aber sie ist traurig, sie hält ein Buch, das sie nicht liest.

– Sieh, eine Viertelstunde später.

– Die Kammerfrau tritt ein. Sie hält ein Glas … Oh, es schläfert ein, was in diesem Glase ist! sagte die Somnambule, den Kopf zurückwerfend. Sie reicht das Glas dem blonden Fräulein … Es ist ihr zuwider, aber sie trinkt alles … Ah, sie wankt … die Kammerfrau trägt sie aufs Bett … Das Fräulein sieht aus wie ein Engel … die Kammerfrau geht …

– Folge ihr, gebot Merodach.

– Sie nimmt ihr Paket mit Spitzen und Schmuck. Sie steigt in den Garten … Sie geht an die kleine Pforte … sie öffnet und schaut … Jemand wartet … Oh, sein Bart ist falsch … Sie nennt ihn Herr Marquis …

– Donnereux! rief Merodach, ich hätte es geschworen.

Die Somnambule fuhr fort.

– Er gibt ihr Banknoten … Sie zählt sie … Sie führt ihn bis zur Tür des Flügels und entflieht.

– Folge dem Manne, gebot Merodach.

– Er zögert … er zündet eine Laterne an. Merodach gab ihr die in die Hand, welche er auf dem Tischchen gefunden hatte.

– Das ist sie! … rief die Somnambule. Er tritt ein … er ist da … er nimmt seinen Bart ab … er lacht … er ist abscheulich …

Plötzlich wurde Adele von Zuckungen ergriffen und verhüllte ihre geschlossenen Augen mit den Händen.

– Das ist abscheulich, rief sie. Oh, der Schurke! Das Ungeheuer!

Merodach legte ihr die Kleidungsstücke der Corysandre auf die Knie.

Alsbald wurde die Hellsicht herzzerreißend: sie beschrieb die namenlose Szene des gestrigen Abends im Einzelnen, sie mit Schreien unterbrechend:

– Wecken Sie mich auf! Oh, Gnade, das kann ich nicht sehen!

– Ich will, daß du siehst und daß du sprichst, befahl der Eingeweihte, der den kalten Schweiß einer Todesangst schwitzte.

Die Somnambule, deren Gedanke bei jedem Wort zurückfuhr, erzählte den abscheulichen Vorgang der Vergewaltigung mit dem Schaudern der Wirklichkeit: eine Stunde lang trank der Magier diesen schrecklichen Kelch.

Kaum erweckt, warf sich Adele auf ein Ruhebett und sank in den gewöhnlichen Schlaf.

– Vergebliche Bemühung gegen das Schicksal: die Gestirne haben wahr gesprochen, ich werde Mörder sein, sagte sich Merodach, als er ins Haus Courtenay zurückkehrte.

– Wie bleich Sie sind! rief Mérigneux, als er ihn erblickte.

– Ich habe die ganze Nacht in alten Büchern gelesen. Aber wo waren Sie gestern abend? Klementine, diese leichtfertige Person, hat sich entführen lassen: Corysandre hat Stimmen und Schritte im Garten gehört und wahnsinnige Furcht hat sich ihrer bemächtigt!

Er ging in das Zimmer des jungen Mädchens, hüllte Corysandre in eine Decke und trug die noch immer Eingeschläferte ins Bett des Prinzen. Dann kehrte er in den Flügel zurück, riß er die beschmutzten Laken ab und warf sie in einen Schrank, dessen Schlüssel er nahm; zerbrach das Glas mit dem Schlafmittel und ließ alle Spuren des Verbrechens verschwinden, mit größerer Sorgfalt, als wenn er selbst der Verbrecher gewesen wäre.

Dann weckte er Fräulein von Urfé auf. Als sie die Augen öffnete, erstaunte sie, sich im Zimmer ihres Vormundes zu finden. Ihre Nacktheit fühlend, dachte sie, Merodach habe sie selbst dorthin gebracht, und eine Blutwelle stieg in ihre Stirn. Sie wandte den Kopf dem jungen Manne zu und sah eine so furchtbare Blässe, daß sie sich wieder des abscheulichen Geheimnisses ihres Erwachens erinnerte. Ein Gedanke tauchte wie ein erschreckendes Gespenst auf; sie stieß einen lauten Schrei aus, schlug mit ihren Armen die Luft und wand sich in einer Krisis. Der Magier nahm den Kopf des jungen Mädchens in seine Hände und schläferte sie von neuem ein.

– Können Sie bis morgen schlafen? fragte er sie im Geiste.

– Ja, erwiderte die Magnetisierte, wenn Sie es auf außergewöhnliche Weise wollen.

– Corysandre wird erst morgen aufwachen, wenn ich wiederkomme, Mérigneux. Sie hatte Halluzinationen: ich habe sie eingeschläfert. Bei Ihrem Kopfe, daß niemand, besonders kein Arzt, in das Zimmer tritt; ich nehme übrigens den Schlüssel mit.

– Wenn aber Feuer ausbricht? fragte Mérigneux.

– So haben Sie eine Axt, um die Tür zu erbrechen, aber nur in diesem Falle.

– Doch …

– Ich bin unfehlbar, wenn ich es versichere.

Eine Stunde später hatte sich Merodach durch Waschungen gereinigt und in ein Gewand aus Leinen gekleidet: einen Stab aus magnetisiertem Eisen in der Hand, machte er kabbalistische Zeichen, in der Mitte eines Zimmers stehend, das mit weißer Wolle bespannt und von einem Leuchter mit sieben Armen erhellt wurde, und sprach:

– Vor dich, mein Herr Jesus Christus, trete ich, um meine Seele zu ergründen. Gott der Gerechtigkeit, du hast mir die Kenntnis der Gesetze erlaubt, und ich habe das Recht, die Bestrafung eines Frevlers zu beschleunigen. Ich kenne das Gesetz, welches tötet, ich habe dein Feuerschwert in der Hand; bevor ich zuschlage, komme ich, um dich zu fragen: »Willst du, daß ich dein Arm sei?« … Du läßt in meinem Herzen keinen Zweifel entstehen: du erlaubst also dem Magier, mit dem Gesetz, nach der Gerechtigkeit zu treffen?

Er hielt inne, auf seinen Gedanken lauschend und sein Gebet beendend, um zur Beschwörung überzugehen.

– Vor dem, der drei ist und der eins ist, der sich in Jesus Christus verkörpert hat, der zehn Strahlen aussendet, zu dem man durch die fünfzig Tore des Lichtes kommt Khunrath, Amphitheatrum Sapientiae aeternae, Hanoviae 1609, dieser von den Franzosen Guaita, Papus, Peladan wieder entdeckte und hoch verehrte Deutsche hat in seiner kabbalistischen Rosenkreuztafel ein wunderbares Pantakel gegeben, die hieroglyphische Zusammenfassung einer ganzen Wissenschaft. Guaita, Auf der Schwelle des Geheimnisses: »Vervielfältigt man das Pentagramm zehnfach, indem man die fünf Spitzen durch jede der zehn Oeffnungen erstrahlen läßt, so erhält man die ›Fünfzig Tore des Lichtes‹.« Khunraths Tafel ist auch in der deutschen Ausgabe von Papus, Kabbala, abgedruckt, Leipzig, Max Altmann, mit Guaitas Kommentar.; vor den neun Chören der Engel und den sieben Siegeln des Buches; vor meinen Vätern, den Heiligen und den Genien; vor den Magiern, meinen Brüdern, verdamme ich das Ungeheuer, das eine Jungfrau geschändet hat, zum Tode. Gott-Vater, Heilige Jungfrau, warnet mich, wenn ich Unrecht tue.

Nach einem Schweigen begann er wieder mit starker Stimme:

– In meinem Geiste und in meiner Enthaltsamkeit durch die Gnade Gottes und die Anstrengung meines Willens von den Gesetzen des Geschlechts befreit, schreibe ich mein Wort in meinem Astrallicht. An diesem Tage des Saturn, des siebzehnten des vierten Jahres meiner Einweihung.

Kurz darauf rief er im Hause des Marquis dem Diener zu »Ihr Herr erwartet mich« und drang ungestüm in das Gemach des Verbrechers, der bei seinem Anblick zusammenfuhr.

– Sie sind zum Tode verurteilt und Sie werden heute noch sterben. Beichten Sie!

Er sagte das in ruhigem Tone und ging rückwärts wieder hinaus, den Marquis mit seinem Blick bannend. Neben der Tür sah er auf einem Stuhl ein Kopftuch aus Seide und nahm es mit.

Als Donnereux das sah, zweifelte er nicht mehr, daß Merodach verrückt geworden sei.

– Mein lieber Freund, sagte der Magier ohne Umschweife zu dem Bildhauer Antar, machen Sie mir auf der Stelle ein Wachsmodell: den Kopf des Marquis von Donnereux.

– Aber, morgen! Warum?

– Ich brauche ihn sofort!

Von diesem Willen unterworfen, nahm Antar eine Wachskugel: in weniger als einer Stunde modellierte er den Kopf, ohne daß sie ein Wort wechselten.

– Danke! sagte Merodach, den Kopf in einen Lappen hüllend.

Es war acht Uhr abends.

Eine Weile später fand in dem schwarz gestrichenen Keller eine seltsame Szene statt.

Auf einem dreieckigen Tische, der auf einem schwarzen Teppich stand, grinste der Wachskopf zwischen zwei Kerzen; auf einem Stuhl schlief Adele den magnetischen Schlaf, und Merodach, in schwarzem Gewände, hielt sich unbeweglich.

Er sprach hebräische Worte, dann sandte er die Somnambule im Geiste nach dem Hause Donnereux.

– Oh, sagte sie, das ist der Alte, der das blonde Fräulein geschändet hat … Er macht sich fertig, auszugehen.

Merodach trat auf den Tisch zu und legte die linke Hand auf die Büste.

– Er führt die Hand an die Stirn … und setzt sich … er fühlt sich schlecht … und läutet … Er will nicht mehr ausgehen … ihm wird schwindelig.

Merodach zog seine Hand zurück.

– Er fühlt sich besser.

Merodach zieht das seidene Kopftuch eng über die Büste.

– Oh, er schreit, sein Schädel brenne … man solle den Arzt holen … er übergibt sich … Oh, man trägt ihn ins Bett … er wimmert … Ah, da kommt der Doktor!

Eine Pause von mehreren Minuten trennte oft jedes Wort Adelens.

Merodach preßte die Büste.

– Er schreit: »Nehmen Sie diese Hände fort … diese Hände machen mich wahnsinnig … und dieses Kopftuch ist ein Schraubstock« …

Merodach schlug den Kopf platt.

– Oh, das ist furchtbar … er brüllt wie ein Verdammter!

Von der Stirn des Magiers fielen schwere Tropfen Schweißes auf das Wachs, das unter der Wärme der Hände stellenweise schmolz und flüssig wurde.

– Er kratzt die Laken … er zieht seine Daumen ein …

Seit einer Stunde übte Merodach seine Zauberkraft; ein Beben lief ihm vom Genick bis zur Ferse.

Er drückte den Kopf nieder und machte ihn platt.

– Er röchelt, sagte die Somnambule.

Dann quetschte und drehte der Adept das Wachs.

Adele stieß einen Schrei aus: Corysandre war gerächt.

Schwankend ging Merodach hinaus, begleitet von der Somnambule, welcher er dazu den geistigen Befehl gab.

Der Rauch der Kerzen erstickte den Keller; düster besäeten Fettflecke den schwarzen Teppich, auf dem die Nase des Faun mit seinem Höcker sich ausstreckte, noch ihre Form bewahrend, während die Büste nur noch eine schmutzige und namenlose Masse war, von der, leuchtend und halb im Wachs steckend, das Kopftuch herabhing!


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