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XIII.
Liebeskummer und Opfer des Herzens

– Da werden wir von neuem durch eine Regung der öffentlichen Meinung aufgehalten, liebe Prinzessin! Die Leichen beschleunigten das Ende der Umschiffung Peladans Roman »Weibliche Neugier«.: die doppelte Gestalt des Grafen Noroski und der Gräfin Noroska beginnt gefährliche Neugierden zu erwecken. Ein Wort Nergals warnt mich: seit dem Wohltätigkeitsbazar und dem Gericht, das wir dort gehalten haben, legen die Uebelwollenden, die mich beneiden, die Sie begehren, ihre Beobachtungen zusammen, um Ihren Ruf in ein falsches Licht zu stellen. Baron und Baronin Plotte, wütend über die hermaphroditische Szene, haben ihre Kundschafter, die zahlreich sind, in Bewegung gesetzt; die Habitarelle hat viel über die neue Gefallene gesprochen, die so erstaunlich der Prinzessin Riazan gleicht; Gandolière ist so unbesonnen gewesen, zu sagen, ich führe einen indischen Ganymed in die Welt ein; selbst Ihre Freundin Dinska möchte die Wahrheit wissen. Kurz, es ist Gefahr für Ihre Ehre, für die ich vor mir selbst verantwortlich bin; in Ihrer Eigenschaft als Androgyn werden Sie begreifen, dass das Schauspiel einiger schlechter Sitten mehr nicht wert ist, eine solche Gefahr zu laufen.

Paula zog ihre Handschuhe aus, warf zornig ihren Hut hin.

– Ich habe es nicht vorausgesehen, dass die Welt, was Sie die Allgemeinheit der Dummen nennen, uns noch einmal aufhalten würde! Welche schreckliche Bosheit schärft so den Scharfblick? Dächte ich etwa daran, ein Fräulein von Maupin Weil sie als Mann auftrat: Roman von Gautier. zu tadeln? Was ist denn schliesslich Böses in meinem Betragen?

Nebo fing an zu lachen.

– Ausser dem Hause schlafen, in Gesellschaft eines jungen Mannes, und die verschiedensten Pariser Gegenden durchstreifen: finden Sie, dass nichts scheinbar Böses dabei ist? Es ist viel Schlimmeres dabei in den Augen der Welt: eine Herausforderung an ihr Luchsauge, ein Hohn auf ihren Zorn! Da der gemeinsame Despotismus immer rachgieriger und wilder ist als die persönliche Tyrannei, wollen Sie sich dem Wahrspruch entziehen, indem Sie Ihr Verbrechen gestehen. Dieses Wort setzt Sie in Erstaunen? Es ist jedoch richtig: ein junges stolzes Mädchen kränkt die Männer, die als Don Juan auftreten, tödlich; ein junges umworbenes Mädchen verletzt alle Frauen, die nicht eine ähnliche Anziehungskraft ausstrahlen; eine Prinzessin schliesslich, die den Flegel zum Respekt zwingt, ist einer besonderen Verachtung ausgesetzt, sobald der Flegel sie beschuldigen kann. Nichts ist umsonst, und wer die Steuer zahlt, hält sie immer für zu schwer. Sie erheben im voraus von Ihrer Welt eine dreifache Steuer der Bewunderung, der Achtung und der Begierde! Für die neidischen und niedrigen Seelen bedeutet Respekt zeigen aus ihrer Tasche voll Galle eine Münze ziehen, die darin selten ist und deren Brennen schmerzt. Beim ersten Lärm, dass die Prinzessin Riazan gefehlt hat, wird ein ungeheurer Seufzer der Erleichterung die Brüste der Damen und die männlichen Oberhemden weiten: sie werden Ihnen gegenüber der Rücksicht enthoben sein. Da es in Ihrem Kreise, wo ein junges Mädchen für eine Jungfrau gilt, oder für eine Frau vorm Sakrament, keine Uebergänge gibt, so werden die, welche Sie schätzten, Sie verachten. Die Verachtung der Welt zerbricht ihre mächtige Polizeiklinge zu den Füssen des Gelehrten und Künstlers, die in ihrem Werke aufgehen, aber die Frau, die gezwungen ist, gesellig zu leben, wird die Zielscheibe giftiger Freundinnen und unverschämter Kavaliere. Wenn man von unseren Streifzügen etwas erfährt, wird auf der nächsten Gesellschaft der Herr, der Sie hinter einem Vorhang an sich zieht und den Sie zurückstossen, frech sagen: »Meine Liebe, Sie behandeln Herrn Nebo besser! Sagen Sie, dass ich Ihnen nicht so gefalle wie er, aber spielen Sie nicht die Tugendhafte! Oh, nein, nicht die Tugendhafte, das wäre drollig, meine Kleine.«

– Ich will solche mutwilligen Bosheiten nicht begreifen, sagte die Prinzessin, mit ihrer Fussspitze einen kurz abgesetzten Takt schlagend.

– Die sind dennoch begreiflich: sobald die Prinzessin Riazan ihr Ansehen verliert, findet sich die Frau desselben Kreises, die es schon verloren hat, nicht mehr allein in ihrem Falle: dieser neue Skandal verdeckt ihre Schande und verringert sie! Es gibt immer jemanden, dem das Unglück eines andern nützt; und obgleich niemand die verlorene Tugend wiederfindet, wie es bei einer Geldtasche vorkommt, bereichert sie doch die in Verruf Geratenen. Der Hang zum Bekehrungseifer, der in der menschlichen Natur wurzelt, treibt den durch die Sünde Vereinsamten, ebenso wie den durch die Tugend Abgesonderten, Jünger an sich zu ziehen, Wahlverwandte zu vereinigen, Legion zu werden. In Frankreich wollen Advokat und Soldat, die regieren, nur die als Bürger anerkennen, welche die rote Hose oder die schwarze Robe tragen. In den Sitten erhebt sich die gesunkene Frau etwas bei jedem neuen Falle: die Anzahl macht die Kraft der öffentlichen Meinung gegenüber. Hat man nicht unterm Kaiserreich die Kokotte einen dritten weiblichen Stand bilden sehen, zwischen der Strassendirne und der Hausfrau. Was den ironischen Moralisten trösten muss, ist, dass man sich nicht beschmutzen kann, ohne einen unbekannten Nachbar etwas zu reinigen.

– Ist die teuflische Maskerade nötig, um das Böse und die Bösen zu erklären? fuhr Nebo fort. Eine Hälfte der Menschheit ergötzt sich über das Unglück der andern. Die Fanfaren eines erobernden Landes orchestrieren sich aus den Klagen des eroberten; die Frau weint, wenn der Mann sie siegreich verlässt. Wo ist die Freude, die ohne den Tau von Tränen blüht? Wo ist die Ausbreitung, die keinen schädigt? Suchen Sie zu geniessen, ohne leiden zu machen: Sie können es nicht! Im Bewusstsein dieser ewigen Rückfälligkeit des Hans, der weint, um den andern Hans lachen zu machen, und des Hans, der über die Tränen seines menschlichen Doppelgängers lacht, benimmt sich der Mensch, der im Namen der Barmherzigkeit nicht entwaffnet, wie der angebliche militärische Held, der tötet, um nicht getötet zu werden. Wenn der Ruf der Prinzessin Riazan in Gefahr ist, was werden die verseuchten, verdächtigten Frauen machen? Sie werden sich auf das, was ihr an Ehre bleibt, wie Mänaden stürzen: jede wird den Finger auf die Wunde legen, die sie Ihrem Ansehen geschlagen hat, und vor die öffentliche Meinung hintreten, die Nägel von diesem Zerfleischen gebrochen: »Ihr seht, dass ich nicht in ihrem Zustande bin, da ich die Tugend an ihr gerächt habe.« Ach, arme Prinzessin, wenn Sie die Seelen der Provinz hätten studieren können, Sie wären über die Bosheit aller dieser ehrbaren Frauen erschrocken: die sind nicht schwach geworden, verbringen aber ihr Leben damit, die Schwachen unter sich zu erspähen, um sich auf deren Wunde zu stürzen, sie zu reizen und die Ränder von der Wunde mit der Wut ihrer erzwungenen Tugend wegzureissen. Dort unten, in dieser Steppe, »wo man die Beamten säet und wo die Steuern spriessen«, nach dem glücklichen Worte Goncourts, spritzt die Zunge immer ihr Gift: über andere geifern, das ist für diese tugendhaften Frauen der Provinz der Samenerguss; durch eine Verrückung des Gefühls hat sich der Sitz der Wollust bei ihnen ins Organ der Bosheit verlegt. Man versichert, dass Lindor sie nicht erregt, während die Satyriasis der Verleumdung sie unaufhörlich kitzelt: sie sind vom Hass besessen, sind Hexen, die ihren Sitz in der Kirche haben und das Heiligtum schänden, indem sie vorm Altar erscheinen. Und die Männer dort unten schreiben auf dem Sofa des Hurenhauses anonyme Briefe, welche die unglückliche Frau beleidigen, die sich der Liebe nicht hat erwehren können; wenn die »schamhaften« Offiziere der »enthaltsamen« Garnison von einem Ball zurückkehren, auf dem die Töchter des Hauses zu tief ausgeschnitten waren, um ihnen zu gefallen, schämen sie sich im Namen der heiligen Scham! Neben der Provinz, dieser Marquise de Sade, die nur am Bluten der Seele Freude hat, ist Paris gut, ist Paris christlich. Mag man hier nicht die Zeit haben, die Fehltritte zu verfolgen, oder mag die Kultur die angeborene Wildheit gemildert haben: man kann hier seine Wunden verbinden, ohne dass sechzigtausend angebliche Christen den Pfeffer und den Essig der mutwilligen Grausamkeit darauf tun. Diese guten Seelen, die durch eine Erinnerung an die Bibel Lichter von der Jungfrau Maria und den Heiligen zu empfangen glauben, beklagen sich über das grosse Babel. Wenn sie nicht in der Kurzsichtigkeit ihres Glaubens erstarrt wären und in dieser von Gott geliebten Provinz (wenn Gott Heuchelei und Hass im Herzen liebt) um sich blickten, würden sie sich über das Los der Stadt, die als Sinnbild die Barke der grossen Isis führt, beruhigen. Es wird Paris viel vergeben werden, weil Paris hingebend ist; Paris hat einen Geist des Wohlwollens, eine Ehrlichkeit der Bewunderung, die vom Talent erregt werden, ihm Beifall spenden und es befruchten; Paris ist der einzige Ort Frankreichs, wo der Geist der Barmherzigkeit nicht völlig abwesend ist.

– Sie wählen, um mir das Pariser Wohlwollen zu rühmen, denselben Augenblick, in dem ich die besonderen Wirkungen davon verspüre.

– Meine Liebe, jede Ansicht ist die Feststellung eines Relativen: ich vergleiche die Ermordung des Herzogs von Enghien und die fünf Millionen Toten der Bonapartisten; ich ziehe Troppmann Troppmann, siebenfacher Mörder, 1870. vor, der nur eine Familie getötet hat. Die Güte von Paris ist nicht von sehr hoher Stufe, sie ist aus Heiterkeit gemacht. Seine Traurigkeit tragen, ohne sie einen andern fühlen zu lassen, fordert eine Ueberlegenheit der Seele. Ein heiteres Volk wird immer ein besserer Geselle sein als ein schwermütiges, und für die Seelenkunde hat ein Franzose mehr Barmherzigkeit als ein Deutscher oder Angelsachse. Niemand wird daran denken, in Sachen Sitten auf eine höhere Einheit zu rechnen: was soll man also beschliessen, wenn man sieht, was die Bitternis einer Enthaltsamkeit hervorbringt? Wer unter den Kasuisten würde zu behaupten wagen, dass eine solche prüde Frau sich nicht eher durch ihre Zunge verdammt, die sie nur gegen den Nächsten bewegt, als wenn sie dazu ihren ganzen Körper erotisch anwendete. Zwischen der Tugend, die um sich herum entehrt, und der Leidenschaft, die nur sich selbst schadet: würden Sie zögern? Die Welt zaudert nicht, sondern wirft entschlossen in die Wage, an die Seite des herrischen Wesens ihres Verleumders, die gesellschaftliche Rücksicht, die fordert, dass die Leidenschaft geheim bleibt. Sobald die Gesellschaft erlauben würde, dass die Leidenschaft öffentlich wird, hätte sie keine Sitten mehr, und die braucht sie. Also bewilligen wir der Welt, was sie von uns zu verlangen das Recht hat: es ist schwierig, aber möglich, einen dichten Schatten über die Pflichtverletzungen oder ihresgleichen zu ziehen.

– Kurz, Nebo, der Zwang ist furchtbar, von einem Rat der Zehntausend abzuhängen, der unsichtbar und überall zu fürchten ist! Die Welt ist also schlecht gemacht wie »Angelo« Angelo, Tyrann von Padua, Drama von Victor Hugo, 1835.? Es gibt Augen in den Türen und Ohren in den Wänden.

– Sie vergessen in Ihrer Empörung, dass dieses unheilvolle und seltsame Abenteuer des amerikanischen Kusses uns vor der Aufmerksamkeit der Welt aneinander gebunden hat; dass wir mit seltener Kühnheit dem Licht der Kronleuchter und den Blicken mehrerer hundert Personen getrotzt haben; Personen, die zum Teil zu Ihrem gesellschaftlichen Kreise gehörten. Uebrigens, meine Schülerin, haben Sie genug gesehen, um sich den Rest vorstellen zu können. Unsere Reise durch die Leidenschaft könnte noch tausendundeine Nacht dauern: ebenso gut können wir sie beenden. Sehen wir einmal, was Sie noch betrachten möchten.

– Die Liebe des Volkes! Wie ein Maurer, der liebt, von seiner Frau oder von seiner Geliebten spricht; was ein junger Soldat zu seiner Braut sagt.

– Es sei; das ist bewilligt! Dort wird man uns nicht erkennen. Ist diese Neugier unwiderruflich die letzte?

– Warten Sie, rief die Prinzessin aus, ich suche. Ich will sehen … ich will sehen … eine Minute und ich hab's. Hier, ein Titel Gavarnis spricht meinen Wunsch aus: die Invaliden des Gefühls, die im Spiel der Liebe Verwundeten; die, wie Ugines, dabei ihre Zukunft und andere, die dabei ihren Ruhm, ihre Schönheit verloren haben.

– Sehr gut! Sie wollen das Nachspiel der Liebe sehen, nachdem die Schlacht geschlagen ist. Sie haben den Liebhaber und die Geliebte zusammen gesehen; Sie wollen sie sehen, wenn sie sich voneinander getrennt, sich gegenseitig gemordet haben: gut! Da wir eilen müssen, um der Verleumdung nicht die Zeit zu lassen, sich so auszubreiten, dass sie uns überraschen kann, ziehen Sie schnell Ihren Herrenrock an: wir werden die suchen, die ihre Leidenschaft überlebt haben. Ich verspreche Ihnen keine dramatische Steigerung, da ich zu dieser Stunde nichts aussinnen kann; aber wir werden genug auf den Strassen finden, das Sie unterrichtet.

– Nach dieser Lehrstunde, sagte Paula, etwas aufgeheitert, wird noch eine stattfinden. Und … nach der zweiten: was werden Sie mit mir machen? Mich zurückschicken?

– Ich werde Sie nicht mehr zurückschicken, Paula.

In einer Aufwallung schlang das junge Mädchen ihre Arme um Nebos Hals; aber sie liess sie ganz verwirrt wieder fallen, als der Platoniker freundschaftlich ruhig lächelte.

– Ich verliere heute abend den Kopf; ich hätte Sie beinahe geküsst, als ob Ihnen das angenehm wäre, sagte sie, ins Nebenzimmer gehend.

– Ein Kuss, der auf zehntausend Goldstücke geschätzt ist, liebe Prinzessin: sind meine Lippen schön genug, um ihn zu erwidern? Lassen Sie ihn hängen an der Bewegung Ihres Mundes: es ist gottlos, zu schöne Früchte zu pflücken, und Sie wissen, dass ich von Ihrer wundervollen Form nichts begehre, da mein Geist Ihre Seele ganz erobern will.

Verlegenheit breitete sich aus in der Luft des Raumes; Nebo verstummte, ohne es zu wollen; die Eingebung des jungen Mädchens beunruhigte ihn; er dachte, allein geblieben, lange nach, wie er in der nächsten Zukunft ähnliche Aufwallungen abwehren könnte, ohne sich plump zurückzuziehen.

– Ich bin bereit, sagte Paula zurückkommend, einen Filzhut auf dem Ohre und einen Stock in der Hand.

– Gehen wir also, Prinzessin; mögen die Götter uns zu denen führen, die mit der Stimme einer Grille im Dienste des Eros gealtert sind.

Paula hatte den Arm des Platonikers ergriffen und stützte sich auf ihn mit einem Sichgehenlassen, das weiblicher war als gewöhnlich; man konnte es dem fast plötzlichen Kommen der sommerlichen Hitzwellen zuschreiben, welche die Luft dieser besternten Nacht beschwerten.

*

Auf dem Boulevard Pereire taumelte ein Betrunkener; er hätte die Prinzessin beinahe angerempelt und fluchte:

– Donnerwetter …

Euch weh zu tun, das hab' ich nie geplant;
ich hätte eher …

Ein widerliches Aufstossen machte eine Fermate aus der Retizenz Retizenz, Abbrechen mitten im Satze, von lat. tacere, schweigen. des Tartüff.

– Betrunken torkeln und Molière hersagen, das ist nicht alltäglich, sagte die Prinzessin: wenn man ihn dazu bringen könnte, seine Geschichte zu erzählen?

– Zunächst muss man ihn nüchtern machen.

Nebo näherte sich einer Laterne, wählte in einer sehr flachen Schachtel ein Fläschchen und entkorkte es plötzlich unter der Nase des Unbekannten, der hingefallen war.

Die Wirkung war augenblicklich und gemein: der Mann nieste heftig verschiedene Male und strich sich mit den Händen über die Stirn, als ob er aufwache.

– Oh! Was? Was ist das? Wo bin ich? Was haben Sie mich anzuschauen? Sie wissen meinen Namen nicht? Warum bleiben Sie dort stehen? Sieh da, ich werde von selbst nüchtern; muss es noch einmal machen.

– Noch einmal machen? fragte Paula.

Der Mann antwortete sich selbst:

– Ja, noch einmal machen! Wenn man sich erinnert, leidet man zu sehr; das Vergessen, das ist der Alkohol. Der Apotheker ist der Schenkwirt des Körpers, der Schenkwirt ist der Apotheker der Seele. Ach, sein Branntwein taugte nichts; Dieb, geh! da finde ich meine Augen wieder; Donnerwetter, werde ich denn kaltblütig werden?

Diese Furcht, dass er zum Bewusstsein seines Unglücks zurückkehren könne, durchbohrte die jungen Leute.

– Mein Herr …, begann Paula, deren Gefühl den wirklichen Rang des Mannes erkannte.

– Warum sagen Sie zu einem gescheiterten Säufer Herr? Sollten Sie wissen, wer ich bin? Das ist unmöglich! Sie haben mich nüchtern gemacht, zu welchem Zweck? Hat vielleicht das perfide Albion Temperänzler gesandt, die seine Mässigkeitsgesellschaften vertreten?

Er hatte sich erhoben und hielt sich jetzt ziemlich fest auf den Beinen.

– Als mein Freund Ladislaus Sie Molière vortragen hörte, hat er mich gebeten, Sie nach Ihrer Geschichte zu fragen.

– Wirklich, Herr Ladislaus, können Sie Flöte spielen? Nein, und Sie wollen dieses schwierige Instrument spielen, das man meine Seele nennt?

– Sehr gut, etwas Shakespeare jetzt: Sie haben nur volle Gläser gelesen, Herr Zitierer, und erregen die Neugier des Seelenkenners! Wir werden uns erkenntlich zeigen, indem wir Ihnen etwas geben, das Sie wieder in den Zustand tauchen lässt, in dem wir Sie gefunden haben.

– Topp, es gilt! sagte der Mann, sich aufrichtend; man darf seinem Laster nichts versagen. Nun denn, meine Herren,

Man nennt mich Cäsar, Graf von Garofa.

– Etwas Victor Hugo jetzt: Sie sind ein alter Schauspieler.

– Ich bin nicht alt, und er richtete seine dick gewordene Gestalt wieder auf; ich bin nur fünfundvierzig Jahre alt, und bevor ich Schauspieler wurde, war ich Graf; in den Büchern der Gemeinden werden Sie meinen Namen finden und im Saal der Kreuzzüge meine Waffen; vor Ihnen steht mein Gespenst. Ich irre noch umher, um irgendeine Missetat eines Ahnen, eines Waldläufers oder Vagabunden, zu sühnen, nachdem ich eine Frau bis zum Wahnsinn geliebt habe. Ich bin nicht Don Cesar, es fehlt mir der malerische Haudegen, der den geflickten Mantel hebt; Desgrieux Liebhaber der Manon Lescaut, in dem Romane des Abbé Prévost, von 1728. einer Manon des Theaters, bin ich weiter gegangen als nach Amerika, ich bin ihr in den Schmutz gefolgt: sie ist darin gestorben und ich überlebe sie. Das ist das erbärmliche Abenteuer des betrunkenen Wanderers, der Sie neugierig gemacht hat, meine Herren.

– Das ist nur eine Uebersicht; kommen Sie mit uns bis zum nächsten Apotheker der Seele, wie Sie sagten.

– Ihre Neugier ist mindestens ebenso seltsam, als ich es selbst sein mag. Was soll ich Ihnen genau beschreiben? Das Leben eines jungen Burgherrn in einer Kreisstadt, das Erscheinen einer Schauspielertruppe: den Rest hat Gautier geschildert Im Roman »Kapitän Fracasse«, von 1863.. Wie Sigognac bin ich einer sehr koketten Naiven auf dem Thespiskarren, der sie entführte, gefolgt: sie hat meine Zinsen und meine Lenden verzehrt. Sie liebte mich, mit Zwischenakten, in denen sie mich betrog. Zu Grunde gerichtet, aber immer voll Leidenschaft, habe ich das Brot, das sie mir bot und das sie verdiente, indem sie die Naiven rupfte, genommen: aus Liebe wurde ich unterhalten, ward ich Zuhälter. Eine schändliche Krankheit hat sie entführt; und unsagbares Erstaunen, ich habe sie nicht beweint! Ich hatte zu viel Gewissensbisse, um in der Seele diese Liebe zu bewahren, die nur ein Zauber war; als sich ihre Augen geschlossen hatten, habe ich nicht mehr an sie gedacht. Die Kloake, in die ich gefallen, war zu tief, um herauszukommen: ich bin darin geblieben, ich werde darin sterben. Mit Redensarten kann man aus einem Publikum ein weinerliches Kalb machen: während die Logen erklären werden, dass ich richtig liebe, das heisst wie ein Verrückter, werden die gut verheirateten Leute von ihr träumen.

Wie schmutzig bist du!
Erdrosseln würde ich dich morgen …

Wenn du wieder auflebtest …

– Wie konnten Sie sich so verderben lassen, da Sie von edler Herkunft waren und eine gute Erziehung genossen haben?

– Junge Leute, wenn Sie einer Frau begegnen sollten, deren Blick Sie erleuchtet und deren Küsse Sie in den dritten Himmel heben, glauben Sie dem Säufer Neu-Desgrieux, fliehen Sie und werfen Sie sich in weniger paradiesische Arme. Jeder begegnet nicht seinem Verhängnis in Röcken; aber jeder sollte wissen, dass die Kraft der Tugendhaften ihre Flucht und die Kraft der Lebemänner das geringe Vergnügen ist. Man kämpft gegen das Schicksal, gegen den Hunger, gegen sich selbst, man kämpft nicht gegen die Entzückung: so magisch der Panzer eines Mannes auch sein mag, gegen das Glück ist er nicht fest. Ich glaube, ich weiss, dass es in dem menschlichen Sammelsurium so seltsame Beziehungen von einem Menschen zum andern gibt, dass sie sich nicht mehr verlassen, wenn sie sich einmal begegnen; nicht mehr nachdenken und als unbewusste Schlafwandler durchs Leben wandeln, unter dem Zauber des weissagenden Wesens. Wenn ich an diese Laura d'Orpierre denke, die man mir bestimmt hatte und die mich schon anbetete, das arme Ding! Wenn ich daran denke, dass ich sie hätte heiraten können, diese Jungfrau, die noch niemandem gehört hatte, und dass ich der … einer Schauspielerin geworden bin, glaube ich nicht mehr an die menschliche Verantwortung; nicht mehr als an den freien Willen des Vogels, den die Schlange behext!

An der Ecke der rue de Chazelles blieb er stehen; eine Weinkneipe war zu sehen; Nebo gab ihm zwei Goldstücke; der Säufer grüsste feierlich und ging sofort auf die Tür des Ladens zu, die sich hinter ihm schloss.

*

Eine Frau, die auf dem Kopfe ein schwarzes Busentuch trug, der Bologneser Mantille ähnlich, streifte sie; ihr Gang zeigte, dass sie auf einen Vorübergehenden lauerte, und Paula erstaunte, dass sie nichts von einer Aufforderung gemurmelt hatte.

– Dieses Mädchen macht mich durch seine Stummheit neugierig, Nebo. Holen wir es ein.

Die Dirne wollte den beiden jungen Leuten noch ausweichen.

– Für ein Mädchen, das Kundschaft sucht, sind Sie recht spröde, sagte Paula.

– Ich bin nicht für Sie, antwortete die Person.

– Mehr als Sie denken; hier haben Sie einen Taler im voraus.

Die Prostituierte griff nach dem Geldstück mit der Angst, es wieder zurückgezogen zu sehen, und dann zeigte sie ihr gerunzeltes Gesicht, das mindestens fünfundsechzig Jahre verriet.

– Sie bereuen Ihr Geld, versetzte sie.

– Durchaus nicht, sagte die Prinzessin, wenn Sie mir Ihre Vergangenheit erzählen wollen: ich vermute darin etwas Aussergewöhnliches.

– Was ist Aussergewöhnliches dabei, verführt, einen Augenblick unterhalten und schliesslich mit zwei Kindern verlassen zu werden?

– Ihre Sprache, fuhr Paula fort, verrät eine ziemlich sorgfältige Erziehung.

– Ja, mein Herr, ich war für die Ehrbarkeit bestimmt und meine Familie gehörte zum guten Bürgertum; ach, ich habe die Schwäche gehabt zu lieben und zu glauben, die Liebe eines Mannes sei dauerhaft. Der mich zu Grunde gerichtet hat, ist zu Ehren gelangt; ich werde Ihnen jedoch seinen Namen nicht angeben: ich will, dass er schuldig bleibt, und werde nicht einmal Hass zeigen. Seiner Familie jedoch ein kaum entwickeltes Mädchen entreissen, es zwei Male zur Mutter machen und sie in der Schwangerschaft ohne Mittel lassen, ist das nicht verbrecherisch, meine Herren? Eins meiner Kinder ist, Gott sei Dank, tot; das andere ist in Amerika. Da ich nicht will, dass es sich etwas beraubt, um es mir zu schicken, arbeite ich, wenn ich kann; und wenn ich keine Arbeit finde, muss ich mich wohl verkaufen, zu jedem Preis, sage ich Ihnen. Eine ergrauende Buhlerin in seidenem Kleide hätte noch einige Aussicht; aber eine Bettelfrau wie ich, findet nur Arme, die wenig Ansprüche stellen. Ich ging Ihnen eben aus dem Wege, weil Sie reiche und schöne junge Leute sind, und weil ich nicht dachte, dass Sie die Neugier besässen, mich auszufragen, statt …

Nebo gab der Frau Geld; diese dankte mit grosser Wärme und fragte, bevor sie ging, den Platoniker mit dem Blick:

– Nicht wahr, was ich tue, ist weniger verbrecherisch vor Gott, als wenn ich mir das Leben nehme?

– Ist das nicht hassenswert, Nebo, rief Paula, Wesen ins Leben zu rufen, die unsere Kinder sind, ohne sich zu sorgen, was aus ihnen wird? Dass der Mann seine unehelichen Nachkommen so leicht verlassen kann, entrüstet mich. Man gehe in Liebe auseinander, wenn man sich nicht mehr liebt, und jedes fange wieder allein an, gegen das Leben zu kämpfen; aber das Dasein einer armen Frau mit zwei Kindern beladen, um dann in Ruhe seine Zigarre zu rauchen, das übersteigt das Ungeheuerliche.

– Ihre Entrüstung ist richtig, und der Himmel heisst sie gut. Ueber der Leidenschaft, die nur eine Krankheit ist, steht die Vaterschaft, die eine Pflicht ist: verwünscht sei, wer sich ihr entzieht. Theologen verlangen, dass man die Frau, die man zur Mutter gemacht hat, heiratet, selbst wenn die gesellschaftliche Stellung die niedrigste ist: aber alle sind wenigstens darüber einig, dass das Schicksal der Kinder gesichert sein sollte. Unter den neuplatonischen Lehren ist eine seltsame. Sie erinnern sich an die Erklärung der Erbsünde. Die geschlechtliche Anziehung sei hervorgerufen durch die Bemühung der noch unkörperlichen Seelen, in die Welt der Formen, in unsere Welt, hinabzusteigen, die nur eine schmerzliche Einweihung ist, um die göttliche Ewigkeit vorzubereiten. Gewiss, die armen Seelen geben sich grosse Mühe, um ein beschränktes Ergebnis zu erreichen; ohne von den freiwillig unfruchtbaren Verbindungen zu sprechen, wehrt sich jede uneheliche Liebe, zu zeugen; und wer weiss, vielleicht könnte man die heutige Liebe, die sinnloser ist als die alte, dem Zorn der Seelen zuschreiben, die sich von den Körpern verschmäht sehen.

– Wie, rief Paula, diese Anreizungen zum Lieben, welche das Herkommen dem Bösen zuschreibt, sollte die geschickte List ehrgeiziger Seelen sein, mit uns leiden zu wollen, weil sie wissen, dass das Leben ein Weg zum Schicksal des Lichtes ist!

– Paula, das ist nur eine Vorstellung ohne Erklärungen, die nicht im Rahmen dieses Abends liegen.

*

Als sie in die rue des Batignolles eintraten, stiess Nebo die Tür eines Cafés auf, um es mit einem Blick zu überschauen.

– Unser Mann ist da, treten Sie ein, Ladislaus.

Ohne besonders aufzufallen, bestand die um die Tische sitzende Gesellschaft aus kleinen Bürgern und einigen benachbarten Künstlern, die von Hause in weiter Joppe gekommen waren.

Der Platoniker klopfte einem Raucher auf die Schulter, der sich in seinen Rauch und seinen Traum verlor.

– Ah, Herr Nebo, Ihr Diener! Wie lange habe ich Sie nicht gesehen! Sie haben also das Modell gefunden?

– Ich, ich habe es ihm gefunden, sagte Paula, auf gut Glück, ohne recht zu wissen, was sie sagte.

Der Mann stiess ein »Ah!« des Erstaunens aus und hüllte sein Haupt in eine neue Wolke ein, indem er einen starken Zug aus der Pfeife nahm.

– Noroski, sagte Nebo, ich stelle Ihnen den Vermittler der Modelle vor, der sich auf die Plastik und sogar auf das Seelische versteht; das ist kein Gewerbe, sondern ein Beruf, nicht wahr, Vater Torpes?

– Das Wahrsagen aus der Hand, aus dem Schädel, aus den Gesichtszügen, all das ist wenig; ich übe die Seelenplastik; wenn ich in einer Musterungskommission sässe, würde ich das seelische Signalement des Rekruten schreiben; aber das würde mich nicht erfreuen, während ich die Frauen wie meine Zeitung lese.

– Vater Torpes, mein Freund versteht nicht; erklären Sie ihm, wie Ihre seltsame Leidenschaft sich befestigt hat.

– Die Leidenschaft eines Eunuchen, bei Gott, sagte Torpes, seine Pfeife hinstellend. Bis zum dreissigsten Jahre war ich das Glück auf zwei Beinen; die erste Beste, das war das Ideal; ich habe nie eine Frau geliebt; ich liebte die Weiblichkeit. Man wird durch das gestraft, in dem man sündigt: das Wie geht Sie wenig an. Ich wurde geeignet, eine Sultanin zu bewachen. Da stieg mir meine Wollust ins Gehirn und setzte sich in meine Augen. Ich habe eine Rente von sechstausend Franken, so wie Sie mich sehen, und ich verschaffe den Künstlern alles, was man an abendländischen Modellen verlangen kann. Und sehen Sie, Herr Noroski, Sie sind Fräulein Noroski, wahrscheinlich jungfräulich und sicher sehr leidenschaftlich.

Paula erbleichte unter ihrer Bemalung vor dem Scharfblick dieses Wahnsinnigen, der nach dieser Probe seines Blickes fortfuhr:

– Ich bin dahin gekommen, die Arbeit der Seele im Getriebenen der Formen zu sehen; eine wenig gewölbte Fläche, Herr Nebo, ist ein Laster oder eine Tugend. Ich werde Ihnen meine Aufzeichnungen mitteilen: Sie allein können mich in Paris verstehen. Ich bin in die Ausstellung gegangen: eine Judith mit birnenförmigen Brüsten und den Hüften der Jungfrau von Orleans! Kein lebender Künstler kann einen nackten Körper nach der inneren Logik zeichnen. Die Italiener, die einzigen, welche den menschlichen Körper durch das Prisma des Typus sahen, haben der anatomischen Rhetorik den Vorzug gegeben; es ist Uebertreibung, Wortschwall in Michelangelo, und Leonardo da Vinci hat mit Unrecht seinen »Vorläufer« gemästet! Haben Sie im Leben fette Frauen mit feinem Ausdruck gesehen?

– Vater Torpes, Sie sind für das Seelische der Formen zu spät gekommen, ich gebe es zu; aber an Ihren Ideen habe ich Ueberfluß: ich komme, damit Sie mir nackte Statuen von Liebesopfern enthüllen; verstehen Sie, nackte Gestalten von Märtyrern der Liebe.

– Ich habe eine Dirne zu Ihrer Verfügung, welche die ermordete Frau des Baudelaire wunderbar darstellt; und dann, die hängenden Brüste mit der stark entwickelten Warze, die erste Strassenhure gibt Ihnen das. Aber ich sehe, Sie möchten mehr haben: die verlassene Frau Balzacs, blond, etwas zu lange Arme, weiche, aber an ihrer Stelle sitzende Brüste. Die Frauen mit sehr festem Busen verzweifeln niemals an der Liebe: die Straffheit des Gewebes entspricht der Straffheit des Verstandes. Die kleine Vergewaltigte, die Satins Satin ist eine Lesbierin aus Zolas Roman »Nana«., von denen Montmartre wimmelt, mit der vom Laster beschleunigten Körperbildung, geben Ihnen diesen Ausdruck. Ich kenne ein Mädchen, das Mutter ist: bei der ruft das Schluchzen eine Bewegung der Brüste hervor, die herzzerreissend ist!

– Ich will mehr als das: Mann und Weib, welche die Leidenschaft des Herzens zum Krüppel gemacht hat! Die Körper werde ich aus dem Volke nehmen, aber die Köpfe, aber die besondern Züge der Eifersucht, der Verzweiflung?

– Ich habe eine Frau, die sich ertränken wollte, gesehen: eine automatische Starrheit, die Nüstern gespannt, die Schlafwandlerin, die sich gegen den Willen des Magnetiseurs sträubt. Als Ausdruckskopf, in edlem Stil, werde ich Ihnen Frau von Guéméné angeben: sie geht um acht Uhr morgens in die Messe von Saint-Augustin.

Paula unterbrach ihn.

– Nun, Herr Torpes, was denken Sie von der Liebe? Gibt sie mehr Freude als sie Leid bringt? Macht sie mehr Glückliche als Unglückliche?

– Die Liebe ist ein Wagen ohne Bremse: er wiegt Sie sanft und kann Ihnen den Hals brechen, je nach dem Wege.

– Sie kennen, sagte Nebo, dieses ganze wimmelnde Viertel Montmartre-Batignolles wie Ihre Tasche: für diese kleine Welt von Künstlern und Philistern, von Bürgerinnen und Dirnen, ist die Liebe meistens verhängnisvoll?

– Offenbar, Herr Nebo, weil man in dasselbe Bett nicht mit demselben Fusse steigt; wo der eine Vergnügen sieht, sieht der andere Geld; der eine leidet durch ein Gefühl, das dauert, und der andere durch ein Gefühl, das endet. Das Interesse des Mannes ist, ein Wanderer zu sein; das Interesse der Frau, so oft wie möglich zum Bleiben zu bewegen: daraus entstehen Reibungen, Leiden. Die Liebe, ein notwendiges Uebel; wie der Krieg blendet und tötet es; es berauscht und erzeugt Krämpfe … Sie wollen gehen? Besuchen Sie mich, Herr Nebo; ich werde Ihnen meine Notizen vorlesen; wenn ich sterbe, vermache ich sie Ihnen.

– Welch seltsamer Blick, sagte Paula, als sie gingen; er hat mich erraten; aber seine theoretischen Schlüsse sind Carymary Carymara. Das Auge des Vaters Torpes ist wunderbar, sein Gehirn ist nichts wert.

– Alles ist darin verworren! Nehmen wir diese Droschke, wir kehren heim.

*

– Und der Liebhaber und die Geliebte, die getrennt sind, beide zermalmt?

– Der Graf als Säufer und die auf den Strich gehende Bürgerin im grauen Haar: genügen die Ihnen nicht? Kutscher, fünf Franken Trinkgeld, wenn Sie jenen Herrn, der herschaut, loswerden; fahren Sie nach dem »Stern«. Paula, ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt: unsere Sicherheit hat aufgehört.

– Wahrhaftig, ja, ich erkenne ihn! Es ist Herr von Ruffey, einer von denen, die ich am meisten gedemütigt habe; er hat eine Ehe zur linken Hand in dieser Gegend; sein Auftreten erklärt sich, aber auf seine Betrachtung reimt sich Achtung! Sie haben recht, lieber Nebo, immer recht. Von allen Leiden, die eine Liebe treffen können: welche gleicht der dauernden Verachtung jener Welt, in der man gelebt hat? Ich fühle jetzt, dass man die Eitelkeit hat, darin zu verbleiben, trotz allem! Sind die schlimmsten Opfer der Liebe nicht die, welche das Scherbengericht einer Gesellschaft von Egoisten trifft? Diese verlangen von der Frau, unter allen Formen, dass sie sündigt, um sie dann wegzuwerfen, nachdem sie sie beschmutzt und verdorben haben.

– Da ist die Vernunft, die ich von Ihnen wünsche, mein Androgyn. Amen!


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