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Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen.

(1873.)

Vorwort.

(Vermutlich 1874.)

Bei fern stehenden Menschen genügt es uns, ihre Ziele zu wissen, um sie im Ganzen zu billigen oder zu verwerfen. Bei näher stehenden urtheilen wir nach den Mitteln, mit denen sie ihre Ziele fördern: oft mißbilligen wir ihre Ziele, lieben sie aber wegen der Mittel und der Art ihres Wollens. Nun sind philosophische Systeme nur für ihre Gründer ganz wahr: für alle späteren Philosophen gewöhnlich ein großer Fehler, für die schwächeren Köpfe eine Summe von Fehlern und Wahrheiten, als höchstes Ziel jedenfalls aber ein Irrthum, insofern verwerflich. Deshalb mißbilligen viele Menschen jeden Philosophen, weil sein Ziel nicht das Ihre ist; es sind die ferner stehenden. Wer dagegen an großen Menschen überhaupt seine Freude hat, hat auch seine Freude an solchen Systemen, seien sie auch ganz irrthümlich: sie haben doch einen Punkt an sich, der ganz unwiderleglich ist, eine persönliche Stimmung, Farbe; man kann sie benutzen, um das Bild des Philosophen zu gewinnen: wie man vom Gewächs an einem Orte auf den Boden schließen kann. Die Art zu leben und die menschlichen Dinge anzusehn ist jedenfalls einmal dagewesen und also möglich: das »System« ist das Gewächs dieses Bodens, oder wenigstens ein Theil dieses Systems – –

Ich erzähle die Geschichte jener Philosophen vereinfacht: ich will nur den Punkt aus jedem System herausheben, der ein Stück Persönlichkeit ist und zu jenem Unwiderleglichen, Undiskutirbaren gehört, das die Geschichte aufzubewahren hat: es ist ein Anfang, um jene Naturen durch Vergleichung wiederzugewinnen und nachzuschaffen und die Polyphonie der griechischen Natur endlich einmal wiedererklingen zu lassen: die Aufgabe ist, Das an's Licht zu bringen, was wir immer lieben und verehren müssen und was uns durch keine spätere Erkenntniß geraubt werden kann: der große Mensch.

Späteres Vorwort.

(Gegen Ende 1879.)

Dieser Versuch, die Geschichte der älteren griechischen Philosophen zu erzählen, unterscheidet sich von ähnlichen Versuchen durch die Kürze. Diese ist dadurch erreicht worden, daß bei jedem Philosophen nur eine ganz geringe Anzahl seiner Lehren erwähnt wurde, also durch Unvollständigkeit. Es sind aber die Lehren ausgewählt worden, in denen das Persönliche eines Philosophen am Stärksten nachklingt, während eine vollständige Aufzählung aller möglichen überlieferten Lehrsätze, wie sie in den Handbüchern Sitte ist, jedenfalls Eins zu Wege bringt, das völlige Verstummen des Persönlichen. Dadurch werden jene Berichte so langweilig: denn an Systemen, die widerlegt sind, kann uns eben nur noch das Persönliche interessiren, denn dies ist das ewig Unwiderlegbare. Aus drei Anekdoten ist es möglich, das Bild eines Menschen zu geben; ich versuche es, aus jedem Systeme drei Anekdoten herauszuheben, und gebe das Übrige preis.


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