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9.
Vegetations-Verhältnisse Süd-Georgiens

von Dr. Will, München.


Karte von Süd-Georgien

Karte von Süd -Georgien

Die Vegetation des Exkursionsgebietes.

Die Flora von Süd-Georgien war bisher so gut wie unbekannt. Die wenigen Angaben, welche Cook, Forster, Weddell sowie Klutschak, deren Aufenthalt auf der Insel ein nur flüchtiger gewesen war, machen, sind nur allgemeiner Natur und beziehen sich auf den Vegetationscharakter überhaupt.

Cook, welcher mit Forster in der Possession-Bay an mehreren Punkten im Januar 1775 landete, also zu einer Jahreszeit, da die von Vegetation bedeckten Küsten von Schnee entblößt sind, sagt: Cook, voyage round the world. S. 187. The only signs of vegetation were a strong bladed grass, growing in tufts, wild burnet, and a plant like moss seen on the rocks. Forster berichtet: Forster, voyage round the world. II. S. 529. We climbed upon a little hummok, about eight yards high, where we found two species of plants: one was the grass which grows plentifully on the New Years Isles (dactylis glomerata) and the other a Kind of burnet (sanguisorba).

Weddell Weddell, voyage towards the South Pole. S. 50., welcher im Sommer 1823 in der Adventure-Bay landete, spricht sich in ähnlicher Weise aus. The tops of the mountains are lofty, and perpetually covered with snow; but in the valleys during the summer season, vegetation is rather abundant. Almost the only natural production of the soil is a strong bladed grass, the length of which is in general two feet; it grows in tufts on mounds three or four feet from the ground.

Etwas günstiger als diese nüchternen Schilderungen der genannten Reisenden lauten die Berichte von H. Klutschak Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik. III. Jahrgang. 11. Heft. S. 529., welcher die Insel auf einem Walfischfängerschiff im September 1877 umsegelte und in verschiedene Häfen der Ost- und Westseite einlief. »Gleich mit der Umschiffung des Cap Charlotte zeigt sich der schon erwähnte klimatische Unterschied der beiden Inselseiten. Es war im Dezember, als wir im Little-Hafen einfuhren und statt der sonst gesehenen Felsen und Gletscherwände (auf der Ostseite) auf den niedrigen Hügeln grüne Grasmatten fanden, die sich den weiteren Bodenerhebungen entlang sanft hinaufzogen. Durch diese Matten schlängelt sich eine Unzahl von Wasseradern, die den Schnee des Hochgebirges dem Meere zuführen, um sich dann in verschiedenen Katarakten über die den Meeresspiegel einschließenden Felsen in dasselbe zu stürzen.«

Unter diesen Umständen muß es dankend anerkannt werden, daß die Deutsche Polar-Kommission bei der Errichtung einer Beobachtungsstation im System internationaler Polarforschung auf Süd-Georgien Gelegenheit gab, die dortige Flora näher kennen zu lernen, besonders da die benachbarten Falklandsinseln mit ihrer verhältnißmäßig reichen Flora in Folge wiederholter Durchforschung genau bekannt geworden sind.

Die Ausrüstung, welche die Kommission dem Sammler gewährte, war eine gute und reichlich bemessene.

Waren zwar die Aufgaben, welche die Mitglieder der Station zu lösen hatten, in erster Linie geo-physikalischer Natur, so war doch durch die richtige Auffassung der Gesammtaufgabe von Seite des Chefs der Expedition Gelegenheit geboten, der Flora eine eingehende Aufmerksamkeit zu widmen. Die eigenthümlichen, schwierigen Terrainverhältnisse, sowie die Rücksichtnahme auf die magnetischen und meteorologischen Beobachtungen, welche ausgedehntere Exkursionen nicht zuließen, engten zwar das Exkursionsgebiet auf die Royal-Bay und Little-Hafen ein, gleichwohl dürfte bei der Mannigfaltigkeit der Gliederung des Terrains eine Schilderung der Vegetationsverhältnisse dieses Exkursionsgebietes den Vegetationscharakter der Insel voll zur Anschauung bringen.

Der Vegetationscharakter Süd-Georgiens ist gekennzeichnet durch das Fehlen jeglicher Art von Baum. Während das auf gleicher Breite liegende Feuerland noch von Wäldern einer immergrünen Buche (Fagus betuloides) sowie einer zweiten im Winter entlaubten Art (Fagus antarctica) umgürtet wird, ist auf Süd-Georgien nur mehr ein niedriger Strauch (Acaena ascendens Vahl.) vorhanden, welcher im Verein mit dem Toussockgras (Poa flabellata Hook, fil.) den übrigen Pflanzen gegenüber sowohl hinsichtlich der Massenhaftigkeit des Auftretens, sowie der Verbreitung überwiegt und einen äußerst monotonen Charakter der Vegetation bedingt.

Wie sich aus einer Vergleichung der Phanerogamen, welche auf dem Exkursionsgebiete gefunden wurden, mit den auf den benachbarten Inseln vorkommenden ergiebt, ist keine derselben unserer Insel eigenthümlich, und steht nach den Untersuchungsresultaten des Herrn Prof. Dr. Engler die Flora Süd-Georgiens zu der des antarktischen Süd-Amerika in nächster Beziehung und ist als zu derselben gehörig anzusehen.

Unter den 13 Arten Phanerogamen sind 5 Species Gräser vorhanden. Von diesen ist es besonders das Toussockgras, dem gegenüber alle anderen Arten zurücktreten und das der sommerlichen Pflanzendecke einen ganz eigentümlichen, steifen und starren Charakter aufprägt.

Die bis zu 1 ½ Meter hohen Garben dieses Grases, von gedrängt schilfähnlichem Habitus, wachsen auf kleinen völlig getrennten Polstern von je 50–60 Centimeter Höhe und wechselnder Breite, welche aber gleichwohl den Boden dem Auge völlig entziehen. Diese Polster bestehen aus den vermoderten und vertorften Ueberresten der Blätter und Wurzeln des Grases und sind von den Rhizomen desselben durchzogen. Da man bei einer genaueren Untersuchung über den Verlauf der letzteren findet, daß sämmtliche auf einem Polster stehenden Blätter demselben Rhizom entsprossen sind, so erscheint es sehr wahrscheinlich, daß jedes Polster im Laufe der Zeit von einem und demselben Individuum erzeugt worden ist.

Die durchschnittlich 1 Meter langen Blätter sind in Folge ihres anatomischen Baues sehr windbeständig und so kommt es, daß man dieselben selbst da, wo sie den stärksten Stürmen ausgesetzt sind, nur wenig an den Spitzen zerschlitzt findet.

Die Farbe der Blätter zeigt auch während des Höhepunktes der Vegetation ein fahles Grün, welches nicht dazu beiträgt, die Monotonie des landschaftlichen Bildes zu mildern.

Die Blüthezeit begann anfangs November, jedoch fanden sich um diese Zeit nur vereinzelte an schneefreien, nach Norden gelegenen Standorten wachsende Individuen in vollster Blüthe; allgemeiner blühte das Gras erst gegen Ende desselben Monats. Häufig wurden dann auf einem Rasenpolster 30 und mehr über die Blattspitzen wenig hervorragende Halme mit massigen Aehren gefunden; stärkerer Wind hatte denselben jedoch bereits übel mitgespielt und mochte auch auf die Befruchtung einen ungünstigen Einfluß ausgeübt haben. Die Ausbeute an keimfähigem Samen war später eine verhältnismäßig sehr geringe, wobei jedoch noch andere ungünstige Einflüsse während der Samenreife mitgewirkt haben mögen. Noch Ende Januar wurden, jedoch nur an einzelnen Stellen, wo der Einfluß der Sonne sich nicht so intensiv hatte geltend machen können, immer noch einzelne Pflanzen in voller Blüthe gefunden.

Das Toussockgras entfernt sich nicht sehr weit vom Strand und scheint das volle Gedeihen desselben von der Nähe der See abhängig zu sein; es liebt nicht zu feuchte Standorte und ist an denjenigen Hängen, deren Böschungswinkel das Schmelzwasser des Schnees sowie das Regenwasser über den wenig durchlässigen Thonboden, welcher überall die Grundlage bildet, rasch abfließen läßt, so daß die Polster nicht zu stark durchfeuchtet werden, am üppigsten entwickelt. Die Uferränder kleiner Wasserläufe sind in Folge zu großer Feuchtigkeit meist frei von dem Gras oder dieses fristet an solchen Stellen nur ein sehr kümmerliches Dasein. Sumpfiges Terrain ist durch das völlige Fehlen der Poa flabellata gekennzeichnet. Im Uebrigen gedeiht es auch auf den häufig am Strand isolirt stehenden Felsblöcken sehr gut und tragen die letzteren sehr oft eine dichte Rasendecke, welche sich auf einer Torfschichte aufbaut.

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Die untere Grenze der Verbreitung des Toussockgrases liegt an der Fluthmarke; von hier aus zieht es sich, an den Nordhängen meist große Flächen ununterbrochen bedeckend, in gleichmäßigem üppigen Wuchs bis zu einer Höhe von durchschnittlich 300 Meter hin. Auch in Cumberland-Bay ist, soweit sich dies bei dem allerdings mir kurzen Aufenthalt und bei der Schneebedeckung erkennen ließ, die Poa flabellata überall vorherrschend.

Von den übrigen Grasarten kommt nur noch die Aira antarctica Hook, zur Geltung, indem sie an sehr feuchten Standorten, besonders da, wo kleine von den Hängen herabkommende Wasserrinnen in der Nähe des Strandes allmählich verlaufen, ausgedehntere Flächen bedeckt und kleine saftig grüne Wiesen bildet. Die Aira geht ebenso hoch in das Gebirge hinauf, wie das Toussockgras, steht jedoch dann immer vereinzelt, meist kümmerlich entwickelt, zwischen dem Schutt der Berghänge oder in den Rissen des auf der Oberfläche oft staubtrockenen Thonbodens. Ihre Blüthezeit fiel in den Februar.

Zu gleicher Zeit blühte auch Phleum alpinum L., welches an trockneren, sonnigen Hängen auf moosbedecktem Boden üppig gedeiht, während es in einem höher gelegenen Thale, in welchem, obgleich dasselbe noch innerhalb der Vegetationsgrenze liegt, nurmehr an einzelnen Stellen eine etwas ausgedehntere Vegetation zu finden war, sehr klein bleibt, aber große Spelzen entwickelt.

Festuca erecta d'Urville hat denselben Standort wie Phleum und wächst in kleinen Büscheln; es blühte im Januar.

Neben der Poa flabellata hat für das Vegetationsbild der Insel eine Rosacee, Acaena ascendens Vahl. eine hervorragende Bedeutung insofern als dieselbe ebenso wie das erstere größere Flächen bedeckt. Die am Boden meist zwischen Moos liegenden Zweige des besonders an den Nordhängen sehr entwickelten, bis zu 30 Centimeter hohen Strauches bilden ein dichtes Flechtwerk und können in Folge dessen auch den stürmischen Bewegungen der Atmosphäre ausgiebigen Widerstand leisten.

Die Acaena liebt nicht zu trockene Standorte und ist in Folge dessen in den nach der See sich öffnenden Thälern, in welchen das vom Gebirge herabkommende Wasser sich sammelt, am üppigsten entwickelt. Auch sonst folgt sie am liebsten den Bachläufen; an den steilen Berghängen bildet sie unter dem Schutz von Felsen, wo sie größere Feuchtigkeit vorfindet, ein dichtes Buschwerk.

Schon Mitte November wurden an einzelnen schon seit längerer Zeit von Schnee entblößten und von der Sonne fortwährend beschienenen Hängen, welche auch gegen den Wind geschützt waren, Acaena mit hochentwickelten Blüthenköpfchen gefunden, während die mattgrünen und röthlich umsäumten Fiederblätter noch weit in der Entwickelung zurück waren. Ende November befanden sich an demselben Standort die Pflanzen in vollster Blüthe; allgemeiner blühten dieselben erst im Januar.

In einem höher gelegenen Thale (oberes Whalerthal), in welchem die Acaena mit abnehmender Schneebedeckung sichtlich an Terrain gewinnt, wurden im März, bevor neuer Schnee den Boden bedeckte, vegetativ allerdings nicht sehr weit entwickelte Exemplare mit dem Aufblühen nahen Blüthenköpfchen gefunden. Die Blüthezeit ist völlig vom Standort abhängig; sie erstreckt sich über längere Zeiträume und man darf nur die etwas höher gelegenen und an die Südhänge sich anschließenden Parthien der Thäler aufsuchen, um während des ganzen Sommers hindurch blühende Exemplare aufzufinden.

Interessant und für die Verbreitung der Acaena jedenfalls wichtig ist eine Beobachtung, welche zu wiederholten Malen gemacht wurde. Die reifen Früchte der Pflanze besitzen nämlich 4 mit Widerhäckchen besetzte grannenartige Anhänge, womit dieselben an allen Gegenständen, mit welchen sie in Berührung kommen, insbesondere in dem Gefieder der Vögel, festhaften. Der große Sturmvogel ( Ossifraga gigantea) nun, welcher am Lande sitzend vom Fluge ausruht und mit der Acaena in Berührung kommt, ist im Herbst auf der Brust oft völlig bedeckt von deren Früchten. Erwägt man einerseits, daß die Früchte der Acaena sehr fest anhaften (unseren Hausthieren, den Ziegen und unserem Hund kostete es immer große Mühe, sich von den lästigen Anhängen zu befreien) und zieht man andererseits die Thatsache in Betracht, daß die Sturmvögel weite Strecken durchfliegen, so ist jedenfalls eine Verbreitung der Acaena durch die Sturmvögel möglich Auch die übrigen kleineren Sturmvogelarten, sowie der Entenstürmer ( Prion turtur Smith), welche ihre Nester in tiefe selbstgegrabene Gänge und Löcher des mit Vegetation bedeckten Bodens bauen und beim Ab- und Zufliegen immer mit dieser in Berührung kommen müssen, dürften gewiß zur Verbreitung derselben mit beitragen., ja gewiß.

Uebrigens kommt die Acaena ascendens an günstigen, sehr frühzeitig von Schnee befreiten Standorten zur vollen Fruchtreife; es finden sich nämlich im Frühjahr bald nach der Schneeschmelze sehr häufig die ausgekeimten Früchte zwischen dem Flechtwerk der Aeste. Auch die gesammelten Früchte bewiesen ihre Keimfähigkeit.

Von den übrigen Blüthenpflanzen kommt mit Ausnahme einer Juncacee, Rostkovia magellanica Hook, fil., weil meist klein und zwischen Moos sowie den Rasenhügeln versteckt oder in Felsspalten wachsend, keine in dem Vegetationsbild zur Geltung.

Den Standort der Rostkovia läßt die dunkle, grünbraune Farbe der Blätter zwischen dem frischeren und helleren Grün der Gräser, insbesondere der sehr häufig in der Nähe sich findenden Aira, auf dem an manchen Stellen in größerer Ausdehnung sumpfigen Terrain schon auf weitere Entfernungen erkennen. Für sumpfiges Terrain ist die Rostkovia die charakteristische Pflanze und bedeckt dasselbe entweder in dichten Rasen oder in 20–30 Centimeter breiten, vielfach kreis- oder spiralförmig gewundenen Streifen.

Die Blüthezeit fiel in den Januar.

Eine zweite, viel kleinere Art von Acaena mit dunkelgrünem, glänzendem Laub kommt noch in einigermaßen größerer Menge an den trockeneren Uferrändern einiger Bäche sowie an sonnigeren Hängen vor und bedeckt hier den Boden vollständig; anfangs Januar war sie in vollster Blüthe.

Die einzige Pflanze, welche eine lebhaftere (citronengelbe) Blüthenfärbung zeigt, ist Ranunculus biternatus Smith, der an manchen Bachrändern zwar vegetativ ungemein stark entwickelt ist, aber ebenso wie die Callitriche verna L., mit welcher er den Standort theilt, dort niemals zur Blüthe gelangt. Es blühten vorwiegend kleine zwischen Moos versteckte Pflänzchen in der Nähe einer stark eisenockerhaltigen Quelle, welche nach den sehr häufig angestellten Beobachtungen zwar keine auffällige Temperatur zeigte, jedoch sehr frühzeitig auf mehrere Meter im Umkreis schneefrei geworden war und von da ab bis spät in den bezüglich der Schneeverhältnisse allerdings sehr günstigen Winter hinein schneefrei blieb.

Von den übrigen Phanerogamen sind nur noch die beiden Colobanthusarten: C. subulatus und crassifolius Hook. fil. zu erwähnen. Ersterer ist sehr häufig und findet sich entweder in kleineren (bis zu 10 Centimeter Durchmesset) Polstern an Felsen in der Nähe der Steilküste oder auf trockenerem Boden zwischen Moos. Hier ist er gewöhnlich massiger entwickelt und bedeckt Flächen in der Ausdehnung bis zu einem Quadratmeter. Der Habitus der Pflanze ist besonders in den kleinen, an Felsen wachsenden dichten Polstern oft ein moosähnlicher, wozu auch noch kommt, daß die kleinen unscheinbaren weißen Blüthen völlig zwischen den Blättern versteckt sind. Die Blüthezeit fiel in den Januar. C. subulatus geht bis zur Grasgrenze. Colobanthus crassifolius Hook. fil. dagegen ist ein Bewohner sehr nassen sumpfigen Bodens in den Niederungen, wo er nur vereinzelt zwischen dem Moos, und zwar sehr spät, bereits mit reifen Früchten gefunden wurde. Die Varietät brevifolius Engl. fand sich in einem höher gelegenen, nach Osten sich öffnenden Thale (Brockenthal), welches allem Anschein nach früher von einem Gletscher ausgefüllt war, und nur in seinem unteren Theil in der nächsten Umgebung eines kleinen Sees von wenig Vegetation bedeckt ist.

Die Montia fontana L. und Juncus Novae Zealandiae Hook. fil. wurden mir in wenigen Exemplaren, erstere im Little-Hafen in einer Felsspalte, letztere in kleinen Wassertümpeln des unteren Whalerthales gefunden.

Neben den eben ausführlicher behandelten Phanerogamen sind es die Laubmoose, welche an Artenzahl überwiegend, hinsichtlich der Ausdehnung, in welcher sie den Boden bedecken, Bedeutung für das Vegetationsbild gewinnen. Es sind vorwiegend die sehr feuchten, häufig sumpfigen Thalniederungen sowie das die Royal-Bay nach Norden begrenzende Hochplateau, wo die Moosvegetation den Höhepunkt ihrer Entwickelung erreicht.

Indem bezüglich der Beschreibung der einzelnen Moosarten Süd-Georgiens auf die folgende Arbeit des Herrn Dr. Karl Müller verwiesen werden muß, seien hier nur diejenigen Arten hervorgehoben, welche durch ihre Häufigkeit und dadurch, daß sie größere Flächen bedecken, auffallen.

Vor allen sind die Polytrichaceen vorherrschend und von diesen Polytrichum macroraphis C. Müll., welches auf weitausgedehnten Strecken des Hochplateaus den steinigen Boden mit einer oft fußdicken, dichtverfilzten Schichte bedeckt und die Ränder der kleinen Teiche glatt auspolstert.

Diese Moosdecke ist an vielen Stellen in eigentümlicher Weise blasen- und wellenförmig aufgetrieben; sie liegt, bis zu ½ Meter hoch gehoben, dem Boden hohl auf. Der Umfang dieser Auftreibungen ist ein wechselnder und erreicht, wenn wellenförmig, oft die Länge von mehreren Metern; meist sind die Kämme der wellenförmigen Erhebungen geborsten.

Die wahrscheinlichste Erklärung für diese Erscheinung dürfte einerseits in einem durch äußere Einflüsse, vielleicht größere Feuchtigkeit gesteigerten lokalen Wachsthum der verfilzten Moosdecke zu suchen sein, welches letztere, da seitlich ein großer Widerstand vorhanden ist, in die Höhe hob. Andererseits könnte auch eine Wirkung von Frost vorliegen, indem ebenfalls bei lokaler größerer Durchfeuchtung der Moosdecke die Eisbildung und damit das Ausdehnungsbestreben derselben größer wurde, welch letzteres bei dem seitlichen Widerstand in Auftreibungen derselben zur Geltung kam. Für letztere Auffassung spricht der Umstand, daß unter der Moosdecke auf dem wenig durchlässigen Thonboden ein reiches Netz von Wasseradern vorhanden ist und besonders die wellenförmigen Auftreibungen solchen Wasserläufen häufig folgen.

Ebenso häufig und in gleichen Wachsthumsverhältnissen findet sich noch Polytrichum timioides C. Müll.

Psilopilum antarcticum wurde sehr reichlich fructificirend an der Ostseite der niedrigen Terrassen des Hochplateaus gefunden, wie überhaupt das Hochplateau der Standort einer großen Anzahl von Moosarten ist. So kommt hier das hübsche Conostomum rhynchostegium vor. Die dicht verfilzten hellgrünen Polster dieses Mooses, auf welchen regelmäßig große Wassertropfen liegen, sind in der Nähe einer Quelle des Hochplateaus und an den Bachufern nicht selten und beleben durch die Färbung der scharf umgrenzten Polster und die in der Sonne glitzernden Wassertropfen die Eintönigkeit des Moosteppichs.

Eine der auf dem Hochplateau häufigen Arten, Bryum lampsocarpum C. Müll., verdient wegen der überaus reichen Fructification und der schönen goldgelben Färbung der Früchte noch besonders Erwähnung.

Sehr häufig und ebenfalls reichlich fructificirend ist noch Pogonatum austro-georgicum C. Müll. Von den übrigen Arten wurden nur wenige fructificirend gefunden.

In den feuchten Thalniederungen, den sumpfigen Terrassen des Hochplateaus und den von letzteren herabführenden Wasserrinnen ist dagegen Syntrichia runcinata C. Müll. vorherrschend; sie theilt sich dort mit Acaena ascendens und Rostkovia in den Boden und giebt Veranlassung zu Torfbildung.

Jungermannien sind in einigen Arten ziemlich häufig, insbesondere eine große Form Gottschea pachyhphylla Nees ab. Es., welche zwischen den die kleinen Wasserläufe begrenzenden Moospolstern sehr verbreitet ist.

Von den Flechten sind es nur wenige Arten, welche massenhafter auftreten wie die Cladonia rangiferina Hoffm. das »Rennthiermoos«; der Standort ist auf den moosbedeckten Flächen des Hochplateaus. Vor allen aber hat Neuropogon melaxanthus Nyl., eine ausschließlich dem Hochgebirge angehörige Form, eine große Verbreitung. Je höher man an den Schutthalden der Berge nächst der See aufsteigt, um so mehr überrascht das massenhafte Auftreten bieser Flechte, welche in wahren Prachtexemplaren den Boden und die Felsen wie mit kleinen Flechtenwäldern bebeckt.Dicht gebrängt stehend giebt der vielfach verzweigte, aufrecht stehenbe Thallus mit den breiten schwarzen Apothecien, welche sich von der schwefelgelben Farbe des Thallus scharf abheben, den Felsen, welche die Flechte überzieht, ein eigentümliches, borstiges Aussehen. Neuropogon melaxanthus findet sich noch in Höhen von über 600 Meter und sind es besonders die Bergkämme, wo sich dieselbe am üppigsten entwickelt. Es fehlt zwar den tieferen Regionen nicht, doch ist es dort seltener. Die Felsstücke, an welchen sich vereinzelt stehende Exemplare finden, haben sich wohl meist in Folge atmosphärischer Einflüsse von den Gebirgskämmen losgelöst und bringen die Flechte mit in die Tiefe.

Amphiloma diplomorphum Müll. Arg. dagegen überzieht die Felsen am Strande und giebt denselben eine weithin sichtbare orangegelbe Färbung.

Zwei Sticta-Arten: St. Freycinetii Del. und endochrysea Del. sind auf der Moosdecke des Hochplateaus ebenfalls weit verbreitet.

Bezüglich einiger anderer interessanter Formen muß auf die in diesem Werke enthaltene Spezial-Arbeit des Herrn Prof. Dr. Müller verwiesen werben; an dieser Stelle soll nur noch die hübsche Art Stereocaulon magellanicum Th. Fries, welches sich an einzelnen Plätzen des Hochplateaus in reichlicher Menge vorfindet, erwähnt werden.

Auch die Farnkräuter sind mit 3 Arten vertreten. Am häufigsten ist Hymenophyllum peltatum Desv., welches sich überall in Felsspalten findet. Von Aspidium mohrioides Nory brachte Ingen. Mosthaff nur einige Blätter, welche er gelegentlich einer Exkursion beim Klettern an einer Felswand entlang abgerissen hatte; es gelang später nicht wieder diese Stelle aufzufinden und konnte auch trotz eifrigen Suchens kein weiterer Standort ausfindig gemacht werden. Ebenso wuchs Cystopteris fragilis Bernh. nur an einer einzigen Stelle im oberen Whalerthal in einer eben noch mit dem Bergstock erreichbaren Felsspalte einer schwer zugänglichen jähen Wand.

Süßwasseralgen sind in den zahlreichen Wasserlöchern und kleinen Teichen sehr häufig, sowie auch ein kleiner Hutpilz zwischen der Rostkovia oft in großer Menge gefunden wurde.

Pflanzen mit lebhaft gefärbten Blüthen, welche eine Abwechslung in das Landschaftsbild bringen würden, fehlen, wie schon angedeutet wurde, fast vollständig.

Die Blüthenköpfchen von Acaena ascendens, deren Durchmesser zwar 15 Millimeter erreicht, kommen mit der tief violetten Färbung ebensowenig zur Geltung wie die von dem gleichen Farbenton überzogenen Aehren der verschiedenen Grasarten, insbesondere der Poa flabellata; die kleinen Blüthen des Ranunculus biternatus bleiben, wie schon oben bemerkt, zwischen dem Moos verborgen.

Im November allerdings, dem Frühjahr der südlichen Halbkugel, wenn der Schnee in den tieferen Regionen weggeschmolzen ist, und die Vegetation unter dem Einfluß der höher steigenden Sonne wieder aufzuleben beginnt, fehlt eine gewisse Nüancirung in der Färbung des Vegetationsbildes nicht.

Die fahlen Blätter des Toussockgrases färben sich lebhafter, dazwischen kommen die hellgrünen Polster verschiedener Moosarten, zwischen welche sich dunkler gefärbte drängen, zum Vorschein und so verliert die Landschaft wenigstens auf kurze Zeit jenen trostlos öden und monotonen Charakter, den ihr sonst die überwiegenden Töne von Grau in Grau aufprägen.

Die Vegetation dringt, soweit es wenigstens das Exkursionsgebiet betrifft, nirgends tief in das Innere der Insel ein. Die nach der See sich öffnenden Hochthäler liegen an der Grenze von 300 Meter Höhe, bis zu welcher die phanerogame Flora geht und finden sich dort nur mehr Neuropogon melaxanthus und Moose in kleinen Polstern in Felsspalten vor. Nur im Whalerthal, dessen Verlauf von SE nach NW der Entwicklung der Vegetation sehr günstig ist, kann man noch in einer Entfernung von c. 4 Kilometer vom Strand eine verhältnißmäßig reiche Pflanzendecke von Toussockgras und Acaena ascendens finden und scheint besonders die letztere in Folge der in manchen Jahren nicht ungünstigen Schneebedeckung immer mehr an Terrain zu gewinnen. Das Hochthal, welches sich an das Whalerthal anschließt, zeigt denselben Charakter wie die anderen Hochthäler.

Im Uebrigen hält sich die Vegetation an die Nähe der Küste.

Die Verbreitung derselben ist abhängig von der Form, Neigung und Lage des Terrains. Die größere oder geringere Neigung des Bodens, die dadurch bedingte Stabilität des Terrains, der schnellere oder langsamere Wasserabfluß aus der oberflächlichen Thonschichte, sowie die durch die Lage bedingte Insolation und Exposition gegen die vorherrschende Windrichtung sind die Faktoren, welche die Ausbreitung der Pflanzendecke beeinflussen.

Nach ihrer horizontalen und vertikalen Gliederung trägt die Insel den Charakter eines mit seinen Gipfeln über das Meeresniveau hervorragenden unterseeischen Gebirgszuges, welcher fast überall ohne irgend welches breitere Vorland unmittelbar unter steilem Winkel oft in senkrechten Abstürzen von der See aufsteigt. Es ist also die Steilküste sehr entwickelt und diese bietet nur selten diejenigen günstigen Bedingungen, welche beispielsweise das Toussockgras zu seiner Entwicklung braucht. Die Spalten in den senkrechten Felswänden sind meist völlig frei von Vegetation und nur da, wo sich kleine Vorsprünge zeigen, hat sich Poa flabellata, Acaena ascendens, sowie verschiedene Moosarten in geringer Menge angesiedelt.

Steilere Hänge (bis zu 60 Grad) sind da, wo ein leicht verwitternder Thonschiefer zu Tage tritt, mögen sie auch sonst nach ihrer Lage gegen die Sonne dem Pflanzenwuchs nicht ungünstig sein, völlig frei von Vegetation. Die besonders auch in Folge von Frostwirkung leicht verwitternde Bodenoberfläche befindet sich in fortwährender Bewegung und sammeln sich am Fuß der Hänge mächtige Schuttkegel an. Stärkere Regengüsse, welche ab und zu austreten, verstärken diese fortwährenden Veränderungen der Bodenoberfläche durch Hinwegschwemmen ganz bedeutender Mengen des fast überall den Boden bedeckenden feineren oder gröberen Thones. Solche ausgedehntere Veränderungen der Bodenoberfläche in Folge von Regengüssen und Frostwirkung wurden an den steilen Hängen der Süd- und Ostseite des Pirnerberges sowie der Südseite des Krokisius öfters beobachtet.

Auch das Schmelzwasser des Schnees, welches häufig sehr rasch und in großer Menge auftritt, wirkt bei diesen Veränderungen der Bodenoberfläche, welche in Folge ihrer thonigen Beschaffenheit wenig durchlässig ist, beträchtlich mit.

Da die die Royal-Bay begrenzenden und westlich an den Hauptgebirgsstock der Insel sich anschließenden Bergkämme im Allgemeinen in der Richtung SE-NW streichen, läßt sich die Abhängigkeit der Verbreitung der Vegetation von der Insolation des Bodens sehr gut verfolgen. Die Nordhänge sind überall da, wo der Böschungswinkel derartig ist, daß der Boden immer mäßig durchfeuchtet bleibt und die ungünstigen eben angedeuteten raschen Veränderungen der Bodenoberfläche fehlen von der Fluthgrenze des meist nur wenige Meter breiten Strandes an bis zu einer Höhe von 300 Meter von der üppigsten Vegation bedeckt; die gegenüber liegenden, parallel dazu verlaufenden Südhänge dagegen, auf welche während nur ganz kurzer Zeit tagsüber die Sonnenstrahlen direkt auffallen, sind öde vegetationslose Schuttfelder.

Zu den zwischenliegenden Thälern läßt sich eine ziemlich scharf begrenzte Zone nach den Südhängen hin erkennen, bis zu welcher sich die Vegetation aus der Thalsohle ausbreitet. Diese Zone dürfte die Grenze bezeichnen, bis zu welcher sich der Einfluß der direkten Sonnenwärme nach Maaßgabe der Streichrichtung und Höhe der Bergkämme geltend machen kann.

Bei der in der Royal-Bay vorherrschenden Windrichtung aus W und SW sammelt sich auf den Südhängen der Berge sehr viel Schnee in großen Schneewehen an, von welchen der Boden erst spät im Sommer wieder entblößt wird. Da aber auch während des Sommers Schneefälle nicht selten sind und der Schnee auf den Südhängen der Sonne nicht so rasch weicht wie aus den Nordhängen, kann sich unter diesen Umständen an diesen Stellen, wenn überhaupt, nur eine sehr kümmerliche Vegetation entwickeln. Die Vegetationszeit ist zu kurz, als daß etwas Ergiebiges von den Pflanzen geleistet werden könnte.

Die Schneebedeckung spielt eine große Rolle wie sich aus der Begleichung der phänologischen Beobachtungen für einzelne Pflanzen ergiebt. Während z. B. Acaena ascendens in Folge der hohen Schneedecke des Jahres 1882 erst gegen Ende Oktober und anfangs November wieder zu vegetiren begann, entwickelte dieselbe im Jahre 1883 in Folge der geringen, später fast völlig fehlenden Schneedecke schon anfangs August neue Blätter. Ebenso befand sich Ranunculus biternatus im letzteren Jahre ebenfalls schon im August in lebhaftester Vegetation. Die Schneebedeckung und die mit ungeschwächter Heftigkeit wirkenden Winde, welche auf der Westseite häufig als Föhnwinde auftreten, dürften wohl auch den großen schon eingangs angeführten Unterschied bezüglich der Vegetation zwischen der West- und Ostseite der Insel bedingen.

In Folge der schwankenden meteorologischen Verhältnisse, die oft eine bedeutend abgekürzte Vegetationszeit bedingen und auch die Samenreife beeinflussen, dürften einjährige Pflanzen einen äußerst schweren Kampf um die Existenz zu bestehen haben.

Auf dem Südufer der Royal-Bay erscheinen die östlichsten nach Cap Charlotte allmählich abfallenden Berge, soweit sie noch innerhalb der Vegetationsgrenze liegen, vollständig von dem hochwüchsigen Toussockgras bedeckt, dessen anscheinend gleichmäßiger, dichter Rasen nur selten von kleinen Wasserläufen, an welchen sich eine üppigere Moosvegetation entfaltet, unterbrochen wird. Während Festuca und Phleum wie überall nur vereinzelt sich finden, bedeckt hier auch die Acaena ascendens größere Flächen, wenn sie auch im Vergleich zum Toussockgras und ihrem Vorkommen an anderen Standorten sehr zurücktritt. Westwärts ziehen sich diese Grasmatten in gleichbleibender Höhe bis zum Weddell-Gletscher, dessen linke Seitenmoräne sowie ihre nächste Umgebung ebenfalls noch von der Poa flabellata bedeckt ist. Von hier aus bis zum Roß-Gletscher wird die Vegetation immer spärlicher, da die steilen, von mächtigen Schuttkegeln bedeckten Hänge und die aus großer Höhe senkecht abfallenden Felswände nur an wenigen Stellen dem Toussockgras einen Halt bieten. Der steinige Strand ist längs des Südufers fast überall nur wenige Meter (circa 6) breit und theils völlig vegetationslos. Die kalten, mit großer Heftigkeit durch das Thal, in welchem sich der Roß-Gletscher bewegt, gepreßten Luftströmungen mögen ebenfalls einer Planzenansiedlung in der Nähe des Gletschers ungünstig sein. Jenseits des Roß-Gletschers, in jener Thalerweiterung, in welcher sich eine große alte Seiteumoräne befindet, sind nur der Strand und die terrassenförmigen Westhänge von dem Toussockgras und Acaena bewachsen, während der Nordhang des Pirnerberges wieder nur ein vegetationsloses Schuttfeld bildet. Die sumpfige Thalsohle ist von Moos und der Rostkovia spärlich bedeckt; im Uebrigen fehlen auch Phleum und Aira nicht. Zwischen Steinen der alten Moräne wächst auch in großer Menge Colobanthus crassifolius.

Auch auf der Westseite der Bay, wo sich der Pirnerberg bis zu einer Höhe von über 600 Meter steil und fast unvermittelt aus der See erhebt, können nur an wenigen Stellen auf der Höhe der über den Strand vorspringenden Felswände, sowie an und unter überhängenden Felsen des Berghanges Poa und Acaena gedeihen; es gewann jedoch der Ostabhang des Pirnerberges als ausschließlicher Standort der einen Farnkrautart ein erhöhtes Interesse.

Ist das Vegetationsbild, welches die Südwest- und Westseite der Royal-Bay dem Auge darbietet, ein wenig befriedigendes, so gestaltet sich dasselbe in dem unteren Theil des Whalerthales, welches sich bei einer Länge von etwa 4 Kilometer im NW nach der Bay öffnet, völlig anders. Steht schon der breite mit seinem Kies bedeckte Strand, der glatt wie eine Tenne von Toussockgras umsäumt wird, in einem wohlthuenden Kontrast zu den mit grobem Geröll und Felsblöcken bedeckten Strand der Nord- und Südseite der Bay, so übertrifft die Ueppigkeit des Pflanzenlebens, welches sich an den Nordhängen und in der Thalsohle entfaltet, alle anderen von uns besuchten Punkte der Royal-Bay und findet dieselbe nur in den kurzen nach Norden sich öffnenden Thälern des Little-Hafen ein Gegenstück.

In diesem Thale belebt ein Wasserfall, der ans einer Höhe von etwa 300 Meter herabstürzt, die Landschaft; saftige Matten von Toussockgras bedecken hier das nackte Gestein der nördlichen Thalwand und die höher gelegenen Theile der Thalsohle, welche ein breiter Bach durchzieht, während die zahlreichen von den Hängen herabrieselnden Wasseradern, die sich in dem Bache sammeln, den niederen Theil der Sohle mehr oder weniger in ein sumpfiges Gelände verwandeln; der Boden ist hier von zahlreichen Moosarten bedeckt, zwischen welchen sich die dicht verflochtenen Zweige der Acaena ascendens ausbreiten.

Die Rostkovia findet hier sowie die Aira ebenfalls einen sehr günstigen Standort; auch der Ranunculus sowie die Callitriche sind an den kleinen Wasserläufen in reichlicher Menge vorhanden.

In den zahlreichen Vertiefungen des Bodens sammelt sich Wasser an und bieten diese kleinen Tümpel verschiedenen Süßwasseralgen eine günstige Stelle zur Ansiedlung, und beleben dieselben die Wasserflächen in großer Menge.

Einer dieser kleinen Wassertümpel beherbergte, allerdings nur in sehr geringer Menge den Juncus Novae Zealandiae, der sonst an keinem anderen Punkt der Royal-Bay wieder angetroffen wurde. Auch sonst hat sich gerade dieses Thal als Fundort einiger Farnkrautarten sowie des kleinen Hutpilzes, der sich allerdings auch auf dem Hochplateau zwischen der Rostkovia vorfand, bei der Mannigfaltigkeit seines Pflanzenlebens und da es auch landschaftlich eines gewissen Reizes nicht entbehrte als ein sehr dankbares Exkursionsziel erwiesen.

Im oberen Theil des Whalerthales, da wo sich der Bach durch eine Klamm wildbrausend hindurchzwängt, wird in einer Entfernung von etwa 1 Kilometer vom Strand die Vegetation immer spärlicher. Theils sind es die schroff nach Osten abfallenden Felswände der Bergstraße, welche eine Abnahme der Pflanzendecke bedingen, theils die hohe, erst spät im Sommer wegschmelzende Schneedecke. Die Nordhänge und die an dieselben angrenzenden Theile der Thalsohle, auf welchen der Schnee dem Einfluß der Sonne frühzeitiger weichen muß, zeigen noch immer größere grüne Flecke, an welchen Toussockgras und Acaena ascendens steht, jedoch in Folge der verkürzten Vegetationszeit nicht so üppig entwickelt, wie an anderen Standorten. Selbst Ranunculus biternatus kommt hier noch zur Blüthe.

Aus der Thalsohle wechseln frisch grüne Moosteppiche mit dunkleren Stellen ab, welche die Rostkovia verrathen; der Boden trägt jedoch nur an einzelnen Stellen eine Pflanzendecke, im Uebrigen liegt derselbe, von grobem Kies und feinerem Thonschlamm bedeckt, völlig frei.

In schroffem Gegensatz zu diesem Vegetationsbilde, welches das von der übrigen Monotonie ermüdete Auge einigermaaßen befriedigt, stehen die öden, fast jeglichen Pflanzenwuchses entbehrenden Schutthalden des Berggrates, welcher das Whalerthal nach Norden und Nordost begrenzt und erst in der Nähe der Station, da wo das die Royal-Bay nach Norden begrenzende Hochplateau terrassenförmig ansteigt, in dem Krokisiusberg endigt.

Hohe Schneewehen sammeln sich auf den dem West- und Südwestwind ausgesetzten Hängen an, welche von zahlreichen Rinnsalen und sonstigen Bodenvertiefungen durchfurcht sind, sowie auch in den tief eingeschnittenen Einbuchtungen längs der Küste des Moltke-Hafens, in welchen das Whalerthal einmündet. Einerseits sind die Schneemassen stellenweise zu gewaltige, andererseits dürfte die Bodenerwärmung durch direkte Bestrahlungen eine zu geringe sein, als daß sich hier ein höheres Pflanzenleben entfalten könnte. Nur auf den zahlreichen aus massivem Gestein gebildeten Hucks längs der Küste hat sich das Toussockgras angesiedelt und gedeiht hier gut, während sonst nur ab und zu an kleinen Wasserläufen und kleinen vom Schnee frühzeitig befreiten Stellen Moose und Flechten ihr Dasein fristen.

Erst die wenig geneigten Hänge des in einer Höhe von über 100 Meter über das Meeresniveau sich erhebenden Hochplateaus zeigen, und zwar sowohl auf der Süd- wie auf der Nordseite, wieder einen üppigen Rasen von Toussockgras, der aber in Folge des terrassenförmigen Anstieges öfter durch sumpfige, mit Rostkovia und Moosen bedeckte Flächen, sowie durch kleine Wiesen von Aira unterbrochen wird. Diese erzeugten in der Umgebung der Station ein oft 20-30 Centimeter mächtiges Torflager.

Auf der undurchlässigen Thonschichte liegen abwechselnd Sand, dann Sand und Thon mit torfigen Bestandteilen, bis auf diese Schichten, deren an einzelnen Stellen bis zu 8 gezählt werden konnten, eine compaktere Torflage folgt. Wahrscheinlich sind diese Schichten in der Weise entstanden, daß der mit Vegetation ursprünglich jedenfalls nur sehr spärlich bedeckte Thonboden durch Sand und Thon, welchen Regen und hauptsächlich Schneewasser vom Hochplateau herabschwemmten, wieder mehr ober weniger vollständig überzogen wurde und auf dieser Erdschichte sich wieder eine neue Vegetation ansiedelte, welche aber nach längerer Zeit das gleiche Schicksal erreichte.

Der Unterschied in der Verbreitung und insbesondere im Wachsthum der Vegetation, je nach der Exposition gegen die Sonne, tritt besonders an dem Hochplateau und dem an letzteres nach Westen sich anschließenden Gebirgszug hervor. Sind zwar die übrigen Bedingungen für das volle Gedeihen des Toussockgrases, Hänge, deren Böschungswinkel so groß ist, daß das in den Thonboden nicht tief eindringende Wasser leicht abfließen kann und die Graspolster nicht allzusehr durchfeuchtet, sowie die Nähe der See sowohl auf der Süd- wie auf der Nordseite vorhanden, so fehlt doch, wie schon oben erwähnt, auf den Südhängen des Gebirgszuges die Vegetation, welche erst am Hochplateau wieder an Ausdehnung gewinnt, fast vollständig, während auf den Nordhängen, insbesondere in den nach der Nordküste (nach Little-Hafen) sich von jenem Gebirgszuge aus öffnenden Thälern, das Toussockgras die Thalwände bis zu einer Höhe von durchschnittlich 300 Meter bekleidet und eine Länge erreicht, welche die des Grases auf dem Südhang des Hochplateaus noch übertrifft; während es hier höchstens 1 Meter hoch wird, zeigen dort die schilfähnlichen Blätter desselben in der Regel eine Länge von 1½ Meter. Auch die übrigen Blüthenpflanzen speciell die Acaena ascendens, welche sich in den Thälern des Little-Hafen bis zur Fluthgrenze zwischen dem Gras hinzieht, gedeiht hier auf den Nordhängen besser als auf den Südhängen. Die Belaubung und die Verzweigung ist eine viel reichere, der Wuchs ein viel kräftigerer als bei den Pflanzen in der nächsten Umgebung der Station, auch die Blüthenentwicklung übertrifft hier hinsichtlich Zahl und Größe der Blüthenköpfchen die Individuen anderer Standorte. Auch an den übrigen Blüthenpflanzen, Aira, Rostkovia ec., welche sich hier an den gewohnten Standorten wiederfinden, ist ein freudigeres Wachsthum unverkennbar.

Ueber den Rand des Hochplateaus breitet sich das Toussockgras nur in einem schmalen Streifen aus, der ziemlich scharf begrenzt erscheint. An diesen schließt sich sumpfiges Terrain an, welches eine dichte Moosdecke trägt, in welcher sich die Rostkovia weithin ausgebreitet hat. Jenseits dieses Sumpflandes folgen weit ausgedehnte, von einem oft fußdicken, dicht verfilzten Moosteppich bekleidete, tundrenähnliche Flächen, welche die schon oben erwähnten Auftreibungen zeigen.

Das Hochplateau, dessen Eintönigkeit nur durch die spiegelnden Flächen einiger kleiner Teiche gemildert wird, ist der Hauptstandort der Moose und Flechten, von welchen letzteren die großen Sticta-Arten ausschließlich hier gefunden wurden. Das Toussockgras fehlt zwar auf dem Hochplateau nicht vollständig, so an kleinen Bodenerhebungen und an Felsblöcken, und stiftet sogar aus dem Filz des Moosteppichs ein durch die unbehindert über das Plateau hinwegsegenden Stürme stark beeinträchtigtes Dasein. Die fahlen Blätter bleiben klein, die Blattspitzen erscheinen oft wie erfroren und sind vom Sturm zerpeitscht.

In seinen höchsten Erhebungen nach Westen ist das Hochplateau fast völlig frei von Vegetation und wird im Sommer der thonige Boden an der Oberfläche staubtrocken. Nur in den während des Austrocknens entstandenen Rissen, welche noch etwas Feuchtigkeit halten, finden sich kümmerliche Pflänzchen von Aira, Phleum, Rostkovia und Moose.

In das Brockenthal, welches nach der dem Thale vorgelagerten Moräne ein Gletscherbett gewesen zu sein scheint, dringt die Vegetation längs der Uferränder eines aus demselben fließenden Baches in geringer Entwicklung vor und gewinnt nur in der Umgebung des unteren Brockenthalseees in einem Moosteppich, ans welchem Colobanthus crassifolius β brevifolius Engler seinen Standort hat, etwas an Ausdehnung, während sich weiterhin, wie auf den Thalhängen der Südseite, nur sehr vereinzelte kümmerlich entwickelte Pflänzchen von Aira, Phleum ec. vorfinden. Ostwärts fällt das Hochplateau, indem es sich allmählich zu einer Landzunge verschmälert, ab und schließen die längs des Plateaurandes immer näher zusammenrückenden Bänder des Toussockgrases an der Spitze der Landzunge wieder zusammen, indem letztere ebenso wie eine nach Osten vorgelagerte kleine Insel das hochwüchsige Gras wieder in seiner vollsten Entfaltung trägt.

Zur Vervollständigung des Bildes der Vegetation von Süd-Georgien, von welcher Vorstehendes eine Darstellung geben soll, ist es nöthig, auch einige Repräsentanten der Meeresflora beizuziehen, die den Charakter dieses Bildes wesentlich beeinflussen.

Vor allen anderen der zahlreichen an den Klippen innerhalb der Buchten und nach der offenen See hinaus an den seichteren Ufern wachsenden Tangarten soll neben den zierlichen Desmarestien der für den antarktischen Ocean charakteristische Riesentang Macrocystis hervorgehoben werden. Durch die Meeresströmung vom Lande weggetrieben, begegnet man demselben zu dichten Knäueln zusammengeballt schon in etwas niedereren Breiten. Ueberall, wo die Ufer nicht zu steil abfallen, umsäumt diese sowohl in ihrer äußeren Erscheinung, als auch in ihrem inneren Bau hoch differenzirte Vergleiche: H. Will: Zur Anatomie von Macrocystis luxurians. Botanische Zeitung 1884 Nr. 51 und 52. Alge in einem breiten Gürtel die Küste. Sie wurzelt nach zahlreichen in der Royal-Bay zu diesem Zweck vorgenommenen Lothungen niemals in Tiefen über 20 Meter und bezeichnet ihr Vorkommen mitten in der Bay sicher Untiefen an diesen Stellen an. Der reichlich verzweigte kompakte Wurzelstock, der oft über ½ Meter Durchmesser erreicht und, zumal wenn er vertrocknet am Strande liegt, einem aus Reisig aufgebauten großen Vogelnest nicht unähnlich sieht, haftet mit relativ nur wenigen Wurzelenden auf dem felsigen Meeresgrund, dem sich die Wurzeln oberflächlich fest anschmiegen. Aus diesem Wurzelstock erhebt sich eine größere Anzahl schwacher, 1-1½ Centimeter dicker Stämmchen, welche, soweit dieselben noch unter der Meeresoberfläche bleiben, in größeren Zwischenräumen Blätter tragen. Einmal an die Oberfläche gelangt, breiten sich die Stämmchen, teilweise durch die Strömungen beeinflußt, nach allen Richtungen aus und entfalten hier in einer Länge von 50-60 Meter Rechnet man zu diesen Maximallängen der gerade vom Meeresgrund aufsteigenden Stämmchen noch 20 Meter, so erreichen diese Zahlen noch nicht annähernd die Größe derjenigen, welche von anderer Seite für die Länge der Macrocystis (bis zu 300 Meter) angegeben wird. mächtige bis zu 1½ Meter lange und bis zu 30 Centimeter breite Blätter von lederartiger Beschaffenheit, welche auf dem Wasser flottirend durch große langgestreckte birnförmige Schwimmblasen getragen werden.

Besonders an dem klippenreichen Nordufer der Royal-Bay ist die Macrocystis mächtig entwickelt, während das Südufer mir an wenigen Stellen diese Tangart aufzuweisen hat.

Bei heftiger Brandung sind die langen dünnen Stämmchen des Tanges starken Zerrungen und Dehnungen ausgesetzt, jedoch bieten dieselben auch stärker bewegter See Trotz. Nur nach heftigeren Stürmen findet man zahlreiche, häufig mit dem Wurzelstock ausgeworfene mächtige Pflanzen am Strande; öfters ist derselbe auch von einem kleinen Wall (bis zu 1 Meter Höhe) von Macrocystisstöcken, welche zu unentwirrbaren Knäueln verschlungen sind, umsäumt und bilden dann die bald schleimig werdenden und in Zersetzung übergehenden Tangmassen, von deren Anwesenheit zuletzt nur mehr die resistenteren Wurzelstöcke Zeugniß ablegen, eine wahre Fundgrube der verschiedenen Meeresbewohner.

An den Küsten nach der offenen See hin, weniger in den Buchten, ist eine zweite große Tangart, D'Urvillea, sehr häufig. Aus der massiven, in der Mitte vertieften Wurzelscheibe von etwa 20 Centimeter Durchmesser entspringt zunächst mit schmaler Basis, nach oben auf eine Länge von etwa ½ Meter sich bald verbreiternd, der bandartige, schwammige Thallus, der sich weiterhin in eine Anzahl schmälerer Streifen zertheilt. Die Länge der ganzen Pflanze erreicht oft 6 Meter. Den Thallus selbst durchziehen von einer Fläche zur anderen große mit Luft erfüllte Hohlräume, welche dem Tang auf dem Längsschnitt ein wabenartiges Aussehen geben.

Im Gegensatz zu Macrocystis trocknet D'Urvillea unter Erhaltung der äußeren Form völlig aus und bilden die dürren, gelbbraunen Tangmassen, welche öfters in größerer Menge angehäuft sind, eine ganz charakteristische Strand-Staffage.


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