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Champagneschlacht

Die Lüfte werden zur Leier,
Gott spielt sein Lied darauf.

Unruh

Dem Reserve-Infanterie-Regiment 65
und seinem Führer Herrn Oberst Mersmann
zur Erinnerung

Im Schützengraben

Ich lieg an dem Gewehr zum Anschlag an.
Ein Käppi hebt sich überm Grabenrand,
und eine Hand
wirft eine Schaufel Erde hoch hinan ...

Mein Kamerad Franzos, dich traf ich gut!
Du mußt nicht böse sein, daß ich dich schoß:
Ich bin dein Bruder ja, bin dein Genoß;
wir sind erlöst durch eines Gottes Blut.

Was ist es denn, was uns zu töten heißt?
Du mich – ich dich, daß wir so vogelfrei?
Nur treffen, töten, wen ist einerlei,
wem du dich nur von einem Feind befreist.

Wir denken nicht. Wir tun nur Schuß auf Schuß!
Fällt jemand neben uns – dann wächst die Wut,
und wie die Erde trinkt das frische Blut,
so wächst der Rache grauser Hochgenuß.

Denn Blut will Blut. In Strömen fließt es hin.
Tot liegt nun der, des Herz so warm doch schlug,
der Nacht um Nacht das schwere Heimweh trug,
das wachsend schwoll seit Krieges Anbeginn.

Wozu das all, mein Kamerad Franzos?
Du stirbst für deines Reiches Herrlichkeit,
ich steh für unseres Tuns Gerechtigkeit,
und gleicher Tod ist unser beider Los.

Es muß so sein. Es wächst wie Gras und Baum
der Menschheit strebend Volk sich hin zum Licht;
zwei gleiche Bäume stehn zusammen nicht,
der eine frißt des andern Licht und Raum.

Und Tier und Gras und Blume stirbt und wird,
eins durch das andre. Alles wird zu Staub.
Ein jedes wird des Todes sichrer Raub,
ob es die Sonne dörrt, ob es die Sense schwirrt. –

Mein Kamerad Franzos, nun ruhst auch du
in Heimaterde aus von Kampf und Schlacht,
auch ich hab sie zur Heimat mir gemacht, –
wir harren wohl der Auferstehung zu.

Und unterdessen wird ein Sonnentag
mit ungeheurem Jubel um die Erde gehn,
und Blumen fliegen, Banner, Fahnen wehn,
und jeder jubelt, wie er kann und mag.

Wir hörens nicht. Wir liegen kalt und tot.
Uns weckt kein Singen, keines Friedens Gruß,
auf unsern Leibern steht der Menschheit Fuß:
Sie schaut hinein ins neue Morgenrot.


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