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3. Kapitel

Die dichten Morgennebel lagen noch über der riesigen Hauptstadt von Großbritannien und Irland, welche eine Welt für sich bildet und so viel glänzende Pracht neben so bitterem Elend, so viel patriotische und monarchische Pietät und so viel festen, treuen Bürgersinn neben so viel Brandstätten der europäischen Revolution in ihrem Weichbilde einschließt, als der erste Lord des Schatzes, Benjamin Disraeli, Graf von Beaconsfield, bereits völlig angekleidet in dem großen, hellen Arbeitszimmer seiner Dienstwohnung in Whitehall mit der Durchsicht der während der Nacht eingegangenen Berichte und Depeschen beschäftigt war, welche ihm das Auswärtige Amt dechiffriert zugesendet hatte.

Das Arbeitszimmer des merkwürdigen Mannes, der sich nur durch die eigene Kraft des Geistes und Willens vom Kaufmannslehrling bis zu den höchsten Höhen der so stolzen und unnahbaren englischen Aristokratie hinaufgearbeitet hatte, war unendlich einfach und in dunklen Farben ausgestattet und möbliert. Ein großer Schreibtisch, auf welchem eine musterhafte Ordnung herrschte, vor Repositorien mit Büchern und Akten zeigte, daß man sich in der Werkstätte des Staatsmannes befand, dem die Leitung eines der größten Weltreiche anvertraut war. Wenige ausgezeichnete Ölgemälde und einige antike Bronzen bekundeten den edlen Geschmack des so scharf beobachtenden und so fein empfindenden Dichters, dessen Romane ihm zuerst den Weg zu den Gipfeln des Ruhmes geöffnet hatten.

Da das Tageslicht nur schwach durch den dichten Nebel schien, so waren die dichten Fenstervorhänge noch zugezogen, und eine Lampe mit breitem, blauem Schirm goß ihr mildes Licht über den Schreibtisch. Der Graf von Beaconsfield hatte die letzte Depesche gelesen und lehnte sich sinnend in seinen Sessel zurück. Sein Gesicht war eine der eigentümlichsten Physiognomien, die man sehen konnte, und wer ihm einmal im Leben begegnet war, vergaß ihn gewiß niemals wieder. Über die hohe, edel gewölbte Stirn ringelten sich einzelne länglich gedrehte Locken, welche einst voll und dunkel, jetzt dünn und grau geworden waren; die großen Augen blickten scharf beobachtend umher oder waren wie gedankenvoll nach innen gekehrt, leicht verschleiert. Seine ein wenig gebogene Nase und das Kinn erinnerten an die jüdische Abstammung, doch zeigte das Gesicht die edelste Form des orientalischen Typus, wie man sie sich bei den alten Helden und Weisen Judas denken mag. Sein seiner, beredter und ausdrucksvoller Mund war trotz des Alters noch schön in seinen Linien, auf dem ganzen Gesicht lag gewöhnlich eine kalte, vornehme Ruhe, ein gutmütig-ironisches Lächeln zuckte häufig um die seinen Lippen, wenn dieser Mann, der so sicher die vielseitigsten Gebiete beherrschte, in ruhiger Unterhaltung dasaß, das Kinn mit dem charakteristischen, vom Halse aus vorspringenden Bärtchen in den hohen Hemdkragen hinabgesenkt; wenn aber irgendein Gegenstand ihn besonders bewegte, wenn er in lebhafter Unterhaltung wissenschaftliche Fragen erörterte, wenn er im Ministerrat seine Meinung verteidigte oder seine mächtigen Reden im Unterhause gegen die Gegner schleuderte, dann leuchteten die Züge seines seinen, bleichen Gesichts in heller Begeisterung, aus seinen Augen sprühten flammende Blitze, und man hätte glauben können, einen der begeisterten Propheten des Alten Testaments vor sich zu sehen, vor deren aufwärts gerichteten Blicken die Wolkenschleier der Zukunft sich öffneten.

»Die Krisis ist nicht mehr zu beschwören,« sagte er, »was diese Konferenz hier auch endlich beschließen mag, und wenn auch wir unsere Zustimmung dazu geben, die Pforte wird die Beschlüsse ablehnen – sie muß es tun, wenn sie nicht die Bedingungen ihrer eigenen Existenz zerstören will. Und selbst wenn sie die Beschlüsse annimmt, welche sie unter die Kontrolle der Mächte stellen soll, wird sie diese Beschlüsse niemals ausführen, und in kurzer Zeit wird dennoch das schon halb aus der Scheide gezogene Schwert entscheiden müssen. Gortschakoff hält Rußland für bereit und den Augenblick für günstig, nachdem es sich nun länger als zwanzig Jahre gesammelt hat. Und er hat recht – er wird nicht zurückweichen, ich kenne ihn seit lange, wir waren befreundet, als ich noch der herablassend protegierte Schriftsteller und er der vornehme, ehrgeizige, feiner Karriere gewisse Gesandtschaftsattaché war.

»Wie lange ist das her!« sagte er seufzend, mit träumendem Blick und wehmütigem Lächeln, »man verlachte mich damals, werden wollte – nun bin ich es, alles habe ich erreicht, was meine kühnsten Träume einst kaum zu hoffen wagten und was ich fast nur in trotziger Herausforderung der Unmöglichkeit als Ziel meines Strebens aufstellte – aber wo ist die Kraft, der Mut, die Hoffnungsfreudigkeit der Jugend geblieben? Die treue Gefährtin meiner besten Lebensjahre ist von mir geschieden, so viele Freunde sind neben mir ins Grab gesunken, fast stehe ich da wie ein dürrer, einsamer Stamm, keines Triebes mehr fähig, kraftlos gegen den heranbrausenden Sturm.«

Einen Augenblick sank er zusammen und schloß wie in schmerzlichem Sinnen die Augen; dann aber plötzlich raffte er sich empor, stand von seinem Sessel auf und rief, indem seine Augen so kühn aufblitzten, daß im Glanz dieser Blicke sich sein welkes Gesicht wieder, zu verjüngen schien:

»Nein, nein, noch will ich, noch darf ich nicht gebrochen sein, das höchste, das schönste und herrlichste Ziel steht ja noch vor mir! Nicht nur nach der Macht und der Ehre habe ich gestrebt, welche die erste Stelle im Rat der Königin mir gibt, nein, mein Ehrgeiz ist es immer gewesen, diese Macht, wenn ich sie erringen und festhalten könnte, zu gebrauchen, um England emporzureißen aus der Erniedrigung, zu der es mehr und mehr herabsank durch ängstliche Scheu vor kühnem Handeln, um meinem Vaterlande den Platz wiederzugewinnen, den es einnahm unter Georg IV., als der große Canning das Staatsruder führte, als man an allen Höfen Europas ehrerbietig auf seine Stimme lauschte. Das ist heute nicht mehr so, trotz alles Selbstgefühls dürfen wir uns darüber nicht täuschen; England hat immer und immer seine wichtigsten Interessen aufgegeben, weil es nicht wagte, das letzte Wort zu sprechen, es hat sich in mürrischer Ohnmacht vor der Macht der Tatsachen zurückgezogen, es hat Dänemark und Frankreich niederwerfen lassen, die es hätte schützen sollen, um das Erstehen der deutschen Kontinentalmacht zu verhindern, deren rücksichtsloser Eintritt in das europäische Konzert heute alle Berechnungen zerstört. In der äußeren Rücksicht, welche man heute noch auf England nimmt, liegt eine gewisse verdeckte Ironie, sie glauben nicht, daß der englische Leopard noch Zähne und Krallen habe, aber bei Gott, sie sollen sich täuschen. Die Krisis, welche unvermeidlich hereinbricht, gibt mir die Gelegenheit, zu beweisen, ob ich selbst zu tun vermag, was ich oft als die Pflicht von Englands Staatsmännern bezeichnet habe, und«, sagte er, die Hand ausstreckend wie zu einem Gelöbnis, welches er sich selbst ablegte, – »ich will diese Pflicht erfüllen, der einsame, dürre Stamm, den keine Blüten mehr schmücken, soll noch eine Lorbeerkrone treiben, welche unverwelklich die Ruhmeshalle Englands zieren wird. Benjamin Disraeli wird beweisen, daß er es wert war, so hoch zu steigen, und daß nicht nur die Laune des Glücks ihn emporgehoben.«

Ein Sonnenstrahl zitterte durch die Faltenöffnung des Fenstervorhangs.

» Accipio omen!«rief der Graf freudig, – »dieser Blick des himmlischen Lichtes, der durch den Nebel bricht, soll mir eine Bürgschaft sein, daß die Geister des Sieges über mir schweben; der schöne Glaube des Altertums traute ja den himmlischen Zeichen, auch ich will dem Zeichen dieses Lichtes vertrauen, des Lichtes, dem ich mein ganzes Leben über gedient, zu dem ich emporzustreben alle meine Kraft eingesetzt habe.«

Er zog die Vorhänge auf, der volle Sonnenschein, welcher auf wenige Augenblicke die englischen Nebel zerteilte, flutete durch das Zimmer und bestrahlte das hoffnungsvoll und freudig bewegte Gesicht des Grafen.

Der Kammerdiener trat ein und brachte auf einer silbernen Platte das Frühstück seines Herrn. Eine Kristallschale mit durchsichtigem Champagnergelee, einige leichte Biskuits und ein kleines Spitzglas mit Madeira gefüllt. Er stellte die Platte auf einen Tisch vor dem neben dem Fenster stehenden Diwan.

»Ja, ja,« sagte der Graf, indem er wehmütig lächelnd die Achseln zuckte, »das ist das Alter! Der Geist ist frisch und jung, aber der Magen verträgt nur noch dieses leichte Weingelee und schaudert bei dem Gedanken an die vortrefflichen Frühstücke von ehemals mit ihren saftigen Roastbeefs, ihren würzigen Pasteten und duftigem Ale – gleichviel, wir bedürfen ja nur den Geist und den Mut, der jungen und kräftigen Arme hat Altengland genug.«

Er setzte sich nieder und verzehrte ganz heiter sein so wenig substantielles Frühstück, während er sich freundlich mit seinem alten Diener unterhielt und demselben die Befehle für den Tag und die zu dem Diner zu erlassenden Einladungen erteilte.

Er hatte eben behaglich das kleine Glas geleert, welches in der Tat nur wenige Tropfen alten Madeiras enthielt, als ein Lakai leise die Tür öffnete und dem Kammerdiener ein Zeichen machte, um ihm leise eine Meldung zuzuflüstern.

»Der russische Botschafter«, meldete dieser dann seinem Herrn, »bittet Eure Lordschaft um Gehör.«

Graf Beaconsfield erhob sich schnell, sein Gesicht nahm den Ausdruck jener ruhigen, salonmäßigen Höflichkeit an, welche ihn in der Konversation nur sehr selten und nur in Augenblicken besonderer Erregung verließ.

Der Kammerdiener öffnete die Tür, und im nächsten Augenblick trat der Botschafter des Kaisers Alexander, Graf Peter Andrejewitsch Schuwalow, in das Kabinett. Der Graf trug einen schwarzen Morgenanzug, welcher seine Gestalt noch schlanker und eleganter erscheinen ließ als die militärische Uniform des Generals der Kavallerie, die er bei offiziellen Gelegenheiten trug. Er war damals fünfzig Jahre alt, sein etwas blasses, seines Gesicht mit den leicht ergrauenden Haaren und dem militärisch geschnittenen Bart zeigte in seiner verbindlichen Freundlichkeit und herzlichen Offenheit dennoch durchdringenden Scharfblick und kluge Selbstbeherrschung; man hatte, wenn man den Grafen ansah, das Gefühl, daß das, was er sagte, wahr sein müsse, daß er aber bei weitem nicht alles sage, was er wisse oder denke, und daß es keine leichte Mühe sei, in dasjenige einzudringen, was er zu verschweigen die Pflicht oder den Willen habe.

Ihm folgte der General Nikolaus Paulowitsch Ignatiew, der russische Botschafter in Konstantinopel. Er war ein wenig jünger als der Graf Schuwalow, er trug gleich ihm einen einfachen Zivilanzug, und auch er zeigte in seiner Haltung und Erscheinung elegante Sicherheit und diplomatische Gewandtheit. Sein etwas volles Gesicht hatte ein wenig von dem slawischen Typus; über seinem großen und breiten, aber ausdrucksvoll belebten Munde lag ein schmaler, langgedrehter, dunkler Schnurrbart, welcher die Lippen nicht bedeckte; seine hohe Stirn war von dünnen Haaren umgeben, und seine dunklen, lebhaft und scharf blickenden Augen schienen nicht wie diejenigen des Grafen Schuwalow geschickt die Gedanken zu verhüllen, wohl aber jeden Ausdruck anzunehmen und dadurch vielleicht noch sicherer die auf ihn gerichteten Blicke irrezuleiten.

Graf Schuwalaw näherte sich vertraulich dem englischen Premierminister, wahrend sich doch zugleich in seiner Haltung eine gewisse wie unwillkürliche Ehrerbietung des jüngeren Mannes gegen den älteren ausdrückte, und sagte, indem er Lord Beaconsfields dargebotene Hand schüttelte:

»Ich habe mir erlaubt, mein teurer Graf, Ihnen meinen Kollegen Ignatiew vorzustellen, welcher über Berlin, Wien und Paris hierherkommt, um mit der vollen Aufrichtigkeit, welche die Interessen unserer beiderseitigen Länder erheischen, über alles zu berichten, was er an jenen Höfen gehört hat.«

»Und ich bin außerordentlich glücklich,« fiel General Ignatiew ein, »bei dieser Gelegenheit die Ehre und die Freude zu haben, die persönliche Bekanntschaft Eurer Exzellenz zu machen. In der großen Frage, welche gegenwärtig zur Entscheidung liegt, stehen sich England und Rußland als die wichtigsten Faktoren gegenüber, und ich bin gewiß, daß wir uns über das, was geschehen muß und geschehen kann, leicht verständigen werden, wenn von beiden Seiten das eigene Interesse pflichtgemäß vertreten, zugleich aber auch dem gegenseitigen Interesse in gerechtem Entgegenkommen Rechnung getragen wird.«

»Zweifeln Sie nicht daran, mein Herr,« erwiderte Graf Beaconsfield, indem er dem General Ignatiew mit etwas zurückhaltender Artigkeit die Hand reichte, »daß dies meinerseits in vollem Maße geschieht und daß ich nichts mehr wünsche, als die zu meinem Bedauern wieder aufgetauchte orientalische Frage ohne Erschütterung des europäischen Friedens zu lösen.«

Er lud die beiden Herren ein, auf den um den Diwan stehenden Lehnstühlen Platz zu nehmen, wobei er selbst wie zufällig seinen Platz so wählte, daß er den Rücken dem Fenster zuwendete, so daß sein Gesicht in Schatten gehüllt wurde und seine Besucher nicht imstande waren, scharf und genau das Mienenspiel seiner Züge zu verfolgen. – Unmittelbar in die Sache eingehend, sagte General Ignatiew:

»Wie Euer Exzellenz wissen, komme ich hierher über Berlin, Wien und Paris, und ich habe an allen drei Höfen nur die vollste Anerkennung der Haltung gefunden, welche Rußland in den bisherigen Phasen der Verhandlung und auf der Konferenz in Konstantinopel eingenommen hat.«

Graf Beaconsfield verneigte sich schweigend.

»Ich habe«, fuhr General Ignatiew fort, »von dem Fürsten Bismarck die Versicherung erhalten, daß Deutschland die vollständigste und freundlichste Neutralität beobachten werde, wenn mein allergnädigster Herr gezwungen sein sollte, zur Ausführung der Grundsätze des Berliner Memorandums vom vorigen Jahre und des Protokolls der hier zusammengetretenen Konferenz dem Widerstände der Pforte gegenüber die Waffen zu ergreifen.«

»Das Berliner Memorandum, welchem England nicht beigetreten ist,« erwiderte Graf Beaconsfield ruhig und kalt, »scheint mir ein Aktenstück der Vergangenheit zu sein, und ein Protokoll der hier versammelten Konferenz ist noch nicht unterzeichnet.«

General Ignatiew schien diese Zwischenbemerkung zu überhören und fuhr fort:

»In Wien habe ich die gleiche Gesinnung gefunden und die gleichen Versicherungen empfangen; Österreich hat ja unmittelbarere Interessen an der Entwicklung einer orientalischen Krisis als Deutschland, aber diese Interessen ließen sich für alle Fälle sicherstellen, wenn Österreich Bosnien besetzte, vielleicht auch Serbien, unsrerseits würde nichts dagegen eingewendet werden, und wenn das Wiener Kabinett sich auf diese Weise selbst Garantie verschaffte, daß keine Erschütterung auf der Balkanhalbinsel seine Grenzen beunruhigen oder seine Interessen an der Donau in Gefahr bringen könnte. Man war in Wien sehr geneigt zu einer solchen Okkupation, und unsererseits würde dieselbe als eine berechtigte Sicherung österreichischer Interessen gern zugestanden.«

Ein Zug flüchtiger Ironie zeigte sich auf Disraelis Gesicht.

»Eine solche Okkupation«, sagte er leichthin, »würde immerhin einen Eingriff in die Souveränität der Pforte in sich schließen und wohl nur mit deren Zustimmung erfolgen können, worüber man ja in Wien ohne Zweifel klar sein wird.«

Auch auf diese Bemerkung antwortete General Ignatiew nicht.

»In Paris«, fuhr er fort, »war ich ebenfalls so glücklich, die entschiedenste Anerkennung unserer bisherigen politischen Haltung zu finden. Ich habe dort die Überzeugung gewonnen, daß Frankreich mit seiner vollen Sympathie die Aktionen Rußlands zur definitiven Lösung der Verwirrungen im Orient, zur Sicherstellung der christlichen Bevölkerung gegen die türkische Willkür begleiten werde. Die gegenwärtige französische Regierung«, fügte er mit leichtem Ton wie eine gleichgültige und bedeutungslose Bemerkung hinzu, »hat vollkommen erkannt, daß die Politik von 1855 ein Fehler des Kaiserreichs war, und daß vielmehr das freundlichste Einverständnis mit Rußland in allen europäischen Fragen für Frankreich geboten sei.«

Graf Beaconsfield zuckte die Achseln und sagte in gutmütig scherzendem Ton:

»Die Verhältnisse haben sich geändert; im Jahre 1855 nannte man die Türkei den kranken Mann, Frankreich ist heute wohl noch etwas kränker und hat vollauf zu tun, seine inneren Wunden zu heilen, ihm fehlt der Arm, um den Sympathien seines Herzens Nachdruck zu geben.«

»Die ganze Frage steht also«, fuhr General Ignatiew fort, »zwischen Rußland und England; wenn wir uns über gemeinschaftliche Grundsätze verständigen, wenn wir, die wir allein in der Lage sind, zu Lande und zur See der Pforte unsern Willen aufzuzwingen, eine gemeinsame Forderung stellen, so scheint es mir unmöglich, daß die gegenwärtige Krisis nicht friedlich beendet werde. Die Türkei wird nicht zurückweisen können, was Rußland und England gemeinschaftlich verlangen, und deshalb bitte ich Eure Exzellenz, Ihre Zustimmung zu den Punkten zu geben, über welche sich die hier versammelte Konferenz bereits geeinigt hat. Würde eine solche Einigung jetzt nicht erzielt werden,« fuhr er fort, »so würde Rußland gezwungen sein, einseitig militärisch vorzugehen, da mein allergnädigster Herr unmöglich das Vertrauen aller christlichen Völker des Balkans täuschen kann, deren Blicke hilfesuchend sich nach Rußland wenden; schon die Rücksicht auf die Stimmung des eigenen Landes, deren Bedeutung man in England vor allem zu würdigen verstehen muß, würde ihn zum Handeln zwingen. Wenn aber Rußland die Waffen ergreift, ohne daß vorher durch eine europäische Verständigung, vor allen Dingen durch eine Verständigung mit England, eine ganz bestimmte Basis der militärischen Aktion gewonnen ist, so würde das Schicksal der Zukunft dem unberechenbaren Zufall anheimfallen, denn Eure Exzellenz werden nicht verkennen, wie schwer es ist, einen siegreichen Krieg in bestimmten Grenzen zu halten, wenn nicht dem eigenen Volk und der eigenen Armee gegenüber vorher übernommene Verpflichtungen der Rechtfertigung für das Anhalten an jenen Grenzen bieten.«

»Das Protokoll, welches die Konferenz entworfen hat,« erwiderte Graf Beaconsfield, »bestimmt, daß die Vertreter der Mächte in Konstantinopel und ihre Vertreter in den Provinzen die Ausführung der Reform in den christlichen Provinzen überwachen sollen. Das ist ein für die selbständige Souveränität eines großen Staates sehr empfindlicher und sehr bedenklicher Punkt, von welchem ich nicht recht einsehe, wie er ohne neue große Verwirrungen durchgeführt werden kann. Um sich zur Annahme eines solchen Punktes entschließen zu können, müßte England die Gewißheit haben, daß der Zweck, welcher die Mächte zu der hier tagenden Konferenz zusammengeführt hat, wirklich erreicht werde. Dieser Zweck ist der Frieden, meine Herren, und der Frieden wird am meisten gesichert, wenn man die Mittel zum Kriege beseitigt. Rußland hat große Rüstungen gemacht –«

»Die gespannte Situation nötigte dazu«, fiel Graf Schuwalow ein.

»Auch die Türkei rüstet mit aller Macht«, sagte General Ignatiew.

»Nun denn, meine Herren,« sagte Graf Beaconsfield, indem es wie seiner Spott in seiner Stimme anklang, »dann ist ja das Mittel leicht und einfach. Wenn die europäischen Mächte die Durchführung und Überwachung der Reformen, die ja auch der Zweck der russischen Politik sind, übernehmen, wenn die Türkei sich verpflichtet, diese Reformen wirklich durchzuführen, dann sind die Waffen überflüssig, und die gegenseitige vollständige und schleunige Abrüstung ist die sicherste und zuverlässigste Bürgschaft des Friedens.«

»Rußland wird stets zur Abrüstung bereit sein,« sagte Graf Schuwalow, während General Ignatiew seine Betroffenheit über diese eigentümliche und plötzliche Wendung nicht verbergen konnte, – »vorausgesetzt, daß die Lage der bedrängten christlichen Provinzen und die Haltung der Türkei dazu die Möglichkeit bietet.«

»Nun denn, meine Herren,« sagte Graf Beaconsfield, »so scheint mir die Sache einfach: unter der Bedingung sofortiger und ernstlicher gegenseitiger Abrüstung und unter Rückkehr der russischen sowie der türkischen Armee auf den Friedensfuß bin ich bereit, das Protokoll der Konferenz unterzeichnen zu lassen.«

»Ich kann die Bemerkung nicht unterdrücken,« sagte Graf Schuwalow ein wenig zögernd, »und Sie werden mir darin recht geben müssen, mein teurer Lord, daß so häufig schon großen und lange dauernden Kriegen die Erörterungen über die Abrüstungsfrage vorhergingen, und das dann oft den Eindruck machte, als seien diese Verhandlungen von den Beteiligten nur geführt, um die Schuld von dem einen auf den andern zu wälzen.«

»Doch nur dann,« sagte Graf Beaconsfield mit scharfer Betonung, »wenn einer der beiden Teile oder beide es nicht ehrlich mit der Abrüstung meinten; auch würde ich ganz in Ihrem Sinne, mein lieber Graf, England wenigstens von solchen unerfreulichen und unfruchtbaren Abrüstungsverhandlungen fernhalten, und um das im vollsten Maße tun zu können, scheint es mir angemessen, bei der Unterzeichnung des Protokolls die Erklärung abzugeben, daß diese Unterzeichnung nur im Interesse des europäischen Friedens erfolge, und daß, wenn dieser Zweck durch diese gegenseitige Abrüstung Rußlands und der Türkei nicht erreicht werden würde, das Protokoll selbst, für England wenigstens, als null und nichtig angesehen werde.«

»Aber ich bitte Sie, mein teurer Lord,« rief Graf Schuwalow, »das würde ja so gut wie nichts bedeuten, denn wir können doch unmöglich früher auf den vollständigen Friedensfuß zurückkehren, bevor nicht die Türkei in der Tat mit der Ausführung der Reformen den Anfang machte, und zwar einen sehr gründlichen Anfang, denn nach meiner Überzeugung«, fügte er in fast unmutigem Tone hinzu, »wird die Pforte, sobald die Degenspitze von ihrer Brust genommen ist, sich gewiß nicht beeilen, irgend etwas in dem gegenwärtigen Zustande der Dinge zu ändern.«

»Ich glaube doch,« sagte General Ignatiew, indem er seinem Kollegen einen schnellen Seitenblick zuwarf, »daß Seine Exzellenz vollkommen recht hat, und daß wir unsererseits gewiß keinen Grund haben, irgend etwas gegen diese Verwahrung Englands einzuwenden. Der Zweck des Protokolls ist ja der Frieden, den niemand eifriger erstrebt als unser allergnädigster Herr, und wenn dieser Zweck besonders noch betont wird, so drückt das ja nur denselben Sinn und dieselbe Voraussetzung aus, die auch uns beseelt.«

Graf Schuwalow neigte den Kopf, doch zeigte seine Miene keine vollständige Überzeugung, er schien vielmehr nur zu schweigen, um dem fremden Minister gegenüber keine Diskussion zwischen zwei russischen Diplomaten eintreten zu lassen.

»Ich werde also«, sagte Graf Beaconsfield, »meinen Kollegen empfehlen, das Protokoll unterzeichnen zu lassen.«

»Graf Derby und Lord Carnarvon sind ganz meiner Meinung«, bemerkte Graf Schuwalow.

»Ebenso der Marquis von Salisbury«, fügte General Ignatiew hinzu.

»Ich weiß es«, sagte Graf Beaconsfield mit einer Miene, welche im Zweifel ließ, ob er die Meinung seiner Kollegen teile oder nicht; – »ich werde also«, fuhr er dann in trockenem Geschäftstone fort, »die Unterzeichnung des Protokolls vornehmen lassen mit der Hinzufügung der angedeuteten Erklärung, deren Wortlaut festzustellen ich mir vorbehalte, und ich will wünschen, daß durch dieses Protokoll die drohende Erschütterung der europäischen Ruhe beschworen werden möge.«

Der Ton, in dem er die letzten Worte sprach, drückte ein sehr geringes Vertrauen in die Erfüllung seines Wunsches aus, und schien zugleich anzudeuten, daß er die Unterredung für beendet halte.

Graf Schuwalow aber erhob sich nicht.

»Wir hätten also«, sagte er, »den unmittelbar auf der Tagesordnung stehenden Gegenstand erledigt, und ich kann auch meinerseits nur den Wunsch aussprechen, daß diese Erledigung den europäischen Frieden befestigen und erhalten möge; aber ich möchte die Gelegenheit der Anwesenheit meines verehrten Kollegen, des Generals Ignatiew, benutzen, um Ihnen, mein teurer Lord, ein Wort zu sagen, das vielleicht, wenn es günstige Aufnahme findet, imstande wäre, auf lange Zeit hinaus die Wiederkehr einer so peinlich gespannten Situation, wie die gegenwärtige, zu verhindern.«

Lord Beaconsfield verbeugte sich mit der Miene aufmerksamer Erwartung.

»Ich spreche dabei eigentlich nur einen Gedanken aus, den ich schon in früherer Zeit anregte, als ich die Ehre hatte, das britische Kabinett über unseren Feldzug nach Chiwa und die Eroberungspläne, die man uns damals zuschrieb, zu beruhigen.

Was«, fuhr er fort, »ist eigentlich der Kern der unglücklichen Spannung, welche in so beklagenswerter Weise zwischen England und Rußland sich fühlbar macht, sobald in irgendeiner Form die orientalischen Angelegenheiten in der europäischen Diplomatie zur Erörterung kommen? Meiner Überzeugung nach sind es die ungerechten Verdächtigungen, welche ein Teil der öffentlichen Meinung nicht müde wird, gegen Rußland zu erheben, und welche dann in England das Mißtrauen erregen, als wollte Rußland die englischen Interessen in Asien durchkreuzen und sich drohend, ja vielleicht erobernd den englischen Kolonien in Indien nähern. Nun denn,« fuhr er fort, während Lord Beaconsfield stillschweigend, ohne irgendein Zeichen der Zustimmung oder des Widerspruchs zuhörte, »was läge näher, als daß zwei Mächte, die dazu bestimmt sind, im Frieden miteinander zu leben, ja die Welt zu beherrschen, sich über ihre gegenseitigen Interessen verständigen und das Objekt derselben genau abgrenzen. Rußland ist der natürliche Beschützer der christlichen Völker des Orients, Rußland kann diese Rolle nicht zurückweisen, diese Aufgabe nicht unerfüllt lassen, wenn die Regierung sich nicht das eigene Volk entfremden will; außerdem liegen Rußlands wirtschaftliche Interessen am Schwarzen Meer, und die Handelsstraße des Schwarzen Meeres ist der natürliche Kanal des russischen Wohlstandes. Es muß dabei stets das Streben der russischen Politik sein, den Schlüssel zu dieser Handelsstraße in Rußlands Hand zu halten oder ihn wenigstens keiner andern Hand zu überlassen.«

Lord Beaconsfield hatte den Kopf auf die Brust gesenkt, wie er häufig zu tun pflegte, wenn er aufmerksam zuhörte; bei den letzten Worten schlug er die Augen auf, und in seinen Augen funkelte es wie Wetterleuchten – schnell aber senkte er den Kopf wieder nieder und hörte weiter.

»Das sind unsere Interessen,« sagte Graf Schuwalow, »diejenigen Englands liegen in Indien; wie wir uns unmöglich die Straße des Schwarzen Meeres verschließen lassen können, so müssen Sie den Weg zu Ihren indischen Kolonien offen halten und gegen jeden Angriff auf jener Seite zu schützen suchen. Nun denn, der beste Schutz eines Gebiets, besser als Festungen und Armeen, ist eine neutrale Zone; stellen wir eine solche auf, es ist mir früher schon gelungen, Sie in betreff der russischen Stellung in Chiwa und Afghanistan zu beruhigen.«

»Ich führte damals nicht die Regierung«, warf Lord Beaconsfield hin.

»Wir sind bereit,« sagte Graf Schuwalow, »Ihnen noch bestimmtere Versicherungen in betreff jener Gebiete zu geben. Wir würden nicht zögern, in Chiwa und Afghanistan jede andere Tätigkeit aufzugeben, welche nicht unmittelbar und notwendig mit dem Schutz unserer Grenzen und unseres Handels zusammenhängt, und auf der andern Seite würden wir mit Freuden bereit sein, in dem ganzen Euphratgebiet, vom Persischen Meerbusen bis zum Taurus, den englischen Einfluß als ausschließlich herrschend anzuerkennen, und, was auch immer im Orient geschehen möge, von jedem Versuche, uns dem Euphratgebiet zu nähern, abzustehen.«

Er hielt einen Augenblick inne, als erwarte er eine Antwort. Lord Beaconsfield aber schwieg und saß unbeweglich mit auf die Brust gesenktem Kopfe da.

»Wir dagegen,« fuhr der Graf dann fort, »würden freie Hand für die Ausbreitung unseres Einflusses um das Schwarze und Kaspische Meer und auf der Balkanhalbinsel in Anspruch nehmen, nicht, durch Eroberung – der Kaiser, mein Herr, hat sein Wort gegeben, daß er daran nicht denke, und daß die Absichten, welche man Rußland auf den Besitz von Konstantinopel zuschreibe, ebenso törichte wie böswillige Verdächtigungen seien – aber das Bassin und Straße des Schwarzen Meeres ist für uns ebenso notwendig, als für Sie die Straße nach Indien und der Schutz Ihrer Kolonien. Wie leicht wäre es wenn Sie, mein teurer Lord, diese Ansichten teilten, durch ein festes Abkommen diese Grenzen der gegenseitigen Machtsphären festzustellen, und wenn dies geschehen wäre, so würde heute schon von einer orientalischen Krisis keine Rede sein; ohne das Mißtrauen, welches ja leider zwischen Rußland und England besteht würde die Türkei niemals wagen, so trotzig alle Forderungen zurückzuweisen, und wenn Rußland und England sich vertrauensvoll in den Einfluß im Orient teilten, der ja ihnen beiden allein gebührt und von ihnen allein festgehalten und behauptet werden kann, dann würden keine europäischen Konferenzen mehr nötig sein, – man in London und in Petersburg beschlösse, würde geschehen und müßte von dem übrigen Europa als endgültige Entscheidung angenommen werden. Ich bitte Sie, mein teurer Graf, diesen Gedanken ernsthaft zu prüfen, es wäre für Ihr Vaterland wie für das meine mehr wert, als zehn gewonnene Schlachten, wenn dieser Gedanke zur Wahrheit werden könnte; statt daß bis jetzt das Mißtrauen zwischen England und Rußland stets einen Faktor in den Berechnungen der europäischen Politik bildet, würden wir dann gemeinsam die Welt beherrschen.«

Graf Beaconsfield hob langsam den Kopf empor.

»Der Gedanke, den Sie da eben ausgesprochen haben, lieber Graf,« sagte er, »ist von blendendem Reiz und scheint außerdem so einfach und natürlich, daß man sich wundern könnte, wie die Staatsmänner zweier großen Reiche nicht längst an seiner Ausführung gearbeitet haben; in der Politik aber muß man alles, was blendet, um so schärfer und kälter betrachten, und alles, was leicht und natürlich scheint, um so vorsichtiger prüfen. Wir haben ja, was für den Augenblick not tat, erledigt und haben also Zeit, darüber nachzudenken, wie wir für die Zukunft alles Mißtrauen beseitigen können, was auch ich ebensosehr wünsche wie Sie. Erlauben Sie mir daher über das, was Sie mir gesagt, nachzudenken und vielleicht mit dem einen oder dem andern meiner Kollegen darüber zu sprechen.«

»Der Marquis von Salisbury ist ganz in den Kreis meiner Ideen eingegangen«, sagte Graf Schuwalow schnell.

»Nun denn,« erwiderte Graf Beaconsfield, »dem Marquis von Salisbury liegt ja zunächst die Sorge für unsere indischen Kolonien ob, vielleicht erörtern Sie noch eingehender diese Gedanken mit ihm, und wir sprechen dann weiter darüber. Sie dürfen überzeugt sein,« fügte er verbindlich hinzu, »daß auch diese Sache, wie alles, was Sie die Güte haben mir mitzuteilen, der Gegenstand meines sorgfältigsten Nachdenkens sein wird.«

Diesmal lag in dem Ton der Stimme des Grafen eine so bestimmte und fast ungeduldige Andeutung, daß er den Gegenstand der Unterhaltung für erschöpft ansehe, daß Graf Schuwalow sich erhob und sich mit seinem Kollegen verabschiedete.

»Wie war es möglich,« sagte er, durch das Vorzimmer nach der Treppe zu schreitend, zu dem General Ignatiew, »daß Sie dem Vorbehalt über die Abrüstung Ihre Zustimmung geben konnten? Das ganze Protokoll, an dessen Unterzeichnung dem Fürsten Gortschakoff liegt, wird ja dadurch von vornherein bedeutungslos, denn an eine Abrüstung ist gar nicht zu denken.«

»Mein lieber Graf Peter Andrejewitsch,« sagte General Ignatiew lachend, »lassen Sie immerhin jenen Vorbehalt aussprechen, ich weiß gewiß, und ich bürge mit meinem Kopfe dafür, daß das Protokoll von der Türkei zurückgewiesen werden wird, ich weiß, wie halsstarrig sie dort sind, und außerdem gibt es dort Leute, welche den Bruch mit Europa wünschen, um sich mit uns allein zu verständigen. Zum Kriege kommt es ja doch, zum Kriege muß es kommen, damit der Gärungsstoff, der Rußland erfüllt, einen Abzugskanal finde, damit der Vorwurf verstumme, daß Rußland mit seiner kostbaren Armee eine Null in Europa sei und seine Mission nicht zu erfüllen vermöge – dann aber ist es von hoher Wichtigkeit, daß Englands Unterschrift unter dem Protokoll stehe, denn fürs erste würden wir doch ins Feld ziehen, um der Türkei dies Protokoll aufzuzwingen, und England kann sich uns ja unmöglich entgegenstellen, wenn wir etwas ausführen wollen, das seine Regierung selbst vorher gebilligt hat. Übrigens,« fügte er leiser hinzu, indem er sich ängstlich umsah, als fürchte er, daß ihn irgendeiner der Diener auf den Gängen trotz der fremden Sprache verstehen könne, »übrigens seien Sie gewiß, daß dieser alte Fuchs uns überlisten will; mit ihm werden Sie Ihren großen und schönen Gedanken, den ja auch unser allergnädigster Herr so warm im Herzen trägt, niemals zur Ausführung bringen, er wird immer der unversöhnliche Feind Rußlands bleiben und lieber durch die verrottete, ohnmächtige Türkei mit List und Tücke den Orient beherrschen, als sich mit uns in eine freie, offene Teilung einlassen.«

Sie waren am Fuß der Treppe angekommen und stiegen in ihren schnell vorfahrenden Wagen.

Einige Schritte von dem Palais des Schatzamtes fuhr der Wagen an die Seite der Straße und hielt einen Augenblick an. Graf Schuwalow blickte aus dem Fenster des Coupés und sah in schnellem Trabe die Equipage des Prinzen von Wales mit der scharlachroten Livree des englisch-hannöverschen Hauses vorüberfahren; er ließ das Fenster hinab, beugte sich hinaus und sah, wie der Wagen des Prinzen vor dem Tore hielt, von welchem sie soeben weggefahren waren.

»Der Prinz von Wales fährt zu Lord Beaconsfield,« sagte er, sich wieder in den Wagen zurücklehnend, zum General Ignatiew, »was hat das zu bedeuten? Ich habe nie vollkommen klar werden können, wie sich der Prinz zu uns stellt!«

»Lassen wir sie nur sinnen und nachdenken, wie sie uns Schaden tun,« rief der General Ignatiew, während der Wagen wieder in schnellem Trabe weiterfuhr, »wir brauchen noch ein wenig List, um sie zu verhindern, daß sie uns den Weg verlegen – und dann brauchen wir unseren Degen und ein wenig Glück; wenn wir in Konstantinopel stehen, werden sie aus anderem Tone sprechen und Gott danken, wenn wir ihnen dann noch bieten, was wir ihnen heute geboten haben.«


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